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Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
16.01.2009
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
Ordnungsgeldverfahren nach dem EHUG: Festsetzungsermessen

LG Bonn, Beschluss vom 10.12.2008 - 37 T 472/08

Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Festsetzung eines Ordnungsgeldes von 2.500,00 EURO wegen Nichteinreichung der Jahresabschlussunterlagen 2006 bei dem Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers. Das Bundesamt für Justiz hat der Beschwerdeführerin die Verhängung des Ordnungsgeldes mit Verfügung vom 21.02.2008, zugestellt am 25.02.2008, angedroht.

Dagegen hat die Beschwerdeführerin keinen Einspruch eingelegt.

Das Bundesamt für Justiz hat durch die angefochtene Entscheidung vom 04.11.2008 das bezeichnete Ordnungsgeld festgesetzt.

Gegen die ihr am 07.11.2008 zugestellte Entscheidung hat die Beschwerdeführerin am 18.11.2008 sofortige Beschwerde eingelegt.

Aus den Gründen

II. Die gemäß §§ 335 Abs. 4, Abs. 5 S. 1 und 2 HGB statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde ist unbegründet.

Zur Begründung wird zunächst auf die zutreffenden Ausführungen in der angefochtenen  Ordnungsgeldentscheidung verwiesen.

Das Vorbringen der Beschwerdeführerin im vorliegenden Beschwerdeverfahren rechtfertigt keine davon abweichende Entscheidung.

Die Festsetzung des Ordnungsgelds gemäß § 335 Abs. 3 S. 4 HGB ist zu Recht erfolgt. Weder innerhalb der gesetzlichen Frist des § 325 HGB, die am 31.12.2007 ablief, noch innerhalb der vom Bundesamt für Justiz nach § 335 Abs. 3 S. 1 HGB gesetzten Nachfrist ist nach eigenem Vortrag der Beschwerdeführerin die notwendige Veröffentlichung erfolgt. Umstände, auf Grund derer von fehlendem Verschulden der Beschwerdeführerin an der nicht erfolgten Einreichung auszugehen wäre, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Insbesondere kann sie sich wegen der Versäumnisse auf Seiten des Steuerberaterbüros nicht entlasten. Kapitalgesellschaften haben sich auf die Erfüllung ihrer gesetzlichen Verpflichtungen einzustellen. In ihren Pflichtenkreis fällt es somit auch, durch entsprechende organisatorische Maßnahmen dafür Sorge zu tragen, dass die Jahresabschlussdaten vollständig und rechtzeitig an den Bundesanzeiger übermittelt werden.

Soweit eingewandt wird, dass die Beschwerdeführerin seit Beginn des Jahres 2006 keine Geschäftstätigkeiten mehr ausübe und das Unternehmen seitdem ruhe, hat dies auf die Offenlegungspflicht für 2006 keinen Einfluss. Die Publizität liegt weiterhin im gesamtwirtschaftlichen Interesse, da das Unternehmen die Geschäftstätigkeit jederzeit wiederaufleben lassen kann. Gemäß §§ 242, 264 HGB (§ 13 Abs 3 GmbHG i.Vm. § 6 HGB) besteht für Kapitalgesellschaften mit ihrer Eintragung die Pflicht zu Erstellung des Jahresabschlusses unabhängig davon, ob sie mangels Geschäftsbetriebs noch oder kein Gewerbe mehr betreibt. Insbesondere auf eine steuerrechtliche Beurteilung kommt es dabei nicht an. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Beschwerdeführerin ihre Liquidation vorbereitetet hat und diese noch bis Ende November 2008 vollzogen werden sollte. Auch in der Liquidation besteht gem. § 71 GmbHG eine Verpflichtung zur Erstellung einer handelsrechtlichen Bilanz  fort (vgl. LG Bonn Beschluss vom 28.07.2008, Az. 30 T 52/08). Nach § 71 Abs. 3 GmbHG und § 270 Abs. 3 AktG kann im Fall der Liquidation unter Umständen zwar von der Prüfung des Jahresabschlusses und des Lageberichts durch einen Abschlussprüfer befreit werden. Daraus folgt im Umkehrschluss aber auch, dass der Jahresabschluss selbst trotz Liquidation der Kapitalgesellschaft aufzustellen und dann auch einzureichen ist. Anderes würde nur dann gelten, wenn die Beschwerdeführerin aus dem Handelsregister gelöscht worden wäre. Dies ist jedoch nach dem aktuellen Handelsregister vom heutigen Tag aus dem elektronischen Handelsregister nicht der Fall.

Es besteht im Hinblick auf die bis zum Erlass der angefochtenen  Ordnungsgeldentscheidung nicht vorgenommene Einreichung der Unterlagen aber auch kein Anlass, eine Herabsetzung des Ordnungsgeldes vorzunehmen. Insbesondere liegen die Voraussetzungen nach § 335 Abs. 3 S. 5 HGB, wonach bei geringfügiger Überschreitung der 6-Wochen-Frist ab Zustellung der Androhung von Ordnungsgeld eine Herabsetzung möglich ist, nicht vor. Nach Sinn und Zweck der Norm, die einerseits von Sanktionscharakter getragen ist und sich dabei andererseits am Maß des Verschuldens orientiert  (BT-Drucks. 16/2781 S. 82 f.), kann deswegen nur in Fällen einer Überschreitung von wenigen Tagen, höchstens aber einer Woche, eine Herabsetzung überhaupt in Betracht kommen. Insofern ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die eigentliche Pflichtverletzung bereits in der Nichteinreichung der zu veröffentlichen Daten bis zum 31.12. des Vorjahres liegt.

Die betragsmäßig am untersten Rand liegende Festsetzung des Ordnungsgeldes berücksichtigt auch das Verschulden der Beschwerdeführerin in angemessener Weise.

Ein Erlass oder eine Minderung des festgesetzten Ordnungsgeldes aus sonstigen Billigkeitsgründen ist gesetzlich nicht vorgesehen. Unternehmen haben sich auf die Erfüllung ihrer gesetzlichen Verpflichtungen, ggf. durch entsprechende organisatorische Maßnahmen, einzustellen. Die Folgen der Nichterfüllung sind ihnen bekannt; sie ergeben sich aus dem Gesetz. Insoweit ist auch dem Beschwerdegericht kein weitergehenderes Ermessen eingeräumt. Ein solches ist bezogen auf eine Herabsetzung des Ordnungsgeldes in § 335 Abs.3 S.5 HGB vom Gesetzgeber lediglich für den Fall vorgesehen, dass die Sechswochenfrist geringfügig überschritten wird. Eine Möglichkeit zur Herabsetzung aus anderen Billigkeitsgründen ergibt sich insbesondere nicht aus § 135 Abs.2 S.2 FGG. Zwar nimmt § 335 Abs.2 HGB Bezug auf diese Vorschrift. Aus dem Umstand, dass die entsprechende Anwendbarkeit des § 135 Abs.2 S.2 FGG jedoch nur „nach Maßgabe der nachfolgenden Absätze" des § 335 Abs.2 HGB, also der Regelungen in § 335 Abs.3 - 6 HGB erfolgen soll, ist zu folgern, dass es sich bei diesen Regelungen, also u.a. auch  335 Abs.3 S.5 HGB, um eine hinsichtlich der Möglichkeit der Herabsetzung des Ordnungsgeldes abschließende Spezialnorm handelt, die die Tatbestandsvoraussetzungen des § 135 Abs.2 S.2 FGG abschließend regelt. Diese enge Auslegung entspricht auch dem Normzweck der ordnungsgeldbewehrten Offenlegungsvorschriften.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (§ 335 Abs. 5 S. 5 HGB).

Wert des Beschwerdegegenstandes: 2.500,00 Euro.

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