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Arbeitsrecht
09.01.2009
Arbeitsrecht
: Kein Verbrauch des Kündigungsgrundes

6 Sa 225/08
6 Ca 265/07
(Arbeitsgericht Weiden)
Verkündet am: 04.11.2008
Landesarbeitsgericht Nürnberg
Im Namen des Volkes
URTEIL
In dem Rechtsstreit
A…
- Klägerin und Berufungsklägerin -
Prozessbevollmächtigte/r:

gegen
Firma B…
- Beklagte und Berufungsbeklagte -
Prozessbevollmächtigte/r:

6 Sa 225/08
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erlässt die 6. Kammer des Landesarbeitsgerichts Nürnberg auf Grund der mündlichen
Verhandlung vom 16. September 2008 durch den Vorsitzenden Richter am
Landesarbeitsgericht V e t t e r und die ehrenamtlichen Richter Mack und Wissel
im Namen des Volkes
folgendes
Urteil:
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts
Weiden vom 23.01.2008, Az. 6 Ca 265/07, wird auf Kosten
der Klägerin zurückgewiesen.
II. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Änderungskündigung.
Die am 11.06.1974 geborene Klägerin, die ihrem Ehemann und einem im Zeitpunkt
der Klageerhebung vierjährigen Kind – Beginn der Elternzeit 12.09.2003 –
unterhaltspflichtig ist, war seit 01.09.1990 als Sachbearbeiterin Technik und Verwaltung
im von der Beklagten geführten Autohaus in C…, in dem mindestens 11
Arbeitnehmer tätig waren, beschäftigt. Dieses Autohaus wurde mit Wirkung zum
01.01.2005 im Wege eines Betriebsübergangs auf die Firma Autowelt D… GmbH
übertragen. Die Klägerin, die hierüber mit Schreiben vom 16.12.2004 unterrichtet
wurde (Anlage B 2 zum Schriftsatz der Beklagtenvertreter vom 15.07.2007, Bl. 28
ff. d.A.), widersprach dem Betriebsübergang mit Schreiben vom 21.12.2004. Die
Klägerin befand sich zu diesem Zeitpunkt in Elternzeit; diese endete am
16.07.2006. Die Beklagte bot der Klägerin für die Zeit nach Beendigung ihrer Elternzeit
eine Beschäftigung in ihrem Autohaus in E… an. Die Klägerin lehnte ab.
Daraufhin kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom
17.07.2006 mit Wirkung zum 31.12.2006, ohne das Angebot zu wiederholen. Im
gegen diese Kündigung geführten Kündigungsschutzprozess vor dem Arbeitsgericht
Weiden mit dem Aktenzeichen 4 Ca 585/06 schlossen die Parteien am
25.08.2006 nach einem Hinweis des Vorsitzenden auf das Urteil des Bundesarbeitsgerichts
vom 21.04.2005 einen gerichtlichen Vergleich dahingehend, dass die
Kündigung gegenstandslos sei. Mit Schreiben vom 29.08.2006 erklärte die Be6
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klagte eine Änderungskündigung mit Wirkung zum 31.12.2006 und bot der Klägerin
erneut die Stelle im Autohaus in E… an; im Angebot heißt es: „Ihr Einsatz dort
ist zum 01.10.2006 geplant“. Die Klägerin lehnte das Angebot ab. Im vor dem Arbeitsgericht
Weiden unter dem Aktenzeichen 2 Ca 804/06 geführten Kündigungsschutzprozess
erklärte das Arbeitsgericht die Änderungskündigung mit Endurteil
vom 01.03.2007 für unwirksam mit der Begründung, das Änderungsangebot sei
unverhältnismäßig, weil die Änderung einer wesentlichen Arbeitsvertragsbedingung
bereits vor Ablauf der Kündigungsfrist habe eintreten sollen (Anlage B 3, ebenda,
Bl. 51 ff. d.A.). Das Urteil wurde rechtskräftig.
Die Beklagte sprach der nach Rückkehr aus der Elternzeit bezahlt freigestellten
Klägerin nunmehr mit Schreiben vom 29.03.2007 eine neuerliche Änderungskündigung
mit Wirkung zum 30.09.2007 aus. Sie bot der Klägerin die Beschäftigung
im Autohaus in E… ab 01.10.2007 an. Des genauen Wortlautes des Schreibens
wegen wird auf die mit der Klage vorgelegte Ablichtung Bezug genommen (Bl. 22
d.A.). Die Klägerin lehnte das Angebot durch Schreiben ihrer Prozessvertreter
vom 19.04.2007 ab.
Mit ihrer am 19.04.2007 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage selben Datums
hat die Klägerin die Unwirksamkeit der ausgesprochenen Kündigung geltend gemacht.
Sie hat vorgetragen, der angebotene Einsatzort sei von ihrem Wohnort C…
etwa 180 km entfernt. Es sei ihr angesichts dessen, dass sie ihrem Ehemann und
ihrem kleinen Kind unterhaltspflichtig sei, unzumutbar, eine derartige Wegstrecke
zurückzulegen. Die Kündigung sei schon deswegen sozial ungerechtfertigt, weil
die Beklagte nach dem Betriebsübergang des Autohauses in C… eineinhalb Jahre
bis zum Ende der Elternzeit Zeit gehabt habe, sie zur Beschäftigung an einem Arbeitsplatz
in räumlicher Nähe einzuplanen. Sie hätte in allen Filialen unabhängig
davon, ob diese als Autohäuser oder als andere Sparten betrieben würden, nach
einer Einsatzmöglichkeit suchen müssen. Dies habe die Beklagte versäumt. Die
von ihr – der Klägerin – befragte Personalsachbearbeiterin in F… habe zwar auf
Befragen angegeben, der Personalleiter habe einmal nach einer freien Stelle gefragt;
er habe aber nicht erklärt, dass es um die Beschäftigungsmöglichkeit für eine
Arbeitnehmerin nach ihrer Rückkunft aus der Elternzeit gehe. In G… sei es zu
einer Zusammenlegung von zwei Niederlassungen gekommen. Es solle dort Personalbedarf
geben. Die Beklagte habe den Arbeitsplatz einer schwangeren Arbeitnehmerin
wohl mit einer externen Bewerberin besetzt. Die Klägerin hat das
Fehlen einer ausreichenden sozialen Auswahl gerügt und die Ordnungsmäßigkeit
der Anhörung des Betriebsrats bestritten. Sie hat zudem angesichts der Vorverfahren
vor dem Arbeitsgericht Weiden mit den Aktenzeichen 4 Ca 585/06 und 2
Ca 804/06 angeführt, dass ein Verbrauch des materiellen Kündigungsgrundes
eingetreten sei.
In der Verhandlung vor dem Arbeitsgericht vom 05.10.2007 haben ausweislich der
Niederschrift Klägerin und Klägerinvertreterin nach einem Wortgefecht mit dem
Beklagtenvertreter den Sitzungssaal verlassen. Die Kammer des Arbeitsgerichts
hat daraufhin Versäumnisurteil erlassen mit folgendem Tenor:
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1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Der Streitwert wird auf 7.647,00 Euro festgesetzt.
Die Klägerin hat gegen dieses ihrer Prozessvertreterin am 09.10.2007 zugestellte
Versäumnisurteil mit Schriftsatz vom 09.10.2007, beim Arbeitsgericht eingegangen
am selben Tag, Einspruch eingelegt.
Die Klägerin hat – nach Rücknahme des ursprünglich als selbständigen zusätzlichen
Antrags gestellten „allgemeinen Feststellungsantrags“ im Verfahren vor dem
Arbeitsgericht daher zuletzt folgende Anträge gestellt:
1. Das Versäumnisurteil vom 05.10.2007 wird aufgehoben.
2. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch
die (Änderungs-)Kündigung der Beklagten vom 29.03.2007 nicht
zum 30.09.2007 aufgelöst worden ist.
Die Beklagte hat beantragt,
das Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten und die Klage abzuweisen.
Sie hat eingewandt, die Klage sei unbegründet. Die Kündigung sei aus dringenden
betrieblichen Gründen sozial gerechtfertigt. Der Arbeitsvertrag der Klägerin vom
23.05.2001 lege die Beschäftigung der Klägerin auf das Autohaus C… fest (Anlage
B 1, Bl. 46 f. d.A.). Eine Versetzungsmöglichkeit sei nicht vorgesehen. Die Klägerin
sei während des Beschäftigungsverhältnisses auch ausschließlich in diesem
Autohaus tätig gewesen. Sie, die Beklagte, habe durch Haustarifvertrag produktbezogene
Sparten gebildet. Der Standort C… sei nach diesem Tarifvertrag als eigenständiger
Betrieb zu behandeln. Das Autohaus C… habe der Sparte Automobile
angehört, Spartengeschäftsführer H… sei direkt dem Vorstand unterstellt und
selbständig zu Einstellungen und Entlassungen berechtigt. Entgegen der Ansicht
der Klägerin sei der Kündigungsgrund nicht durch die vorweg ausgesprochenen
Kündigungen mit demselben Ziel „verbraucht“. Sie, die Beklagte, habe nach dem
Wegfall der Einsatzmöglichkeit im Autohaus im Raum C… keine andere Einsatzmöglichkeit
mehr für die Klägerin. Es gebe zu ansonsten unveränderten Konditionen
allenfalls die Möglichkeit zur Beschäftigung im Autohaus E…; diese habe sie
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der Klägerin mittels Änderungskündigung angeboten. Eine soziale Auswahl sei
nicht erforderlich. Sämtliche Arbeitsplätze im ursprünglichen Betrieb seien nach
dem Übergang dieses Betriebes auf einen anderen Inhaber, dem die Klägerin widersprochen
habe, entfallen. Sie, die Beklagte, betreibe zwar noch andere Sparten.
Diese bildeten jedoch andere eigenständige betriebsverfassungsrechtliche
Einheiten. Für die Sparte der Autohäuser und den ehemaligen Beschäftigungsbetrieb
der Klägerin sei kein Betriebsrat gebildet gewesen. Zum Zeitpunkt der Änderungskündigung
seien außer einer von der Klägerin mit Schreiben vom 15.05.2007
abgelehnten Stelle als Teilzeitkraft im Bau- und Gartenmarkt (Anlagen B 5 und B
6, Bl. 65 f. bzw. Bl. 67 f. d.A.) keinerlei Stellen frei gewesen. Die Personalabteilung
habe mit Mail vom 05.04.2006 ausdrücklich alle Personalsachbearbeiter aufgefordert,
etwaige freie Stellen zu melden. Eine solche Meldung sei nicht erfolgt. Es sei
falsch, dass in G… eine externe Arbeitskraft eingestellt worden sei.
Die Klägerin hat eingewandt, ihr Widerspruch gegen den Betriebsübergang vom
21.12.2004 zeige, dass sie bereit sei, auch andere Tätigkeiten als bisher zu verrichten.
Sie bestreite, dass die Beklagte keine andere Einsatzmöglichkeit in C…
gehabt habe; immerhin habe die Beklagte ihren Antrag auf Zustimmung zur Kündigung
in der Elternzeit damals gegenüber dem Gewerbeaufsichtsamt zurückgenommen.
Die einzelnen Betriebssparten bildeten einen gemeinsamen Betrieb.
Daher hätten auch die Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten in den anderen Sparten
geprüft werden müssen. Die Beklagte habe bis zum Ablauf der Elternzeit Zeit gehabt,
der Klägerin eine ortsnahe Beschäftigungsmöglichkeit zu beschaffen. Die
Anfrage an die Personalsachbearbeiter sei hierfür nicht ausreichend. Sie, die Klägerin,
sei im Autohaus die „rechte Hand“ des Leiters gewesen; sie sei jedoch auch
zu untergeordneten Tätigkeiten bereit. Die in der Zwischenzeit angebotene Buchhaltungsstelle
wäre für sie sehr gut geeignet; sie müsste allerdings von C… aus,
nicht aber in I… ausgeübt werden. Dies sei technisch möglich, bestehe doch eine
SAP-Leitung. Es entspreche der Lebenserfahrung, dass sich in einem so großen
Bereich von J…, K…, L…, C…, F…, M… und G… eine für sie, die Klägerin, geeignete
freie Stelle finden lassen müsse. Ein Zeitungsartikel vom 15.09.2005 zeige
auch, dass die Beklagte in M… ihren Standort verstärkt habe (Anlage zum Schriftsatz
der Klägerinvertreter vom 16.10.2007, Bl. 107 d.A.). Es sei nicht nachvollziehbar,
dass ihr, der Klägerin, solche offenen Stellen nicht angeboten worden seien.
Die Beklagte hat eingewandt, in M… habe bereits ein Standort bestanden; das
Personal sei lediglich in ein neues Gebäude umgezogen. Am Personalstand habe
sich nichts geändert.
Die Klägerin hat entgegnet, eine Standortstärkung sei erfahrungsgemäß nicht nur
mit Investitionen, sondern auch mit einer Personalaufstockung verbunden. Nicht
beachtet werde zudem der materielle Verbrauch des Kündigungsgrundes. Das Urteil
des Arbeitsgerichts Weiden vom 01.03.2007 habe sich auch mit dem Inhalt der
Änderungskündigung befasst. Es handele sich um einen identischen Streitgegen6
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stand. Der Beklagten sei der erneute Ausspruch der Änderungskündigung aus
denselben Gründen daher verwehrt.
Das Arbeitsgericht hat mit Endurteil vom 23.01.2008 dahingehend erkannt, dass
das klageabweisende Versäumnisurteil aufrechterhalten werde.
Das Arbeitsgericht hat dies im wesentlichen damit begründet, es sei unrichtig,
dass die Kündigungsgründe bereits durch die Entscheidung im Verfahren 2 Ca
804/06 rechtskräftig aberkannt worden wären. In der dortigen Entscheidung hätten
die materiellen Kündigungsgründe keine Rolle gespielt, weil die Wirksamkeit der
Kündigung bereits aus formellen Gründen – Angebot zum geänderten Einsatz bereits
vor Ablauf der Kündigungsfrist – verneint worden sei. Die nunmehr ausgesprochene
Änderungskündigung erweise sich als wirksam. Das Beschäftigungsbedürfnis
am ursprünglichen Arbeitsplatz sei unzweifelhaft entfallen. Einer Betriebsratsanhörung
habe es nicht bedurft. Eine andere Beschäftigungsmöglichkeit
als die angebotene sei nicht ersichtlich. Die Klägerin habe nicht vorgetragen, wie
sie sich eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit vorstelle. Sie habe keine
konkreten Anhaltspunkte für eine solche Beschäftigungsmöglichkeit genannt. Ihre
Ausführungen beschränkten sich auf Spekulationen ohne greifbaren Tatsachenhintergrund.
Von einer anderen Einsatzmöglichkeit könne daher nicht ausgegangen
werden. Kündigung und Änderungsangebot seien sozial gerechtfertigt.
Das Endurteil des Arbeitsgerichts ist den Klägerinvertretern ausweislich ihres
Empfangsbekenntnisses am 20.02.2008 zugestellt worden (Bl. 137 d.A.). Die Klägerin
hat mit Schriftsatz ihrer Vertreter vom 19.03.2008, beim Landesarbeitsgericht
eingegangen am selben Tag, Berufung eingelegt. Sie hat diese Berufung –
nach Verlängerung aufgrund am Montag, den 21.04.2008 eingegangenen Schriftsatzes
bis 23.05.2008 – mit am 23.05.2008 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem
Schriftsatz selben Tages begründet.
Die Klägerin hat sich in der Berufung darauf gestützt, das Arbeitsgericht sei
rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass sich die Entscheidung vom 01.03.2007
nur mit der formellen Seite der Änderungskündigung befasst habe. Auf Seite 8 der
Entscheidungsgründe sei es auch auf die materiellen Kündigungsgründe eingegangen.
Sonst hätte es keinen Anlass gegeben, den Vortrag der Beklagten zu erwägen,
aber nicht für durchgreifend zu erachten. Auch der gerichtliche Vergleich
im Verfahren 4 Ca 585/06 führe zu einem materiellen Verbrauch des – für alle drei
Verfahren identischen – Kündigungsgrundes. Das von der Beklagten ausgesprochene
Änderungsangebot zur Weiterarbeit in E… sei angesichts einer einfachen
Entfernung von über 180 km unzumutbar. Dies gelte umso mehr, als ihr Sohn sich
einer Behandlung wegen Leukämie habe unterziehen müssen. Die Beklagte gehe,
wie ihr Hinweis auf fehlende andere Einsatzmöglichkeiten in C… zeige, selbst davon
aus, dass sie Einsatzmöglichkeiten auch in anderen Sparten außerhalb der
Automobilbranche anbieten müsse. Es habe die Weiterbeschäftigungsmöglichkeit
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in der Buchhaltung gegeben, die ihr sogar angeboten worden sei. Von anderen
Beschäftigungsmöglichkeiten habe sie, die Klägerin, keine Kenntnis erhalten, weil
sie nicht die Möglichkeit gehabt habe, innerbetriebliche Stellenausschreibungen
zur Kenntnis zu nehmen. Durch die Inanspruchnahme von Elternzeit habe es ihr
am Zugang zum betrieblichen Intranet gefehlt. Sie habe weder die Betriebszeitung
noch Mitteilungsblätter mit freien Stellen – etwa als Inventurhilfe – erhalten. Wenn
das Bundesarbeitsgericht die Darlegungslast des Arbeitnehmers bei der Sozialauswahl
herabsetze, müsse dies auch für den Bereich der Weiterbeschäftigungsmöglichkeit
gelten. Sie, die Klägerin, habe etwa in C… einen Aushang entdeckt,
dass Inventurhilfen gesucht wurden. Sie habe daraufhin vergeblich eine Kopie
dieses Aushangs verlangt. Es dürfe der Beklagten nicht zum Vorteil dienen, dass
sie es ihr, der Klägerin, verwehre, von offenen Stellen Kenntnis zu erlangen. Dies
müsse zu einer Beweislastumkehr führen. Die Kündigung verstoße schließlich
auch gegen das Maßregelungsverbot, weil die Inanspruchnahme der Elternzeit
schließlich zu ihrer Arbeitslosigkeit geführt habe. Der Arbeitsverdienst für die angebotene
Teilzeittätigkeit als Kassiererin habe sich nur auf 28,02% ihres bisherigen
Monatslohnes belaufen. Insoweit wäre eine Härtefallregelung erforderlich gewesen,
gerade im Hinblick auf Art. 6 Abs. 4 GG. Das Erstgericht irre, wenn es ausführe,
sie, die Klägerin, habe nicht dargetan, wie sie sich eine Tätigkeit konkret
vorstelle. Sie habe vielmehr eindeutig darauf hingewiesen, dass die angebotene
Buchhaltungsstelle auch von C… aus zu erledigen sei. Der Vortrag der Beklagten,
sie habe sich um anderweitige Einsatzmöglichkeiten bemüht, sei nicht ausreichend.
Die Klägerin stellt als Berufungsklägerin daher in der Berufungsinstanz den Antrag,
das Endurteil des Arbeitsgerichts Weiden vom 23.01.2008 abzuändern,
unter Aufhebung des Versäumnisurteils festzustellen, dass das
Arbeitsverhältnis der Parteien durch die (Änderungs-)Kündigung der
Beklagten und Berufungsbeklagten vom 29.03.2007 nicht zum
30.09.2007 aufgelöst worden sei, sowie der Beklagten und Berufungsbeklagten
die Kosten beider Rechtszüge aufzuerlegen.
Die Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt,
die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des Arbeitsgerichts für zutreffend. Sie meint, der Kündigungsgrund
sei nicht verbraucht; er bestehe vielmehr nach wie vor fort. Der vorhergehenden
Klage sei nur deshalb stattgegeben worden, weil das Änderungsangebot
den gesetzlichen Anforderungen deswegen nicht entsprochen habe, weil die
Änderung der Arbeitsbedingungen vorfristig angeboten worden sei. Die Klägerin
habe zu keinem Zeitpunkt einen freien, vergleichbaren und zumutbaren Arbeits6
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platz außer demjenigen benannt, der in E… angeboten worden sei. Entscheidend
für die Prognose, ob eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit gegeben sei,
sei der Zeitpunkt der unternehmerischen Entscheidung, mithin der 29.03.2007.
Der Kündigende sei nur dann verpflichtet, anderweitige Arbeitsplätze anzubieten,
wenn diese innerhalb der Kündigungsfrist frei würden. Die Klägerin hätte solche
Arbeitsplätze benennen müssen. Eine Beweislastumkehr finde nicht statt. Die Klägerin
habe sowohl die angebotene Teilzeitstelle als auch diejenige der Buchhaltungskraft
als unzumutbar abgelehnt. Es bestehe keine Verpflichtung, einen
Heimarbeitsplatz einzurichten; sie, die Beklagte, unterhalte solche Heimarbeitsplätze
in der Buchhaltung nicht. Die Buchhaltung arbeite, wie der Klägerin mit
Schreiben vom 06.08.2007 mitgeteilt worden sei (Anlage zur Berufungserwiderung,
Bl. 252 d.A.), im Team, ein direkter Kontakt zu den anderen Mitarbeitern der
Buchhaltung sei unabdingbar.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Tatbestand des Ersturteils vom
23.01.2008 (Bl. 128 ff. d.A.), die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor
dem Landesarbeitsgericht vom 16.09.2008 (Bl. 258 ff. d.A.) und die zwischen den
Parteien in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug
genommen.
In nach der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsätzen vom 06.10. und
07.10.2008 hat die Klägerin ausgeführt, es sei ein Wiedereintritt in die mündliche
Verhandlung erforderlich, weil gerade im Hinblick auf § 139 Abs. 2 ZPO noch weitere
Ausführungen erforderlich seien. Die Sozialauswahl sei fehlerhaft, weil sie,
die Klägerin, mit allen entsprechend eingruppierten Arbeitnehmern der Beklagten
verglichen werden könne, und zwar marktübergreifend. Die Beklagte habe sich auf
den Standpunkt gestellt, eine solche Sozialauswahl sei nicht erforderlich. Diese
sei jedoch bei Zugrundelegung der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom
31.05.2007 unternehmensbezogen vorzunehmen. Gemäß der Entscheidung vom
03.06.2004 seien auch die Arbeitnehmer eines weit entfernten Betriebsteils einzubeziehen.
Die Autohäuser seien nur Betriebsteile, die organisatorisch unselbständig
seien, weil der Vorstand die zentralen Leitungsaufgaben wahrnehme. Es sei
ihr, der Klägerin, durch Schreiben des Personalreferats aus I… vom 14.07.2006
(Bl. 292 d.A.) mitgeteilt worden, dass sie nach der Elternzeit nicht an ihrem ursprünglichen
Arbeitsplatz erscheinen müsse. Dies belege die zentrale Steuerung
von I… aus. Bestätigt werde dies dadurch, dass auch der Arbeitsvertrag vom Leiter
Personal und einem Personalreferenten unterzeichnet worden sei (Bl. 293 ff.
d.A.). Es habe sich erst in der Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht gezeigt,
dass der vorliegende Fall eine Besonderheit dahingehend aufweise, dass sie –
die Klägerin – sich ab 17.06.2003 in Elternzeit befunden habe, dass sie nach deren
Ablauf freigestellt worden sei. Sie habe somit faktisch keinen Zugriff auf die
Intranet-Seiten der Beklagten gehabt. Sie habe sich im Oktober 2007 auf einen
Aushang als Inventuraushilfe beworben. Frau N… habe erklärt, dass hierfür keine
Arbeitslosen eingestellt werden dürften, und die Annahme der Bewerbungsunterlagen
verweigert. Die Ausführungen der Beklagten zum Fehlen freier Stellen seien
nicht glaubhaft. Die Beklagte gebe im Zwischenlagebericht für den Zeitraum
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01.01. bis 30.06.2007 an, dass sich die Zahl der bei ihr beschäftigten Arbeitnehmer
um 141 erhöht habe (Bl. 297 d.A.). Es seien ihr, der Klägerin, aber nur zwei
Stellen angeboten worden. Im Hinblick darauf, dass ihr die Einsichtnahme ins Internet
verwehrt worden sei, sei eine Umkehr der Darlegungs- und Beweislast anzunehmen.
In europarechtskonformer Auslegung müsse das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz
auch für Kündigungen gelten. Durch die Nichtmitteilung von
freien Stellen und die Nichteinräumung des regelmäßigen Intranet-Zugangs sei
eine Benachteiligung im Sinne von § 1 AGG gegeben, weil sich diese Einschränkung
aus der Elternzeit ergebe. Hätte sie, die Klägerin, keine Elternzeit genommen,
wäre das Autohaus C… nicht veräußert worden. Das Grundrecht des Art. 6
GG habe hier eine besondere Bedeutung. Trotz der Erklärungen, es gebe keine
freien Stellen, habe die Beklagte am 02./03.09.2006 eine Marktleiterstelle öffentlich
ausgeschrieben. In der mündlichen Verhandlung vom 23.10.2006 habe die
Beklagte sich im Hinblick auf die mögliche freie Stelle in G… darauf berufen, dass
die Baustoffe eine eigene Sparte darstellten und dass deshalb nicht geprüft werden
müsse, ob die Klägerin dort beschäftigt werden könne. Im Hinblick auf die
bisher fehlende Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts im Falle eines Ausschlusses
von den betriebsinternen Kommunikationseinrichtungen wegen Elternzeit
und daran anschließender Freistellung bitte sie vorsorglich um Zulassung der
Revision, weil insoweit eine Beweislastumkehr veranlasst sei. Schließlich habe der
Kraftfahrzeugmechaniker O…, der dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf
die Firma Autowelt D… ebenfalls widersprochen habe, neben einer einjährigen
bezahlten Freistellung einen Abfindungsbetrag von 13.000,- € erhalten. Der Widerruf
des in der Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht geschlossenen Vergleiches
stelle eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung dar.
Entscheidungsgründe:
I.
Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft, weil sie sich gegen ein arbeitsgerichtliches
Urteil richtet (§ 64 Abs. 1 ArbGG). Im Hinblick darauf, dass allein der Feststellungsantrag
über eine Kündigung streitgegenständlich ist, ist ein Beschwerdewert
nicht erforderlich (§ 64 Abs. 2 c) ArbGG). Die Berufung ist auch in der gesetzlichen
Form und Frist eingelegt und begründet worden (§§ 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG,
519, 520 ZPO, 66 Abs. 1 S. 1, S. 2 ArbGG).
II.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Urteil des Arbeitsgerichts erweist
sich als richtig. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Berufungskammer
folgt den sorgfältigen Erwägungen des Arbeitsgerichts, denen sie
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sich in vollem Umfang anschließt, so dass auf eine erneute, nur wiederholende
Darstellung verzichtet werden kann (§ 69 Abs. 2 ArbGG). Nur ergänzend ist im
Hinblick auf die in der Berufung von den Parteien vorgetragenen Argumente noch
hinzuzufügen:
1. Zutreffend hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass ein „Verbrauch des Kündigungsgrundes“
nicht gegeben ist. Es liegt keine bloße Wiederholungskündigung
vor. Eine Wiederholungskündigung ist nur dann gegeben, wenn der Arbeitgeber
eine erneute Kündigung auf dieselben Kündigungsgründe stützt, die
er schon zur Begründung der ersten Kündigung vorgebracht hat und die in
dem ersten Kündigungsschutzprozess materiell geprüft worden sind mit dem
Ergebnis, dass sie die Kündigung nicht rechtfertigen können (zuletzt BAG vom
18.05.2006, 2 AZR 207/05, zitiert nach juris).
a. Eine solche Situation liegt nicht vor. Die Beklagte hatte die Kündigung vom
17.07.2006 als Beendigungskündigung ohne Änderungsangebot ausgesprochen.
Die Klägerin hat der durch die Vorlage des arbeitsgerichtlichen
Urteils mit dem Aktenzeichen 2 Ca 804/06 belegten Darstellung der Beklagten
nicht widersprochen, dass die Beklagte „nach Hinweis des Vorsitzenden
auf das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 21.04.2005“ auf die Kündigung
verzichtet hat. Dieses Urteil hat aber unter Fortführung der früheren
Rechtsprechung zum Ausdruck gebracht, dass dem Arbeitnehmer trotz
vorheriger Ablehnung eines Angebots regelmäßig dennoch eine Änderungskündigung
ausgesprochen werden muss, in der das Angebot in der
Regel mit den Folgen des § 2 KSchG wiederholt werden muss. Aus dem
von den Parteien geschlossenen Vergleich, der die Rücknahme der Kündigung
beinhaltete, lässt sich daher nicht ableiten, dass die Beklagte auf den
Ausspruch der Änderungskündigung mit dem Angebot zur Weiterarbeit in
E… verzichtet hätte. Eine materielle Prüfung des Änderungsangebots durch
das Gericht war ohnehin nicht veranlasst. Eine Präklusion der nunmehrigen
Gestaltungserklärung – Kündigung, verbunden mit dem Änderungsangebot
– kann daher in Bezug auf diese erste Kündigung vom 17.07.2006 von
vornherein nicht angenommen werden. Zum einen ist die durch die Gestaltungserklärung
erstrebte Rechtsfolge eine andere. Zum anderen kann die
Änderungskündigung nicht als „Minus“ zu einer Beendigungskündigung
aufgefasst werden, weil bei der Beendigungskündigung von vornherein die
gerichtliche Prüfung des Änderungsangebots nicht in Betracht kommt (so
ausdrücklich auch BAG vom 18.05.2006, a.a.O., Rn. 15).
b. Auch gegenüber der vom Arbeitsgericht im Verfahren 2 Ca 804/06 als ungerechtfertigt
beurteilten Änderungskündigung stellt sich die nunmehr
streitgegenständliche Änderungskündigung trotz ihres – bis auf den Erklärungs-,
Angebots- und Beendigungszeitpunkt – identischen Inhalts nicht als
Wiederholungskündigung dar. Das Arbeitsgericht hat das Änderungsangebot
in seiner Entscheidung vom 01.03.2007 im Verfahren 2 Ca 804/06 zwar
geprüft. Es hat jedoch, wie auf Seite 7 des Urteils (Bl. 57 d.A.) ausdrücklich
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aufgeführt ist, allein darauf abgestellt, dass das Angebot schon deswegen
als unverhältnismäßig anzusehen sei, weil die Beschäftigung schon ab
01.10. und damit vor Ablauf der am 31.12. ablaufenden Kündigungsfrist angeboten
worden sei. Hierauf hätte sich die Klägerin auf keinen Fall einlassen
müssen. Soweit das Arbeitsgericht sich auf Seite 8 des Urteils mit weiteren
Einwendungen der Beklagten beschäftigt hat, hat es die Entbehrlichkeit
eines solchen Angebots wegen der von der Beklagten behaupteten
endgültigen Ablehnung der Klägerin abgelehnt sowie die entsprechende
Auslegung und Umdeutung des Angebots verneint. Mit keiner Silbe hat das
Arbeitsgericht angesprochen, dass das Änderungsangebot auch dann unverhältnismäßig
oder sozial ungerechtfertigt gewesen wäre, wenn die Beklagte
es zum Ablauf der Kündigungsfrist ausgesprochen hätte. Die gegenteiligen
Einlassungen der Klägerin sind für die Berufungskammer in keiner
Weise nachvollziehbar und von der Urteilsbegründung nicht gedeckt.
Die Auffassung der Klägerin, dass diese Prüfung der Verhältnismäßigkeit
des Angebots unerheblich sei, weil sie das Änderungsangebot ohnehin jeweils
abgelehnt habe und es daher in allen Fällen nur um die Beendigung
des Arbeitsverhältnisses gegangen sei, geht ebenfalls fehl. Prüfungsmaßstab
der Änderungskündigung bleibt auch bei Ablehnung des Angebots
durch den Arbeitnehmer die Frage, ob das Änderungsangebot verhältnismäßig
und zumutbar war (ständige Rechtsprechung, vgl. etwa BAG vom
23.06.2005, 2 AZR 642/04, Rn. 15, zitiert nach juris). Die Tatsache, dass
die Klägerin das Angebot abgelehnt hat, hat daher auch auf die Frage, ob
eine unzulässige Wiederholungskündigung vorliegt oder nicht, keine Auswirkungen.
2. Zutreffend hat das Arbeitsgericht ausgeführt, dass zwischen den Parteien unstreitig
ist, dass der bisherige Arbeitsplatz der Klägerin bei der Beklagten entfallen
ist.
a. Nach dem Betriebsübergang, dem die Klägerin widersprochen hat, bestand
der Arbeitsplatz beim neuen Inhaber, nicht aber bei der Beklagten. Die Klägerin
hat sich in der Berufungsbegründung auch nicht gegen diese Feststellung
des Arbeitsgerichts gewehrt und lediglich auf das Vorhandensein weiterer
freier Stellen abgestellt. Die unternehmerische Entscheidung, diesem
Wegfall des Arbeitsplatzes mit der Kündigung der widersprechenden Arbeitnehmer
zu begegnen, ist von der Klägerin nicht angezweifelt worden.
b. Die im – nicht nachgelassenen, nach Schluss der mündlichen Verhandlung
vor dem Landesarbeitsgericht eingereichten – Schriftsatz vom 06.10.2008
enthaltene Auffassung der Klägerin, die Kündigung verstoße gegen das
Maßregelungsverbot, weil der Betrieb ohne die Inanspruchnahme ihrer Elternzeit
nicht verkauft worden wäre, ist in dieser Form nicht nachvollziehbar.
Soweit die Klägerin meint, ein Betrieb dürfe nicht verkauft werden,
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wenn oder weil Mitarbeiter Elternzeit in Anspruch nehmen und damit nicht
mehr zur Verfügung stehen, ist dies zu weitgehend. Die allgemeine Handlungsfreiheit
sowie die Unternehmerfreiheit, einen Betrieb nicht selbst weiterzuführen,
überwiegt den aus Art. 6 GG abgeleiteten Schutz der Beschäftigten.
Zum anderen hat die Klägerin ihren Vortrag in keiner Weise substantiiert
und mit nachvollziehbaren Tatsachen belegt. In der vorliegenden Form
stellt dieser Vortrag eine bloße Behauptung dar, die einer Beweiserhebung
nicht zugänglich wäre. Eine Wiedereröffnung der Verhandlung gebietet dieser
Vortrag ohnehin nicht. Nach § 296a ZPO können Angriffs- und Verteidigungsmittel
nach Schluss der mündlichen Verhandlung nicht mehr vorgebracht
werden, wenn nicht ein Fall des § 139 Abs. 5, 156 oder 283 ZPO
vorliegt. Dieser nunmehrige Sachvortrag der Klägerin beruht aber nicht auf
einem gerichtlichen Hinweis (§ 139 Abs. 5 ZPO), auch nicht auf einer Verletzung
der Hinweispflicht – die Berufungskammer hatte mangels Vorliegens
von Vortrag und entsprechenden Anhaltspunkten keinerlei Veranlassung,
auf eine Maßregelung einzugehen (§ 156 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) –, auch
sind die Voraussetzungen eines Wiederaufnahmegrundes nicht erkennbar
(§§ 156 Abs. 2 Nr. 2, 578, 580 ZPO) oder ist diesbezüglich Sachvortrag der
Beklagten erfolgt (§ 283 ZPO). Die Voraussetzungen für eine Wiedereröffnung
der mündlichen Verhandlung sind daher – unabhängig davon, dass
dieser Sachvortrag wegen mangelnder Substantiierung ohnehin kaum verwertbar
wäre – nicht gegeben.
3. Zutreffend hat das Arbeitsgericht darauf hingewiesen, dass eine Verletzung
der sozialen Auswahl für die Kündigung gemäß § 1 Abs. 3 KSchG nicht ersichtlich
ist.
a. Das Arbeitsgericht hat hierzu ausgeführt, die Klägerin habe dem Sachvortrag
der Beklagten nicht widersprochen, dass es sich beim Autohaus in C…
um einen eigenständigen Betrieb gehandelt habe, in dem die Arbeitsplätze,
was die Beklagte anlangt, sämtlich entfallen seien. Es hat weiter ausgeführt
(S. 6 des Urteils, Bl. 133 d.A.): „Ein sog. gemeinsamer Betrieb mit den anderen
Sparten der Beklagten kann für das Autohaus schon deswegen nicht
angenommen werden, da hierzu jeder Sachvortrag fehlt“.
b. Diesen Feststellungen ist die Klägerin weder in der Berufungsbegründung
noch in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht entgegengetreten.
Sie hat sich vielmehr stets auf die Weiterbeschäftigungsmöglichkeit
auf anderen Arbeitsplätzen berufen, nicht aber auf eine fehlerhafte
Sozialauswahl. Die Unterscheidung zwischen Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten
auf anderen Arbeitsplätzen und fehlerhafter Sozialauswahl war
ihr auch bewusst. So lässt sie auf S. 6 der Berufungsbegründung im ersten
Absatz vortragen (Bl. 205 d.A.), dass die Anforderungen für die Darlegungslast
für den Bereich der Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten ähnlich
wie bei der Sozialauswahl herabgesetzt werden müssten. Sie hat also zwischen
Sozialauswahl einerseits und der Möglichkeit zu anderweitiger Be6
Sa 225/08
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schäftigung andererseits selbst differenziert. Ausführungen zur Fehlerhaftigkeit
der Sozialauswahl sind in keiner Weise erfolgt.
c. Soweit die Klägerin im nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichten
Schriftsatz vom 06.10.2008 nunmehr Ausführungen zur Sozialauswahl
macht, ist dies verspätet. Auch diesbezüglich liegen die Voraussetzungen
des § 296a ZPO nicht vor. Es ist keinerlei Grund dafür ersichtlich,
warum die Klägerin die Ausführungen, was als „Betrieb“ im Sinne des
§ 1 Abs. 3 KSchG anzusehen sei, nicht schon in erster Instanz, in der Berufungsbegründung
oder in der Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht
getätigt hat. Es ist in keiner Weise erkennbar, dass der Klägerin irgendwelche
diesbezüglichen Tatsachen erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung
bekannt geworden wären. Vieles spricht zwar inhaltlich insoweit
für die Richtigkeit der Darlegung der Klägerin. Sie beruft sich jedoch durchweg
auf Erklärungen der Beklagten und Umstände aus dem Jahr 2006. Der
Vortrag ist, soweit relevant, damit verspätet. Eine Wiedereröffnung der
mündlichen Verhandlung ist nicht veranlasst.
d. Die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung ist jedoch auch aus einem
davon unabhängigen anderen Gesichtspunkt nicht veranlasst. Die Beklagte
hat sich bereits im Schriftsatz vom 05.07.2007 (dort S. 4, Bl. 42 d.A.)
darauf berufen, eine soziale Auswahl mit den Arbeitnehmern anderer Sparten
sei schon wegen der arbeitsvertraglichen Abmachungen nicht veranlasst.
Sie hat hierzu den Arbeitsvertrag vom 23.05.2001 vorgelegt (Anlage
B 1, Bl. 46 f. d.A.). Sie hat erklärt, der Arbeitsvertrag beschränke die Einsatzmöglichkeit
ohne über das Direktionsrecht erzielbare Versetzungsmöglichkeit
auf das Autohaus C…. Tatsächlich wäre ein Einsatz nach dem
Wortlaut des Vertrages auch im Autohaus P… möglich – hierauf hat sich
die Klägerin aber nicht berufen. Die Klägerin hat diesem Sachvortrag der
Beklagten nicht widersprochen. Sie hat nicht ausgeführt, dass und warum
eine Versetzungsmöglichkeit in Betriebsteile anderer Sparten ohne Vertragsänderung
möglich gewesen wäre. Trifft der Sachvortrag der Beklagten
jedoch zu – wovon die Kammer nach § 138 Abs. 3 ZPO auszugehen hat –,
dann beschränkt sich die Sozialauswahl auf die Autohäuser C… und P….
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der sich
die Kammer anschließt, bestimmt sich der Kreis der in die soziale Auswahl
einzubeziehenden vergleichbaren Arbeitnehmer in erster Linie nach arbeitsplatzbezogenen
Merkmalen, also zunächst nach der ausgeübten Tätigkeit.
An einer Vergleichbarkeit fehlt es jedoch darüber hinaus auch dann,
wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer auf Grund des zugrunde liegenden
Arbeitsvertrags nicht einseitig auf den anderen Arbeitsplatz um- oder versetzen
kann (sog. „arbeitsvertragliche Austauschbarkeit“, vgl. zuletzt BAG
vom 05.06.2008, 2 AZR 907/06, NZA 2008, 1120; BAG vom 24.05.2005, 2
AZR 333/04, Rn. 30, zitiert nach juris, jeweils mit umfangreichen Nachweisen).
Wenn der Einsatz aber arbeitsvertraglich auf die beiden genannten
Autohäuser beschränkt war, wovon nach alldem auszugehen ist, dann hat
6 Sa 225/08
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sich infolge dieser „arbeitsvertraglichen Austauschbarkeit“ auch die Sozialauswahl
auf diese beiden Autohäuser beschränkt.
e. Die Klägerin hat nicht einmal erklärt, dass es noch ein von der Beklagten
betriebenes Autohaus P… gebe. Sie hat sich auf eine dortige Einsatzmöglichkeit
nicht berufen. Damit hatte die Kammer des Arbeitsgerichts in der
Tat davon auszugehen, dass die Beklagte die vorzunehmende soziale
Auswahl nicht verletzt hat – und zwar unabhängig davon, ob der Betriebsbegriff,
wofür vieles spricht, von der Beklagten verkannt ist.
4. Zutreffend hat das Arbeitsgericht auch festgestellt, dass die Rüge fehlerhafter
Betriebsratsanhörung ins Leere geht. Die Beklagte hat sich auf den Haustarifvertrag
und darauf berufen, dass für den – nach diesem Haustarifvertrag –
gebildeten Beschäftigungsbetrieb kein Betriebsrat gebildet war. Diesem Vortrag,
den die Beklagte durch Vorlage des Haustarifvertrages belegt hat, hat die
Klägerin nicht widersprochen, so dass er als zugestanden anzusehen ist
(§ 138 Abs. 3 ZPO). Die Regelungsmacht der Tarifparteien für diese Frage ergibt
sich aus § 3 BetrVG. Die Klägerin hat ihre Rüge zudem in der Berufungsinstanz
auch nicht wiederholt.
5. Das Änderungsangebot ist, wie das Arbeitsgericht zu Recht festgehalten hat,
nicht sozial ungerechtfertigt.
a. Das Angebot ist nicht deswegen sozial ungerechtfertigt, weil der Klägerin
für sie zumutbare und weniger einschneidende andere Arbeitsplätze nicht
angeboten worden sind.
b. Solche Arbeitsplätze muss der Arbeitgeber nur dann in Betracht ziehen,
wenn sie im Kündigungszeitpunkt frei sind oder wenn in diesem Zeitpunkt
erkennbar ist, dass sie bis zum Ablauf der Kündigungsfrist – möglicherweise
bis zu einem Zeitpunkt nicht weit nach deren Ablauf – frei werden. Umstrukturierungen,
Organisationsänderungen und „Freimachen“ von Arbeitsplätzen
sind – die Klägerin hat keinen Sonderkündigungsschutz – nicht erforderlich
(zuletzt BAG vom 05.06.2008, 2 AZR 107/07, Rn. 15 und 17, zitiert
nach juris; BAG vom 15.12.1997, 2 AZR 327/94, EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte
Kündigung Nr. 75; KR-Griebeling, Gemeinschaftskommentar
zum Kündigungsrecht, 8. Aufl.2007, § 1 KSchG Rn. 221; Kiel in Ascheid/
Preis/Schmidt, Kündigungsrecht, 3. Aufl.2007, § 1 KSchG Rn. 600 ff.). Dabei
neigt die Kammer dem Vortrag der Klägerin zu, dass auch diejenigen
freien und zur Wiederbesetzung anstehenden Arbeitsplätze im Unternehmen
zu berücksichtigen sind, die seit Ablauf der Elternzeit der Klägerin zur
Verfügung standen. Abzustellen ist also nicht nur auf den Zeitpunkt des
Ausspruches der hier streitgegenständlichen Kündigung, sondern unter Berücksichtigung
des Rechtsgedankens des § 162 BGB auch Arbeitsplätze,
6 Sa 225/08
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die nach dem 17.07.2006 wieder besetzt wurden (ähnlich BAG vom
05.06.2008, a.a.O., Rn. 16). Dies gilt selbst dann, wenn der Arbeitgeber auf
die Wirksamkeit der vorausgegangenen Kündigungen vertraut hat (BAG
vom 05.06.2008, a.a.O., Rn. 23).
c. Letztlich kann dies jedoch dahinstehen. Die Klägerin hat nämlich – außer
dem Arbeitsplatz in der Buchhaltung, dem Teilzeitangebot als Verkäuferin,
der Neustrukturierung in G…, der Stärkung des Standorts in M… und der
Stelle als Inventuraushilfe – keine anderweitigen Beschäftigungsmöglichkeiten,
keine anderen freien und wieder besetzten Arbeitsplätze benannt.
Hierzu wäre sie im Rahmen der abgestuften Darlegungslast verpflichtet
gewesen. Der Arbeitgeber kann sich im Kündigungsschutzprozess zunächst
darauf berufen, eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit – außer derjenigen
in E…, die die Klägerin abgelehnt hat – gebe es nicht. Erst auf nähere
Darlegungen des Arbeitnehmers, wie er sich eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit
vorstelle, muss der Arbeitgeber dann eingehend
erläutern, aus welchem Grund eine Beschäftigung auf einem entsprechenden
Arbeitsplatz nicht möglich gewesen ist (BAG vom 01.03.2007, 2 AZR
650/07, EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 154, Rn. 21).
d. Der Auffassung der Klägerin, die Darlegungs- und Beweislast liege im vorliegenden
Fall ohne nähere Konkretisierung einer solchen Beschäftigungsmöglichkeit
durch sie selbst bei der Beklagten, kann nicht gefolgt werden.
Die abgestufte Darlegungslast soll ja gerade ermöglichen, konkret auf den
jeweils vorgetragenen Sachverhalt des Prozessgegners einzugehen. Einem
pauschalen Vortrag, wie ihn die Klägerin – außerhalb der genannten Stellen
– angeführt hat, kann daher auch mit der pauschalen Entgegnung, solche
Stellen habe es nicht gegeben, begegnet werden. Wäre dies anders, würde
man ungeachtet dieses pauschalen Vortrags eine Beweiserhebung über
mögliche offene Stellen durchführen, müssten durch Befragen der angebotenen
Zeugen erst konkrete Tatsachen, konkrete Beschäftigungsmöglichkeiten
ermittelt werden, die bisher nicht erkennbar sind. Es handelte sich
um einen im Zivilprozess nicht gestatteten typischen Ausforschungsbeweis.
Die Klägerin hätte die Möglichkeit gehabt, etwa über den Gesamtbetriebsrat
oder über Beschäftigte in den einzelnen von ihr angeführten Filialen Auskunft
zu erbitten, welche Beschäftigten im fraglichen Zeitraum neu eingestellt
worden seien. Sie hätte des weiteren die Möglichkeit gehabt, Auskunft
von der Beklagten zu verlangen oder etwa die von ihr bezeichneten Intranet-
Einträge über freie Stellen als Beleg für ihren Vortrag anzuführen. In einem
solchen Fall hätte die Kammer Anlass gehabt zu prüfen, ob die Beklagte
zu einer solchen Auskunft oder Überlassung von Unterlagen verpflichtet
war. All dies hat die Klägerin nicht getan. Sie hat erklärt, in einem
solch großen Unternehmen müssten freie Stellen vorhanden gewesen sein.
Dies stellt sich jedoch, worauf schon das Arbeitsgericht in seinem Urteil
hingewiesen hat (S. 7 der Entscheidung, Bl. 134 d.A.), als reine Spekulation
dar. Soweit sich die Klägerin im nach Schluss der mündlichen Verhandlung
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eingereichten Schriftsatz vom 06.10.2008 auf eine Mitteilung der Beklagten
über Stellenzahl und Stellenaufbau berufen hat, lässt sich hieraus – unabhängig
davon, dass der entsprechende Vortrag verspätet ist – nichts für
angebliche freie Stellen im von der Klägerin angeführten Bereich F…, K…,
M…, C… oder G… ableiten.
e. Nicht nachvollziehbar ist das klägerische Argument, eine Beweislastumkehr
sei deshalb veranlasst, weil sie wegen ihrer Abwesenheit in Elternzeit und
der anschließenden Freistellung keinen Zugang zum innerbetrieblichen Intranet
gehabt habe. Zum einen hat die Klägerin auf Befragen des Gerichts
eingeräumt, solchen Zugang nie gegenüber der Beklagten verlangt zu haben.
Zum anderen ist nicht recht verständlich, welche Bedeutung das Intranet
für die hier streitgegenständliche Frage der Weiterbeschäftigungsmöglichkeit
der Klägerin hat. Sollten dort nämlich freie Stellen im von der Klägerin
benannten Bereich aufgeführt gewesen sein, kann es doch nur um solche
Stellen gegangen sein, die seitens der Beklagten intern besetzt werden
sollten. Arbeitnehmer sollten also intern umgesetzt werden. Dies besagt
nichts dafür, dass dort eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit für die Klägerin
– nach dem Anstellungsvertrag Sachbearbeiterin Technik und Verwaltung
– bestand. Die Einstellung einer solchen Stelle im Intranet würde nicht
automatisch bedeuten, dass auch eine Beschäftigungsmöglichkeit für die
Klägerin bestand, die im Wege des Vorrangs der Änderungskündigung der
arbeitsvertragsgemäßen Beschäftigungsmöglichkeit – wenn auch räumlich
entfernt – vorzuziehen gewesen wäre. Letztlich kann dies aber dahinstehen.
Eine Rechtsvereitelung durch die Beklagte ist, da die Klägerin weder
Einblick in die Interneteinträge noch Auskunft hierüber verlangt hat, in keiner
Weise erkennbar.
f. Soweit sich die Klägerin auf die angebotene Einsatzmöglichkeit als Verkäuferin
im Bau- und Gartenmarkt in C… berufen hat, ist dies unerheblich. Die
Klägerin selbst hat die Stelle mit der – nachvollziehbaren – Begründung
abgelehnt, sie sei für sie mit einem Einkommensverlust von 71,5% in keiner
Weise zumutbar. Es ist nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte der Klägerin
die Vollzeitstelle innerhalb des bisherigen Beschäftigungsspektrums
in E… und nicht auch alternativ die Teilzeitstelle im Bau- und Gartenmarkt
auch im Wege der Änderungskündigung angeboten hat. Unabhängig davon
stammt das Stellenangebot vom 24.04.2007, die streitgegenständliche Änderungskündigung
aber vom 29.03.2007. Auch die Klägerin behauptet
nicht, dass im Zeitpunkt des Zugangs der Änderungskündigung bereits bekannt
gewesen wäre, dass diese Stelle frei würde und eine entsprechende
Beschäftigungsmöglichkeit bestanden hätte. Dies ist jedoch wie dargestellt
Voraussetzung dafür, dass diese Stelle im Sinne einer anderweitign Beschäftigungsmöglichkeit
beachtlich wäre.
g. Die Klägerin hat nicht vorgetragen, wann sie einen Aushang in einer Filiale
in C… gesehen habe, dass Inventurhilfen gesucht würden. Im nachgereich6
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ten Schriftsatz vom 06.10.2008 wird deutlich, dass diese Inventuraushilfen
im Oktober 2007 gesucht worden sind (Bl. 287 d.A.). Es ist also in keiner
Weise erkennbar, dass diese Beschäftigungsmöglichkeit im Zeitraum
17.06.2006 bis 29.03.2007 schon bekannt gewesen wäre. Alles spricht dagegen.
War dies aber nicht der Fall, wäre ohnehin nicht die Unwirksamkeit
der streitgegenständlichen Kündigung die Folge. In Betracht käme allenfalls
ein Anspruch der Klägerin auf Wiedereinstellung, den sie aber im vorliegenden
Prozess nicht gestellt hat. Letztlich kann dies jedoch dahinstehen.
Für die Kammer ist in keiner Weise nachvollziehbar, dass eine solche Aushilfstätigkeit
für Inventuren eine für die Klägerin zumutbare ständige Beschäftigungsmöglichkeit
hätte sein können. Derartige kurzzeitige Aushilfsarbeitsplätze
können nicht ernsthaft als Weiterbeschäftigungsmöglichkeit
für die Klägerin in Betracht gezogen werden.
h. Hinsichtlich der in der Klageschrift behaupteten Beschäftigungsmöglichkeiten
in G… sowie in C… hat die Beklagte erwidert, die Angaben der Klägerin,
es „solle dort Personalbedarf geben“, weil zwei Niederlassungen zusammengelegt
worden seien, und die Beklagte habe den Arbeitsplatz einer
schwangeren Arbeitnehmerin in C… „wohl“ mit einer externen Kraft besetzt,
seien falsch. Sie hat unter Beweisantritt vorgetragen, dass die Neueinstellungen
von Arbeitnehmern, wie sie von der Klägerin vermutet würden, nicht
getätigt worden seien. Die Klägerin hat sich zu diesem Vortrag nicht weiter
geäußert. Sie ist – außer durch pauschale Bezugnahme auf ihre Schriftsätze
– weder in erster noch in zweiter Instanz auf diese behaupteten Stellen
zurückgekommen. Im Rahmen der abgestuften Darlegungslast und insbesondere
auch, weil es sich insoweit nach eigener Darlegung der Klägerin
nur um Vermutungen und nicht um Tatsachenvortrag gehandelt hat, hat die
Kammer gemäß § 138 Abs. 3 ZPO davon auszugehen, dass der Beklagtenvortrag
nicht mehr bestritten werden sollte. Auch insoweit bestehen –
unabhängig davon, dass nicht erkennbar ist, ob die Stellen auch im oben
genannten Zeitraum frei gewesen sein sollen – keine Anhaltspunkte dafür,
dass eine entsprechende Beschäftigungsmöglichkeit bestanden hätte, die
der Klägerin nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit anstelle der Stelle
in E… hätte angeboten werden müssen.
i. Hinsichtlich der Beschäftigungsmöglichkeit in M… gilt ähnliches. Zum einen
hat die Klägerin dem Vortrag der Beklagten, bei der im Zeitungsartikel bezeichneten
Stärkung des Standortes handele es sich nicht um eine personelle
Aufstockung, sondern um einen Umzug in ein neues Gebäude, der allein
mit der bisherigen Mannschaft vollzogen worden sei, zunächst nicht widersprochen.
Sie ist in der Berufungsinstanz auf diesen Sachvortrag auch
nicht mehr zurückgekommen. Hinzu kommt, dass die Stelle nach eigenen
Angaben der Klägerin im Schriftsatz vom 16.10.2007 (Bl. 101 d.A.) schon
im September 2005 – also fast zehn Monate vor dem Ende der Elternzeit
der Klägerin – vorhanden gewesen sein soll. Die Berücksichtigung einer
solchen Stelle – die zudem nicht arbeitsvertragsgemäß ausgestaltet gewe6
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sen sein dürfte, weil es sich nicht um ein Autohaus gehandelt hat – wäre
der Beklagten über einen so langen Zeitraum hinweg ohnehin nicht zumutbar
gewesen. Dies gilt um so mehr, als im Zeitpunkt des behaupteten Bedarfs
nicht sicher war, ob die Klägerin tatsächlich wie angekündigt aus der
Elternzeit zurückkommen würde, ob sie in Vollzeit oder als Teilzeitbeschäftigte
arbeiten würde und ob sie diese Stelle überhaupt als adäquat ansehen
würde.
j. Eine konkrete Beschäftigungsmöglichkeit hat die Klägerin mit dem Hinweis
auf die Stelle in der Buchhaltung – die sie allerdings nicht wie angeboten in
I…, sondern in C… ausfüllen wolle – benannt. Das Angebot der Stelle
durch die Beklagte erfolgte nach den unwidersprochenen Angaben der Beklagten
am 30.07.2007, also weit nach Ausspruch der Kündigung. Auch die
Klägerin behauptet nicht, dass diese Beschäftigungsmöglichkeit – unabhängig
davon, ob die Stelle in I… oder im Wege einer Umorganisation in
C… bestehen sollte – im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung schon bekannt
gewesen wäre. Ist dies aber nicht der Fall, dann hätte die Klägerin insoweit
allenfalls einen Wiedereinstellungsanspruch geltend machen können.
Die Wirksamkeit der Kündigung wird durch nach Zugang der Kündigung
auftretende neue Umstände nicht berührt. Dies gilt auch dann, wenn
diese Umstände – soweit die Beschäftigungsmöglichkeit nicht schon im
Kündigungszeitpunk erkennbar war, wofür vorliegend keine Anhaltspunkte
vorgetragen sind – im Lauf der Kündigungsfrist eintreten. Unabhängig davon
hat die Beklagte im Schreiben vom 06.08.2007 (Bl. 252) erläutert, warum
die von der Klägerin monierte Einrichtung eines Arbeitsplatzes in C…
für diese Tätigkeit nicht in Betracht zu ziehen sei. Auch diesbezüglich hat
die Klägerin nachvollziehbare Einwendungen nicht gemacht. Die Unwirksamkeit
der streitgegenständlichen Änderungskündigung kann mit diesem
Vortrag nach alldem nicht begründet werden.
k. Schließlich genügt auch der – erstmals nach Schluss der mündlichen Verhandlung
vorgetragene – Hinweis auf den Zwischenlagebericht der Beklagten
für den Zeitraum 01.01. bis 30.06.2007 nicht als konkreter Anhaltspunkt
für eine Beschäftigungsmöglichkeit. Selbst wenn die Beklagte ihre Gesamtstellenzahl
von mehr als 16.000 Beschäftigten in diesem Zeitraum erhöht
hat, besagt dies nichts darüber, dass es sich hierbei um für die Klägerin
geeignete Arbeitsplätze im von der Klägerin als relevant angesehenen
Raum J…, K…, C…, G…, F… und M… gehandelt hat. Dies hat auch die
Klägerin – unabhängig davon, dass dieser Sachvortrag verspätet ist – nicht
behauptet.
l. Nach alldem fehlt es an der der Klägerin obliegenden Darlegung, wie sie
sich nach dem Wegfall des Arbeitsplatzes eine konkrete Beschäftigungsmöglichkeit,
die ihr eher zumutbar wäre als der angebotene Arbeitsplatz in
E…, vorstellt. Da eine Umkehr der Darlegungslast entgegen ihrer Ansicht
nicht in Betracht kommt, kann die Kammer – wie schon das Arbeitsgericht –
6 Sa 225/08
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eine Unwirksamkeit des Änderungsangebots wegen Vorrangs einer milderen
Änderungskündigung nicht erkennen. Die Ansicht der Klägerin, das
gemachte Angebot sei von vornherein wegen der Entfernung unzumutbar,
würde selbst dann nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung führen, wenn sie
zuträfe. Es bleibt dabei, dass Anhaltspunkte für eine andere, für die Klägerin
geeignetere Beschäftigungsmöglichkeit bei der Beklagten nicht erkennbar
sind. Damit ist von der sozialen Rechtfertigung der geänderten Arbeitsbedingungen
bzw. von der Änderungskündigung auszugehen.
m. Auch der – ebenfalls verspätete – Vortrag hinsichtlich der Besetzung einer
Marktleiterstelle ist nicht geeignet, den von der Klägerin geltend gemachten
Anspruch zu begründen. Sie selbst war nie Marktleiterin. Die Beklagte war
aber nicht verpflichtet, der Klägerin eine solche Beförderungsposition anzubieten.
n. Erst recht gibt der Hinweis der Klägerin, die Beklagte hätte den in der Sitzung
vor dem Landesarbeitsgericht abgeschlossenen Vergleich nicht widerrufen
dürfen, weil sie auch einem anderen vergleichbaren Mitarbeiter eine
noch höhere Abfindung gezahlt habe, nichts für den streitgegenständlichen
Anspruch her. Eine Abfindung ist nicht eingeklagt. Eine Treuwidrigkeit des
Widerrufs ist angesichts der nicht näher bezeichneten Umstände in keiner
Weise erkennbar.
6. Nach alldem erweist sich das Urteil des Arbeitsgerichts als in jeder Hinsicht
richtig, so dass die Berufung zurückzuweisen ist.
7. Die Klägerin, auch Berufungsklägerin, hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels
zu tragen (§§ 64 Abs. 6 ArbGG, 97 Abs. 1 ZPO).
8. Für die Zulassung der Revision besteht kein gesetzlich begründeter Anlass.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen dieses Urteil ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.
Auf § 72a ArbGG wird hingewiesen.
Vetter Mack Wissel
Vorsitzender Richter Ehrenamtlicher Ehrenamtlicher
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am Landesarbeitsgericht Richter Richter

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