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Steuerrecht
26.08.2015
Steuerrecht
FG Rheinland-Pfalz: Einkommensteuererklärung muss in elektronischer Form abgegeben werden

FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.7.2015 –1 K 2204/13

Sachverhalt

Streitig ist, ob die Kläger verpflichtet sind, ihre Einkommensteuererklärungen in elektronischer Form beim Beklagten einzureichen.

Die Kläger sind Eheleute, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Sie sind Eltern von drei in den Jahren 1996, 1998 und 2000 geborenen Kindern. In den Streitjahren 2010 – 2012 erzielten sie jeweils Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit, der Kläger zudem geringfügige Einkünfte aus einer selbständigen Tätigkeit als Fotograf und Autor bzw. als Tauchlehrer.

Die Einkommensteuererklärungen für die Jahre 2010 - 2012 wurden unter Verwendung der Software WISO Steuer-Sparbuch erstellt. Die Kläger reichten die Erklärungen für die Veranlagungszeiträume 2010 und 2011 jeweils nur in Papierform beim Beklagten ein. Erstmals im Einkommensteuerbescheid 2011 vom 31. August 2012 wies der Beklagte die Kläger darauf hin, dass in diesem Veranlagungszeitraum Gewinneinkünfte erzielt worden seien und dass sie entsprechend § 25 Abs. 4 S. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) zur elektronischen Übermittlung der Steuererklärung verpflichtet seien. Zur Vermeidung unbilliger Härten könne das Finanzamt auf Antrag auf eine elektronische Übermittlung verzichten. Mit Schreiben vom 14. September 2012 erklärte der Kläger, dass seine Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Zukunft nur bei ca. 500 € pro Jahr liegen würden. Er bitte daher darum, auch weiterhin die Steuererklärung auf analogem Wege durchführen zu können.

Der Beklagte lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 18. September 2012 (Bl. 7 Antragsakte) unter Hinweis auf § 150 Abs. 6 Abgabenordnung (AO), § 25 Abs. 4 EStG und § 60 Abs. 4 Einkommensteuerdurchführungsverordnung (EStDV) ab. Eine unbillige Härte liege nicht vor. Die Kläger würden für die Erstellung ihrer Einkommensteuererklärungen seit Jahren das Steuerprogramm WISO nutzen, das eine Schnittstelle für die elektronische Übermittlung mittels ELSTER zur Verfügung stelle. Die Kläger müssten daher allein die entsprechende Funktion dieses Programms nutzen.

Am 16. Oktober 2012 erhoben die Kläger nochmals Widerspruch gegen den Bescheid über die Ablehnung ihres Antrags. Sie trugen hierzu vor, dass sie die Übermittlung von Daten, insbesondere von Kontodaten und Einkommensverhältnissen übers Internet grundsätzlich ablehnten. Auch beim Internet-Banking könne keine absolute Sicherheit garantiert werden. Internetbetrüger hätten versucht, von ihnen wegen einer angeblichen Notsituation von Verwandten und Freunden im Ausland Geld zu erpressen. Wie diese Personen an ihre Daten gelangt seien, sei nicht nachvollziehbar. Die Familie habe daher sämtliche Internetgeschäfte unterbunden. Ihre Kinder würden so erzogen, dass eine mittlerweile nicht mehr ungewöhnliche Internetabzocke durch zu gutgläubig übermittelte Bankdaten nicht mehr vorkommen sollte. Die Einkommensteuererklärung werde daher auch weiterhin analog abgegeben. Mit Schreiben vom 17. November 2012 trugen sie ergänzend vor, dass die technischen Fähigkeiten für die vom Beklagten geforderte elektronische Übermittlung sicherlich vorhanden seien. Das Internet würde privat wie auch beruflich genutzt. Hauptargument für die Ablehnung der elektronischen Datenübermittlung sei zum Einen, dass auch die vom Beklagten bestätigte Garantie, dass niemals etwas passieren könne, nicht gegeben sei. Sicherheit sei nur durch persönliche Abgabe der Einkommensteuerunterlagen gewährleistet. Zum Anderen hätten sie einschlägige Erfahrungen mit Internetmissbrauch und seien aus diesem Grund nicht bereit, finanzielle Daten im Internet zu übermitteln. Die Abgabe der Einkommensteuererklärung werde auch weiterhin sehr übersichtlich bleiben, da der Betrag für selbständige Einkünfte ca. 500  - 1.000 € pro Jahr nicht übersteigen werde. Der Aufwand zur Bearbeitung solcher analogen Einkommensteuererklärungen würde sich daher im Rahmen halten.

Trotz der vorangegangenen Aufforderung reichten die Kläger am 13. August 2013 auch die Erklärung für das Jahr 2012 in Papierform beim Beklagten ein. Hierbei erklärten sie Einkünfte des Klägers aus einer selbständigen Tätigkeit (Foto und Autorentantieme) in Höhe von -157 € und aus einer Tätigkeit als Tauchlehrer in Höhe von 230 €. Mit Schreiben vom 14. August 2013 forderte der Beklagte die Kläger auf, diese Steuererklärung bis zum 13. September 2013 nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz elektronisch zu ermitteln. Die auf Papier eingereichte Steuererklärung gelte verfahrensrechtlich als nicht abgegeben. Gründe für einen ausnahmsweisen Verzicht auf die geforderte elektronische Erklärungsabgabe seien nicht zu erkennen. Ungeachtet dieses Schreibens setzte der Beklagte mit Bescheid vom 24. September 2013 die Einkommensteuer 2012 fest.

In der Einspruchsentscheidung vom 3. September 2013 wies der Beklagte den Einspruch gegen die Ablehnung des Antrags auf künftige Abgabe von Einkommensteuererklärungen in Papierform zurück. Steuerpflichtige, die Einkünfte aus u.a. selbständiger Arbeit erzielten, seien nach § 25 Abs. 4 EStG beginnend ab dem Veranlagungszeitraum 2011 verpflichtet, die Einkommensteuererklärung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz elektronisch an die Finanzverwaltung zu übermitteln. Die hiervon betroffenen Steuerpflichtigen hätten insoweit kein Wahlrecht, ob sie die Steuererklärung auf Papier oder elektronisch abgeben möchten, sondern sie hätten die gesetzliche Pflicht zur elektronischen Übermittlung. Nach § 25 Abs. 4 S. 1 2. Halbsatz EStG greife die Pflicht zur elektronischen Übermittlung nur dann nicht, wenn neben den Gewinneinkünften Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit mit Steuerabzug erzielt würden und die positive Summe der Einkünfte, die nicht dem Steuerabzug vom Arbeitslohn zu unterwerfen seien, sowie die positive Summe der Progressionseinkünfte jeweils den Betrag von 410 € nicht überstiegen. In Einzelfällen könne zur Vermeidung von unbilligen Härten auf Antrag auf eine elektronische Übermittlung verzichtet werden. Hierzu bestimme der zeitgleich eingeführte § 150 Abs. 8 AO, das einem solchen Antrag zu entsprechen sei, wenn eine Erklärungsabgabe nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfern-übertragung für den Steuerpflichtigen wirtschaftlich oder persönlich unzumutbar sei. Dies sei insbesondere der Fall, wenn die Schaffung der technischen Möglichkeiten für eine Datenfernübertragung nur mit einem nicht unerheblichen finanziellen Aufwand möglich wäre oder wenn der Steuerpflichtige nach seinen individuellen Kenntnissen und Fähigkeiten nicht oder nur eingeschränkt in der Lage sei, die Möglichkeiten der Datenfernübertragung zu nutzen. Hiernach hätten die Kläger keinen Anspruch, die Einkommensteuererklärung generell zukünftig in Papierform abzugeben. Die elektronische Erklärungsabgabe sei unstrittig weder wirtschaftlich noch persönlich unzumutbar, da die Kläger nach eigenen Angaben sowohl über die technischen Voraussetzungen als auch über die entsprechenden intellektuellen Fähigkeiten verfügten. Sonstige Gründe, aus denen sich ein Anspruch auf Befreiung von der elektronischen Datenübermittlung aufgrund unbilliger Härte ergeben könnte, lägen nicht vor oder seien nach Aktenlage nicht ersichtlich. Sie könnten insbesondere nicht aus allgemeinen Bedenken gegen die Sicherheit der von § 25 Abs. 4 S. 1 EStG vorgeschriebenen elektronischen Übermittlung von Einkommensteuererklärungen hergeleitet werden. Dies habe der Bundesfinanzhof (BFH) bereits mit Urteil vom 14. März 2012 XI R 33/09 (BStBl II 2012, 477, Rz. 68) hinsichtlich der elektronischen Abgabe von Umsatzsteuer-Voranmeldungen entschieden. Nichts anderes könne daher bei der elektronischen Übermittlung von Einkommensteuererklärungen gelten. Die Rechtsprechung sei bereits in diesem Verfahren zu dem Ergebnis gelangt, dass die Übermittlung der Daten auf Basis des von der Finanzverwaltung zur Verfügung gestellten ELSTER-Verfahrens nicht manipulationsanfälliger sei als die papiergebundene Abgabe. Ein etwaiges trotz Anwendung der zur Verfügung stehenden technischen Sicherungsmöglichkeiten verbleibendes Risiko eines Hacker-Angriffs auf die gespeicherten oder übermittelten Daten sei im überwiegenden Interesse des Gemeinwohls hinzunehmen. Die von den Klägern aufgrund ihrer individuellen Erfahrungen geäußerten Sicherheitsbedenken könnten nicht zum generellen Verzicht auf die elektronische Erklärungsabgabe führen. Auch der Hinweis der Kläger, dass ihre Steuererklärung in Zukunft übersichtlich bleibe und dass sich die Gewinne nur zwischen 500 und 1.000 € beliefen, führe nicht zu einer Billigkeitsmaßnahme. Die Kläger hätten mit ihren Nebeneinkünften in den vergangenen Jahren im Regelfall die Grenze von 410 € überschritten. Auch in Zukunft sollten die Gewinne nach ihren Angaben mehr als 410 € betragen. Das Finanzamt könne die gesetzlich geregelte Betragsgrenze von 410 €, die sich an der Freigrenze für Nebeneinkünfte gemäß § 46 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 3 EStG orientiere, nicht aus Billigkeitsgründen nach oben korrigieren. Den von den Klägern vorgetragenen Gründen seien die Interessen des Fiskus an der elektronischen Übermittlung gegenübergestellt worden. Die Verwaltungsvereinfachung und Kostenersparnis im Rahmen einer zukunftsfähigen Steuerverwaltung überwögen die Interessen der Kläger. Ergänzend werde darauf hingewiesen, dass die Kläger für das Jahr 2012 von Gesetzes wegen nicht zur elektronischen Erklärungsabgabe verpflichtet seien, da die Nebeneinkünfte der Kläger nach der eingereichten Papiererklärung unterhalb des Betrages von 410 € lägen. Sofern bei den Klägern künftig die gesetzlichen Voraussetzungen zur elektronischen Übermittlungspflicht nicht vorliegen sollten, dürften sie grundsätzlich nicht zur elektronischen Abgabe angehalten werden. Die Bestätigung der ablehnenden Entscheidung des Finanzamts vom 18. September 2012 betreffe daher ausschließlich die künftigen Veranlagungszeiträume, in denen die Kläger von Gesetzes wegen nach § 25 Abs. 4 S. 1 EStG zu elektronischen Erklärungsabgabe verpflichtet seien. Denn nur in Pflichtfällen könne ein Verzicht ausgesprochen bzw. abgelehnt werden. Hinsichtlich des Inhalts der Einspruchsentscheidung im Übrigen wird auf die Aktenausfertigung (Blatt 29 - 34 Antragsakte) verwiesen.

Zur Begründung der Klage trägt der Klägervertreter vor, dass der Beklagte bei seiner Entscheidung den datenschutzrechtlichen Bedenken der Kläger, die diese letztlich auch ihren Grundrechten verletzten, nicht hinreichend Rechnung getragen habe. Wie der Beklagte zutreffend ausführe, stelle der BFH in seiner Entscheidung fest, dass ein etwaiges verbleibendes Risiko eines Hacker-Angriffs auf die gespeicherten oder übermittelten Daten im überwiegenden Interesse des Gemeinwohls hinzunehmen sei. Zu dieser Erkenntnis komme der BFH aufgrund einer Prüfung des von der Finanzverwaltung zur Verfügung gestellten ELSTER-Verfahrens. Er beziehe sich erkennbar auf die beim Steuerpflichtigen selbst gespeicherten oder an das Finanzamt übermittelten und dann dort gespeicherten Daten. Nicht eingegangen werde insoweit auf den elektronischen Übermittlungsweg. Gerade in den letzten Monaten sei im Zusammenhang mit den NSA-Enthüllungen jedoch klar geworden, dass gerade dieser Bereich der Problemfall der elektronischen Kommunikation sei. Es sei nicht nachvollziehbar und bestimmbar, über welche Datenwege des Internets elektronische Daten übermittelt würden, ob diese dabei den Geltungsbereich deutscher oder europäischer Datenschutzbestimmungen verließen und an welchen Knotenpunkten der Übermittlungswege eventuell Zugriffsmöglichkeiten dritter Personen bestünden. Auch das vom BFH angeführte Argument, dass die elektronischen Daten im ELSTER-Verfahren nicht manipulationsanfälliger wären als die papiergebundene Abgabe der Steuererklärung, sei auf die Datensicherheit des Übertragungsweges gerade nicht übertragbar. Es sei kaum vorstellbar, dass beispielsweise ein Mitarbeiter des amerikanischen Geheimdienstes in einem deutschen Postamt oder vor dem Briefkasten des deutschen Finanzamts sitze und dort Briefe einsehe. Mit der Verpflichtung zur Abgabe der Steuererklärung in elektronischer Form seien die Kläger jedenfalls in ihrem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt, da die Sicherheit höchstpersönlicher Daten gerade nicht sichergestellt sei. Die entsprechende Vorschrift des § 25 Abs. 4 EStG sei daher verfassungswidrig. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung gewährleiste den Klägern die Befugnis, selbst über die Preisgabe und Verwendung persönlicher Daten zu bestimmen. Nach dem Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 67, 100,142 f) würden hiervon auch Steuerdaten erfasst, da durch diese Steuerdaten unmittelbar Erkenntnisse über familiäre, berufliche und sonstige wirtschaftliche Verhältnisse erlangt werden könnten. Unter den modernen Bedingungen der Datenverarbeitung sei der Einzelne gegen unbegrenzte Erhebung, Speicherung, Verwendung und Weitergabe seiner persönlichen Daten zu schützen. Insbesondere unterliege die Nutzung von Telekommunikationseinrichtungen einem besonderen Schutz, da die Kommunikation besonderen Gefährdungen der Kenntnisnahme durch Dritte ausgesetzt sei. Dies folge daraus, dass das Recht auf informationelle Selbstbestimmung sich gerade auch auf die Auswahl der Personen, die Kenntnis vom Inhalt der Informationen erhalten sollten, erstrecke. Schon die bloße Möglichkeit einer solchen Überwachung, die keinesfalls ausgeschlossen werden könne, stelle eine Gefährdung dar. Schon durch die Pflicht zur elektronischen Übermittlung sei der Schutzbereich des Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz (GG) zu Gunsten der Kläger eröffnet. Dieser grundrechtliche Schutz könne vorliegend überhaupt nicht gewährleistet werden, es werde vielmehr in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung eingegriffen. Die Kläger seien nämlich durch die Regelung des § 25 Abs. 4 EStG verpflichtet, persönliche Daten zu offenbaren. Es sei nicht abzusehen, wer den elektronischen Übermittlungsvorgang überwache und die persönlichen Daten, die Rückschlüsse über Einkommen und Lebenssituation unmittelbar ermöglichten, abgreife und verwerte. Die Kläger könnten nicht verpflichtet werden, eine Übermittlungsmethode zu wählen, die die durchaus wahrscheinliche Möglichkeit einer drohenden Grundrechtsverletzung aus Art. 2 Abs. 1 GG eröffne. Auch sei der Eingriff nicht verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Zwar möge die Regelung des § 25 Abs. 4 EStG dem Zweck der Arbeitserleichterung durch schnellere und einfachere Bearbeitung der Steuererklärung dienen. Es fehle jedoch an dem Erfordernis der Verhältnismäßigkeit. Die Gefahren der Offenlegung der persönlichen Daten, die den Klägern drohten, stünden in keinem Verhältnis zu dem Nutzen der elektronischen Abgabe der Steuererklärung über Einkünfte, die sich im streitgegenständlichen Jahr 2011 auf 505 € beliefen und im Jahr 2012 Verluste von 157 € mit sich gebracht hätten. Gerade bei solch übersichtlichen Einkommensteuererklärungen dürfe nicht aus Gründen der Arbeitsvereinfachung auf die Abgabe einer potentiell von Dritten einsehbaren elektronischen Steuererklärung bestanden werden. Die Verfassungswidrigkeit wäre nur dann zu verneinen, wenn die entsprechenden Vorschriften vom Beklagten verfassungsgemäß ausgelegt würden und damit die Grundrechte der Kläger gewahrt blieben. Nach § 150 Abs. 8 AO sei der Steuerpflichtige von der elektronischen Übertragung der Steuererklärung zu befreien, wenn ihm eine solche Übertragung wirtschaftlich oder persönlich unzumutbar sei. Zwar verfügten die Kläger über die technischen Voraussetzungen, um eine Übermittlung auch per Datenfernübertragung durchzuführen. Dies sei ihnen jedoch persönlich unzumutbar. § 150 Abs. 8 AO sei schon dem Wortlaut nach nicht abschließend, was sich aus der Formulierung „insbesondere“ ergebe. Daher seien auch andere persönliche Gründe als die mangelnden Kenntnisse des Steuerpflichtigen im Bereich des Internets als zur Befreiung führende Gründe denkbar. Ein derartiger anderer Grund liege auch vor. Aus persönlicher Überzeugung und einschlägiger Erfahrung lehnten die Kläger es entschieden ab, sensible Daten wie Kontodaten oder Einkünfte über das Internet zu übertragen. Die daraufhin getroffene Entscheidung, derartige Daten nicht im Internet zu verbreiten, sei auch für den Bereich der Steuererklärung zu respektieren. Gerade diese Entscheidung sei vom Grundrecht der Kläger auf informationelle Selbstbestimmung gedeckt und damit auch von staatlichen Stellen zu respektieren. Dies gelte umso mehr, als den Kindern der Kläger ein hochsensibler Umgang mit dem Medium Internet nicht beizubringen sei, wenn umgekehrt von staatlicher Seite verordnet werde, gerade für die höchstpersönlichen Daten elektronische Wege zu wählen. Der gleiche Anspruch ergebe sich auch aus § 25 Abs. 4 S. 2 EStG. Hier seien die zuvor angestellten Erwägungen in die Ermessensentscheidungen des Beklagten mit einzustellen, so dass sein Ermessen insoweit dahingehend auf Null reduziert sei, die Kläger positiv zu bescheiden. Hinzu komme im vorliegenden Fall, dass die Ermessensausübung des Beklagten fehlerhaft gewesen sei, da die entscheidenden Argumente der Kläger in die Überlegungen zur Ermessensentscheidung offenbar nicht eingestellt worden seien. Der Beklagte habe die Anwendung der Vorschrift abgelehnt, da die Kläger – quasi in einem Nebensatz – darauf verwiesen hatten, dass die vom Gesetzgeber eingeführte Betragsgrenze nur geringfügig überschritten sei. Insoweit seien die Ermessenserwägungen zutreffend. Dies rechtfertige die Ablehnung für sich genommen aber nicht. Der Beklagte habe offenkundig bei dieser Ermessensentscheidung die zuvor geschilderten datenschutzrechtlichen Bedenken, welche die Qualität eines Grundrechtseingriffs hätten, nicht berücksichtigt.

Die Kläger beantragen,

den Bescheid über die Ablehnung des Antrags auf künftige Abgabe von Einkommensteuererklärungen in Papierform vom 18. September 2012 und die hierzu erlassene Einspruchsentscheidung vom 3. September 2013 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, zukünftig auf eine Abgabe der Einkommensteuererklärungen durch Datenfernübertragung zu verzichten,

hilfsweise,

den Beklagten zu verpflichten, die Kläger hinsichtlich des gestellten Antrags auf künftige Abgabe von Einkommensteuererklärungen in Papierform neu zu bescheiden,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verweist auf den Inhalt der Einspruchsentscheidung vom 3. September 2013 und führt ergänzend aus, dass die Bedenken der Kläger ins Leere gingen. Daher ergebe sich für sie kein Anspruch, auch in Zukunft die Steuererklärungen ausschließlich in Papierform abgeben zu dürfen. Im Ergebnis könnten sie sich auf keine der Härtefallregelungen stützen. Die persönliche Unzumutbarkeit sei nur dann zu bejahen, wenn die individuellen Fähigkeiten und Kenntnisse der Kläger zur Nutzung der Datenfernübertragung nicht ausreichten. Dies sei im vorliegenden Antrag aber gerade nicht der Fall, denn die Kläger bescheinigten sich selbst eine umfassende Medienkompetenz. Ebenso verfügten sie nach eigenen Angaben über die technische Ausstattung, so dass die mögliche Berufung auf wirtschaftliche Unzumutbarkeit ebenfalls entfalle. Allein die allgemein gehaltenen Bedenken eines möglichen Missbrauchs bei der elektronischen Weitergabe und das persönliche Unbehagen der Kläger gegen die gesetzlich vorgeschriebene elektronische Übermittlung genügten nicht, um eine unbillige Härte zu konstruieren. Der BFH habe zu Recht darauf hingewiesen, dass die Übermittlung auf elektronischem Wege nicht störungsanfälliger sei als papiergebundene auf dem Postweg. Selbst ein denkbarer Hacker-Angriff auf den Übermittlungsweg sei im überwiegenden Interesse des Allgemeinwohls hinzunehmen. Verfassungsrechtliche Bedenken seien von der höchstrichterlichen Rechtsprechung zurückgewiesen worden. Diese Beurteilung umfasse den gesamten Datentransfer und damit auch den Übermittlungsweg der Daten von den Steuerpflichtigen zur Finanzverwaltung. Hier seien bislang keine unberücksichtigten Besonderheiten vorgetragen worden, noch seien solche ersichtlich. Die Datenfernübertragung sei nach dem Willen des Gesetzgebers die Standardübermittlung, an die alle Steuerpflichtigen sich zu halten hätten. Die Übermittlung mittels ELSTER erfolge im zertifizierten Verschlüsselungsverfahren SSL. Das SSL-Protokoll gewährleiste, dass die Daten während der Übertragung nicht gelesen oder manipuliert werden könnten. Sie würden verschlüsselt übertragen und seien auch für die Finanzverwaltung nicht direkt lesbar. Somit sei sichergestellt, dass während des Übertragungsvorgangs fremde Dritte keinen Zugriff auf die Daten hätten. Deshalb könnten aus diesem Bereich keine bislang nicht berücksichtigten Aspekte die Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit des Übermittlungsvorgangs negativ beeinflussen. Auch für den Übermittlungsweg sei ein Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht gegeben, da der Gesetzgeber der Frage der Zumutbarkeit durch die Härtefallregelung ausreichend Rechnung getragen habe. Dem Vortrag der Kläger wegen einer möglichen Verletzung ihres Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung könne ebenfalls nicht gefolgt werden. Die EDV-Umstellung an sich sei nicht vom Schutzbereich des Art. 2 Abs. 1 GG erfasst. Ebenso wenig werde das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung durch die angeordnete elektronische Abgabe der Steuererklärung berührt. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung als Grundrecht sei im Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Volkszählungsgesetz vom 15. Dezember 1983 festgestellt worden. Einschränkungen dieses Rechts bedürften einer gesetzlichen Grundlage, die dem rechtsstaatlichen Gebot der Normenklarheit entsprechen müsse und nur im überwiegenden Allgemeininteresse zulässig sei. Diese Vorgaben seien in den gesetzlichen Regelungen im EStG und in der AO erfüllt worden. Im Streitfall wollten die Kläger die notwendigen Steuerdaten und Sachverhalte der Finanzverwaltung nicht vorenthalten. Sie weigerten sich nur, die Daten auf dem gesetzlich vorgegebenen Transferweg zu übermitteln. Allerdings gehöre nicht zum verfassungsrechtlich geschützten Bereich des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung, ob der Einzelne die steuerlich notwendigen Daten in Papierform oder im Wege der elektronischen Übermittlung transportieren müsse. Der Schutzbereich des Grundrechts sei daher nicht tangiert.

Aus den Gründen

Die Klage ist sowohl hinsichtlich des Hauptantrags als auch des Hilfsantrags unbegründet. Die Kläger sind grundsätzlich gem. § 25 Abs. 4 EStG verpflichtet, ihre Einkommensteuererklärungen nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung zu übermitteln, sobald die in dieser Vorschrift genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Eine unbillige Härte, die Anlass für einen Verzicht auf eine Übermittlung durch Datenfernübertragung bieten könnte, ist nicht zu erkennen. Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen nicht. Gründe, den Beklagten zu einer Neubescheidung der Kläger zu verpflichten, sind nicht zu erkennen.

Der Beklagte ist in seiner Einspruchsentscheidung zu Recht davon ausgegangen, dass § 25 Abs. 4 EStG eine Übermittlung der Einkommensteuererklärung durch Datenfernübertragung zwingend anordnet, wenn im jeweiligen Veranlagungszeitraum Gewinneinkünfte von mehr als 410,-- € erzielt werden. Er hat zudem zu Recht das Vorliegen einer unbilligen Härte gem. § 25 Abs. 4 S. 2 EStG i.V.m. § 150 Abs. 8 AO verneint. Es ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass die Erklärungsabgabe durch Datenfernübertragung für die Kläger weder wirtschaftlich noch nach den individuellen Fähigkeiten unzumutbar wäre. Die weiteren von den Klägern vorgetragenen Gründe (vergl. BFH-Urteil vom 14. März 2012 XI R 33/09, a.a.O.) hat der Beklagte gegenüber dem staatlichen Interesse an einer Verwaltungsvereinfachung und einer Kostenersparnis abgewogen. Die Ermessensentscheidung des Beklagten, dass ein – letztlich nicht zu verleugnendes – Risiko eines Hackerzugriffs auf die übermittelten Daten im Hinblick auf überwiegende Gemeinwohlinteressen hinzunehmen sei, ist nicht zu beanstanden. Das Gericht verweist insoweit gem. § 105 Abs. 5 Finanzgerichtsordnung (FGO) auf die Begründung der Einspruchsentscheidung vom 3. September 2013.

Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass auch die nunmehr im finanzgerichtlichen Verfahren erhobenen Einwände hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit des § 25 Abs. 4 EStG nicht überzeugen. Bereits im Urteil vom 14. März 2012 XI R 33/09 (a.a.O.) hat der BFH sich mit der Verfassungsmäßigkeit der in § 18 Abs. 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) angeordneten generellen Pflicht zur Übermittlung der Umsatzsteuervoranmeldungen per Datenfernübertragung befasst und diese bejaht. Er hat hierzu ausgeführt, dass die Pflicht zur elektronischen Übermittlung verfassungsrechtlich legitimen Zielen diene. Die „online übermittelte elektronische Steuererklärung“ biete der Finanzverwaltung den großen Vorteil, die vom Steuerpflichtigen bzw. von dessen Berater bereits erfassten elektronischen Daten unmittelbar weiterverarbeiten zu können, was neben der Verwaltungsvereinfachung und der administrativen Kostenersparnis auch verbesserte elektronische Überprüfungsmöglichkeiten und eine beschleunigte Auswertung mit sich führe. Hierbei handele es sich um gewichtige öffentliche Belange, die durch Automatisierung und maschinelle Bearbeitungsfähigkeit der Steueranmeldungen gefördert würden. Die Frage der Zumutbarkeit habe der Gesetzgeber gesehen und ihr durch die Härtefallregelung in § 150 Abs. 8 AO Rechnung getragen. Allgemeine Bedenken gegen die Sicherheit der vorgeschriebenen Übermittlung von Voranmeldungen durch Datenfernübertragung reichen nach Auffassung des BFH nicht aus, sonstige Härtefallgründe außerhalb der in § 150 Abs. 8 S. 2 formulierten Regelbeispiele abzuleiten; ein etwaiges nach Ausschöpfung aller technischen Sicherungsmöglichkeiten verbleibendes Restrisiko eines Hacker-Angriffs auf die gespeicherten oder übermittelten Daten sei im überwiegenden Interesse des Allgemeinwohl hinzunehmen. Das Finanzgericht Bremen hat sich im Urteil vom 26. Juni 2014 2 K 12/14 (EFG 2014, 1732) ausführlich mit den in jenem Fall geäußerten Bedenken gegen die Sicherheit der Datenfernübertragung beschäftigt und u.a. darauf hingewiesen, dass – wie auch im hier vorliegenden Fall – lediglich abstrakte Sicherheitsbedenken vorgebracht worden waren, ohne diese zu spezifizieren. Mit Beschluss vom 14. April 2015 V B 158/14 (n.v., JURIS) hat der BFH seine Auffassung bekräftigt, dass die Pflicht zur Übermittlung von Umsatzsteuervoranmeldungen per Datenfernübertragung verfassungsmäßig ist. Auch Hinweise auf die „NSA-Affäre“, die Datensicherheit im Internet und mögliche Probleme der Verschlüsselungstechnik genügten nicht, von einem neuen Klärungsbedarf auszugehen.

Nach Auffassung des Gerichts sind die Ausführungen des BFH und des Finanzgerichts Bremen zu § 18 Abs. 1 UStG in vollem Umfang auf § 25 Abs. 4 EStG übertragbar. Beide Vorschriften sind zusammen mit § 150 Abs. 8 AO Bestandteile des mit dem „Steuerbürokratieabbaugesetz“ vom 20. Dezember 2008 (BGBl I S. 2850) verfolgten Gesamtkonzepts zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens unter dem Motto „Elektronik statt Papier!“ (BT-Drucksache 16/10188). Während die Einführung des § 25 Abs. 4 EStG – mit Wirkung für Einkommensteuererklärungen ab dem Veranlagungszeitraum 2011 – bereits Inhalt des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung vom 8. August 2008 (BT-Drucksache 547/08) war, wurde die Änderung des § 18 Abs. 1 UStG mit der Verpflichtung zur Übermittlung der Umsatzsteuervoranmeldungen durch Datenfernübertragung – mit Wirkung ab 2009 –  erst durch die Beschlussempfehlung des Finanzausschusses vom 12. November 2008 (BT-Drucksache 16/10910) in das Gesetzgebungsverfahren eingeführt. Die zeitlich zusammenhängend in die jeweiligen Gesetze eingeführten und inhaltlich abgestimmten Fassungen der Normen gebieten eine einheitliche Betrachtung. Das Gericht sieht daher aus den in den o.a. Entscheidungen dargestellten Gründen keinen Anlass, an der Verfassungsmäßigkeit des § 25 Abs. 4 EStG zu zweifeln.

Darauf hinzuweisen ist, dass der Vortrag der Kläger in diesem Verfahren, dass sie die Übermittlung sensibler Daten durch Datenfernübertragung grundsätzlich ablehnen, im Widerspruch zu ihrem eigenen anderweitigen Verhalten steht. Auch das Verhalten der Kläger selbst ist risikobehaftet gerade hinsichtlich der Daten, die von ihnen für besonders schützenswert gehalten werden, unabhängig davon, ob die Einkommensteuererklärung per Datenfernübertragung oder in Papierform übermittelt wird. Ausweislich der eingereichten Ausdrucke der Steuererklärungen wurden die Einkommensteuer-erklärungen in allen Streitjahren mit der Software WISO-Steuer erstellt, jeweils einschließlich der Angabe der Bankverbindung auf der ersten Seite des Mantelbogens. Ein unberechtigter Zugriff auf diese Daten erscheint damit auch unabhängig vom Übermittlungsweg zumindest im gleichen Maße möglich wie von den Klägern für den Datenübertragungsweg zum Beklagten behauptet. Da die Kläger und ihre Kinder den Computer beruflich und privat im Internetbetrieb nutzen, können sie selbst auch bei Einsatz aller ihnen zur Verfügung stehenden technischen Möglichkeiten nicht garantieren, dass ihr Computer und die darauf gespeicherten oder verarbeiteten Daten nicht durch Viren, Trojaner etc. ausgespäht oder manipuliert werden. Es ist gerichtsbekannt, dass die Entwicklung von Abwehrmechanismen (z.B. Antivirensoftware) stets der Entwicklung neuer Schadsoftware hinterherhinkt und dass auch das penibelste „Safer Surf“ keinen absoluten Schutz gegen unerwünschte Einwirkungen auf den heimischen PC bieten kann. Zudem hatte schon das Finanzgericht Bremen in seinem Urteil vom 26. Juni 2014 2 K 12/14 (a.a.O.) darauf hingewiesen, dass eine absolute Geheimhaltung von Daten ohnehin nicht garantiert werden kann, da auch „analog“ in Papierform gespeicherte Daten z.B. bei einem Wohnungseinbruch gestohlen werden können (vergl. z.B. Bericht in der RHEINPFALZ, Regionalausgabe Donnersberg, vom 13. Juni 2015 zu Betrugsversuchen auf der Basis der Daten auf ausgefüllten Überweisungsträgern, die aus Bankbriefkästen gestohlen wurden). All diesen Risiken könnten die Kläger nur ausweichen, wenn sie auf jegliche Nutzung moderner Kommunikationsformen und Bezahlmöglichkeiten verzichteten und sich gänzlich gegenüber jeglicher Speicherung oder Verwendung von Daten abschotteten. Ein derart eingeschränktes Leben wird von den Klägern aber offensichtlich weder gewünscht noch praktiziert. Im Hinblick auf die von ihnen hierdurch in Kauf genommenen Risiken an anderen Stellen ergibt sich durch die Verpflichtung zur Übermittlung der Einkommensteuererklärungen durch Datenfernübertragung keine nennenswerte Risikoerhöhung.

Gründe für eine Verpflichtung des Beklagten zur Neubescheidung der Kläger liegen nicht vor. In der Einspruchsentscheidung wurde unmissverständlich darauf hingewiesen, dass eine Pflicht zur Datenübermittlung nur bei Überschreiten der in § 25 Abs. 4 EStG normierten Grenzen besteht. Damit ist auch für die Zukunft klargestellt, dass die Steuererklärungen nur für diejenigen Veranlagungszeiträume, in denen die Gewinneinkünfte über 410,-- € liegen, nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz mittels Datenfernübertragung zu übermitteln sind. Dass der die Kläger betreffende Sachverhalt hinsichtlich der technischen Möglichkeiten zur Datenfernübertragung und der Medienkompetenz sich geändert hätte, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Die Klage war daher insgesamt abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil Gründe der in § 115 Abs. 2 FGO genannten Art nicht vorliegen.

 

 

 

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