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Arbeitsrecht
05.07.2023
Arbeitsrecht
BAG: Betriebliche Altersversorgung – Ablösung von Versorgungsregelungen – Vertrauensschutz – Verhältnismäßigkeit

BAG, Urteil vom 9.5.2023 – 3 AZR 226/22

ECLI:DE:BAG:2023:090523.U.3AZR226.22.0

Volltext: BB-Online BBL2023-1651-3

Orientierungssätze

1. Verweisungen auf die für die betriebliche Altersversorgung beim Arbeitgeber geltenden Bestimmungen sind regelmäßig dynamisch; sie verweisen auf die jeweils beim Arbeitgeber geltenden Regelungen. Das Verständnis einer solchen Bezugnahme als dynamische Verweisung auf die jeweils geltenden Versorgungsregelungen ist sachgerecht und wird in der Regel den Interessen der Parteien eher gerecht als eine statische Verweisung auf einen im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bestehenden Rechtszustand (Rn. 23).

2. Eine in einem Formulararbeitsvertrag enthaltene Verweisung auf die jeweilige Fassung einer Versorgungsordnung ist für den Arbeitnehmer als Vertragspartner des Verwenders nur dann zumutbar iSv. §§ 307 ff. BGB, wenn sich die Verweisung auf ablösende Neuregelungen bezieht, die den Grundsätzen des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit und damit dem vom Bundesarbeitsgericht entwickelten dreistufigen Prüfungsschema entsprechen (Rn. 27 ff.).

Sachverhalt

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte der Klägerin über die von einer Zusatzversorgungskasse gezahlte Betriebsrente hinaus weitere Leistungen der betrieblichen Altersversorgung gewähren muss.

Die im Dezember 1955 geborene Klägerin war seit dem 15. Oktober 1986 zunächst als Sachbearbeiterin bei der Beklagten – der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens (Körperschaft des öffentlichen Rechts) – in deren Kirchenamtsratsstelle D und ab dem Jahr 2008 in ihrem Grundstücksamt beschäftigt. Die wesentlichen Arbeitsbedingungen richteten sich zunächst nach dem Arbeitsvertrag für kirchliche Angestellte vom 17. Oktober 1986.

Mit Wirkung zum 1. Juli 1991 trat die „Verordnung über die Gewährung eines kirchlichen Treuegeldes an kirchliche Angestellte und Arbeiter im Ruhestand und ihrer Witwen (Witwer) (Treuegeld-Verordnung)“ vom 11. Juni 1991 (ABl. S. A 58) in Kraft. Diese bestimmte in der zum 1. Januar 1993 in Kraft getretenen Fassung der „Zweiten Verordnung zur Änderung der Treuegeld-Verordnung vom 11. Juni 1991“ vom 17. Juni 1993 (ABl. S. A 86) ua.:

„§ 1  

(1) Kirchliche Angestellte und Arbeiter im Ruhestand – im folgenden Mitarbeiter genannt – erhalten zu ihrer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung ein kirchliches Treuegeld aus kirchlichen Mitteln nach Maßgabe dieser Verordnung.

…       

§ 2    

(1) Das kirchliche Treuegeld wird gewährt, wenn der Mitarbeiter nach mindestens 10jähriger ununterbrochen im kirchlichen Dienst verbrachten Tätigkeit als vollbeschäftigter Mitarbeiter das gesetzliche Rentenalter erreicht hat. …

…      

§ 7    

(1) Als kirchliches Treuegeld wird nach 10jähriger ununterbrochen im kirchlichen Dienst verbrachter Tätigkeit als Vollbeschäftigter ein Grundbetrag von 80,– DM monatlich gewährt, der sich für jedes weitere Dienstjahr um je 8,– DM monatlich erhöht. Für ein nicht vollendetes Dienstjahr werden bis zu 6 Monaten Dienstzeit 4,– DM und darüber 8,– DM gewährt.“

Nach § 11 Abs. 2 der Treuegeld-Verordnung vom 11. Juni 1991 wurde das Kirchengesetz über die zusätzliche kirchliche Altersversorgung der kirchlichen Mitarbeiter und ihrer Witwen (Witwer) (Mitarbeiterversorgungsgesetz – MAVG) vom 27. Oktober 1981 außer Kraft gesetzt.

Unter dem 20. Januar 1993 vereinbarten die Parteien einen neuen „Dienstvertrag“, der nach einem auf das Schriftstück maschinenschriftlich aufgesetzten Zusatz in „Fortsetzung des bisherigen Arbeitsverhältnisses“ und „im Sinne eines Nachtrages“ zum bisherigen Arbeitsvertrag gelten soll. Nach § 1 des Dienstvertrags war die Klägerin seit dem 15. Oktober 1986 bei der Beklagten bei der Kirchenamtsratsstelle D – Büro für Baupflege – als vollbeschäftigte Mitarbeiterin eingestellt. Im Übrigen enthielt der Dienstvertrag ua. folgende Regelungen:

„§ 2  

(1) Für das Dienstverhältnis gelten das Kirchengesetz über die Regelung der privatrechtlichen Dienstverhältnisse der Mitarbeiter der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens (Landeskirchliches Mitarbeitergesetz – LMG -) vom 26. März 1991 (Amtsblatt Seite A 35) und die Kirchliche Dienstverordnung (KDVO) vom 16. Juli 1992 (Amtsblatt Seite A 81) sowie die sonstigen Arbeitsrechtsregelungen in der jeweils geltenden Fassung.

…      

§ 5    

Die zusätzliche Altersversorgung wird nach dem in der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens geltenden Recht gewährt.“

Mit Wirkung vom 1. Juli 1994 trat die „Verordnung über die Treuegeldgewährung an kirchliche Mitarbeiter als Kirchliche Altersversorgung (VKAV)“ vom 7. Juni 1994 (ABl. S. A 159) in Kraft (im Folgenden VKAV 1994). Die VKAV 1994 bestimmt auszugsweise:

„§ 1  

Geltungsbereich

(1) Diese Verordnung gilt für die privatrechtlich beschäftigten Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens.

(2) Kirchliche Altersversorgung erhalten als Leistungsberechtigte:

a)    Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, deren Dienstverhältnisse unter den Geltungsbereich der Kirchlichen Dienstvertragsordnung (KDVO) der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens vom 16. Juli 1992 in der jeweils geltenden Fassung fallen, sowie

…      

§ 3    

Anspruchsvoraussetzungen bei Bezug von Vollrente wegen Alters

Kirchliche Altersversorgung wird gewährt, wenn der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin eine mindestens zehnjährige ununterbrochene Dienstzeit im kirchlichen Dienst (anspruchsbegründende Dienstzeit) nachweist und eine Vollrente wegen Alters aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezieht.

…      

§ 5    

Kirchliche Dienstzeiten

(1) Als kirchliche Dienstzeiten gem. § 4 Buchst. a) zählen die Zeiten einer beruflichen Beschäftigung:

a)    bei den Kirchgemeinden, Kirchenbezirken und Gliedkirchen sowie sonstigen kirchlichen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen innerhalb des Gebietes des ehemaligen Bundes der Evangelischen Kirchen,

…      

§ 10  

Mindestversorgung

Als Mindestversorgung erhalten Leistungsberechtigte den Grundbetrag von 100,– DM monatlich bei 10 Jahren und 10,– DM monatlich für jedes weitere Jahr anspruchsbegründender Dienstzeit gemäß §§ 3 und 5 dieser Verordnung. …

§ 11  

Beginn und Ende der Leistungen

(1) Der Anspruch auf Kirchliche Altersversorgung entsteht mit dem Zeitpunkt, von dem an Vollrente wegen Alters, Berufs- oder Erwerbsunfähigkeitsrente zusteht. …

…      

§ 23  

Inkrafttreten

(1) Diese Verordnung tritt am 01. Juli 1994 in Kraft.

(2) Gleichzeitig tritt die Verordnung über die Gewährung eines kirchlichen Treuegeldes an kirchliche Angestellte und Arbeiter im Ruhestand und ihrer Witwen (Witwer) (Treuegeld-Verordnung) vom 11. Juni 1991 (ABl. S. A 58) in der Fassung der Zweiten Verordnung zur Änderung der Treuegeld-Verordnung vom 17. Juni 1993 (ABl. S. A 86) außer Kraft.“

Die betriebliche Altersversorgung bei der Beklagten wurde durch die „Ordnung über die Kirchliche Altersversorgung (KAV)“ vom 26. November 1996 (ABl. S. A 270) mit Wirkung zum 1. Januar 1997 geändert (im Folgenden KAV 1997). Die KAV 1997 sah für die in ihrem § 1 Abs. 2 aufgeführten Arbeitnehmer – zu denen die Klägerin nicht gehörte – die Gewährung einer Gesamtversorgung durch die Beklagte vor. Daneben regelt § 20 KAV 1997, dass die Rentenzahlungen jeweils zum 1. Juli eines Jahres um ein Prozent erhöht werden und sich die Gesamtversorgungsstufen bei allgemeinen Rentenerhöhungen jeweils um den Prozentsatz erhöhen, um den sich die Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung erhöhen. § 24 KAV 1997 lautet:

„§ 24

Inkrafttreten, Außerkrafttreten

Diese Ordnung tritt am 1. Januar 1997 in Kraft. Gleichzeitig tritt die Verordnung über Treuegeldgewährung an kirchliche Mitarbeiter als Kirchliche Altersversorgung (VKAV) vom 7. Juni 1994 (ABl. S. A 159) außer Kraft.“

Ebenfalls Ende des Jahres 1996 beschloss die Landessynode der Beklagten das „Kirchengesetz über die Zusatzversorgung der kirchlichen Mitarbeiter im Bereich der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens (Zusatzversorgungsgesetz – ZVG)“ vom 21. November 1996 (ABl. S. A 244) (im Folgenden ZVG 1997). Das zum 1. Januar 1997 in Kraft getretene ZVG 1997 bestimmt ua.:

„§ 1  

(1) Mitarbeiter, die nach dem 31. Dezember 1996 zu der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens, einer ihrer Kirchgemeinden, Kirchgemeindeverbände, Kirchenbezirke oder sonstigen Körperschaften in einem privatrechtlichen Anstellungs- oder Ausbildungsverhältnis stehen, erhalten unter der in § 3 genannten Voraussetzung eine zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung nach Maßgabe der Bestimmungen der Kirchlichen Zusatzversorgungskasse Darmstadt.

…      

§ 2    

Die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Sachsens tritt für sich, ihre Kirchgemeinden, Kirchgemeindeverbände, Kirchenbezirke und sonstige Körperschaften der Kirchlichen Zusatzversorgungskasse Darmstadt gemäß der zwischen ihr und der Zusatzversorgungskasse geschlossenen Beteiligungsvereinbarung bei.

§ 3    

Die kirchlichen Anstellungsträger gemäß § 1 sind verpflichtet, ihre Mitarbeiter, soweit sie der Zusatzversorgungspflicht gemäß der Satzung der Kirchlichen Zusatzversorgungskasse Darmstadt unterliegen, bei dieser Kasse zur Zusatzversorgung anzumelden und die jeweilige Umlage zu zahlen.

…      

§ 5    

Die landeskirchlichen Vorschriften über eine Treuegeldgewährung an kirchliche Mitarbeiter bleiben unberührt.“

Arbeitnehmer, für die die KAV 1997 keine Übergangsregelung enthält und die folglich keine Leistungen nach der KAV 1997 erhalten sollten, wurden entsprechend der Vorgaben des ZVG 1997 zum 1. Januar 1997 bei der Kirchlichen Zusatzversorgungskasse Darmstadt – Anstalt des öffentlichen Rechts – (im Folgenden Zusatzversorgungskasse) angemeldet; deren Leistungen bestimmen sich nach der jeweils gültigen Satzung. Diese sah entsprechend der Regelung, die die Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes für die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) für die neuen Bundesländer und den östlichen Teil Berlins mit Wirkung zum 1. Januar 1997 gefunden hatten, ab diesem Zeitpunkt die Gewährung einer Gesamtversorgung vor. Dieses Gesamtversorgungssystem wurde zum 1. Januar 2001 durch ein Punktemodell abgelöst. Auch diese Neuregelungen folgten der von den Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes für die VBL gefundenen Lösung. Zudem sah § 62 Abs. 2 der Satzung der Zusatzversorgungskasse für die Jahre 2002 bis 2005 die Möglichkeit der Zahlung verminderter Beiträge vor, denen verminderte Anwartschaften gegenüberstehen. Davon hat die Beklagte aufgrund eines Beschlusses ihrer Arbeitsrechtlichen Kommission vom 22. Mai 2002 (ABl. S. A 132) Gebrauch gemacht.

Im Nachgang zum Urteil des Senats vom 14. Juli 2015 (- 3 AZR 517/13 -) wurde die KAV 1997 durch die „Verordnung zur Änderung der Ordnung über die Kirchliche Altersversorgung (KAV)“ vom 18. Oktober 2016 (ABl. S. A 195) geändert. Diese bestimmt ua.:

„§ 1  

1.    § 1 wird wie folgt geändert:

a)    Der Absatz 2 Buchstabe e abschließende Punkt wird durch ein Komma ersetzt und folgender Buchstabe f angefügt:

‚f) Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie ehemalige und ausgeschiedene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, deren Dienstverhältnis am 1. Januar 1997 unter den Geltungsbereich der Kirchlichen Dienstvertragsordnung (KDVO) fiel, die darüber hinaus die Voraussetzungen der Buchstaben a bis e nicht erfüllen und bei denen die Leistungen der kirchlichen Zusatzversorgungskasse hinter denen, die durch die Verordnung über die Treuegeldgewährung an kirchliche Mitarbeiter als Kirchliche Altersversorgung (VKAV) in der bis zum 31. Dezember 1996 geltenden Fassung gewährt werden könnten, zurückbleiben.‘

…      

4.    Abschnitt IV wird wie folgt gefasst:

‚Abschnitt IV Ergänzungsregelungen

§ 23 Ergänzungsleistung nach § 1 Absatz 2 Buchstabe f

(1) Die Leistungen für anspruchsberechtigte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nach § 1 Absatz 2 Buchstabe f werden in der Höhe gewährt, in der die Leistungen einer kirchlichen Zusatzversorgungskasse im Einzelfall hinter denen, die durch die Verordnung über die Treuegeldgewährung an kirchliche Mitarbeiter als Kirchliche Altersversorgung (VKAV) in der bis zum 31. Dezember 1996 geltenden Fassung beansprucht werden könnten, zurückbleiben. Hierzu wird zunächst der Anspruch auf Kirchliche Altersversorgung ermittelt, der sich nach der VKAV unter Berücksichtigung der tatsächlichen Dienstzeit ergeben hätte. Geht dieser Anspruch über die tatsächlichen Leistungen einer kirchlichen Zusatzversorgungskasse hinaus, wird die Differenz als Ergänzungsleistung gewährt. Nach Beginn der Zahlung erhöht sich die Ergänzungsleistung jeweils zum 1. Juli eines Jahres um 1 Prozent.

(2) Bei der Beantragung der Ergänzungsleistung nach Absatz 1 sind sowohl die Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung durch Vorlage des Rentenbescheides als auch die Leistungen der kirchlichen Zusatzversorgungskasse durch Vorlage des Leistungsbescheides jeweils zum Zeitpunkt des Rentenbeginns nachzuweisen.“

Mit Ablauf des 30. Juni 2019 schied die Klägerin aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten aus und bezieht seit dem 1. Juli 2019 eine Altersrente für besonders langjährige Versicherte aus der gesetzlichen Rentenversicherung sowie – ausweislich der Rentenmitteilung der EZVK vom 9. Juli 2019 – aus der Zusatzversorgungskasse eine monatliche Versorgungsrente iHv. 242,56 Euro brutto.

Auf Antrag der Klägerin führte die Beklagte zur Prüfung eines Anspruchs auf Ergänzungsleistung nach § 1 Abs. 2 Buchst. f, § 23 KAV 1997 eine Vergleichsberechnung durch. Diese führte zu dem Ergebnis, dass der Klägerin als Mindestversorgung nach § 10 VKAV 1994 bei Eintritt in die Versorgungsphase 168,96 Euro monatlich zugestanden hätten.

Die Klägerin hat mit ihrer Klage ab dem 1. Juli 2019 für die Dienstzeit bis zum 31. Dezember 1996 ein erdientes, unverfallbares monatliches Treuegeld iHv. 94,53 Euro brutto und ab dem 1. Juli 2020 ein solches iHv. 98,51 Euro brutto verlangt. In diesen aus der VKAV 1994 rührenden Anspruch habe durch das ZVG 1997 nicht wirksam eingegriffen werden können, weil ihr in der durch dieses ab 1. Januar 1997 eingeführte Versorgung über die Zusatzversorgungskasse keine Startgutschrift erteilt worden sei. Deshalb bestehe der Anspruch nach der VKAV 1994 weiter und die bis zum 31. Dezember 1996 erdiente Anwartschaft sei entsprechend der in § 20 KAV 1997 enthaltenen Regelung zur Anpassung der Rentenleistungen anzupassen.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.528,32 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz jährlich aus jeweils 94,53 Euro seit dem 1. August, 1. September, 1. Oktober, 1. November, 1. Dezember 2019, 1. Januar, 1. Februar, 1. März, 1. April, 1. Mai, 1. Juni, 1. Juli 2020, aus weiteren jeweils 98,51 Euro seit dem 1. August, 1. September, 1. Oktober sowie 1. November 2020 zu zahlen.

Die Beklagte hat Klagabweisung beantragt.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landesarbeitsgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht wegen der von ihm angenommenen Divergenz seiner Entscheidung zum Urteil des Senats vom 14. Juli 2015 (- 3 AZR 517/13 -) zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter. Die Beklagte begehrt die Zurückweisung der Revision.

Aus den Gründen

17        Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen. Die zulässige Klage ist nicht begründet.

 

18        I. Die Revision ist zulässig. Die Revisionsbegründung setzt sich mit dem angefochtenen Urteil in ausreichendem Maße auseinander, soweit es die Frage der wirksamen Ablösung der VKAV 1994 durch die KAV 1997 und das ZVG 1997 betrifft. Von der Revisionsbegründung kann nur eine Auseinandersetzung mit den vorhandenen Entscheidungsgründen des Landesarbeitsgerichts verlangt werden. Die Revisionsbegründung zeigt hinreichend deutlich auf, dass die Klägerin – entgegen dem Landesarbeitsgericht – davon ausgeht, die ursprüngliche Versorgungsordnung VKAV 1994 gelte fort, weil die KAV 1997 und das ZVG 1997 in erdiente Besitzstände eingegriffen hätten. Der Eingriff liege darin, dass der Klägerin für die Betriebszugehörigkeit bis zum 31. Dezember 1996 keine Rentenanwartschaft zugebilligt werde. Stünde dies einer wirksamen Ablösung entgegen, würde dies dem angefochtenen Urteil den Boden insgesamt entziehen.

 

19        II. Die Revision bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung gegen das Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen. Die zulässige Klage ist unbegründet. Entgegen der Auffassung der Klägerin wurde die VKAV 1994 durch die KAV 1997 und das ZVG 1997 wirksam abgelöst. Durch die Ablösung wurde weder in den erdienten Teilbetrag noch in die erdiente Dynamik oder künftige Zuwächse eingegriffen. Vielmehr erhält die Klägerin nach der KAV 1997 iVm. dem ZVG 1997 eine höhere Leistung der betrieblichen Altersversorgung, als sie sie nach der VKAV 1994 erhalten würde. Damit sind die durch das vom Senat entwickelte dreistufige Prüfungsschema bestimmten Grenzen eingehalten. Weitere Unwirksamkeitsgründe sind von der Klägerin nicht dargetan und auch sonst nicht ersichtlich.

 

20        1. Zwischen den Parteien gilt das kirchliche Recht der betrieblichen Altersversorgung in seiner für die Beklagte jeweils geltenden Fassung.

 

21        a) Dies folgt nicht aus den kirchlichen Rechtssetzungsakten selbst. Die Kirchen haben nicht die Rechtsmacht, eine normative Wirkung ihrer Regelungen im privaten Arbeitsverhältnis anzuordnen. Wählen sie die privatrechtliche Ausgestaltung ihrer Arbeitsverhältnisse, so haben sie auch nur die privatrechtlichen Gestaltungsmittel (BAG 14. Juli 2015 – 3 AZR 517/13 – Rn. 19 mwN).

 

22        b) Die Geltung der jeweiligen kirchenrechtlichen Regelungen folgt aus § 5 des „Dienstvertrags“ der Parteien vom 20. Januar 1993, der als Jeweiligkeitsklausel zu verstehen ist.

 

23        aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats sind Verweisungen auf die für die betriebliche Altersversorgung beim Arbeitgeber geltenden Bestimmungen im Regelfall dynamisch. Sie verweisen, soweit keine gegenteiligen Anhaltspunkte bestehen, auf die jeweils beim Arbeitgeber geltenden Regelungen. Das Verständnis einer solchen Bezugnahme als dynamische Verweisung auf die jeweils geltenden Versorgungsregelungen ist sachgerecht und wird in der Regel den Interessen der Parteien eher gerecht als eine statische Verweisung auf einen im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bestehenden Rechtszustand. Nur so wird eine einheitliche Anwendung der Versorgungsordnung auf alle von ihr erfassten Arbeitnehmer und Versorgungsempfänger des Arbeitgebers sichergestellt. Der Arbeitgeber will im Zweifel die betriebliche Altersversorgung nach einheitlichen Regeln, dh. als System, erbringen. Ein solches System darf nicht erstarren. Dies ist bei der Auslegung dahingehender Vereinbarungen zu berücksichtigen. Deshalb ist für den Regelfall eine dynamische Verweisung anzunehmen (BAG 17. Juni 2008 – 3 AZR 553/06 – Rn. 24; 27. Juni 2006 – 3 AZR 255/05 – Rn. 18 mwN, BAGE 118, 326; 23. September 1997 – 3 AZR 529/96 – zu I 2 der Gründe). Will der Arbeitgeber eine Versorgung unabhängig von der jeweils geltenden allgemeinen Versorgungsordnung zusagen, muss er dies deutlich zum Ausdruck bringen (BAG 23. April 2013 – 3 AZR 23/11 – Rn. 22; 18. September 2012 – 3 AZR 415/10 – Rn. 25, BAGE 143, 90).

 

24        bb) Danach ist die Klausel in § 5 des Dienstvertrags vom 20. Januar 1993 als dynamische Bezugnahme auf die jeweils bei der Beklagten geltenden Regelungen der betrieblichen Altersversorgung zu verstehen. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Arbeitsvertragsparteien lediglich die am Tag des Vertragsschlusses geltende Versorgungsregelung, also die rückwirkend zum 1. Januar 1993 in Kraft getretene Treuegeld-Verordnung idF der Zweiten Verordnung zur Änderung der Treuegeld-Verordnung vom 17. Juni 1993, in Bezug nehmen wollten. Dafür fehlt es – unabhängig davon, ob dies für sich genommen ausreichend wäre – schon an einer konkreten Bezeichnung der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bei der Beklagten geltenden Versorgungsregelungen.

 

25        2. Dementsprechend richtete sich die zusätzliche Altersversorgung der Klägerin nach § 5 des Dienstvertrags vom 20. Januar 1993 seit dem 1. Juli 1994 nach der VKAV 1994. Es kann dahinstehen, ob die Klägerin zu diesem Zeitpunkt aufgrund der dynamischen Bezugnahme in ihrem Dienstvertrag bereits eine Anwartschaft auf ein Treuegeld nach der Treuegeld-Verordnung vom 11. Juni 1991 idF der Zweiten Verordnung zur Änderung der Treuegeld-Verordnung vom 17. Juni 1993 erworben hatte. Selbst wenn dies der Fall gewesen sein sollte, wäre die Treuegeld-Verordnung vom 11. Juni 1991 idF der Zweiten Verordnung zur Änderung der Treuegeld-Verordnung vom 17. Juni 1993 zum 1. Juli 1994 für die Klägerin wirksam durch die VKAV 1994 abgelöst worden. Die Klägerin macht ausschließlich Ansprüche aus der VKAV 1994 gegen die Beklagte geltend und lässt die vorherige Ablösung der Treuegeld-Verordnung durch die VKAV 1994 gegen sich gelten.

 

26        3. Die Regelungen der VKAV 1994 galten nach dem 1. Januar 1997 für die zusätzliche Altersversorgung der Klägerin nicht weiter. Nach § 24 Satz 2 KAV 1997 trat die VKAV 1994 zum 1. Januar 1997 außer Kraft. Die von § 1 Abs. 2 KAV 1997 erfassten Mitarbeiter erhielten stattdessen eine zusätzliche Altersversorgung nach den §§ 4 ff. KAV 1997. Die nicht unter § 1 Abs. 2 KAV 1997 fallenden Mitarbeiter – wie ursprünglich die Klägerin – wurden entsprechend den Vorgaben des ZVG 1997 ab dem 1. Januar 1997 bei der Zusatzversorgungskasse versichert. Ihre Ansprüche auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung sollten sich demnach ausschließlich nach den jeweils geltenden Satzungsbestimmungen der Zusatzversorgungskasse richten. § 5 des Dienstvertrags der Klägerin erfasst diese Änderungen.

 

27        a) Die Auslegung von § 5 des Dienstvertrags ergibt, dass von der Bezugnahme nur Regelungen erfasst werden sollen, die den Grundsätzen des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit und damit – soweit keine Rechtsgründe entgegenstehen – dem diese Grundsätze konkretisierenden dreistufigen Prüfungsschema des Senats für Eingriffe in bestehende Versorgungsrechte entsprechen.

 

28        aa) § 5 des Dienstvertrags ist Bestandteil eines Formulararbeitsvertrags. Bereits das äußere Erscheinungsbild des Dienstvertrags der Parteien vom 20. Januar 1993 begründet damit eine tatsächliche Vermutung für das Vorliegen einer Allgemeinen Geschäftsbedingung iSd. § 305 Abs. 1 BGB (vgl. BAG 12. Februar 2015 – 6 AZR 831/13 – Rn. 17, BAGE 150, 380). Nach Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB unterliegt die Verweisungsklausel daher der Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB. Denn mit der Verweisung auf das jeweils geltende Recht in der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens hat die Beklagte sich die Möglichkeit vorbehalten, die Arbeitsbedingungen einseitig durch ihre Organe zu ändern. Die Verweisung erfasst nicht nur auf dem sog. „Dritten Weg“, dh. durch Beschlüsse der Arbeitsrechtlichen Kommission zustande gekommene Regelungen, sondern auch Bestimmungen, die durch einseitige kirchliche Rechtsetzungsakte erlassen wurden.

 

29        bb) Eine Verweisung auf die jeweils geltenden Regelungen für die betriebliche Altersversorgung des Arbeitgebers hält nur dann einer Inhaltskontrolle nach § 308 Nr. 4 BGB oder § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB stand, wenn die in Bezug genommenen Änderungen den Grundsätzen des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit entsprechen. Nur in diesem Fall ist der in der Jeweiligkeitsklausel liegende Änderungsvorbehalt für den Arbeitnehmer als Vertragspartner des Verwenders zumutbar. Dies beruht darauf, dass der Arbeitnehmer erwarten kann, für die durch seine Betriebszugehörigkeit bereits erbrachten Vorleistungen auch die ihm versprochene Gegenleistung zu erhalten, soweit dem nicht Gründe auf Seiten des Arbeitgebers entgegenstehen, die seine schützenswerten Interessen überwiegen (BAG 14. Juli 2015 – 3 AZR 517/13 – Rn. 27; 18. September 2012 – 3 AZR 415/10 – Rn. 30 ff., BAGE 143, 90).

 

30        cc) Es ist davon auszugehen, dass der kirchliche Arbeitgeber als Verwender der Jeweiligkeitsklausel nur eine rechtlich zulässige Regelung vereinbaren will. Daher ist – soweit keine gegenteiligen Anhaltspunkte vorliegen – eine dynamische Verweisung auf die geltenden Versorgungsregelungen so auszulegen, dass davon nur Regelungen erfasst sein sollen, die den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit entsprechen. Aus diesen Grundsätzen folgt, dass die Gründe, die den Eingriff rechtfertigen sollen, um so gewichtiger sein müssen, je stärker der Besitzstand ist, in den eingegriffen wird (vgl. BAG 18. September 2012 – 3 AZR 415/10 – Rn. 34, BAGE 143, 90). Die bei Einschnitten in Versorgungsrechte zu beachtenden Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit hat das Bundesarbeitsgericht für Versorgungsanwartschaften durch ein dreistufiges Prüfungsschema konkretisiert (st. Rspr. seit BAG 17. April 1985 – 3 AZR 72/83 – zu B II 3 c der Gründe, BAGE 49, 57), das in derartigen Fällen grundsätzlich anzuwenden ist. Den abgestuften Besitzständen der Arbeitnehmer sind danach entsprechend abgestufte unterschiedlich gewichtete Eingriffsgründe des Arbeitgebers gegenüberzustellen (vgl. etwa BAG 14. Juli 2015 – 3 AZR 517/13 – Rn. 28; 10. März 2015 – 3 AZR 56/14 – Rn. 35 mwN).

 

31        b) Danach erfasst § 5 des Dienstvertrags nur solche abändernden Versorgungsregelungen, die einer Prüfung anhand des vom Bundesarbeitsgericht entwickelten dreistufigen Prüfungsschemas standhalten. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte sich weitergehende Änderungen vorbehalten wollte, liegen nicht vor (vgl. zu einem insoweit wortgleichen Formularvertrag der Beklagten BAG 14. Juli 2015 – 3 AZR 517/13 – Rn. 29).

 

32        c) Das der Beklagten nach Art. 140 GG iVm. Art. 137 Abs. 3 Satz 1 WRV zustehende Recht, ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes zu ordnen und zu verwalten, steht dieser Auslegung nicht entgegen (vgl. dazu ausführlich BAG 14. Juli 2015 – 3 AZR 517/13 – Rn. 30 ff.). Dies wird von der Beklagten auch nicht in Abrede gestellt.

 

33        d) Danach ist die Wirksamkeit der Ablösung der VKAV 1994 anhand des dreistufigen Prüfungsschemas des Senats zu überprüfen. Rechtsgründe, dieses Prüfungsschema auf die streitbefangene Ablösung nicht anzuwenden, bestehen nicht.

 

34        aa) Das Betriebsrentengesetz findet auf das Versorgungsverhältnis der Parteien Anwendung. Die Beklagte hat der Klägerin durch § 5 des Dienstvertrags vom 20. Januar 1993 und damit nach dem 31. Dezember 1991, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der §§ 1 bis 18 BetrAVG nach der Anlage I Kapitel VIII Sachgebiet A Abschn. III Nr. 16 Buchst. a und b des Einigungsvertrags im Gebiet nach Art. 3 des Einigungsvertrags am 1. Januar 1992, eine Zusage auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung erteilt. Anhaltspunkte für eine abweichende Auslegung der vertraglichen Regelung sind weder dargetan noch ersichtlich.

 

35        bb) Für die Anwendbarkeit des dreistufigen Prüfungsschemas ist es nach der – von der Beklagten im vorliegenden Rechtsstreit nicht mehr in Zweifel gezogenen – Rechtsprechung des Senats unerheblich, ob die Anwartschaft der Klägerin auf Versorgungsleistungen nach der VKAV 1994 im Zeitpunkt der Ablösung durch die KAV 1997 am 1. Januar 1997 nach § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung unverfallbar war (BAG 14. Juli 2015 – 3 AZR 517/13 – Rn. 41 mwN).

 

36        cc) Der Prüfung der die VKAV 1994 ablösenden Regelungen anhand des dreistufigen Prüfungsschemas steht schließlich nicht entgegen, dass es sich bei diesen um kirchenarbeitsrechtliche Bestimmungen handelt (dazu ausführlich BAG 14. Juli 2015 – 3 AZR 517/13 – Rn. 42 ff. mwN).

 

37        dd) Soweit die Beklagte mit der Einführung ihres kirchlichen Zusatzversorgungssystems ab dem 1. Januar 1997 die Regelungen nachvollzogen hat, die die Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes ab diesem Tag für den öffentlichen Dienst der neuen Bundesländer und des östlichen Teils Berlins geschaffen haben, rechtfertigt dies ebenfalls keine Abweichung vom dreistufigen Prüfungsschema (dazu ausführlich BAG 14. Juli 2015 – 3 AZR 517/13 – Rn. 45 ff. mwN).

 

38        e) Die Ablösung der VKAV 1994 durch § 24 Satz 2 KAV 1997 und das ZVG 1997 iVm. den am 1. Januar 1997 geltenden Satzungsbestimmungen der Zusatzversorgungskasse verstößt nicht gegen die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit, wie sie durch das dreistufige Prüfungsschema des Bundesarbeitsgerichts konkretisiert sind.

 

39        aa) Nach dem dreistufigen Prüfungsschema sind den abgestuften Besitzständen der Arbeitnehmer entsprechend abgestufte, unterschiedlich gewichtete Eingriffsgründe des Arbeitgebers gegenüberzustellen (vgl. etwa BAG 10. März 2015 – 3 AZR 56/14 – Rn. 35 mwN). Der unter der Geltung der bisherigen Ordnung und in dem Vertrauen auf deren Inhalt bereits erdiente und entsprechend § 2 Abs. 1, Abs. 5 Satz 1 BetrAVG ermittelte Teilbetrag kann hiernach nur in seltenen Ausnahmefällen entzogen werden. Das setzt zwingende Gründe voraus. Zuwächse, die sich – wie etwa bei endgehaltsbezogenen Zusagen – dienstzeitunabhängig aus variablen Berechnungsfaktoren ergeben (erdiente Dynamik), können nur aus triftigen Gründen geschmälert werden. Für Eingriffe in dienstzeitabhängige, noch nicht erdiente Zuwachsraten genügen sachlich-proportionale Gründe (vgl. etwa BAG 30. September 2014 – 3 AZR 998/12 – Rn. 24 mwN).

 

40        bb) Die KAV 1997 sowie das ZVG 1997 iVm. den ab dem 1. Januar 1997 geltenden Satzungsbestimmungen der Zusatzversorgungskasse greifen zum entscheidenden Zeitpunkt des Eintritts in den Ruhestand zum 1. Juli 2019 weder in den bis zum Ablösungszeitpunkt von der Klägerin erdienten Teilbetrag noch in eine bis dahin erdiente Dynamik oder in die künftigen dienstzeitabhängigen Zuwächse ein.

 

41        (1) Es liegt kein Eingriff in den erdienten Teilbetrag vor.

 

42        (a) Der von der Klägerin nach § 10 Satz 1 VKAV 1994 am 1. Januar 1997 bereits erdiente Teilbetrag der Mindestversorgung beläuft sich auf 51,34 Euro.

 

43        Nach § 10 Satz 1 VKAV 1994 setzt sich die Mindestversorgung aus einem Grundbetrag iHv. 100,00 DM monatlich für die ersten zehn anspruchsbegründenden Dienstjahre und jeweils weiteren 10,00 DM monatlich für jedes weitere anspruchsbegründende Dienstjahr zusammen. Vom Beginn der Betriebszugehörigkeit am 15. Oktober 1986 bis zum Eintritt in den Ruhestand am 1. Juli 2019 ergeben sich insgesamt 32 anrechnungsfähige volle Dienstjahre. Daraus folgt eine erreichbare Mindestversorgung iHv. 320,00 DM. Die mögliche Betriebszugehörigkeit iSv. § 2 Abs. 1 BetrAVG umfasst 392 volle Monate. Die tatsächliche Betriebszugehörigkeit vom Beginn der Betriebszugehörigkeit bis zum Zeitpunkt der Ablösung am 31. Dezember 1996 umfasst 123 Monate. Dies ergibt einen Quotienten von 0,3138 (123 Monate : 392 Monate) und damit einen zeitanteilig erdienten Anspruch iHv. 100,41 DM (320,00 DM x 0,3138); dies entspricht 51,34 Euro.

 

44        (b) Nach der Neuregelung erreicht die Klägerin eine monatliche Versorgungsrente iHv. 242,56 Euro. Da dieser Betrag höher ist als der zum 31. Dezember 1996 erdiente Teilbetrag nach § 10 Satz 1 VKAV 1994 iHv. 51,34 Euro, führen die neuen Versorgungsregelungen nicht zu einem Eingriff in den bereits erdienten Teilbetrag.

 

45        (2) Ein Eingriff in die erdiente Dynamik liegt ebenfalls nicht vor. Denn die Mindestversorgung nach § 10 VKAV 1994 hängt nicht von dienstzeitunabhängigen Faktoren, wie etwa dem Endgehalt, ab. § 10 VKAV 1994 sieht vielmehr eine Festbetragsregelung für jedes anrechnungsfähige Dienstjahr vor.

 

46        (3) Die Neuregelung greift auch nicht in die künftigen dienstzeitabhängigen Zuwächse ein. Bei unveränderter Weitergeltung der VKAV 1994 hätte die Klägerin nach § 10 VKAV 1994 eine Mindestversorgung iHv. 320,00 DM (entspricht 163,61 Euro) erreichen können. Demgegenüber beläuft sich ihre Versorgungsrente auf 242,56 Euro.

 

47        cc) Da die neue Versorgungsordnung der Klägerin höhere Ansprüche zubilligt als die vorherige, bedarf es für die Wirksamkeit der Ablösung keiner Gründe iSd. dreistufigen Prüfungsschemas des Senats. Soweit die Klägerin in der Revision geltend macht, es sei keine Ablösung der VKAV 1994 durch die KAV 1997 und das ZVG 1997 erfolgt, verkennt sie, dass im Grundsatz die neuere Versorgungsregelung die ältere Versorgungsregelung ablöst. Dies wird von § 24 Satz 2 KAV 1997 auch ausdrücklich angeordnet. Nur wenn durch die neuen Versorgungsregelungen in Besitzstände iSd. dreistufigen Prüfungsschemas eingegriffen wird, bedarf die Ablösung durch die Neuregelung einer Rechtfertigung. Dies ist jedoch vorliegend nicht der Fall, da die Klägerin nach der Neuregelung eine höhere Versorgung für ihre gesamte Betriebszugehörigkeit erhält, als sie sie bei Fortgeltung der alten Versorgungsregelung für ihre gesamte Betriebszugehörigkeit beanspruchen könnte. An diesem Ergebnis ändert sich auch nichts, weil der Klägerin nach der neuen Versorgungsregelung, keine – von ihr so bezeichnete – „Startgutschrift“ aus der VKAV 1994 durch die neue Versorgungsregelung zuerkannt wird. Entscheidend für die Beurteilung der Wirksamkeit einer Ablösung von Versorgungsregelungen ist einzig, ob die Neuregelung bei Eintritt des Versorgungsfalls im konkreten Einzelfall mindestens gleiche Versorgungsleistungen gewährt. Führt – wie vorliegend – die Neuregelung für die gesamte Betriebszugehörigkeit zu höheren Ansprüchen als die vorherige Versorgungsregelung, sind die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit gewahrt. Mangels einer fortbestehenden Anwartschaft aus der VKAV 1994 muss eine solche auch nicht dynamisiert werden. Es kann deshalb dahinstehen, ob eine solche Pflicht anderenfalls bestünde.

 

48        f) Die Wirksamkeit der Umstellung vom Gesamtversorgungs- auf ein Punktesystem in den Satzungsbestimmungen der Zusatzversorgungskasse zum 1. Januar 2001 und die Herabsetzung der Beiträge im Rahmen des Punktesystems durch den Beschluss der Arbeitsrechtlichen Kommission vom 22. Mai 2002 hat die Klägerin nicht angezweifelt und nicht zum Gegenstand des Rechtsstreits gemacht.

 

49        III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

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