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Steuerrecht
27.07.2017
Steuerrecht
FG Hamburg: Hinzurechnungsbestimmungen gem. § 8 Nr. 1 Buchst. a, d und e GewStG 2008

FG Hamburg, Gerichtsbescheid vom 10.2.2017 – 1 K 96/16

Volltext:BB-ONLINE BBL2017-1750-3

Leitsätze

1. Die Entscheidung betrifft das zuvor unter dem Aktenzeichen 1 K 138/10 geführte Verfahren, in dem der Senat mit Beschluss vom 29.02.2012 (EFG 2012, 960, DStRE 2012, 478) die Hinzurechnungsbestimmungen gemäß § 8 Nr. 1 Buchst. a, d und e GewStG in der Fassung des Unternehmenssteuerreformgesetzes 2008 vom 14.08.2007 und des Jahressteuergesetzes 2008 vom 20.12.2007 dem BVerfG zur Überprüfung ihrer Verfassungsmäßigkeit vorgelegt hat. Das BVerfG hat mit Beschluss vom 15.02.2016 die Unzulässigkeit der Vorlage festgestellt (1 BvL 8/12, DStR 2016, 862).

2. Der Senat legt die genannten Bestimmungen nicht (erneut) dem BVerfG zur Entscheidung über ihre Verfassungsmäßigkeit vor.

3. Im Hinblick auf die nach dem Vorlagebeschluss vom 29.02.2012 ergangene Rechtsprechung des 1. Senates des BFH sowie die Ausführungen des BVerfG im Beschluss vom 15.02.2016 ist der Senat nicht von der Verfassungswidrigkeit der genannten Bestimmungen überzeugt.

4. Auch wenn grundsätzlich Hinzurechnungen zur herkömmlichen Ausgestaltung der verfassungsrechtlich zulässigen Gewerbesteuer gehören, handelt es sich bei den einzelnen Hinzurechnungsbestimmungen um Differenzierungen innerhalb des Steuergegenstandes mit einer engeren Bindung des Gesetzgebers an sachliche Erwägungen, insbesondere solche der Folgerichtigkeit und Belastungsgleichheit. Sie können daher vom Gesetzgeber nicht beliebig gestaltet werden.

5. Für die Überprüfung der einzelnen Hinzurechnungsvorschriften ist ein Maßstab zugrunde zu legen, der dem Prinzip einer ertragsorientierten Objektsteuer entspricht. Dieser Maßstab ist noch zu entwickeln.

§ 8 Nr 1 Buchst a GewStG 2002, § 8 Nr 1 Buchst d GewStG 2002, § 8 Nr 1 Buchst e GewStG 2002, Art 3 GG, UntStRefG 2008, GewStG VZ 2008

Sachverhalt

Die Beteiligten streiten über die Hinzurechnung von Entgelten für Schulden sowie von Miet- und Pachtzinsen (einschließlich Leasingraten) für die Benutzung von beweglichen und unbeweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens im Rahmen der Gewerbesteuer.

Die Klägerin betreibt in der Rechtsform der GmbH Tankstellen mit Shop und Waschstraße. Die zum Betrieb wesentlichen Betriebsgrundlagen pachtete sie entgeltlich von der A GmbH. Im Jahr 2008 entstanden der Klägerin (bei der Ermittlung des Gewinns als Betriebsausgaben abgesetzte) Entgelte für Schulden in Höhe von insgesamt ... € sowie für die Miete/Pacht von beweglichen Wirtschaftsgütern, die im Eigentum eines anderen standen, Aufwendungen in Höhe von insgesamt ... € und für die Miete/Pacht von unbeweglichen Wirtschaftsgütern, die im Eigentum eines anderen standen, Aufwendungen in Höhe von insgesamt ... €. Die Pachten bezogen sich auf Wirtschaftsgüter, die für den Fall, dass sie im Eigentum der Klägerin gestanden hätten, deren Anlagevermögen zuzurechnen gewesen wären.

Die Klägerin ermittelte in ihrer Körperschaftsteuererklärung 2008 ein zu versteuerndes Einkommen von ... € und erklärte in ihrer Gewerbesteuererklärung 2008 bei den Hinzurechnungsbeträgen neben den Entgelten für Schulden die Aufwendungen für die Benutzung fremder beweglicher und unbeweglicher Betriebsanlagegüter. Der Beklagte erließ am 09.10.2009 erklärungsgemäß einen Gewerbesteuermessbescheid für 2008, mit dem er den Gewerbesteuermessbetrag auf ... € festsetzte. Den von der Klägerin hiergegen am 02.11.2009 eingelegten Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 09.07.2010 zurück.

Die Klägerin hat am 09.08.2010 Klage erhoben.

Der Senat hat mit Beschluss vom 29.02.2012 unter dem damaligen Aktenzeichen 1 K 138/10 (EFG 2012, 960, DStRE 2012, 478) das Verfahren ausgesetzt und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) darüber eingeholt, ob § 8 Nr. 1 Buchstaben a, d und e des Gewerbesteuergesetzes in der Fassung des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 vom 14.08.2007 (Bundesgesetzblatt Teil I - BGBl I - 2007, 1912) und des Jahressteuergesetzes 2008 (JStG 2008) vom 20.12.2007 (BGBl I 2007, 3150) (im folgenden GewStG) mit Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) unvereinbar sind. Auf den Vorlagebeschluss wird Bezug genommen.

Das BVerfG hat mit Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senates vom 15.02.2016 die Unzulässigkeit der Vorlage festgestellt (Aktenzeichen 1 BvL 8/12, DStR 2016, 862). Auf den Beschluss wird Bezug genommen.

Die Klägerin ist der Auffassung, die Hinzurechnung der Pachtzinsen für die Benutzung fremder beweglicher und unbeweglicher Betriebsanlagegüter sei verfassungswidrig. Die Besteuerung verstoße gegen das Leistungsfähigkeitsprinzip. Die Hinzurechnung der Pachtzinsen für die wesentlichen Betriebsgrundlagen der Klägerin führe auf Dauer gesehen zu einer realen Existenzgefährdung der Klägerin. Die Gewerbesteuer habe sich im Vergleich zur früheren Rechtslage nahezu verdreifacht und habe erdrosselnde Wirkung. Es liege ein Eingriff in den Schutzbereich des Art. 14 GG vor, der nicht gerechtfertigt sei. Die Hinzurechnung führe zu einer Existenzgefährdung der Klägerin, die auf die gepachteten Wirtschaftsgüter nicht verzichten könne. Zumindest könne im Jahr 2008 allenfalls ein Hinzurechnungssatz von höchstens 50 % für die Pachtzinsen für die Benutzung fremder unbeweglicher Betriebsanlagegüter anzuwenden sein. Die mehrmalige Absenkung des Prozentsatzes auf nunmehr 50 % im Erhebungszeitraum 2010 sei deshalb erfolgt, weil die Prozentsätze von vornherein zu hoch angesetzt worden seien. Der Gesetzgeber habe die Grenze der verfassungsrechtlich zulässigen Typisierung mit der Festlegung der Hinzurechnungsprozentsätze im Streitjahr überschritten. Zur Verfassungswidrigkeit der Hinzurechnungsvorschriften liege keine letztinstanzliche gesicherte Rechtsprechung vor. Das BVerfG habe nicht in der Sache entschieden. Der 1. und der 4. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) seien zu unterschiedlichen Auffassungen gelangt. Während der 4. Senat das Normenkontrollverfahren auf den Vorlagebeschluss vom 29.02.2012 für nicht von vornherein aussichtslos gehalten habe (Beschluss vom 01.08.2012, IV R 55/11, BFH/NV 2012, 1826), habe der 1. Senat sich dahingehend geäußert, es bestünden keine Zweifel an der Verfassungsgemäßheit der Hinzurechnungsvorschriften (Beschluss vom 16.10.2012, I B 128/12, BFHE 238, 452, Bundessteuerblatt Teil II - BStBl II - 2013, 30; Urteil vom 04.06.2014, I R 70/12, BFHE 246, 67, BStBl II 2015, 289). Ob der 1. Senat nach einem Wechsel des Vorsitzenden an seiner Auffassung festhalte, sei dabei fraglich. In der Literatur würden begründete Argumente vorgetragen, aus denen sich die Verfassungswidrigkeit der in Rede stehenden gewerbesteuerrechtlichen Hinzurechnungsvorschriften ergebe. Es werde daher vollinhaltlich auf die Argumente des Senates im Vorlagebeschluss vom 29.02.2012 verwiesen, in dem die Zweifel an der Verfassungsgemäßheit der Hinzurechnungsvorschriften umfassend dargestellt worden seien.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Gewerbesteuermessbetragsbescheid für 2008 vom 09.10.2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 09.07.2010 dahingehend zu ändern, dass der Gewerbesteuermessbetrag auf der Basis eines Gewerbeertrages ohne Hinzurechnung der Entgelte für Schulden sowie der Miet- und Pachtzinsen (einschließlich Leasingraten) für die Benutzung von beweglichen und unbeweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens niedriger festgesetzt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist der Auffassung, der Gesetzgeber habe sich bei der Neuregelung innerhalb seines Gestaltungsspielraums gehalten. So habe er die Steuermesszahl für den Gewerbeertrag auf 3,5 % und den Körperschaftsteuersatz auf 15 % gesenkt und dadurch die steuerliche Belastung vermindert. Die Klägerin erziele zudem eine ausreichende Eigenkapitalverzinsung. Im Übrigen werde im Gewerbeertrag tatsächlich nur ein Anteil von 7,57 % aller geleisteten Pachtzinsen für die Benutzung fremder Betriebsanlagegüter bei der Klägerin berücksichtigt. Daher ergebe sich allein aus der steuerlichen Regelung keine Existenzgefährdung der Klägerin.

Im Übrigen wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 29.02.2012 verwiesen.

Aus den Gründen

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Beklagte hat den Gewerbesteuermessbetrag rechtmäßig festgesetzt und die Klägerin damit nicht in ihren Rechten verletzt (§ 100 Abs. 1 S. 1 Finanzgerichtsordnung - FGO).

I.

Der Gewerbesteuermessbetrag ist im Einklang mit den gesetzlichen Vorschriften festgesetzt.

Gemäß § 11 GewStG wird der Gewerbesteuermessbetrag durch Anwendung der Steuermesszahl von 3,5 % auf den Gewerbeertrag ermittelt. Der Gewerbeertrag ist - soweit für den Streitfall von Bedeutung - gemäß § 7 GewStG der nach den Vorschriften des Körperschaftsteuergesetzes zu ermittelnde Gewinn aus Gewerbebetrieb, vermehrt um die in § 8 GewStG bezeichneten Hinzurechnungen. Der Beklagte hat den von der Klägerin erklärten Gewinn von ... € zugrunde gelegt und die erklärten und bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzten Entgelte für Schulden sowie Miet- und Pachtzinsen für bewegliche und unbewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen, gemäß § 8 Nr. 1 Buchstaben a, d und e GewStG hinzugerechnet.

Demgemäß berechnete der Beklagte den Gewerbesteuermessbetrag wie folgt:

 

Gewinn aus Gewerbebetrieb

        

... €

Hinzurechnungen

        

        

Finanzierungsanteile nach § 8 Nr. 1 GewStG:

        

        

          Entgelte für Schulden

... €

        

          Miet-/Pachtzinsen bewegliche

        

        

          Wirtschaftsgüter

1/5 von ...... €

        

          Miet-/Pachtzinsen unbewegliche

        

        

          Wirtschaftsgüter

13/20 von ...... €

        

          Summe

... €

        

          abzüglich Freibetrag

... €

        

          Zwischensumme

... €

        

          davon zu berücksichtigen (1/4)

... €

        

Summe Gewinn und Hinzurechnungen

        

... €

Gewerbeertrag, abgerundet auf volle hundert €

        

... €

Steuermessbetrag (3,5 %) nach dem Gewerbeertrag

        

... €

Gewerbesteuermessbetrag

        

... €

Da zwischen den Beteiligten nicht die gesetzeskonforme Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrages, sondern allein die Verfassungsmäßigkeit der Hinzurechnungsvorschriften gemäß § 8 Nr. 1 Buchstaben a, d und e GewStG streitig ist, erübrigen sich weitere Ausführungen zur richtigen Anwendung des Gesetzes.

II.

Die Hinzurechnungsvorschriften gemäß § 8 Nr. 1 Buchstaben a, d und e GewStG sind anzuwenden. Eine (erneute) Aussetzung des Verfahrens und Vorlage an das BVerfG zur Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG i. V. m. § 80 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht (BVerfGG) kommt nicht in Betracht, da der Senat von der Verfassungswidrigkeit der genannten Vorschriften nicht überzeugt ist.

1. Gemäß Art. 100 Abs. 1 GG i. V. m. § 80 BVerfGG hat ein Gericht, das ein Gesetz für verfassungswidrig hält, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, das Verfahren auszusetzen und die Entscheidung des BVerfG einzuholen. Bloße Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit einer Vorschrift vermögen das Gericht dabei nicht von der Pflicht zur Anwendung des Gesetzes zu entbinden. Vielmehr muss das vorlegende Gericht von der Verfassungswidrigkeit der zur Prüfung gestellten Norm überzeugt sein und die für diese Überzeugung maßgeblichen Erwägungen nachvollziehbar und erschöpfend darlegen; andernfalls ist die Vorlage unzulässig (ständige Rechtsprechung des BVerfG, siehe - mit weiteren Nachweisen - Beschluss des BVerfG vom 15.02.2016 auf den Vorlagebeschluss des Senates, 1 BvL 8/12, DStR 2016, 862).

Es kann dahinstehen, ob und inwieweit der Senat weiterhin Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Hinzurechnungsvorschriften gemäß § 8 Nr. 1 Buchstaben a, d und e GewStG hat. Denn im Hinblick auf die Ausführungen des BVerfG im Beschluss vom 15.02.2016 und unter Berücksichtigung der nach dem Vorlagebeschluss des Senates ergangenen Rechtsprechung des BFH ist der Senat unter Zugrundelegung des Begriffsverständnisses des BVerfG nicht von der Verfassungswidrigkeit der Vorschriften überzeugt.

2. Nach Ergehen des Vorlagebeschlusses des Senates vom 29.02.2012 ist die Frage der Verfassungsmäßigkeit der neu geregelten Hinzurechnungsvorschriften gemäß § 8 Nr. 1 Buchstaben a, d und e GewStG in der Rechtsprechung überwiegend bejaht worden.

a) Während der 4. Senat des BFH mit Beschluss vom 01.08.2012, IV R 55/11, BFH/NV 2012, 1826 die Vorlage als nicht aussichtslos eingeschätzt und dementsprechend das dortige Klageverfahren gemäß § 74 FGO ausgesetzt hat, hat der 1. Senat des BFH mit Beschluss vom 16.10.2012, I B 128/12, BFHE 238, 452, BStBl II 2013, 30 eine Aussetzung der Vollziehung abgelehnt und es als nicht ernstlich zweifelhaft angesehen, dass die Hinzurechnungsvorschriften verfassungsmäßig sind. In dem Beschluss zum Verfahren I B 128/12 hat der BFH ausgeführt, der Vorlagebeschluss sei offenkundig unbegründet. Nach der im Verfahren I B 128/12 gebotenen summarischen Prüfung halte er es für sicher, dass die Hinzurechnungsregelungen und damit auch der angefochtene Gewerbesteuermessbescheid keine für die Gewährung der Aussetzung der Vollziehung hinreichend qualifizierten verfassungsrechtlichen Bedenken aufwerfen. Der BFH verweist dabei auf die bisherige Rechtsprechung des BVerfG, nach der weder die Gewerbesteuer als solche noch die Hinzurechnung von Dauerschuldentgelten gegen verfassungsrechtliche Grundsätze verstoßen. Nach der verfestigten Spruchpraxis des BVerfG folge aus der mehrfachen Erwähnung der Gewerbesteuer in Art. 106 Abs. 6 GG und der Neuregelung in Art. 28 Abs. 2 S. 3 HS 2 GG, dass der verfassungsändernde Gesetzgeber jedenfalls keinen Anlass für grundsätzliche verfassungsrechtliche Zweifel an der Gewerbesteuer gesehen habe. Die Gewerbesteuer sei folglich in ihrer Grundstruktur als vornehmlich auf den Ertrag des Gewerbebetriebs gerichtete Objektsteuer verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Eine Weiterentwicklung der Gewerbesteuer als einer Steuer, die aufgrund einer gegenüber den "reinen" Ertragsteuern verobjektivierten Bemessungsgrundlage errechnet werde, zu einer "reinen" Ertragsteuer sei nicht erkennbar. Der Vorlagebeschluss wende sich letzten Endes nicht nur gegen die in Rede stehenden Hinzurechnungsvorschriften, sondern gegen die Gewerbesteuer als solche. Es sei jedoch nicht ersichtlich, dass die bisherige Würdigung des BVerfG infolge einer nachfolgenden Entwicklung überholt wäre. Es sei zudem nicht zu erkennen, dass und inwiefern die prinzipielle "Belastungsentscheidung" des Gesetzgebers des Gewerbesteuergesetzes zu Gunsten einer "ertragsorientierten Objektsteuer" durch die Hinzurechnungsvorschriften in ihrer nunmehrigen Fassung nicht mehr folgerichtig im Sinne der Belastungsgleichheit umgesetzt werde. Für die nunmehrige Regelungsfassung in § 8 Nr. 1 GewStG könne nichts anderes gelten als für die bisherige Ausformung, die in verfassungsrechtlicher und insbesondere gleichheitsrechtlicher Hinsicht unbeanstandet geblieben sei. Der Gesetzgeber habe auch keine unzulässigen Typisierungen vorgenommen. Es seien keine neuen belastbaren Gesichtspunkte erkennbar, die eine Änderung der vielfach bestätigten Spruchpraxis des BVerfG zu der streitgegenständlichen Problematik erzwängen.

An diesen Beschluss hat der BFH auch im Urteil vom 04.06.2014, I R 70/12, BFHE 246, 67, BStBl II 2015, 289 angeknüpft und die Verfassungsmäßigkeit der Zurechnung gemäß § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG in der für 2008 geltenden Fassung bejaht. Er führt aus, nach der Rechtsprechung des BVerfG sei die Gewerbesteuer als solche in ihrer Grundstruktur und herkömmlichen Ausgestaltung als vornehmlich auf den Ertrag des Gewerbebetriebs gerichtete Objektsteuer auch neben der die Einkünfteerzielung erfassenden Einkommensteuer verfassungsrechtlich gerechtfertigt. In Kenntnis der bestehenden erheblichen steuersystematischen Unterschiede zwischen Einkommen- und Gewerbesteuer qualifiziere das BVerfG die Gewerbesteuer als eine Abgabe, bei der die persönlichen Verhältnisse des Inhabers eines Gewerbebetriebs keine Rolle spielen. Die Bemessungsgrundlage bilde allein der Gewerbeertrag (§ 7 GewStG), der zwar an den gleichen Gewinn wie das Einkommensteuerrecht anknüpfe, diesen aber durch objektsteuertypische Elemente zu einem Gewerbeertrag modifiziere, insbesondere durch Hinzurechnungen und Kürzungen (§§ 8, 9 GewStG). Dementsprechend konkretisiere sich die Leistungsfähigkeit in beiden Steuergegenständen unterschiedlich. Bei der Einkommensteuer zeige sich die Leistungsfähigkeit in der individuellen Zahlungsfähigkeit des Steuerpflichtigen selbst und bei der Gewerbesteuer in der objektivierten Ertragskraft des Gewerbebetriebs. Der BFH schließt sich dieser Rechtsprechung des BVerfG mit dem Argument an, nur so werde dem offenkundig zu Tage getretenen Willen des verfassungsgebenden und des verfassungsändernden Gesetzgebers, wonach es eine Gewerbesteuer in herkömmlicher Ausprägung auch unter der Herrschaft des Grundgesetzes geben darf, entsprochen. Eine Fortentwicklung der Gewerbesteuer zu einer "reinen" (Zusatz-)Ertragsteuer habe es nicht gegeben. Die den Steuertypus prägenden Hinzurechnungen seien beibehalten oder strukturell vereinheitlicht und ausgebaut worden. Aus der grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der Gewerbesteuer als ertragsorientierter Objektsteuer folge, dass die Ist-Leistungsfähigkeit, die auf die konkrete Steuerzahlungsfähigkeit des einzelnen Grundrechtsträgers abstelle und als deren einfachrechtliche Ausprägung das objektive Nettoprinzip des Einkommensteuerrechts (§ 2 Abs. 2 Einkommensteuergesetz - EStG -) zu gelten habe, nicht den Maßstab für die Prüfung der streitigen Hinzurechnungsregelung darstelle. Vielmehr komme es darauf an, ob sich diese folgerichtig in das Konzept einer "ertragsorientierten Objektsteuer" einfügen lasse. Danach gebe es keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Verfassungswidrigkeit der Hinzurechnung eines Teils der gezahlten Miet- und Pachtzinsen gemäß § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG. Hinzurechnungen als solche seien nicht zu beanstanden. Sie beträfen nicht die nähere Ausgestaltung des Steuergegenstands, sondern bildeten zusammen mit dem nach ertragsteuerrechtlichen Vorschriften zu ermittelnden Gewinn und den Kürzungen die Grundstruktur der Gewerbesteuer als vornehmlich auf den Ertrag des Gewerbebetriebs gerichtete Objektsteuer. Eine Gewerbesteuer ohne Hinzurechnungen entspreche dem Bild der herkömmlichen Gewerbesteuer nicht mehr. Die von ihnen ausgehenden Belastungen seien damit von der grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Legitimität der Gewerbesteuer erfasst und von den betroffenen Grundrechtsträgern im Grundsatz hinzunehmen. Die Hinzurechnung von Grundstücksmieten und -pachten mit dem neu geschaffenen Tatbestand des § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG sei verfassungsrechtlich nicht angreifbar. Sie sei folgerichtiger Ausdruck der gesetzgeberischen Grundentscheidung, zwecks Verwirklichung des Objektsteuerprinzips grundsätzlich alle Aufwendungen, die ein Finanzierungselement im weitesten Sinne beinhalten, nur noch eingeschränkt bei der Ermittlung des Gewerbeertrags zu berücksichtigen. Der Gesetzgeber habe dabei seine Befugnis zur Vereinfachung, Typisierung und Pauschalierung nicht überschritten.

Dieser Auffassung ist das FG Köln im Urteil vom 19.03.2015, 13 K 2768/10, EFG 2015, 1384 gefolgt. Die dagegen eingelegte Revision (I R 41/15) ist beim BFH noch anhängig.

b) Das BVerfG hat im Beschluss vom 15.02.2016 nicht nur die Unzulässigkeit des Vorlagebeschlusses des Senates wegen einer nicht hinreichenden Begründung der Vorlage festgestellt, sondern auch verfassungsrechtliche Maßstäbe für die Überprüfung von Steuergesetzen, insbesondere der Gewerbesteuer, dargestellt. So verweist es insbesondere auf seine ständige Rechtsprechung, wonach der Gesetzgeber einen weitreichenden Entscheidungsspielraum sowohl bei der Auswahl des Steuergegenstandes als auch bei der Bestimmung des Steuersatzes habe. Die Entscheidung darüber, ob die Einbeziehung einer Personengruppe oder eines Sachverhalts in den Anwendungsbereich eines Steuergesetzes zur Auswahl und damit zur Bestimmung des Umfangs des Steuergegenstandes zähle, bei der dem Gesetzgeber ein weiter Spielraum zustehe, oder ob dies eine Frage der Differenzierung innerhalb des Steuergegenstandes sei, mit der Folge einer engeren Bindung des Gesetzgebers an die Grundsätze der Folgerichtigkeit und Belastungsgleichheit, könne nicht nach abstrakten Kriterien getroffen werden, sondern müsse jeweils in Ansehung der konkreten Umstände des in Rede stehenden Steuergegenstandes und der betreffenden Vergleichsgruppen erfolgen. Dabei komme es regelmäßig wesentlich darauf an, inwieweit die Gruppe oder der Sachverhalt, um deren oder dessen Einbeziehung es gehe, durch Merkmale geprägt sei, die gerade den Steuergegenstand, dessen Ausgestaltung infrage stehe, unter dem Gesichtspunkt des steuerbaren Vorteils kennzeichneten. Die Besonderheiten der Gewerbesteuer könnten darauf hindeuten, dass es sich bei den Hinzurechnungs- und Kürzungsbestimmungen (§§ 8, 9 GewStG) um die Bestimmung des Umfangs des Steuergegenstandes handele. Aufgrund der Komplexität der Vorschriften und der allgemein gehaltenen Definition des Steuergegenstandes in § 2 GewStG liege es jedoch näher, von Differenzierungen innerhalb des Steuergegenstandes auszugehen, was eine engere Bindung des Gesetzgebers an sachliche Erwägungen, insbesondere solche der Folgerichtigkeit und Belastungsgleichheit vorstellbar erscheinen lasse. Anknüpfend an das Urteil des BFH vom 04.06.2014, I R 70/12, BFHE 246, 67, BStBl II 2015, 289 führt das BVerfG weiter aus, seit der Entscheidung des Ersten Senats des BVerfG vom 15.01.2008, 1 BvL 2/04, BVerfGE 120, 1 habe es keine Weiterentwicklung der Gewerbesteuer von einer Real- und Objektsteuer zu einer "reinen" (Zusatz-)Ertragsteuer gegeben; die den Steuertypus prägenden Hinzurechnungen seien beibehalten oder - wie zuletzt mit dem Unternehmensteuerreformgesetz 2008 geschehen - strukturell vereinheitlicht und ausgebaut worden. Aus der grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der Gewerbesteuer als ertragsorientierter Objektsteuer folge, dass die Ist-Leistungsfähigkeit, die auf die konkrete Steuerzahlungsfähigkeit des einzelnen Grundrechtsträgers abstelle und als deren einfachrechtliche Ausprägung das objektive Nettoprinzip des Einkommensteuerrechts (§ 2 Abs. 2 EStG) zu gelten habe, nicht den Maßstab für die Prüfung der streitigen Hinzurechnungsregelung darstelle. Vielmehr komme es darauf an, ob sich diese folgerichtig in das Konzept einer "ertragsorientierten Objektsteuer" einfügen lasse. Das Prinzip der Leistungsfähigkeit sei im Lichte der objektivierten Ertragskraft des Gewerbebetriebs zu berücksichtigen.

3.

a) Der Senat hat entgegen der Interpretation des BVerfG und des BFH mit dem Vorlagebeschluss nicht die Gewerbesteuer als solche grundsätzlich in Frage gestellt, sondern nur einzelne neu geregelte Hinzurechnungsvorschriften zur Überprüfung gestellt.

Die Möglichkeit einer solchen Überprüfung ergibt sich gerade auch aus der Rechtsprechung des BVerfG. So hat das BVerfG im Beschluss vom 15.01.2008, 1 BvL 2/04, BVerfGE 120, 1 ausgeführt, das Grundgesetz rechtfertige die Gewerbesteuer im Rahmen der Regelungen über die Ertragshoheit der Finanzmonopole und Steuern in Art. 106 Abs. 6 in ihrer wesentlichen Struktur. Eine Prüfung der gesetzlichen Ausgestaltung der Gewerbesteuer am Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG werde dadurch allerdings nicht entbehrlich. Die Gewerbesteuer sei in ihrer Grundstruktur als vornehmlich auf den Ertrag des Gewerbebetriebs gerichtete Objektsteuer auch neben der die Einkünfteerzielung erfassenden Einkommensteuer verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Weitergehende Aussagen, vor allem zur Vereinbarkeit ihrer konkreten Ausgestaltung mit anderen steuerverfassungsrechtlichen Prinzipien und mit den Grundrechten, könnten Art. 106 Abs. 6 GG hingegen nicht entnommen werden. Im Hinblick auf die Einbeziehung nur von Gewerbetreibenden, nicht aber auch von freien Berufen, sonstigen Selbständigen und Land- und Forstwirten führt das BVerfG weiter aus, die Vereinbarkeit der Gewerbesteuer mit dem Gleichheitssatz hänge von ihrer konkreten Ausgestaltung, von ihrer Einbindung in das System der anderen einkommensbezogenen Steuern, aber auch von der Entwicklung der tatsächlichen Verhältnisse bei den unterschiedlich behandelten Berufsgruppen ab. Weder aus dem Wortlaut der Grundgesetznorm noch aus deren systematischem Zusammenhang oder der Entstehungsgeschichte ergäben sich Anhaltspunkte dafür, dass die Gewerbesteuer auch insoweit verfassungsunmittelbar gerechtfertigt sein sollte, als sie nur Gewerbetreibende, nicht aber auch freie Berufe, sonstige Selbständige und Land- und Forstwirte erfasse. Die Grundstruktur der Gewerbesteuer als ertragsorientierter Objektsteuer berühre diese Frage nicht.

Gleiches muss für die Beurteilung von Hinzurechnungen gelten. Auch wenn grundsätzlich Hinzurechnungen zur herkömmlichen Ausgestaltung der verfassungsrechtlich zulässigen Gewerbesteuer gehören (vergleiche BFH Urteil vom 04.06.2014, I R 70/12, BFHE 246, 67, BStBl II 2015, 289), heißt dies nicht, dass sie vom Gesetzgeber beliebig gestaltet werden können ohne Bindung an steuerverfassungsrechtliche Prinzipien und Grundrechte. Vielmehr handelt es sich bei den einzelnen Hinzurechnungsbestimmungen um Differenzierungen innerhalb des Steuergegenstandes mit einer engeren Bindung des Gesetzgebers an sachliche Erwägungen, insbesondere solche der Folgerichtigkeit und Belastungsgleichheit (als Möglichkeit angesprochen im Beschluss des BVerfG vom 15.02.2016; der Sache nach wie hier Anmerkung Fu zu dem genannten Beschluss in DStR 2016, 867 und Petrak/Karrenbrock, DStR 2016, 1790).

b) Eine Überprüfung der neu geregelten Hinzurechnungsvorschriften gemäß § 8 Nr. 1 Buchstaben a, d und e GewStG hat im Anschluss an die Ausführungen des BVerfG im Beschluss vom 15.02.2016 nicht (wie im Vorlagebeschluss des Senates vom 29.02.2012) auf der Grundlage des Ist-Leistungsfähigkeitsprinzips zu erfolgen, sondern müsste einen anderen Maßstab zugrunde legen, um dem Prinzip einer ertragsorientierten Objektsteuer zu entsprechen. Wie dieser Maßstab konkret aussehen könnte, ist dabei für den Senat nicht ersichtlich. Um einen solchen Maßstab zu entwickeln, müsste zunächst der Begriff der ertragsorientierten Objektsteuer bzw. der objektivierten Ertragskraft eines Gewerbebetriebes näher konkretisiert werden. Insoweit stellt sich die Frage, ob es den Gewerbebetrieb als solchen überhaupt gibt und ob tatsächlich auf einen Betrieb ohne jegliche Fremdfinanzierung und ohne Inanspruchnahme fremder Wirtschaftsgüter statt eigenen Anlagevermögens als Ausgangspunkt für die Bestimmung der Ertragskraft eines Gewerbebetriebes abgestellt werden kann. Ohne einen aus der Verfassung und der Rechtsprechung des BVerfG abgeleiteten Maßstab ist eine erneute Vorlage nach dem Beschluss des BVerfG vom 15.02.2016 nicht zulässig und das GewStG in seiner im Streitzeitraum bestehenden Fassung anzuwenden.

c) Zudem betrifft die Argumentation des Senates im Vorlagebeschluss vom 29.02.2012 zur Rechtfertigung der einzelnen neu geregelten Hinzurechnungsvorschriften gemäß § 8 Nr. 1 Buchstaben a, d und e GewStG teilweise nicht nur diese Hinzurechnungsvorschriften selbst in ihrer konkreten Ausgestaltung, sondern kann so verstanden werden, dass sie letztlich die Gewerbesteuer in ihrer Grundstruktur, zu der auch die Hinzurechnungen grundsätzlich gehören, in Frage stellt. Der Senat hat mit dem Vorlagebeschluss vom 29.02.2012 zwar lediglich die neu geregelten Hinzurechnungsvorschriften gemäß § 8 Nr. 1 Buchstaben a, d und e GewStG zur Überprüfung ihrer Verfassungsmäßigkeit gestellt, und nicht etwa die Gewerbesteuer als solche (so aber das BVerfG im Beschluss vom 15.02.2016 sowie der BFH im Beschluss vom 16.10.2012, I B 128/12). Gleichwohl dürfte die Verfassungswidrigkeit der neu geregelten Hinzurechnungsvorschriften gemäß § 8 Nr. 1 Buchstaben a, d und e GewStG nicht aus Gesichtspunkten herzuleiten sein, die die Grundstruktur der verfassungsrechtlich in ihrer herkömmlichen Ausgestaltung gerechtfertigten Gewerbesteuer in gleicher Weise betreffen würden.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zugelassen im Hinblick auf das noch anhängige Revisionsverfahren I R 41/15 zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung und zur Fortbildung des Rechts im Hinblick auf die Frage, inwieweit einzelne Hinzurechnungsvorschriften auf ihre Verfassungsmäßigkeit überprüft werden können.

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