BAG: Betriebsübergang - Übergang eines Betriebsteils
BAG, Urteil vom 7.4.2011 - 8 AZR 730/09
sachverhalt
Die Parteien streiten über die Frage, ob infolge eines Betriebsteilübergangs zwischen ihnen ein Arbeitsverhältnis besteht sowie darüber, ob dieses durch vorsorglich ausgesprochene Kündigungen des Beklagten beendet worden ist.
Der Beklagte ist ein aufgrund der §§ 6 ff. des Gesetzes über kommunale Gemeinschaftsarbeit des Landes Sachsen-Anhalt gebildeter Zweckverband für die Abwasserbeseitigung, zu dem sich 42 Städte und Gemeinden im Landkreis M zusammengeschlossen haben. 37 Städte und Gemeinden dieser Region hatten ferner für die Trinkwasserversorgung den „T" gebildet (im Folgenden: Streitverkündeter). Der Beklagte und der Streitverkündete gründeten 1996 die W GmbH (im Folgenden: GmbH), deren einzige Gesellschafter sie zu gleichen Teilen wurden. Aufgrund von Geschäftsführungsverträgen übernahm die GmbH gegen Entgelt umfassend alle kaufmännischen und technischen Aufgaben des Beklagten in der Abwasserentsorgung sowie alle kaufmännischen und technischen Aufgaben des Streitverkündeten bei der Trinkwasserversorgung. Technisch waren insbesondere die Planung und Realisierung technischer Vorhaben, die Instandsetzung und Instandhaltung von Anlagen, die Realisierung von Hausanschlüssen sowie die Durchführung eines Havariedienstes zu bewältigen. Der kaufmännische Bereich umfasste im Wesentlichen die Fakturierung der Forderungen, die Rechnungslegung und das Inkasso der Forderungen im Namen der Gesellschafter. Daneben erbrachte die GmbH einzelne kaufmännische und/oder technische Aufgaben der Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung für einzelne Gemeinden und andere Zweckverbände im Raum Nordthüringen. Diese nicht mit dem Beklagten oder dem Streitverkündeten im Zusammenhang stehenden Dienstleistungen machten etwa 10 % der Geschäftstätigkeit der GmbH aus. Die GmbH beschäftigte etwa 90 Arbeitnehmer, davon zwei Drittel im technischen Bereich, den Rest im kaufmännischen Sektor. Die Organisation war entsprechend in diese beiden übergeordneten Bereiche aufgeteilt, wobei der technische Bereich in die Abteilung Trinkwasser, Abwasser und Planung untergliedert war. Der kaufmännische Bereich umfasste eine Finanzabteilung, eine Abteilung Abgaben/Recht sowie weitere Unterbereiche.
Der Kläger war seit dem 1. September 2001 im kaufmännischen Bereich der GmbH beschäftigt, zuletzt als Abteilungsleiter des Bereichs Abgaben und als Sachbearbeiter für Rechtsangelegenheiten. Sein letztes monatliches Bruttoentgelt betrug 2.591,52 Euro.
Als Aufsichtsbehörde nach dem Gesetz über kommunale Gemeinschaftsarbeit des Landes Sachsen-Anhalt verfügte der Landrat des Landkreises S am 3. November 2006, dass der Beklagte und der Streitverkündete ab 1. Januar 2007 ihre Aufgaben der Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung durch eigene betriebliche Mittel wahrzunehmen haben. Dafür waren Wirtschaftspläne aufzustellen, die entsprechenden Planstellen waren bis zum 31. Dezember 2006 zu besetzen. Die sofortige Vollziehung der Verfügung wurde angeordnet. Der Beklagte und der Streitverkündete kündigten daraufhin ohne Einhaltung der vertraglichen Kündigungsfrist ihre Geschäftsbesorgungsverträge mit der GmbH zum 31. Dezember 2006. Als Gesellschafter wiesen sie den Geschäftsführer der GmbH an, die Einhaltung der vertraglichen Kündigungsfrist nicht durchzusetzen. Ebenso wies die Gesellschafterversammlung den Geschäftsführer der GmbH an, verschiedene Verträge zur Übertragung beweglicher und unbeweglicher Betriebsmittel der GmbH auf den Beklagten und auf den Streitverkündeten abzuschließen. Der Beklagte übernahm durch notariellen Vertrag vom 27. Dezember 2006 verschiedene Grundstücke und aufgrund eines weiteren Vertrags vom 7. Dezember 2006 eine Fäkalienannahmestelle, einen Garagenkomplex und eine Dekanteranlage. Noch nicht besetzte Planstellen schrieben der Beklagte und der Streitverkündete aus und luden zahlreiche, aber nicht alle Arbeitnehmer der GmbH, die sich beworben hatten, zu Personalgesprächen ein. Im Falle einer Einstellung wurde der Arbeitsvertrag mit der GmbH durch Aufhebungsvertrag beendet und ein neuer Arbeitsvertrag mit dem Beklagten oder dem Streitverkündeten abgeschlossen. Auf seine Bewerbung erhielt der Kläger weder eine Einladung zu einem Personalgespräch noch einen Arbeitsvertrag mit dem Beklagten oder dem Streitverkündeten. Er setzte daraufhin seine Tätigkeit für die GmbH als einer von 22 verbliebenen Arbeitnehmern fort und wurde schließlich der Vorsitzende des neu gewählten Betriebsrats der GmbH. Für diese wurde am 22. Januar 2007 die Liquidation beschlossen, am 2. April 2007 wurde die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen beantragt.
Mit Rechtshängigkeit vom 23. April 2007 erhob der Kläger die Klage auf Feststellung eines Arbeitsverhältnisses zwischen ihm und dem Beklagten infolge eines Betriebsübergangs. Daraufhin sprach der Beklagte vorsorgliche Kündigungen unter dem 8. Mai 2007 zum 30. Juni 2007 und unter dem 15. Juni 2007 zum 31. Juli 2007 aus. Der Kläger griff diese klageerweiternd mit Kündigungsschutzanträgen an.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, sein Arbeitsverhältnis sei wegen eines Betriebs- oder Betriebsteilübergangs auf den Beklagten übergegangen. Die Betriebsstruktur bei den Zweckverbänden ähnele der bei der GmbH sehr. Die bei dieser verbliebenen Betriebsmittel seien zu einer sinnvollen Fortsetzung des Betriebs nicht mehr geeignet gewesen. Die den Betrieb der GmbH kennzeichnenden Kundenbeziehungen, Versorgungsaufgaben, technischen Betriebsmittel und Betriebsstrukturen bestünden in den ab dem 1. Januar 2007 gebildeten Betrieben des Beklagten und des Streitverkündeten fort. Der Kläger behauptet, bei der GmbH habe er zuletzt zu wenigstens 80 vH seiner Arbeitszeit Aufgaben aus dem Bereich der Abwasserversorgung bearbeitet. Daher sei sein Arbeitsverhältnis auf den Beklagten übergegangen. Der Betriebsübergang sei möglicherweise im Dezember 2006 erfolgt, da Beklagter und Streitverkündeter als einzige Gesellschafter die Geschäftsführung schon in diesem Monat übernommen hätten. Die vorsorglich ausgesprochenen Kündigungen des Beklagten hält der Kläger nicht für sozial gerechtfertigt.
Er hat zuletzt beantragt
1. festzustellen, dass sein Arbeitsverhältnis mit der W GmbH mit Sitz in S zum 1. Januar 2007 auf den Beklagten übergegangen ist und mit dem Beklagten fortbesteht;
2. den Beklagten zu verurteilen, den Kläger zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Sachbearbeiter Abgaben/Beiträge weiterzubeschäftigen;
3. den Beklagten hilfsweise zu verurteilen, den Kläger zu unveränderten Arbeitsbedingungen als vollbeschäftigten Angestellten weiterzubeschäftigen;
4. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigungen des Beklagten mit Datum 8. Mai 2007 und 15. Juni 2007 weder zum 30. Juni 2007 oder 31. Juli 2007, noch hilfsweise zum nächst zulässigen Zeitpunkt beendet worden ist;
5. hilfsweise festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der W GmbH mit Sitz in S bereits im Kalendermonat Dezember 2006 auf den Beklagten übergegangen ist und mit dem Beklagten fortbesteht.
Zur Begründung seines Klageabweisungsantrags hat der Beklagte den Betriebsübergang in Abrede gestellt. Ungeachtet der Übernahme von Teilen des Betriebsvermögens der GmbH und der Beschäftigung von 37 Arbeitnehmern, die zuvor Arbeitsverhältnisse mit der GmbH gehabt hätten, seien diese in eine neue Struktur und den auf Anweisung des Landrats geschaffenen Stellenplan eingegliedert worden. Bei der GmbH habe es weder im technischen noch im kaufmännischen Sektor Bereiche gegeben, die nur Aufgaben der Abwasserentsorgung oder nur solche der Trinkwasserversorgung zu erfüllen gehabt hätten. Eine derart vorstrukturierte Einheit des GmbH-Betriebs hätten weder er noch der Streitverkündete vollständig und unter Wahrung ihrer Identität übernommen. Den Arbeitsplatz des Klägers gebe es beim Beklagten nicht mehr, zB würden Rechtsangelegenheiten von zwei Rechtsanwaltskanzleien bearbeitet.
Das Arbeitsgericht hat die Klage durch Versäumnisurteil abgewiesen und dieses nach Einspruch aufrechterhalten. Die Berufung des Klägers, die er vorsorglich für den Fall der teilweisen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist mit einem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand verbunden hat, blieb vor dem Landesarbeitsgericht ohne Erfolg. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter.
aus den gründen
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Die Revision ist unbegründet. Das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der W GmbH ist nicht infolge eines Betriebs- oder Betriebsteilübergangs nach § 613a Abs. 1 BGB auf den Beklagten übergegangen.
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A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Von einem Betriebsübergang auf den Beklagten könne schon deswegen nicht ausgegangen werden, weil dieser den Betrieb der GmbH nicht im Ganzen fortführe. Es komme allenfalls ein Betriebsteilübergang in Betracht. Jedoch habe der Kläger schon nicht vorgetragen, bei der GmbH habe es einen abgrenzbaren Betriebsteil „Abwasser" gegeben. Darüber hinaus könne dem Vorbringen des Klägers nicht entnommen werden, dass er in einer organisatorischen Einheit beschäftigt gewesen sei, die eine übertragungsfähige Organisation bei der GmbH aufgewiesen habe. Auch nach dem Vorbringen des Klägers habe es im kaufmännischen Bereich der GmbH, in dem er beschäftigt worden sei, eine Trennung der Arbeitsaufgaben nach Trinkwasser und Abwasser nicht gegeben. Zwar habe der Kläger behauptet, überwiegend Tätigkeiten für den Bereich der Abwasserentsorgung ausgeführt zu haben. Jedoch habe er auch im Bereich der Trinkwasserversorgung gearbeitet oder im Zusammenhang mit Dienstleistungen, die unabhängig von den Gesellschaftern für nordthüringische Gemeinden und Verbände zu erbringen waren. Obgleich der Beklagte eine nicht geringe Anzahl vormaliger Mitarbeiter der GmbH eingestellt und verschiedene Gegenstände aus dem Betriebsvermögen der GmbH sowie einige Immobilien übernommen habe, ergebe sich nicht das Bild einer bei der GmbH bestehenden wirtschaftlichen Einheit, die auf den Beklagten übergegangen sein könnte und der der Kläger angehört habe. Es fehle an einer vergleichbaren betrieblichen Struktur, in die die beim Beklagten wiederzufindenden Betriebsmittel und Arbeitnehmer schon bei der GmbH eingebunden gewesen seien. Die Betriebsmittel der GmbH seien nur zum Teil auf den Beklagten, zu einem anderen Teil auf den Streitverkündeten übergegangen und schließlich zum Teil bei der GmbH verblieben. Somit habe der Beklagte lediglich eine Teil-Funktionsnachfolge bei der GmbH angetreten. Sei so das Arbeitsverhältnis des Klägers in Ermangelung eines Betriebsteilübergangs bei der GmbH verblieben, stellten sich die gegen die vorsorglichen Kündigungen des Beklagten gerichteten Kündigungsschutz- und Weiterbeschäftigungsanträge als unbegründet dar.
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B. Diese Begründung hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.
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I. Das Arbeitsverhältnis des Klägers bei der GmbH hat keiner abgrenzbaren organisatorischen Einheit angehört, die auf den Beklagten übergegangen wäre.
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1. Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein, § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB. Die Vorschrift setzt den rechtsgeschäftlichen Übergang eines Betriebs oder Betriebsteils auf einen anderen Inhaber voraus. Erforderlich ist für den Übergang die Wahrung der Identität der betreffenden wirtschaftlichen Einheit. Der Begriff wirtschaftliche Einheit bezieht sich hierbei auf eine organisatorische Gesamtheit von Personen und/oder Sachen zur auf Dauer angelegten Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigener Zielsetzung. Bei der Prüfung, ob eine solche Einheit übergegangen ist, müssen sämtliche den betreffenden Vorgang kennzeichnenden Tatsachen berücksichtigt werden. Dazu gehören als Teilaspekte der Gesamtwürdigung namentlich die Art des betreffenden Unternehmens oder Betriebs, der etwaige Übergang der materiellen Betriebsmittel wie Gebäude oder bewegliche Güter, der Wert der immateriellen Aktiva im Zeitpunkt des Übergangs, die etwaige Übernahme der Hauptbelegschaft, der etwaige Übergang der Kundschaft sowie der Grad der Ähnlichkeit zwischen den vor und nach dem Übergang verrichteten Tätigkeiten und die Dauer einer eventuellen Unterbrechung dieser Tätigkeit. Die Identität der Einheit kann sich auch aus anderen Merkmalen, wie zB ihrem Personal, ihren Führungskräften, ihrer Arbeitsorganisation, ihren Betriebsmethoden oder den ihr zur Verfügung stehenden Betriebsmitteln ergeben. Den für das Vorliegen eines Übergangs maßgeblichen Kriterien kommt je nach der ausgeübten Tätigkeit und je nach den Produktions- und Betriebsmethoden unterschiedliches Gewicht zu (st. Rspr., vgl. BAG 21. Mai 2008 - 8 AZR 481/07 - AP BGB § 613a Nr. 354 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 96; 16. Februar 2006 - 8 AZR 211/05 - mwN, AP BGB § 613a Nr. 301 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 47).
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Bei betriebsmittelarmen und dienstleistungsorientierten Branchen und Arbeitszwecken, bei denen es wesentlich auf die menschliche Arbeitskraft ankommt, kann eine Gesamtheit von Arbeitnehmern, die durch ihre gemeinsame Tätigkeit dauerhaft verbunden ist, eine wirtschaftliche Einheit in diesem Sinne darstellen. Die Wahrung der Identität der wirtschaftlichen Einheit ist anzunehmen, wenn der neue Betriebsinhaber nicht nur die betreffende Tätigkeit weiterführt, sondern auch einen nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teil des Personals übernimmt, das sein Vorgänger gezielt bei dieser Tätigkeit eingesetzt hat. Die bloße Fortführung der Tätigkeit durch einen anderen Auftragnehmer (Funktionsnachfolge) stellt hingegen keinen Betriebsübergang dar. In betriebsmittelgeprägten Betrieben kann ein Betriebsübergang auch ohne Übernahme von Personal vorliegen (BAG 21. Mai 2008 - 8 AZR 481/07 - AP BGB § 613a Nr. 354 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 96; 6. April 2006 - 8 AZR 249/04 - BAGE 117, 361 = AP BGB § 613a Nr. 303 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 52).
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2. Auch für die Abgrenzung von Betrieb und Betriebsteil ist eine Gesamtbetrachtung maßgeblich, bei der die wirtschaftliche Einheit und ihre Identität im Mittelpunkt steht (vgl. BAG 16. Mai 2002 - 8 AZR 319/01 - AP BGB § 613a Nr. 237 = EzA BGB § 613a Nr. 210; ErfK/Preis 11. Aufl. § 613a BGB Rn. 7; HWK/Willemsen 4. Aufl. § 613a BGB Rn. 31 f.). Auch beim Erwerb eines Betriebsteils ist es erforderlich, dass die wirtschaftliche Einheit ihre Identität wahrt. Die Teileinheit des Betriebs muss bereits beim früheren Betriebsinhaber die Qualität eines Betriebsteils gehabt haben (BAG 16. Februar 2006 - 8 AZR 204/05 - AP BGB § 613a Nr. 300 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 46; 16. Februar 2006 - 8 AZR 211/05 - AP BGB § 613a Nr. 301 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 47). Schon beim bisherigen Betriebsinhaber muss also - in Anlehnung an § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BetrVG - eine selbständig abtrennbare organisatorische Einheit gegeben sein, mit der innerhalb des betrieblichen Gesamtzwecks ein Teilzweck verfolgt wurde (BAG 26. August 1999 - 8 AZR 718/98 - AP BGB § 613a Nr. 196 = EzA BGB § 613a Nr. 185). Das Merkmal des Teilzwecks dient zur Abgrenzung der organisatorischen Einheit; im Teilbetrieb müssen aber nicht andersartige Zwecke als im übrigen Betrieb verfolgt werden. Ergibt die Gesamtbetrachtung eine identifizierbare wirtschaftliche und organisatorische Teileinheit, so muss diese beim Erwerber im Wesentlichen unverändert fortbestehen (BAG 24. August 2006 - 8 AZR 556/05 - AP BGB § 613a Nr. 315 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 59). Der Arbeitnehmer muss diesem Betriebsteil zuzuordnen sein. Im Rahmen der Gesamtbetrachtung können wesentliche Änderungen in der Organisation, der Struktur und im Konzept einer Identitätswahrung entgegenstehen (vgl. BAG 4. Mai 2006 - 8 AZR 299/05 - BAGE 118, 168 = AP BGB § 613a Nr. 304 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 51; 6. April 2006 - 8 AZR 249/04 - BAGE 117, 361 = AP BGB § 613a Nr. 303 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 52). Allerdings muss der übertragene Unternehmens- oder Betriebsteil seine organisatorische Selbständigkeit beim Betriebserwerber nicht vollständig bewahren, es genügt, dass dieser die funktionelle Verknüpfung zwischen den übertragenen Produktionsfaktoren beibehält und es ihm derart ermöglicht wird, diese Faktoren zu nutzen, um derselben oder einer gleichartigen wirtschaftlichen Tätigkeit nachzugehen (EuGH 12. Februar 2009 - C-466/07 - [Klarenberg] Slg. 2009, I-803 = AP Richtlinie 2001/23/EG Nr. 4 = EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2001/23 Nr. 2).
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3. Rechtsfehlerfrei hat das Landesarbeitsgericht erkannt, dass ein vollständiger Betriebsübergang auf den Beklagten schon deswegen nicht angenommen werden kann, weil dieser unstreitig nicht den gesamten Betrieb der GmbH übernommen hat. Die Weiterführung eines erheblich eingeschränkten Betriebs schließt trotz der Nutzung sächlicher Betriebsmittel des früheren Betriebsinhabers einen vollständigen Betriebsübergang aus (BAG 16. Februar 2006 - 8 AZR 204/05 - Rn. 20, AP BGB § 613a Nr. 300 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 46). Unstreitig hat der Beklagte nicht alle Betriebsmittel der GmbH übernommen, ebenso ist nicht strittig, dass der Beklagte weder mit den Aufgaben befasst ist, die früher die GmbH für den Streitverkündeten erfüllte, noch, dass der Beklagte die der GmbH übertragenen Aufgaben für Gemeinden und Zweckverbände außerhalb des Bereichs des Beklagten oder des Streitverkündeten wahrnimmt. Der Beklagte beschäftigt auch nur 37 Arbeitnehmer, die früher bei der GmbH tätig waren, etwa 30 weitere sind heute beim Streitverkündeten beschäftigt und 22 Arbeitnehmer verblieben bei der GmbH.
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4. Ist somit allenfalls ein Betriebsteilübergang auf den Beklagten in Betracht zu ziehen, so ist die Würdigung des Berufungsgerichts revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, der Kläger habe nicht schlüssig vorgetragen, bei der GmbH in einem abgrenzbaren Betriebsteil beschäftigt gewesen zu sein, der auf den Beklagten übergegangen ist.
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a) Der Kläger gehörte bei der GmbH keinem auf den Beklagten übertragenen Betriebsteil an.
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aa) Nach den im Kern übereinstimmenden, von beiden Parteien vorgelegten Organigrammen gliederte sich der Betrieb der GmbH in einen technischen und einen kaufmännischen Bereich. Im technischen Bereich lässt sich wiederum eine Untergliederung feststellen, die ausschließlich mit der Abwasserversorgung befasst war unter dem Abteilungsleiter W. In dieser Abteilung waren neben einem „Meister Abwasser" und zwei Vorarbeitern für die Kläranlagen und Kanalnetze etwa 12 gewerbliche Mitarbeiter beschäftigt, welche sämtlichst von dem Beklagten eingestellt worden waren. Die für die Abwasserentsorgung erforderlichen Betriebsmittel dürften ebenso vollständig auf den Beklagten übertragen worden sein wie er die früher für ihn von der GmbH verrichteten Tätigkeiten nunmehr selbst ausführt. Sodann gab es bei der GmbH eine weitere Abteilung, die ausschließlich mit der Trinkwasserversorgung in technischer Hinsicht befasst war und von dem Mitarbeiter K geleitet wurde. Diesen, einen „Meister Trinkwasser", drei von vier Vorarbeitern und ebenfalls 12 gewerbliche Mitarbeiter hat der Streitverkündete eingestellt, um die dort angefallenen Tätigkeiten nunmehr selbst zu verrichten. Auch der Streitverkündete hat alle dafür erforderlichen Betriebsmittel von der GmbH übernommen.
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bb) Es bedarf jedoch keiner abschließenden Klärung, ob diese beiden ausschließlich technischen Betriebsabteilungen als Betriebsteile auf den Beklagten oder auf den Streitverkündeten übergegangen sind. Denn selbst wenn dieses anzunehmen wäre, käme ein Übergang des Arbeitsverhältnisses des Klägers auf den Beklagten nicht in Betracht, da der Kläger der technischen Abteilung „Abwasser" nicht zugeordnet war. Für die Zuordnung eines Arbeitnehmers zu einem Betrieb oder Betriebsteil ist darauf abzustellen, ob er in diese übergegangene Betriebseinheit tatsächlich eingegliedert war. Nicht ausreichend ist es, wenn er lediglich Tätigkeiten für den übertragenen Betrieb oder Betriebsteil verrichtet hat, ohne in dessen Struktur eingebunden gewesen zu sein (BAG 24. August 2006 - 8 AZR 556/05 - Rn. 28, AP BGB § 613a Nr. 315 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 59; 8. August 2002 - 8 AZR 583/01 - Rn. 46, EzA BGB § 613a Nr. 209). Als Sachbearbeiter für Rechtsangelegenheiten und Leiter der kaufmännischen Abteilung „Abgaben" war der Kläger weder den Weisungen des Leiters der technischen Abteilung „Abwasser" W, noch denen des übergeordneten technischen Leiters S unterworfen. Ebenso wenig war der Kläger in die organisatorischen Abläufe, die der Erbringung von technischen Leistungen dienten, integriert.
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b) Eine abgrenzbare organisatorische Einheit, welche ausschließlich die kaufmännischen Aufgaben der Abwasserentsorgung zum Gegenstand hatte und welcher der Kläger zugeordnet war, existierte bei der GmbH nicht.
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aa) Betriebsteile sind Teileinheiten oder Teilorganisationen eines Betriebs, die bereits bei dem früheren Betriebsinhaber die Qualität eines Betriebs aufweisen müssen (BAG 16. Februar 2006 - 8 AZR 204/05 - AP BGB § 613a Nr. 300 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 46; 16. Februar 2006 - 8 AZR 211/05 - AP BGB § 613a Nr. 301 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 47). Schon beim bisherigen Betriebsinhaber muss eine selbständig abtrennbare organisatorische Einheit gegeben sein, mit der innerhalb des betrieblichen Gesamtzwecks ein Teilzweck verfolgt wurde (BAG 26. August 1999 - 8 AZR 718/98 - AP BGB § 613a Nr. 196 = EzA BGB § 613a Nr. 185). Hierbei darf die im Betriebsteil liegende Einheit nicht als bloße Tätigkeit verstanden werden. Die Identität der Einheit ergibt sich auch aus anderen Merkmalen wie ihrem Personal, ihren Führungskräften, ihrer Arbeitsorganisation, ihren Betriebsmethoden und gegebenenfalls den ihr zur Verfügung stehenden Betriebsmitteln (BAG 22. Januar 1998 - 8 AZR 243/95 - zu B II 1 der Gründe, AP BGB § 613a Nr. 173 = EzA BGB § 613a Nr. 161).
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bb) In den anderen als den technischen Abteilungen „Trinkwasser" und „Abwasser", also in der Abteilung „Planung" wie auch im gesamten kaufmännischen Bereich gab es bei der GmbH weder eine Trennung zwischen den Aufgaben der Abwasserentsorgung und denen der Trinkwasserversorgung, noch wurde danach unterschieden, ob die Leistung für den Beklagten, den Streitverkündeten oder für einen sonstigen Auftraggeber erbracht wurde. Der Kläger räumt selbst ein, dass es im kaufmännischen Bereich eine strukturelle oder betriebsorganisatorische Trennung der sachbearbeitenden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer oder ihrer Arbeitsaufgaben nicht gegeben habe. Weisungen im kaufmännischen Bereich wurden stets von ein und derselben vorgesetzten Person erteilt, gleichgültig, ob sie eine Angelegenheit der Abwasserentsorgung, der Trinkwasserversorgung oder eine Angelegenheit der übrigen nordthüringischen Gemeinden und Verbände betraf. Auch die in der kaufmännischen Abteilung genutzten Betriebsmittel wie die Räumlichkeiten, die Betriebseinrichtung, die Hard- und Software der IT und die Daten der angeschlossenen Haushalte wurden nicht ausschließlich für die Aufgaben der Abwasserentsorgung genutzt, sondern für alle Tätigkeitsfelder der GmbH. Eine abgrenzbare organisatorische Einheit „Kaufmännische Aufgaben der Abwasserentsorgung" lässt sich ebenso wenig erkennen wie eine allumfassende „Technische und kaufmännische Abteilung Abwasserentsorgung".
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cc) Da es mithin an einer abgrenzbaren organisatorischen Einheit „Abwasser" unter Einschluss des kaufmännischen Bereichs fehlt, kommt es nicht darauf an, dass die Abwasserentsorgung einen betrieblichen Teilzweck bei der GmbH dargestellt hat, nämlich die Erbringung der im Geschäftsführungsvertrag von 1997 gegenüber dem Beklagten übernommenen Verpflichtungen. Die Erfüllung eines betrieblichen Teilzwecks ist weitere Voraussetzung für das Vorliegen eines Betriebsteilübergangs und vermag das Fehlen einer abgrenzbaren organisatorischen Einheit nicht zu ersetzen.
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dd) Infolgedessen kommt es auch nicht darauf an, dass der Kläger vorträgt, er sei bei der GmbH in dem „Bereich Abwasser" tätig gewesen, da er überwiegend Tätigkeiten wahrgenommen habe, die mit der Abwasserentsorgung im Zusammenhang standen. Die Bearbeitung von Widerspruchsverfahren in Abwasserangelegenheiten mag eine Tätigkeit sein, die der technischen Abwasserabteilung zugute kommt, es ist aber keine Tätigkeit einer technischen Abwasserabteilung, so dass eine Zuordnung des Klägers zu dieser ausscheidet. Zwar muss ein übertragener Betriebsteil beim Betriebserwerber seine organisatorische Selbständigkeit nicht vollständig bewahren, vielmehr genügt es, dass der Betriebserwerber die funktionelle Verknüpfung zwischen den übertragenen Produktionsfaktoren beibehält und es ihm derart ermöglicht wird, unter Nutzung dieser Faktoren derselben oder einer gleichartigen wirtschaftlichen Tätigkeit nachzugehen (EuGH 12. Februar 2009 - C-466/07 - [Klarenberg] Slg. 2009, I-803 = AP Richtlinie 2001/23/EG Nr. 4 = EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2001/23 Nr. 2). Jedoch genügt eine beim Betriebsveräußerer bestehende funktionelle Verknüpfung nicht, um einen schon beim Veräußerer bestehenden Betriebsteil mit organisatorischer Selbständigkeit anzunehmen, der übertragen werden könnte. Durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist geklärt, dass schon beim Betriebsveräußerer eine abgrenzbare organisatorische Einheit bestanden haben muss, um einen Betriebsteilübergang anzunehmen. Dessen organisatorische Selbständigkeit muss beim Betriebserwerber nicht mehr vollständig erhalten bleiben.
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II. Die vom Kläger mit Verfahrensrügen angegriffenen Fragen, die mit der Geschäftstätigkeit der GmbH nach dem 1. Januar 2007 zusammenhängen, sind nicht entscheidungserheblich. Für die Prüfung eines Betriebsteilübergangs ist es unbeachtlich, ob der verbleibende Restbetrieb noch fortgesetzt werden konnte oder nicht mehr lebensfähig war. Der Betriebsteilübergang ergibt sich aus der Wahrung der Identität der übernommenen Einheit beim Erwerber und nicht aus dem Untergang der früheren Identität des Gesamtbetriebs (BAG 24. August 2006 - 8 AZR 556/05 - Rn. 23, AP BGB § 613a Nr. 315 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 59; 18. April 2002 - 8 AZR 346/01 - AP BGB § 613a Nr. 232 = EzA BGB § 613a Nr. 207; 13. November 1997 - 8 AZR 375/96 - zu II 2 g der Gründe, BAGE 87, 120 = AP BGB § 613a Nr. 170 = EzA BGB § 613a Nr. 156).
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III. Wenn das Arbeitsverhältnis des Klägers somit bei der GmbH verblieben ist, kommt es auf die - vorsorglichen - Kündigungen des Beklagten vom Mai und vom Juni 2007 nicht mehr an. Sie gingen ins Leere, ebenso wie sich die darauf gerichteten Kündigungsschutz- und Weiterbeschäftigungsanträge des Klägers als unbegründet darstellen. Auch der diese Fragen betreffende Streit der Parteien um die Zulässigkeit der Berufung oder die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist durch den Kläger bedarf keiner Entscheidung.
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C. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels zu tragen.