BAG: Außerordentliche fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung – beharrliche Nichtbefolgung einer Arbeitsaufforderung des Arbeitgebers nach rechtskräftigem Obsiegen des Arbeitnehmers im Kündigungsschutzprozess – Leistungsverweigerungsrecht – Zurückbehaltung
Das BAG hat mit Urteil vom 19.1.2016 – 2 AZR 449/15 – wie folgt entschieden:
1. Der Arbeitnehmer braucht nach rechtskräftigem Obsiegen im Kündigungsschutz-prozess seine Arbeitskraft grundsätzlich nicht von sich aus anzubieten. Er kann regelmäßig eine Arbeitsaufforderung des Arbeitgebers abwarten, die erkennen lässt, wann und wo die Arbeit aufgenommen werden soll.
2. Den Arbeitgeber trifft grundsätzlich keine Obliegenheit, bei der Arbeitsaufforderung die vom Arbeitnehmer künftig zu erledigenden Arbeitsaufgaben konkret zu bestimmen. Das gilt auch dann, wenn eine vor der Kündigung oder dem in ihr bestimmten Termin erfolgte Übertragung von Aufgaben unwirksam und der Arbeitnehmer deshalb berechtigt war, die Verrichtung der zuletzt konkret zugewiesenen Tätigkeiten zu verweigern. Solche Umstände entbinden den Arbeitnehmer - vorbehaltlich einer grundsätzlichen Bereitschaft des Arbeitgebers, ihn künftig vertragsgemäß einzusetzen - nicht von der Pflicht, sich zur vorgegebenen Zeit am mitgeteilten Ort einzufin-den und seine Arbeitskraft überhaupt zur Verfügung zu stellen.
3. Die beharrliche Weigerung des Arbeitnehmers, einer im vorstehende Sinne wirksamen Arbeitsaufforderung Folge zu leisten, ist „an sich“ geeignet, eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen.
4. Der Arbeitgeber kann dem Arbeitnehmer Urlaub vorsorglich für den Fall gewähren, dass eine von ihm erklärte außerordentliche oder ordentliche Kündigung das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgelöst hat. Eine wirksame Freistellungserklärung für die Zeit nach Zugang der fristlosen Kündigung bzw. Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist liegt darin aber nur, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Urlaubsvergütung vor Antritt des Urlaubs zahlt oder vorbehaltlos zusagt.