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Steuerrecht
07.01.2010
Steuerrecht
: Hinzurechnung einer verlustbedingten Teilwertabschreibung bei Organschaft

BFH, Urteil vom 5.11.2009 - IV R 57/06

Vorinstanz: FG Hamburg vom 25.8.2006 - 5 K 9/06 (EFG 2007, 279)

Leitsätze

1. Gewinnminderungen infolge einer Teilwertabschreibung (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG) des Organträgers auf Darlehensforderungen gegen eine Organgesellschaft sind bei der Ermittlung des organschaftlichen Gewerbeertrags durch entsprechende Hinzurechnungen zu korrigieren (neutralisieren), soweit die Teilwertabschreibung zumindest auch durch erlittene Verluste der Organgesellschaft bedingt ist.

2. Die Teilwertabschreibung auf eine Forderung beruht stets zumindest auch auf erlittenen Verlusten des Schuldners, soweit der Betrag der Teilwertabschreibung den Betrag dieser Verluste nicht übersteigt.

GewStG 1999 § 2 Abs. 2 Satz 2

Sachverhalt

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist die Rechtsnachfolgerin und frühere persönlich haftende Gesellschafterin der D KG (KG). Die KG war Alleingesellschafterin der O-GmbH, die 1998 mit 500.000 DM Stammkapital gegründet worden war.

Zwischen der KG und der O-GmbH bestand eine gewerbesteuerrechtliche Organschaft in den Jahren 1998 bis einschließlich 2001. Da eine Ergebnisabführung nicht vereinbart war, entfiel die gewerbesteuerrechtliche Organschaft ab dem 1. Januar 2002. Denn ab diesem Zeitpunkt setzt diese einen Ergebnisabführungsvertrag voraus (§ 2 Abs. 2 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes --GewStG-- 1999 i.d.F. des Gesetzes zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts vom 20. Dezember 2001, BGBl I 2001, 3858).

Seit ihrem Bestehen erwirtschaftete die O-GmbH Verluste: Im Streitjahr (2000) betrugen sie 1.815.683,53 DM. Bis zum 31. Dezember 2000 liefen insgesamt Verluste in Höhe von 2.053.925,04 DM auf, die in der Handelsbilanz einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag in Höhe von 1.553.925,04 DM ergaben.

Die KG stellte der O-GmbH zur Finanzierung der verlustbringenden laufenden Produktentwicklung und Geschäftstätigkeit Darlehen zur Verfügung; zum 31. Dezember 2000 betrugen diese insgesamt 1.498.252,28 DM.

Die KG schrieb im handelsrechtlichen Jahresabschluss für das Streitjahr diese Darlehen in voller Höhe ab.

In ihrer Gewerbesteuererklärung für das Streitjahr berücksichtigte die KG beim Gewerbeertrag u.a. die Verluste der O-GmbH und die Teilwertabschreibung auf die Darlehen im Jahr 2000. Erklärungsgemäß setzte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) den Gewerbesteuermessbetrag in Höhe von 132.205 DM unter dem Vorbehalt der Nachprüfung fest.

Im Anschluss an eine Außenprüfung u.a. für das Streitjahr vertrat das FA die Auffassung, die Teilwertabschreibung auf die Darlehen sei dem organschaftlichen Gewerbeertrag wieder hinzuzurechnen, da ansonsten die Verluste der O-GmbH doppelt berücksichtigt würden.

Das FA änderte dementsprechend mit Bescheid vom 26. November 2004 den Gewerbesteuermessbetrag auf 194.970 DM. Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde aufgehoben.

Der Einspruch und die Klage hatten keinen Erfolg.

Das Urteil des Finanzgerichts ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2007, 279 veröffentlicht.

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts.

Die Klägerin beantragt,

die Vorentscheidung sowie die Einspruchsentscheidung vom 13. Dezember 2005 aufzuheben und den Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag 2000 vom 26. November 2004 dahingehend zu ändern, dass bei der Festsetzung die Teilwertabschreibung auf die Darlehensforderungen gegen die O-GmbH (1.498.252 DM) ertragsmindernd berücksichtigt wird.

Das FA beantragt,

die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Aus den Gründen

II. Die Revision der Klägerin ist unbegründet und daher zurückzuweisen (vgl. § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

Die Teilwertabschreibung der KG auf die Darlehensforderungen gegen die O-GmbH ist dem organschaftlichen Gewerbeertrag hinzuzurechnen, d.h. zu neutralisieren.

1. Nach § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG 1999 in der Fassung des Streitjahres 2000 gelten Kapitalgesellschaften, die --wie im Streitfall die O-GmbH-- derart in ein anderes inländisches gewerbliches Unternehmen eingegliedert sind, dass die Voraussetzungen des § 14 Nrn. 1 bis 3 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) in der Fassung des Streitjahres erfüllt sind, als Betriebsstätten des anderen Unternehmens (sog. gewerbesteuerrechtliche Organschaft). Trotz dieser Fiktion bilden die eingegliederten Kapitalgesellschaften (die Organgesellschaften) und das andere Unternehmen (der Organträger) kein einheitliches Unternehmen. Sie bleiben vielmehr selbständige Gewerbebetriebe, die einzeln für sich bilanzieren und deren Gewerbeerträge getrennt zu ermitteln sind (sog. gebrochene oder eingeschränkte Einheitstheorie). Die Organschaft führt jedoch dazu, dass die persönliche Gewerbesteuerpflicht der Organgesellschaft für die Dauer der Organschaft dem Organträger zugerechnet wird. Deshalb ist der einheitliche Gewerbesteuermessbetrag für die zum Organkreis gehörenden Gewerbebetriebe --das sind die Gewerbebetriebe des Organträgers und der Organgesellschaft(en)-- allein gegenüber dem Organträger festzusetzen (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 22. April 1998 I R 109/97, BFHE 186, 443, BStBl II 1998, 748, unter II.1. der Gründe, m.w.N.; vom 30. Januar 2002 I R 73/01, BFHE 198, 128, BStBl II 2003, 354, unter II.1. der Gründe, m.w.N.).

Um den für die Festsetzung des Steuermessbetrages maßgebenden Gewerbeertrag des Organkreises zu ermitteln, sind die getrennt ermittelten Gewerbeerträge des Organträgers und der Organgesellschaft(en) zusammenzurechnen und die Summe um die sich aufgrund der Zusammenrechnung etwa ergebenden steuerlichen Doppelbelastungen oder ungerechtfertigten steuerlichen Entlastungen zu korrigieren. Je nach dem, um welchen Rechenposten es sich handelt, sind die Korrekturen entweder bereits bei den selbständig ermittelten Gewerbeerträgen der zum Organkreis gehörenden Betriebe oder nachfolgend durch Hinzurechnungen zu bzw. Abzügen von der Summe der getrennt ermittelten Gewerbeerträge vorzunehmen. Rechtsgrundlage der Korrekturen ist § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG 1999 (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteile in BFHE 186, 443, BStBl II 1998, 748, unter II.1. der Gründe, m.w.N., und in BFHE 198, 128, BStBl II 2003, 354, unter II.1. der Gründe, m.w.N.).

2. Dementsprechend sind nach der Rechtsprechung des BFH Ertragsminderungen infolge von Teilwertabschreibungen (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes --EStG--) auf Beteiligungen an Organgesellschaften bei der Ermittlung des Gewerbeertrages des Organkreises durch entsprechende Hinzurechnungen zu korrigieren (neutralisieren), soweit die Teilwertabschreibungen betragsmäßig den erlittenen Verlusten der Organgesellschaften entsprechen (BFH-Urteile vom 6. November 1985 I R 56/82, BFHE 145, 78, BStBl II 1986, 73, unter 2. der Gründe; in BFHE 186, 443, BStBl II 1998, 748, unter II.2. der Gründe).

3. Gleiches gilt für Ertragsminderungen infolge von Teilwertabschreibungen (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG) des Organträgers auf Darlehensforderungen gegen Organgesellschaften, soweit die Teilwertabschreibungen zumindest auch durch erlittene Verluste bedingt sind (a.A. Dierichs/Seifried, Deutsches Steuerrecht 2002, 2068, 2069).

Denn wie bei Teilwertabschreibungen auf Beteiligungen würde die Berücksichtigung verlustbedingter Teilwertabschreibungen auf diese Forderungen bei bestehender gewerbesteuerrechtlicher Organschaft zu einer doppelten Entlastung des Organträgers im Erhebungszeitraum führen, nämlich durch die Zusammenfassung des eigenen, durch die verlustbedingte Teilwertabschreibung geminderten Gewerbeertrags mit dem negativen Gewerbeertrag der Organgesellschaft.

a) Dem steht nicht entgegen, dass --wie die Klägerin vorträgt-- die Darlehensverbindlichkeiten bei der Organgesellschaft weiterhin passiviert werden. Denn das Imparitätsprinzip ist gerade die Ursache dafür, dass sich die Verluste --ohne Korrekturen-- im Streitjahr doppelt auswirken würden.

b) Demnach ist auch ohne Bedeutung, dass --wie die Klägerin vorträgt-- der Ertrag und der Aufwand aus dem Ausfall einer Forderung aufgrund bilanzieller Vorschriften bei unterschiedlichen Rechtsträgern zu erfassen sind.

c) Der Einwand der Klägerin, nach dem BFH-Urteil vom 14. Januar 2009 I R 52/08 (BFHE 224, 132, BStBl II 2009, 674) seien Gewinnminderungen i.S. des § 8b Abs. 3 Satz 2 KStG i.d.F. des Gesetzes zur Umsetzung der Protokollerklärung der Bundesregierung zur Vermittlungsempfehlung zum Steuervergünstigungsabbaugesetz vom 22. Dezember 2003 (BGBl I 2003, 2840) zwar Teilwertabschreibungen auf Beteiligungen, nicht aber Teilwertabschreibungen auf Darlehen, führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn diese Regelung galt im Streitjahr noch nicht und kann deshalb zur Auslegung nicht herangezogen werden. Darüber hinaus steht diese Vorschrift im Zusammenhang mit der Steuerbefreiung von Anteilsveräußerungen nach § 8b Abs. 2 KStG. Hier geht es jedoch um § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG, wonach die Organgesellschaft als Betriebsstätte des Organträgers gilt.

4. Allerdings darf die Hinzurechung der Teilwertabschreibung auf die Darlehen nicht dazu führen, dass in zukünftigen Erhebungszeiträumen Gewinne aufgrund von bilanziellen Veränderungen bei der Organträgerin (insbesondere durch Wertaufholung) oder der Organgesellschaft (z.B. bei Darlehensverzicht) den Gewerbeertrag erhöhen, während die Teilwertabschreibung auf die Darlehen unberücksichtigt geblieben ist. Dem steht das objektive Nettoprinzip entgegen. Dies gilt während der Organschaft und nach deren Beendigung gleichermaßen. Der Senat hat im Hinblick auf die Verhältnisse im Streitjahr keine Veranlassung, über den Zeitpunkt oder das Verfahren zur Berücksichtigung der Gewinnminderung in Folgejahren zu entscheiden.

5. Die Teilwertabschreibung einer Forderung hängt von der Zahlungsfähigkeit und damit vom Vermögen des Schuldners ab. Da Verluste das Betriebsvermögen des Schuldners mindern, beruht die Teilwertabschreibung auf eine Forderung stets zumindest auch auf erlittenen Verlusten, soweit der Betrag der Teilwertabschreibung den Betrag dieser Verluste nicht übersteigt.

So liegt der Streitfall: Der Betrag der Teilwertabschreibung war geringer als der aufgrund der Verluste nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbetrag der Organgesellschaft.

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