BAG: Arbeitszeitkonto-Zeitgutschrift für Zeiten der Ausübung eines kommunalpolitischen Mandats während bestehender Gleitzeit
BAG, Urteil vom 19.5.2021 – 5 AZR 318/20
ECLI:DE:BAG:2021:190521.U.5AZR318.20.0
Volltext: BB-Online BBL2021-2164-1
Orientierungssätze
1. Ein Arbeitnehmer hat für Abwesenheitszeiten, die durch die Ausübung eines kommunalpolitischen Mandats veranlasst sind, keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach § 616 Satz 1 iVm. § 611a BGB. Die Übernahme eines kommunalen Wahlmandats beruht auf einem freien Willensentschluss und nicht auf einer öffentlich-rechtlichen Verpflichtung. Sie ist der privaten Lebensführung des Arbeitnehmers zuzurechnen (Rn. 22, 23).
2. Nach § 44 Abs. 2 Satz 4 GONRW sind bei bestehender Arbeitszeitflexibilisierung Zeiten der Ausübung eines kommunalpolitischen Mandats, die in die Gleitzeit fallen, zur Hälfte auf die Arbeitszeit des Arbeitnehmers anzurechnen. Die Regelung begründet im Umfang der anzurechnenden Zeit der Mandatstätigkeit keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung gegen den Arbeitgeber. Entsprechend scheidet eine Gutschrift der anzurechnenden Zeit in einem Arbeitszeitkonto aus, das seiner Funktion nach festhält, in welchem Umfang der Arbeitnehmer Arbeit tatsächlich geleistet hat oder aufgrund eines Entgeltfortzahlungsanspruchs nicht zu leisten brauchte. Soweit dem Arbeitnehmer hinsichtlich der anzurechnenden Zeit der Mandatstätigkeit ein Verdienstausfall entsteht, kommt nur ein Entschädigungsanspruch nach § 44 Abs. 2 Satz 5 iVm. § 45 GONRW gegenüber der zuständigen kommunalen Körperschaft in Betracht (Rn. 29 ff.)
Sachverhalt
Die Parteien streiten über Zeitgutschriften auf einem Arbeitszeitkonto.
Die Klägerin ist seit 2005 bei der Beklagten als Fallmanagerin in Vollzeit beschäftigt. Sie ist dem Jobcenter Arbeit für B (iF Jobcenter) zugewiesen, das die Beklagte zur einheitlichen Durchführung der Grundsicherung für Arbeitssuchende als gemeinsame Einrichtung mit der Stadt B gebildet hat. Auf das Arbeitsverhältnis findet aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme der Tarifvertrag für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Bundesagentur für Arbeit vom 28. März 2006 in der im Streitfall maßgeblichen Fassung des 23. Änderungstarifvertrags vom 28. Juni 2019 (iF TV-BA) Anwendung. Dort heißt es ua.:
„§ 32
Arbeitsbefreiung
(1) 1Als Fälle des § 616 Bürgerliches Gesetzbuch in denen Beschäftigte unter Fortzahlung des Gehalts im Sinne des § 23 Abs. 1 im nachstehend genannten Ausmaß von der Arbeit freigestellt werden, gelten nur die folgenden Anlässe:
…
(2) 1Bei Erfüllung allgemeiner staatsbürgerlicher Pflichten nach deutschem Recht, soweit die Arbeitsbefreiung gesetzlich vorgeschrieben ist und soweit die Pflichten nicht außerhalb der Arbeitszeit, gegebenenfalls nach ihrer Verlegung, wahrgenommen werden können, besteht der Anspruch auf Fortzahlung des Gehalts im Sinne des § 23 Abs. 1 nur insoweit, als Beschäftigte nicht Ansprüche auf Ersatz des Gehalts geltend machen können. 2Das fortgezahlte Gehalt gilt in Höhe des Ersatzanspruchs als Vorschuss auf die Leistungen der Kostenträger. 3Die Beschäftigten haben den Ersatzanspruch geltend zu machen und die erhaltenen Beträge an die BA abzuführen.
(3) 1Die BA kann in sonstigen dringenden Fällen Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des Gehalts im Sinne des § 23 Abs. 1 bis zu drei Arbeitstagen gewähren. 2In begründeten Fällen kann bei Verzicht auf das Gehalt kurzfristige Arbeitsbefreiung gewährt werden, wenn die dienstlichen Verhältnisse es gestatten.
Protokollerklärung zu Abs. 3 Satz 2:
Zu den ‚begründeten Fällen‘ können auch solche Anlässe gehören, für die nach Absatz 1 kein Anspruch auf Arbeitsbefreiung besteht.“
Das Jobcenter schloss mit dem bei ihm gebildeten Personalrat unter dem 7. Mai 2012 eine Dienstvereinbarung „über die Arbeitszeit beim Jobcenter Arbeit für B“, unter deren Zugrundelegung die Beklagte für die Klägerin ein Arbeitszeitkonto führt. Die Dienstvereinbarung in der im Streitfall maßgeblichen Fassung vom 17. Januar 2018 (iF DV Arbeitszeit) lautet auszugsweise:
„1. Grundsätze
(1) Diese Dienstvereinbarung trifft Regelungen für die Arbeitszeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Jobcenters für Arbeit für B. Es gilt grundsätzlich die flexible Arbeitszeit.
(2) Arbeitsvertragliche Vereinbarungen (für Beschäftigte nach dem TVöD bzw. Arbeitnehmer nach dem TV-BA) … gehen dieser Dienstvereinbarung vor.
(3) Die tariflichen bzw. gesetzlichen Arbeitszeitregelungen bleiben unberührt.
…
(7) … Die Lage und Verteilung der Arbeitszeit kann auf weniger als 5 Tage in der Woche verteilt werden, sofern dienstliche Gründe dem nicht entgegenstehen.
2. Flexible Arbeitszeit
2.1 Allgemeine Grundsätze
Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können unter Beachtung der dienstlichen Notwendigkeiten für eine ordnungsgemäße und rechtzeitige Leistungserbringung durch das Jobcenter Arbeit für B und der Regelungen dieser Dienstvereinbarung Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit sowie die Pausen oder andere Arbeitsunterbrechungen weitgehend selbst bestimmen. …
…
2.2 Soll-Arbeitszeit
Die arbeitstägliche Soll-Arbeitszeit beträgt grundsätzlich ein Fünftel der regelmäßigen gesetzlichen, tariflichen oder individuell vereinbarten wöchentlichen Arbeitszeit.
2.3 Ist-Arbeitszeit
Ist-Arbeitszeit ist die tatsächlich geleistete Arbeitszeit zuzüglich anrechenbarer Zeiten (siehe Abschnitt 3).
2.4 Arbeitszeitrahmen
(1) Der Arbeitszeitrahmen wird wie folgt festgelegt:
Der Rahmen für die flexible Arbeitszeit (Arbeitszeitrahmen) erstreckt sich von Montag bis Mittwoch jeweils von 06.30 Uhr bis 18.00 Uhr, donnerstags von 6.30 Uhr bis 18.30 Uhr und freitags von 06.30 Uhr bis 17.30 Uhr. In den Monaten Juni bis einschließlich August ist ein Arbeitsbeginn ab 6.00 Uhr möglich.
…
Die für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gesetzlich vorgeschriebene Höchstarbeitszeit von maximal 10 Stunden tägliche Nettoarbeitszeit ist zu beachten.
…
2.7 Zeitguthaben und -defizit
(1) Über- oder Unterschreitung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit sind grundsätzlich innerhalb des Abrechnungszeitraums 01.12.-30.11. auszugleichen.
…
3. Arbeitsbefreiung, Dienstreisen und sonstige Abwesenheitszeiten
…
3.1 Arbeitsbefreiungen mit Anrechnung auf die Arbeitszeit
Arbeitsbefreiung bzw. Sonderurlaub ist nach den geltenden tarifrechtlichen und gesetzlichen Bestimmungen sowie der Sonderurlaubsverordnung zu gewähren.“
Die Klägerin ist gewähltes Mitglied des Rats der Stadt O und zugleich Mitglied der dortigen Fraktion „DIE LINKE.LISTE“. Für ihre Teilnahme an den regelmäßig montags stattfindenden Rats- und Fraktionssitzungen schrieb die Beklagte der Klägerin in der Zeit vom 1. August 2017 bis zum 8. April 2019 bei ganztägiger Sitzungsdauer arbeitstäglich 7 Stunden und 48 Minuten, sonst die jeweils für die Teilnahme an den Sitzungen aufgewendete Zeit als „Tag Ist-Zeit“ gut. Für die Folgezeit lehnte die Beklagte entsprechende Gutschriften unter Berufung auf eine Ergänzung ihrer Durchführungsanweisung zu § 32 Abs. 2 TV-BA ab. Dort heißt es in Absatz 1:
„Beschäftigte, die im Rahmen einer nicht hauptamtlichen Tätigkeit als Mitglied einer kommunalen Vertretung, eines nach Kommunalverfassungsrecht gebildeten Ausschusses oder vergleichbarer Einrichtungen in Gemeindebezirken sowie ehrenamtlich als Mitglied von Ausschüssen in kommunalen Vertretungen, die aufgrund eines Gesetzes gebildet worden sind, tätig sind, erhalten die erforderliche Freistellung für die notwendige Abwesenheit in entsprechender Anwendung des § 90 Abs. 4 BBG (vgl. hierzu auch BMI-Rundschreiben vom 15.5.2007 - D II 2 - 220 210-2/21, 220 210-2/29).“
Mit Stand Juli 2018 wurde folgender Absatz 2 angefügt:
„Da nach § 90 Abs. 4 BBG nur der erforderliche Urlaub gewährt wird, muss eine zeitlich festgelegte Verpflichtung zur Arbeitsleistung mit einer zeitlich festgelegten Rats- oder Ausschusstätigkeit kollidieren, so dass die/der Beschäftigte ohne die Freistellung an der betreffenden Rats- oder Ausschusstätigkeit unmittelbar gehindert wäre. Im Hinblick auf die im Geschäftsbereich der BA bestehende flexible Arbeitszeit, in deren Rahmen die Beschäftigten die Lage ihrer Arbeitszeit weitgehend selbst bestimmen können, ist eine solche Pflichtenkollision in der Regel nicht gegeben, so dass eine Freistellung grundsätzlich nicht in Betracht kommt.“
Nach erfolgloser außergerichtlicher Geltendmachung hat die Klägerin mit ihrer Klage geltend gemacht, sie habe Anspruch auf Gutschrift der Hälfte der für die Ausübung ihres kommunalpolitischen Mandats aufgewendeten Zeit als „Tag Ist-Zeit“ auf ihrem Arbeitszeitkonto aus § 616 BGB iVm. § 32 Abs. 2 TV-BA, jedenfalls aus § 44 Abs. 2 Satz 4 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GO NRW). Das gelte für sämtliche Zeiten der Mandatsausübung, die innerhalb des durch die DV Arbeitszeit eröffneten Gleitzeitrahmens lägen. Hilfsweise sei auf den Zeitrahmen abzustellen, den sie regelmäßig zur Erbringung ihrer Arbeitsleistung nutze. Den Anspruch auf bezahlte Arbeitsbefreiung habe die Beklagte bis zur Änderung ihrer Durchführungsanweisung zu § 32 Abs. 2 TV-BA auch dem Grunde nach anerkannt und in der Vergangenheit entsprechende Gutschriften auf dem Arbeitszeitkonto vorgenommen.
Die Klägerin hat - nachdem die Parteien den Rechtsstreit erstinstanzlich hinsichtlich beantragter Gutschriften für den 15. und den 29. April 2019 übereinstimmend für erledigt erklärt hatten - zuletzt beantragt
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, in dem für die Klägerin geführten Zeitkonto unter „Tag Ist-Zeit“ die Hälfte der Zeit einzubuchen, die die Klägerin an den Wochentagen von Montag bis Freitag für die Zeit der Ausübung ihres Mandats als Mitglied des Rats der Stadt O aufwendet, soweit die für die Mandatsausübung aufgewandte Zeit innerhalb des jeweiligen Arbeitszeitrahmens des Jobcenters Arbeit für B liegt;
hilfsweise
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, in dem für die Klägerin geführten Zeitkonto unter „Tag Ist-Zeit“ die Hälfte der Zeit einzubuchen, die die Klägerin an den Wochentagen von Montag bis Freitag für die Zeit der Ausübung ihres Mandats als Mitglied des Rats der Stadt O aufwendet, soweit die für die Mandatsausübung aufgewandte Zeit innerhalb des jeweiligen Arbeitszeitrahmens des Jobcenters Arbeit für B liegt, wobei Zeiten vor 8.20 Uhr außer Betracht bleiben.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, auf der Grundlage geltenden Bundesrechts und der für ihren Geschäftsbereich maßgeblichen tariflichen Bestimmungen scheide eine Gutschrift aus. Angesichts der Arbeitszeitflexibilisierung durch die DV Arbeitszeit sei eine Freistellung nicht erforderlich. § 44 Abs. 2 GO NRW sei mangels Gesetzgebungskompetenz des Landes Nordrhein-Westfalen auf ihre Beschäftigten nicht anwendbar.
Das Arbeitsgericht hat der Klage nach dem Hauptantrag stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen. Mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils, hilfsweise verfolgt sie ihren Hilfsantrag weiter.
Aus den Gründen
10 Die zulässige Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrten Gutschriften.
11 I. Die Feststellungsklage ist insgesamt zulässig.
12 1. Die Feststellungsanträge sind in der gebotenen rechtsschutzgewährenden Auslegung hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO (zu den Anforderungen vgl. BAG 16. September 2020 - 7 AZR 491/19 - Rn. 18; 18. März 2020 - 5 AZR 25/19 - Rn. 14 mwN).
13 a) Gegenstand des Haupt- und Hilfsantrags sind Zeitgutschriften auf dem Arbeitszeitkonto, das die Beklagte für die Klägerin in Gestalt eines „Buchungsjournals“ fortlaufend für jeden Kalendertag führt. Das Konto weist - unter anderem - die Buchungsstellen „Tag Sollzeit“, „Tag Ist-Zeit“ und „Tag Saldo“ aus. Unter Berücksichtigung dessen sind die Anträge so zu verstehen, dass die Klägerin die Feststellung einer Verpflichtung der Beklagten verlangt, auf dem Arbeitskonto Zeiten, die sie innerhalb des nach Ziff. 2.4 Abs. 1 Unterabs. 1 DV Arbeitszeit geltenden Arbeitszeitrahmens für die Ausübung ihres kommunalpolitischen Mandats „aufwendet“, dem Konto zur Hälfte als „Tag Ist-Zeit“ gutzuschreiben. „Aufgewendete Zeiten“ sind unter Berücksichtigung der vorgetragenen Anlassfälle (zu deren Berücksichtigung zB BAG 21. Oktober 2014 - 1 ABR 10/13 - Rn. 15) die Zeiten der Teilnahme der Klägerin an Sitzungen des Rats der Stadt O und an Sitzungen der Fraktion „DIE LINKE.LISTE“.
14 b) Diese Auslegung, der schutzwürdige Belange der Beklagten nicht entgegenstehen, gilt für den Haupt- wie für den Hilfsantrag. Der Hilfsantrag unterscheidet sich vom Hauptantrag nur dadurch, dass er von dem Feststellungsbegehren solche Mandatstätigkeiten ausnimmt, die von der Klägerin an Arbeitstagen vor 08:20 Uhr und damit außerhalb der Zeit ausgeübt werden, zu der sie von der Möglichkeit zur Flexibilisierung der Arbeitszeit nach Ziff. 2.4 DV Arbeitszeit tatsächlich Gebrauch macht.
15 c) In dieser Auslegung sind die Anträge hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die Klägerin hat konkretisiert, für welchen Sachverhalt und in welchem Umfang sie eine Zeitgutschrift begehrt und an welcher Stelle des Arbeitszeitkontos die Gutschrift erfolgen soll. Ihre Feststellungsbegehren sind gegenwarts- und zukunftsbezogen, so dass die begehrten Gutschriften auch noch erfolgen können (zu dieser Anforderung vgl. BAG 18. März 2020 - 5 AZR 36/19 - Rn. 12 mwN, BAGE 170, 172). Dass die Klägerin nachträgliche Gutschriften für in der Vergangenheit liegende Zeiten verlangt, während derer sie ihre Mandatstätigkeit bereits ausgeübt hat, ist ihrem Klagevorbringen nicht zu entnehmen. Der ursprüngliche, auf die Vergangenheit bezogene Leistungsantrag, ist erledigt.
16 2. Die Voraussetzungen von § 256 Abs. 1 ZPO liegen vor. Eine allgemeine Feststellungsklage kann sich - wie hier - auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus dem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen beschränken (st. Rspr., zB BAG 18. September 2019 - 5 AZR 335/18 - Rn. 15 mwN). Das erforderliche Feststellungsinteresse ergibt sich daraus, dass die Beklagte eine Verpflichtung, für Zeiten der Ausübung des kommunalpolitischen Mandats eine Gutschrift als „Tag Ist-Zeit“ auf dem Arbeitszeitkonto der Klägerin vorzunehmen, in Abrede stellt, und die Klage geeignet ist, den Streit der Parteien umfassend beizulegen. Es kann erwartet werden, dass die Beklagte einem gegen sie ergehenden Feststellungsurteil nachkommen und die sich daraus ergebenden Leistungsansprüche erfüllen wird (zu dieser Voraussetzung vgl. BAG 30. Januar 2019 - 5 AZR 450/17 - Rn. 42 mwN, BAGE 165, 168).
17 II. Die Klage ist im Haupt- und Hilfsantrag unbegründet. Die Klägerin kann für die Zeit, in der sie während der Gleitzeit an Ratssitzungen als Mitglied des Rats der Stadt O oder an Sitzungen ihrer Fraktion teilnimmt, keine Zeitgutschrift als „Tag Ist-Zeit“ auf dem Arbeitszeitkonto verlangen.
18 1. Ein Anspruch auf die begehrte Gutschrift ergibt sich nicht aus § 616 Satz 1 BGB. Das gilt unabhängig von der Begrenzung der Anwendbarkeit der Vorschrift durch § 32 TV-BA auf die in Absatz 1 der Tarifregelung benannten Fälle (zur Möglichkeit einer solchen Begrenzung vgl. BAG 22. Januar 2009 - 6 AZR 78/08 - Rn. 23, 24, BAGE 129, 170; 13. Dezember 2001 - 6 AZR 30/01 - zu II 1 der Gründe, BAGE 100, 151).
19 a) Dem Anspruch steht nicht entgegen, dass § 616 Satz 1 iVm. § 611a Abs. 2 BGB einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung regelt, die Klägerin dagegen eine Zeitgutschrift auf ihrem Arbeitszeitkonto begehrt. Ein Arbeitszeitkonto hält fest, in welchem zeitlichen Umfang der Arbeitnehmer seine Hauptleistungspflicht nach § 611a Abs. 1 Satz 1 BGB erbracht hat oder aufgrund eines Entgeltfortzahlungstatbestands nicht erbringen musste und deshalb Vergütung beanspruchen kann bzw. in welchem Umfang er noch Arbeitsleistung für die vereinbarte und gezahlte Vergütung erbringen muss. Es drückt damit - in anderer Form - den Vergütungsanspruch aus (st. Rspr., zB BAG 23. Februar 2021 - 5 AZR 304/20 - Rn. 15 mwN).
20 b) Die Tatbestandsvoraussetzungen von § 616 Satz 1 BGB liegen nicht vor.
21 aa) Nach § 616 Satz 1 BGB wird der Arbeitnehmer des Anspruchs auf die Vergütung nicht dadurch verlustig, dass er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird. Die Regelung durchbricht in Abweichung von § 275 Abs. 1, § 326 Abs. 1 BGB zugunsten des Arbeitnehmers den Grundsatz „kein Lohn ohne Arbeit“. Kommt es zu einer Kollision zwischen der Arbeitspflicht und anderen, in der Person des Arbeitnehmers begründeten Pflichten, löst § 616 BGB diesen Konflikt zugunsten des Arbeitnehmers auf und verpflichtet den Arbeitgeber zur Fortzahlung der Vergütung (BAG 22. Januar 2009 - 6 AZR 78/08 - Rn. 22 mwN, BAGE 129, 170).
22 bb) § 616 Satz 1 BGB setzt voraus, dass der Arbeitnehmer durch einen in seiner Person oder in seinen persönlichen Verhältnissen liegenden Grund an der Arbeitsleistung tatsächlich verhindert ist (vgl. BAG 19. April 1978 - 5 AZR 834/76 - zu II 1 a der Gründe, BAGE 30, 240; Staudinger/Oetker [2019] § 616 Rn. 47 ff.; MHdB ArbR/Tillmanns 5. Aufl. § 77 Rn. 19 ff.). Ein persönliches Leistungshindernis in diesem Sinne kann auch in der Erfüllung öffentlich-rechtlicher und/oder ehrenamtlicher Verpflichtungen liegen. Das gilt aber nur, wenn es sich um eine Pflicht handelt, der sich der Arbeitnehmer aufgrund rechtlicher Vorgaben grundsätzlich nicht entziehen kann, wie etwa einer Inanspruchnahme als ehrenamtlicher Richter (zu deren Einordnung als staatsbürgerliche Pflicht und weiteren Voraussetzungen eines Anspruchs aus § 616 Satz 1 BGB bei bestehender Gleitzeit vgl. BAG 22. Januar 2009 - 6 AZR 78/08 - Rn. 23 mwN, BAGE 129, 170).
23 cc) Die Ausübung eines Wahlmandats wie der Stadtratstätigkeit der Klägerin bildet keinen Verhinderungsgrund iSd. § 616 Satz 1 BGB. Die Übernahme des Mandats beruht auf einem freien Willensentschluss und nicht auf rechtlichem Zwang (vgl. BAG 20. Juni 1995 - 3 AZR 857/94 - zu 2 a der Gründe). Für in den Rat gewählte Personen besteht nach § 36 Satz 2 Kommunalwahlgesetz Nordrhein-Westfalen (KWahlG NRW) keine Verpflichtung zur Annahme der Wahl (vgl. Rehn/Cronauge/v. Lennep/Knirsch Gemeindeordnung NRW Stand Januar 2021 § 43 Rn. 14). Der Verzicht auf ein Mandat, der zum Verlust der Mitgliedschaft im Rat führt, ist nach § 38 KWahlG NRW jederzeit möglich und nicht an eine Begründung gebunden. Eine aus der Mandatstätigkeit resultierende Arbeitsverhinderung ist deshalb der privaten Lebensführung des Arbeitnehmers zuzurechnen, für die § 616 Satz 1 BGB den Entgeltanspruch nicht aufrechterhält (vgl. MüKoBGB/Henssler 8. Aufl. BGB § 616 Rn. 49; Staudinger/Oetker [2019] § 616 Rn. 71; ErfK/Preis 21. Aufl. BGB § 616 Rn. 5; NK-GA Boecken § 616 BGB Rn. 13).
24 2. Ein Anspruch auf die begehrte Zeitgutschrift folgt nicht aus § 32 TV-BA, der aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme im Arbeitsverhältnis der Parteien zur Anwendung gelangt.
25 a) § 32 TV-BA beschreibt in seinem Abs. 1 verschiedene Anlässe, die als Fälle des § 616 BGB gelten, in denen Beschäftigte unter Fortzahlung des Entgelts in dem angegebenen Ausmaß von der Arbeit freigestellt werden. Die Ausübung eines kommunalen Mandats ist dort nicht benannt.
26 b) § 32 Abs. 2 TV-BA regelt die Entgeltfortzahlung bei der Erfüllung allgemeiner staatsbürgerlicher Pflichten nach deutschem Recht. Pflichten iSd. Tarifbestimmung sind nur solche, die jeden Staatsbürger ohne Weiteres treffen können und nach allgemeiner Erfahrung treffen (BAG 7. November 1991 - 6 AZR 496/89 - zu II 2 der Gründe, BAGE 69, 13), bspw. die erzwingbare (vgl. § 380 ZPO, § 51 StPO) Pflicht, als Zeuge vor Gericht zu erscheinen und auszusagen (BAG 13. Dezember 2001 - 6 AZR 30/01 - zu II 2 b der Gründe, BAGE 100, 151). Die Ausübung eines kommunalen Wahlmandats ist keine solche Pflicht, da sie auf freiwilliger Mandatsübernahme beruht (für den Anwendungsbereich von § 29 Abs. 2 TVöD ebenso BeckOK TVöD/Müller Stand 1. März 2021 TVöD-AT § 29 Rn. 21; Nollert-Borasio in HK-TVöD/TV-L 4. Aufl. § 29 Rn. 17).
27 c) Die Voraussetzungen des § 32 Abs. 3 Satz 1 TV-BA liegen nicht vor. Dafür ist nicht entscheidend, ob ein „sonstiger dringender Fall“ iSd. Tarifbestimmung auch dann vorliegen kann, wenn es sich um einen Anlass handelt, der in § 32 Abs. 1 TV-BA nicht benannt ist, der aber grundsätzlich einen in der Person des Arbeitnehmers liegenden Verhinderungsgrund iSv. § 616 Satz 1 BGB darstellt (zum Meinungsstand im Hinblick auf den Anwendungsbereich von § 29 Abs. 3 TVöD vgl. Nollert-Borasio in HK-TVöD/TV-L 4. Aufl. § 29 Rn. 20, 21). Wie gezeigt bilden Tätigkeiten im Rahmen der Ausübung eines kommunalen Wahlmandats keinen solchen Grund.
28 3. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte Gutschrift aus § 44 Abs. 2 Satz 4 GO NRW.
29 a) Gemäß § 44 Abs. 2 Satz 1 GO NRW sind Ratsmitglieder für die Zeit der Ausübung des Mandats von ihrer Tätigkeit freizustellen. Nach Satz 4 der Bestimmung ist bei Mandatsträgern, die innerhalb eines vorgegebenen Arbeitszeitrahmens über Lage und Dauer der individuellen Arbeitszeit selbst entscheiden können, die Zeit der Ausübung des Mandats innerhalb dieses Zeitrahmens zur Hälfte auf ihre Arbeitszeit anzurechnen. In diesem Fall ist gemäß Satz 5 der Anspruch auf Ersatz des Verdienstausfalls nach § 45 GO NRW „auf diese Hälfte“ beschränkt. Welche Tätigkeiten zur Mandatsausübung gehören, wird durch § 44 Abs. 2 Sätze 2 und 3 GO NRW konkretisiert.
30 b) Ungeachtet der Frage, ob § 44 Abs. 2 GO NRW auch für Ratsmitglieder Geltung beansprucht, die als Arbeitnehmer im Bundesdienst oder bei einer bundesunmittelbaren Körperschaft des öffentlichen Rechts wie der Beklagten beschäftigt sind (dazu Wansleben in Held/Winkel/Wansleben Kommunalverfassungsrecht Nordrhein-Westfalen Stand September 2020 § 44 GO zu 3) sowie der Frage, ob § 44 Abs. 2 GO NRW, wie die Beklagte meint, bei diesem Verständnis verfassungswidrig in die ausschließliche Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes für die Rechtsverhältnisse der Bundesbediensteten nach Art. 73 Abs. 1 Nr. 8 GG eingreift (zum Meinungsstand vgl. Schütte NWVBl. NRW 2014, 245, 246 f.; Frenzen in Dietlein/Heusch Kommunalrecht Nordrhein-Westfalen Stand 2020 GO NRW § 44 Rn. 9, 10), begründet § 44 Abs. 2 Satz 4 GO NRW bereits keine Verpflichtung der Beklagten, eine in die Gleitzeit fallende Zeit der Mandatsausübung der Klägerin zur Hälfte auf deren Arbeitszeitskonto als „Tag Ist-Zeit“ gutzuschreiben. Die Regelung befreit den Arbeitnehmer im Umfang der auf die Arbeitszeit anzurechnenden Zeit lediglich davon, Arbeit, die er in der Zeit der Mandatstätigkeit hätte erledigen können, im bestehenden Gleitzeitrahmen zu einem anderen Zeitpunkt zu leisten. Ein Vergütungsanspruch gegen den Arbeitgeber im Umfang der zur Anrechnung zu bringenden Zeit besteht nicht. Der Arbeitnehmer kann deshalb nicht verlangen, dass ihm die „Anrechnungszeit“ in einem Arbeitszeitkonto wie geleistete Arbeit gutgeschrieben wird.
31 aa) Der Wortlaut von § 44 Abs. 2 Satz 4 GO NRW gibt - isoliert betrachtet - dieses Verständnis nicht unmittelbar vor. Die Regelung sieht bei Mandatsträgern, die innerhalb eines vorgegebenen Arbeitszeitrahmens über Lage und Dauer der individuellen Arbeitszeit selbst bestimmen können, eine Anrechnung der Hälfte der Zeit der Mandatsausübung auf ihre Arbeitszeit vor. Angesichts der Verwendung des Worts „anrechnen“ im Zusammenhang mit dem Wort „Arbeitszeit“ ist es zwar denkbar, den Begriff der „Arbeitszeit“ im vergütungsrechtlichen Sinne zu verstehen mit der Folge, dass die Zeit in einem Arbeitszeitkonto wie geleistete Arbeit gutzuschreiben ist. Zwingend ist dies aber nicht. Das gilt umso mehr als die Vergütung in der Regelung nicht angesprochen wird.
32 bb) Schon die Systematik spricht jedoch deutlich dafür, dass keine Anrechnung auf die zu vergütende Arbeitszeit erfolgt.
33 (1) § 44 Abs. 2 GO NRW regelt in seinem Absatz 1 einen Anspruch des Arbeitnehmers auf Freistellung von seiner Verpflichtung zur Arbeit für die Zeit der Ausübung seiner Mandatstätigkeit. Liegen die Voraussetzungen für eine Arbeitsbefreiung nach dieser Bestimmung vor, entfällt - vorbehaltlich anderer Regelungen, die den Entgeltanspruch aufrechterhalten - nach § 326 Abs. 1 Satz 1 BGB der Anspruch auf die Gegenleistung, weil der Arbeitgeber die Nichterfüllung der Arbeitspflicht aufgrund der Mandatstätigkeit nicht iSv. § 326 Abs. 2 Satz 1 BGB zu vertreten hat. § 45 Abs. 1 Satz 1 GO NRW knüpft hieran an und gewährt dem Ratsmitglied einen Anspruch auf Ersatz des Verdienstausfalls, der ihm durch die Mandatsausübung entsteht, soweit sie während der Arbeitszeit erforderlich ist. Dieser Entschädigungsanspruch richtet sich aber nicht gegen den Arbeitgeber, sondern gegen die zuständige Kommune (vgl. Frenzen in Dietlein/Heusch Kommunalrecht Nordrhein-Westfalen Stand 2020 GO NRW § 44 Rn. 12).
34 (2) Aus § 44 Abs. 2 Satz 4 GO NRW folgt nichts anderes. Diese Regelung steht im Kontext zu Satz 1 und schließt an den dort normierten Freistellungsanspruch an. Die Bestimmung behandelt den Fall, dass der Mandatsträger innerhalb eines vorgegebenen Arbeitszeitrahmens über Dauer und Lage seiner Arbeitszeit frei bestimmen kann. Bei einem solchen Sachverhalt kommt eine Freistellung nach Satz 1 im Allgemeinen nicht in Betracht, weil dies ein zeitliches Zusammentreffen der konkreten Mandatstätigkeit mit einer zeitlich festgelegten Arbeitspflicht voraussetzt, an der es bei einer in die Gleitzeit fallenden Wahrnehmung des Mandats fehlt (vgl. BAG 22. Januar 2009 - 6 AZR 78/08 - Rn. 16 ff., BAGE 129, 170). § 44 Abs. 2 Satz 4 GO NRW greift damit einen Sachverhalt auf, der nicht in den Anwendungsbereich von Satz 1 fällt und sieht anstelle einer Freistellung eine Anrechnung von Zeiten der Mandatstätigkeit auf die Arbeitszeit vor. Bei der Anrechnung handelt es sich demnach um ein Surrogat für die Freistellung. Nach dieser Gesetzessystematik verpflichtet die Freistellung nach § 44 Abs. 2 Satz 1 GO NRW ebenso wenig wie die Anrechnung nach Satz 4 dieser Bestimmung den Arbeitgeber zur Vergütung der zu berücksichtigenden Zeit der Mandatsausübung. Dies macht § 44 Abs. 2 Satz 5 GO NRW im Übrigen hinreichend deutlich.
35 cc) Dieses Verständnis entspricht dem Normsetzungswillen des Landesgesetzgebers. Danach sind die Kosten der Zeitgutschrift ebenso wie die Kosten der Freistellung nach Satz 1 nicht vom Arbeitgeber zu tragen. In beiden Fällen ruht die Lohn- und Gehaltsfortzahlungspflicht. Der Entgeltausfall wird für den Arbeitnehmer durch einen Anspruch auf Verdienstausfall gegen die jeweilige kommunale Körperschaft kompensiert (LT-Drs. 16/48 S. 31).
36 c) Hiervon ausgehend begründet § 44 Abs. 2 GO NRW keinen Anspruch der Klägerin auf die begehrte Gutschrift.
37 aa) Als „Tag Ist-Zeit“ wird im Arbeitszeitkonto der Klägerin die „Ist-Arbeitszeit“ iSv. Ziff. 2.3 DV Arbeitszeit erfasst. Nach der Dienstvereinbarung handelt es sich insoweit um Zeiten tatsächlich geleisteter Arbeit sowie Zeiten mit Anrechnung auf die Arbeitszeit iSd. Abschnitts 3 der Dienstvereinbarung. Derartige anrechenbare Zeiten begründet § 44 Abs. 2 Satz 4 GO NRW nicht. Soweit es in der Gesetzesbegründung heißt, die Anrechnung sei durch eine Zeitgutschrift auf dem Gleitzeitkonto zu realisieren (LT-Drs. 16/48 S. 31), hat der Landesgesetzgeber die Funktion eines Arbeitszeitkontos, das festhält, in welchem zeitlichen Umfang der Arbeitnehmer Arbeit tatsächlich geleistet oder aufgrund eines Entgeltfortzahlungsanspruchs nicht zu leisten brauchte, rechtlich verkannt, wenn - wie üblich bei Arbeitszeitkonten - der Arbeitgeber ein verstetigtes Entgelt zahlt und die anrechenbare Zeit - wie die für die Mandatsausübung - jedoch nicht vom Arbeitgeber zu vergüten ist. Eine entsprechende Zeitgutschrift auf einem solchen Konto würde nämlich dazu führen, dass diese Zeiten nicht erbrachter Arbeitsleistung vom Arbeitgeber durch die verstetigte Entgeltzahlung vergütet würden, was nach der Gesetzesbegründung aber explizit ausgeschlossen sein soll (LT-Drs. 16/48 S. 31).
38 bb) Die Annahme der Revision, für eine Gutschrift als „Tag Ist-Zeit“ könne es nicht darauf ankommen, ob die nach § 44 Abs. 2 Satz 4 GO NRW anzurechnende Zeit der Mandatstätigkeit vergütungspflichtig ist oder nicht, da die Beklagte ihr ein verstetigtes Gehalt zahle und deshalb bei einer in der Gleitzeit ausgeübten Mandatstätigkeit kein Verdienstausfall entstehe, berücksichtigt nicht genügend den inneren Zusammenhang zwischen dem Arbeitszeitkonto und der Entgeltzahlungspflicht. Die Klägerin lässt außer Acht, dass in dem Umfang, in dem der Zahlung des Monatsentgelts keine vergütungspflichtige Arbeitsleistung oder ein Entgeltfortzahlungstatbestand gegenübersteht, in der Gehaltszahlung ein Vorschuss zu sehen ist, der, soweit der Arbeitnehmer nicht zu anderer Zeit Arbeit im entsprechenden Umfang leistet, zu einem Rückzahlungsanspruch des Arbeitgebers führen kann.
39 cc) Im Ausgangspunkt zutreffend ist dagegen die Auffassung der Klägerin, sie müsse, soweit keine Gutschrift der hälftigen Zeit der mandatsbelegten Gleitzeit als „Tag Ist-Zeit“ erfolgt, auch in diesem Umfang ihre Arbeitsleistung außerhalb der Mandatstätigkeit erbringen, um Anspruch auf die ungekürzte Arbeitsvergütung zu haben. Dies ist folgerichtig, weil nur so das vertraglich vereinbarte Synallagma von Leistung und Gegenleistung im Arbeitsverhältnis bestehen bleibt und sichergestellt ist, dass der Arbeitgeber entsprechend dem ausdrücklichen Regelungswillen des Landesgesetzgebers nicht die Kosten für die Wahrnehmung der Mandatstätigkeit zu tragen hat. Die Klägerin nimmt bei ihrer Bewertung der Rechtslage jedoch nicht in den Blick, dass § 44 Abs. 2 Satz 4 GO NRW sie zwar von einer sonst bestehenden Pflicht befreit, Arbeit im Gleitzeitrahmen vor- oder nachzuverlegen, hinsichtlich des entstehenden Solls im Arbeitszeitkonto aber „nur“ ein Anspruch auf Ersatz des Verdienstausfalls nach § 45 GO NRW besteht. Durch diesen Entschädigungsanspruch wird gewährleistet, dass die Klägerin bei der Wahrnehmung ihres Mandats innerhalb eines vorgegebenen Arbeitszeitrahmens keine finanziellen Nachteile erleidet. Zuständig für diese Zahlungen ist allerdings die Kommune und nicht der Arbeitgeber. Wegen dieses Erstattungsanspruchs führt dieses Normverständnis auch nicht zu einer Benachteiligung iSv. § 44 Abs. 1 Satz 2 GO NRW.
40 4. Die Klägerin kann ihr Klagebegehren nicht mit Erfolg auf die zu § 32 Abs. 2 TV-BA erlassene Durchführungsanweisung der Beklagten stützen. Auf den Rechtscharakter der Anweisung kommt es nicht an.
41 a) Nach der Anweisung erhalten Beschäftigte, die im Rahmen einer nicht hauptamtlichen Tätigkeit als Mitglied einer kommunalen Vertretung tätig sind, die erforderliche Freistellung für die notwendige Abwesenheit in entsprechender Anwendung des § 90 Abs. 4 BBG. Gemäß der in Bezug genommenen beamtenrechtlichen Regelung ist Beamten, die Mitglied einer kommunalen Vertretung sind, für eine entsprechende Tätigkeit der erforderliche Urlaub unter Belassung der Dienstbezüge zu gewähren. „Erforderlich“ iSd. § 90 Abs. 4 BBG ist die Urlaubsgewährung, wenn der Beamte wegen einer zeitlich festgelegten Dienstleistungspflicht an einer zu derselben Zeit stattfindenden, zeitlich festgelegten Rats- oder Ausschusstätigkeit nicht teilnehmen könnte (zur inhaltsgleichen Regelung in § 108b Abs. 3 NBG vgl. BVerwG 11. Dezember 1985 - 2 C 8/84 - BVerwGE 72, 289). Mandatsträger, die im Beamtenverhältnis stehen, sind bei bestehender Arbeitszeitflexibilisierung deshalb in den Grenzen des Zumutbaren zur Vor- oder Nachverlegung ihrer Dienstleistung in die Zeit außerhalb der Wahrnehmung der Mandatstätigkeit verpflichtet.
42 b) Da die Arbeitspflicht der Klägerin wegen der Gleitzeitregelung ohne Kernarbeitszeit nicht iSd. Durchführungsanweisung iVm. § 90 Abs. 4 BBG „zeitlich festgelegt“ ist, fehlt es bereits an der Erforderlichkeit einer Freistellung. Eine Heranziehung der sich aus § 44 Abs. 2 Satz 4 GO NRW ergebenden „Anrechnungszeit“ zur Bestimmung, wann die Grenzen der Zumutbarkeit für eine Arbeitszeitverlagerung überschritten sind, kommt nicht in Betracht (zur Problematik Schütte NWVBl. 2014, 245, 248). Dem steht die unterschiedliche Ausgestaltung der Ansprüche aus § 90 Abs. 4 BBG und § 44 Abs. 2 Satz 4 GO NRW sowohl hinsichtlich ihrer Voraussetzungen als auch ihrer Rechtsfolgen entgegen. Während § 90 Abs. 4 BBG an die Erforderlichkeit des Urlaubs und entsprechend die Durchführungsanweisung der Beklagten an die Erforderlichkeit der Freistellung anknüpfen, enthält § 44 Abs. 2 GO NRW keine solche Einschränkung. Zudem ist nach § 90 Abs. 4 BBG und entsprechend nach der Durchführungsanweisung der Beklagten für die Zeit der Beurlaubung bzw. Freistellung die Vergütung fortzuzahlen, während § 44 Abs. 2 GO NRW den Entgeltzahlungsanspruch nicht aufrechterhält.
43 c) Soweit das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 28. Juli 2011 (- 2 C 45/09 - Rn. 14 ff., BVerwGE 140, 178) für einen Beamten, der in seiner Rahmenarbeitszeit, aber außerhalb einer Kernarbeitszeit einer Tätigkeit als ehrenamtlicher Richter nachgegangen ist, erkannt hat, dass dem Beamten Zeiten der Wahrnehmung des Schöffenamts auf dem Arbeitszeitkonto gutzuschreiben sind, wenn diese einen Umfang von drei Stunden wöchentlich überschreiten, ist der vorliegende Sachverhalt damit nicht vergleichbar. Die Wahrnehmung und Ausübung des richterlichen Ehrenamts ist eine staatsbürgerliche Pflicht. Dies unterscheidet dieses Amt von anderen öffentlichen und privaten Ehrenämtern. Die Ausübung eines kommunalpolitischen Mandats ist zwar wünschenswert, seine Wahrnehmung beruht aber nicht auf öffentlich-rechtlicher Verpflichtung.
44 5. Ein Anspruch auf die begehrte Gutschrift folgt schließlich nicht daraus, dass die Beklagte bis April 2019 Zeiten der Teilnahme der Klägerin an Rats- und Fraktionssitzungen, soweit sie in den Arbeitszeitrahmen fielen, als „Tag Ist-Zeit“ auf dem Arbeitszeitkonto gutgeschrieben hat. Das Landesarbeitsgericht hat hierin keine das Klagebegehren begründende betriebliche Übung gesehen. Gegen die Abweisung der Klage aus diesem Klagegrund wendet sich die Revision nicht.
45 III. Die Klägerin hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.