R&W Abo Buch Datenbank Veranstaltungen Betriebs-Berater
 
Steuerrecht
02.07.2009
Steuerrecht
: Private Fahrzeugnutzung als Arbeitslohn oder vGA

BFH, Urteil vom 23.4.2009 - VI R 81/06

Vorinstanz: FG Hamburg vom 10.11.2006 - 1 K 15/06 (EFG 2007, 766)

Leitsätze

1. Für die Frage, ob ein Gesellschafter-Geschäftsführer als Arbeitnehmer i. S. von § 1 Abs. 2 Sätze 1 und 2 LStDV zu beurteilen ist, ist nicht entscheidend, in welchem Verhältnis er an der Kapitalgesellschaft beteiligt ist.

2. Allerdings sind Gesellschafter-Geschäftsführer, die mindestens 50 % des Stammkapitals der GmbH innehaben, regelmäßig Selbständige im Sinne des Sozialversicherungsrechts (Anschluss an BFH-Urteil vom 2.12.2005 - VI R 16/03, BFH/NV 2006, 544).

3. Ist die private Nutzung eines betrieblichen PKW durch den Gesellschafter-Geschäftsführer im Anstellungsvertrag mit der GmbH ausdrücklich gestattet, kommt der Ansatz einer vGA in Höhe der Vorteilsgewährung nicht in Betracht. Nach übereinstimmender Auffassung des I. Senats und des VI. Senats des BFH liegt in einem solchen Fall immer Sachlohn und keine vGA vor.

4. Dagegen ist eine vertragswidrige private Nutzung eines betrieblichen Fahrzeugs durch einen Gesellschafter-Geschäftsführer nicht stets als Arbeitslohn zu qualifizieren (Senats-Beschluss vom 15.11.2007 - VI ER-S 4/07).

5. Bei einer nachhaltigen „vertragswidrigen" privaten Nutzung eines betrieblichen PKW durch den anstellungsvertraglich gebundenen Gesellschafter-Geschäftsführer liegt allerdings der Schluss nahe, dass Nutzungsbeschränkung oder -verbot nicht ernstlich gewollt sind, sondern lediglich „auf dem Papier stehen". Unterbindet die Kapitalgesellschaft die unbefugte Nutzung durch den Gesellschafter-Geschäftsführer nicht, kann dies sowohl durch das Beteiligungsverhältnis als auch durch das Arbeitsverhältnis veranlasst sein. Die Zuordnung (vGA oder Arbeitslohn) bedarf der wertenden Betrachtung im Einzelfall.

EStG § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2, § 8 Abs. 2 Satz 3, § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2

Sachverhalt

I. Streitig ist die Rechtmäßigkeit eines Lohnsteuerhaftungsbescheids wegen der Privatnutzung eines Firmenfahrzeugs durch den Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin).

Das Stammkapital der Klägerin, einer GmbH, die die Herstellung und den Vertrieb von Computeranlagen zum Gegenstand hat, beträgt 500 000 DM. An ihr waren in den Streitjahren 1997 bis 2000 der alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführer J zu 65 %, seine Ehefrau zu 25 % und Herr K zu 10 % beteiligt.

Der Anstellungsvertrag zwischen der GmbH und ihrem Geschäftsführer J vom 5. Januar 1997 enthält u.a. folgende Regelungen:

„§ 2 Bezüge des Geschäftsführers

(1) Der Geschäftsführer erhält ein Monatsgehalt von DM 15.000. Das Gehalt wird am jeweiligen Monatsletzten ausgezahlt. Wenn die geschäftliche Lage es zuläßt erhält der Geschäftsführer ein Urlaubs- und ein Weihnachtsgeld bis zur Höhe von jeweils einem Monatsgehalt. Dieses ist vor Auszahlung entsprechend festzuhalten.

(2) Ferner erhält der Geschäftsführer grundsätzlich eine gewinnabhängige Tantieme. Diese beträgt 20 % des Gewinns soweit dieser vor Steuern DM 25.000 übersteigt. Über die endgültige Höhe bestimmt die Gesellschafterversammlung nach Vorlage des Jahresabschlusses. Ein Rechtsanspruch auf eine Tantieme gibt es nicht. Die Tantieme ist auf jeden Fall bis zur Höhe der steuerlichen Zulässigkeit begrenzt. Ändern sich die steuerlichen Rahmenbedingungen ist die Tantiemeregelung entsprechend anzupassen. Scheidet der Geschäftsführer während des Geschäftsjahres aus seinem Amt aus, hat er Anspruch auf eine zeitanteilige Tantieme.

(3) Im Krankheitsfall oder bei sonstiger unverschuldeter Verhinderung bleibt der Gehaltsanspruch für die Dauer von 6 Monaten bestehen. Dauert die Verhinderung länger als ununterbrochen 6 Monate an, so wird der Tantiemeanspruch entsprechend der 6 Monate übersteigenden Zeit zeitanteilig gekürzt.

(4) Stirbt der Geschäftsführer, so wird seinen Hinterbliebenen ... das feste Gehalt (Abs.1) anteilsmäßig für die Dauer von 3 Monaten weitergezahlt. Der Tantiemeanspruch bleibt zeitanteilig bis zum Monatsletzten, der auf das Ableben folgt, bestehen.

§ 3 Aufwendungsersatz

...

(2) Der Geschäftsführer hat Anspruch auf die Gestellung eines PKW. Der Geschäftsführer darf den PKW auch privat nutzen; eine Kostenbeteiligung durch den Geschäftsführer erfolgt nicht. Die Gesellschaft wird den Vorteil ordnungsgemäß lohn- und umsatzversteuern. Der Geschäftsführer muß den PKW aber auch anderen Mitarbeitern zur Verfügung stellen, wenn dieses nötig erscheint.

...

§ 4 Urlaub

(1) Der Geschäftsführer hat Anspruch auf 30 Arbeitstage ... Urlaub im Geschäftsjahr.

(2) Kann der Geschäftsführer seinen Jahresurlaub nicht nehmen, weil Interessen der Gesellschaft entgegenstehen, so hat er Anspruch auf Abgeltung des Urlaubs unter Zugrundelegung der Höhe des Grundgehaltes ...

§ 5 Dauer, Kündigung

...

(2) Der Vertag wird auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Gekündigt werden kann dieser Vertrag von beiden Seiten mit einer Frist von sechs Monaten."

Im Anschluss an eine Lohnsteuer-Außenprüfung der Jahre 1997 bis 2000 erließ der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) gegen die Klägerin wegen des geldwerten Vorteils aus der Überlassung des Firmenfahrzeugs an den Gesellschafter-Geschäftsführer einen Haftungsbescheid über Lohnsteuer nebst Annexsteuern. Die Höhe des geldwerten Vorteils aus der Nutzungsüberlassung wurde dabei nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes in der in den Streitjahren geltenden Fassung (EStG) mit 1 % des Bruttolistenpreises für jeden Monat sowie für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte für jeden Monat nach § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG mit 0,03 % des Bruttolistenpreises für jeden Kilometer berechnet.

Das Finanzgericht (FG) wies die nach erfolglosem Vorverfahren erhobene Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2007, 766 veröffentlichten Gründen ab.

Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des FG Hamburg vom 10. November 2006 1 K 15/06 und die Einspruchsentscheidung des FA vom 3. August 2004 aufzuheben und unter Abänderung des Lohnsteuerhaftungsbescheids 1997 bis 2000 vom 21. Mai 2004 für den Geschäftsführer der Klägerin keinen Sachbezug festzusetzen.

Das FA beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Aus den Gründen

II. Die Revision ist unbegründet und nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen.

Die Entscheidung des FG, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin als ihr Arbeitnehmer anzusehen ist, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

Nach § 42d Abs. 1 Nr. 1 EStG haftet der Arbeitgeber für die Lohnsteuer, die er nach § 38 Abs. 3 Satz 1 EStG bei jeder Lohnzahlung vom Arbeitslohn für Rechnung des Arbeitnehmers einzubehalten und nach § 41a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG abzuführen hat. Hinsichtlich der auf den streitbefangenen Vorteil aus der Überlassung eines Firmenfahrzeugs entfallenden Lohnsteuer liegen diese Haftungsvoraussetzungen vor. Das FG ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Geschäftsführer der Klägerin als Arbeitnehmer anzusehen ist (1. und 2.). Revisionsrechtlich gleichfalls nicht zu beanstanden ist, dass das FG den streitbefangenen Nutzungsvorteil als durch das Arbeitsverhältnis veranlasst und damit als Arbeitslohn angesehen hat (3.). Dass im Übrigen die Voraussetzungen der Haftung der Klägerin für Lohnsteuer vorliegen, ist auch zwischen den Beteiligten zu Recht nicht im Streit (4.).

1. Der Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin ist als Arbeitnehmer der Klägerin anzusehen.

a) Nach § 1 Abs. 2 Sätze 1 und 2 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung --LStDV-- (i.V.m. § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a EStG), die nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) den Arbeitnehmerbegriff zutreffend auslegen, liegt ein Dienstverhältnis vor, wenn der Angestellte (Beschäftigte) dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist (BFH-Urteile vom 4. April 2008 VI R 68/05, BFHE 221, 17, BStBl II 2008, 890; vom 22. Juli 2008 VI R 51/05, BFHE 222, 438, BStBl II 2008, 981; vom 29. Mai 2008 VI R 11/07, BFHE 221, 182, BStBl II 2008, 933; vom 14. Juni 2007 VI R 5/06, BFHE 218, 233; vom 2. Dezember 1998 X R 83/96, BFHE 188, 101, BStBl II 1999, 534; vom 23. Oktober 1992 VI R 59/91, BFHE 170, 48, BStBl II 1993, 303; vom 14. Juni 1985 VI R 150-152/82, BFHE 144, 225, BStBl II 1985, 661).

b) Es entspricht ständiger Rechtsprechung des BFH, dass der Arbeitnehmerbegriff sich nicht durch Aufzählung feststehender Merkmale abschließend bestimmen lässt. Das Gesetz bedient sich nicht eines tatbestandlich scharf umrissenen Begriffs. Es handelt sich vielmehr um einen offenen Typusbegriff, der nur durch eine größere und unbestimmte Zahl von Merkmalen beschrieben werden kann. Die Frage, ob jemand eine Tätigkeit selbständig oder nichtselbständig ausübt, ist deshalb anhand einer Vielzahl in Betracht kommender Merkmale nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu beurteilen. Hierzu hat der erkennende Senat in seinem Urteil in BFHE 144, 225, BStBl II 1985, 661 zahlreiche Kriterien (Indizien) beispielhaft aufgeführt, die für die bezeichnete Abgrenzung Bedeutung haben können. Diese Merkmale sind im konkreten Einzelfall zu gewichten und gegeneinander abzuwägen. Diese Aufgabe obliegt in erster Linie den Finanzgerichten als Tatsacheninstanz. Die im Wesentlichen auf tatrichterlichem Gebiet liegende Beurteilung ist revisionsrechtlich nur begrenzt überprüfbar (BFH-Urteile in BFHE 218, 233; vom 7. November 2006 VI R 81/02, BFH/NV 2007, 426; jeweils m.w.N.).

2. Nach diesen Grundsätzen hat das FG auf Grundlage seiner seitens der Klägerin nicht angegriffenen Feststellungen eine Gesamtwürdigung vorgenommen. Es ist dabei zu dem Ergebnis gelangt, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin als Arbeitnehmer anzusehen ist. Diese Gesamtwürdigung ist möglich; sie lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Die gegen die Gewichtung der Einzelmerkmale und damit gegen das vom FG gefundene Gesamtergebnis vorgebrachten Einwendungen der Klägerin greifen nicht durch. Die Gewichtung der einzelnen Merkmale des Arbeitnehmerbegriffs ist eine tatrichterliche Aufgabe des FG, die der BFH nur bei Verstößen gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze überprüfen kann (BFH-Urteile in BFHE 144, 225, BStBl II 1985, 661, und in BFHE 218, 233). Denn bei jeder Gesamtwürdigung ist denkbar, dass das eine oder andere Merkmal anders gesehen werden kann, es aber wegen der Gesamtbetrachtung an Bedeutung in der einen Richtung gewinnt oder verliert (BFH-Urteil in BFHE 218, 233, m.w.N.).

a) Zunächst hat das FG darauf abgestellt, dass dem Gesellschafter-Geschäftsführer im Anstellungsvertrag ein festes Grundgehalt und wesentliche Arbeitnehmerrechte (z.B. Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, Urlaubsanspruch, Urlaubs- und Weihnachtsgeld) eingeräumt worden sind, und darauf hingewiesen, dass dies für eine Arbeitnehmereigenschaft spreche. Das Bestehen von Urlaubs- bzw. Lohnfortzahlungsansprüchen spricht eher für als gegen eine nichtselbständige Tätigkeit (BFH-Urteile in BFHE 188, 101, BStBl II 1999, 534; vom 24. Juli 1992 VI R 126/88, BFHE 169, 154, BStBl II 1993, 155) und lässt überdies den Schluss zu, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin kein Unternehmerrisiko trägt.

b) Das FG hat weiter den Gesellschafter-Geschäftsführer als weisungsgebunden hinsichtlich Ort, Zeit und Inhalt seiner Tätigkeit und als in die betriebliche Organisation der Klägerin eingegliedert beurteilt. Auch insoweit ist die finanzgerichtliche Würdigung revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Geschäftsführer einer GmbH ist steuerlich regelmäßig Arbeitnehmer i.S. von § 1 Abs. 2 Sätze 1 und 2 LStDV, weil er als Organ in den Organismus der Gesellschaft eingegliedert ist und den Weisungen zu folgen hat, die sich aus dem Anstellungsvertrag und aus den Gesellschafterbeschlüssen in Verbindung mit den gesetzlichen Vorschriften ergeben (BFH-Urteile vom 19. Februar 2004 VI R 122/00, BFHE 205, 216, BStBl II 2004, 620, und vom 9. Oktober 1996 XI R 47/96, BFHE 182, 384, BStBl II 1997, 255). Der Einwand der Revision, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer aufgrund seiner Mehrheitsbeteiligung in der Lage sei, allein bestimmenden Einfluss auf die Unternehmensentscheidungen auszuüben, steht der Würdigung, dass eine Weisungsgebundenheit vorliege, nicht entgegen. Zivilrechtlich muss zwischen der Organstellung und dem Anstellungsverhältnis unterschieden werden. Beide Rechtsverhältnisse stehen selbständig nebeneinander und können unabhängig voneinander begründet oder beendet werden (BFH-Urteil in BFHE 205, 216, BStBl II 2004, 620, m.w.N.). Die Klägerin räumt selbst ein, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer nicht von den Weisungen und der Kontrolle durch die Gesellschafterversammlung freigestellt sei, sondern lediglich aufgrund seiner Mehrheitsbeteiligung faktisch dem Direktionsrecht der Gesellschafter nicht unterliege. Die Personenidentität von Geschäftsführer und (Mehrheits-)Gesellschafter ändert jedoch an der Rechtsmacht der Gesellschafter und der Weisungsgebundenheit der Geschäftsführer nichts. Darüber hinaus hat sich das FG in nicht zu beanstandender Weise mit der Eingliederung des Gesellschafter-Geschäftsführers in die betriebliche Organisation der Klägerin auseinandergesetzt.

Soweit das FG dem Umstand, dass im Anstellungsvertrag des Gesellschafter-Geschäftsführers keine Regelung über Arbeitszeit und -ort getroffen sowie eine gewinnabhängige Tantieme vereinbart worden ist, bei der Abwägung der Abgrenzungsmerkmale kein besonderes Gewicht beigemessen hat, ist auch dies revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Zum einen hat das FG darauf hingewiesen, dass es auf der Ebene eines Geschäftsführers keine arbeitsvertraglichen Regelungen über die Arbeitszeit, den Arbeitsort und die Art der Tätigkeit geben muss. Diese Würdigung ist zumindest möglich, weil das Verhältnis zwischen der GmbH und dem Geschäftsführer von einem besonderen Vertrauen der Gesellschafter getragen wird und es den Gesellschaftern entscheidend auf das Ergebnis des Arbeitseinsatzes des Geschäftsführers ankommt und nicht --jedenfalls nicht vorrangig-- darauf, dass der Geschäftsführer eine bestimmte Anzahl von Stunden für die GmbH tätig ist (vgl. BFH-Urteil vom 19. März 1997 I R 75/96, BFHE 183, 94, BStBl II 1997, 577). Zum anderen verstößt die Erwägung des FG, dass neben einem Festgehalt eine (zusätzliche) Gewinnbeteiligung bei leitenden Angestellten nicht ungewöhnlich sei und es deshalb dieser Umstand aufgrund der Gesamtumstände des Streitfalls nicht erlaube, den Gesellschafter-Geschäftsführer als Selbständigen zu beurteilen, weder gegen Denkgesetze noch allgemeine Erfahrungssätze. Dem steht auch der Gesichtspunkt nicht entgegen, dass eine spätere steuerliche Außenprüfung die Tantiemerückstellung als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) beurteilt hat. Damit wird lediglich zum Ausdruck gebracht, dass die Tantiemevereinbarung im Gesellschaftsverhältnis begründet und den Einkünften aus Kapitalvermögen zuzuordnen ist. Schlüsse darauf, ob der Gesellschafter-Geschäftsführer selbständig oder nichtselbständig für die Klägerin tätig ist, lassen sich hieraus jedoch nicht ziehen. Allein die Vereinbarung einer erfolgsbezogenen Entlohnung bedeutet noch nicht die Übernahme eines Unternehmerrisikos, solange sich dies lediglich als Arbeitnehmerrisiko besonderer Art darstellt (vgl. BFH-Beschluss vom 10. Februar 2005 IX B 183/03, BFH/NV 2005, 1058).

c) Ebenfalls zu Recht hat das FG darauf hingewiesen, dass es für die Frage, ob ein Gesellschafter-Geschäftsführer als Arbeitnehmer i.S. von § 1 Abs. 2 Sätze 1 und 2 LStDV zu beurteilen ist, nicht entscheidend sei, in welchem Verhältnis der Geschäftsführer an der Kapitalgesellschaft beteiligt ist. Die Auffassung steht insbesondere nicht im Widerspruch zu der Entscheidung des BFH vom 2. Dezember 2005 VI R 16/03 (BFH/NV 2006, 544), in der der erkennende Senat ausgeführt hat, dass GmbH-Gesellschafter regelmäßig dann, wenn sie zugleich Geschäftsführer der Gesellschaft sind und mindestens 50 % des Stammkapitals innehaben, Selbständige sind. Diese Aussage bezieht sich auf die Frage, ob der Arbeitgeber gesetzlich zur Zahlung von steuerfreien (§ 3 Nr. 62 EStG) Arbeitgeberanteilen zur Sozialversicherung verpflichtet ist. Da dies nach sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften, insbesondere § 7 Abs. 1 Satz 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch, zu entscheiden ist, hatte der Senat in jenem Verfahren zu beurteilen, ob der Empfänger der Zukunftssicherungsleistungen in einem Beschäftigungsverhältnis im Sinne des Sozialversicherungsrechts steht, und sich dabei an der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) orientiert. Danach kann ein Mehrheitsgesellschafter einer GmbH grundsätzlich nicht bei dieser GmbH abhängig und damit sozialversicherungspflichtig beschäftigt sein (BSG-Urteile vom 4. Juli 2007 B 11a AL 5/06 R, GmbH-Rundschau --GmbHR-- 2007, 1324; vom 24. Januar 2007 B 12 KR 31/06 R, BFH/NV 2008, Beilage 1, 82; vom 25. Januar 2006 B 12 KR 30/04 R, GmbHR 2006, 645). Damit hat der BFH in seinem Urteil in BFH/NV 2006, 544 lediglich entschieden, dass Gesellschafter-Geschäftsführer, die mindestens 50 % des Stammkapitals der GmbH innehaben, regelmäßig Selbständige im Sinne des Sozialversicherungsrechts sind. Für die Beantwortung der Frage, ob dieser Personenkreis als Arbeitnehmer Einkünfte nach § 19 EStG oder als Selbständiger nach § 18 EStG oder § 15 EStG erzielt, lässt sich dieser Entscheidung keine Aussage entnehmen. Zutreffend hat das FG darauf hingewiesen, dass es im Rahmen der steuerlichen Beurteilung als Indiz gewertet werde, wenn das Arbeitsrecht bzw. das Sozialversicherungsrecht ein nichtselbständiges Beschäftigungsverhältnis annimmt. Es besteht jedoch in dieser Frage keine Bindung zwischen Arbeits- und Sozialversicherungsrecht einerseits und Steuerrecht andererseits (BFH-Beschluss vom 17. Februar 2006 V B 103/05, BFH/NV 2006, 1361). Dem Arbeits- und Sozialversicherungsrecht liegt der Gedanke der sozialen Schutzbedürftigkeit zugrunde, ein Regelungszweck, der dem Steuerrecht hingegen fremd ist (BFH-Urteile in BFHE 188, 101, BStBl II 1999, 534; in BFHE 170, 48, BStBl II 1993, 303).

d) Weiter ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn das FG aus dem Umstand, dass sich die Klägerin gegenüber ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer im Anstellungsvertrag verpflichtet hat, den Vorteil aus der Überlassung des Dienstwagens --im Übrigen als weiteres Indiz für eine nichtselbständige Tätigkeit denkbar-- ordnungsgemäß lohnzuversteuern, schließt, dass die Parteien des Anstellungsvertrages von einer nichtselbständigen Tätigkeit des Geschäftsführers für die Klägerin ausgegangen sind (vgl. BFH-Urteil in BFHE 188, 101, BStBl II 1999, 534).

3. Das FG hat darüber hinaus zutreffend den Nutzungsvorteil aus der unentgeltlichen Überlassung eines Firmenfahrzeugs als Arbeitslohn beurteilt und nach § 8 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG bewertet.

Zum Arbeitslohn gehören nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 EStG alle geldwerten Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden. Auch die unentgeltliche bzw. verbilligte Überlassung eines Dienstwagens durch den Arbeitgeber an den Arbeitnehmer für dessen Privatnutzung führt zu einer Bereicherung des Arbeitnehmers und damit zum Lohnzufluss (BFH-Urteile in BFHE 221, 17, BStBl II 2008, 890; vom 6. November 2001 VI R 62/96, BFHE 197, 142, BStBl II 2002, 370; vom 7. November 2006 VI R 19/05, BFHE 215, 256, BStBl II 2007, 116; VI R 95/04, BFHE 215, 252, BStBl II 2007, 269). Der Ansatz einer vGA in Höhe der Vorteilsgewährung kommt im Streitfall nicht in Betracht, da nach den revisionsrechtlich bindenden (§ 118 Abs. 2 FGO) Feststellungen des FG die private Nutzung des PKW durch den Gesellschafter-Geschäftsführer im Anstellungsvertrag mit der Klägerin ausdrücklich gestattet ist. Auch nach Auffassung des I. Senats des BFH liegt in diesen Fällen Sachlohn und keine vGA vor (vgl. BFH-Urteile vom 23. Januar 2008 I R 8/06, BFHE 220, 276, und vom 17. Juli 2008 I R 83/07, BFH/NV 2009, 417). Eine solche ist nach Ansicht des I. Senats des BFH lediglich in den Fällen anzusetzen, in denen ein Gesellschafter-Geschäftsführer den Betriebs-PKW ohne entsprechende Gestattung der Gesellschaft für private Zwecke nutzt (BFH-Urteil in BFH/NV 2009, 417). Auch nach Auffassung des VI. Senats des BFH hat die unbefugte Privatnutzung des betrieblichen PKW keinen Lohncharakter. Denn ein Vorteil, den der Arbeitnehmer gegen den Willen des Arbeitgebers erlangt, wird nicht "für" eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt und zählt damit nicht zum Arbeitslohn nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 EStG. Vielmehr ist die ohne Nutzungs- oder Überlassungsvereinbarung erfolgende oder darüber hinausgehende, aber auch die einem ausdrücklichen Verbot widersprechende Nutzung durch das Gesellschaftsverhältnis zumindest mit veranlasst. Deshalb hält der VI. Senat des BFH auch nicht mehr an der in seinen Beschlüssen vom 14. Mai 1999 VI B 258/98 (BFH/NV 1999, 1330), vom 19. Dezember 2003 VI B 281/01 (BFH/NV 2004, 488) und vom 13. April 2005 VI B 59/04 (BFH/NV 2005, 1300) vertretenen Auffassung fest, dass eine vertragswidrige private Nutzung eines betrieblichen Fahrzeugs durch einen Gesellschafter-Geschäftsführer stets als Arbeitslohn zu qualifizieren ist (Senats-Beschluss vom 15. November 2007 VI ER-S 4/07). Allerdings liegt bei einer nachhaltigen "vertragswidrigen" privaten Nutzung eines betrieblichen PKW durch den anstellungsvertraglich gebundenen Gesellschafter-Geschäftsführer der Schluss nahe, dass Nutzungsbeschränkung oder -verbot nicht ernstlich gemeint sind, sondern lediglich "auf dem Papier stehen", da üblicherweise der Arbeitgeber eine unbefugte Nutzung durch den Arbeitnehmer nicht duldet. Unterbindet der Arbeitgeber (Kapitalgesellschaft) die unbefugte Nutzung durch den Arbeitnehmer (Gesellschafter-Geschäftsführer) nicht, kann dies sowohl durch das Beteiligungsverhältnis als auch durch das Arbeitsverhältnis veranlasst sein. Die Zuordnung bedarf dann der wertenden Betrachtung aller Gesamtumstände des Einzelfalls, bei der immer auch zu berücksichtigen ist, dass die "vertragswidrige" Privatnutzung auf einer vom schriftlich Vereinbarten abweichenden, mündlich oder konkludent getroffenen Nutzungs- oder Überlassungsvereinbarung beruhen und damit im Arbeitsverhältnis wurzeln kann.

4. Dass das FA die streitbefangene Lohnsteuer nebst Annexsteuern --ungeachtet der Frage der Arbeitnehmereigenschaft des J und des Vorliegens einer vGA-- durch einen Haftungsbescheid festsetzen durfte, ist zwischen den Beteiligten zu Recht ebenso wenig streitig wie die Bemessung der Haftungsschuld.

stats