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Steuerrecht
23.03.2017
Steuerrecht
LAG Schleswig-Holstein: Zulassung einer Vorschlagsliste der Gewerkschaft zur Betriebsratswahl

LAG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 9.1.2017 – 3 TaBVGa 3/16

Volltext: BB-ONLINE BBL2017-756-6

unter www.betriebs-berater.de

Leitsätze

1. Ein Wahlvorschlag ist nichts anderes als die schriftliche Benennung von Personen gegenüber dem Wahlvorstand, die von den Unterstützern für die Wahl zum Betriebsrat vorgeschlagen werden. Die gem. § 6 Abs. 3 S. 3 WO notwendige schriftliche Zustimmungserklärung der vorgeschlagenen Wahlbewerber beinhaltet nur das Einverständnis zur Aufnahme in den Wahlvorschlag, nicht jedoch das Einverständnis mit den konkreten Unterstützern des Wahlvorschlags nach § 14 Abs. 4 oder § 14 Abs. 5 BetrVG. Eines solchen Einverständnisses mit den Unterstützern bedarf es nicht. 

2. Wahlvorschlag, Zustimmungserklärung der Bewerber und Unterstützerunterschriften müssen sich nicht auf einem einzigen, körperlich fest verbundenen Originaldokument befinden.

3. Zur ordnungsgemäßen Bevollmächtigung von Beauftragten der Gewerkschaft iSd. § 14 Abs. 5 BetrVG; § 27 Abs. 3 WO.

 

Sachverhalt

A.

Die Beteiligten streiten über die Zulassung der von der Beteiligten zu 1. (im Folgenden: I... M...) mit Datum vom 25.11.2016 eingereichten Wahlvorschlagsliste zur für den 17.01.2017 angesetzten Wahl eines Betriebsrats im Betrieb der Beteiligten zu 2.

Im Betrieb der Beteiligten zu 2. sind mehr als 100 Arbeitnehmer beschäftigt. Es existiert bislang kein Betriebsrat. Am 11.04.2016 wurde ein Wahlvorstand bestellt, der Beteiligte zu 3. (im Folgenden: Wahlvorstand). Kurz danach wurde nach Ausscheiden eines Wahlvorstandsmitgliedes vorübergehend die Handlungsfähigkeit und korrekte Besetzung des Wahlvorstandes unklar. Im Mai 2016 kursierte schon eine Vorschlagsliste zur Betriebsratswahl im Betrieb, u.a. mit den gleichen Bewerbern wie in diesem Verfahren, die aber nicht beim Wahlvorstand eingereicht wurde.

Mit Wahlausschreiben vom 15.11.2016 leitete der Wahlvorstand die am 17.01.2017 stattfindende Betriebsratswahl ein und forderte zur Einreichung von Wahlvorschlägen bis zum 29.11.2016 auf (Bl. 53f d. A.).

Schon mit Schreiben vom 26.10.2016 reichte die I... M..., Region H..., einen undatierten Wahlvorschlag, Kennwort I... M..., im Original bei dem Wahlvorstand ein (Anl. ASt 2, Bl. 65f d. A.). In diesem Wahlvorschlag heißt es u.a. wie folgt:

„Teil 1“: Bewerber/innen mit Zustimmungserklärung eines jeden einzelnen Bewerbers/einer jeden Bewerberin“.

Dann sind mit entsprechender Nummerierung vier Personen mit Familienname, Vorname, Geschlecht, Geburtsdatum und Beschäftigungsart benannt. Jeweils daneben befindet sich in einer sechsten Spalte unter der Überschrift „Zustimmung zur Bewerbung (Unterschrift)“ die Originalunterschrift der vier vorgeschlagenen Bewerber (Bl. 66 d. A.). Auf dem Wahlvorschlag ist ein „Teil 2: Stützunterschriften“ mit anschließenden zwei Zeilen und Spalten „Familienname, Vorname, Unterschrift“. Dieser „Teil 2“ ist nicht ausgefüllt. Drei der Bewerber haben im Frühjahr 2016 eine betriebsbedingte Kündigung erhalten und hiergegen geklagt. Zwei der Kündigungsschutzverfahren sind gegenwärtig in der Berufung beim Landesarbeitsgericht anhängig.

Auf dem Wahlvorschlag vom 26.10.2016 benannte die I... M... als Listenvertreter „M... G..., I... M... Sekretär“. Der Wahlvorschlag ist nicht mit Unterschriften von zwei Beauftragten der Gewerkschaft versehen (Bl. 66 d. A.). Das Anschreiben der I...-M... Region H... vom 26.10.2016 ist unterzeichnet von „M... G...“ und „J... W...“ (Anl. ASt. 2, Bl. 65 d. A.). Eine Vollmacht der Beauftragten der Gewerkschaft war dem Wahlvorschlag nicht beigefügt.

Der Wahlvorstand lehnte gegenüber der I... M... mit Schreiben vom 31.10.2016 den eingereichten Wahlvorschlag als ungültig ab (Anl. ASt. 3, Bl. 15f d.A.). Auf den Inhalt wird verwiesen.

Mit an den Wahlvorstand gerichtetem Schreiben vom 01.11.2016 erteilte Herr E... G... als „2. Bevollmächtigter der I... M...“ den politischen Sekretären M... G... und J... W... Vollmacht, die Liste der I... M... für die Betriebsratswahl mit Listenvertreter M... G... und Listenführer A... F... als Wahlvorschlag der I... M... einzureichen (Anl. ASt 4, Bl. 17 d. A.). Diesem Schreiben beigefügt war eine Fotokopie des bereits mit Schreiben vom 26.10.2016 beim Wahlvorstand eingereichten Wahlvorschlags versehen mit dem Zusatz:

„H... 3. November 2016

Durch die beigefügte Vollmachtsurkunde bevollmächtigt, überreichen wir ihnen gemäß § 14 BetrVG (in Ergänzung) unseres letzten Schreibens und der dortigen originalen Zustimmungserklärungen) den Wahlvorschlag zur Betriebsratswahl im Betrieb P... K....

M... G... J... W...“ (Bl. 21 d.A.)

Die Einsichtnahme des Originals in den Anhörungsterminen vor dem Arbeitsgericht und dem Landesarbeitsgericht hat ergeben, dass dieses Schriftstück Originalunterschriften der Genannten trägt. Der Nachname der als „M... G...“ aufgeführten Person ist mit „ß“ geschrieben (Bl. 180 d.A.).

Mit Schreiben vom 08.11.2016 lehnte der Wahlvorstand den eingereichten Wahlvorschlag erneut ab. Auf den Inhalt wird verwiesen (Anl. ASt 5, Bl. 18 – 20 d. A).

Mit an den Wahlvorstand gerichtetem Schreiben vom 25.11.2016 (Anl. ASt 6, Bl. 22 d. A.) reichte die I... M... erneut einen Wahlvorschlag ein (Bl. 23 d.A.), überreichte zum Nachweis der Vertretungsberechtigung für die Bet. zu 2. zum Nachweis der Bevollmächtigung eines Geschäftsführers einer Geschäftsstelle die Satzung der I... M... und eine von der 1. Bevollmächtigten der I...-M... I... M... unterschriebene „Vollmacht I... M...-Liste; Betriebsratswahl P... K... GmbH“ für die politischen Sekretäre M... G... und A... M... (Bl. 24 d. A.). Auf den Inhalt der Vollmacht wird verwiesen.

Diesem Schreiben beigefügt war eine Fotokopie des bereits mit Schreiben vom 26.10.2016 beim Wahlvorstand eingereichten Wahlvorschlags versehen mit dem Zusatz:

„Durch die beigefügte Vollmachtsurkunde bevollmächtigt, überreichen wir ihnen gemäß § 14 BetrVG (in Ergänzung) unseres letzten Schreibens und der dortigen originalen Zustimmungserklärungen) den Wahlvorschlag zur Betriebsratswahl im Betrieb P... K....

H..., 21.11. 2016

M... G... A... M...“ (Bl. 23 d.A.)

Die Einsichtnahme des Originals in den Anhörungsterminen vor dem Arbeitsgericht und dem Landesarbeitsgericht hat ergeben, dass dieses Schriftstück Originalunterschriften der Genannten trägt. Dieser Wahlvorschlag enthält auf dem Original in Ziffer 5. in Spalte 1 ein großes mit blauem Kugelschreiber geschriebenes „M“ (Bl. 181 d.A.).

Mit Schreiben vom 29.11.2016 lehnte der Wahlvorstand den eingereichten Wahlvorschlag wiederum ab. Auf den Inhalt wird verwiesen (Anl. ASt 7, Bl. 29 ff d. A).

Die I... M... begehrt mit dem vorliegenden einstweiligen Verfügungsverfahren die Zulassung des Wahlvorschlags vom 25.11.2016 zur Betriebsratswahl. Sie hat stets die Ansicht vertreten, die Beanstandungen des Wahlvorstandes seien unberechtigt und der Wahlvorschlag deshalb zur Betriebsratswahl zuzulassen. Der Wahlvorschlag sei gültig. Bei dem letzten Wahlvorschlag vom 25.11.2016 handele es sich nicht um einen neuen Wahlvorschlag, sondern lediglich um eine Ergänzung des bisher eingereichten Wahlvorschlages. Das ergebe sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschlagsliste vom 25.11.2016. Die Zustimmung der Bewerber könne nur einmal erteilt werden und liege dem Wahlvorstand seit Übermittlung der Unterlagen vom 26.10.2016 vor. Der Wahlvorschlag sei auch durch zwei Beauftragte der Gewerkschaft, die von der 1. Bevollmächtigten der I... M... ordnungsgemäß bevollmächtigt gewesen seien, unterzeichnet. Aus der Satzung der I... M... ergebe sich klar ersichtlich die Berechtigung der Frau I... M... als 1. Bevollmächtigte zur Beauftragung von Herrn G... und Frau M.... Es sei auch zweifelsfrei ersichtlich, um welche Betriebsratswahl in welchem Unternehmen es sich handele.

Die I... M... hat beantragt:

Der von der Gewerkschaft I... M... mit Datum vom 25.11.2016 eingereichte

Wahlvorschlag für die Betriebsratswahl am 17.01.2017 wird zugelassen.

Die Beteiligten zu Ziff. 2 und 3 haben beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Der Wahlvorstand hat die Meinung geäußert, der Wahlvorschlag der I... M... vom 25.11.2016 sei ungültig und deshalb zu Recht nicht zur Betriebsratswahl zugelassen worden. Er hat auf den Inhalt seiner drei Ablehnungsschreiben vom 31.10.2016, vom 08.11.2016 und vom 29.11.2016 verwiesen und ergänzend vorgetragen: Die I... M... habe drei verschiedene Wahlvorschläge eingereicht. Ein Zusammenhang im Sinne einer einheitlichen Urkunde könne nicht hergestellt werden. Die Wahlvorschläge seien inhaltlich und formal unterschiedlich und auch jeder für sich unwirksam. Zu entscheiden sei antragsgemäß nur über den mit Datum vom 25.11.2016 eingereichten Wahlvorschlag. Zu dem Wahlvorschlag vom 25.11.2016 lägen keine Zustimmungserklärungen der Wahlbewerber vor. Die durch Originalunterschrift erklärte Zustimmung beziehe sich nur auf einen früheren, inhaltlich abweichenden Wahlvorschlag und sei nur in den Wahlvorschlag vom 25.11.2016 „reinkopiert“ worden. Zudem sei die Beauftragung der von der I... M... Beauftragten nicht hinreichend nachgewiesen worden. Aus der Satzung sei nicht erkennbar, dass Frau M... zur Beauftragung von Herrn G... und Frau M... bevollmächtigt gewesen sei.

Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 12.12.2016 den Antrag zurückgewiesen. Das ist im Wesentlichen mit der Begründung geschehen, der Wahlvorschlag vom 25.11.2016 sei ungültig. Er sei kein ergänzender, vielmehr ein eigener Wahlvorschlag. Das ergebe sich u.a. schon daraus, dass andere Beauftragte der Gewerkschaft benannt worden seien. Das sei ohne Einverständnis der Wahlbewerber nicht möglich. Die von den Wahlbewerbern abgegebenen Unterschriften bezögen sich nicht auf diesen Vorschlag, vielmehr nur auf den vom 26.10.2016. Es fehle auch jegliche Bezugnahme der eingereichten Wahlvorschläge untereinander. Für den Wahlvorschlag vom 25.11.2016 fehle eine Originalunterschrift der Bewerber. Im Übrigen sei nicht nachgewiesen worden, dass Frau I... M... die 1. Bevollmächtigte der I...-M... sei. Es sei nicht nachgewiesen worden, dass sie Vollmacht zur Beauftragung der Gewerkschaftsvertreter habe. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Beschlusses verwiesen.

Gegen diesen der I...-M... am 15.12.2016 zugestellten Beschluss hat sie am 23.12.2016 Beschwerde eingelegt, die sofort begründet wurde.

Die Beschwerdeführerin wiederholt und vertieft im Wesentlichen ihr erstinstanzliches Vorbringen. Ihres Erachtens handelt es sich im Hinblick auf die am 26.10.2016, 2./3.11.2016 und 25.11.2016 eingereichten Unterlagen um einen einzigen Wahlvorschlag. Dieser sei wirksam. Das gelte auch im Hinblick auf die Bevollmächtigung von Frau I... M... und die regionale Zuständigkeit der I... M... für den Betrieb der Bet. zu 2., die ursprünglich nicht vom Wahlvorstand gerügt worden sei. Die Beschwerdeführerin verweist auf das zur Akte gereichte Schreiben des I... M...vorstands vom 04.04.2016 (Bl. 157 d. A.), mit dem die Wahl der Ortsvorstandsmitglieder I... M... und E... G... des Ortsvorstands H... vom 19.03.2016 bestätigt wurde. Ferner verweist sie auf das zur Akte gereichte Ortsstatut.

Die I... M... beantragt:

den Beschluss des Arbeitsgerichts Lübeck vom 12.12.2016 Az. 5 BVGa 154/16 abzuändern:

Der Wahlvorstand wird verpflichtet, den von der Gewerkschaft I... M... in der Schlussfassung vom 25.11.2016 eingereichten Wahlvorschlag für die Betriebsratswahl am 17.01.2017 im Betrieb der Beteiligten zu 2. zuzulassen.

Die Beteiligten zu Ziff. 2 und 3 beantragen,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Der Wahlvorstand und die Bet. zu 2. halten den angefochtenen Beschluss sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht für zutreffend. Die Bet. zu 2. und der Bet. zu 3 meinen, es handele sich jeweils um einen neuen Wahlvorschlag. Die Exemplare seien nicht inhaltsgleich. Das müsste auch im Zusammenhang mit den Anschreiben gewürdigt werden. Frau M... sei nicht ordnungsgemäß zur Beauftragung von Gewerkschaftsmitgliedern bevollmächtigt und auch regional nicht zuständig gewesen. Das im Gerichtsverfahren ergänzende Vorbringen könne nicht berücksichtigt werden, da es der Wahlvorstand bei seiner Entscheidung nicht gekannt habe.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens wird auf den mündlich vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Protokolle verwiesen.

Aus den Gründen

B.

Die Beschwerde der I... M... ist zulässig und begründet.

I. Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist statthaft (§ 87 Abs. 1 ArbGG) sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 87 Abs. 2, 66 Abs. 1 Satz 2, 89 Abs. 1 und Abs. 2 ArbGG).

2. Der Antrag auf Zulassung des Wahlvorschlags zur Betriebsratswahl am 17.01.2017 ist zulässig.

a) Zur Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes kann auch in ein laufendes Betriebsratswahlverfahren durch Erlass einer einstweiligen Verfügung korrigierend eingegriffen werden, wenn dem Wahlvorstand ein Fehler unterlaufen ist und dieser noch mit Wirkung für das laufende Wahlverfahren berichtigt werden kann. In dieser Konstellation wäre es unverhältnismäßig, den Betroffenen auf das Wahlanfechtungsverfahren gemäß § 19 Abs. 1 BetrVG zu verweisen, wo auch gerade in der genannten Norm die Berichtigung als weniger einschneidende Maßnahme genannt wird (LAG Hamm vom 15.02.2016 – 13 Ta 70/16, LS 1 und Rz 3; LAG Hamm vom 03.03.2006 – 13 TaBV 18/06 – LS und Rz. 52 m.w.N.).

b) Die Betriebsratswahl soll am 17.01.2017 durchgeführt werden. Das Begehren der I... M... hat sich damit nicht durch Zeitablauf erledigt, so dass das Rechtsschutzinteresse gegeben ist. Das gilt auch mit Blick auf § 10 Abs. 2 WO, der die Wochenfrist zur Bekanntmachung von Wahlvorschlägen regelt. Die Wochenfrist ist heute noch nicht abgelaufen.

2. Der Antrag ist auszulegen: Die I... M... begehrt die Zulassung des mit Schreiben vom 25.11.2016 in Ergänzung der Urschrift vom 26.10.2016 eingereichten Wahlvorschlags mit dem Kennwort „I... M...“ zur Betriebsratswahl im Betrieb der Bet. zu 2..

Diesen Wahlvorschlag soll der Wahlvorstand zulassen. Dazu soll er gerichtlich verpflichtet werden. Dass dieses Ziel begehrt wird, ergibt die Auslegung. Der am 25.11.2016 eingereichte Wahlvorschlag enthält ausdrücklich in der Zusatzerklärung den Hinweis, dass der Vorschlag die schon von der I... M... eingereichten Wahlvorschlagsunterlagen ergänzen soll. Auch die Antragsschrift und die Beschwerdeschrift betonen ausdrücklich dieses Anliegen (Bl. 9 und Bl. 79 d. A). In diesem Sinne ist der Antrag der Beteiligten zu 1. zu verstehen.

II. Der Verfügungsanspruch ist gegeben. Das Arbeitsgericht hat den Antrag der I... M... zu Unrecht abgewiesen.

Der erforderliche Verfügungsanspruch ergibt sich daraus, dass die I...-M... vom Wahlvorstand verlangen kann, den mit Schreiben vom 25.11.2016 in Ergänzung der Urschrift vom 26.10.2016 eingereichten Wahlvorschlag mit dem Kennwort „I... M...“ zur Betriebsratswahl im Betrieb der Bet. zu 2. zuzulassen, indem gem. § 10 Abs. 2 WO unter Einhaltung der einwöchigen Frist die erforderliche Bekanntmachung (noch am Tag der Verkündung des Beschlusses) erfolgt. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts ist der genannte Wahlvorschlag als gültig anzusehen. Er durfte nicht vom Wahlvorstand im Rahmen seiner Prüfpflicht gem. § 7 Abs. 2 Satz 2 WO, u.a. gestützt auf § 14 Abs.3 2. Alt. BetrVG; § 14 Abs. 5 BetrVG in Verbindung mit § 27 Abs. 2 WO und § 6 Abs. 2 WO zurückgewiesen werden.

1. Der von der I... M... mit Schreiben vom 25.11.2016 in Ergänzung der Urschrift vom 26.10.2016 eingereichte Wahlvorschlag ist fristgerecht im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 2 WO. Dieses Schreiben mit all seinen Unterlagen ist beim Wahlvorstand eingegangen am 28.11.2016. Das Wahlausschreiben erfolgte am 15.11.2016. Die zweiwöchige Frist zur Einreichung eines Wahlvorschlags lief erst am 29.11.2016 ab.

2. Es handelt sich um den Wahlvorschlag einer Gewerkschaft, so dass die Voraussetzungen des § 14 Abs.3, 2.Alt. BetrVG vorliegen müssen. Die Wahlvorschlagsberechtigung setzt voraus, dass die I... M... im Betrieb des Bet. zu 2. mit mindestens einem Mitglied als Arbeitnehmer vertreten ist. Diese Voraussetzung ist, falls nicht offenkundig, dem Wahlvorstand ggf. durch Vorlage einer notariellen Erklärung ohne Namensnennung oder durch eine entsprechende eidesstattliche Versicherung nachzuweisen (Fitting, Rz. 63 zu § 14 BetrVG).

a) Die Berufungskammer ist bereits davon überzeugt, dass es angesichts der seit der Wahlvorstandsbestellung im April 2016 bestehenden betrieblichen Auseinandersetzungen um die Wahl mindestens zweier Mitglieder der I... M... in den Wahlvorstand und die Aufstellung einer I...-M…liste mittels Unterstützung durch Arbeitnehmer im Sinne des § 14 Abs. 3, 1. Alt. BetrVG offenkundig ist, dass die I...-M... im Betrieb der Bet. zu 2 durch Arbeitnehmer vertreten ist. Es dürfte daher fraglich sein, ob der Wahlvorstand überhaupt zur Vorlage eines Nachweises auffordern durfte.

b) Ungeachtet dessen hat die I... M... dem Wahlvorstand zusammen mit ihrem Schreiben vom 25.11.2016 die Fotokopie einer notariell beglaubigten Eidesstattlichen Versicherung des Herrn M... G..., handelnd für die I... M... Region H..., überreicht, aus der sich ergibt, dass Arbeitnehmer der Beteiligten zu 2. Mitglied der I... M... sind. Eine Originalausfertigung befindet sich – unstr. – in den Händen der Bet. zu 2.. Soweit der Wahlvorstand in seinem Schreiben vom 29.11.2016 darauf hinweist, dass ihm nur eine unbeglaubigte Fotokopie überreicht wurde, ist gleichwohl hierdurch der Nachweis erbracht. Es fehlt jegliches Vorbringen des Wahlvorstandes, woraus sich ergeben soll, dass diese Fotokopie nicht mit dem Original übereinstimmt. Im Übrigen gibt es auch keinerlei Anhaltspunkte dafür.

Die Bet. zu 2. hat mit an das Landesarbeitsgericht gerichtetem Schriftsatz vom 06.01.2017 unter Hinweis auf Fluktuation erstmals bestritten, dass die I... M... nach wie vor im Betrieb vertreten ist. Das Bestreiten ist unbeachtlich. Der Wahlvorstand selbst hat noch mit Schriftsatz vom 05.01.2017 - Seite 8 – vorgetragen, dass die I... M... unstreitig eine im Betrieb des Bet. zu 2. vertretene Gewerkschaft ist. Außerdem hat der Vertreter der I... M... Region H... im Anhörungstermin am 09.01.2017 nochmals ausdrücklich an Eides statt die Vertretungsberechtigung im Betrieb versichert. Auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung wird verwiesen.

3. Entgegen der Ansicht des Wahlvorstands und des Arbeitsgerichts ist der in Ergänzung der Urschrift vom 26.10.2016 mit Schreiben vom 25.11.2016 eingereichte Wahlvorschlag mit dem Kennwort „I... M...“ zur Betriebsratswahl im Betrieb der Bet. zu 2. nicht ungültig im Sinne des § 27 Abs. 2 WO in Verbindung mit § 14 Abs. 5 BetrVG. Das Arbeitsgericht geht von falschen Wirksamkeitsvoraussetzungen für die Aufstellung eines Wahlvorschlages aus. Es vermischt die Voraussetzungen und die Bedeutung von Zustimmungserklärungen der vorgeschlagenen Wahlbewerber und die Voraussetzungen und die Bedeutung der Unterstützer eines Wahlvorschlages. Auch die getroffene Auslegung des Inhalts der von der I... M... eingereichten Wahlvorschlagsunterlagen ist fehlerhaft. Sie widerspricht dem Wortlaut der Unterlagen und dem durch Betrachtung des Gesamtzusammenhangs des Geschehens deutlich erkennbaren Erklärungsinhalt.

a) Gem. § 14 Abs. 5 BetrVG muss jeder Wahlvorschlag einer Gewerkschaft von zwei Beauftragten unterzeichnet sein. Ist er das nicht, ist er gem. § 27 Abs. 5 WO ungültig.

b) Unter Wahlvorschlag versteht man die schriftliche Benennung einer oder mehrerer Personen gegenüber dem Wahlvorstand, die für die Wahl zum Betriebsrat vorgeschlagen werden (Fitting, Rz. 40 zu § 14 BetrVG; GK-Kreutz/Jacobs, Rz. 47 zu § 14 BetrVG). Er ist eine in der Form einer Aufstellung gekleidete Benennung der Personen, die für die Wahl zum Betriebsrat vorgeschlagen werden (DKK-Homburg, Rz. 18 zu § 14 BetrVG). Ein Wahlvorschlag ist damit nichts anderes als eine Kandidatenliste.

Der Wahlvorschlag ist kein Vorschlag des Listenvertreters, sondern all derer, die ihn als Unterstützer unterzeichnet haben (DKK-Homburg, Rz. 19 zu § 14 BetrVG). Das heißt, den Inhalt des Wahlvorschlages bestimmen die Unterstützer. Den Inhalt bestimmen nicht die vorgeschlagenen Wahlbewerber. Das trennt das Arbeitsgericht in dem angefochtenen Beschluss bereits nicht hinreichend.

c) Die Wirksamkeit eines Wahlvorschlags einer Gewerkschaft setzt voraus, dass die Voraussetzungen des § 6 Abs. 3 Satz 1 WO inhaltlich beachtet werden (1); dass die gem. § 14 Abs. 2 BetrVG i.V.m. § 27 Abs. 2 WO erforderlichen Unterschriften von zwei wirksam Beauftragten der Gewerkschaft im Original vorhanden sind (2) und dass Wahlvorschlag und Unterschriften der Gewerkschaftsbeauftragten eine einheitliche Urkunde bilden (3). Im Einzelnen:

(1) Der von der I... M... in Ergänzung der Urschrift vom 26.10.2016 mit Schreiben vom 25.11.2016 eingereichte Wahlvorschlag mit dem Kennwort „I... M...“ erfüllt die Voraussetzungen des § 6 Abs. 3 Satz 1 WO. Maßgeblich ist insoweit nur der als „Teil 1“ bezeichnete Inhalt, denn das allein ist „die Benennung einer oder mehrerer Personen gegenüber dem Wahlvorstand, die für die Wahl zum Betriebsrat vorgeschlagen werden“. „Teil 1“ ist der Wahlvorschlag. Das ergibt bereits die zu Teil 1 aufgenommene Überschrift. In „Teil 1“ sind in erkennbarer, durchnummerierter Reihenfolge vier Bewerber mit Familiennamen, Vornamen, Geburtsdatum und Art der Beschäftigung im Betrieb aufgeführt. Ebenso ist ein Listenvertreter benannt, nämlich der I... M... Sekretär M... G....

(a) Von diesem Wahlvorschlag mit dem Kennwort „I... M...“ existiert eine Urschrift - nämlich das mit Schreiben vom 26.10.2016 an den Wahlvorstand übermittelte, auch die Zustimmungserklärungen der vorgeschlagenen Bewerber zur Kandidatur enthaltende Exemplar (Bl. 66 d. A.), das aber keine „Unterstützerunterschriften“ von Gewerkschaftsbeauftragten enthält. Des Weiteren existiert von dieser Urschrift des Wahlvorschlags eine inhaltsgleiche Ausfertigung/Vervielfältigung vom 01.11.2016 (Bl. 21 d.A.), die am 03.11.2016 von dem I... M... Sekretär M... G... und dem politischen Sekretär J... W... unterschrieben worden sind. Sie hat das gleiche Kennwort. Dass der „Teil 2: Unterstützerunterschriften“ auf der Ausfertigung fehlt, ist unbeachtlich. „Teil 2“ gehört nicht zum Inhalt des Wahlvorschlages. Das ergibt schon die o.g., der unangefochtenen herrschenden Meinung entsprechende rechtliche Definition eines Wahlvorschlages. Der „Teil 2“ hat auch keinen eigenen Erklärungswert. Er ist leer. Diese Ausfertigung mit diesen Originalunterschriften hat der Wahlvorstand am 08.11.2016 erhalten (Bl. 18 d.A.). Zudem existiert eine weitere Ausfertigung/Vervielfältigung der Urschrift des Wahlvorschlags vom 26.10.2016, nämlich das Exemplar vom 25.11.2016 (Bl. 23 d. A.). Sie hat ebenfalls das gleiche Kennwort.

(b) Bei letztgenannter Ausfertigung/Vervielfältigung des Wahlvorschlags vom 25.11.2016 handelt es sich zweifelsfrei nicht um einen eigenen neuen Wahlvorschlag der I... M..., sondern nur um eine erneute Kopie der schon abgegebenen Urschrift. Das ergibt die Auslegung.

(aa) Die Auslegung hat nach §§ 133, 157 BGB zu erfolgen. Ohne am buchstäblichen Sinne zu haften, ist der wirkliche Wille zu erforschen. Dabei ist vom Wortlaut und von sämtlichen Begleitumständen auszugehen. Dieses hat unter Berücksichtigung von Treu und Glauben zu geschehen. Anhaltspunkte ergeben sich ferner aus der Entstehungsgeschichte, dem Zweck, den Interessenlagen und dem Gesamtzusammenhang (ständige Rechtsprechung vgl. nur BAG vom 12.10.2005 - 10 AZR 501/04; BAG vom 18.11.2009 – 4 AZR 514/98, Rz. 24).

(bb) Die am 25.11.2016 übermittelte Ausfertigung stellt eindeutig und unstreitig eine Fotokopie der Urschrift des Wahlvorschlags vom 26.11.2016 dar. Nach dem Wortlaut sind alle Bewerber identisch. Die Reihenfolge der Bewerber ist identisch. Alle Angaben in dem Wahlvorschlag sind identisch. Der benannte Listenvertreter ist identisch. Das Kennwort der Liste „I... M...“ ist identisch.

(cc) Dass sich auf dem Original der Ausfertigung in Spalte 5 ein mit blauem Kugelschreiber geschriebenes „M“ befindet, ist unbeachtlich. Denn das „M“ ist ein rechtliches Nichts. Es hat keinerlei eigene Aussagekraft. Es kann nicht als Benennung eines fünften Bewerbers gedeutet werden, denn das „M“ ist auch nicht ansatzweise reanonymisierbar. Es ist keine Person. Es kann auch keiner Person zugeordnet werden. Das „M“ kann sich daher nicht zur Wahl stellen. Es kann auch keine Zustimmungserklärungen abgeben. Es kann nicht gewählt werden. Es hat keinerlei Auswirkungen auf das Wahlergebnis. Es hat daher nicht mehr Bedeutung, als ein Kaffeefleck auf einer Ausfertigung eines Wahlvorschlags.

(dd) Auch aus der Interessenlage, der Entstehungsgeschichte der erneuten Ausfertigung(en) und dem Gesamtzusammenhang des Vorgehens der I... M... ergibt sich nichts anderes. Mit Abgabe der Urschrift war der Wahlvorschlag der Verfügungsbefugnis des Listenvertreters entzogen. Eine Rückgabe darf nicht erfolgen. Nachbesserungen bzw. Ergänzungen wie hier die geforderten Unterschriften der Gewerkschaftsbeauftragten konnten daher nur noch auf zu erstellende Ausfertigungen gesetzt werden. Jeder Bewerber darf aber nur einmal vorgeschlagen werden. Ein solcher Vorschlag existiert dann, aber auch erst dann, wenn er beim Wahlvorstand eingereicht ist. Die I... M... hätte bei Aufstellung einer neuen Urschrift eines wortlautidentischen Wahlvorschlages die Gefahr der Ungültigkeit aus anderen Gründen heraufbeschworen und ihre vorgeschlagenen Bewerber in jeder Hinsicht für die gesamte Betriebsratswahl unwählbar gemacht. Das wollte sie erkennbar gerade nicht. Die I... M... wollte nur nachholen, Fehler ausbügeln und notwendige Angaben ergänzen. Das ergibt sich entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts aus dem eindeutigen Wortlaut der 1. Vervielfältigung mit Datum vom 03.11.2016 und auch aus der 2. Vervielfältigung mit Datum vom 25.11.2016. Dort heißt es explizit „in Ergänzung unseres letzten Schreibens und der dortigen originalen Zustimmungserklärungen“. Ebenso wird ausdrücklich in dem Anschreiben vom 25.11.2016 auf die dem Wahlvorstand schon vorliegenden originalen Zustimmungserklärungen Bezug genommen. Die I... M... hatte aber nur mit Schreiben vom 26.10.2016 originale Zustimmungserklärungen eingereicht. Vor diesem Hintergrund kann der am 25.11.2016 in Fotokopie übermittelte, mit Original-Unterstützerunterschriften von Gewerkschaftssekretären versehene Wahlvorschlag unter Berücksichtigung von Treu und Glauben entgegen der Annahme des Arbeitsgerichts nicht als eigenständiger neuer Wahlvorschlag gewertet werden.

(2) Es liegen hier für den Wahlvorschlag der I... M... wirksame gem. § 14 Abs. 2 BetrVG i.V.m. § 27 Abs. 2 WO erforderliche Unterschriften von zwei Beauftragten der Gewerkschaft im Original vor.

(a) Wen die Gewerkschaft als Beauftragte bestimmt, ist ihre Sache (h.M. Fitting, Rz. 68 zu § 14 BetrVG). Bereits deshalb liegt das Arbeitsgericht falsch, wenn es auf Seite 7 der Gründe schreibt, die Gewerkschaft dürfe ohne Einverständnis der Wahlbewerber die Beauftragten der Gewerkschaft weder bestimmen noch ändern.

(b) Die Beauftragung zur Einreichung eines Wahlvorschlages muss sich entweder unmittelbar aus der Satzung ergeben oder durch ihre satzungsgemäßen Organe ordnungsgemäß ausgesprochen worden sein. Die Beauftragung braucht nicht schriftlich zu erfolgen. In Zweifelsfällen kann der Wahlvorstand den Nachweis der Beauftragung verlangen (Fitting, Rz. 68 zu § 14 BetrVG).

(aa) Den mit Schreiben vom 25.11.2016 in Ergänzung der Urschrift vom 26.10.2016 eingereichten Wahlvorschlag mit dem Kennwort „I... M...“ zur Betriebsratswahl im Betrieb der Bet. zu 2. haben als Beauftragte der Gewerkschaft Herr M… G... und Frau A... M... unterschrieben. M... G... ist politischer Sekretär der I... M..., Frau M... ist politische Sekretärin der I... M....

(bb) Deren Beauftragung zur Einreichung von Wahlvorschlägen der I... M... ergibt sich nicht aus der Satzung der I... M.... Diese enthält hierzu keine Aussagen.

(cc) Den Nachweis der Beauftragung haben die Beauftragten erbracht. Sie haben zweimal eine auf sie lautende Vollmacht der I... M... Region H... vorgelegt. Das ist üblicherweise ausreichend, wenn nicht der Wahlvorstand begründete Zweifel an der ordnungsgemäßen Vollmachtserteilung hat. Für begründete Zweifel fehlt jegliches Vorbringen des Wahlvorstandes. Er bestreitet nur. Das ist nicht seine Aufgabe. Die Kammer hat mit Erstaunen zur Kenntnis genommen, dass der nur eine Prüfungsaufgabe innehabende, anwaltlich vertretene Wahlvorstand bis ins letzte Glied ohne jeglichen Tatsachenvortrag und ohne begründete Zweifel Vollmachtserteilungsbefugnis der 1. Bevollmächtigten der I... M..., deren Wahl und deren Bestätigung durch den F... I... M...-Vorstand, deren Geschäftsführungsbefugnis und den Regionalzuschnitt der I... M... bestritten hat.

Die Vollmachtserteilung ist aber auch korrekt. Herr G... und Frau M... sind ordnungsgemäß durch die 1. Bevollmächtigte der I... M... Region H..., I... M..., zur Einreichung des Wahlvorschlags bevollmächtigt worden (Bl. 24 d.A.).

Die regionale Zuständigkeit für den betr. der Bet. zu 2. ergibt sich aus dem Organisationsstatut. Auf den Inhalt wird verwiesen. Danach ist die I... M... Region H... auch für A... zuständig. Der F... I... M...-Vorstand hat dieses am 02.12.2015 von der Delegiertenversammlung beschlossene Ortsstatut am 09.12.2015 genehmigt.

Frau I... M... ist 1. Bevollmächtigte der I... M..., Geschäftsstelle Region H.... Das ist selbst vom Wahlvorstand in seiner Stellungnahme vom 29.11.2016 unter Ziffer. 2., a., i. nicht bezweifelt worden. Das ist angesichts des Bestreitens des Arbeitsgerichts (S. 8 des Beschlusses) jedoch auch explizit nachgewiesen worden. Ihre Befugnis zur Bevollmächtigung der Gewerkschaftsbeauftragten ergibt sich aus der Satzung und dem Schreiben des I... M... Vorstands vom 04.04.2016 (Bl. 157 d. A.)

Ausweislich der Satzung der I... M... ist diese dreistufig gegliedert, nämlich in Geschäftsstelle und Ortsverbände, Bezirke und Vorstand. Gem. § 14 Ziff. 1 der Satzung werden für vom Vorstand abgegrenzte und festgelegte Bereiche Geschäftsstellen errichtet. Die Leitung der Geschäftsstelle ist gem. § 14 Ziff. 2 der Satzung der Ortsvorstand. Dieser besteht u.a. aus der 1. Bevollmächtigten und dem 2. Bevollmächtigten, die die Geschäfte des Ortsvorstandes führen. Dabei ist die 1. Bevollmächtigte geschäftsführende Bevollmächtigte und als solche anzustellen. (Bl. 108 d. A.). Gem. § 14 Ziff. 4a) der Satzung der I... M... leitet der Ortsvorstand die Geschäftsstelle und vertritt diese nach innen und außen, sowohl den Mitgliedern als auch Dritten gegenüber. Gem. § 14 Ziff. 4 c) ist Aufgabe des Ortsvorstandes u.a. die Unterstützung und Überwachung bei der Einleitung und Durchführung von Betriebsratswahlen. In Erfüllung der weiteren Vorgaben des § 14 Ziff. 2 der Satzung wurde ausweislich des zur Akte gereichten Schreibens des I... M...vorstandes vom 04.04.2016 die auf der Delegiertenversammlung vom 19.03.2016 erfolgte Wahl von Frau I... M... als 1. Bevollmächtigte und von Herrn E... G... als 2. Bevollmächtigter bestätigt (Bl. 157 d. A.). Damit sind alle vom Wahlvorstand bzw. vom Arbeitsgericht vorgebrachten Zweifel an der ordnungsgemäßen Bevollmächtigung der Beauftragten der I... M... durch die 1. Bevollmächtigte I... M... ausgeräumt. Dass der Nachweis der Befugnis der 1. Bevollmächtigten I... M... zur Beauftragung der Gewerkschaftsbeauftragten erst im Laufe des einstweiligen Verfügungsverfahrens und damit außerhalb der Zwei-Wochenfrist des § 6 Abs. 1 S. 2 WO erbracht wurde, ist unschädlich, denn die Vorlage eines solchen Nachweises ist nicht ausdrücklich vom Wahlvorstand in seinem Schreiben vom 29.11.2016 verlangt worden (vgl. hierzu Fitting, Rz. 3 zu § 27 WO). Die Satzung der I... M... hat ihm bereits vorgelegen.

(dd) Dass die von der 1. Bevollmächtigten der I... M... I... M... erteilte Bevollmächtigung der Gewerkschaftsbeauftragten G... und M... im Betreff „Betriebsratswahl 2016 – P... K... GmbH“ aufführt und nicht von „P... K... GmbH & Co. KG“ spricht, ist entgegen der Ansicht des Wahlvorstands unschädlich. Die richtige Parteibezeichnung ist nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung des BAG durch Auslegung zu ermitteln (zuletzt BAG vom 19.05.2015 – 9 AZR 837/13 – Juris). Was für die Bezeichnung einer Partei im Sinne des § 253 ZPO gilt, muss erst Recht Anwendung auf Fehler in Betreffzeilen gelten. Das Schreiben ist an den Wahlvorstand der P... K... GmbH & Co. KG gerichtet (Bl. 24 d. A.). Es gibt nur einen Wahlvorstand. Es gibt nur eine Betriebsratswahl. Der Wahlvorschlag enthält die richtige Firmenbezeichnung.

(ee) Gleiches gilt im Hinblick auf die Erwähnung der „Betriebsratswahl im Betrieb P... K...“ im Vorspann zu den geleisteten Unterschriften der Gewerkschaftsbeauftragten (Bl. 21 und 23 d. A.).

(ff) Es kann hier dahingestellt bleiben, ob die mit Vollmacht des nachgewiesenermaßen wirksam bestellten 2. Bevollmächtigten G... vom 01.11.2016 geleistete Unterschrift des Gewerkschaftssekretärs J... W... vom 03.11.2016 eine dritte wirksame Unterschrift im Sinne des § 14 Abs. 5 BetrVG darstellt, wofür sehr viel spricht. Es reichen gem. § 14 Abs. 5 BetrVG zwei wirksame Unterschriften von wirksam Beauftragten der Gewerkschaft. Diese liegen mit den vorgelegten Unterschriften der Gewerkschaftsbeauftragten G... und M... vor (Bl. 24 d. A.).

(3) Der Wahlvorschlag der I... M... mit dem Kennwort „I... M...“ und die Unterschriften der Gewerkschaftsbeauftragten bilden hier eine einheitliche Urkunde im Sinne des § 14 Abs. 5 BetrVG in Verbindung mit § 27 Abs. 2 WO.

(a) Nach § 14 Abs. 5 BetrVG bestehen für den Wahlvorschlag keine besonderen Anforderungen in Bezug auf die äußere Beschaffenheit der Urkunde (BAG vom 25.5.2005 – 7 ABR 39/04 – Rz. 14; BAG vom 06.11.2013 – 7 ABR 65/11 – Rz. 26; LAG Hamm vom 15.02.2016 – 13 Ta 70/16 – Rz. 11 m.w.N.). Es muss nur gewährleistet sein, dass im Zeitpunkt der Unterschriftsleistung durch die Unterstützer oder Gewerkschaftsbeauftragten unter den Wahlvorschlag für jeden unmissverständlich klar ist, welche gem. § 6 WO in eine Vorschlagsliste aufzunehmenden Bewerberinnen und Bewerber es in welcher Reihenfolge zu unterstützen gilt (LAG Hamm a.a.O, Rz. 6). Eine andere Funktion hat die Leistung von Unterstützerunterschriften nicht.

Auch das vermischt das Arbeitsgericht.

(b) Es muss nur sichergestellt sein, dass sich die Unterschriften auf diesen Wahlvorschlag und nicht auf eine andere Erklärung beziehen. Eine körperlich feste Verbindung von Bewerber- und Unterschriftenliste ist nicht die einzige Möglichkeit, deren Zusammengehörigkeit kenntlich zu machen. Die Einheitlichkeit kann auch aus anderen Umständen geschlossen werden, z.B. aus der Angabe des Kennworts auf den einzelnen Blättern der Vorschlagsliste (BAG vom 25.05.2005 – 7 ABR 39/04 – Rz. 14). Es kann nach ganz herrschender Meinung auch eine Vervielfältigung der Vorschlagsliste erfolgen und auf mehreren Wahlvorschlagsexemplaren Unterschriften gesammelt werden, wenn die verschiedenen Wahlvorschlagsexemplare nur sämtliche Bewerber inhaltlich übereinstimmend aufführen (GK- Kreutz/Jacobs, Rz. 69 zu § 14 BetrVG m.w.N.).

(c) Nach diesen Grundsätzen entspricht der Wahlvorschlag „I... M...“ in dem am 25.11.2016 überreichten Exemplar den Anforderungen des § 14 Abs. 5 BetrVG. Die Bewerberliste ist fotokopiert worden. Sie stimmt inhaltlich mit dem bereits überreichten Original der Bewerberliste überein. Auf diese Vervielfältigung des Originals haben die beiden Beauftragten der Gewerkschaft ihre Unterschrift gesetzt. Damit ist Einheitlichkeit zweifelsfrei gegeben.

(d) Es berührt die Wirksamkeit des Vorschlags nicht, dass die Unterschriften der Gewerkschaft nachgereicht wurden.

Der Wahlvorschlag ist nur dann ungültig, sofern die Unterschriften nicht innerhalb der Zweiwochenfrist des § 6 Abs. 1 S. 2 WO für die Einreichung von Wahlvorschlägen nachgeholt wurden (Fitting, Rz. 69 zu § 14 BetrVG). Nachholen bedeutet in diesem Zusammenhang nichts anderes als Nachreichen, denn das Original des Wahlvorschlags ist durch die Einreichung bereits unwiederbringlich der Verfügungsbefugnis entzogen. Eine Ergänzung kann nur durch Nachreichen eines weiteren Schriftstücks erfolgen. Eine „Wiederholung“ des gesamten Vorgangs ist nicht erforderlich.

(e) Es berührt die Wirksamkeit des Vorschlags nicht, dass am 03.11.2016 mit Herrn W... ein anderer Gewerkschaftsbeauftragter unterschrieben hat als am 25.11.2016, also die Gewerkschaftsbeauftragten teilweise wechseln. Für die Gültigkeit des Wahlvorschlages hat das keine Bedeutung (siehe Fitting, Rz. 55 zu § 14 BetrVG).Herr W... hat zudem zu keinem Zeitpunkt seine Unterschrift zurückgezogen.

(f) Der mit Schreiben vom 25.11.2016 in Ergänzung der Urschrift vom 26.10.2016 eingereichte Wahlvorschlag „I... M...“ ist auch nicht ungültig im Sinne des § 8 Abs. 2 Ziff. 2 WO. Die Zustimmungserklärungen der vier Bewerber im Sinne des § 6 Abs. 3 S. 3 WO für den Wahlvorschlag liegen vor.

(1) Gem. § 6 Abs. 3 Satz 3 WO ist der Vorschlagsliste die schriftliche Zustimmung zur Aufnahme in die Liste beizufügen. Eine Vorschlagsliste ist gem. § 8 Abs. 2 Ziff. 2 WO ungültig, wenn die schriftliche Zustimmung der Bewerberinnen und Bewerber zur Aufnahme in die Vorschlagsliste nicht vorliegt.

(2) Es ist nicht erforderlich, dass Wahlvorschlag und Zustimmungserklärung zeitgleich eingereicht werden. Die Zustimmungserklärungen der Bewerber können auch direkt beim Wahlvorstand abgegeben werden. Eine Rücknahme der Zustimmung ist nicht zulässig (Fitting, Rz. 10 zu § 6 WO m.w.N.).

(3) Die vier auf der Vorschlagsliste der I... M... benannten Wahlbewerber haben ihre Zustimmung bereits auf der am 26.10.2016 beim Wahlvorstand eingereichten Urschrift des Wahlvorschlags erteilt. Sie haben in Spalte 6 des Wahlvorschlags ausdrücklich mit ihrer Unterschrift ihre „Zustimmung zur Bewerbung“ auf der Liste mit dem Kennwort „I... M...“ erteilt.

(4) Soweit das Arbeitsgericht meint, es liege auch deshalb keine Zustimmung der Wahlbewerber vor, weil kein Einverständnis von ihnen mit der im Zusammenhang mit der Einreichung der Vorschlagsliste vom 25.11.2016 erfolgten Änderung der Beauftragten der Gewerkschaft vorliege, ist diese Ansicht falsch. Das Arbeitsgericht verkennt, dass die Wahlbewerberzustimmung nichts damit zu tun hat, wer wann von der Gewerkschaft zur Einreichung eines Wahlvorschlages beauftragt wurde und wer einen Wahlvorschlag unterstützt. Eine Änderung der Beauftragten der Gewerkschaft ist nicht vom Einverständnis der Wahlbewerber abhängig. Der Bewerber muss nur mit der Kandidatur auf der Liste einverstanden sein. Deshalb hat er eine schriftliche Zustimmungserklärung abzugeben (völlig herrschende Meinung, vgl. nur DKK, Rz. 30 zu § 6 WO). Diese Zustimmungserklärung steht in keinem Zusammenhang mit den Unterstützerunterschriften von Arbeitnehmern oder von Beauftragten der Gewerkschaft im Sinne des § 14 Abs. 5 BetrVG. Ein mit eigener Zustimmung vorgeschlagener Wahlbewerber hat nach dem Gesetz keinerlei Einfluss darauf, wer ihn konkret auf dem Wahlvorschlag unterstützt. Er kann der Unterstützung, durch wen auch immer, weder zustimmen noch einzelne Personen, die den Wahlvorschlag unterstützen, oder hierzu beauftragt werden, ablehnen. Sein Einverständnis zur Aufnahme in den Wahlvorschlag ist kraft Gesetzes losgelöst davon, wer den Wahlvorschlag, auf dem er steht, unterstützt.

4. Der Wahlvorschlag der „I... M...“ ist auch nicht aus anderen Gründen ungültig.

a) Die Zahl der jeweils Vorgeschlagenen ist für die Gültigkeit eines Wahlvorschlags ohne Belang (BAG vom 6.11.2013 – 7 ABR 65/11 – Rz. 14; GK- Kreutz/Jacobs, Rz. 47 zu § 14 BetrVG). Angesichts dessen ist die Rüge des Wahlvorstandes, im Hinblick auf die Tatsache, dass drei der vier Bewerber in einem gekündigten Arbeitsverhältnis stehen, müssten mehr Bewerber benannt werden, unbeachtlich. Bei § 6 Abs. 2 WO handelt es sich nur um eine „Soll-Vorschrift“ (BAG a.a.O.).

b) Die drei gekündigten Wahlbewerber sind wählbar im Sinne der §§ 7, 8 BetrVG. Die erforderliche Betriebszugehörigkeit ist erfüllt. Die Tatsache der Kündigung steht der Aufnahme in die Vorschlagsliste nicht entgegen. Die Kündigungen waren bei Aufnahme in den Wahlvorschlag schwebend unwirksam. Über sie ist noch nicht rechtskräftig entschieden (siehe hierzu Fitting, Rz. 20 zu § 8 BetrVG; h.M.).

III. Der Verfügungsgrund ergibt sich daraus, dass im Zeitpunkt der zweitinstanzlichen Beschlussfassung am 09.01.2017 noch das mildere Mittel gegeben war, in die laufende Wahl korrigierend einzugreifen. Denn in Befolgung der gerichtlichen Entscheidung ist es dem Wahlvorstand noch möglich, gem. § 10 Abs. 1 WO den Wahlvorschlag der I... M... vom 25.11.2016 bekanntzumachen.

IV. Aus den genannten Gründen war der angefochtene Beschluss des Arbeitsgerichts abzuändern und dem Antrag der I... M... auf Zulassung des Wahlvorschlags „I... M...“ zur Betriebsratswahl im Betrieb der Bet. zu 2. stattzugeben. Der Wahlvorschlag der I... M... ist gültig.

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