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Steuerrecht
23.03.2012
Steuerrecht
FG Düsseldorf: Einbezug der Bauerrichtungskosten in die Bemessungsgrundlage für GrESt

FG Düsseldorf, Urteil vom 23.11.2011 - 7 K 417/10 GE

Sachverhalt

Die Beteiligten streiten über die Frage, ob die Kosten für die Errichtung einer Doppelhaushälfte in die Bemessungsgrundlage für die Festsetzung der Grunderwerbsteuer einzubeziehen ist.

Der Kläger erwarb mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 21.03.2005 von der B-Bank das im Grundbuch von Z-Stadt, Blatt 0641 eingetragene, 250 qm große Grundstück Gemarkung Z, Flur 3, Flurstück 1265, Gebäude und Freifläche, zu einem Kaufpreis von EUR 24.750,00.

Das Geschäft wurde von der B Immobilien GmbH vermittelt, einer Immobiliengesellschaft mehrerer Banken, u.a. der Verkäuferin.

Am 04.04.2005 schloss der Kläger mit der C GmbH einen Vertrag über die Errichtung einer Doppelhaushälfte auf seinem Grundstück zum Festpreis in Höhe von EUR 99.000,00. Das Gebäude wurde in der Folgezeit von der C GmbH für EUR 98.803,99 errichtet.

Im Fragebogen zum Grundstückserwerb erklärte der Kläger gegenüber der Beklagten, er habe das Grundstück und den Vertragspartner der Bebauung selbst ausgesucht. Am 07.05.2005 sei durch den Dipl.-Ing. D in seinem Auftrag ein Bauplan erstellt worden. Vereinbarungen über die Bebauung des Grundstücks seien bereits getroffen worden.

Mit Bescheid vom 13.06.2005 setzte der Beklagte unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 Abs. 1 AO EUR 866,00 Grunderwerbsteuer fest, als Gegenleistung wurde nur der Grundstückskaufpreis angenommen.

Ermittlungen des Beklagten ergaben, dass die B Immobilien GmbH mit der C GmbH für das Objekt des Käufers einen Immobilienvermittlungsvertrag vereinbart habe. Mit Schreiben vom 31.03.2005 teilte die B Immobilien GmbH der C GmbH mit, der Kaufvertrag habe inzwischen abgeschlossen werden können. Für die Vermittlung berechne sie vereinbarungsgemäß eine Vermittlungsprovision von EUR 4.593,60. Der Betrag solle mit Verkauf der zweiten Doppelhaushälfte fällig werden, er wurde gezahlt.

Auf Rückfrage des Beklagten gab die B Immobilien GmbH an, die Bebauung des Grundstücks nicht forciert, sondern das "fertige" Grundstück vertrieben zu haben. Der Kläger erklärte, die C GmbH beauftragt zu haben, weil sie ihm vom Architekten D, einem Cousin seines Vaters, empfohlen worden sei. Er habe mit der Planung bereits eineinhalb Jahre vor dem Kauf des Grundstücks angefangen.

Unter dem 22.10.2009 erließ der Beklagte einen geänderten Grunderwerbsteuerbescheid über EUR 4.324,00. Das an die C GmbH entrichtete Entgelt wurde in die Bemessungsgrundlage einbezogen, weil Kaufvertrag und Werkvertrag ein einheitliches Vertragswerk darstellten.

Den hiergegen eingelegten Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung 12.01.2010 als unbegründet zurück.

Der Kläger hat am 09.02.2010 Klage erhoben.

Er trägt vor, die Voraussetzungen eines einheitlichen Vertragswerkes seien nicht erfüllt. Eine Bindung innerhalb eines Vertragswerkes bestehe nicht. Vielmehr seien die abgeschlossenen Verträge rechtlich unabhängig voneinander. Sie seien zu unterschiedlichen Zeiten abgeschlossen worden und enthielten keine Klausel, die sie voneinander abhängig machten.

Auch eine sachliche Beziehung bestehe zwischen der Verträgen nicht. Er sei völlig frei gewesen in der Entscheidung, mit wem er habe bauen wollen. Dies bestätigten auch die schriftlichen Aussagen der Herren D und C, die beide bestätigten, dass er im Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses völlig frei gewesen sei in der Erteilung des Auftrages zur Errichtung der Doppelhaushälfte.

Die vertraglichen Beziehungen zwischen der C GmbH in der B Immobilien GmbH könnten ihm schon deshalb nicht zugerechnet werden, weil er sie nicht gekannt habe. Sie würden zudem mit Nichtwissen bestritten.

Er habe sich auf die Kenntnisse des Cousins seines Vaters, der Herrn D, verlassen und sei aus diesem Grunde zufällig an die C GmbH geraten, die seinerzeit im gleichen Haus geschäftsansässig war wie Herr D.

Herr D hat im Schreiben vom 02.02.2010 (Bl. 46) ausgeführt, die Planung für das Haus und die andere Doppelhaushälfte ausgeführt zu haben. Bei der Grundstücksbeschaffung sei er nicht beteiligt gewesen. Die C GmbH sei erst durch "uns" mit in das Geschäft gekommen. Ihr sei unter dem 11.04.2005 EUR 2.900,00 Honorar in Rechnung gestellt worden.

Herr C hat bestätigt, der Kontakt sei durch Herrn D hergestellt worden, der dann in seinem Auftrag die Planung übernommen habe.

Der Kläger beantragt sinngemäß, die Grunderwerbsteuer unter Änderung des Bescheides vom 22.10.2009 und Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 12.01.2010 auf EUR 866,00 herabzusetzen.

Der Beklagte beantragt Klageabweisung.

Er trägt vor, es sei nicht erheblich, ob der Kläger in seiner Entscheidung völlig frei gewesen sei, ob und zu welchen Konditionen das Objekt gebaut werde. Es sei nach der ständigen Rechtsprechung des BFH unbeachtlich, ob ein Grundstückserwerber tatsächlich oder rechtlich in der Lage gewesen wäre, auch einen anderen Bauträger zu beauftragen. Maßgeblich sei vielmehr der verwirklichte Geschehensablauf. Es könne nicht überzeugen, wenn der Kläger angebe, zufällig an die C GmbH geraten zu sein. Hiergegen spreche, dass diese eine Provision an die B Immobilien GmbH habe zahlen müssen. Das abgestimmte Verhalten der Veräußererseite sei für den Kläger auch erkennbar gewesen. Insbesondere die Tatsache, dass der Kläger in Ruhe mit dem Bauträger habe verhandeln können, ohne Gefahr zu laufen, das Grundstück an einen anderen Erwerber zu verlieren, spreche für eine enge Absprache zwischen den Beteiligten auf der Veräußererseite. Auch der zeitliche Ablauf spreche hierfür. Andere Angebote zur Errichtung des Hauses seien nicht eingeholt worden.

Der Senat hat die Bauakten der Stadt hinzugezogen. Die Anträge und Pläne wurden danach am 07.04.2005 erstellt, am 11.04.2005 eingereicht.

Aus den Gründen

Die Klage ist begründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 100 Abs. 1 S. 1 FGO. Zu Unrecht hat der Beklagte die Bauerrichtungskosten in die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer einbezogen, denn der Werkvertrag über die Errichtung des Gebäudes bildete mit dem Kaufvertrag über den Erwerb des unbebauten Grundstücks kein einheitliches Vertragswerk, das darauf gerichtet war, dass der Kläger ein bebautes Grundstück erhält.

Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) unterliegt der Erwerb eines Anspruchs auf Übereignung eines inländischen Grundstücks der Grunderwerbsteuer. Bemessungsgrundlage ist gemäß § 8 Abs. 1 GrEStG die Gegenleistung. Bei einem Grundstückskauf gilt nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG als Gegenleistung u.a. der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen. Danach gehören alle Leistungen des Erwerbers zur grunderwerbsteuerrechtlichen Gegenleistung (Bemessungsgrundlage), die dieser nach den vertraglichen Vereinbarungen gewährt, um das Grundstück zu erwerben. Entscheidend für den Umfang der Bemessungsgrundlage ist dabei, in welchem tatsächlichen Zustand das Grundstück Gegenstand des Erwerbsvorgangs ist (vgl. z.B. Bundesfinanzhof -BFH- Urteile vom 11. März 1981 II R 77/78, Sammlung amtlicher Entscheidungen des BFH -BFHE- 133, 230, Bundessteuerblatt -BStBl- II 1981, 537; vom 24. Januar 1990 II R 94/87, BFHE 160, 284, BStBl II 1990, 590). Der für den Umfang der Gegenleistung maßgebliche Gegenstand des Erwerbsvorgangs wird zwar zunächst durch das den Steuertatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG erfüllende zivilrechtliche Verpflichtungsgeschäft bestimmt. Ergibt sich jedoch aus weiteren Vereinbarungen, die mit diesem Rechtsgeschäft in einem rechtlichen oder zumindest objektiv sachlichen Zusammenhang stehen, dass der Erwerber das Grundstück in bebautem Zustand erhält, bezieht sich der grunderwerbsteuerrechtliche Erwerbsvorgang auf diesen einheitlichen Leistungsgegenstand (Urteile des BFH vom 5. Februar 1992 II R 110/88, BFHE 166, 402, BStBl II 1992, 357, unter II.1.b, und vom 27. Oktober 2004 II R 12/03, BFHE 208, 51, BStBl II 2005, 220; vom 21. September 2005 II R 49/04, BStBl II 2006, 269; jeweils mit weiteren Nachweisen).

Im Streitfall haben die C GmbH und die B Immobilien GmbH, letztere handelnd für die Grundstückseigentümerin, durch ein abgestimmtes Verhalten auf den Abschluss beider Verträge, Werkvertrag und Kaufvertrag, hingewirkt. Das ergibt sich bereits aus dem Vertrag über die Vermittlung von Bauerrichtungsverträgen. Danach traf die B Immobilien GmbH die Verpflichtung, Kauf- oder Bauinteressenten für die C GmbH nachzuweisen. Dem Senat ist aus einer Vielzahl von Verfahren bekannt, dass die B Immobilien GmbH mit Bauunternehmen Verträge über die Vermittlung von Bauwilligen geschlossen hat. Die B Immobilien GmbH hatte danach die Aufgabe, den Grundstückseigentümer, die B-Bank, und Bauträger zusammenzubringen. Dies war ihr Geschäftsfeld. Für die Vermittlung bekam sie einerseits von der Bank und andererseits vom Bauträger eine Provision. Bei Abschluss eines Vertrages hat der Bauträger eine Provision an dieB Immobilien GmbH zu zahlen, unabhängig davon, welchen Umfang die Vermittlungstätigkeit im konkreten Einzelfall hatte. Dass diese Vereinbarung auch im hier vorliegende Fall zum Tragen kam, ergibt sich aus der bei den Akten befindlichen Provisionsabrechnung. Auch im Fall des Klägers ist eine Vermittlungsprovision in Höhe von 4.593,60 EUR abgerechnet worden. Diese stellte die B Immobilien GmbH der C GmbH am 31.03.2005 in Rechnung.

Die Aufwendungen für die Errichtung des Gebäudes zählen dennoch hier nicht zur Bemessungsgrundlage gemäß § 8 Abs. 1 und § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG. Ein Werkvertrag über die Errichtung des Gebäudes bildet mit dem Kaufvertrag über den Erwerb des unbebauten Grundstücks nur dann ein einheitliches Vertragswerk, das darauf gerichtet ist, dass der Kläger ein Grundstück mit Bebauung erhält, wenn das Zusammenwirken auf der Veräußererseite für den Erwerber auch objektiv erkennbar war. Dies ist hier nicht der Fall.

Aus der bisherigen Rechtsprechung des BFH (vgl. z.B. BFH Urteil vom 11. Mai 1994 II R 77/94, BFH/NV 1994, 901) ist nicht hinreichend deutlich geworden, ob das Merkmal der objektiven Erkennbarkeit eigene Bedeutung hat, oder nur dazu dient, das Zusammenwirken auf der Veräußererseite objektiv festzustellen. Dem Senat ist keine Entscheidung bekannt, in der ausdrücklich auf das Merkmal der Erkennbarkeit abgestellt wurde oder gar unter Verneinung dieses Merkmals ein einheitliches Vertragswerk verneint wurde. Er sieht hierin eine eigenständiges Tatbestandsmerkmal. Nur wenn der Käufer die Verbindung auf der Veräußererseite zumindest erkennen konnte, hat der Erwerber ein bebautes Grundstück erworben. Anderenfalls erwirbt er ein Grundstück und unabhängig davon ein Gebäude. Dabei bedarf es allerdings nach der Rechtsprechung des Senats bei einem intensiven Zusammenwirken auf der Veräußererseite, das im Streitfall vorliegt, nur geringerer äußerer Anzeichen, an denen die Kläger das Zusammenwirken nach objektiven Kriterien hätten erkennen können, so schon Urteil des Senats vom 24.05.2006 7 K 2470/04 GE.

Anhaltspunkte dafür, das dem Kläger das Zusammenwirken auf der Veräußererseite bekannt war oder dass er es erkennen konnte, sind hier weder vorgetragen noch ersichtlich.

Der enge zeitliche Rahmen, in dem der Werkvertrag und der Kaufvertrag abgeschlossen wurden, ist hier kein Indiz für eine Kenntnis der Beziehungen der auf der Veräußererseite Handelnden. Wer bereits seit eineinhalb Jahren plant, ein Haus zu errichten, wird bestrebt sein, alsbald nach dem Erwerb des Grundstücks zu bauen. Auch dass der Kläger in Ruhe mit dem Bauträger habe verhandeln können, ohne Gefahr zu laufen, das Grundstück an einen anderen Erwerber zu verlieren, spricht nicht für eine enge Absprache zwischen den Beteiligten auf der Veräußererseite. Solange die B Immobilien GmbH davon ausgehen konnte, der Kläger werde das Grundstück erwerben, konnte sie es für ihn reservieren. Auch ist nicht ersichtlich, das der Kläger durch ein am Grundstück aufgestelltes Bauschild oder durch ihm von der B Immobilien GmbH ausgehändigte Pläne, Angebote oder hinweise der CGmbH auf diese aufmerksam gemacht wurde. Der Kontakt zur C GmbH wurde nämlich hier durch den Architekten D hergestellt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision war zuzulassen, sie ist zur Fortbildung des Rechts erforderlich (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO).

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