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Steuerrecht
06.06.2008
Steuerrecht
: Erstmalige Realisierung von Körperschaftsteuerguthaben nach § 37 Abs. 2 KStG 1999 n.F. - "Minderungspause" als bewusste, verfassungsrechtlich unbedenkliche Entscheidung des Gesetzgebers

BFH, Urteil vom 19.12.2007 - I R 52/07

Vorinstanz: FG München vom 28.6.2007 - 7 K 2045/05 (EFG 2007, 1633)

LEITSÄTZE

1. Eine Realisierung von Körperschaftsteuerguthaben gemäß § 37 Abs. 2 KStG 1999 n.F. ist nur durch Gewinnausschüttungen möglich, die zeitlich nach dem Stichtag für die erstmalige Ermittlung des Guthabens nach Maßgabe des § 37 Abs. 1 KStG 1999 n.F. erfolgen (Bestätigung des BMF-Schreibens vom 6. November 2003, BStBl. I 2003, 575 Tz. 31).

2. Eine Gewinnausschüttung ist dann i.S. des § 37 Abs. 2 KStG 1999 n.F. erfolgt, wenn sie abgeflossen ist (Bestätigung des BMF-Schreibens vom 6. November 2003, BStBl. I 2003, 575 Tz. 7 und 30).

KStG 1999 i.d.F. des UntStFG § 37 Abs. 1, § 37 Abs. 2; KStG 1999 i.d.F. des StEuglG § 34 Abs. 10a Satz 1 Nr. 2; KStG 1999 a.F. § 27 Abs. 3, § 28 Abs. 2; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1

SACHVERHALT

I.

Die Beteiligten streiten um den Ansatz einer Körperschaftsteuerminderung nach § 37 Abs. 2 des Körperschaftsteuergesetzes i.d.F. des Gesetzes zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts (UntStFG) vom 20. Dezember 2001 (BGBl I 2001, 3858, BStBl I 2002, 35) --KStG 1999 n.F.-- im Veranlagungszeitraum 2002 (Streitjahr).

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GmbH, ist Rechtsnachfolgerin der X-GmbH. Die X-GmbH ermittelte den Gewinn nach einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr vom 1. April eines Jahres bis zum 31. März des Folgejahres. Am 28. März 2001 beschloss die X-GmbH eine Vorabausschüttung aus dem Jahresüberschuss zum 31. März 2001 in Höhe von 706 703 DM, die am 15. Mai 2001 fällig wurde und abfloss. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) ermittelte aus dem Endbestand des Teilbetrags EK 40 nach Maßgabe von § 37 Abs. 1 KStG 1999 n.F. zum 31. März 2002 ein Körperschaftsteuerguthaben der X-GmbH in Höhe von 212 777 €.

Das FA war der Ansicht, die von der X-GmbH vorgenommene Gewinnausschüttung habe weder im Veranlagungszeitraum 2001 noch im Veranlagungszeitraum 2002 zu einer Minderung der Körperschaftsteuer geführt. Es handele sich um eine Gewinnausschüttung für ein noch nicht abgelaufenes Wirtschaftsjahr, für die das Anrechnungsverfahren nicht mehr zur Anwendung komme. Das erstmals zum 31. März 2002 festgestellte Körperschaftsteuerguthaben könne nach der im Rahmen des Halbeinkünfteverfahrens geltenden Übergangsregelung des § 37 KStG 1999 n.F. aber erst in den folgenden Jahren, also durch Ausschüttungen, die nach diesem Zeitpunkt erfolgen, genutzt werden. Eine Nutzung des noch nicht gesondert festgestellten Körperschaftsteuerguthabens komme nicht in Betracht.

Mit ihrer Klage wendet sich die Klägerin gegen die Bescheide über die gesonderte Feststellung der Endbestände gemäß § 36 Abs. 7 KStG 1999 n.F. und über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen gemäß § 27 Abs. 2, § 28 Abs. 1 Satz 3 und § 38 Abs. 1 KStG 1999 n.F. zum 31. März 2002 sowie gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2002. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt (FG München, Urteil vom 28. Juni 2007 7 K 2045/05, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2007, 1633).

Mit seiner Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts. Es beantragt sinngemäß, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

AUS DEN GRÜNDEN

II.

Die Revision ist begründet. Sie führt gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und zur Abweisung der Klage.

1. Soweit sich die Klägerin gegen den Bescheid über die gesonderte Feststellung der Endbestände gemäß § 36 Abs. 7 KStG 1999 n.F. wendet, ist die Klage mangels Klagebefugnis gemäß § 40 Abs. 2 FGO unzulässig. Die Klägerin hat insoweit keine Rechtsverletzung geltend gemacht. Sie ist der Auffassung, aufgrund der von der X-GmbH vorgenommenen Vorabausschüttung sei es zu einer Körperschaftsteuerminderung gemäß § 37 Abs. 2 KStG 1999 n.F. gekommen. Eine solche kann sich jedoch unter keinem Gesichtspunkt auf die Endbestände i.S. des § 36 Abs. 7 KStG 1999 n.F. auswirken. Selbst wenn die Vorabausschüttung noch zu einer Körperschaftsteuerminderung nach Maßgabe der §§ 27 ff. KStG 1999 a.F. geführt haben sollte, könnte sich dies ohne gleichzeitige Anfechtung des Körperschaftsteuerbescheids 2001 nicht zu Gunsten, sondern nur zu Lasten der Klägerin auswirken.

2. Hinsichtlich der übrigen angegriffenen Bescheide ist die Klage unbegründet. Anders als vom FG angenommen, ist es im Streitfall nicht zu einer Minderung der Körperschaftsteuer gemäß § 37 Abs. 2 KStG 1999 n.F. gekommen.

a) § 37 Abs. 2 KStG 1999 n.F. sieht für die von der X-GmbH vorgenommene Vorabausschüttung keine Minderung der Körperschaftsteuer vor.

aa) Zu einer Minderung der Körperschaftsteuer nach § 37 Abs. 2 KStG 1999 n.F. kann es nur durch Gewinnausschüttungen kommen, die dem Stichtag für die nach Maßgabe von § 37 Abs. 1 KStG 1999 n.F. durchzuführende erstmalige Ermittlung des Körperschaftsteuerguthabens zeitlich nachfolgen. Der Gesetzeswortlaut lässt ein anderes Verständnis nicht zu. § 37 Abs. 2 Satz 1 KStG 1999 n.F. ordnet eine Minderung des Körperschaftsteuerguthabens, der gemäß § 37 Abs. 2 Satz 2 KStG 2002 (inzwischen § 37 Abs. 2 Satz 3 KStG i.d.F. des Gesetzes zur Umsetzung von EU-Richtlinien in nationales Steuerrecht und zur Änderung weiterer Vorschriften --EURLUmsG-- vom 9. Dezember 2004, BGBl I 2004, 3310, BStBl I 2004, 1158) eine Minderung der Körperschaftsteuer in gleicher Höhe entspricht, nur für solche Gewinnausschüttungen an, die "in den folgenden Wirtschaftsjahren" erfolgen. Diese Regelung knüpft an den in § 37 Abs. 1 Satz 1 KStG 1999 n.F. benannten Zeitpunkt der erstmaligen Ermittlung des Körperschaftsteuerguthabens an und legt ihn zugleich als den Zeitpunkt fest, ab dem Gewinnausschüttungen frühestens zu einer Minderung von Guthaben und Körperschaftsteuer führen können (ebenso Bott in Ernst & Young, KStG, § 37 Rz 80; Frotscher in Frotscher/Maas, KStG/UmwStG, § 37 KStG Rz 12; Dötsch in Dötsch/Jost/Pung/Witt, Die Körperschaftsteuer, § 37 KStG nF Rz 18; Bauschatz in Gosch, KStG, § 37 Rz 42; Binnewies in Streck, KStG, 6. Aufl., § 37 Rz 5; Lornsen-Veit/Odenbach in Erle/Sauter, KStG, 2. Aufl., § 37 Rz 48; Danelsing in Blümich, § 37 KStG Rz 24; im Ergebnis auch Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen --BMF-- vom 6. November 2003, BStBl I 2003, 575 Tz. 31, sowie Oberfinanzdirektion --OFD-- Koblenz, Verfügung vom 12. Juni 2001, GmbH-Rundschau --GmbHR-- 2001, 684; offengelassen im Senatsbeschluss vom 5. April 2005 I B 221/04, BFHE 209, 341, BStBl II 2005, 526).

bb) § 37 Abs. 1 Satz 1 KStG 1999 n.F. ordnet die erstmalige Ermittlung des Körperschaftsteuerguthabens auf den Schluss des Wirtschaftsjahres an, das dem in § 36 Abs. 1 KStG 1999 n.F. genannten Wirtschaftsjahr folgt. Hiermit wird wiederum das Wirtschaftsjahr bezeichnet, auf dessen Schluss die Endbestände der Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals nach Maßgabe von § 36 Abs. 2 bis 7 KStG 1999 n.F. zu ermitteln und gesondert festzustellen sind. Dies sieht § 36 Abs. 1 KStG 1999 n.F. für das letzte Wirtschaftsjahr vor, das in dem Veranlagungszeitraum endet, für das das Körperschaftsteuergesetz i.d.F. bis zum Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung von Stiftungen (StiftFöG) vom 14. Juli 2000 (BGBl I 2000, 1034, BStBl I 2000, 1192) --KStG 1999 a.F.-- letztmals anzuwenden ist. Welcher Veranlagungszeitraum dies ist, bestimmt sich danach, ab wann das Körperschaftsteuergesetz i.d.F. des Gesetzes zur Senkung der Steuersätze und zur Reform der Unternehmensbesteuerung (StSenkG) vom 23. Oktober 2000 (BGBl I 2000, 1433, BStBl I 2000, 1428) erstmals anzuwenden ist. Bei einem mit dem Kalenderjahr übereinstimmenden Wirtschaftsjahr ist dies nach § 34 Abs. 1 KStG i.d.F. des StSenkG der Veranlagungszeitraum 2001, bei einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr nach § 34 Abs. 1a i.d.F. des StSenkG (inzwischen § 34 Abs. 2 i.d.F. des UntStFG) grundsätzlich der Veranlagungszeitraum 2002.

cc) Entscheidend dafür, ob eine Gewinnausschüttung der erstmaligen Ermittlung des Körperschaftsteuerguthabens zeitlich nachfolgt, ist nach § 37 Abs. 2 Satz 1 KStG 1999 n.F. der Zeitpunkt, in dem sie "erfolgt". Für die ebenfalls diesen Begriff verwendende Regelung des § 27 Abs. 3 KStG 1999 a.F. hat der Senat in ständiger Rechtsprechung eine Gewinnausschüttung als erfolgt angesehen, wenn sie abgeflossen ist (vgl. z.B. Senatsurteile vom 9. Dezember 1987 I R 260/83, BFHE 151, 560, BStBl II 1988, 460; vom 31. Oktober 1990 I R 47/88, BFHE 162, 546, BStBl II 1991, 255; zuletzt Senatsurteil vom 7. März 2007 I R 45/06, BFH/NV 2007, 1710, jeweils m.w.N.). Diese Rechtsprechung ist in gleicher Weise für die hier in Rede stehende Übergangsregelung des § 37 Abs. 2 KStG 1999 n.F. heranzuziehen (vgl. z.B. Frotscher in Frotscher/Maas, a.a.O., § 37 KStG Rz 15; Dötsch in Dötsch/Jost/Pung/Witt, a.a.O., § 37 KStG nF Rz 36; BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 575 Tz. 7 und 30; siehe auch schon Senatsurteil vom 28. November 2007 I R 42/07, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt, unter II.1.e). Auch wenn der Körperschaftsteuerminderung nach § 37 Abs. 2 KStG 1999 n.F. eine andere Konstruktion zugrunde liegt als den §§ 27 ff. KStG 1999 a.F., knüpft die Vorschrift in diesem Punkt ersichtlich an das frühere Recht an.

dd) Nach diesen Grundsätzen konnte die im Streitfall von der X-GmbH im Wirtschaftsjahr 2000/01 am 28. März 2001 beschlossene und im Wirtschaftsjahr 2001/02 am 15. Mai 2001 abgeflossene Vorabausschüttung nicht zu einer Minderung der Körperschaftsteuer nach § 37 Abs. 2 KStG 1999 n.F. führen. Da die X-GmbH den Gewinn nach einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr ermittelte, war das Körperschaftsteuergesetz i.d.F. des StSenkG nach § 34 Abs. 1a KStG i.d.F. des StSenkG erstmals für den Veranlagungszeitraum 2002, das Körperschaftsteuergesetz 1999 a.F. damit letztmals für den Veranlagungszeitraum 2001 anzuwenden. Das letzte in diesem Veranlagungszeitraum endende Wirtschaftsjahr war das Wirtschaftsjahr 2000/01, auf dessen Schluss nach § 36 Abs. 1 KStG 1999 n.F. die Endbestände der Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals zu ermitteln und gesondert festzustellen waren. Das Körperschaftsteuerguthaben war nach § 37 Abs. 1 Satz 1 KStG 1999 n.F. dann erstmalig auf den Schluss des folgenden Wirtschaftsjahres 2001/02 zu ermitteln, also auf den 31. März 2002. Erst durch nach diesem Zeitpunkt abfließende Gewinnausschüttungen konnte es zu einer Minderung der Körperschaftsteuer nach § 37 Abs. 2 KStG 1999 n.F. kommen.

b) Dadurch, dass § 37 Abs. 2 KStG 1999 n.F. bei einem mit dem Kalenderjahr übereinstimmenden Wirtschaftsjahr erst für ab dem Wirtschaftsjahr 2002 bzw. bei einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr grundsätzlich erst für ab dem Wirtschaftsjahr 2002/03 erfolgende Gewinnausschüttungen zur Anwendung kommt, ergibt sich eine einjährige "Minderungspause" für Vorabausschüttungen, die im unmittelbar vorangehenden Wirtschaftsjahr 2001 bzw. 2001/02 abgeflossen sind. Für diese ist weder nach altem noch nach neuem Recht eine Minderung der Körperschaftsteuer möglich (so ausdrücklich auch OFD Koblenz, Verfügung in GmbHR 2001, 684). Dies kann aber nicht zu einer anderen Beurteilung führen.

aa) Betroffen hiervon sind in erster Linie Vorabausschüttungen, die im Wirtschaftsjahr 2001 bzw. 2001/02 für dieses beschlossen worden und abgeflossen sind. Gleiches gilt aber auch für Vorabausschüttungen, die wie im Streitfall in einem vorangegangenen Wirtschaftsjahr ebenfalls für dieses beschlossen worden und erst im Wirtschaftsjahr 2001 bzw. 2001/02 abgeflossen sind (sog. verspätet abgeflossene Vorabausschüttungen).

Für diese Ausschüttungen findet § 37 Abs. 2 KStG 1999 n.F. nach dem unter II.2.a Gesagten noch keine Anwendung. Die Regelungen des Anrechnungsverfahrens zur Herstellung der Ausschüttungsbelastung in den §§ 27 ff. KStG 1999 a.F. sind auf sie ebenfalls nicht mehr anwendbar. In beiden Fällen handelt es sich nicht um Gewinnausschüttungen, die auf einem Gewinnverteilungsbeschluss für ein abgelaufenes Wirtschaftsjahr i.S. des § 27 Abs. 3 Satz 1, § 28 Abs. 2 Satz 1 KStG 1999 a.F. beruhen, sondern um "andere Ausschüttungen" i.S. des § 27 Abs. 3 Satz 2, § 28 Abs. 2 Satz 2 KStG 1999 a.F. (vgl. insbesondere für verspätet abgeflossene Vorabausschüttungen Senatsurteil vom 17. Oktober 1990 I R 67/89, BFHE 164, 294, BStBl II 1991, 734). Gemäß § 34 Abs. 10a Satz 1 Nr. 2 KStG i.d.F. des Gesetzes zur Umrechnung und Glättung steuerlicher Euro-Beträge (StEuglG) vom 19. Dezember 2000 (BGBl I 2000, 1790, BStBl I 2001, 3; inzwischen § 34 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 KStG i.d.F. des Fünften Gesetzes zur Änderung des Steuerbeamten-Ausbildungsgesetzes und zur Änderung von Steuergesetzen vom 23. Juli 2002, BGBl I 2002, 2715, BStBl I 2002, 714) sind die §§ 27 ff. KStG 1999 a.F. letztmals auf "andere Ausschüttungen" anzuwenden, die in dem Wirtschaftsjahr erfolgen, das demjenigen Wirtschaftsjahr vorangeht, in dem das Körperschaftsteuergesetz i.d.F. des StSenkG erstmals anzuwenden ist. Da dies gemäß § 34 Abs. 1 bzw. Abs. 1a KStG i.d.F. des StSenkG das Wirtschaftsjahr 2001 bzw. 2001/02 ist, ist letztmals für im Wirtschaftsjahr 2000 bzw. 2000/01 erfolgende "andere Ausschüttungen" die Ausschüttungsbelastung herzustellen.

bb) Diese Folge ist als bewusste Entscheidung des Gesetzgebers hinzunehmen. Insbesondere liegt keine gesetzliche Regelungslücke vor (anders wohl Lornsen-Veit/Odenbach in Erle/Sauter, a.a.O., § 37 Rz 17 und 49), die ggf. durch eine analoge Anwendung des § 37 Abs. 2 KStG 1999 n.F. für die fraglichen Vorabausschüttungen geschlossen werden könnte.

Eine Regelungslücke besteht nur im Falle einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes. Hierzu ist erforderlich, dass das Gesetz, gemessen an seinem eigenen Ziel und Zweck, unvollständig, also ergänzungsbedürftig ist und eine Ergänzung nicht einer vom Gesetz gewollten Beschränkung auf bestimmte Tatbestände widerspricht (vgl. etwa Senatsurteile vom 21. Oktober 1999 I R 66/98, BFHE 190, 390, BStBl II 2000, 288; vom 16. März 1994 I R 146/93, BFHE 175, 22, BStBl II 1994, 941; Drüen in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 4 AO Rz 348). Diese Voraussetzung liegt für die in Rede stehenden gesetzlichen Regelungen nicht vor.

Die in § 34 Abs. 10a KStG i.d.F. des StSenkG geregelte letztmalige Anwendung der §§ 27 ff. KStG 1999 a.F. führt die für das Anrechnungsverfahren in § 27 Abs. 3 KStG 1999 a.F. getroffene Unterscheidung fort (vgl. Frotscher in Frotscher/Maas, a.a.O., § 34 KStG Rz 15). Nach § 27 Abs. 3 Satz 1 KStG 1999 a.F. minderten Gewinnausschüttungen für ein abgelaufenes Wirtschaftsjahr unter bestimmten Voraussetzungen die Körperschaftsteuer des entsprechenden Veranlagungszeitraums, "andere Ausschüttungen" dagegen nach § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG 1999 a.F. die Körperschaftsteuer des laufenden Veranlagungszeitraums. Aus diesem Grund ordnet § 34 Abs. 10a Satz 1 Nr. 1 KStG i.d.F. des StSenkG in einem nachlaufenden Übergangsjahr die Geltung der §§ 27 ff. KStG 1999 a.F. nur noch für Gewinnausschüttungen an, die für ein abgelaufenes Wirtschaftsjahr erfolgen, nicht mehr aber für "andere Ausschüttungen". Zwar wäre es durchaus möglich gewesen, bereits in diesem Übergangsjahr für die nicht mehr nach den §§ 27 ff. KStG 1999 a.F. zu beurteilenden Vorabausschüttungen unmittelbar die Regelung des § 37 Abs. 2 KStG 1999 n.F. zur Anwendung kommen zu lassen. Dies hätte die sich für diese ergebende "Minderungspause" vermieden und dennoch eine doppelte Körperschaftsteuerminderung ausgeschlossen. Eine solche Regelung hat der Gesetzgeber aber erkennbar nicht getroffen. Vielmehr hat er sich dafür entschieden, die §§ 27 ff. KStG 1999 a.F. in dem Übergangsjahr zunächst vollständig auslaufen zu lassen, im Anschluss daran erstmalig ein Körperschaftsteuerguthaben zu ermitteln und erst im nächsten Wirtschaftsjahr sämtliche von nun an erfolgende und auf einem den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entsprechenden Gewinnverteilungsbeschluss beruhende Gewinnausschüttungen einheitlich nach § 37 Abs. 2 KStG 1999 n.F. zu beurteilen.

Dass es sich insoweit nicht um ein gesetzgeberisches "Versehen" handelt, zeigt die Entstehungsgeschichte der Regelung. Im Gesetzesentwurf zum StSenkG war die erstmalige Ermittlung des Körperschaftsteuerguthabens noch parallel zur Ermittlung der Endbestände der Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals auf den in § 36 Abs. 1 KStG 2002 bestimmten Zeitpunkt vorgesehen (vgl. BTDrucks 14/2683, S. 82; ebenso die Beschlussempfehlung des Finanzausschusses, vgl. BTDrucks 14/3366, S. 69). Die später verabschiedete Fassung des § 37 KStG 2002 beruht auf der Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses, die abweichend hiervon die erstmalige Ermittlung des Guthabens um ein Jahr zeitversetzt anordnete (vgl. BTDrucks 14/3760, S. 9). Es kann nicht angenommen werden, dass der Gesetzgeber die mit dieser Änderung verbundenen Konsequenzen nicht bedacht hat. Bei dieser Regelung blieb es im Übrigen auch in der Folge, obwohl das Problem der "Minderungspause" in der Literatur frühzeitig aufgeworfen und insoweit ein "gesetzlicher Reparaturbedarf" gesehen wurde (vgl. etwa Dötsch/Pung, Der Betrieb --DB--, Beilage 10/2000, S. 19). Insbesondere das UntStFG, mit dem die §§ 36 ff. KStG 1999 n.F. noch einmal in einigen Punkten mit rückwirkender Geltung geändert wurden, ließ die Vorschrift insoweit unberührt (vgl. auch Thurmayr in Herrmann/ Heuer/Raupach, § 37 KStG Rz 18).

cc) Die Beschränkung des § 37 Abs. 2 KStG 1999 n.F. auf ab dem Wirtschaftsjahr 2002 bzw. 2002/03 erfolgende Gewinnausschüttungen und die daraus resultierende "Minderungspause" für Vorabausschüttungen im vorangehenden Wirtschaftsjahr 2001 bzw. 2001/02 wird im Schrifttum zum Teil als "systemwidrig" (Binnewies in Streck, a.a.O., § 37 Rz 3; krit. auch Schiffers, GmbHR 2000, 901, 904; Bauschatz in Gosch, a.a.O., § 37 Rz 43) angesehen. Eine "sachliche Rechtfertigung" für sie sei nicht ersichtlich (vgl. Frotscher in Frotscher/Maas, a.a.O., § 37 KStG Rz 17a; Dötsch in Dötsch/Jost/Pung/Witt, a.a.O., § 37 KStG nF Rz 6; anders aber Hey in Herrmann/Heuer/Raupach, Steuerreformkommentierung, Vor § 36 KStG Rz R 15). Soweit diese Rügen zugleich verfassungsrechtlich relevante Bedenken beinhalten sollten, teilt der Senat diese nicht.

Insbesondere ergibt sich aus der "Minderungspause" kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG). Der Gesetzgeber hatte für ihre Anordnung hinreichende sachliche Gründe. Durch die Übergangsregelung des § 37 KStG 1999 n.F. blieb das unter dem Anrechnungsverfahren bestehende "Körperschaftsteuerminderungspotential" in modifizierter Form und für einen begrenzten Zeitraum auch nach der Systemumstellung auf das Halbeinkünfteverfahren erhalten. In diesem Zusammenhang hat der Gesetzgeber die Möglichkeit zur Realisierung des Minderungspotentials für bestimmte Ausschüttungen kurzzeitig ausgesetzt, indem er die erstmalige Anwendung des § 37 Abs. 2 KStG 1999 n.F. zeitlich um ein Jahr hinausschob. In dem Übergangsjahr wäre eine Anwendung des § 37 Abs. 2 KStG 1999 n.F. ohnehin nur hinsichtlich der nicht mehr unter die §§ 27 ff. KStG 1999 a.F. fallenden Vorabausschüttungen in Betracht gekommen, da es andernfalls zu doppelten Körperschaftsteuerminderungen gekommen wäre (siehe schon unter II.2.b bb). Durch das Hinausschieben der Geltung von § 37 KStG 1999 n.F. vermied der Gesetzgeber, in einem Wirtschaftsjahr parallel zwei Regelungen für die verschiedenen Arten von Gewinnausschüttungen zur Anwendung zu bringen. Den hiervon ausgehenden Vereinfachungseffekt für die praktische Handhabbarkeit im Übergangszeitraum durfte er berücksichtigen. Dies gilt umso mehr, als die "Minderungspause" lediglich eine Verzögerung der Minderungsmöglichkeit zur Folge hatte, durch die die betroffenen Unternehmen nicht in unverhältnismäßiger Weise belastet wurden.

Auch ein Verstoß gegen die verfassungsrechtlich gewährleistete Eigentumsgarantie aus Art. 14 GG ist nicht ersichtlich. Unabhängig davon, ob das auf den Regelungen des Anrechnungsverfahrens beruhende "Körperschaftsteuerminderungspotential" als verfassungsrechtlich geschützte Eigentumsposition i.S. des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG anzusehen ist (offenlassend auch Senatsurteil vom 31. Mai 2005 I R 107/04, BFHE 210, 256, BStBl II 2005, 884), läge in der Regelung des § 37 KStG 1999 n.F. aus den vorgenannten Gründen jedenfalls eine verfassungsrechtlich zulässige Bestimmung der Schranken jenes Eigentumsrechts i.S. des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG. Der Senat hat im Übrigen auch für das viel weitergehende spätere sog. Körperschaftsteuer-Moratorium nach § 37 Abs. 2a Nr. 1 KStG i.d.F. des Gesetzes zum Abbau von Steuervergünstigungen und Ausnahmeregelungen (StVergAbG) vom 16. Mai 2003 (BGBl I 2003, 660, BStBl I 2003, 321) keinen Verstoß gegen Art. 14 GG angenommen (vgl. Senatsurteil vom 8. November 2006 I R 69, 70/05, BFHE 215, 491, BStBl II 2007, 662).

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