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Steuerrecht
04.09.2008
Steuerrecht
: Keine Kürzung des Arbeitnehmer-Pauschbetrages - Verhältnis von Betriebsausgabenabzug und Werbungskostenpauschale bei vergleichbaren Aufwendungen für zwei Einkunftsarten

BFH, Urteil vom 10.6.2008 - VIII R 76/05

Vorinstanz: FG Köln vom 27.1.2005 - 2 K 5754/01 (EFG 2005, 777)

LEITSÄTZE

1. Der Steuerpflichtige, der Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit erzielt, hat einen Rechtsanspruch auf den Ansatz des ungekürzten Arbeitnehmer-Pauschbetrages, selbst wenn feststeht, dass keine oder nur geringe Werbungskosten angefallen sind. Bei einem zwingenden gesetzlichen Pauschbetrag verbieten sich Überlegungen, ob im Einzelfall die Besteuerung vereinfacht wird oder nicht.

2. Erzielt ein Steuerpflichtiger - im Streitfall ein als angestellter Assessor und als selbständiger Rechtsanwalt tätiger Jurist - sowohl Einnahmen aus selbständiger als auch aus nichtselbständiger Arbeit, so sind die durch diese Tätigkeiten veranlassten Aufwendungen den jeweiligen Einkunftsarten, gegebenenfalls nach einer im Schätzungswege vorzunehmenden Aufteilung der Aufwendungen, als Werbungskosten oder Betriebsausgaben zuzuordnen. Sind die Werbungskosten niedriger als der Arbeitnehmer-Pauschbetrag, so ist dieser in voller Höhe anzusetzen. Der Steuerpflichtige kann keine beliebige Bestimmung treffen und auf diese Weise neben dem Arbeitnehmer-Pauschbetrag sämtliche nachgewiesenen Aufwendungen als Betriebsausgaben geltend machen.

EStG § 4 Abs. 4, § 9 Abs. 1, § 9a Satz 1 Nr. 1 Buchst. a

SACHVERHALT

I.

Die Beteiligten streiten um das Verhältnis von Betriebsausgabenabzug und Werbungskostenpauschale bei vergleichbaren Aufwendungen für zwei Einkunftsarten.

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Ehegatten und wurden in den Streitjahren 1998 und 1999 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

Der Kläger ist Jurist. Er erzielte als angestellter Assessor Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Daneben übte er eine freiberufliche Tätigkeit als Rechtsanwalt aus und bezog Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Den Gewinn ermittelte er durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung. Als Betriebsausgaben machte er u.a. Raumkosten (Miete und Energiekosten für einen Büroraum), Versicherungen, Beiträge, Gebühren, Kfz-Kosten, Bewirtungskosten, Porto, Telefon, Bürobedarf, Fachliteratur, Steuerberatungskosten und Bankgebühren geltend.

Am 28. September 1999 ging beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) die Einkommensteuererklärung 1998 ein. Der Gewinn aus selbständiger Arbeit belief sich danach auf 26 189 DM, die Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit betrugen 128 280 DM. Werbungskosten wurden nicht gesondert geltend gemacht.

Mit Bescheid vom 11. Januar 2000 wich das FA von der Erklärung ab und setzte als Gewinn aus der Rechtsanwaltstätigkeit einen Betrag von 27 013 DM an. Die Erhöhung des Gewinns um 824 DM beruhte auf der Überlegung des FA, dass die nichtselbständige und die selbständige Tätigkeit des Klägers vergleichbar seien, so dass typische Aufwendungen wie Porto, Telefon, Bürobedarf, Fachliteratur nur einmal anfielen. Der Kläger könne als Werbungskosten aus der nichtselbständigen Tätigkeit nur spezifische Aufwendungen abziehen, die mit dem Angestelltenverhältnis in Zusammenhang stünden. Diese Aufwendungen seien im Wege der Schätzung wie folgt zu berechnen:

Fahrten Wohnung - Arbeitsstätte:

 

230 Tage x 6 km x 0,70 DM

966 DM

Arbeitsmittel

180 DM

Kontoführung

30 DM

  

Summe der Werbungskosten

1 176 DM

Gewährte Werbungskostenpauschale

2 000 DM

  

zuviel Werbungskosten

824 DM

Die durch die Gewährung des Arbeitnehmer-Pauschbetrages von 2 000 DM erfolgte überhöhte Berücksichtigung von Werbungskosten könne im Rahmen der Gesamtbemessungsgrundlage rechnerisch durch Streichung von Betriebsausgaben in Höhe von 824 DM ausgeglichen werden.

Im Streitjahr 1999 verfuhr das FA auf entsprechende Weise. Hier hatte es zunächst den Gewinn aus selbständiger Arbeit um 2 000 DM --also den gesamten Arbeitnehmer-Pauschbetrag-- erhöht. Erst in der Einspruchsentscheidung wurde, wie im Vorjahr, eine Gewinnerhöhung um lediglich 824 DM vorgenommen.

Von dieser Teilabhilfe abgesehen, waren die Einsprüche der Kläger erfolglos. Mit ihrer Klage verfolgten sie ihr Begehren, neben der erklärungsgemäßen Besteuerung des Gewinns aus selbständiger Arbeit auch die volle Gewährung des Arbeitnehmer-Pauschbetrags zu erreichen, mit der im Vorverfahren dargelegten Begründung weiter. Die Tätigkeiten würden völlig getrennt voneinander ausgeübt. Als Anwalt habe er, der Kläger, ein eigenes Büro. Die Beratungstermine fänden außerhalb seiner Dienstzeiten als angestellter Jurist statt. Für Gerichtstermine u.ä. müsse er Gleitzeitausgleich beanspruchen oder Urlaub nehmen. Die Berufshaftpflicht decke allein die Anwaltstätigkeit ab. Auch Porto, Miete, Bürobedarf entfielen allein auf diese Tätigkeit. Sein Arbeitgeber stelle ihm in seiner Funktion als Arbeitnehmer die übliche Infrastruktur (Büro, Bücherei der Rechtsabteilung, Sekretärin) zur Verfügung. Diese Kosten würden selbstverständlich von seinem Arbeitgeber getragen. Der gesetzliche Werbungskostenpauschbetrag betreffe die Tätigkeit als Angestellter. Die geltend gemachten Betriebsausgaben entfielen allein auf die Tätigkeit als Anwalt.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2005, 777 veröffentlicht.

Mit der vom FG --wegen rechtsgrundsätzlicher Bedeutung-- zugelassenen Revision rügen die Kläger eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes gemäß Art. 3 des Grundgesetzes.

Es stelle eine sachlich nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung dar, wenn dem Kläger die ohne Rücksicht auf den tatsächlichen Anfall zustehende gesetzliche Werbungskostenpauschale gekürzt werde, weil bei ihm außerdem Betriebsausgaben aus freiberuflicher Tätigkeit angefallen seien. Was bei einem Arbeitnehmer, der zusätzlich Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erziele, gelte, müsse auch bei ihm gelten. Werbungskosten und Betriebsausgaben seien unabhängig voneinander zu beurteilen, zumal dann, wenn eine eindeutige Trennung und Zuordnung der einzelnen Kostenpositionen gegeben sei. Diese Voraussetzung liege im Streitfall vor. Für die vom FA unterstellte Verquickung der beiden Tätigkeiten gebe es keine Anhaltspunkte. Es lägen zwei getrennte Einnahmequellen mit getrennten Kosten vor. Eine Vermischung von Betriebskosten und Werbungskosten habe nicht stattgefunden. Daher sei die Schätzung unzulässig. Die Besteuerungsgrundlagen seien auf der Grundlage ihrer Angaben unschwer zu ermitteln.

Die Kläger beantragen, das Urteil des FG Köln vom 27. Januar 2005 2 K 5754/01 aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Die Schätzung sei dem Grunde und der Höhe nach zu Recht erfolgt. Die Behauptungen des Klägers, seine Tätigkeiten seien nicht verquickt, seien nach der tatrichterlichen Überzeugungsbildung nicht ausreichend gewesen. Vielmehr habe es Überschneidungen der Aufwendungen gegeben. Da der Kläger als Betriebsausgaben lediglich die objektiv durch seine Anwaltstätigkeit veranlassten Aufwendungen habe absetzen dürfen, nach Überzeugung des FG aber einige Aufwandspositionen der Sicherung und Erhaltung der Arbeitnehmereinkünfte gedient haben könnten, sei die Schätzung auch in der Höhe nicht zu beanstanden. Im Übrigen sei die Ermittlung der zu kürzenden Betriebsausgaben über den Versuch einer Schätzung der tatsächlichen Werbungskosten zwar rechnerisch kompliziert, dies wirke sich aber zugunsten des Klägers aus. Denn selbst die Kürzung um den vollen Pauschbetrag sei gerechtfertigt gewesen.

AUS DEN GRÜNDEN

II.

Die Revision der Kläger ist begründet. Die Vorentscheidung ist aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Zu Unrecht hat das FG lediglich Werbungskosten in Höhe von 1 176 DM bei den Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit berücksichtigt. Vielmehr war der Arbeitnehmer-Pauschbetrag in Höhe von 2 000 DM bei der Einkünfteermittlung abzuziehen. Das Urteil des FG erweist sich auch nicht aus einem anderen Grund als richtig (§ 126 Abs. 4 FGO), weil der Senat auf der Grundlage der vom FG getroffenen Feststellungen nicht abschließend prüfen kann, ob der geltend gemachte Betriebsausgabenabzug zumindest in Höhe des Differenzbetrages von 824 DM versagt werden muss.

1. Zum Umfang des Werbungskostenabzugs

Wenn nicht höhere Werbungskosten nachgewiesen werden, ist bei der Ermittlung der Einkünfte von den Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit ein Arbeitnehmer-Pauschbetrag von 2 000 DM abzuziehen (§ 9a Satz 1 Nr. 1 Buchst. a des Einkommensteuergesetzes --EStG-- in der in den Streitjahren geltenden Fassung).

Wie schon aus dem Wortlaut der Bestimmung --"sind die folgenden Pauschbeträge abzuziehen"-- hervorgeht, handelt es sich bei dem Arbeitnehmer-Pauschbetrag um eine zwingende Regelung. Der Steuerpflichtige hat einen Rechtsanspruch auf den Ansatz des ungekürzten Pauschbetrages, selbst wenn feststeht, dass keine oder nur geringe Werbungskosten angefallen sind. Voraussetzung ist nach § 9a Satz 2 EStG lediglich, dass die Jahreseinnahmen aus nichtselbständiger Arbeit den Betrag von 2 000 DM übersteigen (soweit ersichtlich allgemeine Meinung vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 7. November 2000 III R 79/97, BFHE 193, 536, BStBl II 2001, 702; vom 29. Oktober 1998 XI R 63/97, BFHE 188, 143, BStBl II 1999, 588; Schmidt/Drenseck, EStG, 27. Aufl., § 9a Rz 1; v. Bornhaupt in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 9a Rz A 75, A 85 und B 13; Hildesheim in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 9a Rz 2; Prinz in Herrmann/ Heuer/Raupach --HHR--, § 9a EStG Rz 12 und 22; Blümich/ Thürmer, § 9a EStG Rz 48; Claßen in Lademann, EStG, § 9a EStG Rz 4; Damrau-Schröter in Bordewin/Brandt, § 9a EStG Rz 19 f.; Frotscher in Frotscher, EStG, 6. Aufl., Freiburg 1998 ff., § 9a Rz 3).

Danach sind im Streitfall von den Einnahmen des Klägers aus seiner abhängigen Beschäftigung mindestens Werbungskosten in Höhe des gesetzlichen Pauschbetrages abzuziehen. Weil das FG von anderen Grundsätzen ausgegangen ist und es lediglich Werbungskosten in Höhe von 1 176 DM zum Abzug zugelassen hat, ist die Vorentscheidung aufzuheben.

Das Urteil des BFH vom 16. März 1967 IV R 210/66 (BFHE 88, 414, BStBl III 1967, 418), wonach die Pauschale nur dann anwendbar ist, wenn sie zu einer tatsächlichen Vereinfachung der Einkünfteermittlung führen kann, steht dem nicht entgegen. Denn dem besagten Urteil lag ein Werbungskostenpauschbetrag zugrunde, den die Finanzverwaltung durch Verwaltungsvorschrift gewährt hatte. Bei einem zwingenden gesetzlichen Pauschbetrag verbieten sich aber von vornherein Überlegungen, ob im Einzelfall die Besteuerung vereinfacht wird oder nicht.

2. Zum Umfang des Betriebsausgabenabzugs

Auf der Grundlage der vom FG getroffenen Feststellungen kann der Senat nicht abschließend prüfen, ob die Erhöhung des zu versteuernden Einkommens um den Betrag von 824 DM, also die Kürzung des Betriebsausgabenabzugs um diesen Betrag, rechtmäßig ist. Das Fehlen ausreichender Feststellungen stellt einen materiell-rechtlichen Mangel des Urteils dar, der --auch ohne Rüge-- zur Aufhebung der Vorentscheidung führt (BFH-Urteil vom 27. April 1999 III R 21/96, BFHE 189, 255, BStBl II 1999, 670).

a) Nach § 4 Abs. 4 EStG sind als Betriebsausgaben von den Einnahmen aus selbständiger Arbeit nur diejenigen Aufwendungen abzuziehen, die durch die selbständige Arbeit veranlasst wurden. Soweit die Aufwendungen der Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit dienten (§ 9 EStG), sind sie bei der Ermittlung dieser Einkünfte zu berücksichtigen (BFH-Urteil vom 4. November 1965 IV 32/64 U, BFHE 84, 243, BStBl III 1966, 89). Ein anteiliger betrieblicher Veranlassungszusammenhang führt grundsätzlich zur anteiligen Berücksichtigung im betrieblichen Bereich. Dies gilt jedenfalls soweit es um die Abgrenzung zu anderen Einkünften und nicht um eine anteilige private Mitveranlassung geht (Schmidt/ Heinicke, a.a.O., § 4 Rz 29 und 489; v. Bornhaupt in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O., § 9 Rz A 84). Die Aufteilung ist nach objektiven Gesichtspunkten vorzunehmen. Soweit die Aufwendungen nicht ihrer Natur nach und ausschließlich mit der nichtselbständigen oder der selbständigen Tätigkeit zusammenhängen, ist eine Aufteilung durch Schätzung unvermeidlich (BFH-Urteil in BFHE 84, 243, BStBl III 1966, 89). Der Steuerpflichtige kann demnach keine beliebige Bestimmung treffen und auf diese Weise den Arbeitnehmer-Pauschbetrag ganz und daneben sämtliche nachgewiesenen Aufwendungen als Betriebsausgaben geltend machen (HHR/Prinz, § 9a EStG Rz 21; v. Bornhaupt in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O., § 9a Rz B 35; Hildesheim in Littmann/Bitz/Pust, a.a.O., § 9a Rz 5; Damrau-Schröter in Bordewin/Brandt, a.a.O., § 9a EStG Rz 49; Claßen in Lademann, a.a.O., § 9a Rz 20).

Unvermeidlich ist die Schätzung zum Zwecke der Aufteilung jedoch nur bei solchen Aufwendungen, die gleichzeitig den freiberuflichen und den nichtselbständigen Tätigkeitsbereich betreffen, etwa wenn einem abhängig beschäftigten Krankenhausarzt, der in der Klinik zugleich Privatpatienten als Freiberufler behandelt, Aufwendungen für die Fahrten zu diesem Krankenhaus entstehen (vgl. den Sachverhalt in BFHE 84, 243, BStBl III 1966, 89). Es geht dann um Aufwendungen, die sowohl durch die eine als auch die andere Tätigkeit veranlasst wurden. Bei bloßer Gleichartigkeit der Aufwendungen (zu diesem Unterschied vgl. Schmidt/Drenseck, a.a.O., § 9a Rz 3) sind die einzelnen Aufwendungen hingegen der Einkunftsart zuzuordnen, durch die sie ausschließlich veranlasst wurden. So sind Aufwendungen für Fahrten zum Arbeitsplatz und für Fahrten zum freiberuflichen Tätigkeitsort zwar gleichartig, betreffen aber nicht notwendigerweise gleichzeitig beide Einkunftsarten. Die Fahrt des Arztes, der seinem Privatpatienten einen Hausbesuch abstattet, ist ausschließlich durch die freiberufliche Tätigkeit veranlasst, die Kosten sind damit voll als Betriebsausgabe abziehbar. Werden derartige Aufwendungen nachgewiesen, dann ist eine Schätzung unzulässig. Insbesondere gibt es keinen "Werbungskostenanteil", der aus der einzelnen Aufwendung herausgerechnet werden müsste. Allein durch die nichtselbständige Tätigkeit veranlasste Aufwendungen sind ausschließlich als Werbungskosten in voller Höhe abziehbar und daher, je nach Höhe der Werbungskosten, ggf. durch den Arbeitnehmer-Pauschbetrag abgegolten.

b) Danach ist im Streitfall zunächst zu prüfen, ob die geltend gemachten Betriebsausgaben überhaupt die Gesamtaufwendungen des Klägers aus seiner juristischen Tätigkeit als Anwalt und als Angestellter darstellen. Im Hinblick auf jede einzelne Betriebsausgabenposition bedarf es insbesondere der Feststellung, ob die als Betriebsausgabe geltend gemachte Aufwendung einen im Schätzungswege zu bestimmenden "Werbungskostenanteil" enthält. Ergibt diese Prüfung, dass die insgesamt als Betriebsausgaben geltend gemachten Beträge tatsächlich ausschließlich als Werbungskosten zu qualifizierende Einzelaufwendungen oder gemischt veranlasste Einzelaufwendungen mit einem zu schätzenden Werbungskostenanteil enthalten, so ist der begehrte Betriebsausgabenabzug dementsprechend ganz oder teilweise zu versagen. Nach der Zuordnung und ggf. Aufteilung der Aufwendungen ist sodann zu ermitteln, ob die Werbungskosten insgesamt höher oder niedriger als der Arbeitnehmer-Pauschbetrag sind. Im letztgenannten Fall ist der Pauschbetrag in voller Höhe anzusetzen (vgl. v. Bornhaupt in: Kirchhof/ Söhn/Mellinghoff, a.a.O., § 9a Rz B 35 mit Fn. 29; Damrau-Schröter in Bordewin/Brandt, a.a.O., § 9a EStG Rz 49). Der um die Werbungskosten bereinigte Teil der als Betriebsausgaben geltend gemachten Gesamtaufwendungen ist bei der Ermittlung des Gewinns aus freiberuflicher Tätigkeit zu berücksichtigen.

c) Ausgehend von seinem Rechtsstandpunkt hat das FG nicht im Einzelnen geprüft, ob die in der Einnahmen-Überschuss-Rechnung erfassten Aufwendungen vollständig als Betriebsausgaben abzuziehen sind. Das FG hat nur allgemein festgestellt, dass die nichtselbständigen und die freiberuflichen Tätigkeiten des Klägers in den Streitjahren verquickt waren und die geltend gemachten Aufwendungen beide Einkunftsarten betrafen. Auf der Basis dieser Feststellungen hat es sodann den Arbeitnehmer-Pauschbetrag grundsätzlich versagt und anstelle des Pauschbetrages die tatsächlich entstandenen spezifischen Werbungskosten im Schätzungswege zu ermitteln gesucht. Diese Ausführungen der Vorinstanz sind, wie unter II.1. der Gründe dieses Urteils dargestellt, nicht frei von Rechtsirrtum, die hierzu getroffenen Feststellungen infolgedessen lückenhaft.

Im zweiten Rechtsgang wird das FG daher Feststellungen zu den einzelnen als Betriebsausgaben geltend gemachten Aufwendungen zu treffen haben, um entscheiden zu können, ob es sich ausschließlich um Werbungskosten oder um Betriebsausgaben mit einem zu schätzenden Werbungskostenanteil handelt. Aus prozessökonomischen Gründen weist der Senat auf Folgendes hin:

aa) Die bei "vermischten Aufwendungen" erforderliche Schätzung der auf § 18 EStG und auf § 19 EStG entfallenden Anteile darf sich nicht an der Schätzungsmethode des FA orientieren, weil diese zu grundsätzlich falschen Ergebnissen führt.

Das FA hat, so das Vorbringen in der Revisionserwiderung, die Ermittlung der Höhe der zu kürzenden Betriebsausgaben rechnerisch kompliziert über einen Versuch der Schätzung der tatsächlichen Werbungskosten vorgenommen. Unter der Prämisse, dass der in zwei Einkunftsarten tätige Steuerpflichtige tatsächlich sämtliche Fahrtaufwendungen als Betriebsausgaben geltend gemacht hat, mag es mit dem FA angehen, den spezifischen Werbungskostenanteil anhand der tatsächlichen Kosten für die Fahrten Wohnung-Arbeitsstätte herauszurechnen. Auf die Verhältnisse des Streitfalles übertragen, beträgt der Umfang der zu kürzenden Betriebsausgaben damit 966 DM (230 Tage x 6 km x 0,70 DM). An dieser Stelle ist das FA jedoch nicht stehen geblieben. Bei ihm erscheinen die 966 DM nicht als der Betriebsausgabenkürzungsbetrag, sondern als der Betrag, um den der Arbeitnehmer-Pauschbetrag zu kürzen ist. Erst der nicht verbrauchte Teil des Arbeitnehmer-Pauschbetrages (2 000 DM abzüglich 966 DM) ergibt in der Berechnung des FA den Betriebsausgabenkürzungsbetrag (1 034 DM). Diese Methode führt je nach Umfang der geschätzten Werbungskosten zu völlig unterschiedlichen, geradezu willkürlichen Ergebnissen.

bb) Bei der Beantwortung der Frage, ob der Kläger überhaupt die gesamten auf seine "juristische" Tätigkeit entfallenden Aufwendungen als Betriebsausgaben geltend gemacht hat, wird in Rechnung zu stellen sein, dass etwa die Fahrtaufwendungen (Kfz-Kosten) je nach Veranlassung (Fahrt zu einem freiberuflichen Gerichtstermin, Fahrt zum Arbeitsplatz) grundsätzlich klar trenn- und zuordenbar sind (Gleichartigkeit, aber nicht Gleichzeitigkeit der Aufwendungen). Nach dem Inhalt der vom FG festgestellten Einnahmen-Überschuss-Rechnung des Klägers für die Streitjahre sind als Betriebsausgaben lediglich 40 % der gesamten Kfz-Aufwendungen angesetzt worden. Hierbei handelt es nach dem Vorbringen im Einspruchsverfahren um den freiberuflichen Nutzungsanteil. Den Werbungskostenanteil (Fahrten Wohnung-Arbeitsstätte) und den privaten Nutzungsanteil hat der Kläger damit offenbar bei den Betriebsausgaben nicht geltend gemacht. Sollte sich die vom Kläger mutmaßlich im Schätzungswege vorgenommene Aufteilung der Aufwendungen als sachgerecht erweisen, dann kommt in dieser Aufwandsposition keine Kürzung der geltend gemachten Betriebsausgaben in Betracht.

cc) Hängen die Einzelaufwendungen ihrer Natur nach und ausschließlich mit der selbständigen Tätigkeit zusammen, dann sind sie in voller Höhe als Betriebsausgaben abzuziehen. Dies könnte etwa bei den in der Einnahmen-Überschuss-Rechnung des Klägers erfassten Versicherungsaufwendungen und den Beiträgen zum Vollabzug der Aufwendungen führen, wenn es sich hierbei um die Berufshaftpflichtversicherung des Rechtsanwalts und die Pflichtbeiträge zur Rechtsanwaltskammer handeln sollte.

dd) Da sich die juristischen Tätigkeitsfelder, auf denen sich der Kläger bewegt, nach den Feststellungen des FG nicht wesentlich unterscheiden, sind die Aufwendungen für Fachliteratur nicht ihrer Natur nach und ausschließlich mit der selbständigen Tätigkeit verbunden (vgl. BFH-Urteil in BFHE 84, 243, BStBl III 1966, 89). Hier wird das FG eine Aufteilung im Schätzungswege vorzunehmen haben. Eine Aufteilung nach dem Verhältnis der Einnahmen aus selbständiger und aus nichtselbständiger Arbeit kommt allerdings nicht in Betracht (vgl. BFH-Urteile in BFHE 84, 243, BStBl III 1966, 89; vom 10. Mai 2001 IV R 6/00, BFHE 195, 323, BStBl II 2001, 575).

ee) In entsprechender Weise ist bei den übrigen Ausgabenpositionen der Einnahmen-Überschuss-Rechnung zu verfahren.

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