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Arbeitsrecht
04.04.2012
Arbeitsrecht
BAG: Betriebsübergang nach betriebsbedingter Kündigung










BAG, Urteil  vom 15.12.2011 - Aktenzeichen 8 AZR 197/11
(Vorinstanz: LAG Rheinland-Pfalz vom 20.08.2010 -
Aktenzeichen 9 Sa 5/10;
) (Vorinstanz: ArbG Ludwigshafen vom
28.10.2009 - Aktenzeichen 8 Ca 1201/09; )


Amtliche Leitsätze:
Orientierungssätze:
1. Hat das Berufungsgericht über mehrere Teilbegehren
entschieden, hinsichtlich derer jeweils ein Teilurteil hätte ergehen dürfen,
muss die Revision für jeden Teil des Klagebegehrens begründet werden.
2. Kommt es nach Ausspruch einer betriebsbedingten
Kündigung während des Laufs der Kündigungsfrist zu einem Betriebsübergang oder
wird ein solcher zwar noch nicht vollzogen, aber bereits beschlossen, so hat der
gekündigte Arbeitnehmer gegen den Betriebserwerber einen
Wiedereinstellungsanspruch.
3. Allein der Übergang eines Bewachungsauftrags von einem
Auftragnehmer auf einen anderen ohne den Übergang identitätsprägender
Betriebsmittel bzw. die Übernahme eines wesentlichen Teils der Belegschaft
stellt keinen Betriebsübergang dar.

Amtliche Normenkette: BGB
§ 242;
BGB
§ 611;
BGB
§ 613a; ZPO
§ 551;

Redaktionelle Normenkette: BGB
§ 242;
BGB
§ 611;
BGB
§ 613a; ZPO
§ 551;







Tatbestand:
 






Die Parteien streiten darüber, ob das Arbeitsverhältnis des
Klägers infolge eines Betriebsübergangs auf die Beklagte übergegangen bzw. mit
dieser fortzusetzen ist und ob die Beklagte dem Kläger Arbeitsvergütung zahlen
muss.
RN 1






Seit 1. September 2006 stand der Kläger aufgrund eines
schriftlichen Arbeitsvertrages vom 15. August 2006 in einem Arbeitsverhältnis
zur A GmbH (künftig: A). Sein Bruttostundenlohn betrug zuletzt 6,92 Euro
zuzüglich Nacht-, Sonntags- und Feiertagszuschläge. Außerdem hatten die Parteien
am 1. Juli 2007 einen "Zusatzvertrag zum Arbeitsvertrag" geschlossen, der sich
auf die Tätigkeit als "Objektverantwortlicher" bezog.
RN 2






Ausweislich dieses Zusatzvertrages waren die "Aufgaben und
Befugnisse des Objektverantwortlichen" wie folgt geregelt:
RN 3






"4. Aufgabenbereich und Befugnisse des
Objektverantwortlichen
 






- Der Objektverantwortliche hat die Aufgabe, den täglichen
Dienst in seinem Verantwortungsbereich entsprechend der operativen Lage
vorzubereiten und die Dienstdurchführung durch Erstellung der Dienstpläne,
Lageeinweisungen, Vorbereitung spezieller Einsatzaufgaben und gegebenenfalls
notwendige Kontrollmaßnahmen zu organisieren.
 






- Er informiert den Bereichsleiter Security/Objektschutz über
alle besonderen Vorkommnisse während des Dienstgeschehens, insbesondere über
solche, die in unmittelbarem Zusammenhang mit Weisungen, Wünschen oder weiteren
Anmerkungen des Kunden stehen sowie über solche, die in Richtung der
Sicherheitsmitarbeiter eine besondere disziplinarische oder fachliche
Aufmerksamkeit erforderlich machen.
 






- Der Objektverantwortliche legt dem Bereichsleiter
Security/Objektschutz die Dienst- und Urlaubsplanung monatlich vor und überwacht
den 100%igen Besetzungsgrad aller Dienste in seinem
Verantwortungsbereich.
 






- Der Objektverantwortliche meldet personelle sowie materielle
Probleme bei deren Entstehung dem Bereichsleiter Security/Objektschutz und
bereitet Lösungsvorschläge vor.
 






- Der Objektverantwortliche hält dienstlich notwendige
geleistete Stunden, zum Beispiel aus durch den Kunden veranlassten
Sonderdiensten, in einer gesonderten Tabelle nach und stellt diese sowie anderes
zur Erfassung der Stundenleistung der Mitarbeiter fortlaufend geführtes Material
dem Bereichsleiter Security/Objektschutz zur Verfügung.
 






- Der Objektverantwortliche organisiert die Erfassung aller
für die Aufgabenerfüllung notwendigen Meldungen, insbesondere in einem Wachbuch,
und stellt diese sicher.
 






- Verstöße gegen die Dienstanweisung oder eigene Weisungen
meldet er dem Bereichsleiter Security/Objektschutz mündlich bzw. fernmündlich
und auf dessen Anforderung schriftlich, so dass dieser hierdurch in zu
ergreifenden disziplinarischen bzw. fachlichen Maßnahmen unterstützt
wird.
 






- Der Objektverantwortliche kontrolliert fortlaufend das
Arbeitsmaterial sowie für dieses vorgesehene Matrialaus- und rückgabelisten und
meldet defektes oder abhanden gekommenes Material unmittelbar dem Bereichsleiter
Security/Objektschutz.
 






- Notwendige Verbrauchsmittel fordert er rechtzeitig
an."
 






Die Firma F, die in W und B Logistikzentren bzw. Lagerhallen
unterhält, hatte mit A Überwachungsverträge für fünf Objekte geschlossen. Die A
hatte den Objektschutz, Personenkontrollen, den Pfortendienst sowie
Streifengänge durchzuführen. Für diese fünf Objekte setzte A insgesamt 28
Arbeitnehmer als Wachleute ein, von denen fünf als Objektverantwortliche
beschäftigt wurden.
RN 4






Der Kläger war zuletzt mit sechs Kollegen im Objekt "F I"
tätig.
RN 5






Zur Durchführung von Personenkontrollen mittels sog. Scanner
waren im Wachlokal PC, Drucker und Faxgerät vorhanden, derer sich A
bediente.
RN 6






Mit Schreiben vom 25. Februar 2009 kündigte A das
Arbeitsverhältnis mit dem Kläger aus betriebsbedingten Gründen "aufgrund der
Aufgabe sämtlicher Bewachungsobjekte in W und Umgebung" zum 31. März 2009. Der
Kläger ging gegen diese Kündigung nicht gerichtlich vor.
RN 7






Nach Beendigung der jeweiligen Überwachungsverträge zwischen A
und der Firma F übernahm die Beklagte die Überwachung der entsprechenden
Objekte. Im Zuge dessen bot sie Arbeitnehmern von A den Abschluss neuer
Arbeitsverträge an, wobei streitig ist, ob allen Arbeitnehmern oder nur einigen
solche Angebote unterbreitet wurden. Auch der Kläger erhielt vor dem 1. April
2009 ein entsprechendes Angebot, das einen Stundenlohn von 6,89 Euro brutto
beinhaltete. Der Kläger lehnte dieses ab.
RN 8






Die Beklagte verrichtete ihre Dienstleistungen seit dem 1.
April 2009 - wie zuvor bereits A - im Schichtbetrieb mit unveränderter
Schichtdauer. Zur Verwaltung und Dokumentation bedient sich die Beklagte im
Wachlokal ua. des vorhandenen Kopierers und des Telefaxgerätes. Von den zuvor
bei A beschäftigten 28 Arbeitnehmern sind nunmehr mindestens zehn bei der
Beklagten tätig. Von diesen Arbeitnehmern war allein Frau Al zuvor
Objektverantwortliche. Unter den von der Beklagten beschäftigten Arbeitnehmern
sind vier der insgesamt sieben von A im Objekt "F I" tätigen Arbeitnehmer. Der
ehemalige Objektverantwortliche für dieses Objekt wird von der Beklagten nicht
beschäftigt.
RN 9






Mit Schreiben vom 11. Mai 2009 ließ der Kläger die Beklagte
durch seinen Prozessbevollmächtigten auffordern, das Arbeitsverhältnis "zu den
Bedingungen des Arbeitsvertrages bei der Firma A vom 15.08.2006 und des
Zusatzvertrages vom 01.07.2007 [Beginn 01.09.2006] zu den dortigen Bedingungen
ab dem 01.04.2009 fortzusetzen", weil ein Betriebsübergang zwischen der
Beklagten und A stattgefunden habe. Dies lehnte die Beklagte mit Schreiben vom
14. Mai 2009 ab.
RN 10






Der Kläger behauptet, der sukzessiven Übernahme der
Bewachungstätigkeiten durch die Beklagte müsse eine Absprache zwischen A und der
Beklagten zugrunde liegen, weil eine Neuausschreibung der Aufträge durch F nicht
stattgefunden habe. Alle zuvor bei A beschäftigten Arbeitnehmer hätten Angebote
von der Beklagten zu deutlich schlechteren Arbeitsbedingungen erhalten. Die
Beklagte beschäftige jetzt 14 ehemalige A-Arbeitnehmer. Durch die von der
Beklagten unterbreiteten schlechteren Arbeitsbedingungen habe sie verhindert,
dass noch mehr Arbeitnehmer Arbeitsverträge mit ihr abgeschlossen hätten.
Deshalb könne sich die Beklagte nicht darauf berufen, einen wesentlichen Teil
des Personals von A nicht übernommen zu haben. Vielmehr müsse bei einem
Betriebsübergang der Wille der Beklagten genügen, den wesentlichen Teil der
Arbeitnehmer zu übernehmen. Jedenfalls liege ein Betriebsteilübergang vor, weil
die Beklagte von den sieben im selben Objekt wie der Kläger tätigen
Arbeitnehmern vier Arbeitnehmer beschäftige. Auch setze die Beklagte - wie zuvor
A - PC, Drucker und Faxgeräte ein, was auch identitätsprägend sei.
RN 11






Weiter meint der Kläger, die Beklagte sei ihm für den Zeitraum
1. April bis 31. Juli 2009 zur Zahlung von Arbeitsvergütung abzüglich des
erhaltenen Arbeitslosengeldes verpflichtet.
RN 12






Der Kläger hat vor dem Landesarbeitsgericht
beantragt
RN 13






1. festzustellen, dass sein Arbeitsverhältnis mit der A GmbH,
S, mit Wirkung zum 1. April 2009 auf die Beklagte übergegangen ist,
 






2. die Beklagte zu verurteilen, ihn zu den Bedingungen des
Arbeitsvertrages vom 15. August 2006 und Zusatzvertrages zum Arbeitsvertrag vom
1. Juli 2007 zwischen ihm und der A GmbH seit dem 1. April 2009 zu beschäftigen
und zu diesem Zeitpunkt bei der gesetzlichen Sozialversicherung
anzumelden,
 






3. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.439,36 Euro brutto
abzüglich auf die Bundesagentur für Arbeit übergegangene 88,11 Euro netto nebst
fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 1.439,36 Euro ab dem
1. Mai 2009 zu zahlen,
 






4. die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 176,04 Euro
brutto nebst fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus ab
dem 1. Mai 2009 zu zahlen,
 






5. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.615,40 Euro brutto
nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz
hieraus seit dem 1. Juni 2009 abzüglich durch die Agentur für Arbeit für Mai
2009 gezahltes Arbeitslosengeld in Höhe von 881,10 Euro zu zahlen,
 






6. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.615,40 Euro brutto
nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz
hieraus seit dem 1. Juli 2009 abzüglich durch die Agentur für Arbeit gezahltem
Arbeitslosengeld in Höhe von 881,10 Euro zu zahlen,
 






7. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.670,76 Euro brutto
nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz
hieraus seit dem 1. August 2009 abzüglich durch die Agentur für Arbeit gezahltem
Arbeitslosengeld in Höhe von 881,10 Euro zu zahlen.
 






Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
RN 14






Sie behauptet, vertragliche Absprachen hätten allein zwischen
ihr und der Firma F in der Weise bestanden, dass sie nach Auslaufen des
A-Auftrages den Überwachungsauftrag erhalten habe. Die Vertragsbedingungen
zwischen den einzelnen Arbeitnehmern und A seien ihr nicht bekannt gewesen.
Überwiegend seien Personen eingestellt worden, die von sich aus zu ihr gekommen
seien. Insgesamt beschäftige sie nur zehn ehemalige A-Mitarbeiter, also nach
Zahl- und Sachkunde keinen wesentlichen Teil des früheren Personals von A. Der
überwiegende Teil der Überwachungsarbeit werde mit Mitarbeitern verrichtet,
welche nicht zuvor bei A beschäftigt gewesen seien. Die angewandte
Arbeitsorganisation (Schichtbetrieb, Schichtdauer) werde durch die Firma F in
den Auftragsunterlagen vorgegeben. Weitreichende Veränderungen seien dadurch
eingetreten, dass die Beklagte umfangreiche optische Überwachungsanlagen in den
jeweiligen Objekten verbaut habe, welche sie nun zur Überwachung einsetze. Auch
habe sie die für ihre Tätigkeit erforderlichen PC´s neu angeschafft.
RN 15






Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des
Klägers hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen. Mit der vom Senat
zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter und hat zuletzt
beantragt
RN 16






1. festzustellen, dass sein Arbeitsverhältnis mit A mit
Wirkung zum 1. April 2009 auf die Beklagte übergegangen ist,
 






hilfsweise
 






festzustellen, dass zwischen den Parteien vom 1. April 2009
bis zum 2. September 2011 ein Arbeitsverhältnis bestanden hat
 






und
 






vorsorglich
 






festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers mit A
bereits vor dem 1. April 2009 auf die Beklagte übergegangen ist
 






sowie
 






höchst hilfsweise,
 






die Beklagte zu verurteilen, eine Willenserklärung zur
Wiedereinstellung des Klägers bei der Beklagten zum Zeitpunkt des
Betriebsübergangs abzugeben,
 






2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.439,36 Euro brutto
abzüglich auf die Bundesagentur für Arbeit übergegangene 88,11 Euro netto nebst
fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 1.439,36 Euro ab dem
1. Mai 2009 zu zahlen,
 






3. die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 176,04 Euro
brutto nebst fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus ab
dem 1. Mai 2009 zu zahlen,
 






4. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.615,40 Euro brutto
nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz
hieraus seit dem 1. Juni 2009 abzüglich durch die Agentur für Arbeit für Mai
2009 gezahltes Arbeitslosengeld in Höhe von 881,10 Euro zu zahlen,
 






5. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.615,40 Euro brutto
nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz
hieraus seit dem 1. Juli 2009 abzüglich durch die Agentur für Arbeit gezahltem
Arbeitslosengeld in Höhe von 881,10 Euro zu zahlen,
 







6. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.670,76 Euro brutto
nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz
hieraus seit dem 1. August 2009 abzüglich durch die Agentur für Arbeit gezahltem
Arbeitslosengeld in Höhe von 881,10 Euro zu zahlen.
 






Die Beklagte hat einer möglicherweise vorliegenden
Klageerweiterung in der Revisionsinstanz nicht zugestimmt und im Übrigen die
Zurückweisung der Revision beantragt.
RN 17








Entscheidungsgründe:
 






Die Revision des Klägers ist zum Teil unzulässig und im
Übrigen unbegründet. Ihm stehen mangels Vorliegens eines Betriebsübergangs von A
auf die Beklagte gegen diese keine Ansprüche zu.
RN 18






A. Das Landesarbeitsgericht hat seine klageabweisende
Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
RN 19






Der Feststellungsantrag könne deshalb keinen Erfolg haben,
weil der Kläger die Kündigung seines vormaligen Arbeitgebers nicht angegriffen
habe. Die Kündigung gelte gemäß § 7
KSchG
als rechtswirksam, so dass ab 1. April 2009 kein Arbeitsverhältnis mehr bestehe.
Auch der (ursprüngliche) Antrag Ziff. 2 habe keinen Erfolg, da der Kläger keinen
Wiedereinstellungsanspruch habe. Ein solcher setze einen Betriebsübergang
voraus, an dem es aber fehle. Keinen ausreichenden Sachvortrag habe der Kläger
zur behaupteten Übernahme von Überwachungsverträgen von A durch die Beklagte
gehalten. Zwar könne bei Betrieben, in denen es im Wesentlichen auf die
menschliche Arbeitskraft ankomme, ein Übergang einer wirtschaftlichen Einheit
unter Wahrung ihrer Identität vorliegen, wenn nicht nur die betreffende
Tätigkeit weitergeführt, sondern auch ein nach Zahl und Sachkunde wesentlicher
Teil des Personals übernommen werde. Jedoch sei dazu auch auf die Struktur und
Eigenart des Betriebs bzw. Betriebsteils abzustellen, um den nach Zahl und
Sachkunde maßgeblichen Teil der Belegschaft zu bestimmen, der übernommen werden
müsse, damit die wirtschaftliche Einheit als gewahrt anzusehen sei. Bei der vom
Kläger behaupteten Weiterbeschäftigung von insgesamt 14 Arbeitnehmern, von denen
nur eine Arbeitnehmerin Objektverantwortliche gewesen sei, fehle es an der
Übernahme eines nach Zahl- und Sachkunde wesentlichen Teils der Belegschaft. Nur
die Objektverantwortliche habe über spezielle Kenntnisse und Fertigkeiten
verfügt. Die Aufgaben der nachgeordneten Wachkräfte seien nur einfache, schnell
anlernbare Tätigkeiten gewesen. Selbst wenn es sich bei dem Objekt, in welchem
der Kläger eingesetzt gewesen sei, um einen Betriebsteil gehandelt haben sollte,
liege bei der Weiterbeschäftigung von vier von sieben Arbeitnehmern keine
Übernahme eines nach Zahl- und Sachkunde wesentlichen Teils der Belegschaft vor,
da der Objektverantwortliche dieses Objekts nicht übernommen worden sei. Darauf,
ob die Beklagte zur Herbeiführung eines Betriebsübergangs die Gesamtheit der
Arbeitnehmer habe übernehmen wollen, komme es nicht an, sondern darauf, ob ein
solcher tatsächlich stattgefunden habe.
RN 20






B. Die Revision des Klägers ist nur teilweise
zulässig.
RN 21






I. Die Revision ist gemäß § 72
Abs. 1
ArbGG
statthaft, nachdem sie durch Beschluss des Senats vom 24. Februar 2011
zugelassen worden ist. Sie ist auch gemäß § 74
Abs. 1,
§ 72a
Abs. 6
ArbGG
fristgerecht eingelegt und begründet worden.
RN 22






II. Die Revision des Klägers ist unzulässig, soweit sie sich
gegen die Zurückweisung der Berufung in Bezug auf seinen Feststellungsantrag
(ursprünglicher Antrag Ziffer 1) richtet. Insoweit fehlt es an einer
Revisionsbegründung.
RN 23






1. Dieser vom Kläger in der Berufungsinstanz gestellte
Feststellungsantrag ist als ein Antrag nach § 256
Abs. 1
ZPO,
mit dem der Bestand eines Arbeitsverhältnisses des Klägers mit der Beklagten
festgestellt werden soll, auszulegen. Zwar soll nach dem Wortlaut festgestellt
werden, dass das mit A begründete Arbeitsverhältnis auf die Beklagte
übergegangen ist. Jedoch geht es dem Kläger ausweislich der Klagebegründung
nicht um die bloße Feststellung eines anspruchsbegründenden Elements, sondern um
die Frage des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses. Daher ist der Antrag dahin
gehend auszulegen, dass in erster Linie der Fortbestand des ursprünglich mit A
bestehenden Arbeitsverhältnisses ab 1. April 2009 mit der Beklagten geklärt
werden soll (vgl. BAG 31. Januar 2008 - 8
AZR 2/07
- AP BGB
§ 613a
Nr. 339).
RN 24






2. Nach § 72
Abs. 5
ArbGG,
§ 551
Abs. 3
Satz 1 Nr. 2
ZPO
muss die Revisionsbegründung die Angabe der Revisionsgründe enthalten. Hat das
Revisionsgericht über mehrere selbständige Teilbegehren entschieden,
hinsichtlich derer jeweils ein Teilurteil hätte ergehen dürfen, muss die
Revision für jeden Teil des Klagebegehrens begründet werden. Fehlt es
hinsichtlich eines Streitgegenstandes an einer Begründung, ist die Revision
insoweit unzulässig. Ein einheitlicher Revisionsangriff genügt nur dann, wenn
die Entscheidung über den nicht eigens behandelten Anspruch denknotwendig von
der ordnungsgemäß angegriffenen Entscheidung über den anderen Anspruch abhängt
(vgl. BAG 19. April 2005 - 9
AZR 184/04
- AP BErzGG
§ 15
Nr. 43 = EzA BErzGG
§ 15
Nr. 14).
RN 25






3. Der Kläger setzt sich in seiner Revisionsbegründung mit dem
Urteil des Landesarbeitsgerichts nur insoweit ausreichend auseinander, als
dieses einen Wiedereinstellungsanspruch des Klägers verneint hat. Keine
Ausführungen enthält die Revisionsbegründung jedoch zur Berufungszurückweisung
in Bezug auf den Feststellungsantrag. Das Landesarbeitsgericht hat hierzu
gesondert ausgeführt, dass die von der vormaligen Arbeitgeberin des Klägers (A)
ausgesprochene Kündigung vom 25. Februar 2009 mangels Erhebung einer
Kündigungsschutzklage nach § 7
KSchG
von Anfang an als rechtswirksam gilt. Der Feststellungsantrag könne daher keinen
Erfolg haben, weil das Arbeitsverhältnis zum 31. März 2009 geendet habe.
Insoweit durfte eine Auseinandersetzung mit dem Berufungsurteil in der
Revisionsbegründung nicht unterbleiben. Bei dem Feststellungsantrag handelte es
sich nämlich um einen anderen Streitgegenstand als bei den übrigen
Klageanträgen.
RN 26






4. Die vom Kläger in der Revisionsverhandlung "hilfsweise" und
"vorsorglich" gestellten Feststellungsanträge erweisen sich als unzulässig.
Wurde bezüglich des Hauptantrags keine zulässige Revision eingelegt, so führt
die Unzulässigkeit der Revision zur Unzulässigkeit von für den Fall der
Erfolglosigkeit des Hauptantrags erstmals im Revisionsverfahren gestellten
Hilfsanträgen.
RN 27






III. Im Übrigen ist die Revision zulässig.
RN 28






1. Der Klageantrag (ursprünglicher Antrag Ziff. 2), mit dem
der Kläger dem Wortlaut nach die Verurteilung der Beklagten erstrebt hat, ihn zu
den Bedingungen des Arbeitsvertrages vom 15. August 2006 und des Zusatzvertrages
vom 1. Juli 2007 zwischen ihm und A seit dem 1. April 2009 zu beschäftigen und
zu diesem Zeitpunkt bei der gesetzlichen Sozialversicherung anzumelden, bedarf
der Auslegung.
RN 29






Der Kläger hat geltend gemacht, sein Arbeitsverhältnis sei auf
die Beklagte übergegangen bzw. die Beklagte müsse das mit A begründete
Arbeitsverhältnis fortsetzen. Dazu hat der Kläger das Schreiben seines
Prozessbevollmächtigten vom 11. Mai 2009 vorgelegt, mit dem er ausdrücklich von
der Beklagten verlangt hat, das Arbeitsverhältnis zu den Bedingungen der mit A
getroffenen Vereinbarungen "fortzusetzen". Sinn und Zweck des klägerischen
Antrags ist es daher, sein Fortsetzungsverlangen, dh. sein im Schreiben vom 11.
Mai 2009 niedergelegtes Angebot, klageweise durchzusetzen. Dafür spricht auch,
dass der Kläger die Beschäftigung "seit dem 1. April 2009" erstrebt, was schon
naturgesetzlich nicht möglich ist. Daraus wird deutlich, dass es ihm letztlich
um die Begründung eines Arbeitsverhältnisses ab diesem Zeitpunkt geht. Auch das
zweite Element des Antrags - Anmeldung bei der gesetzlichen Sozialversicherung -
spricht für diese Annahme. Damit bringt der Kläger zum Ausdruck, dass es nach
seiner Vorstellung einer Neubegründung eines Arbeitsverhältnisses bedarf. Der
Antrag ist daher - entgegen seinem Wortlaut - nicht als Beschäftigungsantrag,
sondern als Antrag zur Verurteilung der Beklagten zur Annahme seines Angebots
auf Abschluss eines Arbeitsvertrages zu den Bedingungen des Arbeitsvertrages mit
A auszulegen. Im Übrigen hat der Kläger dies auch durch das "höchst hilfsweise"
Stellen eines entsprechenden Antrags in der Revisionsverhandlung klargestellt,
nachdem er seinen ursprünglichen Antrag auf Beschäftigung und Anmeldung bei der
gesetzlichen Sozialversicherung nicht mehr gestellt hatte.
RN 30






2. Insoweit genügt die Revisionsbegründung den gesetzlichen
Anforderungen (§ 72
Abs. 5
ArbGG,
§ 551
Abs. 3
ZPO),
weil sich der Kläger mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts insoweit
auseinandergesetzt hat, als dieses einen Anspruch des Klägers gegen die Beklagte
auf Wiedereinstellung deshalb verneint hatte, weil kein Betriebsübergang von A
auf die Beklagte stattgefunden habe.
RN 31






3. Das Bestehen der vom Kläger geltend gemachten
Zahlungsansprüche hängt zwingend vom Erfolg seiner Klage auf Wiedereinstellung
ab. Das Landesarbeitsgericht hat die Zahlungsklage wegen Fehlens eines solchen
Wiedereinstellungsanspruches abgewiesen. Deshalb genügen die Ausführungen des
Klägers in seiner Revisionsbegründung zur Fehlerhaftigkeit des Berufungsurteils
bezüglich dessen Ausführungen zum Betriebsübergang und zum
Wiedereinstellungsanspruch für eine ordnungsgemäße Begründung der Revision auch
hinsichtlich der Leistungsklage.
RN 32






C. Soweit die Revision des Klägers zulässig ist, ist sie nicht
begründet.
RN 33






Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Recht vollumfänglich
abgewiesen.
RN 34






I. Der Klageantrag auf Abgabe einer Willenserklärung der
Beklagten ist zulässig. Insbesondere ist er hinreichend iSv. § 253
Abs. 2
Nr. 2
ZPO
bestimmt. Im Wege der Auslegung des Antrags ergibt sich hinreichend der Inhalt
des abzuschließenden Arbeitsvertrages. Für die Auslegung ist auch auf das
Schreiben des klägerischen Prozessbevollmächtigten vom 11. Mai 2009 abzustellen.
Aus diesem ergibt sich, dass der Vertrag zu den Bedingungen und Besitzständen
zustande kommen soll, die gemäß Arbeitsvertrag vom 15. August 2006 und
Zusatzvertrag vom 1. Juli 2007 in dem ab dem 1. September 2006 begründeten und
zum 31. März 2009 beendeten Arbeitsverhältnis mit A gegolten haben. Aus dem
Schreiben und dem "höchst hilfsweisen" Antrag in der Revisionsverhandlung ergibt
sich in für die Auslegung des Antrags relevanter Weise auch, dass der Kläger den
Abschluss des Arbeitsvertrages rückwirkend zum Zeitpunkt des behaupteten
Betriebsübergangs am 1. April 2009 begehrt.
RN 35






II. Die Klage ist insoweit jedoch nicht begründet. Der Kläger
hat keinen Anspruch auf Abgabe einer auf den Abschluss eines Arbeitsvertrages
gerichteten Willenserklärung durch die Beklagte. Die Voraussetzungen eines
Wiedereinstellungsanspruches gegen die Beklagte liegen nicht vor.
RN 36






1. Ein Wiedereinstellungsanspruch, der seine Grundlage in § 611
BGB
iVm. § 242
BGB
findet (vgl. BAG 25. Oktober 2007 - 8
AZR 989/06
- AP BGB
§ 613a
Wiedereinstellung Nr. 2 = EzA BGB
2002 § 613a
Nr. 80), setzt voraus, dass nach dem Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung
sich während der Kündigungsfrist unvorhergesehen eine
Weiterbeschäftigungsmöglichkeit für den gekündigten Arbeitnehmer ergibt (vgl.
BAG 25. September 2008 - 8
AZR 607/07
- AP BGB
§ 613a
Nr. 355 = EzA BGB
2002 § 613a
Nr. 98). Entsteht die Weiterbeschäftigungsmöglichkeit erst nach Ablauf der
Kündigungsfrist, kommt nur ausnahmsweise ein Wiedereinstellungsanspruch in
Betracht. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn der Betrieb oder
Betriebsteil, dem der Arbeitnehmer zugeordnet war, gemäß § 613a
BGB
auf einen Betriebserwerber übergeht. Der Wiedereinstellungsanspruch richtet
sich, wenn es während des Laufens der Kündigungsfrist zu einem Betriebsübergang
kommt, gegen den Betriebserwerber. Gleiches gilt, wenn während des Laufs der
Kündigungsfrist der Betriebsübergang zwar beschlossen, aber noch nicht vollzogen
ist. In diesem Falle entsteht noch während des Bestandes des
Arbeitsverhältnisses ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Wiedereinstellung, der
ab dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs gemäß § 613a
Abs. 1
BGB
gegen den Erwerber gerichtet ist (vgl. BAG 25. September 2008 - 8
AZR 607/07
- aaO.).
RN 37






2. Ein Betriebsübergang auf die Beklagte hat nicht
stattgefunden.
RN 38






a) Ein Betriebsübergang iSv. § 613a
BGB
liegt vor, wenn ein neuer Rechtsträger die wirtschaftliche Einheit unter Wahrung
ihrer Identität fortführt. Der Begriff wirtschaftliche Einheit bezieht sich auf
eine organisatorische Gesamtheit von Personen und/oder Sachen zur auf Dauer
angelegten Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigener Zielsetzung. Ob
ein im Wesentlichen unveränderter Fortbestand der organisierten Gesamtheit
"Betrieb" bei einem neuen Inhaber anzunehmen ist, richtet sich nach den
Umständen des konkreten Einzelfalles. Als Teilaspekte der Gesamtwürdigung zählen
insbesondere die Art des betreffenden Betriebs, der Übergang materieller
Betriebsmittel wie beweglicher Güter und Gebäude, der Wert immaterieller Aktiva
im Zeitpunkt des Übergangs, die Übernahme der Hauptbelegschaft durch den neuen
Inhaber, der Übergang von Kundschaft und Lieferantenbeziehungen, der Grad der
Ähnlichkeit zwischen den vor und nach dem Übergang verrichteten Tätigkeiten und
die Dauer einer Unterbrechung dieser Tätigkeit. Die Identität der Einheit kann
sich auch aus anderen Merkmalen ergeben, wie ihrem Personal, ihren
Führungskräften, ihrer Arbeitsorganisation, ihren Betriebsmethoden und ggf. den
ihr zur Verfügung stehenden Betriebsmitteln. Den für das Vorliegen eines
Übergangs maßgeblichen Kriterien kommt je nach der ausgeübten Tätigkeit und je
nach den Produktions- oder Betriebsmethoden unterschiedliches Gewicht zu (st.
Rspr., vgl. BAG 25. Juni 2009 - 8
AZR 258/08
- AP BGB
§ 613a
Nr. 373 = EzA BGB
2002 § 613a
Nr. 111).
RN 39






In Branchen, in denen es im Wesentlichen auf die menschliche
Arbeitskraft ankommt, kann auch eine Gesamtheit von Arbeitnehmern, die durch
eine gemeinsame Tätigkeit dauerhaft verbunden ist, eine wirtschaftliche Einheit
darstellen. Die Wahrung der Identität der wirtschaftlichen Einheit ist in diesem
Falle anzunehmen, wenn der neue Betriebsinhaber nicht nur die betreffende
Tätigkeit weiterführt, sondern auch einen nach Zahl und Sachkunde wesentlichen
Teil des Personals übernimmt, das sein Vorgänger gezielt bei dieser Tätigkeit
eingesetzt hatte. Hingegen stellt die bloße Fortführung der bisherigen
betrieblichen Tätigkeit durch einen anderen (Funktionsnachfolge) ebenso wenig
einen Betriebsübergang dar wie die reine Auftragsnachfolge (st. Rspr., vgl. BAG
25. Juni 2009 - 8
AZR 258/08
- AP BGB
§ 613a
Nr. 373 = EzA BGB
2002 § 613a
Nr. 111). Der bloße Verlust eines Auftrages an einen Mitbewerber stellt daher
für sich genommen keinen Übergang im Sinne der Betriebsübergangsrichtlinie dar
(EuGH 11. März 1997 - C-13/95 - [Ayse Süzen] Slg. 1997, I-1259 = AP
EWG-Richtlinie Nr. 77/187 Nr. 14 = EzA BGB
§ 613a
Nr. 145; BAG 28. Mai 2009 - 8
AZR 273/08
- AP BGB
§ 613a
Nr. 370 = EzA KSchG
§ 17
Nr. 20). In betriebsmittelgeprägten Betrieben kann ein Betriebsübergang auch
ohne Übernahme von Personal vorliegen (vgl. EuGH 20. November 2003 - C-340/01 -
[Carlito Abler] Slg. 2003, I-14023 = AP EWG-Richtlinie Nr. 77/187 Nr. 34 = EzA
BGB
2002 § 613a
Nr. 13; vgl. auch BAG 23. September 2010 - 8
AZR 567/09
- AP BGB
§ 613a
Nr. 389 = EzA BGB
2002 § 613a
Nr. 120). Der Umstand, dass die von dem neuen Unternehmer übernommenen
Betriebsmittel nicht seinem Vorgänger gehörten, sondern vom Auftraggeber zur
Verfügung gestellt wurden, schließt den Betriebsübergang nicht aus. Auch ist im
Fall einer Auftragsneuvergabe die Überlassung der Betriebsmittel zur
eigenwirtschaftlichen Nutzung keine notwendige Voraussetzung für die
Feststellung eines Betriebsübergangs vom ursprünglichen Auftragnehmer auf den
neuen Auftragnehmer (vgl. EuGH 15. Dezember 2005 - C-232/04 und C-233/04 -
[Güney-Görres] Slg. 2005, I-11237 = AP Richtlinie 2001/23/EG Nr. 1 = EzA BGB
2002 § 613a
Nr. 41; BAG 6. April 2006 - 8
AZR 222/04
- BAGE 117, 349
= AP BGB
§ 613a
Nr. 299 = EzA BGB
2002 § 613a
Nr. 49). Sächliche Betriebsmittel sind im Rahmen einer Auftragsneuvergabe
wesentlich, wenn bei wertender Betrachtungsweise ihr Einsatz den eigentlichen
Kern des zur Wertschöpfung erforderlichen Funktionszusammenhangs ausmacht (st.
Rspr., vgl. BAG 15. Februar 2007 - 8
AZR 431/06
- BAGE 121, 289 = AP BGB
§ 613a
Nr. 320 = EzA BGB
2002 § 613a
Nr. 64). Kriterien hierfür können sein, dass die Betriebsmittel unverzichtbar
zur auftragsgemäßen Verrichtung der Tätigkeiten sind (vgl. BAG 15. Februar 2007
- 8
AZR 431/06
- aaO.), auf dem freien Markt nicht erhältlich sind oder ihr
Gebrauch vom Auftraggeber zwingend vorgeschrieben ist (vgl. BAG 13. Juni 2006 -
8
AZR 271/05
- AP BGB
§ 613a
Nr. 305 = EzA BGB
2002 § 613a
Nr. 53).
RN 40






Dem Übergang eines gesamten Betriebs steht der Übergang eines
Betriebsteils gleich. Auch beim Erwerb eines Betriebsteils ist es erforderlich,
dass die wirtschaftliche Einheit ihre Identität wahrt. Daher muss eine
Teileinheit des Betriebs bereits beim früheren Betriebsinhaber die Qualität
eines Betriebsteils gehabt haben (vgl. BAG 13. Oktober 2011 - 8
AZR 455/10
-).
RN 41






Maßgebliches Kriterium für den Übergang ist die tatsächliche
Weiterführung oder Wiederaufnahme der Geschäftstätigkeit durch den neuen
Inhaber. Daher genügt die bloße Fortführungsmöglichkeit nicht; entscheidend ist
die tatsächliche Fortführung (vgl. BAG 21. Februar 2008 - 8
AZR 77/07
- AP BGB
§ 613a
Nr. 343).
RN 42






b) Nach den allgemeinen zivilprozessualen Regeln trägt der
Arbeitnehmer, der den Wiedereinstellungsanspruch geltend macht, die Darlegungs-
und Beweislast für die anspruchbegründenden Tatsachen, zu denen auch das
Vorliegen eines Betriebs- bzw. Betriebsteilübergangs gehört (vgl. BAG 25.
September 2008 - 8
AZR 607/07
- AP BGB
§ 613a
Nr. 355 = EzA BGB
2002 § 613a
Nr. 98).
RN 43






Unter Beachtung dieser Grundsätze hat das Landesarbeitsgericht
das Vorliegen eines Betriebs- bzw. Betriebsteilübergangs auf die Beklagte
zutreffend verneint. Die notwendigerweise vorzunehmende Gesamtwürdigung ergibt
weder einen Übergang eines Betriebsteils von A auf die Beklagte noch den
Übergang des ganzen Betriebs. Die Durchführung der Bewachung aller fünf Objekte
der Firma F in W und Umgebung, einschließlich des Objekts "F I", durch die
Beklagte seit dem 1. April 2009 stellt eine bloße Auftragsnachfolge
dar.
RN 44






aa) Der Abschluss eines Bewachungsvertrages zwischen der Firma
F und der Beklagten stellt selbst dann keinen Betriebs(teil-)übergang dar, wenn
der der Beklagten erteilte Auftrag inhaltlich identisch zu dem zuvor A erteilten
Auftrag sein sollte, was im Hinblick auf die von der Beklagten behaupteten und
unbestritten gebliebenen umfangreichen Einbauten von optischen
Überwachungseinrichtungen zweifelhaft sein könnte. Zwar kann auch die Übernahme
von Kunden- und Lieferantenbeziehungen einen Betriebs- oder Betriebsteilübergang
im Zusammenspiel mit weiteren Umständen begründen (vgl. BAG 14. August 2007 - 8
AZR 803/06
- AP BGB
§ 613a
Nr. 326 = EzA BGB
2002 § 613a
Nr. 75). Die bloße Auftragsnachfolge stellt aber weder einen Betriebsübergang
iSv. § 613a
BGB
noch den Übergang einer wirtschaftlichen Einheit im Sinne der
Betriebsübergangsrichtlinie 2001/23/EG dar (vgl. BAG 25. September 2008 - 8
AZR 607/07
- AP BGB
§ 613a
Nr. 355 = EzA BGB
2002 § 613a
Nr. 98).
RN 45






Der Schutz der betroffenen Arbeitnehmer ist da geboten, wo die
betriebliche Einheit fortbesteht. Die Neuvergabe eines Auftrages ist zunächst
nur die Folge des Wettbewerbs auf einem freien Dienstleistungsmarkt. Der
Übergang einer wirtschaftlichen Einheit setzt neben einer etwaigen
Auftragsnachfolge die Feststellung zusätzlicher Umstände voraus, die in der
Gesamtwürdigung die Annahme des Fortbestandes der wirtschaftlichen Einheit
rechtfertigen. Eine Tätigkeit ist noch keine wirtschaftliche Einheit (vgl. BAG
14. August 2007 - 8
AZR 1043/06
- AP BGB
§ 613a
Nr. 325 = EzA BGB
2002 § 613a
Nr. 74). Dies gilt auch dann, wenn ein Dienstleistungsauftrag der für die
Existenz des Betriebs unentbehrliche einzige Auftrag des Betriebs ist (vgl. BAG
28. Mai 2009 - 8
AZR 273/08
- AP BGB
§ 613a
Nr. 370 = EzA KSchG
§ 17
Nr. 20). Der Übergang einer wirtschaftlichen Einheit setzt danach neben einer
etwaigen Auftragsnachfolge die Feststellung zusätzlicher Umstände voraus, die in
der Gesamtwürdigung die Annahme des Fortbestandes der wirtschaftlichen Einheit
rechtfertigen. Allein der Umstand, dass die vom alten und neuen Auftragnehmer
erbrachten Dienstleistungen ähnlich sind, erlaubt es nicht anzunehmen, der
Übergang einer wirtschaftlichen Einheit liege vor (vgl. EuGH 20. Januar 2011 -
C-463/09
- [CLECE] EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2001/23 Nr. 6; 10. Dezember 1998 -
C-173/96 und C-247/96 - [Francisca Sánchez Hidalgo und Horst Ziemann] Slg. 1998,
I-8237 = EzA BGB
§ 613a
Nr. 172). Der Grad der Ähnlichkeit der erbrachten Dienstleistungen erlangt als
Kriterium, welches für die Annahme eines Betriebsübergangs spricht allerdings
dann Bedeutung, wenn die Art und Weise der Tätigkeit von den Auftragnehmern
beeinflusst werden kann, also Ausdruck der von den Auftragnehmern geschaffenen
Arbeitsorganisation ist und die durchgeführte Tätigkeit nicht maßgeblich auf den
Vorgaben des Auftrages beruht, dh. sie sich im Wesentlichen als die aufgrund des
Dienstleistungsvertrages geschuldete Tätigkeit darstellt (vgl. BAG 25. September
2008 - 8
AZR 607/07
- AP BGB
§ 613a
Nr. 355 = EzA BGB
2002 § 613a
Nr. 98).
RN 46






Unbehelflich ist zunächst der Vortrag des Klägers, die
Beklagte sei "in die Aufträge eingetreten, ohne jegliche Neuausschreibung". Die
Firma F konnte als privates Unternehmen jederzeit Bewachungsaufträge anhand der
von ihr für maßgeblich erachteten Kriterien vergeben. Dass die Beklagte - ebenso
wie die vorherige Auftragnehmerin A - im Schichtbetrieb mit gleicher
Schichtdauer wie bei A dieselben Objekte der Firma F, insbesondere auch das
Objekt "F I", bewacht, kann ohne das Hinzutreten weiterer Umstände einen
Betriebsübergang nicht begründen. Nach dem unbestrittenen Vortrag der Beklagten
beruht dies auf dem von der Firma F erteilten Auftrag, nicht aber auch einer
eigenen Organisationsentscheidung der Beklagten. Daher kann letztlich
dahinstehen, ob bzw. inwieweit eine erhebliche Änderung der Arbeitsorganisation
dadurch eingetreten ist, dass die Beklagte nach ihrem Vortrag in größerem Umfang
optische Überwachungsanlagen in den Objekten der Firma F verbaut hat und diese
zur Erfüllung des Überwachungsauftrages einsetzt.
RN 47






bb) Die Vergabe des Bewachungsauftrages bzw. der
Bewachungsaufträge für das Objekt F "F I" bzw. für alle fünf Objekte der Firma F
im Raum W und B ging auch nicht mit dem Übergang einer wirtschaftlichen Einheit
unter Wahrung ihrer Identität von A auf die Beklagte einher.
RN 48






Das Vorbringen des Klägers lässt zunächst nicht den Schluss
zu, dass die weiter genutzten materiellen Betriebsmittel (Wachlokal, PC,
Drucker, Telefaxgeräte) identitätsprägend sind.
RN 49






Zwar steht allein der Umstand, dass diese Betriebsmittel nicht
der Vorgängerin - A - gehört hatten, sondern von der Firma F der Beklagten zur
Verfügung gestellt wurden, der Annahme eines Betriebsübergangs nicht entgegen.
Denn im Falle einer Auftragsneuvergabe ist die Überlassung der Betriebsmittel
zur eigenwirtschaftlichen Nutzung keine notwendige Voraussetzung für die
Feststellung eines Betriebsübergangs vom ursprünglichen Auftragnehmer auf den
neuen Auftragnehmer (vgl. oben). Jedoch handelt es sich bei den von der
Beklagten weiterhin genutzten sächlichen Betriebsmitteln nicht um wesentliche,
die Identität der Einheit prägende Betriebsmittel.
RN 50






Sächliche Betriebsmittel sind im Rahmen einer
Auftragsneuvergabe dann wesentlich, wenn bei wertender Betrachtungsweise ihr
Einsatz den eigentlichen Kern des zur Wertschöpfung erforderlichen
Funktionszusammenhangs ausmacht und sie somit unverzichtbar zur auftragsgemäßen
Verrichtung der Tätigkeiten sind (vgl. BAG 14. August 2007 - 8
AZR 1043/06
- AP BGB
§ 613a
Nr. 325 = EzA BGB
2002 § 613a
Nr. 74). Den Kern des zur Wertschöpfung erforderlichen Funktionszusammenhangs
bilden sächliche Betriebsmittel aber nicht schon dann, wenn sie zur Erbringung
der Dienstleistung erforderlich sind (vgl. BAG 25. September 2008 - 8
AZR 607/07
- AP BGB
§ 613a
Nr. 355 = EzA BGB
2002 § 613a
Nr. 98). Das Landesarbeitsgericht hat daher den weiterhin genutzten
Betriebsmitteln zu Recht keine wesentliche Bedeutung beigemessen, da diese bloße
Hilfsmittel zur Erbringung der eigentlichen Bewachungsleistungen sind. Die
Nutzung eines Wachlokals mag im Hinblick auf die Bewachung der Objekte der Firma
F im Schichtbetrieb notwendig sein, jedoch dient ein Wachlokal nicht unmittelbar
der Sicherung und Bewachung des zu überwachenden Objekts. Das Wachlokal hat als
Hilfsmittel allein dienende Funktion. Dies gilt auch für die im Wachlokal
vorgehaltene Ausrüstung. Diese Geräte dienen als Hilfsmittel insbesondere der
Dokumentation der eigentlichen Überwachungstätigkeit, prägen aber nicht deren
Charakter. So werden die ein- bzw. ausfahrenden Fahrzeuge kontrolliert und
anschließend wird mittels der Hilfsmittel eine Dokumentation erstellt. Die
Wachleute laufen Streifen, kontrollieren die in die Objekte eintretenden bzw.
die diese verlassenden Personen. Prägend für diese Tätigkeit ist dabei die
Achtsamkeit der Wachleute an der Pforte, im Objekt bzw. auf Streifengängen und
deren Bereitschaft bzw. Fähigkeit, im Bedarfsfalle einzugreifen. Aus dem Vortrag
des Klägers ergibt sich im Übrigen auch nicht, dass außerhalb des reinen
Pfortendienstes, dh. außerhalb des Wachlokals, überhaupt Hilfsmittel zum Einsatz
kommen, die zuvor von A genutzt wurden und nunmehr auch von der Beklagten
eingesetzt werden. Dies gilt insbesondere auch für die Streifengänge. Bei den
vom Kläger als sächliche Betriebsmittel genannten Geräten handelt es sich allein
um solche, die stationär im Wachlokal vorgehalten werden. Die Tätigkeit dort
macht aber ohnehin nur einen Teil der im Rahmen des Auftrages zu verrichtenden
Tätigkeiten aus. Nach dem vom Kläger unbestrittenen Vortrag sind optische
Überwachungseinrichtungen - unabhängig davon, dass es sich hierbei auch um
Hilfsmittel handelt - erst von der Beklagten im Objekt verbaut worden, dh.,
diese waren noch nicht zur Zeit der Auftragsdurchführung durch A vorhanden und
wurden daher auch nicht vom Kläger und dessen Kollegen genutzt.
RN 51






Auch wenn zugunsten des Klägers unterstellt wird, die
Gesamtheit der von A im Objekt "F I" eingesetzten Mitarbeiter habe eine
identifizierbare wirtschaftliche und organisatorische Teileinheit, dh. einen
Betriebsteil, gebildet und die Beklagte beschäftige jetzt insgesamt nicht nur
zehn, sondern 14 zuvor von A eingesetzte Mitarbeiter, lässt sich eine Wahrung
der Identität der wirtschaftlichen Einheit nicht feststellen.
RN 52






Zwar kann in Branchen, in denen es im Wesentlichen auf die
menschliche Arbeitskraft ankommt, auch eine Gesamtheit von Arbeitnehmern, die
durch eine gemeinsame Tätigkeit dauerhaft verbunden ist, eine wirtschaftliche
Einheit darstellen. Die Wahrung der Identität der wirtschaftlichen Einheit ist
in solchen Fällen dann anzunehmen, wenn der neue Auftragnehmer nicht nur die
betreffende Tätigkeit weiterführt, sondern auch einen nach Zahl und Sachkunde
wesentlichen Teil des Personals übernimmt, welches sein Vorgänger gezielt bei
dieser Tätigkeit eingesetzt hatte (vgl. BAG 23. September 2010 - 8
AZR 567/09
- AP BGB
§ 613a
Nr. 389 = EzA BGB
2002 § 613a
Nr. 120). In Branchen, die durch einen objektbezogenen Personaleinsatz mit
untergeordneter Bedeutung von sächlichen Betriebsmitteln geprägt sind, genügt
dies, um die Identität der wirtschaftlichen Einheit fortzuführen. Von der
Struktur des Betriebs oder Betriebsteils hängt es dann ab, welcher nach Zahl und
Sachkunde zu bestimmende Teil der Belegschaft übernommen werden muss, um die
Rechtsfolgen des § 613a
BGB
auszulösen. Werden Arbeitnehmer mit einer geringeren Qualifikation beschäftigt,
muss eine größere Anzahl von ihnen weiterbeschäftigt werden, um auf einen
Fortbestand der vom Konkurrenten geschaffenen Arbeitsorganisation schließen zu
können, als wenn der Betrieb stärker durch Spezialwissen und Qualifikation der
Arbeitnehmer geprägt ist. Dann kann neben anderen Kriterien ausreichen, dass
wegen ihrer Sachkunde wesentliche Teile der Belegschaft übernommen werden (st.
Rspr., vgl. BAG 25. September 2008 - 8
AZR 607/07
- AP BGB
§ 613a
Nr. 355 = EzA BGB
2002 § 613a
Nr. 98). Entscheidend ist, ob der weiterbeschäftigte Belegschaftsteil
insbesondere aufgrund seiner Sachkunde, seiner Organisationsstruktur und nicht
zuletzt auch seiner relativen Größe im Grundsatz funktionsfähig bleibt (vgl.
Hartmann EuZA 2011, 329, 335).
RN 53






Von diesen Grundsätzen ist auch das Landesarbeitsgericht
ausgegangen und ohne Rechtsfehler zu dem Ergebnis gelangt, dass weder die
Beschäftigung von vier der sieben zuvor im Objekt "F I" von A eingesetzten
Wachleuten noch die Beschäftigung von 14 von zuvor insgesamt 28 beschäftigten
Arbeitnehmern auf die Wahrung der Identität der wirtschaftlichen Einheit
schließen lässt. Hierbei hat das Landesarbeitsgericht zutreffend maßgeblich
darauf abgestellt, dass es sich bei der Tätigkeit der Wachleute um eine
einfache, leicht erlernbare Tätigkeit handelt und der zuvor im Objekt "F I"
beschäftigte Objektverantwortliche nicht für die Beklagte tätig ist bzw. bezogen
auf alle Objekte nur eine Arbeitnehmerin zuvor als Objektverantwortliche tätig
war.
RN 54






Die Frage, welchen Anteil der Belegschaft der neue
Auftragnehmer beschäftigen muss, damit bei gering qualifizierten Tätigkeiten von
der Übernahme eines nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teils des Personals
gesprochen werden kann, war bereits mehrfach Gegenstand von Entscheidungen des
Senats. Dieser hat bei Reinigungsarbeiten die Beschäftigung von 60 % (vgl. BAG
24. Mai 2005 - 8
AZR 333/04
- EzA BGB
2002 § 613a
Nr. 37) oder von zwei Dritteln von zuvor beim alten Auftragnehmer beschäftigten
Reinigungskräften nicht als ausreichend angesehen, um eine Identitätswahrung
anzunehmen (vgl. BAG 19. März 1998 - 8
AZR 737/96
- Rn. 24). Bei der Neuvergabe eines Bewachungsauftrages wurde die
Schwelle zur Identitätswahrung bei einem Anteil von etwa 61 % (22 von 36)
weiterbeschäftigten einfachen Wachleuten als nicht überschritten betrachtet
(vgl. BAG 14. Mai 1998 - 8 AZR 418/96 - NZA 1999, 483). Bei einfachen
Tätigkeiten im Rahmen eines Hol- und Bringdienstes reichte die
Weiterbeschäftigung von 75 % der ehemaligen Beschäftigten nicht aus, um die
Übernahme der Hauptbelegschaft und das Vorliegen eines Betriebsübergangs zu
bejahen, zumal keine Bewahrung der früheren Arbeitsorganisation damit einherging
(vgl. BAG 10. Dezember 1998 - 8 AZR 676/97 - AP BGB
§ 613a
Nr. 187 = EzA BGB
§ 613a
Nr. 174). Der Senat hat es bei Reinigungsarbeiten hingegen für eine
Identitätswahrung genügen lassen, dass etwas über 85 % der früheren Arbeitnehmer
in ihren angestammten Funktionen und die einzige Vorarbeiterin weiterbeschäftigt
wurden (vgl. BAG 11. Dezember 1997 - 8
AZR 729/96
- BAGE 87, 303
= AP BGB
§ 613a
Nr. 172 = EzA BGB
§ 613a
Nr. 159). Dies zeigt, dass die Kriterien Zahl und Sachkunde des
weiterbeschäftigten Personals nicht beziehungslos nebeneinanderstehen, sondern
sich wechselseitig beeinflussen. Die Beschäftigung von vier von sieben, dh., von
etwa 57 % der im Objekt "F I" eingesetzten Wachleute, ist daher kein
Anknüpfungspunkt, um von einer Identitätswahrung auszugehen. Die Tätigkeit der
"einfachen" Wachleute stellt nur geringe Qualifikationsanforderungen, die
innerhalb einer kurzen Anlernzeit erworben werden können. Auch der Kläger
behauptet nichts Gegenteiliges. Dass die Objektverantwortlichen angesichts ihrer
Aufgaben - sie melden zum Beispiel Probleme dem Bereichsleiter und bereiten
selbst Lösungsvorschläge vor, organisieren alle für die Aufgabenerfüllung
notwendigen Meldungen oder melden Verstöße gegen Dienstanweisungen oder eigene
Anweisungen an den Bereichsleiter - innerhalb der Belegschaft und der
geschaffenen Organisationsstruktur wesentliches Erfahrungswissen repräsentieren,
kann zugunsten des Klägers unterstellt werden. Gleichwohl liegt keine
Identitätswahrung vor, weil kein Objektverantwortlicher von der Beklagten
beschäftigt wird, der zuvor für das Objekt "F I" verantwortlich war, also der
nach Zahl und Sachkunde wesentliche Teil der Belegschaft bzgl. des Objekts
gerade nicht weiterbesteht. A hatte zur Erfüllung der von der Firma F
übertragenen Aufgaben eine Organisationsstruktur geschaffen, die für jedes
Objekt einen Objektverantwortlichen mit besonderen Aufgaben vorsah. Bezogen auf
das Objekt "F I", hat sich die Beklagte durch die bloße Beschäftigung von vier
Wachleuten jedoch diese betriebliche Organisation nicht zu eigen gemacht. Dh.,
die Beklagte profitiert nicht von der Weiternutzung einer von A geschaffenen
Betriebsorganisation (vgl. auch Generalanwältin Trstenjak Schlussanträge 26.
Oktober 2010 EuGH - C-463/09
- [CLECE] Rn. 68; Hartmann EuZA 2011, 329, 336 f.). Gleiches gilt auch, wenn
alle fünf Objekte als Bezugsobjekt für die Frage des Betriebsteilübergangs
gewählt werden. In diesem Fall arbeiten selbst nach dem Vortrag des Klägers nur
50 % (14 von 28) aller zuvor bei A Beschäftigen bei der Beklagten, wobei nur
eine Objektverantwortliche, also 20 % der qualifizierteren Mitarbeiter nun ihre
Tätigkeit bei der Beklagten verrichtet. Es kann angesichts dieser
Zahlenverhältnisse nicht davon gesprochen werden, die Beklagte habe das
identitätsprägende "Gerüst" der Belegschaft deshalb übernommen. A hatte zur
Bewachung von fünf Objekten eine Struktur geschaffen, die für jedes Objekt einen
mit besonderen Aufgaben betreuten Objektverantwortlichen und insgesamt weitere
23 Wachleute vorsah. Diese Betriebsorganisation wird nicht weitergenutzt, wenn
lediglich 14 Wachleute (50 % aller Arbeitnehmer) und nur eine einzige
Objektverantwortliche (20 % des qualifizierten Personals) zur Überwachung
derselben fünf Objekte durch den neuen Auftragnehmer beschäftigt werden. Die
geschaffene Organisation des Bewachungsbetriebs für fünf Objekte lässt sich mit
diesen Mitarbeitern nicht aufrechterhalten.
RN 55






cc) Entgegen der Auffassung des Klägers führt auch nicht zu
einem anderen Ergebnis, dass er und andere Arbeitnehmer von der Beklagten ein
Angebot auf Abschluss eines Arbeitsvertrages erhalten hatten, das sie nicht
angenommen haben. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht diesen Umstand bei der
Prüfung, ob ein Betriebsübergang vorliegt, nicht berücksichtigt.
RN 56






Zwar hatte der Europäische Gerichtshof in seinem noch zur
Richtlinie 77/187/EWG
des Rates vom 14. Februar 1977 ergangenen Urteil vom 14. April 1994 (- C-392/92
- [Christel Schmidt] Slg. 1994, I-1311 = AP BGB
§ 613a
Nr. 106 = EzA BGB
§ 613a
Nr. 114) einen Betriebsübergang in einem Fall angenommen, in dem die einzige
Arbeitnehmerin vom neu beauftragten Unternehmen ein erfolgloses Angebot zur
Weiterbeschäftigung erhalten hatte. Jedoch hat der EuGH, beginnend mit seinem
Urteil vom 11. März 1997 (- C-13/95 - [Ayse Süzen] Slg. 1997, I-1259 = AP
EWG-Richtlinie Nr. 77/187 Nr. 14 = EzA BGB
§ 613a
Nr. 145), diese Rechtsprechung modifiziert. Der EuGH stellt bei einer
Auftragsnachfolge nunmehr bei betriebsmittelarmen Betrieben auf die tatsächliche
Übernahme eines nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teils des Personals (vgl.
Lorenz ZIP 1997, 531, 533), dh. auf die tatsächliche Identitätswahrung ab (vgl.
zuletzt EuGH 20. Januar 2011 - C-463/09
- [CLECE] EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2001/23 Nr. 6). Auch nach Art. 1 Abs. 1
Buchst. b der Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001, welche an die
Stelle der Richtlinie 77/187/EWG
getreten ist, "gilt als Übergang im Sinne dieser Richtlinie der Übergang einer
ihre Identität bewahrenden wirtschaftlichen Einheit im Sinne einer organisierten
Zusammenfassung von Ressourcen zur Verfolgung einer wirtschaftlichen Haupt- oder
Nebentätigkeit". Die Betriebsübergangsrichtlinie 2001/23/EG stellt damit selbst
auf das Erfordernis einer Identitätswahrung ab (vgl. BAG 14. August 2007 - 8
AZR 1043/06
- AP BGB
§ 613a
Nr. 325 = EzA BGB
2002 § 613a
Nr. 74; Dreher in Bernsau/Dreher/Hauck Betriebsübergang 3. Aufl. § 613a
BGB
Rn. 90). Kommt es nicht zur Weiterbeschäftigung des für die Identitätswahrung
relevanten Anteils der Arbeitnehmer, so nutzt der Auftragsnachfolger gerade
nicht die vom alten Auftragnehmer in der personellen Verbundenheit geschaffene
Organisationsstruktur (vgl. auch Generalanwältin Trstenjak Schlussanträge 26.
Oktober 2010 EuGH - C-463/09
- [CLECE] Rn. 68; Hartmann EuZA 2011, 329, 336). Die Identitätswahrung ist dann
gerade misslungen. Wird das Angebot, mit derselben Tätigkeit wie zuvor zum
Nachfolger zu wechseln, von den Beschäftigten des Vorgängers - oder einer
identitätswahrenden Anzahl von ihnen - abgelehnt, liegt kein Betriebsübergang
vor (vgl. Schlachter FS Däubler S. 180, 186; Moll RdA 1999, 233, 238;
Müller-Glöge NZA 1999, 449, 453: bloße Einstellungsangebote reichen nicht aus).
Die fehlende Bereitschaft des relevanten Anteils der Beschäftigten, die
Arbeitsbedingungen beim Nachfolger zu akzeptieren, bringt zwar somit auch die
verbliebenen, gegebenenfalls selbst wechselbereiten Arbeitnehmer um die Chance
eines Betriebsübergangs, jedoch ist dies gerade die Konsequenz des
Erfordernisses der Identitätswahrung. Eine richterliche Kontrolle, die die
Entscheidung der wechselunwilligen Belegschaftsmitglieder im Interesse ihrer
Kollegen an das Vorliegen "sachlicher Gründe" bindet, findet ebenso wenig statt
(vgl. Schlachter FS Däubler aaO.) wie eine richterliche Kontrolle der vom
Nachfolger angebotenen Arbeitsbedingungen. Der Nachfolger bzw. der relevante
Anteil der Beschäftigten haben es insoweit "in der Hand", einen Betriebsübergang
herbeizuführen oder nicht. Damit wird aber § 613a
BGB
nicht umgangen, sondern seine Voraussetzungen auf der Tatbestandsseite treten
nicht ein. Ebenso wie es dem Übernehmer freisteht, ob er materielle und/oder
immaterielle Betriebsmittel des Veräußerers übernimmt und damit einen
Betriebsübergang auslöst, steht es dem Auftragsnachfolger frei, ob er die nach
Zahl und Sachkunde für eine Identitätswahrung "kritische Masse" der Belegschaft
des früheren Auftragnehmers durch Abschluss von Arbeitsverträgen willentlich
weiterbeschäftigt oder nicht (vgl. BAG 13. November 1997 - 8
AZR 295/95
- BAGE 87, 115
= AP BGB
§ 613a
Nr. 169 = EzA BGB
§ 613a
Nr. 154). Genauso ist es Sache der einzelnen Arbeitnehmer, ob sie mit dem
Auftrags- oder Funktionsnachfolger Arbeitsverträge schließen. Weder § 613a
BGB
noch die Betriebsübergangsrichtlinie 2001/23/EG sehen eine von der
Tatbestandsvoraussetzung der Identitätswahrung losgelöste, unbedingte
Verpflichtung des Arbeitgebers zur Weiterbeschäftigung des bisherigen Personals
vor. Vielmehr kann sich der neue Auftragnehmer gerade entscheiden, ob er unter
Inkaufnahme der Rechtsfolgen des § 613a
BGB
eine mit dem Personal verknüpfte Betriebsorganisation weiternutzt und hieraus
Vorteile zieht oder hierauf verzichtet (vgl. Generalanwältin Trstenjak
Schlussanträge 26. Oktober 2010 EuGH - C-463/09
- [CLECE] Rn. 65).
RN 57






Daher geht auch der Hinweis des Klägers auf die Entscheidung
des Senats vom 19. März 2009 (- 8
AZR 722/07
- BAGE 130, 90
= AP BGB
§ 613a
Nr. 369 = EzA BGB
2002 § 613a
Nr. 108) fehl, wonach ein Erlassvertrag nach § 134
BGB
nichtig ist, der abgeschlossen wird, um die zwingenden Rechtsfolgen des § 613a
Abs. 1
BGB
zu umgehen. § 613a
BGB
findet im Streitfalle schlicht keine Anwendung. Wird in Fällen, in denen es für
einen Betriebsübergang auf die Übernahme des wesentlichen Teils der Belegschaft
ankommt, die "kritische Masse" nicht überschritten, so fehlt jeder Ansatzpunkt,
der die Anwendung der weitreichenden Rechtsfolgen des § 613a
BGB
rechtfertigen könnte (vgl. ErfK/Preis 12. Aufl. § 613a
BGB
Rn. 39; Moll RdA 1999, 233, 238).
RN 58






III. Mangels eines Wiedereinstellungsanspruches des Klägers
und damit wegen des Nichtzustandekommens eines Arbeitsverhältnisses zwischen den
Parteien besteht kein Anspruch des Klägers auf Zahlung des ihm entgangenen
Entgelts im Zeitraum April bis Juli 2009, so dass auch seine Zahlungsklage
unbegründet ist.
RN 59






D. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97
Abs. 1
ZPO.
RN 60
 

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