BFH: Nachweis der Zwangsläufigkeit von krankheitsbedingten Aufwendungen für einen Treppenlift
BFH, Urteil vom 6.2.2014 - VI R 61/12
Leitsätze
1. Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens i.S. von § 33 Abs. 1 SGB V sind nur solche technischen Hilfen, die getragen oder mit sich geführt werden können, um sich im jeweiligen Umfeld zu bewegen, zurechtzufinden und die elementaren Grundbedürfnisse des täglichen Lebens zu befriedigen.
2. Ein Treppenlift ist kein Hilfsmittel im Sinne dieser Legaldefinition.
3. Angesichts des insoweit eindeutigen Wortlauts des § 64 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Buchst. e EStDV i.d.F. des StVereinfG 2011 und des abschließenden Charakters der Katalogtatbestände in § 64 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Buchst. a bis f EStDV i.d.F. des StVereinfG 2011 ist die Zwangsläufigkeit und damit die medizinische Notwendigkeit von Aufwendungen für den Einbau eines solchen Hilfsmittels nicht formalisiert nachzuweisen.
Sachverhalt
I. Streitig ist, ob Aufwendungen für den Einbau eines Treppenlifts im Jahr 2005 als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen sind. Die Sache befindet sich im zweiten Rechtsgang.
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist die Alleinerbin ihres am ... Juni 2007 verstorbenen Ehemannes X, mit dem sie im Streitjahr (2005) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurde. Ende des Jahres 2005 ließen sich die Klägerin und ihr am ... November 1914 geborener, zwischenzeitlich verstorbener Ehemann einen Treppenlift in ihr selbst genutztes Einfamilienhaus einbauen. Hierfür entstanden ihnen Kosten in Höhe von 18.664,45 EUR. In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machten sie diese Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung geltend. Hierzu legten sie dem Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt -FA-) mit Schreiben vom 10. Oktober 2006 ein am 5. Oktober 2006 ausgestelltes ärztliches Attest des Internisten und Hausarztes Dr. A vor, in dem dieser ausführt:
"Seit 9/05 besteht bei o.g. [X] eine weitgehende Einschränkung der Gehfähigkeit. Das Zurücklegen kurzer Strecken ist ohne Hilfsmittel (Rollator oder Rollstuhl) nicht möglich. Mit Hilfsmitteln sind Gehversuche für den Patienten mit starken Schmerzen verbunden. Treppensteigen ist ihm unmöglich. Die Voraussetzungen für eine Schwerbehinderung mit außergewöhnlicher Gehbehinderung sind gegeben."
Gleichwohl berücksichtigte das FA die geltend gemachten Kosten für den Einbau des Treppenlifts bei der angefochtenen Einkommensteuerfestsetzung nicht als außergewöhnliche Belastung. Auch der Einspruch blieb --trotz eines weiteren ärztlichen Attests-- insoweit ohne Erfolg.
Die nach erfolglosem Vorverfahren erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2011, 1319 veröffentlichten Gründen ab.
Auf die Revision der Klägerin hob der Bundesfinanzhof (BFH) das klageabweisende Urteil auf und verwies die Sache an das FG zurück (Senatsurteil vom 5. Oktober 2011 VI R 14/11, BFH/NV 2012, 39). Das FG habe den Abzug der geltend gemachten Aufwendungen für den Einbau des Treppenlifts zu Unrecht allein deshalb versagt, weil die medizinische Notwendigkeit dieser Maßnahme nicht durch ein zuvor erstelltes amtsärztliches Attest nachgewiesen worden sei. An dem Erfordernis einer vorherigen amts- oder vertrauensärztlichen Begutachtung zum Nachweis der medizinischen Notwendigkeit einer Maßnahme, die auch zu den nicht abziehbaren Kosten der Lebensführung (§ 12 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes --EStG--) gehören könnte, halte der erkennende Senat seit dem Senatsurteil vom 11. November 2010 VI R 17/09 (BFHE 232, 40, BStBl II 2011, 969) nicht länger fest. Eine abschließende Entscheidung sei jedoch noch nicht möglich, da das FG im zweiten Rechtsgang zu prüfen habe, ob der Einbau des Treppenlifts aufgrund der gesundheitlichen Beschwerden des Ehemannes der Klägerin medizinisch angezeigt gewesen sei.
Im zweiten Rechtsgang wies das FG die Klage erneut ab (EFG 2013, 44). Die Rechtslage habe sich geändert. Deshalb sei das FG nicht an die Entscheidung des BFH im ersten Rechtsgang gebunden. Bei krankheitsbedingten Aufwendungen für Arznei-, Heil- und Hilfsmittel (§§ 2, 23, 31 bis 33 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch --SGB V--) sei die Zwangsläufigkeit von Aufwendungen im Krankheitsfall nach § 64 Abs. 1 Nr. 2 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) i.d.F. des Steuervereinfachungsgesetzes (StVereinfG) 2011 bei Aufwendungen für Maßnahmen, die ihrer Art nach nicht eindeutig nur der Heilung oder Linderung einer Krankheit dienen könnten und deren medizinische Indikation deshalb schwer zu beurteilen sei, (wieder) durch ein vor Beginn der Heilmaßnahme oder dem Erwerb des medizinischen Hilfsmittels ausgestelltes amtsärztliches Gutachten oder eine vorherige ärztliche Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (§ 275 SGB V) zu erbringen. Dies gelte insbesondere für medizinische Hilfsmittel i.S. des § 64 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Buchst. e EStDV i.d.F. des StVereinfG 2011. Hierzu sei auch ein Treppenlift zu zählen. Da die Klägerin vorliegend die Zwangsläufigkeit der Aufwendungen für den Einbau des Lifts nicht durch ein amtsärztliches Attest nachgewiesen habe, sei die Klage unbegründet.
Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts.
Sie beantragt sinngemäß,
das Urteil des FG Münster vom 18. September 2012 11 K 3982/11 E aufzuheben, den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2005 vom 24. Januar 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 7. Juni 2010 zu ändern und die Einkommensteuer unter Berücksichtigung der Aufwendungen für den Einbau des Treppenlifts in Höhe von 18.664 EUR als außergewöhnliche Belastung auf 256 EUR festzusetzen.
Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Aus den Gründen
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II. Die Revision der Klägerin ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Denn das FG hat den Abzug der geltend gemachten Aufwendungen für den Einbau eines Treppenlifts im vorliegenden Fall zu Unrecht allein deshalb versagt, weil die medizinische Notwendigkeit dieser Maßnahme nicht durch ein zuvor erstelltes amtsärztliches Attest nachgewiesen worden ist.
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1. Nach § 33 Abs. 1 EStG wird die Einkommensteuer auf Antrag ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands (außergewöhnliche Belastung) erwachsen. Zwangsläufig erwachsen dem Steuerpflichtigen Aufwendungen dann, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen (§ 33 Abs. 2 Satz 1 EStG). Ziel des § 33 EStG ist es, zwangsläufige Mehraufwendungen für den existenznotwendigen Grundbedarf zu berücksichtigen, die sich wegen ihrer Außergewöhnlichkeit einer pauschalen Erfassung in allgemeinen Freibeträgen entziehen. Aus dem Anwendungsbereich des § 33 EStG ausgeschlossen sind dagegen die üblichen Aufwendungen der Lebensführung, die in Höhe des Existenzminimums durch den Grundfreibetrag abgegolten sind (u.a. BFH-Urteil vom 29. September 1989 III R 129/86, BFHE 158, 380, BStBl II 1990, 418).
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a) In ständiger Rechtsprechung geht der BFH davon aus, dass Krankheitskosten --ohne Rücksicht auf die Art und die Ursache der Erkrankung-- dem Steuerpflichtigen aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig erwachsen. Allerdings werden nur solche Aufwendungen als Krankheitskosten berücksichtigt, die zum Zwecke der Heilung einer Krankheit (z.B. Medikamente, Operation) oder mit dem Ziel getätigt werden, die Krankheit erträglich zu machen, beispielsweise Aufwendungen für einen Rollstuhl (BFH-Urteile vom 17. Juli 1981 VI R 77/78, BFHE 133, 545, BStBl II 1981, 711; vom 13. Februar 1987 III R 208/81, BFHE 149, 222, BStBl II 1987, 427, und vom 20. März 1987 III R 150/86, BFHE 149, 539, BStBl II 1987, 596).
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b) Aufwendungen für die eigentliche Heilbehandlung werden typisierend als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt, ohne dass es im Einzelfall der nach § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG an sich gebotenen Prüfung der Zwangsläufigkeit des Grundes und der Höhe nach bedarf (BFH-Urteile vom 1. Februar 2001 III R 22/00, BFHE 195, 144, BStBl II 2001, 543, und vom 3. Dezember 1998 III R 5/98, BFHE 187, 503, BStBl II 1999, 227, m.w.N.). Eine derart typisierende Behandlung der Krankheitskosten ist zur Vermeidung eines unzumutbaren Eindringens in die Privatsphäre geboten (BFH-Urteil in BFHE 195, 144, BStBl II 2001, 543). Dies gilt aber nur dann, wenn die Aufwendungen nach den Erkenntnissen und Erfahrungen der Heilkunde und nach den Grundsätzen eines gewissenhaften Arztes zur Heilung oder Linderung der Krankheit angezeigt (vertretbar) sind und vorgenommen werden (vgl. BFH-Urteil vom 18. Juni 1997 III R 84/96, BFHE 183, 476, BStBl II 1997, 805), also medizinisch indiziert sind (Senatsurteil vom 19. April 2012 VI R 74/10, BFHE 237, 156, BStBl II 2012, 577).
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c) Allerdings hat der Steuerpflichtige die Zwangsläufigkeit von Aufwendungen im Krankheitsfall in einer Reihe von Fällen formalisiert nachzuweisen. Bei krankheitsbedingten Aufwendungen für Arznei-, Heil- und Hilfsmittel (§§ 2, 23, 31 bis 33 SGB V) ist dieser Nachweis nach § 64 Abs. 1 Nr. 1 EStDV i.d.F. des StVereinfG 2011 durch eine Verordnung eines Arztes oder Heilpraktikers zu führen; bei Aufwendungen für Maßnahmen, die ihrer Art nach nicht eindeutig nur der Heilung oder Linderung einer Krankheit dienen können und deren medizinische Indikation deshalb schwer zu beurteilen ist, verlangt § 64 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Buchst. a bis f EStDV i.d.F. des StVereinfG 2011 in einer abschließenden Aufzählung (vgl. Senatsurteil vom 29. März 2012 VI R 21/11, BFHE 237, 93, BStBl II 2012, 574; Schmidt/Loschelder, EStG, 32. Aufl., § 33 Rz 34; Geserich, Deutsches Steuerrecht 2012, 1490 <1493>) ein vor Beginn der Heilmaßnahme oder dem Erwerb des medizinischen Hilfsmittels ausgestelltes amtsärztliches Gutachten oder eine vorherige ärztliche Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (§ 275 SGB V). Ein solcher qualifizierter Nachweis ist --aufgrund der in § 84 Abs. 3f EStDV i.d.F. des StVereinfG 2011 angeordneten verfassungsrechtlich unbedenklichen rückwirkenden Geltung des § 64 EStDV i.d.F. des StVereinfG 2011 (Senatsurteil in BFHE 237, 156, BStBl II 2012, 577) auch im Streitjahr-- beispielsweise bei Bade- und Heilkuren (§ 64 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Buchst. a EStDV i.d.F. des StVereinfG 2011) sowie bei medizinischen Hilfsmitteln, die als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens i.S. von § 33 Abs. 1 SGB V anzusehen sind (§ 64 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Buchst. e EStDV i.d.F. des StVereinfG 2011), erforderlich. Dies hat das FG zutreffend erkannt.
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d) Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens i.S. von § 33 Abs. 1 SGB V sind allerdings nur solche technischen Hilfen, die getragen oder mit sich geführt werden können, um sich im jeweiligen Umfeld zu bewegen, zurechtzufinden und die elementaren Grundbedürfnisse des täglichen Lebens zu befriedigen (Senatsurteil in BFHE 237, 93, BStBl II 2012, 574; Urteil des Bundessozialgerichts --BSG-- vom 6. August 1998 B 3 KR 14/97 R, Sozialrecht 3-2500 § 33 Nr. 30). Ein Treppenlift ist kein Hilfsmittel im Sinne dieser Legaldefinition (BSG-Urteil in Sozialrecht 3-2500 § 33 Nr. 30; Urteil des Landessozialgerichts für das Land Niedersachsen vom 2. August 2008 L 4 KR 37/00, juris). Angesichts des insoweit eindeutigen Wortlauts der Vorschrift ist die Zwangsläufigkeit und damit die medizinische Notwendigkeit von Aufwendungen für den Einbau eines Treppenlifts nicht formalisiert nachzuweisen.
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e) Entgegen der Auffassung des FG ist § 64 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Buchst. e EStDV i.d.F. des StVereinfG 2011 nicht dahin auszulegen, dass bei medizinischen Hilfsmitteln, die sowohl von kranken als auch von gesunden Menschen angeschafft werden und bei denen daher die medizinische Indikation dieser Anschaffung in Abgrenzung zu den allgemeinen Lebenshaltungskosten gemäß § 12 Nr. 1 EStG schwer zu beurteilen ist, stets ein amtsärztliches Attest vor der Anschaffung des Hilfsmittels notwendig ist. Dies gilt umso mehr, wenn sich der Gesetzgeber bei einer Ausnahmeregelung --wie hier vom Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO)-- einer Legaldefinition (§ 33 Abs. 1 SGB V) bedient.
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f) Für eine solch weite Auslegung, die über den möglichen Wortsinn der Vorschrift hinausgeht, bietet im Übrigen weder die Entstehungsgeschichte des § 64 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Buchst. e EStDV i.d.F. des StVereinfG 2011 Anlass noch ist sie --entgegen der Vorentscheidung-- nach Sinn und Zweck der Norm geboten.
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aa) Mit der aufgrund des § 33 Abs. 4 EStG i.d.F. des StVereinfG 2011 ergangenen Regelung des § 64 Abs. 1 EStDV i.d.F. des StVereinfG 2011 hat der Gesetzgeber die bisherige Verwaltungsauffassung zum Nachweis der Zwangsläufigkeit von Krankheitskosten in R 33.4 Abs. 1 der Einkommensteuer-Richtlinien in das EStG bzw. die EStDV übertragen. Hierzu sah er sich aus Gründen der Rechtssicherheit und zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens veranlasst (BRDrucks 54/11, 12 f.; BTDrucks 17/6105, 2), nachdem der erkennende Senat mit Urteilen vom 11. November 2010 VI R 16/09 (BFHE 232, 34, BStBl II 2011, 966) und in BFHE 232, 40, BStBl II 2011, 969 entschieden hat, dass das formalisierte Nachweisverlangen mangels gesetzlicher Grundlage keinen Bestand haben könne. Anhaltspunkte dafür, den Verweis des § 64 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Buchst. e EStDV i.d.F. des StVereinfG 2011 auf § 33 Abs. 1 SGB V dahin zu verstehen, dass medizinische Hilfsmittel im weiteren Sinne stets des formalisierten Nachweises bedürfen, lassen sich hieraus nicht gewinnen. Vielmehr spricht das Anliegen des Gesetzgebers, durch die "Neuregelung" Rechtssicherheit zu schaffen, für eine wortgetreue Auslegung der Vorschrift.
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bb) Schließlich ist eine über den möglichen Wortsinn des Gesetzes hinausgehende Auslegung von § 64 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Buchst. e EStDV i.d.F. des StVereinfG 2011 auch nicht dem Sinn und Zweck der Vorschrift geschuldet.
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Eine solche teleologische Extension, die darauf abzielt, den zu engen Wortlaut eines Gesetzes auf dessen weiter gehenden Zweck auszudehnen (vgl. die Nachweise bei Drüen in Tipke/ Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 4 AO Rz 382), ist nicht bereits dann gerechtfertigt, wenn die vom Gesetzgeber getroffene Entscheidung rechtspolitisch fehlerhaft erscheint. Vielmehr muss die auf den Wortlaut abstellende Auslegung zu einem sinnwidrigen, zu einem der wirtschaftlichen Vernunft widersprechenden Ergebnis oder zu einem so unsinnigen Ergebnis führen, dass es vom Gesetzgeber nicht gewollt sein kann (BFH-Urteil vom 11. April 2013 III R 11/12, BFHE 241, 124, BStBl II 2013, 665, m.w.N.).
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Bei Zugrundelegung dieses Maßstabs ist eine teleologische Extension des § 64 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Buchst. e EStDV i.d.F. des StVereinfG 2011 vorliegend nicht gerechtfertigt. Denn auch ohne eine solche Auslegung ist die ungerechtfertigte Inanspruchnahme von Steuervorteilen nicht zu besorgen. Denn sie führt lediglich dazu, dass der Steuerpflichtige die Zwangsläufigkeit (medizinische Notwendigkeit) von medizinischen Hilfsmitteln im weiteren Sinne, die nicht unter § 33 Abs. 1 SGB V fallen und sowohl von kranken als auch von gesunden Menschen angeschafft werden und bei denen daher die medizinische Indikation dieser Anschaffung in Abgrenzung zu den allgemeinen Lebenshaltungskosten gemäß § 12 Nr. 1 EStG schwer zu beurteilen ist, nicht formalisiert nachweisen muss. Es bleibt aber bei den allgemeinen Beweisregeln. Danach hat der Steuerpflichtige die Entstehung außergewöhnlicher Belastungen und damit auch die medizinische Notwendigkeit von Aufwendungen für die Anschaffung von medizinischen Hilfsmitteln, die nicht unter § 33 Abs. 1 SGB V fallen und sowohl von kranken als auch von gesunden Menschen angeschafft werden, zur Überzeugung des FG nachzuweisen (vgl. Senatsurteile in BFHE 232, 34, BStBl II 2011, 966, und in BFHE 232, 40, BStBl II 2011, 969).
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2. Die Vorentscheidung beruht auf einer anderen Rechtsauffassung und ist daher aufzuheben. Der Senat kann jedoch nicht durcherkennen, da die Sache nicht spruchreif ist.
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a) Das FG wird nunmehr zu prüfen haben, ob der Einbau des Treppenlifts aufgrund der gesundheitlichen Beschwerden des Ehemannes der Klägerin im Streitjahr medizinisch angezeigt war. Denn Aufwendungen für medizinisch indizierte Maßnahmen sind typisierend als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen, ohne dass es im Einzelfall der nach § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG an sich gebotenen Prüfung der Zwangsläufigkeit des Grundes und der Höhe nach bedarf. Weiter ist zu beachten, dass nicht nur das medizinisch Notwendige im Sinne einer Mindestversorgung von der Heilanzeige erfasst wird. Medizinisch indiziert (angezeigt) ist vielmehr jedes diagnostische oder therapeutische Verfahren, dessen Anwendung in einem Erkrankungsfall hinreichend gerechtfertigt (angezeigt) ist (Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 259. Auflage, Indikation). Dieser medizinischen Wertung hat die steuerliche Beurteilung zu folgen (Senatsurteil in BFHE 232, 40, BStBl II 2011, 969), es sei denn, es liegt ein offensichtliches Missverhältnis zwischen dem erforderlichen und dem tatsächlichen Aufwand vor (Senatsurteil in BFHE 133, 545, BStBl II 1981, 711, m.w.N.).
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b) Die erforderlichen Feststellungen hat das FG nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO) zu treffen. Es hat dabei zu berücksichtigen, dass ein von einem Beteiligten vorgelegtes Sachverständigengutachten im finanzgerichtlichen Verfahren lediglich als Privatgutachten zu behandeln und damit als urkundlich belegter Parteivortrag zu würdigen ist. Ein solches Gutachten kann daher nicht als Nachweis für die Richtigkeit des klägerischen Vortrags gewertet werden (Senatsurteil in BFHE 232, 40, BStBl II 2011, 969, m.w.N.). Da weder das FA noch das FG die Sachkunde besitzen, um die medizinische Indikation der den Aufwendungen zugrundeliegenden Maßnahme zu beurteilen, ist das FG aufgrund seiner Verpflichtung zur Sachaufklärung (§ 76 FGO) gehalten, gegebenenfalls von Amts wegen ein entsprechendes Gutachten zu erheben.