BAG: Entschädigung nach dem AGG - Benachteiligung wegen der (Schwer)Behinderung - Indiz iSv. § 22 AGG
Das BAG hat mit Urteil vom 16.5.2019 – 8 AZR 315/18 – wie folgt entschieden:
1. Der Verstoß des Arbeitgebers gegen Vorschriften, die Verfahrens- und/oder Förderpflichten zugunsten schwerbehinderter Menschen enthalten, ist grundsätzlich ein Indiz iSv. § 22 AGG, das mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lässt, dass der schwerbehinderte Beschäftigte wegen seiner Schwerbehinderung benachteiligt wurde (Rn. 22).
2. Die Verpflichtungen nach § 81 Abs. 1 Satz 4, Satz 6 und Satz 7 SGB IX aF treffen den Arbeitgeber nur dann, wenn bei ihm eine Schwerbehindertenvertretung und/oder eine in § 93 SGB IX aF genannte Vertretung besteht (Rn. 27).
3. Die Darlegungs- und Beweislast für das Bestehen einer solchen Vertretung trifft nach den allgemeinen Regeln der Verteilung der Darlegungs- und Beweislast die Partei, die den Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG geltend macht. Aus § 22 AGG folgt insoweit nichts Abweichendes (Rn. 25 f.).
4. Der Senat hat es offengelassen, ob und ggf. unter welchen weitergehenden Voraussetzungen aus dem Umstand, dass ein externer Bewerber um ein Beschäftigungsverhältnis regelmäßig keinen Einblick in die tatsächlichen Verhältnisse in der Sphäre des Arbeitgebers hat, eine Verpflichtung des Arbeitgebers folgen kann, den erfolglosen Bewerber in die Lage zu versetzen, für seine Behauptung, bei dem Arbeitgeber bestehe eine Schwerbehindertenvertretung und/oder eine in § 93 SGB IX aF genannte Vertretung, entsprechenden Beweis anzutreten, indem er diesem im Prozess die Personen benennt, die über das Bestehen oder Nichtbestehen einer solchen Vertretung Auskunft geben können (Rn. 29).
5. Der Arbeitgeber ist nach § 81 Abs. 1 Satz 8 SGB IX aF nur dann zur Anhörung des schwerbehinderten Menschen und nach § 81 Abs. 1 Satz 9 SGB IX aF nur dann zu dessen unverzüglicher Unterrichtung über die getroffene Entscheidung unter Darlegung der Gründe verpflichtet, wenn er nach § 81 Abs. 1 Satz 7 SGB IX aF verpflichtet ist, seine beabsichtigte Entscheidung mit der Schwerbehindertenvertretung und/oder einer in § 93 SGB IX aF genannten Vertretung unter Darlegung der Gründe zu erörtern (Rn. 32).
6. Nur öffentliche Arbeitgeber iSv. § 71 Abs. 3 SGB IX aF sind nach § 82 Satz 2 SGB IX aF verpflichtet, schwerbehinderte Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Als öffentliche Arbeitgeber im Sinne des Teils 2 des SGB IX aF gelten nach § 71 Abs. 3 Nr. 4 SGB IX aF auch sonstige Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts. Körperschaft des öffentlichen Rechts iSv. § 71 Abs. 3 Nr. 4 SGB IX aF ist nur, wem der Status einer solchen Körperschaft durch staatlichen Hoheitsakt verliehen wurde.