BFH/BdStZ: § 3 SolZG 1995 n.F. in Bezug auf Körperschaftsteuerguthaben verfassungswidrig?
Der BFH hat dem BVerfG durch Entscheidung vom 10.8.2011 - I R 39/10 - die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob es den allgemeinen Gleichheitssatz und die Grundsätze rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes verletzt, dass die Rückzahlung des Körperschaftsteuerguthabens weder die Bemessungsgrundlage zum Solidaritätszuschlag mindert noch ein Anspruch auf Auszahlung eines Solidaritätszuschlagguthabens besteht.
Bis Ende 2000 wurden die von Kapitalgesellschaften einbehaltenen und nicht ausgeschütteten Gewinne mit (zuletzt) 40 % besteuert. Zusätzlich wurde hierauf der Solidaritätszuschlag erhoben. Wurde der Gewinn später ausgeschüttet, reduzierte sich die Körperschaftsteuer auf (zuletzt) 30 % und der Solidaritätszuschlag minderte sich. Ab 2001 löste das sog. Halbeinkünfteverfahren das Anrechnungsverfahren ab. Die Gewinne der Körperschaften werden seither nur noch mit einem einheitlichen Körperschaftsteuersatz von zunächst 25 % und nunmehr 15 % zuzüglich Solidaritätszuschlag belastet. Damit den Kapitalgesellschaften ihr Körperschaftsteuerminderungspotential erhalten bleibt, wurde das Ende 2000 mit Thesaurierungssteuer belastete verwendbare Eigenkapital der Kapitalgesellschaften in ein Körperschaftsteuerguthaben umgewandelt, das während einer Übergangszeit von ursprünglich 15 Jahren (später 18 Jahren) unter grundsätzlicher Beibehaltung des bisherigen Anrechnungsverfahrens abgebaut werden konnte. Beschlossen die Kapitalgesellschaften die Ausschüttung dieses Kapitals, verringerte sich zugleich die Bemessungsgrundlage für den Solidaritätszuschlag. Mit Wirkung ab 2007 änderte sich das Gesetz. Die Rückzahlung des Körperschaftsteuerguthabens wurde aus dem Veranlagungsverfahren gelöst. Die Körperschaften haben nunmehr innerhalb eines Auszahlungszeitraumes von 2008 bis 2017 einen Anspruch auf Auszahlung des Körperschaftsteuerguthabens in zehn gleichen Jahresbeträgen. Auf den Solidaritätszuschlag wirkt sich dies im Gegensatz zur bisherigen Rechtslage nicht mehr aus.
Letzteres ist nach Auffassung des BFH verfassungswidrig. Es würden diejenigen Steuerpflichtigen benachteiligt, die im Vertrauen auf die ur-sprüngliche Regelung davon abgesehen hätten, durch Gewinnausschüttungen ihr Körperschaftsteuerguthaben anzufordern. Ein sachlicher Grund für diese Benachteiligung sei nicht ersichtlich. Diese Entscheidung ist für alle Kapitalgesellschaften bedeutsam, die Ende 2006 aus der Zeit des körperschaftsteuerlichen Anrechnungsverfahrens noch über ein Körperschaftsteuerguthaben verfügen.
Der Bund der Steuerzahler hat sich bereits zu diesem Verfahren geäußert und darauf hingewiesen, dass betroffene Unternehmer nun innerhalb der Festsetzungsfrist beim FA die Festsetzung eines Solidaritätszuschlagsguthabens beantragen können. Lehnt das FA den Antrag ab, kann gegen den Ablehnungsbescheid Einspruch eingelegt und das Ruhen des Verfahrens bis zur Entscheidung des BVerfG beantragt werden.
(PM BFH vom 30.11.2011 und PM BdStZ vom 24.11.2011)
Volltext des Beschl.: // BB-ONLINE BBL2011-3029-1 unter www.betriebs-berater.de