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Arbeitsrecht
07.01.2010
Arbeitsrecht
BAG: Prüfungsmaßstab bei dienstlicher Beurteilung

Gericht: Bundesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 18.08.2009
Aktenzeichen: 9 AZR 617/08
Rechtsgebiete: GG, BGB, ZPO, BG LSA, Richtlinie
Vorschriften:

      GG Art. 3
      GG Art. 19
      GG Art. 33
      BGB § 241
      BGB § 362
      BGB § 611
      ZPO § 253
      ZPO § 559
      ZPO § 563
      ZPO § 888
      BG LSA § 90
      BG LSA § 90d
      Richtlinie "Dienstliche Beurteilung der Beamtinnen und Beamten sowie der Angestellten der Staatskanzlei (des Landes Sachsen-Anhalt) vom 9. Dezember 2004" § 1
      Richtlinie "Dienstliche Beurteilung der Beamtinnen und Beamten sowie der Angestellten der Staatskanzlei (des Landes Sachsen-Anhalt) vom 9. Dezember 2004" § 2
      Richtlinie "Dienstliche Beurteilung der Beamtinnen und Beamten sowie der Angestellten der Staatskanzlei (des Landes Sachsen-Anhalt) vom 9. Dezember 2004" § 3
      Richtlinie "Dienstliche Beurteilung der Beamtinnen und Beamten sowie der Angestellten der Staatskanzlei (des Landes Sachsen-Anhalt) vom 9. Dezember 2004" § 4
      Richtlinie "Dienstliche Beurteilung der Beamtinnen und Beamten sowie der Angestellten der Staatskanzlei (des Landes Sachsen-Anhalt) vom 9. Dezember 2004" § 5
      Richtlinie "Dienstliche Beurteilung der Beamtinnen und Beamten sowie der Angestellten der Staatskanzlei (des Landes Sachsen-Anhalt) vom 9. Dezember 2004" § 9
      Richtlinie "Dienstliche Beurteilung der Beamtinnen und Beamten sowie der Angestellten der Staatskanzlei (des Landes Sachsen-Anhalt) vom 9. Dezember 2004" § 10
      Richtlinie "Dienstliche Beurteilung der Beamtinnen und Beamten sowie der Angestellten der Staatskanzlei (des Landes Sachsen-Anhalt) vom 9. Dezember 2004" Anlage 2

Die gerichtliche Kontrolle dienstlicher Beurteilungen richtet sich danach, wie die Beurteilung begründet wird. Werden Einzelvorkommnisse konkret benannt, ist der Sachverhalt voll zu überprüfen. Wird die Beurteilung auf allgemein gehaltene Tatsachenbehauptungen gestützt, hat der Arbeitgeber sie auf Verlangen des Arbeitnehmers zu konkretisieren. Das Gericht hat uneingeschränkt zu überprüfen, ob der Arbeitgeber von einem zutreffenden Sachverhalt ausgegangen ist. Wird eine dienstliche Beurteilung auf reine Werturteile gestützt, muss der Arbeitgeber im Prozess keine einzelnen Tatsachen vortragen und beweisen, die den Werturteilen zugrunde liegen.


BUNDESARBEITSGERICHT Im Namen des Volkes! URTEIL

9 AZR 617/08

Verkündet am 18. August 2009

In Sachen

hat der Neunte Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 18. August 2009 durch den Richter am Bundesarbeitsgericht Krasshöfer als Vorsitzenden, die Richterin am Bundesarbeitsgericht Gallner, den Richter am Bundesarbeitsgericht Reinfelder sowie den ehrenamtlichen Richter Lang und die ehrenamtliche Richterin Neumann für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 13. September 2007 - 9 Sa 686/06 - aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen!

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Entfernung einer Regelbeurteilung aus der Personalakte der Klägerin und eine neue Beurteilung.

Die Klägerin war von Juni 1997 bis Dezember 2006 als Referentin in der Ministerialverwaltung des beklagten Landes beschäftigt. Sie war im Beurteilungszeitraum in VergGr. IIa BAT-O eingruppiert. Das Arbeitsverhältnis wurde gerichtlich aufgelöst.

Die Klägerin war zunächst von Juni 1997 bis Mai 1999 im Wirtschaftsministerium tätig. Sie wurde dort unter dem 18. Juni 1999 mit der Endnote 2,37 beurteilt. In der Folge wurde die Klägerin in der Staatskanzlei eingesetzt.

Von Juni 1999 bis Anfang Dezember 2000 war die Klägerin als Referentin dem Referat 26 "Ressortkoordinierung MW, MF" der Staatskanzlei zugewiesen. Ihr oblag die Ressortkoordinierung mit dem Wirtschaftsministerium. Die Klägerin hatte darüber hinaus Stellungnahmen zu wirtschafts- und finanzpolitischen Themen zu fertigen, politische Vorhaben zu entwickeln, begleitend umzusetzen und für die Öffentlichkeit darzustellen. Leiter des Referats 26 war zu dieser Zeit Ministerialrat L.

Am 6. Dezember 2000 wurde die Klägerin in das damalige Referat 20 "Regierungsplanung, Grundsatzangelegenheiten" umgesetzt. Die Leitung dieses Referats wechselte mehrfach. Bis 31. März 2001 leitete der Regierungsangestellte S das Referat. Vom 1. Juli 2001 bis 28. Oktober 2002 ging die Leitung auf den Regierungsangestellten Dr. Sch. über. Im Anschluss daran leitete der Regierungsangestellte W das Referat. Seit 1. November 2004 ging die Leitung erneut auf den Regierungsangestellten Dr. Sch. über. Der für die Klägerin zuständige Leiter der Abteilung II der Staatskanzlei war in der Zeit von Oktober 2002 bis Dezember 2004 der Ministerialdirigent Dr. G.

Der Chef der Staatskanzlei des beklagten Landes erließ im Jahr 2004 die Richtlinie "Dienstliche Beurteilung der Beamtinnen und Beamten sowie der Angestellten der Staatskanzlei vom 9. Dezember 2004" (Richtlinie). Grundlagen der Richtlinie sind Art. 68 der Landesverfassung Sachsen-Anhalt und § 40 Satz 1 der Laufbahnverordnung (LVO LSA).

In der Richtlinie ist auszugsweise bestimmt:

"§ 1

Diese Richtlinie gilt für Beschäftigte der Staatskanzlei mit der Vertretung des Landes Sachsen-Anhalt beim Bund und der Landeszentrale für politische Bildung.

§ 2

(1) Beamte bis einschließlich Besoldungsgruppe B 2 BBesO und entsprechend eingruppierte Angestellte werden zum Stichtag 1. Januar 2005 für den seit der letzten Beurteilung zurückliegenden Zeitraum und danach alle drei Jahre beurteilt. ...

(3) Zum Stichtag 30. Juni 2003 erstellte Regelbeurteilungen oder Beurteilungsentwürfe werden vernichtet.

§ 3

(1) Die Beurteilung besteht aus einer Leistungsbeurteilung, einer Befähigungsbeurteilung und einem Verwendungsvorschlag. Sie ist nach dem Muster der Anlage 1 zu erstellen.

(2) Mit der Leistungsbeurteilung werden die Arbeitsergebnisse in den wahrgenommenen Aufgabengebieten bewertet. Bei Beamten erfolgt die Bewertung am Maßstab der Anforderungen des übertragenen statusrechtlichen Amtes.

(3) Mit der Befähigungsbeurteilung werden die für die dienstliche Verwendung bedeutsamen Fähigkeiten und Fertigkeiten nach ihrem Ausprägungsgrad dargestellt.

(4) Mit dem Verwendungsvorschlag werden Aussagen zur weiteren dienstlichen Verwendung getroffen.

§ 4

Die Einzelmerkmale der Leistungs- und der Befähigungsbeurteilung sind in der Anlage 2 zusammenfassend dargestellt und erläutert. Nicht beobachtbare Merkmale sind nicht zu bewerten. Ergänzende Merkmale können zusätzlich aufgenommen werden.

§ 5

(1) Die Einzelmerkmale der Leistungsbeurteilung sind nach folgenden Bewertungsstufen zu bewerten:

A = übertrifft die Leistungsanforderungen in außergewöhnlichem Maße

B = übertrifft die Leistungsanforderungen erheblich

C = übertrifft die Leistungsanforderungen

D = entspricht den Leistungsanforderungen in jeder Hinsicht

E = entspricht den Leistungsanforderungen im Wesentlichen

F = entspricht den Leistungsanforderungen mit Einschränkungen

G = entspricht nicht den Leistungsanforderungen

(2) Die Bewertung eines Einzelmerkmales mit der Bewertung A, B, C, F oder G ist zu begründen.

(3) Die Bewertungen der Einzelmerkmale der Leistungsbeurteilung sind unter angemessener Gewichtung in freier Würdigung in einer Gesamtbewertung entsprechend Absatz 1 zusammenzufassen. Die Gesamtbewertung ist zu begründen.

(4) Die Einzelmerkmale der Befähigungsbeurteilung sind nach folgenden Ausprägungsgraden zu bewerten:

A = besonders stark befähigt

B = stark befähigt

C = befähigt

D = weniger befähigt

(5) Die Bewertungen der Einzelmerkmale der Befähigungsbeurteilung sind unter angemessener Gewichtung in freier Würdigung in einer Gesamteinschätzung entsprechend Absatz 4 zusammenzufassen. Die Gesamteinschätzung ist zu begründen.

...

§ 9

...

(2) Die Abteilungsleiter und der Leiter der Landeszentrale für politische Bildung beurteilen die Beschäftigten bis zur Besoldungsgruppe A 13 BBesO und Vergütungsgruppe IIa BAT/BAT-O.

(3) Neben seiner eigenen unmittelbaren Wahrnehmung kann der zuständige Beurteiler zur Vorbereitung der Beurteilung insbesondere

- schriftliche Zuarbeiten unmittelbarer oder höherer Dienstvorgesetzter einholen

- Dienstvorgesetzte mündlich hören

- vom zu Beurteilenden gefertigte Arbeiten beiziehen.

§ 10

(1) Dem zu Beurteilenden ist Gelegenheit zur mündlichen Erörterung der vom zuständigen Beurteiler in Aussicht genommenen Beurteilung zu geben. Die zuständigen Abteilungsleiter oder der Leiter der Landeszentrale für politische Bildung eröffnen die abschließende Beurteilung.

..."

In der mit "Erläuterung der Einzelmerkmale der Leistungs- und der Befähigungsbeurteilung" überschriebenen Anlage 2 der Richtlinie heißt es ua.:

"A. Leistungsmerkmale

...

 2. Arbeitsmenge 
2.1 ArbeitsumfangDie Bewältigung der übertragenen Aufgaben innerhalb angemessener Bearbeitungszeit unter Beachtung der qualitativen und quantitativen Vorgaben.
 ...
2.3 BelastbarkeitBewältigung des Arbeitsanfalles auch unter Zeitdruck.
3. Arbeitsweise 
3.1 Organisation des ArbeitsbereichesSchaffung der Rahmenbedingungen für ein effizientes Arbeiten.
 ...
3.4 Bereitschaft zur TeamarbeitAufgaben in Kooperation mit anderen lösen, Leistung und Stimmung der Gruppe positiv beeinflussen.

...

B. Befähigungsmerkmale

...

3. Kommunikation und Zusammenarbeit|Durch Informationsaustausch Zusammenwirken fördern, eigenen Standpunkt verständlich und überzeugend darstellen und vertreten, sich mit Meinungen und Kritik anderer konstruktiv auseinandersetzen, Konflikte offen und angemessen regeln, gemeinsame Lösungen anstreben und erarbeiten."

Der damalige Leiter der Abteilung II der Staatskanzlei Dr. G holte schriftliche Zuarbeiten der (früheren) Leiter der Referate 26 und 20 L, Dr. Sch. und W ein. Auf dieser Grundlage erstellte er einen Entwurf für eine dienstliche Beurteilung. Dieser wurde der Klägerin Anfang Oktober 2005 ausgehändigt. Ministerialdirigent Dr. G erörterte den Beurteilungsentwurf in zwei Gesprächen im November und Dezember 2005 mündlich mit der Klägerin. Er änderte einige Formulierungen zu ihren Gunsten, behielt die Gesamt- und Einzelbewertungen der Entwurfsfassung in der dienstlichen Beurteilung vom 19. Dezember 2005 jedoch bei.

Die Leistungsbeurteilung enthält die Gesamtbewertung "D" ("entspricht den Leistungsanforderungen in jeder Hinsicht"). Die Einzelmerkmale "Fachliches Wissen und Können", "Gründlichkeit", "Rechtmäßigkeit des Handelns", "Schriftlicher Ausdruck" wurden mit "C" ("übertrifft die Leistungsanforderungen") bewertet, die Einzelmerkmale "Zweckmäßigkeit des Handelns", "Mündlicher Ausdruck", "Termingerechtes Arbeiten", "Eigenständigkeit", "Initiative" mit "D" ("entspricht den Leistungsanforderungen in jeder Hinsicht"), die Einzelmerkmale "Arbeitsumfang", "Belastbarkeit", "Organisation des Arbeitsbereichs" mit "E" ("entspricht den Leistungsanforderungen im Wesentlichen") und das Einzelmerkmal "Bereitschaft zur Teamarbeit" mit "F" ("entspricht den Leistungsanforderungen mit Einschränkungen"). In der Begründung heißt es auszugsweise: "Die Bereitschaft zur Teamarbeit bleibt allerdings hinter den Erwartungen zurück."

Die Befähigungsbeurteilung weist die Gesamtbewertung "C" ("befähigt") auf. Das Einzelmerkmal "Kommunikation und Zusammenarbeit" wurde mit "D" ("weniger befähigt") bewertet.

Der Abteilungsleiter Dr. G eröffnete der Klägerin die Beurteilung am 19. Dezember 2005 und händigte ihr eine Kopie aus.

Der Beurteilungsbeitrag des Ministerialrats L vom 10. August 2005 lautet in Teilen:

"Leistungsbeurteilung

Frau F verfügt über ein Fachwissen, das den Leistungserwartungen in jeder Hinsicht entspricht. Sie ist allerdings nicht immer in der Lage, ihr zugewiesene Arbeitsaufträge in angemessener Zeit und termingerecht zu erledigen. Frau F hat ihren Arbeitsplatz so organisiert, dass im Vertretungsfall nur schwer ein Überblick zu gewinnen war.

Eine Bereitschaft zur Teamarbeit war trotz der Bemühungen aller Referatsangehörigen des Referats 26 nicht festzustellen. Entgegen entsprechenden und eindeutigen Anweisungen händigte Frau F Vorgänge des Referats 26 im Original an nicht fachlich mit der Bearbeitung befasste Bedienstete anderer Organisationseinheiten der Staatskanzlei aus. Sie war dabei nicht bereit, dem Referatsleiter gegenüber Angaben zum Verbleib der Vorgänge zu machen.

Frau F weigerte sich mehrmals, unter Hinweis auf ihre vermeintliche 'Nichtzuständigkeit', ihr vom Referatsleiter zugewiesene und in die Zuständigkeit des Referats 26 fallende Aufträge zu erledigen.

Insgesamt entspricht Frau F nicht den Leistungserwartungen.

Befähigungsbeurteilung

Frau F vermochte zwar ihren Standpunkt hinreichend verständlich darzustellen. Sie war aber nicht in der Lage, sich mit anderen Meinungen und Auffassungen bzw. fachlicher Kritik auseinanderzusetzen. Dabei löste sie Konflikte nicht offen und in angemessener Weise, sondern versuchte, in der Regel unter Missachtung des Dienstwegs, eine Lösung in ihrem Sinne zu erzwingen.

Frau F ist als weniger befähigt einzuschätzen.

Gesamtbeurteilung

Frau F erfüllte im Beurteilungszeitraum insgesamt nicht die Anforderungen, die an eine Referentin zu stellen sind."

In dem Beurteilungsbeitrag des Regierungsangestellten Dr. Sch. vom 21. Juli 2005 heißt es ua.:

"Ihre Arbeitsergebnisse erbrachte sie auf der Basis guter wirtschaftswissenschaftlicher Kenntnisse. Ihre schriftlichen Vorlagen waren umfassend und genau; ihr schriftlicher Ausdruck ist erheblich überdurchschnittlich. Demgegenüber war ihre mündliche Ausdrucksfähigkeit nur als durchschnittlich einzustufen. Termintreue, Arbeitsmenge und Belastbarkeit entsprachen nur mit Einschränkungen den Erwartungen.

Ihre Arbeitsweise war zwar durch ein hohes Maß an Eigenständigkeit gekennzeichnet. Die Zusammenarbeit mit den anderen Mitarbeitern des Referats blieb aber deutlich hinter den Erwartungen zurück. Ihre Bereitschaft zur Teamarbeit war nur gering ausgeprägt.

Im Hinblick auf ihre Befähigung bleibt festzuhalten, dass Frau F über ein überdurchschnittliches Denk- und Urteilsvermögen verfügt. Dieses positive Merkmal wird allerdings durch eine nur geringe Neigung zur Kommunikation und Zusammenarbeit relativiert. ..."

Der Beurteilungsbeitrag des Regierungsangestellten W vom 22. August 2005 lautet in Auszügen:

"Dabei erbrachte Frau F ihre Arbeitsergebnisse auf der Basis überdurchschnittlicher wirtschaftswissenschaftlicher Kenntnisse. Ihre umfassenden Fachkenntnisse stellte sie z. B. bei der Bearbeitung des Themenkomplexes 'Weiterentwicklung des LFI/Gründung einer Investitionsbank' unter Beweis. Frau F war aufgrund ihres fachlichen Wissens und Könnens in der Lage, die ihr übertragenen Aufgaben sachgerecht zu erledigen. Breite und Tiefe ihres Fachwissens sprachen für die die Leistungserwartungen übertreffenden Fachkenntnisse von Frau F. Die schriftlichen Vorlagen von Frau F waren umfassend und genau und im Ausdruck klar und verständlich. Der mündliche Ausdruck entsprach den Anforderungen in jeder Hinsicht. Termingerechtes Arbeiten, Arbeitsumfang und Belastbarkeit entsprachen den Erwartungen im Wesentlichen. Der Wille zur Zusammenarbeit mit den Kolleginnen und Kollegen im Referat war wenig ausgeprägt.

Eine gute Auffassungsgabe und die Fähigkeit, selbständig konzeptionell zu arbeiten, sprachen für ein gutes Denk- und Urteilsvermögen von Frau F. Teamorientiertes Arbeiten, gegenseitiger Informationsaustausch sowie offene und angemessene Konfliktlösung gehörten dagegen weniger zu den Stärken von Frau F. ..."

Die Klägerin warf ihren früheren Referatsleitern mit anwaltlichem Schreiben vom 28. März 2006 vor, sie systematisch schikaniert, diskriminiert und ausgegrenzt zu haben. Ihr seien zB willkürlich Arbeitsaufträge entzogen worden. Sie habe Aufträge ohne Hintergrundinformationen erhalten. Termine seien ohne Absprache mit ihr bestimmt worden. Die Herren Dr. G, L, Dr. Sch. und W äußerten sich dazu dienstlich und wiesen die Vorwürfe zurück. Die in der Klageschrift erhobenen weiteren Vorwürfe bestritten sie ebenfalls in dienstlichen Stellungnahmen.

Die Klägerin hat behauptet, die Referatsleiter hätten sich von sachfremden Erwägungen leiten lassen. Sie meint, sie habe wegen ihrer Bewerbungen im öffentlichen Dienst ein Rehabilitierungsinteresse und damit noch immer ein Rechtsschutzbedürfnis. Vor allem der Beurteilungsbeitrag von Herrn L vom 10. August 2005 enthalte einen überprüfbaren Tatsachenkern.

Dieser Tatsachenkern sei in die Beurteilung vom 19. Dezember 2005 eingeflossen. Die Bewertung des Leistungseinzelmerkmals "Bereitschaft zur Teamarbeit" mit "F" sei entgegen der Vorgabe in § 5 Abs. 2 der Richtlinie nicht begründet worden.

Die Klägerin hat zuletzt - soweit noch von Interesse - beantragt,

das beklagte Land zu verurteilen, die ihr unter dem 19. Dezember 2005 erteilte dienstliche Beurteilung nach Maßgabe der Rechtsauffassung des Gerichts abzuändern und neu zu erstellen.

Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es ist der Ansicht, die unmittelbaren Vorgesetzten hätten die Leistung und Befähigung der Klägerin sachgerecht eingeschätzt. Die Bewertungen seien zusammenfassende Werturteile, die auf einer Vielzahl von Einzeleindrücken und Beobachtungen des zuständigen Beurteilers Dr. G und der unmittelbaren Vorgesetzten der Klägerin beruhten. Auch der Beurteilungsbeitrag von Herrn L enthalte keinen Tatsachenkern, der in die dienstliche Beurteilung eingeflossen sei. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts müssten keine Tatsachen dargelegt werden, weil sich die Beurteilung auf reine Werturteile stütze.

Das Arbeitsgericht hat die Klage nach Vernehmung des Zeugen Dr. G abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mir der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin vorrangig das Ziel, das beklagte Land zu verurteilen, die dienstliche Beurteilung vom 19. Dezember 2005 aus der Personalakte zu entfernen und unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts eine neue Beurteilung zu erstellen. Hilfsweise soll das beklagte Land verurteilt werden, die Beurteilung vom 19. Dezember 2005 ersatzlos aus der Personalakte zu entfernen. Das beklagte Land beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Der Senat kann nicht abschließend über den Hauptantrag entscheiden. Der Hilfsantrag fällt daher nicht zur Entscheidung des Senats an.

A. Der Hauptantrag ist zulässig.

I. Er ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die Klägerin verlangt, dass die bisherige Beurteilung vom 19. Dezember 2005 aus der Personalakte entfernt und unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts eine neue Beurteilung für den Beurteilungszeitraum erstellt wird.

1. Der Hauptantrag ist nicht deshalb unbestimmt, weil die neue Beurteilung die Rechtsauffassung des Gerichts beachten soll. Das beklagte Land ist verpflichtet, die vom Gericht festgestellten Fehler zu unterlassen. Aus dem Antrag muss sich nicht ergeben, in welcher Weise die angegriffene Beurteilung geändert werden soll. Der Arbeitnehmer hat einen einheitlichen Anspruch auf fehlerfreie Beurteilung. Der Streitgegenstand ist rechtlich unteilbar. Der Anspruch ist erst dann erfüllt, wenn die gesamte dienstliche Beurteilung rechtlich nicht zu beanstanden ist (vgl. BVerwG 13. Juli 2000 - 2 C 34.99 - juris Rn. 11 f., BVerwGE 111, 318; siehe im Bereich der Konkurrentenklage auch Senat 7. September 2004 - 9 AZR 537/03 - zu A der Gründe, BAGE 112, 13).

2. Der Antrag ist vollstreckungsfähig. Das Arbeitsgericht kann als Prozess- und Vollstreckungsgericht iSv. § 888 Abs. 1 ZPO anhand der erstrebten Entscheidungsformel und der Urteilsgründe, die zu ihrer Auslegung heranzuziehen sind, beurteilen, ob das beklagte Land seiner Pflicht genügt hat. Wird der Klage stattgegeben, ist das Land an die Rechtsauffassung des Gerichts gebunden.

II. Der Klägerin kommt das nötige Rechtsschutzbedürfnis zu.

1. Das Rechtsschutzbedürfnis ergibt sich bei Leistungsklagen regelmäßig schon daraus, dass der materielle Anspruch nicht erfüllt ist. Es entfällt lediglich in besonderen Fällen (für die st. Rspr. Senat 16. Oktober 2007 - 9 AZR 110/07 - Rn. 22, BAGE 124, 203).

a) Das Bundesverwaltungsgericht verneint ein Rechtsschutzbedürfnis für die Änderung einer dienstlichen Beurteilung nur dann, wenn der Zweck der dienstlichen Beurteilung nicht (mehr) erreicht werden kann. Zweck der dienstlichen Beurteilung ist es, die künftige Personalauswahl zu ermöglichen (vgl. BVerwG 28. August 1986 - 2 C 26.84 - juris Rn. 10 f., ZBR 1987, 44). Die Rechtsverfolgung ist zB objektiv sinnlos, wenn der Ruhestand des Beurteilten unmittelbar bevorsteht.

b) Das Bundesarbeitsgericht hat die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Zweck von Beamtenbeurteilungen auf Beurteilungen von Arbeitnehmern übertragen. Eine dienstliche Beurteilung dient im Unterschied zu einem Zeugnis nicht der Außendarstellung oder der beruflichen Förderung. Die Beurteilung ist dazu bestimmt, Verwendungsmöglichkeiten festzustellen und Beförderungsentscheidungen vorzubereiten (BAG 24. Januar 2007 - 4 AZR 629/06 - Rn. 43, BAGE 121, 91). Dieses Ziel ist in § 3 Abs. 4 der Richtlinie wiedergegeben. Eine Beurteilung kann ferner dazu herangezogen werden, Leistungsentgelte zu bemessen (BAG 24. Januar 2007 - 4 AZR 629/06 - aaO.).

2. Besondere Umstände, die das Rechtsschutzbedürfnis entfallen lassen, sind hier nicht gegeben. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit dem beklagten Land ist aufgelöst. Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass die dienstliche Beurteilung vom 19. Dezember 2005 künftig Grundlage von Personalentscheidungen ist. Sie ist Teil der Personalakte der Klägerin. Das beklagte Land bewahrt die Personalakten nach §§ 90 ff. Beamtengesetz Sachsen-Anhalt (BG LSA) fünf Jahre nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf. Die Klägerin will sich weiter im öffentlichen Dienst bewerben. Nach § 90d BG LSA dürfen Personalakten unter bestimmten Umständen ohne Einwilligung des Betroffenen Behörden desselben Geschäftsbereichs vorgelegt werden. Die Klägerin muss bei Bewerbungen im öffentlichen Dienst des beklagten Landes oder in anderen Ländern zudem mit der Anfrage rechnen, ob sie die Einsicht in ihre Personalakte erlaubt.

B. Der Senat kann nach den bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht beurteilen, ob der Hauptantrag begründet ist. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Beurteilung vom 19. Dezember 2005 enthalte ausschließlich Werturteile und keinen sog. Tatsachenkern. Diese rechtliche Würdigung des Berufungsgerichts wird nicht von den festgestellten Tatsachen getragen. Der in die Gesamtbeurteilung eingegangene Beurteilungsbeitrag des Ministerialrats L enthält einen Tatsachenkern, der bisher nicht nachvollziehbar begründet ist. Ergibt die weitere Aufklärung des Landesarbeitsgerichts keine plausible Begründung, hat die Klägerin aus § 611 Abs. 1, § 241 Abs. 2 BGB iVm. § 5 Abs. 1 bis 3 der Richtlinie und Abschn. A Ziff. 3.4 der Anlage 2 der Richtlinie einen schuldrechtlichen Anspruch auf Entfernung der Beurteilung aus der Personalakte (vgl. Senat 18. November 2008 - 9 AZR 865/07 - Rn. 13, AP BGB § 611 Personalakte Nr. 2 = EzA GG Art. 33 Nr. 35). Sie kann darüber hinaus eine neue Beurteilung verlangen (§ 611 Abs. 1, § 241 Abs. 2 BGB iVm. § 2 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie).

I. Dienstliche Beurteilungen sind grundsätzlich zulässig. Der Arbeitgeber darf Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der bei ihm beschäftigten Arbeitnehmer beurteilen und die Beurteilungen in die Personalakten aufnehmen. Auch formalisierte Regelbeurteilungen können erstellt werden. Beurteilungen sollen ein möglichst objektives und vollständiges Bild der Person, der Tätigkeit und der Leistung des Beurteilten vermitteln (Senat 18. November 2008 - 9 AZR 865/07 - Rn. 14 f., AP BGB § 611 Personalakte Nr. 2 = EzA GG Art. 33 Nr. 35).

1. Dem Arbeitgeber kommt bei der Beurteilung ein Beurteilungsspielraum zu. Dienstliche Beurteilungen sind gerichtlich nur beschränkt überprüfbar. Sie können darauf kontrolliert werden, ob der Beurteiler allgemeine Beurteilungsmaßstäbe beachtet, alle wesentlichen Umstände berücksichtigt und ein fehlerfreies Verfahren eingehalten hat (Senat 18. November 2008 - 9 AZR 865/07 - Rn. 16, AP BGB § 611 Personalakte Nr. 2 = EzA GG Art. 33 Nr. 35). Das entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Die Rechtmäßigkeitskontrolle der Verwaltungsgerichte hat sich darauf zu beschränken, ob der Dienstherr den anzuwendenden Begriff oder den rechtlichen Rahmen, in dem er sich bewegen kann, verkannt, ob er einen unrichtigen Sachverhalt zugrunde gelegt, allgemeine Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat (vgl. nur BVerwG 11. Dezember 2008 - 2 A 7.08 - juris Rn. 8, ZTR 2009, 393).

2. Hat der öffentliche Arbeitgeber Richtlinien über dienstliche Beurteilungen erlassen, sind die Beurteiler bei der Anwendung der Richtlinien nach dem Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) hinsichtlich des anzuwendenden Verfahrens und der anzulegenden Maßstäbe an die Richtlinien gebunden. Das Gericht hat auch zu prüfen, ob die Anforderungen der Richtlinien eingehalten sind und ob sie mit den gesetzlichen Vorschriften in Einklang stehen (BVerwG 11. Dezember 2008 - 2 A 7.08 - juris Rn. 8, ZTR 2009, 393). Ist der Arbeitgeber dem nicht nachgekommen, kann der Arbeitnehmer verlangen, dass eine neue rechtsfehlerfreie Beurteilung erstellt wird.

II. Das beklagte Land hat sich die Richtlinie über die "Dienstliche Beurteilung der Beamtinnen und Beamten sowie der Angestellten der Staatskanzlei vom 9. Dezember 2004" gegeben. Die Richtlinie gilt nach ihrer Überschrift und ihrem § 1 für die Angestellten der Staatskanzlei. Das beklagte Land war verpflichtet, die Richtlinie bei der dienstlichen Beurteilung der Klägerin zu beachten (vgl. Senat 18. November 2008 - 9 AZR 865/07 - Rn. 19 f., AP BGB § 611 Personalakte Nr. 2 = EzA GG Art. 33 Nr. 35).

III. Der Inhalt der Richtlinie vom 9. Dezember 2004 verstößt nicht gegen gesetzliche Vorgaben. Die nach § 9 Abs. 2 der Richtlinie begründete Zuständigkeit des Abteilungsleiters ist nicht zu beanstanden. Es ist nicht erforderlich, dass für die dienstliche Beurteilung nur solche Beurteiler eingesetzt werden, die Eignung und Leistung des Beurteilten aus eigener Anschauung während des gesamten Beurteilungszeitraums kennen. Es ist zulässig, dass sich der Beurteiler die notwendigen Kenntnisse verschafft und sich ua. auf schriftliche Arbeiten des zu Beurteilenden und auf Berichte unmittelbarer Vorgesetzter stützt (vgl. BVerwG 27. Oktober 1988 - 2 A 2.87 - juris Rn. 15, Buchholz 232.1 BLV § 40 Nr. 12).

IV. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts lässt sich nicht abschließend beurteilen, ob das von der Richtlinie vorgegebene Verfahren eingehalten wurde.

1. Die Richtlinie ist eine Verwaltungsvorschrift, mit der sich das beklagte Land selbst bindet.

a) Ihr kommt sog. Außenwirkung auf die im Angestelltenverhältnis beschäftigte Klägerin zu. Nach der Überschrift und § 1 der Richtlinie werden die Angestellten der Staatskanzlei in die Regelbeurteilung der Beamten einbezogen. Verwaltungsvorschriften haben regelmäßig nur verwaltungsinterne Bedeutung. Der Dienstherr richtet sich mit ihnen an nachgeordnete weisungsabhängige Organe, Ämter und Dienststellen. Den Regelungen fehlt der normative Charakter. Eine Bindung im Außenverhältnis zu Dritten tritt jedoch ein, wenn sich die Vorschriften inhaltlich nicht nur an nachgeordnete Dienststellen, sondern auch an Arbeitnehmer richten (Senat 18. November 2008 - 9 AZR 865/07 - Rn. 19 f., AP BGB § 611 Personalakte Nr. 2 = EzA GG Art. 33 Nr. 35). Das trifft hier mit Blick auf die Überschrift und § 1 der Richtlinie zu.

b) Die Richtlinie ist unter Berücksichtigung ihrer tatsächlichen Handhabung auszulegen (st. Rspr., vgl. BVerwG 2. Februar 1995 - 2 C 19.94 - juris Rn. 18, ZTR 1995, 332).

2. Nach § 5 Abs. 2 der Richtlinie ist die Bewertung eines Einzelmerkmals der Leistungsbeurteilung mit der Bewertung A, B, C, F oder G zu begründen. Die Einzelbewertung des Leistungsmerkmals "Bereitschaft zur Teamarbeit" mit "F" enthält nach ihrer schriftlich niedergelegten Begründung "Die Bereitschaft zur Teamarbeit bleibt allerdings hinter den Erwartungen zurück" zwar keinen sog. Tatsachenkern. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ist aber der Beurteilungsbeitrag des Ministerialrats L in die Gesamtbeurteilung eingeflossen. Dieser Beurteilungsbeitrag hat einen Tatsachengehalt, der plausibel zu begründen ist.

a) Das Landesarbeitsgericht hat im Tatbestand des Berufungsurteils auf das Urteil des Arbeitsgerichts verwiesen. Das Urteil des Arbeitsgerichts hat sich auf die Aussage des früheren Ministerialdirigenten Dr. G bezogen. Der frühere Abteilungsleiter hat in seiner Zeugenvernehmung seinerseits auf den Beurteilungsbeitrag des Ministerialrats L Bezug genommen. Dieser Beurteilungsbeitrag enthält hinsichtlich des Leistungsmerkmals "Bereitschaft zur Teamarbeit" einen Tatsachenkern. Auf diesem Tatsachengehalt beruht die Gesamtbeurteilung nach Aussage des Zeugen Dr. G. Das beklagte Land hat bisher nicht nachvollziehbar begründet, weshalb die Klägerin den Leistungsanforderungen für das Merkmal der "Bereitschaft zur Teamarbeit" nur mit Einschränkungen genügt hat.

b) Die Kontrolldichte der Gerichte richtet sich danach, wie die Beurteilung begründet wird. Art. 33 Abs. 2 GG eröffnet dem öffentlichen Arbeitgeber mit den Begriffen "Eignung, Befähigung und fachliche Leistung" einen Beurteilungsspielraum, der nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle unterliegt. Für dienstliche Beurteilungen mit Prognosecharakter besteht eine lediglich begrenzte gerichtliche Kontrollbefugnis (BVerfG 29. Mai 2002 - 2 BvR 723/99 - zu II 1 a bb der Gründe, NJW 2003, 127).

aa) Werden Einzelvorkommnisse konkret benannt, ist der Sachverhalt voll zu überprüfen. Wird die Beurteilung auf allgemein gehaltene Tatsachenbehauptungen gestützt, hat der Arbeitgeber sie auf Verlangen des Arbeitnehmers zu konkretisieren, also plausibel zu machen. Das Gericht hat im Prozess auch insoweit voll zu kontrollieren, ob der Arbeitgeber von einem zutreffenden Sachverhalt ausgegangen ist. Wird eine dienstliche Beurteilung auf reine Werturteile gestützt, muss der Arbeitgeber im Rechtsstreit keine einzelnen Tatsachen vortragen und beweisen, die den Werturteilen zugrunde liegen (vgl. BVerfG 29. Mai 2002 - 2 BvR 723/99 - zu II 1 a bb der Gründe, NJW 2003, 127; enger dagegen BAG 28. März 1979 - 5 AZR 80/77 - zu III 2 der Gründe, AP BPersVG § 75 Nr. 3 = EzA BGB § 611 Fürsorgepflicht Nr. 24: stets nötiger Tatsachenvortrag). Reine Werturteile beruhen nicht auf konkreten einzelnen Vorgängen und lassen auch aus dem Zusammenhang der Aussage nicht in einer dem Beweis zugänglichen Weise erkennen, auf welcher bestimmten Tatsachengrundlage sie beruhen (BVerwG 26. Juni 1980 - 2 C 8.78 - zu 3 b der Gründe, BVerwGE 60, 245). Werden diese Vorgaben beachtet, gewährleistet die allgemeine Verwaltungspraxis im Beurteilungswesen - Bekanntgabe der Beurteilung, Besprechung und Möglichkeit, Änderung oder Konkretisierung von pauschalen Tatsachenbehauptungen zu verlangen - grundsätzlich ausreichenden Grundrechtsschutz iSv. Art. 19 Abs. 4 GG (vgl. BVerfG 29. Mai 2002 - 2 BvR 723/99 - aaO.).

bb) Der von dem früheren Leiter der Abteilung II der Staatskanzlei Dr. G für die Gesamtbeurteilung herangezogene Beurteilungsbeitrag des Ministerialrats L enthält allgemein gehaltene Tatsachenbehauptungen und keine bloßen Werturteile. Herr L führte aus, die Klägerin habe entgegen entsprechenden und eindeutigen Anweisungen Vorgänge des Referats 26 im Original an nicht fachlich mit der Bearbeitung befasste Bedienstete anderer Organisationseinheiten der Staatskanzlei ausgehändigt. Sie sei dabei nicht bereit gewesen, dem Referatsleiter gegenüber Angaben zum Verbleib der Vorgänge zu machen. Die Klägerin habe sich mehrmals unter Hinweis auf ihre vermeintliche "Nichtzuständigkeit" geweigert, ihr vom Referatsleiter zugewiesene und in die Zuständigkeit des Referats 26 fallende Aufträge zu erledigen.

cc) Das beklagte Land hat diese allgemein gehaltenen Tatsachenbehauptungen bisher nicht konkretisiert.

(1) Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass Herr Dr. G den Beurteilungsentwurf im November und Dezember 2005 zweimal mündlich mit der Klägerin erörterte. Er habe der Klägerin am 25. November 2005 und 9. Dezember 2005 erläutert, auf welche Gründe die Bewertung des Einzelmerkmals 3.4 mit "F" zurückzuführen sei. Die Klägerin habe Gelegenheit gehabt, ihre Gegenargumente vorzutragen. Sie habe auch Gehör gefunden.

(2) Damit hat das Landesarbeitsgericht nicht bindend iSv. § 559 Abs. 2 ZPO den Inhalt der Erklärungen, die Herr Dr. G der Klägerin gegenüber zu der beabsichtigten Beurteilung abgab, festgestellt. Weder dem Berufungsurteil noch dem erstinstanzlichen Urteil und der Sitzungsniederschrift des Arbeitsgerichts vom 3. November 2006 lässt sich entnehmen, was der Zeuge Dr. G gegenüber der Klägerin in den Gesprächen sinngemäß gesagt haben will und welche einzelnen Punkte dabei "durchgegangen" worden sein sollen.

(3) Das Landesarbeitsgericht wird dem beklagten Land Gelegenheit dazu geben müssen, seiner Plausibilisierungslast zu genügen. Das Gericht hat im Hinblick auf allgemeine Tatsachenbehauptungen voll zu überprüfen, ob der Arbeitgeber von einem zutreffenden Sachverhalt ausgegangen ist.

(a) Das beklagte Land wird sein Vorbringen konkretisieren müssen. Die Klägerin hat schon in der Klageschrift vorgetragen, im Verlauf der Gespräche habe Herr Dr. G ihr lediglich mitgeteilt, dass die Beurteilung ausschließlich auf der Grundlage von Zuarbeiten unmittelbarer Vorgesetzter erstellt worden sei. Sie hat noch in der Berufungsverhandlung ausgeführt, ihr seien keine konkreten Gründe genannt worden. Herr Dr. G habe nur auf die Zuarbeiten der unmittelbaren Vorgesetzten verwiesen. Das beklagte Land wird die Bewertung des Leistungseinzelmerkmals "Bereitschaft zur Teamarbeit" mit "F" wegen der Einlassung der Klägerin näher begründen müssen. Das Land trägt die Darlegungs- und Beweislast für die rechtsvernichtende Einwendung der ordnungsgemäßen Erfüllung (§ 362 Abs. 1 BGB) des Anspruchs auf fehlerfreie Ausübung der ihm eingeräumten Beurteilungsbefugnis (vgl. zur Erfüllung des Zeugnisanspruchs Senat 14. Oktober 2003 - 9 AZR 12/03 - zu IV 2 b aa der Gründe, BAGE 108, 86; aA wohl LAG Köln 12. Dezember 2007 - 7 Sa 1130/06 - zu II 3 der Gründe). Dabei kann sich das beklagte Land auch auf Indizien stützen, zB auf die näher mit Tatsachen begründeten Bewertungen verschiedener Dienstvorgesetzter oder die Resonanz der Leistungen der Klägerin im Bereich Teamarbeit bei Mitgliedern der Referate, denen sie angehörte.

(b) Die Konkretisierung und Erläuterung kann im Rechtsstreit nachgeholt werden, wenn der Arbeitgeber die allgemeinen Tatsachenbehauptungen im bisherigen Beurteilungsverfahren nicht oder nicht ausreichend erläutert hat. Tatsächliche Grundlagen, auf denen Werturteile beruhen, sind nicht zwingend in die dienstliche Beurteilung aufzunehmen (vgl. BVerwG 10. Februar 2000 - 2 A 10.98 - juris Rn. 21, ZTR 2000, 528; 26. Juni 1980 - 2 C 8.78 - zu 3 a und b der Gründe, BVerwGE 60, 245). Die Klägerin, die den Beurteilungsbeitrag von Herrn L kennt, kann den weiteren Tatsachenbehauptungen des beklagten Landes auch noch im Prozess wirksam entgegentreten.


Für die Amtliche Sammlung: ja
Stichworte: Regelbeurteilung; Tatsachenkern; Prüfungsmaßstab
Verfahrensgang: LAG Sachsen-Anhalt, 9 Sa 686/06 vom 13.09.2007
ArbG Magdeburg, 11 Ca 1186/06 vom 03.11.2006

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