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Steuerrecht
29.06.2017
Steuerrecht
FG Niedersachsen : Zeitpunkt der steuerlichen Berücksichtigung eines Forderungsverlustes eines stillen Gesellschafters einer GmbH & atypisch stille Gesellschaft gegen die GmbH als Inhaberin des Handelsgeschäfts

FG Niedersachsen, Urteil vom 22.3.2017 – 9 K 92/15

Volltext des Urteils: BB-ONLINE BBL2017-1558-4

unter www.betriebs-berater.de

Amtliche Leitsätze

1. Hat ein Kommanditist einen Ausgleichsanspruch gegen die KG und steht fest, dass ein solcher Ersatzanspruch wertlos ist, weil er weder von der KG noch vom persönlich haftenden Gesellschafter beglichen werden kann, folgt aus der Behandlung als Eigenkapital, dass eine Wertberichtigung während des Bestehens der Gesellschaft regelmäßig nicht in Betracht kommt. Das Imparitätsprinzip gilt insoweit nicht. Vielmehr wird dieser Verlust im Sonderbetriebsvermögen - ebenso wie der Verlust der Einlage in das Gesellschaftsvermögen - grundsätzlich erst im Zeitpunkt der Beendigung der Mitunternehmerstellung, also beim Ausscheiden des Gesellschafters oder bei Beendigung der Gesellschaft realisiert.

2. Die ertragsteuerrechtliche Gleichstellung einer GmbH & atypisch stille Gesellschaft mit anderen Mitunternehmerschaften wie einer KG gebietet es, den stillen Gesellschafter einem Kommanditisten im Hinblick auf die in seinem Sonderbetriebsvermögens II bestehenden Forderungen gegen die KG gleichzustellen und eine Berücksichtigung eines Forderungsverlustes gegen die GmbH als Inhaberin des Handelsgeschäfts auch erst im Zeitpunkt der Beendigung der Mitunternehmerschaft zuzulassen.

§ 15 Abs 1 Nr 2 EStG, § 15 Abs 3 EStG, § 230 HGB

Sachverhalt

Streitig ist die Höhe und die Verteilung der festzustellenden Einkünfte einer GmbH & atypische stille Gesellschaft.

Mit Vertrag vom 21. Juli 1997 beteiligte sich der Kläger zusammen mit dem Beigeladenen X zu gleichen Teilen als stiller Gesellschafter im Sinne des § 230 des Handelsgesetzbuches (HGB) an der zuvor in 1997 gegründeten …-GmbH (im Folgenden: GmbH) mit Sitz in Peine. Geschäftsführerin der GmbH & atypisch stille Gesellschaft ist die GmbH als Inhaberin des Handelsgeschäfts (§ 4 des Gesellschaftsvertrags vom 21. Juli 1997). Seit der Gründung ist der Beigeladene mit einem Anteil von 25.000 DM (50%) am Stammkapital der GmbH beteiligt. Der Kläger selbst war nicht Anteilseigner der GmbH. Er führte jedoch bis August 2009 deren Geschäfte. Die weiteren 50 % der Anteile hielt die - nach den Angaben der Beteiligten heute nicht mehr existente - A GmbH Gesellschaft für Unternehmensberatung, Hamburg, an der nach Aktenlage der Sohn und der Schwager des Klägers (nach dessen Tod seine Schwägerin) beteiligt waren.

Die GmbH betrieb mit eigenen Maschinen und eigenem Personal eine Kiesgrube auf einem Grundstück, das die stillen Gesellschafter gemeinsam erworben und der GmbH zur Ausbeute überlassen hatten. Sowohl das Anlagevermögen der GmbH als auch das Ausbeutegrundstück und die stillen Einlagen waren über Darlehen der Kreissparkasse … fremdfinanziert worden. Für die Darlehen der GmbH hatten sich die stillen Gesellschafter gemeinschaftlich verbürgt.

In den Jahresabschlüssen der GmbH & atypisch stille Gesellschaft wurden das Ausbeutegrundstück und die stillen Beteiligungen sowie die damit in Zusammenhang stehenden Darlehensverbindlichkeiten in einer Sonderbilanz I bilanziert. In einer Sonderbilanz II des Klägers („Einlagenfinanzierung“) wurden zudem Forderungen des Klägers gegen die GmbH bilanziert. Die Beteiligung des Beigeladenen an der GmbH wurde nicht bilanziell erfasst.

Der Beklagte führte für die GmbH & atypisch stille Gesellschaft als Personengesellschaft einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellungen durch.

Nachdem der Kiesgrubenbetrieb dauerhaft Verluste erwirtschaftet hatte, war die Kreissparkasse … schließlich nicht mehr bereit, den defizitären Betrieb weiter zu finanzieren. Daher sahen sich auf Druck der Kreissparkasse … der Kläger und der Beigeladene als Darlehensnehmer bzw. Bürgen veranlasst, den Betrieb einzustellen, das Vermögen zu veräußern und die Veräußerungserlöse zur Darlehensrückführung einzusetzen. Auf Initiative der Kreissparkasse wurden mit notariellen Verträgen jeweils vom 7. März 2008 das Anlagevermögen der GmbH für insgesamt 336.500 € und das Ausbeutegrundstück nebst Kiesvorkommen und Abbaugenehmigung für insgesamt 200.000 € an einen Dritten veräußert und der jeweilige Kaufpreisanspruch der Veräußerer an die Kreissparkasse als Hauptgläubigerin abgetreten. Allerdings reichten die abgetretenen Erlöse nicht zur vollständigen Rückführung sämtlicher Darlehen aus. Deshalb wurden die verbliebenen Altdarlehen der GmbH, für die sich die stillen Gesellschafter seinerzeit gegenüber der Kreissparkasse verbürgt hatten, teilweise in persönliche Darlehen der stillen Gesellschafter umgeschuldet. Im Gegenzug stellte die Kreissparkasse den stillen Gesellschaftern einen Teilverzicht auf ihre verbliebenen Darlehensforderungen in Aussicht. Das danach zwischen der Kreissparkasse Peine und dem Kläger mit Vertrag vom 12. März 2008 vereinbarte Umschuldungsdarlehen (Nr. 5050009215) umfasste einen Betrag von 100.000 €. Obwohl zunächst eine gleichmäßige Beteiligung an der Schuldenregulierung angedacht war, konnte die Kreissparkasse Peine nach eigenem Bekunden gegenüber dem Beigeladenen nur ein Umschuldungsdarlehen in Höhe von 75.000 € durchsetzen (Vertrag vom 13. März 2008 Nr. 500209116). Beide Umschuldungsdarlehen wurden vereinbarungsgemäß dazu verwendet, das Altdarlehen der GmbH (Nr. 500801618) weiter zurückzuführen.

Bis Ende April 2008 waren sämtliche Darlehensverbindlichkeiten der GmbH gegenüber der Kreissparkasse vollständig getilgt. Auch das Darlehen (Nr. 500202056), das die stillen Gesellschafter seinerzeit zur Finanzierung des Kaufpreises für das dem Sonderbetriebsvermögen I zuzurechnenden Abbaugrundstück aufgenommen hatten, war bis Ende April 2008 vollständig getilgt. Schließlich verzichtete die Kreissparkasse im Dezember 2008 auf Forderungen in Höhe von 113.139,35 € aus dem Darlehen Nr. 500801329; dieses Darlehen hatten die stillen Gesellschafter im Jahr 2003 gemeinschaftlich zur Finanzierung einer Einlage in die GmbH aufgenommen.

Am 16. März 2008 erklärte der Kläger gegenüber dem Beklagten in einen Fragebogen zur „Einstellung eines Betriebs oder Teilbetriebs“, dass das Anlagevermögen des Betriebs „Kieswerke“ am 8. März 2008 veräußert worden sei. Angaben zur Fortführung oder Aufgabe des Betriebs machte der Kläger nicht (Antwortfelder insgesamt gestrichen).

Nach eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung kündigte der Kläger zum 31. Dezember 2009 seine atypisch stille Beteiligung an der GmbH mit Schreiben vom 19. Juni 2009, das an die GmbH gerichtet war, die ihren Sitz zu dieser Zeit am Wohnsitz des Klägers hatte (vgl. Sitzungsprotokoll vom 22. März 2017). Das Kündigungsschreiben war dem Beklagten mit Schriftsatz vom 3. März 2014 - im Rahmen des Einspruchsverfahrens - übersandt worden. Der Beigeladene soll dagegen nach Angaben seines Prozessvertreters in der mündlichen Verhandlung nicht gekündigt haben und bis heute atypisch stiller Gesellschafter der GmbH sein.

Am 5. August 2009 ging bei dem für die GmbH zuständigen Registergericht eine Erklärung des Klägers über die Niederlegung der GmbH-Geschäftsführung ein. Seither ist die GmbH führungslos.

Am 31. Mai 2010 gab der Kläger für die GmbH & atypisch stille Gesellschaft eine Feststellungserklärung nebst Jahresabschluss auf den 31. Dezember 2009 beim Beklagten ab. Die vom Kläger unterschriebene Feststellungserklärung wies den Kläger als Empfangsbevollmächtigten aus.

Mit Schreiben vom 7. Dezember 2010 teilte der Kläger gegenüber dem Beklagten mit, er habe seinen Anteil an der GmbH & atypisch stille Gesellschaft zum 31. Dezember 2009 aufgegeben. Beigefügt waren eine Sonderbilanz I mit der weiterhin bilanzierten Beteiligung der Gesellschafter an der atypisch stillen Gesellschaft und eine Sonderbilanz II des Klägers („Einlagenfinanzierung“), die weiterhin Forderungen aus „Einlagen atypisch stille Gesellschaft“ von 339.425,59 € auswies.

Der Beklagte ging in der Folge davon aus, dass die GmbH & atypisch stille Gesellschaft zum 31. Dezember 2009 beendet war.

Mit Bescheid vom 11. November 2010 stellte der Beklagte für das Streitjahr 2008 abweichend von der für die stille Gesellschaft abgegebenen Steuererklärung einen Verlust von 122.463,37 € gesondert und einheitlich fest. Gegen diesen Bescheid legten der Kläger und der Beigeladene Einsprüche ein. Nachdem hinsichtlich weiterer Streitpunkte Einvernehmen erzielt wurde, war nur noch streitig, wem bzw. in welchem Umfang der - in der Gewinnermittlung der stillen Gesellschaft bisher erklärte und nicht berücksichtigte - Teilverzicht der Kreissparkasse auf ihre Darlehensforderungen gegen die stillen Gesellschafter zuzurechnen war, und ob und in welchem Umfang Forderungen des Klägers als stiller Gesellschafter gegen die GmbH ausgefallen und deshalb bei ihm entsprechend als Sonderbetriebsausgaben zu berücksichtigen waren.

Im Zusammenhang mit dem Teilverzicht der Kreissparkasse bestand zwischen den stillen Gesellschaftern und dem Beklagten Einigkeit darüber, dass der von der Kreissparkasse im Dezember 2008 gewährte Teilverzicht auf ihre Darlehensforderungen als Wegfall einer Verbindlichkeit gewinnerhöhend zu berücksichtigen war. Allerdings machte der Kläger geltend, er habe die Kreissparkasse bei der Umschuldung der GmbH-Altdarlehen im März 2008 aufgrund seines um 25.000 € (100.000 € Darlehen Kläger abzüglich 75.000 € Darlehen Beigeladener) höheren Umschuldungsdarlehens über seine Beteiligungsquote hinaus befriedigt und deshalb im Innenverhältnis einen zivilrechtlichen Ausgleichsanspruch im Sinne der §§ 426, 735 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) gegen den Mitgesellschafter und Beigeladenen, weshalb die Gewinnerhöhung aufgrund des Teilverzichts der Kreissparkasse den stillen Gesellschaftern disquotal zuzuordnen und dem Beigeladenen ein um 25.000 € höherer Anteil zuzurechnen sei. Der Beigeladene wendete sich gegen eine solche disquotale Zuordnung mit der Begründung, der Teilverzicht sei im Gesamthandsvermögen der stillen Gesellschaft zu berücksichtigen und sämtlichen Gesellschaftern entsprechend der vereinbarten Beteiligungsquote zuzurechnen.

Darüber hinaus machte der Kläger geltend, eigene Forderungen gegen die GmbH in Höhe von insgesamt 255.440,25 € seien wegen Zahlungsunfähigkeit der GmbH uneinbringlich geworden. Entsprechende Sonderbetriebsausgaben seien für ihn festzustellen. Diese Forderungen seien in der Buchführung der stillen Gesellschaft auf den Konten Nr. 3501 und 1460 gebucht worden. Die Höhe sei bisher nicht in Frage gestellt worden und damit hinreichend nachgewiesen. Der Beigeladene bestritt dagegen die geltend gemachten Forderungsverluste und verwies darauf, dass ihm derartige Forderungen nicht bekannt seien und ohne entsprechende Nachweise über die Entstehung und ihre Höhe nicht akzeptiert werden könnten.

In den beiden verbliebenen Streitpunkten hatte der Einspruch des Klägers keinen Erfolg. Der Beklagte ging davon aus, dass dem Kläger ein zivilrechtlicher Ausgleichsanspruch gegen seinen Mitgesellschafter nicht zustehe, dieser tatsächlich auch nicht geltend gemacht oder gebucht worden sei und zudem verjährt sei. Ein solcher Ausgleichsanspruch könne steuerlich daher nicht berücksichtigt werden mit der Folge, dass die vom Kläger geltend gemachte disquotale Zuordnung des Ertrages aus dem Teilverzicht der Kreissparkasse nicht zu rechtfertigen sei. Es müsse danach bei der hälftigen Zurechnung des Ertrages verbleiben.

Im Übrigen lehnte der Beklagte die Berücksichtigung der geltend gemachten Forderungsverluste gegen die GmbH ab. Der Kläger sei im Einspruchsverfahren aufgefordert worden, die Entstehung und Entwicklung derartiger Forderungen gegen die GmbH dem Grunde und der Höhe nach lückenlos durch geeignete Unterlagen nachzuweisen. Dieser Aufforderung sei der Kläger innerhalb der gesetzten Frist nicht nachgekommen. Der bloße Hinweis auf eine Nichtbeanstandung der Bilanzansätze in den Vorjahren könne derartige Nachweise nicht ersetzen. Hinzu komme, dass die Forderungsverluste vom Kläger erstmalig mit Schreiben vom 3. März 2014 geltend gemacht worden seien, in früher vorgelegten Gewinnermittlungen nicht enthalten gewesen und vom Mitgesellschafter ausdrücklich bestritten worden seien. Schließlich spreche auch die Tatsache, dass der Kläger als damaliger Vertreter der GmbH in der Auflistung ihrer Verbindlichkeiten mit Stand 28. Februar 2008 gegenüber dem Erwerber des Anlagevermögens ausschließlich Verbindlichkeiten der GmbH gegenüber Dritten in Höhe von insgesamt 10.487,37 €, aber keine Verbindlichkeiten gegenüber der Person des Klägers angegeben habe, dagegen, dass er Forderungen gegen die GmbH gehabt habe bzw. mit eigenen Forderungen ausgefallen sei. Vor diesem Hintergrund könne dahinstehen, ob derartige Forderungsverluste überhaupt schon im Streitjahr oder erst bei Beendigung der stillen Gesellschaft berücksichtigt werden könnten.

Bezüglich der weiteren Ausführungen wird auf den Einspruchsbescheid des Beklagten vom 6. März 2015 Bezug genommen.

Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage, mit der der Kläger sein Begehren aus dem Einspruchsverfahren weiterverfolgt. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen Folgendes vor:

In den eingereichten Sonderbilanzen II des Klägers „Einlagenfinanzierung“ seien zuletzt zum 31. Dezember 2009 Forderungen aus „Einlagen atypisch stille Gesellschaft“ in Höhe von 351.319,56 € enthalten. In dieser Summe sei allerdings eine über die Kreissparkasse Peine refinanzierte Einlagenfinanzierung mit der Kontoendnummer 0162 in Höhe von 95.879,32 € enthalten. Hierbei handele es sich nicht um eine betriebliche Verbindlichkeit. Nach deren Abzug ergäbe sich der geltend gemachte Forderungsverlust aus dem Sonderbetriebsvermögen in Höhe von 255.440,24 €. Die Bilanz der GmbH zum 31. Dezember 2008 weise auf dem Buchungskonto Nr. 3501 „Sonstige Verbindlichkeiten an …“ einen Schuldbetrag von 267.634,98 € aus. Dieser Betrag übersteige die zu Gunsten des Klägers bestehende Forderung gegen die GmbH. Die Forderungen des Klägers gegen die GmbH seien mit der Veräußerung des Anlagevermögens im März 2008 uneinbringlich geworden und daher abzuschreiben. Im März 2008 sei der Zeitpunkt der Betriebsbeendigung anzunehmen. Die Existenz der entsprechenden Forderungen des Klägers gegen die GmbH würde spiegelbildlich durch die Bilanzierung der Verbindlichkeiten im Rahmen des Buchführungswerkes und Jahresabschlusses der GmbH zum 31. Dezember 2008 mit der Vermutung der Richtigkeit bestätigt. Der Beklagte habe das Buchführungs- und Gewinnermittlungswerk der GmbH in sämtlichen Veranlagungszeiträumen seit 2001 überprüft und die gebuchten Verbindlichkeiten in bilanzieller Höhe akzeptiert. Die Forderungen des Klägers in seinem Sonderbetriebsvermögen seien letztlich nur die spiegelbildlichen Gegenpositionen zu den nachgewiesenen, jedenfalls mit der Vermutung der Richtigkeit versehenen Verbindlichkeiten der GmbH gegenüber dem Kläger. Bereits aufgrund dessen sei der Abzug des Forderungsverlustes im Sonderbetriebsvermögen des Klägers durch Abschreibung der Forderungen steuerlich anzuerkennen.

Davon abgesehen hat der Kläger im laufenden Klageverfahren versucht, ein möglichst konkretes Bild der Forderungen bzw. deren Entwicklung seit dem Jahr 2000 nachzuzeichnen (vgl. im Einzelnen Ziff. 4 des Schriftsatzes vom 11. Juni 2015 mit entsprechenden Anlagen). Danach habe sich zum 31. Dezember 2003 auch auf dem Buchungskonto Nr. 1460 („Verbindlichkeiten …“) der GmbH ein Bestand von 47.069,41 € ergeben. Ab dem Jahr 2004 habe es Unterschlagungen des Klägers zu Gunsten der GmbH gegeben. Der Kläger habe Mittel veruntreut für Zwecke der GmbH. Es habe sich dabei um Mittel eines Golf-Clubs gehandelt, bei dem der Kläger das Amt des Schatzmeisters innegehabt habe. Diese Mittel des Golf-Clubs seien zum Zwecke der Schuldentilgung der GmbH verwendet worden. Dies sei der Grund für den Aufbau des Forderungsbestandes im Sonderbetriebsvermögen des Klägers gewesen. Der Kläger habe schließlich den dadurch angerichteten Schaden nahezu vollständig wiedergutgemacht.

Es sei zutreffend, dass der Verlust im Veranlagungszeitraum für 2009 steuerlich geltend gemacht worden sei. Dies hindere aber nicht, die zutreffende steuerliche Beurteilung zu finden. Danach sei der Forderungsverlust bereits im Jahr 2008 eingetreten. Es handele sich auch nicht um eine gesellschaftsrechtliche Forderung. Bei der atypisch stillen Gesellschaft handele es sich um eine reine Innengesellschaft, bei der schon denklogisch eine Forderung eines Gesellschafters gegen die Gesellschaft nicht existieren könne, weil es gar kein rechtsfähiges Außensubjekt - die Gesellschaft - gebe. Die Forderungen des Klägers bestünden vielmehr gegen den Inhaber des Handelsgeschäftes, die GmbH, und damit auf genau der schuldrechtlichen Basis, die eine Forderungsabschreibung bereits im Jahr 2008 rechtfertige. Der Forderungsverlust sei nicht im Zeitpunkt der Beendigung der atypisch stillen Gesellschaft, sondern bereits im Streitjahr zu berücksichtigen, da die GmbH im März 2008 ihr gesamtes Vermögen veräußert habe und damit die Forderung uneinbringlich geworden sei. Dass im Streitfall mit der Veräußerung aller wesentlichen Betriebsgrundlagen nicht gleichzeitig auch die Betriebsaufgabe einhergehe, sei der besonderen Situation der atypisch stillen Gesellschaft geschuldet (zu weiteren Einzelheiten siehe Schriftsatz vom 20. März 2017). Dem vorgenannten Schreiben hat der Kläger (erstmals) eine korrigierte Sonderbilanz II auf den 31. Dezember 2008 beigefügt, die eine Forderungsabschreibung von 267.634,96 € ausweist.

Der Kläger macht zudem eine abweichende Berücksichtigung von Einlagen für Darlehenstilgungen im Sonderbetriebsvermögensbereich geltend, die zur Ablösung der ursprünglichen betrieblichen Verbindlichkeiten gedient haben. Nach Veräußerung des Anlagevermögens seien bei der GmbH im Jahre 2008 weitere Verbindlichkeiten gegenüber der Kreissparkasse … übriggeblieben. Aufgrund der Tatsache, dass sich die stillen Gesellschafter für die Verbindlichkeiten der GmbH verbürgt hätten, habe eine Umschuldung durch private Darlehen der Gesellschafter stattgefunden. Dabei habe der Kläger einen Darlehensbetrag von 100.000 €, der Mitgesellschafter, der Beigeladene, einen solchen von 75.000 € übernommen. Danach sei ein weiterer Schuldbetrag gegenüber der Kreissparkasse … in Höhe von 113.139,35 € verblieben, auf den die Kreissparkasse verzichtet habe. Der Kläger sei davon ausgegangen, dass beide Gesellschafter den gleichen Betrag, nämlich jeweils 100.000 € zur Umschuldung der Darlehen beigetragen hätten. Der Kläger begehrt, den im Sonderbetriebsvermögen erzielten, anteilig auf ihn entfallenden Gewinn aus dem Verzicht der Kreissparkasse Peine um 12.500 € zu reduzieren. Die ursprünglichen Verbindlichkeiten, deren Teilerlass im Raume stehe, dienten der Einlagenfinanzierung der Gesellschafter und seien aufgrund dessen als durch die Beteiligung veranlasst im Sonderbetriebsvermögen anzusehen. Die Übernahme der verbleibenden betrieblichen Verbindlichkeiten der GmbH durch die geleisteten Einlagen in Höhe von 100.000 € und 75.000 € der beiden Gesellschafter dienten der wirtschaftlichen Beteiligung und stellten ebenfalls Sonderbetriebsvermögen dar. Nicht zu folgen sei dem Beklagten allerdings in der Berechnung der Aufteilung der Ergebnisse der Sonderbilanzen der Gesellschafter. Für jeden Gesellschafter sei eine eigene Sonderbilanz aufzustellen. Dieser Grundsatz schließe die Handhabung des Beklagten, unterschiedliche Einlageleistungen zweier Gesellschafter zusammenzuaddieren und dann hälftig zu teilen, um ein steuerliches Ergebnis im Sonderbetriebsvermögensbereich zu ermitteln, von vornherein aus.

Nach Verrechnung mit den Erlösen aus der Betriebsveräußerung sei von einem verbleibenden Schuldenstand von 288.139,35 € auszugehen, der von beiden Gesellschaftern je zur Hälfte zu übernehmen gewesen sei. Die Tatsache, dass sich die Kreissparkasse Peine mit Gesamtzahlungen von 175.000 € für befriedigt erklärt und den Rest erlassen habe, sei steuerlich bei der gebotenen getrennten Betrachtung des Sonderbetriebsvermögens jedes Mitunternehmers folgende Berechnung anzustellen:

Ergebnisanteil des Klägers:

        

288.139,35 € x 1/2 =

 144.069,67 €

abzüglich geleisteter Einlagen

 ./. 100.000 €

verbleiben

 44.069,67 €

bisher vom Beklagten angesetzt

56.569,67 €

Gewinnminderung lt. Klageantrag

 12.500 €.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2008 und den Bescheid über die Feststellung des verrechenbaren Verlustes nach § 15 Abs. 4 EStG der ehemaligen GmbH & atypisch stille Gesellschaft für 2008 vom 11. November 2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 6. März 2015 insoweit zu ändern, dass die Sonderbetriebsausgaben des Klägers aus Forderungsverlusten in Höhe von 255.440,25 € zusätzlich berücksichtigt werden, und dass der Gewinn aus dem Sonderbetriebsvermögen II des Klägers um 12.500 € vermindert und der Gewinn des Beigeladenen X um 12.500 € erhöht wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist der Beklagte zunächst auf seinen Einspruchsbescheid vom 6. März 2015. Des Weiteren begründet der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag wie folgt:

Zunächst vertritt der Beklagte die Auffassung, dass der geltend gemachte Forderungsverlust erst bei Beendigung der atypisch stillen Gesellschaft im Jahre 2009 steuerwirksam geltend gemacht werden könne. Dafür spreche auch, dass der Kläger selbst in seiner Sonderbilanz II zum 31. Dezember 2008 (zunächst) keine Wertminderungen ausgewiesen bzw. Forderungsabschreibungen vorgenommen habe. Hinzukomme, dass in der Buchführung der GmbH keine Erträge aus dem Wegfall entsprechender Verbindlichkeiten berücksichtigt worden seien.

Dem Grunde nach sei der Beklagte berechtigt, aufgrund der Feststellung verschiedener Differenzen und Verkürzungshandlungen in der Vergangenheit, Angaben des Klägers bezüglich seiner angeblichen Forderungen gegenüber der GmbH zu untersuchen und zu hinterfragen.

Der Hinweis des Klägers darauf, dass Forderungen aus veruntreuten Mitteln des Golf-Clubs zur Tilgung von GmbH-Verbindlichkeiten verwendet worden seien, sei für den Beklagten neu. Darüber hinaus habe das beklagte Finanzamt erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der Darlegungen des Klägers über die Zusammensetzung des Forderungsbetrages gegenüber der GmbH. Die vorgelegten Nachweise seien nicht ausreichend. Zudem bestünden Unklarheiten und Unsicherheiten, die zu Lasten des Klägers gingen.

Hinsichtlich der Frage der steuerlichen Behandlung des Teilerlasses der Kreissparkasse Peine sei aus Sicht des Beklagten streng zu trennen zwischen der Umschuldung von Verbindlichkeiten der GmbH durch die Gesellschafter und dem späteren Forderungsverzicht der Kreissparkasse für Restverbindlichkeiten. Dass es über die Höhe des jeweiligen individuellen Umschuldungsbetrages hinaus Forderungen bzw. Verpflichtungen der stillen Gesellschafter untereinander gegeben hätte, sei nicht belegt. Tatsache sei, dass die Restverbindlichkeiten der GmbH und der Gesellschafter nach Aussage der Kreissparkasse Peine nicht bereits im Zeitpunkt der Umschuldung erlassen worden seien. Auch nach der Umschuldung seien die Restverbindlichkeiten der GmbH zunächst nicht erlassen, sondern bis April 2008 vollständig zurückgeführt und getilgt worden. Nach Aussage der Kreissparkasse … sei erst im Dezember 2008 ein Restbetrag in Höhe von 113.139,35 € erlassen worden. Dieser Restbetrag stamme aber nicht aus Verbindlichkeiten der GmbH, sondern es handele sich ausschließlich um Restforderungen aus dem bis dahin nicht zurückgeführten Darlehen mit der Nr. 500801329. Dieses Darlehen hätten der Kläger und der Beigeladene im Jahr 2003 gemeinschaftlich aufgenommen und für Einlagen in die stille Gesellschaft verwendet. Das gemeinschaftliche Darlehen sei dann dem Sonderbetriebsvermögen II der stillen Gesellschafter zugeordnet worden. Zu diesem Sonderbetriebsvermögen sei das Darlehen allerdings nicht erst bei Aufnahme der Umschuldungsdarlehen im Jahr 2008, sondern bereits bei Darlehensaufnahme im Jahr 2003 geworden. Dementsprechend habe der Kläger dieses Darlehen bereits im Jahr 2003 als sein Sonderbetriebsvermögen behandelt und angesetzt und in den vorliegenden Sonderbilanzen ausgewiesen. Vor diesem Hintergrund werde das bereits seit 2003 bestehende Sonderbetriebsvermögen durch die spätere Teilumschuldung völlig anderer Verbindlichkeiten auf die stillen Gesellschafter nicht berührt. Insbesondere werde durch die Umschuldung kein neues Sonderbetriebsvermögen begründet. Nach dem Verständnis des beklagten Finanzamtes sei der Erlass der Restforderung hälftig als Ertrag im Sonderbetriebsvermögen II zu berücksichtigen.

Der Beigeladene beantragt,

die Klage abzuweisen.

Im Wesentlichen trägt der Beigeladene Folgendes vor:

Der Beigeladene sei zwar zu 50 % an der GmbH & atypisch Still und der GmbH beteiligt gewesen. Dies allein reiche jedoch nicht aus, um dem Beigeladenen Kenntnis von den Geschehensabläufen und Buchführungsunterlagen zuzurechnen. Der Beigeladene vertritt die Auffassung, dass die vom Kläger begehrte Forderungsabschreibung weder im Veranlagungszeitraum 2008 noch im Veranlagungszeitraum 2009 berücksichtigt werden könne. Der Beigeladene bezweifelt im Übrigen, ob Gelder des Klägers in die GmbH geflossen seien. Die Forderungen des Klägers gegenüber der GmbH seien jedenfalls nicht nachvollziehbar nachgewiesen worden. Das bloße Einreichen der Schecks mit Benennung von einigen Empfängern, die eventuell für die GmbH Leistungen in Rechnung gestellt haben könnten, reiche als Nachweis in Anbetracht der Handlungsweise des Klägers nicht aus. Auch die Aussage des Klägers, dass er die gesamte unterschlagene Summe annähernd zurückgezahlt habe, sei unzutreffend. Hinsichtlich der steuerlichen Behandlung des Teilerlasses der Kreissparkasse … schließt sich der Beigeladene den Ausführungen des Beklagten an.

Aus den Gründen

40        1. Eine Beiladung der GmbH als Geschäftsführerin der GmbH & atypisch stille Gesellschaft und des Klägers als Empfangsbevollmächtigter der GmbH & atypisch stille Gesellschaft konnte nach Auffassung Senats unterbleiben.

41        Nach den in der mündlichen Verhandlung gewonnenen Erkenntnissen geht der Senat davon aus, dass die GmbH & atypisch stille Gesellschaft auch nach der Kündigung durch den Kläger zum 31. Dezember 2009 - bis heute - mit dem Beigeladenen und der GmbH fortgesetzt wird.

42        In einem solchen Fall kann nach der Rechtsprechung des BFH die atypisch stille Gesellschaft als Innengesellschaft mangels Beteiligtenfähigkeit nicht zum Verfahren beigeladen werden, wohl aber deren vertretungsberechtigter Geschäftsführer oder - wenn ein solcher nicht vorhanden ist - der Empfangsbevollmächtigte (vgl. BFH-Beschluss vom 21. Dezember 2011 IV B 101/10, BFH/NV 2012, 598).

43        Geschäftsführerin der GmbH & atypisch stille Gesellschaft ist im Streitfall die GmbH als Inhaberin des Handelsgeschäfts (§ 4 des Gesellschaftsvertrags vom 21. Juli 1997). Der Senat hat die GmbH zwar formal mittels Beiladungsbeschluss vom 18. August 2015 unter der privaten Wohnanschrift des Klägers, der zuvor Geschäftsführer dieser GmbH war, zum Verfahren beigeladen. Der Kläger hat jedoch das Amt des Geschäftsführers in 2009 niedergelegt. Die GmbH ist nach Aktenlage und nach Auskunft der Beteiligten seither organschaftlich nicht vertreten. Den Antrag auf gerichtliche Bestellung eines Notgeschäftsführers hat das Registergericht abgelehnt. Nach Aktenlage handelt es sich danach um eine vermögenslose Hülle einer GmbH ohne organschaftlichen Vertreter, der die Prozessfähigkeit fehlt (vgl. BFH-Beschluss vom 28. August 2012 I B 69/12, BFH/NV 2013, 50). Da die Zustellung des Beiladungsbeschlusses gegenüber einer nicht vertretungsberechtigten Person erfolgt ist, ist die Beiladung ins Leere gegangen und die GmbH dadurch nicht Beteiligte des Verfahrens geworden. Eine Beiladung war auch nicht geboten, weil eine vertretungsberechtigte Person fehlt, die klagebefugt gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO ist. Beizuladen wäre in einem solchen Fall der Klagebevollmächtigte im Sinne des § 48 Abs. 2 FGO, hier der für die GmbH & atypisch stille Gesellschaft empfangsbevollmächtigte Kläger.

44        Eine Beiladung des Klägers als Empfangsbevollmächtigter der GmbH & atypisch stille Gesellschaft musste nach Überzeugung des Senats jedoch nicht nachgeholt werden, da der Kläger bereits Beteiligter des Verfahrens ist.

45        2. Die Klage ist unbegründet.

46        Der angefochtenen Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2008 und der Bescheid über die Feststellung des verrechenbaren Verlustes nach § 15 Abs. 4 EStG vom 11. November 2010, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 6. März 2015, sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung -FGO-).

47        a. Der geltend gemachte Verlust der im Sonderbetriebsvermögen II des Klägers gebuchten Forderungen gegen die GmbH aus der Einlagenfinanzierung kann bereits dem Grunde nach im Streitjahr 2008 nicht berücksichtigt werden. Ein solcher Verlust kann sich dem Grunde nach erst im Zeitpunkt der Vollbeendigung der GmbH & atypisch stille Gesellschaft oder der vorherigen Betriebsaufgabe bzw. Kündigung der stillen Beteiligung gewinnmindernd auswirken.

48        aa. Zahlt ein Kommanditist Schulden der KG, so steht ihm gegen die Gesellschaft ein Ausgleichsanspruch nach §§ 110, 161 Abs. 2 des Handelsgesetzbuchs (HGB) zu. Dieser Anspruch besteht neben einem eventuellen Anspruch aus gesetzlichem Forderungsübergang, der sich ergeben kann, wenn der Kommanditist als Bürge in Anspruch genommen wird (§ 774 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs - BGB -) oder wenn der Zahlung ein Schuldbeitritt vorausgegangen ist, durch den er zum Gesamtschuldner geworden ist (§ 426 Abs. 2 BGB).

49        Diese Ansprüche gehören - ebenso wie Ansprüche eines Gesellschafters aus einer gegenüber der KG bestehenden Darlehensforderung - zwar nicht zu dem in der Gesellschaftsbilanz auszuweisenden Eigenkapital, wohl aber zum Sonderbetriebsvermögen des Kommanditisten, das in der aus Gesellschaftsbilanz und Sonderbilanzen zu bildenden Gesamtbilanz der Mitunternehmerschaft als Eigenkapital behandelt wird (BFH-Urteile vom 12. Juli 1990 IV R 37/89, BFHE 162, 30, BStBl II 1991, 64; vom 24. März 1999 I R 114/97, BFHE 188, 315, BStBl II 2000, 399, unter B.IV.1.b; vom 5. Juni 2003 IV R 36/02, BFH/NV 2003, 1490).

50        Auch wenn feststeht, dass ein solcher Ersatzanspruch wertlos ist, weil er weder von der KG noch vom persönlich haftenden Gesellschafter beglichen werden kann, folgt aus der Behandlung als Eigenkapital, dass eine Wertberichtigung während des Bestehens der Gesellschaft regelmäßig nicht in Betracht kommt. Das Imparitätsprinzip gilt insoweit nicht. Vielmehr wird dieser Verlust im Sonderbetriebsvermögen - ebenso wie der Verlust der Einlage in das Gesellschaftsvermögen - grundsätzlich erst im Zeitpunkt der Beendigung der Mitunternehmerstellung, also beim Ausscheiden des Gesellschafters oder bei Beendigung der Gesellschaft realisiert (ständige Rechtsprechung: etwa BFH-Urteile vom 26. September 1996 IV R 105/94, BFHE 182, 33, BStBl. II 1997, 277; vom 28. März 2000 VIII R 28/98, BFHE 191, 347, BStBl II 2000, 347 und vom 5. Juni 2003 IV R 36/02, BFH/NV 2003, 1490; FG Düsseldorf, Beschluss vom 21. Juli 2011 15 V 1658/11 A, F, EFG 2012, 509; siehe auch Wacker in: Schmidt, Kommentar zum EStG, 36. Aufl. 2017, § 15 Rz. 544 m.w.N.).

51        bb. Nach Überzeugung des Senats sind diese Rechtsgrundsätze ohne weiteres auf die im Streitfall bestehende GmbH & atypisch stille Gesellschaft zu übertragen.

52        Die atypisch stille Gesellschaft als solche betreibt - anders als die Personenhandelsgesellschaft - zwar kein gewerbliches Unternehmen. Eine zivilrechtliche Tätigkeit der atypisch stillen Gesellschaft gibt es nicht. Tätig ist nur der Inhaber des Handelsgeschäfts. Allerdings führt der Geschäftsinhaber die Geschäfte im Innenverhältnis für alle Gesellschafter entsprechend der für sie geltenden Gemeinschaftsordnung; sie sind deshalb entsprechend der Gemeinschaftsordnung auch allen Gesellschaftern einheitlich zuzurechnen. Darauf stellt das Einkommensteuerrecht in § 15 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 EStG ab und danach wird auch eine atypisch stille Gesellschaft im Sinne dieser Regelungen gewerblich tätig. Sie ist selbständiges Subjekt der Gewinnermittlung und Einkünftequalifikation (vgl. etwa BFH-Urteil vom 25. Juni 2014 I R 24/13, BFHE 246, 404, BStBl II 2015, 141, 1447; Schmidt/Wacker, EStG, 36. Aufl. 2017 § 15 Rz. 347 m.w.N.).

53        Das Vermögen des Inhabers des Handelsgewerbes, an dem die atypisch stille Gesellschaft begründet wird, ist steuerrechtlich dem mitunternehmerischen Vermögen zuzuordnen. Es unterscheidet sich insofern nicht von dem Gesellschaftsvermögen anderer Mitunternehmerschaften mit zivilrechtlichem Gesamthandsvermögen. Einlagen des atypisch stillen Gesellschafters führen danach ungeachtet des zivilrechtlichen Eigentumsübergangs auf den Inhaber des Handelsgewerbes ähnlich wie Einlagen eines Kommanditisten zur Bildung eines Kapitalkontos des stillen Gesellschafters (BFH-Beschluss vom 9. August 2010 IV B 123/09, BFH/NV 2010, 2266; vgl. grundlegend Lamprecht in: Blaurock, Handbuch Stille Gesellschaft, 8. Aufl. 2016, § 23 KSt, Rz. 23.56 ff.).

54        Das Betriebsvermögen der GmbH & atypisch stille Gesellschaft umfasst das Betriebsvermögen des Inhabers des Handelsgeschäfts, vergleichbar dem Gesellschaftsvermögen einer KG, und das Sonderbetriebsvermögen I und II der stillen Gesellschafter (vgl. BFH-Urteil vom 3. Februar 1994 III R 23/89, BStBl. II 1994, 709; Wacker in: Schmidt, EStG, 36. Aufl. 2017, § 15 Rz. 348 m.w.N.).

55        Ertragsteuerlich wird die GmbH & atypisch stille Gesellschaft wie eine „Innen-KG“ behandelt. Der Kläger weist zwar zu Recht darauf hin, dass die GmbH & atypisch stille Gesellschaft als Innengesellschaft über kein Gesamthandsvermögen verfügt. Die atypisch stille Gesellschaft ist aber ebenso wie eine im Rechtsverkehr auftretende Personengesellschaft mit Gesamthandsvermögen Subjekt der Gewinnermittlung und Einkünftequalifikation (vgl. Wacker in: Schmidt, EStG, 36. Aufl. 2017, § 15 Rz. 347). Dies erfordert eine Gleichbehandlung der atypischen stillen Gesellschaft mit den übrigen Mitunternehmerschaften. Daher wird ertragsteuerlich das der stillen Gesellschaft gewidmete Vermögen der GmbH als „Quasi-Gesamthandsvermögen“ der „Innen-KG“ betrachtet und die das Gesamthandsvermögen betreffenden Regelungen entsprechend angewendet (so Demuth, KÖSDI 2015, 19483, 19486; Wichmann, DStZ 2014, 443 m.w.N.).

56        Diese steuerrechtliche Gleichstellung einer GmbH & atypisch stille Gesellschaft mit anderen Mitunternehmerschaften wie einer KG gebietet es, den stillen Gesellschafter einem Kommanditisten im Hinblick auf die in seinem Sonderbetriebsvermögens II bestehenden Forderungen gegen die KG gleichzustellen und eine Berücksichtigung eines Forderungsverlustes gegen die GmbH als Inhaberin des Handelsgeschäfts auch erst im Zeitpunkt der Beendigung der Mitunternehmerschaft zuzulassen.

57        Da eine verminderte Werthaltigkeit der Forderungen des Klägers gegen die GmbH bereits dem Grunde nach erst bei der Beendigung der Mitunternehmerstellung - und nicht bereits im Streitjahr - zu berücksichtigen ist, erübrigen sind Ausführungen des Senats zur Höhe eines solchen Forderungsverlustes im Sonderbetriebsvermögen des Klägers.

58        cc. Nichts anderes folgt - entgegen der Auffassung des Klägers - aus dem Urteil des BFH vom 5. Juni 2003 (IV R 36/02, BFH/NV 2003, 1490). Im dortigen Fall konnte der Verlust der Ausgleichsforderung des Kommanditisten gegen die KG in dem Zeitpunkt geltend gemacht werden, in dem der Konkursverwalter alle wesentlichen Betriebsgrundlagen veräußert hatte. Für einen solchen Sachverhalt - Auflösung der KG infolge Konkurses und Veräußerung aller wesentlichen Betriebsgrundlagen - nahm der BFH eine Betriebsaufgabe an und berücksichtigte den Forderungsverlust des Kommanditisten gewinnmindernd. Im Unterschied dazu führt aber im vorliegenden Streitfall die Veräußerung des Anlagevermögens der GmbH noch nicht zur Betriebsaufgabe der GmbH & atypisch stille Gesellschaft. Dies scheint auch der Kläger so zu sehen. Er hat zwar die Veräußerung der Anlagegüter gegenüber dem Finanzamt angezeigt, die Betriebsaufgabe aber bewusst nicht erklärt und auf den 31. Dezember 2008 auch keine Aufgabebilanz abgegeben bzw. einen Aufgabeverlust erklärt. Dies erfolgte erst zum 31. Dezember 2009 verbunden mit der Kündigung seiner stillen Beteiligung. Im Unterschied zum Sachverhalt der BFH-Entscheidung ist vorliegend die Personengesellschaft - zumindest im Streitjahr - auch weiterhin existent und gerade nicht aufgelöst.

59        b. Die Klage hat auch hinsichtlich der mit dem weiteren Klageantrag begehrten anderweitigen Verteilung des Gewinns (im Sonderbetriebsvermögen), der durch den Teilverzicht der Kreissparkasse Peine auf Forderungen gegen den Kläger und den Beigeladenen aus der (gemeinsamen) Einlagenfinanzierung entstanden ist, keinen Erfolg.

60        Gegen die vom Beklagten vorgenommene hälftige Verteilung dieses Gewinns im Sonderbetriebsvermögen der stillen Gesellschafter bestehen keine Bedenken.

61        Der Kläger weist zwar zu Recht darauf hin, dass die Sonderbetriebsvermögensbereiche der stillen Gesellschafter getrennt zu beurteilen sind. Dies führt jedoch nicht zu dem vom Kläger begehrten Ergebnis.

62        Ausweislich des dem Gericht vorliegenden Auszugs des Kontos Nr. 0500801618 vom 31. Dezember 2008, das ausschließlich Darlehensverbindlichkeiten der GmbH - und nicht den Sonderbetriebsvermögensbereich der stillen Gesellschafter - betrifft, sind die Valuten der streitbefangenen Umschuldungsdarlehen des Klägers (über 100.000 €) und des Beigeladenen (über 75.000 €) zur Schuldentilgung der GmbH-Darlehensverbindlichkeiten eingesetzt worden. Auf diese Rückführung konnte die Kreissparkasse beide stillen Gesellschafter aus Bürgschaft in Anspruch nehmen. Obwohl zunächst wohl eine hälftige Inanspruchnahme seitens der Kreissparkasse angedacht war, konnte nach Auskunft des Kreditinstituts vom 9. Dezember 2014 im Rahmen eines Auskunftsersuchens des Beklagten aufgrund der persönlichen Situation beim Kläger ein höherer Betrag durchgesetzt werden als beim Beigeladenen.

63        Diese ungleiche Inanspruchnahme aus der Bürgschaft führt entgegen der Auffassung des Klägers nicht dazu, den letztlich durch den Teilverzicht der Kreissparkasse im Sonderbetriebsvermögen entstandenen Gewinn entsprechend disquotal zu verteilen. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang, dass die unterschiedliche Inanspruchnahme als Bürge für Darlehensschulden der GmbH das zur Einlagenfinanzierung aufgenommene, letztlich den Teilverzicht betreffende Gemeinschaftsdarlehen der stillen Gesellschafter (Nr. 0500801329) - und damit den Sonderbetriebsvermögensbereich des Klägers und des Beigeladenen - nicht tangiert hat. Die dortigen Darlehensverbindlichkeiten sind auch nicht - wie der Kläger darlegen will - (durch die Umschuldungsdarlehen) unterschiedlich zurückgeführt worden mit der Folge, dass auch der durch den Verzicht auf die Restforderung entstandene Gewinn nur hälftig verteilt werden kann.

64        3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 135 Abs. 1, 139 Abs. 4 FGO.

65        4. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind erstattungsfähig. Es entspricht im Streitfall der Billigkeit, dem Beigeladenen eine Kostenerstattung zuzubilligen, denn ihm sind Kosten entstanden und er hat auch einen Sachantrag gestellt. Zudem hat er auch durch verschiedene Stellungnahmen - auch in der mündlichen Verhandlung - am Klageverfahren teilgenommen und dieses gefördert (§ 139 Abs. 4 FGO; vgl. Stapperfend in: Gräber, Kommentar zum FGO, 8. Aufl. 2015, § 139 Rz. 158). Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind grundsätzlich dem unterliegenden Beteiligten, hier dem Kläger, aufzuerlegen (BFH-Beschluss vom 4. September 2010 IV B 15/10, BFH/NV 2011, 5).

66        5. Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung und zur Fortbildung des Rechts zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 Alt. 1 FGO).

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