: Hippotherapie als umsatzsteuerfreie Heilbehandlung
BFH, Urteil vom 30. Januar 2008 - XI R 53/06
Vorinstanz: Hessisches FG vom 27. Februar 2006 6 K 4203/03 (EFG 2006, 1621)
Leitsatz:
Die von Physiotherapeuten (Krankengymnasten) mit entsprechender Zusatzausbildung auf ärztliche Verordnung durchgeführte Hippotherapie ist eine von der Umsatzsteuer befreite Heilbehandlung nach § 4 Nr. 14 UStG.
UStG 1993/1999 § 4 Nr. 14; Richtlinie 77/388/EWG Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. c
Sachverhalt:
I.
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) betreibt seit 1992 ein Zentrum für therapeutisches Reiten (Hippotherapie). Etwa 90 % der Umsatzerlöse entfallen auf das therapeutische Reiten. Die restlichen Umsatzerlöse resultieren aus Voltigierunterricht für Kinder und Reitunterricht für Erwachsene.
Die Klägerin ist von Beruf Diplom-Pädagogin mit dem Schwerpunkt Rehabilitationspädagogik. Die therapeutische Behandlung in ihrem Reitzentrum wird nicht von ihr selbst, sondern von angestellten Krankengymnastinnen mit hippotherapeutischer Zusatzausbildung durchgeführt. Die hippotherapeutische Ausbildung der Krankengymnastinnen erfolgt nach den Richtlinien des Deutschen Kuratoriums für Therapeutisches Reiten e.V., einem gemeinnützigen Verein. Dieser Verein hat das Unternehmen der Klägerin seit 1994 als Einrichtung für das therapeutische Reiten anerkannt und überprüft es seitdem fortlaufend.
Die Abrechnung der hippotherapeutischen Behandlungen erfolgt teilweise unmittelbar mit den Krankenkassen. Zum weitaus überwiegenden Teil ist die Klägerin für Kliniken tätig. Die dort angestellten Ärzte weisen ihr die Patienten mit individueller Indikation zu und überwachen deren Behandlung. Die Klägerin erstellt im Anschluss einen Rückmeldebogen über die Behandlung für die Patientenakte der Klinik. Die Mitarbeiter der Klägerin nehmen an wöchentlichen Patientenkonferenzen der Kliniken teil und berichten dort über die Therapieverläufe. Im Wesentlichen wird die Klägerin dabei im Rahmen von Rehabilitations- und Vorsorgemaßnahmen tätig, deren Kostenträger überwiegend Sozialversicherungsträger der Renten- und Unfallversicherung sind. Die Klägerin rechnet ihre Leistungen mit den Kliniken nach für Krankengymnastik geltenden Pauschalsätzen ab und die Kliniken rechnen ihrerseits mit den Kostenträgern der Sozialversicherung, mit denen entsprechende Versorgungsverträge abgeschlossen wurden, ebenfalls pauschal ab.
In ihren Umsatzsteuererklärungen für die Streitjahre 1999 und 2000 machte die Klägerin die Steuerfreiheit der auf das therapeutische Reiten entfallenden Umsätze geltend. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) folgte dem nicht und setzte für sämtliche Umsätze der Klägerin Umsatzsteuer fest. Im Verlauf des Einspruchsverfahrens erließ das FA am 28. März 2002 geänderte Umsatzsteuerbescheide, die nach § 365 Abs. 3 der Abgabenordnung (AO) zum Gegenstand des Verfahrens wurden. Die Einsprüche wies das FA mit zusammengefasster Einspruchsentscheidung zurück.
Die Klage, mit der die Klägerin die Ansicht vertrat, ihre durch therapeutisches Reiten erzielten Umsätze seien nach § 4 Nr. 14 des Umsatzsteuergesetzes 1993/1999 in der in den Streitjahren geltenden Fassung (UStG) bzw. nach § 4 Nr. 16 Buchst. c UStG von der Umsatzsteuerpflicht ausgenommen, blieb ohne Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) vertrat die Auffassung, es handele sich bei der Hippotherapie nicht um Krankengymnastik. Die Hippotherapie sei auch nicht als Heilbehandlung im Bereich der Humanmedizin anzusehen, die im Rahmen der Ausübung eines "arztähnlichen" Berufs erbracht werde. Dies ergebe sich aus dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 19. März 2002 B 1 KR 36/00 R (SozR 3-2500 § 138 Nr. 2). Das BSG habe entschieden, dass die gesetzlichen Krankenkassen nicht zur Erstattung entsprechender Behandlungskosten nach § 27 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) verpflichtet seien. Dies beruhe auf der Ablehnung der Aufnahme der Hippotherapie in die Anlage der Heilmittelrichtlinien durch den dafür zuständigen Gemeinsamen Bundesausschuss. Daher seien die Voraussetzungen der Gewährung einer Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG bzw. Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. c der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) nicht erfüllt. Auch eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 16 Buchst. c UStG bzw. Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG komme nicht in Betracht. Das Urteil des FG ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2006, 1621 veröffentlicht.
Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts.
Entgegen der Auffassung des FG seien die Voraussetzungen für die Gewährung der Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG erfüllt. Wie sich aus der Bestätigung des Deutschen Verbandes für Physiotherapie ergebe, sei Hippotherapie Krankengymnastik auf neurologischer Basis mit Gerät --hier dem Gerät "Pferd"--. Im Bereich der ärztlichen Heilkunde gehöre Hippotherapie in den Gesamtbereich Physiotherapie und sei wie jede andere physiotherapeutische Maßnahme Teil der Ausübung der ärztlichen Heilkunde i.S. von § 1 Abs. 2 des Heilpraktikergesetzes (HeilprG). Maßnahmen der Hippotherapie dürften deshalb nur von Ärzten und --auf der Basis einer ärztlichen Verordnung-- von Physiotherapeuten durchgeführt werden.
Die Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG gelte ausdrücklich für Physiotherapeuten, die therapeutisch tätig seien. Die Hippotherapie gehöre lediglich aus Kostengründen nicht zu den Heilmitteln, die in den Heilmittelkatalog der Heilmittelrichtlinien aufgenommen worden seien. Die Hippotherapie sei jedoch ausdrücklich als beihilfefähig anerkannt (vgl. Rundschreiben des Bundesministerium des Innern --BMI-- vom 25. Januar 1993 D III 5 -213 100- 1/1 h zu § 6 Abs. 2 der Beihilfeverordnung, GMBl 1993, 130, 131, sowie Urteil des Oberverwaltungsgerichts --OVG-- für das Land Nordhrein-Westfalen vom 27. September 2001 1 A 193/00, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht-Rechtsprechungs-Report Verwaltungsrecht --NVwZ-RR-- 2002, 674). Die Befähigungsnachweise der behandelnden Krankengymnasten seien im Vorfeld nachgewiesen worden. Im Übrigen seien auch die Voraussetzungen der in § 4 Nr. 16 Buchst. c UStG genannten Steuerbefreiung erfüllt.
Die Klägerin beantragt sinngemäß, die Vorentscheidung und die Einspruchsentscheidung vom 30. April 2002 aufzuheben und die jeweils am 28. März 2002 ergangenen Umsatzsteuerbescheide 1999 und 2000 dahingehend zu ändern, dass die Umsatzsteuer 1999 auf 1 725,24 € und die Umsatzsteuer 2000 auf 1 334,11 € festgesetzt wird.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Es hält die Revision für unzulässig, hilfsweise aber auch für unbegründet. Die Revision sei unzulässig, weil sie nicht entsprechend den gesetzlichen Anforderungen des § 120 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) erhoben worden sei. Insbesondere fehle es an einem ernsten Befassen mit den Urteilsgründen des FG. Die Klägerin habe nicht entsprechend § 120 FGO die Gründe bezeichnet, aus denen sich eine Rechtsverletzung ergebe.
Nach den bindenden Feststellungen des FG scheitere die Anwendung der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG zum einen an der Einordnung in der Heilmittelrichtlinie durch den Gemeinsamen Bundesausschuss, wonach die Hippotherapie keine krankengymnastische Tätigkeit sei. An dieser Bewertung halte der Gemeinsame Bundesausschuss entgegen dem Vorbringen der Klägerin auch nach einer im Jahr 2006 erneut vorgenommenen Prüfung fest. Zum anderen könne dem medizinischen Nutzen der Hippotherapie nach der sich auf die Beurteilung durch das BSG stützenden Einschätzung des FG nicht der Charakter einer Heilbehandlung im Bereich der Humanmedizin zugebilligt werden. Außerdem fehle es der Klägerin nach den weiteren bindenden Feststellungen des FG an dem durch den Bundesfinanzhof (BFH) geforderten Befähigungsnachweis.
Aus den Gründen:
II.
Die zulässige Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO).
Das FG hat die hippotherapeutischen Leistungen der Klägerin zu Unrecht als umsatzsteuerpflichtig behandelt.
1. Die Revision der Klägerin ist zulässig.
Die Revisionsbegründung genügt entgegen der Auffassung des FA den inhaltlichen Anforderungen des § 120 Abs. 3 Nr. 2 FGO. Insbesondere ergibt sich aus der ausführlichen Revisionsbegründung, dass und weshalb die Klägerin die von ihr auch ausdrücklich benannten § 4 Nr. 14, § 4 Nr. 16 UStG für verletzt hält (vgl. hierzu im Einzelnen Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 120 Rz 58).
2. Die Revision der Klägerin ist auch begründet.
a) Abweichend von der Meinung des FG sind die von der Klägerin ausgeführten hippotherapeutischen Leistungen gemäß § 4 Nr. 14 UStG von der Umsatzsteuer befreit, soweit sie ärztlich verordnet waren.
Nach § 4 Nr. 14 Satz 1 UStG sind "die Umsätze aus der Tätigkeit als Arzt, Zahnarzt, Heilpraktiker, Physiotherapeut (Krankengymnast), Hebamme oder aus einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes und aus der Tätigkeit als klinischer Chemiker" steuerfrei. Die Vorschrift setzt Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 77/388/EWG in nationales Recht um und ist nach dieser Bestimmung richtlinienkonform auszulegen (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteile vom 22. April 2004 V R 1/98, BFHE 205, 514, BStBl II 2004, 849; vom 12. August 2004 V R 18/02, BFHE 207, 381, BStBl II 2005, 227). Nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 77/388/EWG befreien die Mitgliedstaaten von der Steuer "die Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die im Rahmen der Ausübung der von dem betreffenden Mitgliedstaat definierten ärztlichen und arztähnlichen Berufe erbracht werden".
aa) § 4 Nr. 14 UStG setzt bei der gebotenen richtlinienkonformen Auslegung gemäß Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 77/388/EWG voraus, dass der Unternehmer zum einen eine Heilbehandlung im Bereich der Humanmedizin durch ärztliche oder arztähnliche Leistungen erbringt und dass er zum anderen die dafür erforderliche Qualifikation besitzt (vgl. Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften --EuGH-- vom 10. September 2002 Rs. C-141/00, Slg. 2002, I-6833, BFH/NV 2003, Beilage 1, 30; vom 6. November 2003 Rs. C-45/01, Slg. 2003, I-12911, BFH/NV 2004, Beilage 1, 40; vom 27. April 2006 Rs. C-443/04 und Rs. C-444/04, Slg. 2006, I-3617, BFH/NV 2006, Beilage 3, 299; BFH-Urteile vom 18. August 2005 V R 71/03, BFHE 211, 543, BStBl II 2006, 143; vom 1. Februar 2007 V R 64/05, BFH/NV 2007, 1203).
bb) Die Klägerin hat mit der Hippotherapie im Bereich der Humanmedizin Heilbehandlungen in Gestalt einer ärztlichen bzw. arztähnlichen Leistung i.S. von § 4 Nr. 14 UStG ausgeführt.
Heilbehandlungen i.S. des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 77/388/EWG sind Tätigkeiten, die zum Zweck der Vorbeugung, Diagnose, der Behandlung und, soweit möglich, der Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen bei Menschen vorgenommen werden. Die befreiten Leistungen müssen der medizinischen Behandlung einer Krankheit oder einer anderen Gesundheitsstörung dienen (EuGH-Urteil in Slg. 2003, I-12911, BFH/NV 2004, Beilage 1, 40, Randnr. 48; BFH-Urteil vom 15. Juli 2004 V R 27/03, BFHE 206, 471, BStBl II 2004, 862). Nicht unter die Befreiung fallen etwa von einem Chirurgen durchgeführte Schönheitsoperationen (BFH-Urteil in BFHE 206, 471, BStBl II 2004, 862) oder Massagen, die von einem Physiotherapeuten ohne vorherige ärztliche Anordnung lediglich aus kosmetischen Gründen oder zur Verbesserung des Wohlbefindens ("wellness") durchgeführt werden (BFH-Beschluss vom 28. September 2007 V B 7/06, BFH/NV 2008, 122, m.w.N.).
Die im Streitfall durchgeführte Hippotherapie ist eine Heilbehandlung i.S. von § 4 Nr. 14 UStG.
Die Hippotherapie gehört zu den Behandlungsmethoden der Physiotherapie (vgl. Klassifikation therapeutischer Leistungen in der medizinischen Rehabilitation --KTL--, Ausgabe 2007, herausgegeben von der Deutschen Rentenversicherung, Seite 63, Stichwort B Physiotherapie, B070 Hippotherapie). Es handelt sich bei ihr um eine spezielle Reittherapie, bei der unter Anleitung die passive Anpassung des Patienten an die Schwingungen des Rückens des im Schritt gehenden Pferdes als physiotherapeutische Behandlungsmethode zur Therapie von bewegungsgestörten Kindern (z.B. bei infantiler Zerebralparese) oder Erwachsenen (nach Unfall oder Schlaganfall, bei Multipler Sklerose) genutzt wird (vgl. Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 259. Aufl. 2002, Stichwort "Reiten, therapeutisches"). Die Hippotherapie ist beihilfefähig (vgl. Urteil des OVG für das Land Nordrhein-Westfalen in NVwZ-RR 2002, 674). Auch nach Auffassung anderer Gerichte stellt die Hippotherapie --in Abgrenzung zum heilpädagogischen Reiten-- als besondere Form der Krankengymnastik eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation dar (Verwaltungsgericht --VG-- Aachen, Urteil vom 10. Februar 2006 6 K 2480/04, nicht veröffentlicht --n.v.--; VG Bayreuth, Urteil vom 19. Mai 2006 B 5 K 04.1222, n.v.; Sozialgericht Düsseldorf, Urteil vom 13. März 2007 S 23 SO 195/05, n.v.).
Der Senat hält die im Streitfall durchgeführte Hippotherapie insoweit für eine Heilbehandlung, als die Klägerin aufgrund ärztlicher Indikation nach entsprechender ärztlicher Verordnung für die Reha-Kliniken oder für Einzelpatienten tätig geworden ist.
Dem steht nicht die Entscheidung des BSG entgegen, wonach die gesetzlichen Krankenkassen nicht zur Übernahme der Kosten der Hippotherapie verpflichtet sind (BSG-Urteil in SozR 3-2500 § 138 Nr. 2). Denn im Gegensatz zu den einschlägigen sozialrechtlichen Bestimmungen, bei denen es um die Frage geht, ob ein Einzelner auf Kosten der Allgemeinheit einen (Mindest)anspruch auf bestimmte Heilmittel hat, verfolgt § 4 Nr. 14 UStG einen anderen Zweck: Dieser besteht darin, ganz allgemein die Kosten der Heilbehandlung zu senken und diese Behandlungen dem Einzelnen zugänglicher zu machen (EuGH-Urteil in Slg. 2003, I-12911, BFH/NV 2004, Beilage 1, 40, Randnr. 43; BFH-Beschluss vom 12. Oktober 2004 V R 54/03, BFHE 207, 558, BStBl II 2005, 106). Der EuGH hat darüber hinaus ausdrücklich hervorgehoben, dass der bloße Umstand der fehlenden (vollständigen) Kostenübernahme durch die Träger der Sozialversicherung keine unterschiedliche Behandlung der Leistungserbringer in Bezug auf die Mehrwertsteuerpflicht rechtfertigt (EuGH-Urteil in Slg. 2003, I-12911, BFH/NV 2004, Beilage 1, 40, Randnr. 75). Vor diesem Hintergrund ist die Frage der Kostenerstattung durch die Sozialversicherungsträger kein geeignetes Abgrenzungskriterium zum Begriff der Heilbehandlung i.S. von § 4 Nr. 14 UStG.
Auch im Übrigen steht die Entscheidung des BSG der Annahme einer Heilbehandlung im Streitfall nicht entgegen. Das BSG hat zwar Bedenken dahingehend geäußert, ob die Hippotherapie als Heilbehandlung gelten kann. Diese Frage ist aber letztlich unbeantwortet geblieben, weil es wegen der fehlenden Aufnahme der Hippotherapie in die Anlage zu den Heilmittelrichtlinien durch den Gemeinsamen Bundesausschuss für Heilmittelrichtlinien darauf nicht mehr ankam.
cc) Die Angestellten der Klägerin verfügen auch über die in § 4 Nr. 14 UStG geforderte berufliche Qualifikation.
Zu Recht hat das FG insoweit zunächst ausgeführt, dass es für die Anwendung der Steuerbefreiung nicht entscheidungserheblich ist, ob die Klägerin selbst oder ihre Angestellten Inhaber der nach § 4 Nr. 14 UStG geforderten beruflichen Qualifikation sind. Denn der Grundsatz der steuerlichen Neutralität verbietet es, dass Wirtschaftsteilnehmer, die gleichartige Umsätze bewirken, bei der Mehrwertsteuererhebung unterschiedlich behandelt werden (BFH-Beschluss in BFHE 207, 558, BStBl II 2005, 106, und BFH-Urteil vom 26. September 2007 V R 54/05, BFH/NV 2008, 170, jeweils m.w.N.). Nach den den Senat bindenden Feststellungen des FG ist die hippotherapeutische Behandlung im Reitzentrum der Klägerin nicht von ihr selbst, sondern von angestellten Physiotherapeutinnen (Krankengymnastinnen) mit hippotherapeutischer Zusatzausbildung durchgeführt worden.
Dem steht nicht die Rechtsprechung des BFH entgegen, wonach grundsätzlich von einem Befähigungsnachweis auszugehen ist, wenn die Leistungen des Unternehmers durch Heilbehandlung in der Regel von Sozialversicherungsträgern finanziert werden (BFH-Urteil vom 25. November 2004 V R 44/02, BFHE 208, 80, BStBl II 2005, 190, m.w.N.). Denn diese Einschränkung gilt nur für die Fälle, in denen es sich --abweichend vom Streitfall-- nicht um einen "Katalogberuf" i.S. von § 4 Nr. 14 UStG handelt.
b) Da die von der Klägerin ausgeführten Leistungen schon unter die in § 4 Nr. 14 UStG genannte Steuerbefreiung fallen, kann unerörtert bleiben, ob diese Leistungen auch die Voraussetzungen der in § 4 Nr. 16 Buchst. c UStG genannten Steuerbefreiung erfüllen (vgl. hierzu zuletzt BFH-Urteil vom 15. März 2007 V R 55/03, BFHE 217, 48, BStBl II 2008, 31, und hierzu ergangener Nichtanwendungserlass des Bundesministeriums der Finanzen vom 17. Dezember 2007 IV A 6-S 7172/07/0001, BStBl I 2008, 23).
3. Das FG ist von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Seine Entscheidung war daher aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif. Denn das FG hat --ausgehend von seinem Rechtsstandpunkt zu Recht-- noch nicht im Einzelnen geprüft, ob die von der Klägerin geltend gemachte Umsatzsteuerbefreiung ausschließlich medizinisch indizierte Leistungen aus ärztlich verordneter hippotherapeutischer Tätigkeit umfasst, sei es im Wege eines ärztlichen Auftrages der Reha-Kliniken, sei es durch individuelle ärztliche Verordnung. Ferner ist nicht festgestellt, ob die Klägerin im streitbefangenen Zeitraum Rechnungen mit oder ohne Umsatzsteuerausweis erteilt hat, so dass ggf. § 14 Abs. 3 UStG anzuwenden wäre. Schließlich müsste im Hinblick auf die Gewährung der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG ggf. eine entsprechende Korrektur des Vorsteuerabzugs vorgenommen werden (§ 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG). Das FG wird dies im zweiten Rechtsgang nachzuholen haben.