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Arbeitsrecht
27.06.2013
Arbeitsrecht
BAG: Verschleiertes Arbeitseinkommen - Freigabe aus der Masse

BAG, Urteil vom 16.5.2013 - 6 AZR 556/11


Leitsatz


1. Der pfändbare Teil des verschleierten Arbeitseinkommens unterfällt gemäß § 36 Abs. 1 Satz 2 InsO dem Massebeschlag. Deshalb wird die zukünftige Wirkung eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses gemäß § 114 Abs. 3 InsO für die Zwecke und die Dauer des Insolvenzverfahrens durchbrochen. Insoweit wird der Prioritätsgrundsatz des § 804 Abs. 3 ZPO durch das Prinzip der Gläubigergleichbehandlung ersetzt.


2. Der in einem Rechtsstreit vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits erreichte Prozesserfolg kann dadurch gesichert werden, dass der Treuhänder das verschleierte Arbeitseinkommen eines Schuldners aus dem Massebeschlag zugunsten eines Gläubigers freigibt und dieser sich verpflichtet, das beigetriebene verschleierte Arbeitseinkommen an die Insolvenzmasse abzuführen (modifizierte Freigabe). Eine solche Freigabeerklärung wirkt allerdings nur für die Zukunft.


Sachverhalt


Die Parteien streiten noch über Zahlungsansprüche aus verschleiertem Arbeitseinkommen für die Zeit nach Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners.


Die Klägerin ist als Franchisegeberin Betreiberin von deutschlandweit vertretenen Lebensmitteleinzelhandelsgeschäften. Der Beklagte betrieb als eingetragener Kaufmann einen Lebensmitteleinzelhandel im Marktsegment der Klägerin. Der Schuldner, sein Vater, war bei ihm als Arbeitnehmer tätig. Am 25. Februar 2010 errichtete der Beklagte die O GmbH, deren einziger Gesellschafter er ist. Zugleich gliederte er das von ihm bisher unter der Firma A e. K. betriebene Unternehmen in die neu gegründete GmbH aus und übertrug alle Aktiva und Passiva des Unternehmens auf die neu gegründete GmbH. Sämtliche beim einzelkaufmännischen Unternehmen bestehenden Arbeitsverhältnisse gingen auf die neu gegründete Gesellschaft über. Die Ausgliederung wurde am 25. Februar 2010 notariell beurkundet, am 9. April 2010 ins Handelsregister eingetragen und am 16. April 2010 im gemeinsamen Registerportal der Länder bekannt gemacht. Die O GmbH wurde am 9. April 2010 in das Handelsregister eingetragen. Die Firma des Beklagten ist erloschen, was ebenfalls am 9. April 2010 im Handelsregister eingetragen wurde.


Der Schuldner verpflichtete sich in einem am 20. November 2007 geschlossenen gerichtlichen Vergleich, an die Klägerin 175.000,00 Euro in Raten zu zahlen. Er zahlte lediglich eine Monatsrate. Daraufhin erwirkte die Klägerin einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss, der dem Beklagten am 3. Juli 2008 zugestellt wurde. Dadurch wurden die Ansprüche des Schuldners gegen A e. K., Inhaber A, auf Zahlung des gesamten Arbeitseinkommens einschließlich in Höhe einer angemessenen Vergütung nach § 850h Abs. 2 ZPO sowie künftig fällig werdende Ansprüche bis zur vollständigen Befriedigung der Ansprüche der Klägerin gepfändet und der Klägerin zur Einziehung überwiesen.


Mit der am 28. September 2009 beim Arbeitsgericht Pforzheim eingegangenen Klage nimmt die Klägerin den Beklagten auf Zahlung des pfändbaren Teils des verschleierten Arbeitseinkommens und Schadensersatz in Anspruch. Zwischen den Parteien ist nicht mehr streitbefangen, dass der Beklagte der Klägerin Ersatz der ihr für den Einsatz von Detektiven zur Ermittlung des fiktiven Arbeitseinkommens des Schuldners entstandenen Aufwendungen von 2.986,50 Euro schuldet. Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts übt der Schuldner für den Beklagten eine Vollzeittätigkeit aus, für die ein Tarifentgelt der Gruppe V des Tarifvertrags über Gehälter, Löhne, Ausbildungsvergütung und Sozialzulagen für die Arbeitnehmer und Auszubildenden des Einzelhandels in Baden-Württemberg vom 10. Juli 2008 bzw. 3. Juli 2009 zugrunde zu legen ist. Aus dieser angemessenen Vergütung errechnete sich für die Zeit von Juli 2008 bis 30. Juni 2010 ein pfändbarer Betrag von 13.682,60 Euro. Darüber streiten die Parteien in der Revision nicht mehr. Nach den ebenfalls nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ist für die Zeit ab dem 1. Juli 2010 das fiktive Arbeitseinkommen des Schuldners so hoch, dass zumindest der von der Klägerin geforderte Betrag von monatlich 612,40 Euro pfändbar wäre.


Während des Berufungsverfahrens wurde am 10. Juni 2010 das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners eröffnet und Frau Dipl.-Rpfl. S zur Treuhänderin bestellt. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht vom 4. November 2010 hat die Klägerin hilfsweise Zahlung an die Treuhänderin beantragt.


Das Arbeitsgericht hat den Beklagten zur Zahlung von 8.181,60 Euro für die Zeit von Juli 2008 bis einschließlich August 2009, zur monatlichen Zahlung von 612,40 Euro ab September 2009 bis zu einem Gesamtbetrag von 135.000,00 Euro sowie zum Ersatz der Detektivkosten von 2.986,50 Euro verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Beklagten das Urteil des Arbeitsgerichts teilweise abgeändert. Es hat den Beklagten verurteilt, an die Klägerin 13.682,60 Euro für die Zeit von Juli 2008 bis 30. Juni 2010 zu zahlen. Die Verurteilung zum Ersatz der Detektivkosten hat es bestätigt und die Berufung des Beklagten insoweit zurückgewiesen. Hinsichtlich der ab dem 1. Juli 2010 fällig werdenden Beträge hat das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen; es hat angenommen, die Pfändung des verschleierten Arbeitseinkommens habe nach § 114 Abs. 3 InsO für die Zeit ab dem 1. Juli 2010 ihre Wirkung verloren. Der Hilfsantrag sei unzulässig. Die Klägerin habe nicht behauptet, von der Treuhänderin zur gerichtlichen Geltendmachung im eigenen Namen ermächtigt worden zu sein.


Die Parteien streiten in der Revision nur noch darüber, ob die Klägerin ungeachtet der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners weiter aus dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vollstrecken kann.


Die Klägerin vertritt insoweit die Auffassung, § 114 Abs. 3 Satz 1 InsO finde weder unmittelbar noch analog Anwendung auf verschleiertes Arbeitseinkommen. Anderenfalls werde der Prioritätsgrundsatz verletzt. Der unredliche Schuldner, der sein Arbeitseinkommen verschleiere und dem deshalb die Restschuldbefreiung zu versagen sei, werde von § 114 InsO nicht geschützt.


Jedenfalls sei sie aufgrund der nach Verkündung des Urteils des Landesarbeitsgerichts mit der Treuhänderin geschlossenen Vereinbarung vom 31. März 2011 über eine gewillkürte Prozessstandschaft ermächtigt, etwaig aufgrund des Eröffnungsbeschlusses vom 10. Juni 2010 bestehende Ansprüche der Treuhänderin gegen den Beklagten auf Zahlung einer angemessenen Vergütung nach § 850h Abs. 2 ZPO für den Zeitraum ab dem 1. Juli 2010 im eigenen Namen gerichtlich geltend zu machen.


Die Klägerin beantragt - soweit für die Revision von Bedeutung -:


Der Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin weitere 2.449,60 Euro sowie ab November 2010 jeweils am 1. des Folgemonats monatlich weitere 612,40 Euro zu zahlen, so lange, bis ein Gesamtbetrag von 128.876,00 Euro erreicht ist.


Hilfsweise:


Der Beklagte wird weiter verurteilt, für den Zeitraum ab Juli 2010 an die Treuhänderin Frau S 2.449,60 Euro sowie ab November 2010 jeweils am 1. des Folgemonats monatlich weitere 612,40 Euro zu zahlen, so lange, bis ein Gesamtbetrag von 128.876,00 Euro erreicht ist.


Der Beklagte vertritt zur Begründung seines Antrags auf Zurückweisung der Revision die Ansicht, § 114 InsO erfasse Bezüge aus einem Dienstverhältnis. Dazu gehöre auch verschleiertes Arbeitseinkommen.


Der Senat hat mit Schreiben vom 5. Februar 2013 darauf hingewiesen, dass der Hilfsantrag den gesetzlichen Anforderungen an Form und Frist einer Anschlussberufung nicht genüge. Darauf hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 20. Februar 2013 eine Erklärung der Treuhänderin vom 18. Februar 2013 vorgelegt, mit der sie sämtliche Ansprüche aus Arbeitseinkommen (§ 850h Abs. 2 ZPO) gegen den Beklagten bzw. die O GmbH für die Zeit ab dem 1. Juli 2010 und fortlaufend aus dem Massebeschlag freigibt. Die Klägerin vertritt die Auffassung, durch diese Erklärung sei der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss jedenfalls wieder wirksam geworden, sodass dem Hauptantrag stattzugeben sei.


Der Beklagte hat insoweit darauf hingewiesen, die Klägerin habe sich verpflichtet, sämtliche Ansprüche, die sie vom Beklagten für die Zeit ab dem 1. Juli 2010 beitreiben könne, an die Treuhänderin abzuführen. Dies hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 21. Februar 2013 unstreitig gestellt. Die Klägerin sei allerdings berechtigt, vorab die ihr entstandenen Kosten abzusetzen.


Der Beklagte hat die Ansicht vertreten, der Beschluss über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom 10. Juni 2010 verdränge den am 3. Juli 2008 zugestellten Pfändungs- und Überweisungsbeschluss. Insoweit gelte der Prioritätsgrundsatz nicht. Der Anspruch stehe seit dem 1. Juli 2010 nur noch der Treuhänderin zu. Selbst bei einer Freigabe sei § 89 InsO zu beachten. Zu dem in dieser Vorschrift genannten sonstigen Vermögen gehörten auch die vom Insolvenzverwalter aus dem Massebeschlag freigegebenen Gegenstände. Im Übrigen, so der Beklagte, sei die Freigabe nur dem Schuldner und der Klägerin, nicht aber auch ihm übersandt worden.


Aus den Gründen


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Die Revision hat teilweise Erfolg. Der Beklagte muss aufgrund der Freigabeerklärung der Treuhänderin vom 18. Februar 2013 seit dem 20. Februar 2013 bis zum Ablauf des Nachhaftungszeitraums nach § 157 Abs. 1 Satz 1 UmwG, dh. bis zum 16. April 2015, den pfändbaren Teil des verschleierten Arbeitseinkommens des Schuldners aus dessen Arbeitsverhältnis mit der O GmbH von monatlich 612,40 Euro an die Klägerin zahlen, solange die Voraussetzungen der §§ 832, 833 ZPO erfüllt sind. Insoweit war das Urteil des Landesarbeitsgerichts aufzuheben und das des Arbeitsgerichts wieder herzustellen. Weiter gehende Ansprüche der Klägerin bestehen gegen den Beklagten für die Zeit nach dem 1. Juli 2010 nicht. Der Beklagte muss auch keine Zahlungen an die Treuhänderin aufgrund der Vereinbarung einer gewillkürten Prozessstandschaft vom 31. März 2011 leisten. Insoweit liegt eine unzulässige Anschlussberufung vor.


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A. Die Klage ist zulässig.


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I. Der Beklagte ist ungeachtet der Ausgliederung des einzelkaufmännischen Unternehmens des Beklagten auf die O GmbH mit Wirkung zum 16. April 2010 weiterhin passivlegitimiert.


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1. Die Ausgliederung hat nicht zu einem Parteiwechsel kraft Gesetzes auf die O GmbH geführt. Diese ist nicht Gesamtrechtsnachfolgerin des einzelkaufmännischen Unternehmens des Beklagten geworden. Allerdings wird in Schrifttum und Rechtsprechung im Zusammenhang mit der Übertragung von Vermögensteilen „als Gesamtheit" im Rahmen einer Spaltung nach § 123 UmwG der Begriff der „partiellen" Gesamtrechtsnachfolge verwendet (vgl. BAG 15. Dezember 2010 - 4 AZR 193/09 - Rn. 18; BFH 7. August 2002 - I R 99/00 - zu II 1 der Gründe mwN, BFHE 199, 489). Damit soll jedoch lediglich zum Ausdruck gebracht werden, dass bei einer Spaltung im Unterschied zur Verschmelzung, bei der § 2 UmwG von einer Übertragung des Vermögens „als Ganzes" spricht, grundsätzlich gerade nicht das gesamte Vermögen eines untergegangenen Rechtsträgers übertragen wird (Semler/Stengel/Stengel UmwG 3. Aufl. § 123 Rn. 6 Fn. 9). Vielmehr ist die Spaltung eine besondere Übertragungsart, die es gestattet, eine allein durch den Parteiwillen zusammengefasste Summe verschiedener Vermögensgegenstände in einem Akt zu übertragen (BGH 6. Dezember 2000 - XII ZR 219/98 - zu 3 der Gründe). Welche Vermögensteile nach einer Ausgliederung welchem Rechtsträger zuzuordnen sind, ergibt sich nicht unmittelbar aus dem Gesetz, sondern hängt von der jeweiligen rechtsgeschäftlichen Erklärung der Beteiligten ab (BAG 15. Dezember 2010 - 4 AZR 193/09 - Rn. 18). Bei der Spaltung kommt es deshalb materiell-rechtlich nicht zu einer Gesamtrechtsnachfolge, sondern zu einer Sonderrechtsnachfolge (BFH 5. November 2009 - IV R 29/08 - Rn. 20, BFHE 226, 492 unter Hinweis auf BGH 25. Januar 2008 - V ZR 79/07 - Rn. 14, BGHZ 175, 123). Die O GmbH hätte nur im Wege der Parteierweiterung, des gewillkürten Parteiwechsels oder der Streitverkündung in den Prozess einbezogen werden können (Düwell NZA 2012, 761, 763).


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2. Der Beklagte haftet gemäß § 156 UmwG weiter für die von der O GmbH übernommenen Verbindlichkeiten. Dies begründet seine Passivlegitimation (vgl. Semler/Stengel/Maier-Reimer/Seulen UmwG 3. Aufl. § 133 Rn. 63; Düwell NZA 2012, 761, 763).


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a) Nach dem Wortlaut des § 123 Abs. 3 UmwG kann der übertragende Rechtsträger aus seinem Vermögen „einen Teil oder mehrere Teile" ausgliedern. Ungeachtet dieser Formulierung kann auch das gesamte Vermögen des Rechtsträgers ausgegliedert werden (Totalausgliederung). Der übertragende Rechtsträger wird dann im Ergebnis durch die in § 123 Abs. 3 UmwG als Gegenleistung für die Übertragung des ausgegliederten Vermögens zwingend vorgesehene Gewährung von Anteilen oder Mitgliedschaften am übernehmenden Rechtsträger zur Holding (OLG Hamm 4. März 2010 - I-2 U 98/09, 2 U 98/09 - zu B I 2 b der Gründe; ohne Problematisierung von der Zulässigkeit der Totalausgliederung ausgehend BFH 7. August 2002 - I R 99/00 - BFHE 199, 489; Hörtnagl in Schmitt/Hörtnagl/Stratz UmwG/UmwStG 5. Aufl. § 123 UmwG Rn. 22; Teichmann in Lutter UmwG 4. Aufl. § 123 Rn. 25). § 155 Satz 1 UmwG, der das Erlöschen der Firma des Einzelkaufmanns anordnet, wenn die Ausgliederung das gesamte Unternehmen des Einzelkaufmanns erfasst, erkennt die Totalausgliederung für diesen Sonderfall ausdrücklich an.


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b) Ungeachtet des Erlöschens der einzelkaufmännischen Firma haftet der Beklagte gemäß §§ 156 f. UmwG im Außenverhältnis für die übertragenen Verbindlichkeiten im Wege der Mithaftung weiter. Zu diesen Verbindlichkeiten gehört auch der seit dem 1. Juli 2010 fällig gewordene und noch fällig werdende pfändbare Teil des verschleierten Arbeitseinkommens des Schuldners aus dem Arbeitsverhältnis mit der O GmbH.


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aa) § 133 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 UmwG ordnet allgemein die gesamtschuldnerische Haftung von übertragendem und übernehmendem Rechtsträger für die vor Wirksamwerden der Spaltung begründeten Verbindlichkeiten an. Für die Haftung des Einzelkaufmanns wird diese allgemeine Haftungsanordnung durch §§ 156 f. UmwG als leges speciales verdrängt, soweit der Regelungsgehalt der Vorschriften übereinstimmt (Semler/Stengel/Maier-Reimer/Seulen UmwG 3. Aufl. § 156 Rn. 2; Karollus in Lutter UmwG 4. Aufl. § 156 Rn. 2).



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bb) Der Einzelkaufmann haftet nach §§ 156 f. UmwG für die übertragenen Verbindlichkeiten. Der Haftungsumfang bestimmt sich ebenso wie bei § 133 Abs. 1 Satz 1 UmwG danach, ob die übertragene Altverbindlichkeit vor dem Wirksamwerden der Ausgliederung begründet worden ist. Darauf, ob die weiteren Voraussetzungen für die Entstehung der Verbindlichkeit erst danach eingetreten sind, kommt es nicht an (Semler/Stengel/Maier-Reimer/Seulen UmwG 3. Aufl. § 156 Rn. 21 f., § 157 Rn. 6; Karollus in Lutter UmwG 4. Aufl. § 156 Rn. 12). Bei Dauerschuldverhältnissen wie dem Arbeitsverhältnis ist die Rechtsgrundlage für die einzelnen Schuldverpflichtungen bereits in dem Vertrag selbst angelegt. Sie sind mit Abschluss des Arbeitsvertrags begründet iSv. § 156 Satz 1 UmwG, auch wenn die weiteren Voraussetzungen ihres Entstehens erst später erfüllt werden, insbesondere, wenn sie erst später fällig werden (Semler/Stengel/Maier-Reimer/Seulen UmwG § 133 Rn. 21; Hörtnagl in Schmitt/Hörtnagl/Stratz UmwG/UmwStG 5. Aufl. § 133 UmwG Rn. 11; vgl. jeweils für § 160 HGB: BAG 19. Mai 2004 - 5 AZR 405/03 - zu II 1 b aa der Gründe, BAGE 110, 372; BGH 27. September 1999 - II ZR 356/98 - zu III 1 der Gründe, BGHZ 142, 324). Für eine Begrenzung der Nachhaftung auf den Zeitpunkt bis zur ersten Kündigungsmöglichkeit im Sinne der Kündigungstheorie ist seit der gesetzlichen Regelung einer Nachhaftungsbegrenzung von Gesellschaftern durch das Nachhaftungsbegrenzungsgesetz vom 18. März 1994 (NachhBG, BGBl. I S. 560) kein Raum mehr (BGH 27. September 1999 - II ZR 356/98 - zu III 3 der Gründe, aaO).


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II. Der Rechtsstreit ist trotz des von § 155 Satz 1 UmwG angeordneten und am 9. April 2010 im Register eingetragenen Erlöschens der Firma des Beklagten nicht in entsprechender Anwendung des § 239 Abs. 1 ZPO unterbrochen (vgl. dazu beim Untergang juristischer Personen und parteifähiger Personenmehrheiten Zöller/Greger ZPO 29. Aufl. § 239 Rn. 6). Der Beklagte führt den Rechtsstreit unter seinem bürgerlichen Namen weiter (Zöller/Vollkommer aaO § 50 Rn. 26).


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III. Die auf künftige Leistung nach § 259 ZPO gerichtete Klage genügt dem Bestimmtheitserfordernis des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.


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1. Hat der Gläubiger künftiges Arbeitseinkommen gepfändet, kann er diese Pfändung durch Klage auf künftige Leistung auch durchsetzen (vgl. BAG 23. Februar 1983 - 4 AZR 508/81 - BAGE 42, 54, 58). Dies entspricht der Regelung des § 832 ZPO. An dieser Rechtsprechung hat der Vierte Senat des Bundesarbeitsgerichts in seiner Entscheidung vom 9. April 2008 (- 4 AZR 104/07 - Rn. 33) für die besondere Konstellation der Drittschuldnerklage festgehalten. Auch die erforderliche Besorgnis, der Schuldner werde sich der rechtzeitigen Leistung entziehen, ist gegeben. Der Beklagte bestreitet den Anspruch ernsthaft (vgl. BAG 23. Februar 1983 - 4 AZR 508/81 - BAGE 42, 54, 59).


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2. Die Klägerin hat ihren Antrag nicht ausdrücklich auf die Zeit des Fortbestands des Arbeitsverhältnisses zwischen Schuldner und Beklagtem begrenzt. Das war auch nicht erforderlich, weil eine solche Begrenzung bereits von Gesetzes wegen besteht. Die Pfändung einer Forderung kann vollstreckungsrechtliche Wirkungen nur herbeiführen, wenn und solange die Forderung dem Schuldner gegenüber dem Drittschuldner zum Zeitpunkt der Pfändung auch zusteht. Endet das Arbeitsverhältnis des Schuldners mit dem Drittschuldner, wird die Pfändung gegenstandslos, sofern nicht nach § 833 Abs. 2 ZPO ein neues Arbeitsverhältnis mit dem Drittschuldner begründet wird (vgl. BAG 24. März 1993 - 4 AZR 258/92 - BAGE 73, 9).


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B. Die Klage ist für die noch streitbefangene Zeit seit dem 1. Juli 2010 begründet, soweit die Klägerin den Beklagten für die Zeit ab 20. Februar 2013 bis zum Ablauf des Nachhaftungszeitraums am 16. April 2015 auf den pfändbaren Teil des verschleierten Arbeitseinkommens in Anspruch nimmt. Im Übrigen hat sie keinen Erfolg.


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I. Die Ausgliederung auf die O GmbH mit Wirkung zum 16. April 2010 hindert die Klägerin nicht daran, weiterhin (auch) gegen den Beklagten aus dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vorzugehen, soweit und solange dieser gemäß §§ 156 f. UmwG noch bis zum 16. April 2015 für den pfändbaren Teil des verschleierten Arbeitseinkommens des Schuldners mithaftet.


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1. Arbeitgeberin des Schuldners ist seit Wirksamwerden der Ausgliederung des einzelkaufmännischen Unternehmens des Beklagten auf die O GmbH am 16. April 2010 allerdings allein diese Gesellschaft. Die Einkommenspfändung durch den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erfasst mit ihrem bisherigen Rang auch die fiktiven Einkünfte des Schuldners, die er seitdem bei der O GmbH erzielt hat und erzielt. Die Ausgliederung auf die O GmbH, die gemäß Ziff. V der Beurkundung vom 25. Februar 2010 zu einem Betriebsübergang der Arbeitsverhältnisse auf die neu gegründete Gesellschaft geführt hat, hatte keine Änderung des Dienstherrn iSv. § 833 Abs. 1 Satz 2 ZPO zur Folge. Der Betriebsübergang auf die O GmbH stellte keine Neubegründung des Arbeitsverhältnisses iSv. § 833 Abs. 1 Satz 2 ZPO dar. Vielmehr blieb bei Anlegen der erforderlichen wirtschaftlichen Betrachtungsweise die Identität des Arbeitgebers unverändert. Das verschleierte Arbeitseinkommen wurde und wird im Rahmen einer einheitlichen Rechtsbeziehung erzielt, bei der das Arbeitsverhältnis wirtschaftlich gleichbleibend ausgestaltet ist (vgl. Hessisches LAG 22. Juli 1999 - 5 Sa 13/99 -; Stein/Jonas/Brehm ZPO 22. Aufl. § 833 Rn. 3, § 832 Rn. 1; Stöber Forderungspfändung 15. Aufl. Rn. 972).


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2. Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss entfaltet aber seit dem 16. April 2010 nicht nur Wirkung gegen die O GmbH, sondern weiterhin auch gegen den Beklagten, soweit er nach §§ 156 f. UmwG für die Verbindlichkeiten des einzelkaufmännischen Unternehmens und damit auch für den pfändbaren Teil des verschleierten Arbeitseinkommens, das der Schuldner bei der O GmbH erzielt, für die Zeit vom 16. April 2010 bis zum 16. April 2015 mithaftet. Anderenfalls wäre der von §§ 156 f. UmwG bezweckte Gläubigerschutz nicht ausreichend gewährleistet. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll eine Spaltung nicht dazu genutzt werden können, Verbindlichkeiten auf eine nicht ausreichend ausgestattete Gesellschaft zu übertragen und dadurch die Gläubiger zu gefährden. Die gemeinsame Haftung der an der Spaltung beteiligten Rechtsträger im Außenverhältnis soll derartigen Missbräuchen vorbeugen (vgl. BT-Drucks. 12/6699 S. 122; BAG 11. März 2008 - 3 AZR 358/06 - Rn. 38, BAGE 126, 120). Dieses gesetzgeberische Ziel würde verfehlt, wenn die Pfändung von (verschleierten) Entgeltansprüchen nicht auch die Mithaftung des übertragenden Rechtsträgers erfasste und sich der Gläubiger nach einer Ausgliederung allein an den übernehmenden Rechtsträger halten bzw. unter Verlust des Rangs die Ansprüche gegenüber dem mithaftenden Rechtsträger erneut pfänden müsste.


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3. Die Mithaftung des Beklagten ist durch § 157 UmwG auf die Zeit bis zum 16. April 2015 begrenzt.


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a) § 157 Abs. 1 Satz 1 UmwG begrenzt die Nachhaftung des Einzelkaufmanns auf fünf Jahre. Diese Enthaftung gilt auch für Dauerschuldverhältnisse einschließlich von Arbeitsverhältnissen (Semler/Stengel/Maier-Reimer/Seulen UmwG 3. Aufl. § 157 Rn. 10; Karollus in Lutter UmwG 4. Aufl. § 157 Rn. 5). Für alle Ansprüche auf Arbeitsentgelt, sei es auch fiktives nach § 850h Abs. 2 ZPO, die später als fünf Jahre nach dem Ausgliederungsstichtag fällig werden, haftet der übertragende Einzelkaufmann nicht mehr mit. Das gilt auch dann, wenn innerhalb der Fünf-Jahres-Frist ein vollstreckbarer Titel erwirkt worden ist (Semler/Stengel/Maier-Reimer/Seulen aaO § 133 Rn. 94; Karollus in Lutter aaO Rn. 9; K. Schmidt/Schneider BB 2003, 1961, 1964). Bei der Nachhaftung nach § 157 UmwG ist zwischen zwei Enthaftungsgründen zu unterscheiden. Für Verbindlichkeiten, die erst nach Ablauf der Fünf-Jahres-Frist fällig werden, haftet der Einzelkaufmann von vornherein nicht. Diese Enthaftung kann der Gläubiger auch durch einen rechtskräftigen vollstreckungsfähigen Titel nicht verhindern. Für Verbindlichkeiten, die vor Ablauf der Frist fällig werden, ist eine Haftung des Einzelkaufmanns dagegen im Ausgangspunkt gegeben. Macht aber der Gläubiger seine Ansprüche nicht in der nach § 157 Abs. 1 Satz 1 UmwG erforderlichen Weise geltend, wobei im Ergebnis die Klagerhebung innerhalb der Fünf-Jahres-Frist ausreicht, tritt bereits für die im Nachhaftungszeitraum fälligen Ansprüche eine Enthaftung ein (Karollus in Lutter aaO Rn. 6, 11). Das Gesetz verlangt für die Nachhaftung demnach kumulativ die Fälligkeit der Forderung innerhalb der Fünf-Jahres-Frist und die rechtzeitige Einleitung enthaftungshindernder Maßnahmen (K. Schmidt/Schneider aaO; vgl. BT-Drucks. 12/1868 S. 8). Die Verweisung in § 157 Abs. 2 UmwG auf verjährungshemmende und -unterbrechende Vorschriften bezieht sich ausschließlich auf den zweiten Enthaftungsgrund, die Enthaftung mangels rechtzeitiger Maßnahmen des Gläubigers (Semler/Stengel/Maier-Reimer/Seulen aaO § 157 Rn. 11).


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b) In Anwendung dieser Grundsätze haftet der Beklagte noch bis zum 16. April 2015 für den pfändbaren Teil des verschleierten Arbeitseinkommens des Schuldners, das dieser bei der O GmbH erzielt.


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aa) Das Arbeitsverhältnis zwischen dem Beklagten als Einzelkaufmann und dem Schuldner ist vor der Ausgliederung geschlossen worden. Gemäß Ziff. II 2 Buchst. c der Ausgliederungsurkunde sind auf die O GmbH sämtliche Arbeitsverhältnisse und damit die aus diesen erwachsenen Verbindlichkeiten übertragen worden.


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bb) Der Beklagte haftet für jede aus dem Arbeitsverhältnis des Schuldners bis zum Ablauf des Nachhaftungszeitraums resultierende Einzelverbindlichkeit. Zu diesen Einzelverbindlichkeiten gehört auch der pfändbare Teil des verschleierten Arbeitseinkommens des Schuldners bei der O GmbH. Dieses wird Monat für Monat nach Erbringung der geschuldeten Dienste fällig und erst zu diesem Zeitpunkt von der Pfändungswirkung erfasst. Eine Forderungspfändung ist zwar grundsätzlich mit der Zustellung des Beschlusses als bewirkt anzusehen (§ 829 Abs. 3 ZPO). Soweit sich die Pfändung auf eine künftige Entgeltforderung bezieht, wird das Pfandrecht für diese künftige Forderung jedoch erst mit deren Entstehung, dh. nach Erbringung der Dienstleistung, begründet (BAG 17. September 2009 - 6 AZR 369/08 - Rn. 20, BAGE 132, 125). Das gilt auch für das verschleierte Arbeitseinkommen des Schuldners.


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cc) Die Nachhaftungsfrist hat mit dem 16. April 2010, dh. dem Tag, an dem die Eintragung der Ausgliederung in das Register des Amtsgerichts Mannheim im gemeinsamen Registerportal der Länder bekannt gemacht worden ist, zu laufen begonnen (§ 157 Abs. 2 Satz 1, § 125, § 19 Abs. 3 UmwG, § 10 HGB). Sie läuft am Donnerstag, den 16. April 2015, ab (§ 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 Alt. 1 BGB).


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II. Die Treuhänderin hat am 18. Februar 2013 die Ansprüche auf das verschleierte Arbeitseinkommen des Schuldners gegen den Beklagten rückwirkend auf den 1. Juli 2010 aus dem Massebeschlag freigegeben. Die Klägerin kann aufgrund dieser Erklärung, die zur Wiederherstellung der Wirksamkeit des Pfändungspfandrechts geführt hat, den Beklagten für die Zeit vom 20. Februar 2013 bis zum 16. April 2015 auf die Abführung des pfändbaren Teils des verschleierten Arbeitseinkommens des Schuldners aus dem Arbeitsverhältnis mit der O GmbH von monatlich 612,40 Euro (wieder) mithaftend in Anspruch nehmen.


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1. Der in der Zeit seit dem 1. Juli 2010 vom Schuldner erzielte pfändbare Anteil des verschleierten Arbeitseinkommens des Schuldners fiel in den Massebeschlag.


40


a) Entgegen der Annahme der Klägerin gehört auch verschleiertes Arbeitseinkommen iSv. § 850h Abs. 2 ZPO in Höhe des pfändbaren Teils der angemessenen Vergütung zur Insolvenzmasse. Gemäß § 36 Abs. 1 Satz 2 InsO ist ua. § 850h Abs. 2 ZPO entsprechend anwendbar. Damit wird die Masse zugunsten der Gesamtheit der Gläubiger um den pfändbaren Teil des verschleierten Arbeitseinkommens erweitert (vgl. Eickmann in HK-InsO 6. Aufl. § 35 Rn. 17; Keller in HK-InsO § 36 Rn. 51; FK-InsO/Bornemann 7. Aufl. § 36 Rn. 14, 21; Hk-ZV/Meller-Hannich 2. Aufl. § 850h ZPO Rn. 38). Das verschleierte Arbeitseinkommen soll insoweit der Gesamtheit der Gläubiger und nicht nur dem Gläubiger, der das Einkommen gepfändet hat, zugutekommen. Um diese Gleichbehandlung sicherzustellen, wird die zukünftige Wirkung vollstreckungsmäßiger Verfügungen über die Bezüge aus einem Dienstverhältnis für die Zwecke und die Dauer des Insolvenzverfahrens von § 114 Abs. 3 InsO durchbrochen (vgl. BGH 24. März 2011 - IX ZB 217/08 - Rn. 11). Diese Vorschrift begrenzt die zeitliche Wirksamkeit einer im Wege der Zwangsvollstreckung ausgebrachten Pfändung der Bezüge (KPB/Moll InsO Stand Mai 2009 § 114 Rn. 6) und ersetzt den Prioritätsgrundsatz des § 804 Abs. 3 ZPO durch das Prinzip der Gläubigergleichbehandlung (vgl. für § 89 InsO Helwich NZI 2000, 460, 461; vgl. BAG 17. September 2009 - 6 AZR 369/08 - Rn. 20 f., BAGE 132, 125). Abweichend von § 91 InsO lässt § 114 Abs. 3 InsO zwar die Einziehung des verschleierten Arbeitseinkommens durch den Lohnpfändungsgläubiger noch für den Monat zu, in dem das Insolvenzverfahren eröffnet ist, bzw. - bei Eröffnung nach dem 15. eines Monats - auch noch für den Folgemonat. Insoweit privilegiert diese Bestimmung die durch den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erreichte Sicherung. Nach Ablauf dieses Zeitraums verliert aber die Pfändung des Arbeitseinkommens und damit auch die des pfändbaren Teils des verschleierten Arbeitseinkommens ihre Wirkung (vgl. zu § 114 Abs. 3 InsO allgemein BAG 17. September 2009 - 6 AZR 369/08 - Rn. 16, aaO). Den pfändbaren Teil der angemessenen Vergütung kann nunmehr nur noch der Insolvenzverwalter bzw. Treuhänder vom Arbeitgeber beanspruchen (W. Henckel in Jaeger InsO § 36 Rn. 16; vgl. BAG 12. März 2008 - 10 AZR 148/07 - Rn. 14, 18, BAGE 126, 137).


41


b) Entgegen der Ansicht der Klägerin greift § 114 Abs. 3 InsO auch dann ein, wenn bei einem unredlichen Schuldner keine Restschuldbefreiung erfolgt (KPB/Moll InsO Stand Mai 2009 § 114 Rn. 10).


42


2. Durch die unstreitige Erklärung vom 18. Februar 2013 hat die Treuhänderin die Ansprüche der Klägerin aus dem verschleierte Arbeitseinkommen des Schuldners gegen die O GmbH rückwirkend ab dem 1. Juli 2010 aus dem Massebeschlag freigegeben, was der Senat zu berücksichtigen hat (vgl. BAG 22. Februar 2012 - 4 AZR 579/10 - Rn. 30). Diese Freigabe des verschleierten Arbeitseinkommens entfaltet Wirkung jedoch nur für die Zukunft.


43


a) Die Insolvenzordnung lässt die Freigabe einzelner Vermögensgegenstände durch den Insolvenzverwalter aus dem Insolvenzbeschlag zu (BGH 21. April 2005 - IX ZR 281/03 - Rn. 5 f., BGHZ 163, 32). Für die Verbraucherinsolvenz ergibt sich dies insbesondere aus § 314 InsO als qualifizierte Form der Freigabe (vgl. FK-InsO/Busch 7. Aufl. § 314 Rn. 11 ff.; Braun/Buck InsO 5. Aufl. § 314 Rn. 12).


44


b) Der Insolvenzverwalter hat die ihm zukommende Freigabebefugnis im Interesse der Masse, die der Gesamtheit der Gläubiger zugutekommen soll, auszuüben. Ein rechtlich schutzwürdiges Bedürfnis, dem Verwalter die Möglichkeit der Freigabe einzuräumen, besteht regelmäßig dort, wo zur Masse Gegenstände gehören, die wertlos sind oder Kosten verursachen, welche den zu erwartenden Veräußerungserlös möglicherweise übersteigen (BGH 1. Februar 2007 - IX ZR 178/05 - Rn. 16).


45


c) Eine Freigabebefugnis besteht auch in der hier vorliegenden Konstellation.


46


aa) Allerdings hat die Treuhänderin das verschleierte Arbeitseinkommen nicht im Wege der sog. echten Freigabe in die freie Verfügungsgewalt des Schuldners zurückgeführt. Der im Ausgangspunkt zutreffende Hinweis des Beklagten, dass bei einer derartigen Freigabe der freigegebene Gegenstand Teil des sonstigen Vermögens iSv. § 89 Abs. 1 InsO wird und deshalb vom Vollstreckungsverbot erfasst wird (BGH 12. Februar 2009 - IX ZB 112/06 - Rn. 8 ff.), verfängt deshalb nicht.


47


bb) Es liegt vielmehr eine sog. modifizierte Freigabe vor. Die Treuhänderin hat das verschleierte Arbeitseinkommen des Schuldners aus dem Massebeschlag zugunsten der Klägerin als Gläubigerin freigegeben (vgl. zur Freigabe eines Massegegenstands an den Gläubiger zur Verwertung BK-InsO/Amelung/Wagner Stand August 2008 § 35 Rn. 104, 112). Sie hat damit die nur zeitweilige Durchbrechung der Wiederholungswirkung der Pfändung fortlaufender Bezüge durch § 114 Abs. 3 InsO (vgl. BGH 24. März 2011 - IX ZB 217/08 - Rn. 14) beendet und die Zwangsvollstreckung aus dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss durch die Klägerin wieder zugelassen. Zugleich hat sich die Klägerin verpflichtet, das beigetriebene verschleierte Arbeitseinkommen - nach ihrem Vortrag unter Abzug der ihr entstandenen Kosten - an die Insolvenzmasse abzuführen.


48


cc) Vorrangiger Zweck des Insolvenzverfahrens ist es, unter Berücksichtigung der Lage des Schuldners die Forderungen der Gläubiger, die auch im Rahmen der Zwangsvollstreckung als private vermögenswerte Rechte von Art. 14 Abs. 1 GG geschützt sind, bestmöglich zu befriedigen (BVerfG 23. Mai 2006 - 1 BvR 2530/04 - Rn. 34, BVerfGE 116, 1; vgl. BGH 1. Februar 2007 - IX ZR 96/04 - Rn. 22, BGHZ 171, 38). Unter Berücksichtigung dieses Zwecks besteht für die Vorgehensweise der Treuhänderin ein rechtlich schutzwürdiges Bedürfnis. Mit der Erklärung vom 18. Februar 2013 soll der im vorliegenden Rechtsstreit erreichte Prozesserfolg gesichert und der pfändbare Teil des verschleierten Arbeitseinkommens des Schuldners der Masse zur gemeinsamen Befriedigung der Gläubiger zugeführt werden (vgl. für die Ermächtigung des Schuldners, ein massezugehöriges Recht im eigenen Namen geltend zu machen und so die Masse am Erfolg des Rechtsstreits zu beteiligen: BGH 19. März 1987 - III ZR 2/86 - BGHZ 100, 217 mit zustimmender Anm. Uhlenbruck WuB VI B. § 6 KO 2.87 S. 1140). Die Klägerin hat unter Aufwendung nicht unerheblicher Kosten Tatsachen ermittelt, aus denen sich nach rechtskräftiger Feststellung des Landesarbeitsgerichts im streitbefangenen Zeitraum ein pfändbarer Teil des verschleierten Arbeitseinkommens des Schuldner bei der O GmbH von zumindest 612,40 Euro monatlich ergibt. Es ist nicht ausgeschlossen, sondern vielleicht sogar naheliegend, dass der Beklagte im Fall einer Klage der Treuhänderin auf Abführen des verschleierten Arbeitseinkommens die Höhe dieses Einkommens in Abrede stellen wird. Ohnehin würde ein erneuter Prozess die Masse mit Kosten der Rechtsverfolgung belasten. Der erreichte Prozesserfolg lässt sich ohne weitere Belastung der Masse nur sichern, wenn es der Klägerin ermöglicht wird, im Interesse der Masse den anhängigen Rechtsstreit materiell erfolgreich auch für die Zeit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners zu führen. Dies wird durch die Erklärung vom 18. Februar 2013 in Verbindung mit der Verpflichtung der Klägerin, jedenfalls die Beträge, die über die von ihr aufgewandten Kosten hinausgehen, an die Masse abzuführen, für die Zukunft erreicht.


49


dd) Die Freigabeerklärung vom 18. Februar 2013 entfaltet jedoch keine Rückwirkung, sondern wirkt nur für die Zukunft. Die Klägerin hat nicht mitgeteilt, wann ihr die Erklärung zugegangen ist. Sie hat aber das ihr zugegangene Exemplar der Erklärung mit Schriftsatz vom 20. Februar 2013 zur Gerichtsakte gereicht. Spätestens an diesem Tag lag ihr die Erklärung vor.


50


(1) Die Ausübung von Gestaltungsrechten, zu denen auch die Freigabeerklärung gehört (vgl. Uhlenbruck/Hirte 13. Aufl. § 35 InsO Rn. 73), wirkt regelmäßig nur für die Zukunft. Eine Rückwirkung eines solchen, durch einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung ausgeübten Rechts auf einen Zeitpunkt vor Zugang der Erklärung würde nicht nur zu praktischen Schwierigkeiten bei der Rückabwicklung vollzogener Rechtsverhältnisse führen, sondern auch den Grundsätzen rechtlicher Klarheit widersprechen (vgl. BAG 13. Juli 2006 - 8 AZR 382/05 - Rn. 38). Soll die Ausübung eines Gestaltungsrechts gleichwohl ex-tunc-Wirkung entfalten, ist grundsätzlich eine ausdrückliche gesetzliche Anordnung, wie es etwa im Fall der Anfechtung durch § 142 Abs. 1 BGB geschehen ist, erforderlich (vgl. BFH 19. April 2012 - III R 42/10 - Rn. 9, BFHE 238, 24).


51


(2) Auch unter Berücksichtigung der Zwecke des Insolvenzverfahrens ist für die Freigabeerklärung vom 18. Februar 2013 keine Abweichung von dem allgemeinen Grundsatz des Zukunftsbezugs der Ausübung von Gestaltungsrechten geboten (vgl. zur Möglichkeit der Abweichung von diesem Grundsatz zum Schutz des Ausübungsbefugten BAG 13. Juli 2006 - 8 AZR 382/05 - Rn. 38). Erst mit der wirksamen Erklärung der Freigabe treten ihre Wirkungen ein (vgl. für die echte Freigabe BGH 1. Februar 2007 - IX ZR 178/05 - Rn. 18). Die Freigabe wirkt nur für die Zukunft (Uhlenbruck/Hirte 13. Aufl. § 35 InsO Rn. 82). Auch für den Fall der Pauschalfreigabe der selbstständigen Tätigkeit des Schuldners nach § 35 Abs. 2, Abs. 3 InsO, der über die Verweisung in § 35 Abs. 2 Satz 2 InsO auf § 295 Abs. 2 InsO zur Folge hat, dass der Schuldner zum Schutz der Gläubigerinteressen eine Ausgleichszahlung in Höhe des pfändbaren Teils des fiktiven Nettoeinkommens einer abhängigen Tätigkeit an die Masse abzuführen hat (Landfermann in HK-InsO 6. Aufl. § 295 Rn. 9), ist anerkannt, dass die Wirkungen der Pauschalfreigabe ausschließlich ex nunc eintreten (vgl. LAG Schleswig-Holstein 27. Mai 2010 - 1 Sa 427 b/09 - Rn. 32; Eickmann in HK-InsO § 35 Rn. 55; Uhlenbruck/Hirte aaO Rn. 99; Chr. Berger ZInsO 2008, 1101, 1106).


52


ee) Dem Beklagten als Drittschuldner gegenüber musste die Freigabe entgegen der von ihm vertretenen Ansicht nicht erklärt werden. Ohnehin hat der Beklagte, wie sich aus seinem Schriftsatz vom 20. Februar 2013 ergibt, noch am selben Tag die als Anlage dem Schriftsatz der Klägerin vom 20. Februar 2013 beigefügte Erklärung über seinen Prozessbevollmächtigten zur Kenntnis genommen.


53


3. Die Klägerin kann aufgrund der Freigabeerklärung vom 18. Februar 2013 seit dem 20. Februar 2013 wieder aus dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss gegen den Beklagten vollstrecken. Der von der Klägerin erwirkte Pfändungs- und Überweisungsbeschluss ist durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens, die die Wirkung eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses hatte (BAG 12. März 2008 - 10 AZR 148/07 - Rn. 18, BAGE 126, 137), entgegen der Auffassung des Beklagten nicht verdrängt worden. Die von § 114 Abs. 3 InsO angeordnete befristete Wirksamkeit von Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen für die Zeit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens führt nach Ablauf dieser Frist nicht zur Unwirksamkeit der darin enthaltenen Vollstreckungsanordnung. § 114 Abs. 3 InsO zwingt den Pfändungspfandgläubiger nicht, den vom ersten Pfändungsbeschlag begründeten Zeitrang seines Rechts aufzuopfern, sondern beschränkt seine durch die Zwangsvollstreckung erreichte Rechtsposition nur, soweit und solange die Zwecke des Insolvenzverfahrens dies rechtfertigen (BGH 24. März 2011 - IX ZB 217/08 - Rn. 13 f.). Durch die Freigabeerklärung ist mit Wirkung ab 20. Februar 2013 die zeitweilige Durchbrechung der Wiederholungswirkung der Pfändung des verschleierten Arbeitseinkommens des Schuldners beendet. Die Klägerin kann seitdem mit dem durch den am 3. Juli 2008 zugestellten Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erreichten Rang bis zum Ablauf der Nachhaftungsgrenze des § 157 UmwG wieder die Zwangsvollstreckung betreiben.


54


III. Mit Ablauf des Nachhaftungszeitraums am 16. April 2015 kann die Klägerin gegen den Beklagten nicht mehr aus dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vollstrecken. Das Urteil im vorliegenden Rechtsstreit hat auch keine rechtskrafterstreckende Wirkung gemäß § 265 Abs. 2, § 325 Abs. 1 ZPO auf die O GmbH.


55


1. Ein Anwendungsfall des § 265 Abs. 2 ZPO liegt nicht vor, weil die Sachlegitimation des Beklagten nicht entfallen ist (vgl. Rosenberg/Schwab/Gottwald Zivilprozessrecht 17. Aufl. § 100 Rn. 3). Die O GmbH hat im Zusammenhang mit der Ausgliederung nach § 123 Abs. 3 Nr. 2 UmwG eine gegen den Beklagten bereits rechtshängige Verbindlichkeit aus dem Arbeitsverhältnis mit dem Schuldner übernommen. Dies hat nach §§ 156 f. UmwG eine auf den Nachwirkungszeitraum des § 157 Abs. 1 UmwG befristete kumulative Haftung des übertragenden Einzelkaufmanns und des übernehmenden Rechtsträgers zur Folge. Wie ausgeführt, haften der Beklagte und die O GmbH aufgrund dieser Rechtslage als Gesamtschuldner. Insoweit entspricht die Rechtslage der einer Schuldübernahme durch Einzelübertragung (vgl. BGH 6. Dezember 2000 - XII ZR 219/98 - zu 3 der Gründe). Bei einer solchen Schuldübernahme kommt ein Eintreten des übernehmenden Rechtsträgers im Wege der Rechtsnachfolge nicht in Betracht. Gemäß § 425 Abs. 2 BGB wirken rechtskräftige Urteile nur für und gegen den Gesamtschuldner, gegen den sie erstritten werden. Aus § 325 Abs. 1 ZPO folgt nichts anderes. Eine kumulative Haftung wie die durch §§ 156 f. UmwG begründete ist keine Rechtsnachfolge iSd. § 325 ZPO, wenn sie - wie hier - im anhängigen Rechtsstreit begründet wird und der übernehmende Rechtsträger nicht an Stelle des bisherigen Alleinschuldners, sondern neben ihm haftet. Für eine Rechtskrafterstreckung zulasten des am Prozess nicht beteiligten Mitschuldners ist in dieser Konstellation kein Raum. Dies folgt im Umkehrschluss aus § 729 ZPO (BGH 8. Mai 1989 - II ZR 237/88 -; 18. Dezember 1956 - VIII ZR 26/56 -; Stöber NZG 2006, 574, 575).


56


2. Auch eine Rechtskrafterstreckung unter analoger Anwendung der §§ 265, 325 Abs. 1 ZPO scheidet aus. Eine positiv festzustellende Gesetzeslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes als Voraussetzung für eine Analogie liegt nicht vor (vgl. zu diesem Erfordernis einer Analogie BAG 29. September 2004 - 1 ABR 39/03 - BAGE 112, 100; BGH 13. April 2006 - IX ZR 22/05 - BGHZ 167, 178).


57


a) § 265 Abs. 2 ZPO soll verhindern, dass der Ablauf eines Prozesses durch Verfügungen einer Partei über den streitbefangenen Anspruch beeinträchtigt wird. Diese Vorschrift stellt sicher, dass sich die Partei nicht durch Abtretung oder Veräußerung ihrer Sachlegitimation begeben kann und so den Prozessgegner, der die Veränderung der materiellen Rechtslage nicht beeinflussen kann, um die bisherigen Prozessergebnisse bringt. Darüber hinaus wird ganz allgemein das beiderseitige Interesse der Parteien daran, den Prozess mit der Partei zu Ende zu führen, mit der er begonnen wurde, geschützt (BGH 13. März 1997 - I ZR 215/94 - zu III 1 b der Gründe). § 265 Abs. 2 ZPO zwingt daher für den Fall, dass sich die subjektive Rechtskraft des Urteils auf den Rechtsnachfolger erstreckt, den Rechtsvorgänger zur Fortführung des Prozesses in subjektiver Prozessstandschaft (Zöller/Greger ZPO 29. Aufl. § 265 Rn. 1).


58


b) Ausgehend von diesem Regelungszweck ist eine analoge Anwendung des § 265 Abs. 2 ZPO in der vorliegenden Konstellation nicht erforderlich, um die Interessen der Klägerin zu schützen.


59


aa) Der Beklagte hat ungeachtet der Totalausgliederung auf die O GmbH, wie ausgeführt, die Passivlegitimation für den vom Gesetzgeber für angemessen erachteten Nachhaftungszeitraum nicht verloren. Der Beklagte setzt den Prozess deshalb nicht in subjektiver Prozessstandschaft für die O GmbH, sondern im Eigeninteresse fort, um sich von der im Außenverhältnis weiter bestehenden Haftung gegenüber der Klägerin freizuzeichnen. Der Prozesserfolg für die Klägerin ist jedenfalls für den Nachhaftungszeitraum gesichert. Die Klägerin kann den Prozess mit der von ihr verklagten Partei zu Ende führen. Für die Zeit nach Ablauf des Nachhaftungszeitraums hätte sie ihre Interessen durch Streitverkündung an die O GmbH oder eine Parteierweiterung auf diese, die sachdienlich gewesen wäre (vgl. Bork/Jacoby ZHR 167 [2003], 440, 453 f.), wahren können. § 265 Abs. 2 ZPO ist damit, gemessen an seiner eigenen Regelungsabsicht, in der vorliegenden Konstellation nicht unvollständig (iE ebenso BGH 6. Dezember 2000 - XII ZR 219/98 - zu 3 der Gründe; Bork/Jacoby aaO; Stöber NZG 2006, 574, 575 f.; Düwell NZA 2012, 761, 764; Stein/Jonas/Roth ZPO 22. Aufl. § 265 Rn. 5; Zöller/Greger ZPO 29. Aufl. § 265 Rn. 5a).


60


bb) Soweit die Gegenansicht (Teichmann in Lutter UmwG 4. Aufl. § 131 Rn. 64; Schwab in Lutter UmwG § 133 Rn. 162; Hörtnagl in Schmitt/Hörtnagl/Stratz UmwG/UmwStG 5. Aufl. § 131 UmwG Rn. 90; Semler/Stengel/Maier-Reimer/Seulen UmwG 3. Aufl. § 133 Rn. 62 f.) wegen der mit den vom Gesetz eröffneten prozessualen Möglichkeiten verbundenen Kosten und Erschwernisse § 265 Abs. 2 ZPO analog anwenden will (ausführlich Schwab in Lutter UmwG aaO), nimmt das Gesetz diese in Kauf. Mit derselben Begründung wäre in allen Fällen eines Schuldbeitritts oder einer Schuldübernahme § 265 Abs. 2 ZPO analog anzuwenden. Dies wird - soweit ersichtlich - auch von der Gegenansicht nicht befürwortet.


61


cc) Darüber hinaus besteht - folgt man der Gegenansicht - das Risiko, dass die Klägerin aus dem gegen den Beklagten erstrittenen Titel entgegen der materiellen Rechtslage auch nach Ablauf des Nachhaftungszeitraums weiter vollstreckt. Bei einer entsprechenden Anwendung der §§ 265, 325 Abs. 1 ZPO ist es nicht gewährleistet, dass die Klägerin die ihr durch §§ 727, 731 ZPO eröffnete Möglichkeit, sich einen Titel gegen die O GmbH zu beschaffen, auch tatsächlich nutzt. Der Beklagte wäre in einem solchen Fall gezwungen, einen neuen Rechtsstreit zur Abwehr der Vollstreckung zu führen, wobei dies prozessual auf nicht unerhebliche Schwierigkeiten stoßen dürfte (zu den bei einer Vollstreckungsgegenklage wegen § 767 Abs. 2 ZPO entstehenden Schwierigkeiten Leipold Anm. AP ZPO § 325 Nr. 1). Wird die Änderung der materiell-rechtlichen Lage, die mit Ablauf des Nachhaftungszeitraums eintritt, bereits im anhängigen Rechtsstreit beachtet, kommt es zu derartigen prozessualen Schwierigkeiten, die im Übrigen ebenfalls Kosten verursachen, nicht (BGH 12. Juli 1973 - VII ZR 170/71 - zu III 2 c der Gründe, BGHZ 61, 140; Leipold Anm. aaO; aA wohl Semler/Stengel/Maier-Reimer/Seulen UmwG 3. Aufl. § 133 Rn. 63, die in Fn. 201 die aus der weiter bestehenden Vollstreckungsmöglichkeit entstehenden Schwierigkeiten als „rechtlich unbedenklich" ansehen).


62


c) Allerdings geht das Bundesarbeitsgericht in ständiger Rechtsprechung von einer Rechtskrafterstreckung der Entscheidung im Kündigungsschutzprozess auf den Erwerber, der nach § 613a BGB den Betrieb während des Rechtsstreits übernommen hat, in analoger Anwendung der §§ 265, 325 Abs. 1 ZPO aus. Der Erwerber muss ein stattgebendes Feststellungsurteil gegen sich gelten lassen (seit BAG 15. Dezember 1976 - 5 AZR 600/75 -). Diese Rechtsprechung beruht jedoch auf den Besonderheiten des Arbeitsrechts (vgl. BGH 6. Dezember 2000 - XII ZR 219/98 - zu 3 der Gründe). Der Arbeitnehmer soll davor geschützt werden, sich nach einer Betriebsveräußerung auf einen Prozess mit dem neuen Arbeitgeber einzulassen (BAG 15. Dezember 1976 - 5 AZR 600/75 - zu 1 a der Gründe). Eine derartige Schutzbedürftigkeit besteht bei der Klägerin nicht (auch Düwell NZA 2012, 761, 764 will wohl § 265 Abs. 2 ZPO im Fall einer kumulativen Schuldübernahme aufgrund einer übertragenden Umwandlung nur für den Arbeitnehmer anwenden).


63


IV. Der Beklagte ist auch nicht auf den Hilfsantrag zu verurteilen, den pfändbaren Teil des verschleierten Arbeitseinkommens an die Treuhänderin zu zahlen.


64


1. Für die Zeit seit dem 20. Februar 2013 ist die Vereinbarung einer gewillkürten Prozessstandschaft vom 31. März 2011 durch die Freigabeerklärung vom 18. Februar 2013 obsolet geworden.


65


2. Für die Zeit vom 1. Juli 2010 bis einschließlich 19. Februar 2013 kann die gewillkürte Prozessstandschaftsvereinbarung bereits aus prozessualen Gründen keine Berücksichtigung finden. Der Hilfsantrag ist als Anschlussberufung zu verstehen. Diese ist jedoch nicht in der nach § 64 Abs. 6 ArbGG, § 524 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 2 iVm. § 519 Abs. 2 und Abs. 4 ZPO erforderlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden und damit unzulässig. Dies hat der Senat von Amts wegen zu prüfen und zu berücksichtigen (BGH 12. März 2009 - VII ZR 26/06 -; zum alten Recht vgl. BAG 28. Oktober 1981 - 4 AZR 251/79 - BAGE 36, 303).


66


a) Die Klägerin begehrt mit dem Hilfsantrag als Berufungsbeklagte Zahlung aus fremdem Recht. Das stellt die Einführung eines neuen Streitgegenstands im Wege der Klageerweiterung dar, die von der nicht beschwerten Berufungsbeklagten nur im Wege einer Anschlussberufung vorgenommen werden konnte. Die Klägerin macht nicht etwa einen Anspruch aus dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss und später aus Abtretung geltend, bei dem es sich um ein und denselben prozessualen Anspruch handelte (BGH 8. Mai 2007 - XI ZR 278/06 - Rn. 18). Die Klägerin verlangt nicht mehr Zahlung an sich selbst, sondern aus fremdem Recht Leistung an die Insolvenzmasse. Sie will das erstinstanzliche Urteil nicht nur verteidigen, sondern durch den Hilfsantrag mehr erreichen als die bloße Bestätigung der erstinstanzlichen Entscheidung über den mit der Klage verfolgten Anspruch. Das ist prozessual nur im Wege der Anschlussberufung möglich (BGH 7. Dezember 2007 - V ZR 210/06 - Rn. 12 f.).


67


b) Die Anschlussberufung ist nicht in der gesetzlichen Form eingelegt. Dazu ist gemäß § 524 Abs. 3 Satz 2, § 519 Abs. 2, Abs. 4 ZPO ein bestimmender Schriftsatz erforderlich. Eine wie hier nur mündlich erfolgte Antragstellung genügt nicht (vgl. BAG 10. März 2009 - 1 ABR 93/07 - Rn. 23, BAGE 130, 1).


68


c) Zudem ist die Anschlussberufung auch nicht in der Frist des § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO eingelegt worden. Die Klägerin hat den Hilfsantrag in der mündlichen Verhandlung vom 4. November 2010 gestellt. Zu diesem Zeitpunkt war die der Klägerin bis zum 20. Juli 2010 gewährte Frist zur Beantwortung der Berufung verstrichen.


69


aa) Die Frist des § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO gilt auch für eine den Streitgegenstand erweiternde oder ändernde Anschlussberufung. § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO soll die Erledigung des Rechtsmittelverfahrens fördern. Die Berücksichtigung eines nach Fristablauf eingeführten neuen Streitgegenstands würde diesem Zweck widersprechen (BGH 7. Dezember 2007 - V ZR 210/06 - Rn. 18, 31).


70


bb) Die Ausnahmeregelung des § 524 Abs. 2 Satz 3 ZPO kommt der Klägerin nicht zugute. Diese Norm erfasst Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse, durch die sich nicht die Höhe der wiederkehrenden Leistungen, sondern die Anspruchsberechtigung ändert, nicht.


71


(1) § 524 Abs. 2 Satz 3 ZPO ist durch das 1. Justizmodernisierungsgesetz vom 24. August 2004 (BGBl. I S. 2198, 2199) in die Zivilprozessordnung eingefügt worden. Der Gesetzgeber hat dabei den Gedanken aufgegriffen, jedenfalls für Unterhaltsfälle, in denen aufgrund geänderter persönlicher und wirtschaftlicher Verhältnisse eine Anpassung des Streitgegenstands in der Berufungsinstanz nicht selten vorkomme, eine gesetzliche Ausnahme von der Einlegungsfrist einzuführen. Er ist dabei nicht stehen geblieben, sondern hat weiter gehend eine gesetzliche Ausnahme von der Einlegungsfrist für alle Anschlussberufungen eingeführt, die eine Verurteilung zukünftig fällig werdender wiederkehrenden Leistungen „gemäß § 323 Abs. 1 ZPO" zum Gegenstand haben. Es entspreche der Prozessökonomie, wesentliche Änderungen der für die Höhe der Leistung maßgebenden Umstände nicht erst im Abänderungsverfahren gemäß § 323 ZPO zu berücksichtigen, sondern den Rechtsstreit zwischen den Parteien im Berufungsverfahren umfassend zu entscheiden. In diesen Fällen sei es gerechtfertigt, eine Belastung des Berufungsverfahrens mit einem neuen Streitgegenstand zuzulassen (BT-Drucks. 15/3482 S. 18).


72


(2) § 524 Abs. 2 Satz 3 ZPO soll demnach im Interesse der Prozessökonomie Abänderungsklagen vermeiden, mit denen aufgrund der Änderung der tatsächlichen Verhältnisse über die Höhe der wiederkehrend zu zahlenden Leistungen gestritten wird. Das ist nicht nur bei den im Gesetzgebungsverfahren ausdrücklich angeführten unterhaltsrechtlichen Streitigkeiten der Fall, sondern zB auch bei Versorgungsleistungen (vgl. BAG 16. März 2010 - 3 AZR 550/08 - Rn. 19).


73


(3) Für eine Konstellation wie die vorliegende treffen die gesetzgeberischen Erwägungen nicht zu. Die Änderung der tatsächlichen Verhältnisse, die die Klägerin zur Stellung des Hilfsantrags auf Zahlung an die Treuhänderin veranlasst hat, hätte in einem Abänderungsverfahren keine Berücksichtigung finden können.


74


(a) Mit der Abänderungsklage nach § 323 ZPO kann der Titel über künftig fällig werdende, wiederkehrende Leistungen an eine nachträglich eingetretene Veränderung der Verhältnisse angepasst werden, die für die Verurteilung maßgebend waren. Es handelt sich um einen prozessualen Anwendungsfall der clausula rebus sic stantibus. Dafür ist eine Identität der Streitgegenstände Voraussetzung (Zöller/Vollkommer ZPO 29. Aufl. § 323 Rn. 28). Im Abänderungsverfahren kann kein neuer Streitgegenstand, für den die Beurteilungskriterien des früheren Titels von vornherein nicht gelten, eingeführt werden (BGH 24. September 1980 - IVb ZR 545/80 - zu I 2 b der Gründe, BGHZ 78, 130).


75


(b) Mit dem Hilfsantrag ist, wie unter B IV 2 a (Rn. 66) ausgeführt, ein neuer Streitgegenstand in den Prozess eingeführt worden. Die Klägerin begehrt damit - inzwischen durch die Vereinbarung vom 31. März 2011 erfasst - in gewillkürter Prozessstandschaft Leistung an einen Dritten. Eine Belastung des Prozesses über wiederkehrende Leistungen nach Ablauf der Anschließungsfrist mit einem derartigen Streitgegenstand ist vom gesetzgeberischen Willen nicht mehr gedeckt.


76


cc) Die Frist zur Berufungserwiderung ist ordnungsgemäß in Lauf gesetzt worden. Der dafür gemäß § 66 Abs. 1 Satz 4 ArbGG erforderliche Hinweis (vgl. dazu BAG 30. Mai 2006 - 1 AZR 111/05 - Rn. 45, BAGE 118, 211) ist mit der am 27. Mai 2010 zugestellten Verfügung des Vorsitzenden der Kammer des Landesarbeitsgerichts vom 14. Mai 2010 erfolgt. Die Klägerin ist darauf hingewiesen worden, dass die Berufung innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden muss (§ 66 Abs. 1 Satz 3 ArbGG). Damit war klargestellt, zu welchem Zeitpunkt die Frist des § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO iVm. § 66 Abs. 1 Satz 3 ArbGG in Gang gesetzt wurde. Dies genügte den an einen ordnungsgemäßen Hinweis zu stellenden Anforderungen. Über die Möglichkeit der Anschließung als solche musste das Landesarbeitsgericht die Klägerin nicht belehren. Die Verfügung war über die gesetzlichen Anforderungen hinaus vom Vorsitzenden unterzeichnet (vgl. BAG 24. Mai 2012 - 2 AZR 124/11 - Rn. 17 ff.).


77


dd) Es kann dahinstehen, ob die Zulassung einer verspäteten Anschlussberufung im Hinblick auf das Gebot der prozessualen Waffengleichheit geboten ist, wenn der Berufungsbeklagte mit der Anschlussberufung auf eine Änderung der Prozesslage reagiert, die erst nach Fristablauf eingetreten ist. Ebenso kann dahinstehen, ob es zur Wahrung des Anspruchs aus Art. 103 Abs. 1 GG geboten sein kann, die verspätete Anschlussberufung zuzulassen, wenn auch ein kundiger und gewissenhafter Berufungsbeklagter bis zum Fristablauf nicht damit rechnen konnte, dass ein ihm günstiges erstinstanzliches Urteil keinen Bestand haben werde und er dem Verlust des Rechtsstreits nur durch eine Anschlussberufung werde begegnen können (ebenfalls offengelassen von BGH 7. Dezember 2007 - V ZR 210/06 - Rn. 26 f.). Der Beklagte hat bereits mit Schriftsatz vom 28. Juni 2010, der laut Abverfügung der Geschäftsstelle am 30. Juni 2010 an den Klägervertreter weitergeleitet worden ist, und damit noch während des bis zum 20. Juli 2010 dauernden Laufs der Anschlussberufungsfrist mitgeteilt, dass über das Vermögen des Schuldners am 10. Juni 2010 das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist. Zugleich hat er den Eröffnungsbeschluss vorgelegt.


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C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.

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