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Steuerrecht
14.05.2010
Steuerrecht
: Beerdigungskosten als dauernde Last - Abziehbarkeit von wiederkehrenden Leistungen als dauernde Last im Rahmen der Vermögensübergabe

BFH, Urteil vom 19.1.2010 - X R 32/09


Leitsatz

Hat sich der Vermögensübernehmer gegenüber dem Vermögensübergeber verpflichtet, die Kosten einer standesgemäßen Beerdigung zu tragen, sind die Bestattungskosten dann nicht als dauernde Last i. S. des § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG abziehbar, wenn er Alleinerbe des Vermögensübergebers wird.


Sachverhalt

 I. Die Eltern des Klägers und Revisionsbeklagten (Kläger) übertrugen diesem auf der Grundlage eines Hofübergabevertrages ihren landwirtschaftlichen Betrieb im Wege der vorweggenommenen Erbfolge. Im Gegenzug verpflichtete sich der Kläger, seinen Eltern auf Lebenszeit ein Altenteil zu gewähren. U.a. sollte er den "Eltern nach deren Tod ein standesgemäßes und christliches Begräbnis bereiten und für die übliche weitere Grabpflege Sorge tragen".

 Der Vater des Klägers verstarb im Januar 2004. Seine Alleinerbin, die Mutter des Klägers, verstarb im April 2004. Der Kläger ist Alleinerbe nach seiner Mutter. Die Beerdigungskosten für die Mutter des Klägers beliefen sich auf insgesamt ca. 5.100 EUR.

 In ihrer Einkommensteuererklärung für das Jahr 2004 machten die Kläger die Beerdigungskosten beider Elternteile als Sonderausgaben geltend. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) berücksichtigte diese Kosten nicht. Beerdigungskosten seien keine dauernden Lasten, sondern außergewöhnliche Belastungen. Da die Aufwendungen aus dem Nachlass bestritten werden könnten, käme ein Abzug nach § 33 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht in Betracht.

 Im Einspruchsverfahren erkannte das FA die Kosten für die Beerdigung des Vaters als abziehbare Sonderausgaben an. Hinsichtlich der Beerdigungskosten für die Mutter des Klägers wies es den Einspruch zurück.

 Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit in Entscheidungen der Finanzgerichte 2009, 1377 veröffentlichtem Urteil statt. Auch einmalige Aufwendungen, die --wie die Kosten für die Beerdigung und ein angemessenes Grabmal des Altenteilers-- nach dem Zivilrecht zum Inbegriff "typischer" Versorgungsleistungen gehörten, seien als Sonderausgaben abziehbar. Sie gehörten zu einer zusammenhängenden steuerrechtlichen Einheit von verschiedenartigen Versorgungsleistungen, bei der sich eine isolierte Betrachtung einmalig zu erbringender Leistungsbestandteile verbiete. Beerdigungskosten seien solche Leistungsbestandteile; sie lägen zeitlich am Ende einer Reihe unterschiedlicher laufender Zuwendungen (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 15. Februar 2006 X R 5/04, BFHE 212, 450, BStBl II 2007, 160).

 Der Abziehbarkeit der Beerdigungskosten stehe auch nicht entgegen, dass der Kläger als Alleinerbe seiner Mutter die Beerdigungskosten nach § 1968 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) hätte tragen müssen. Die Verpflichtung im Altenteilsvertrag überlagere die erbrechtliche Verpflichtung.

 Mit seiner Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts. Das FG habe nicht berücksichtigt, dass der Abziehbarkeit der Aufwendungen für den Letztversterbenden das Prinzip der korrespondierenden Besteuerung der Leistungen entgegenstehe (Kulosa in Herrmann/Heuer/Raupach --HHR--, § 10 EStG Rz 109). Im Fall des Letztversterbenden könnten die Aufwendungen, die der Verpflichtete leiste, an niemanden mehr erbracht werden, da kein Berechtigter aus dem Altenteilsvertrag mehr vorhanden sei. Dies gelte insbesondere dann, wenn der Altenteilsverpflichtete Alleinerbe sei. Zudem werde in der Literatur auch die Auffassung vertreten, Beerdigungskosten seien nicht als Sonderausgaben abziehbar, da sie nur einmalig anfielen.

 Das FA beantragt sinngemäß,

das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

 Die Kläger beantragen,

die Revision zurückzuweisen.

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 Der vom FA vorgetragene Grundsatz der materiell-rechtlichen Korrespondenz sei erstmalig mit dem Jahressteuergesetz 2008 (JStG 2008) kodifiziert worden und demzufolge im Streitjahr 2004 nicht anwendbar. Zudem ende die Abziehbarkeit der dauernden Last nicht, wenn der Altenteilsverpflichtete zugleich Alleinerbe des überlebenden Altenteiler-Ehegatten werde.

Aus den Gründen

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 II. Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Zu Unrecht ist das FG davon ausgegangen, dass die Aufwendungen für die Beerdigung der Mutter des Klägers als Sonderausgaben abziehbar sind.

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 1. Als Sonderausgaben abziehbar sind die auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhenden Renten und dauernden Lasten, die nicht mit Einkünften in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, die bei der Veranlagung außer Betracht bleiben (§ 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG). Handelt es sich steuerrechtlich um eine dem Vertragstypus des "Versorgungsvertrages"/"Altenteilsvertrages" vergleichbare Vermögensübergabe, sind die --grundsätzlich schon aufgrund der Rechtsnatur des Vertrages abänderbaren-- wiederkehrenden Leistungen in der Regel als "dauernde Last" abziehbar (ausführlich hierzu Beschluss des Großen Senats des BFH vom 5. Juli 1990 GrS 4-6/89, BFHE 161, 317, 328, BStBl II 1990, 847; zusammenfassend Senatsurteil vom 25. August 1999 X R 38/95, BFHE 190, 302, BStBl II 2000, 21, mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen).

13 

 2. Zutreffend ist das FG in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des erkennenden Senats davon ausgegangen, dass das bürgerlich-rechtliche Altenteil Versorgungsleistungen verschiedener Art umfasst, die durch die gemeinsame Zweckbestimmung, den Berechtigten ganz oder teilweise zu versorgen, zu einer rechtlichen Einheit verbunden sind, und dass auch die Kosten für die Beerdigung des Altenteilers Bestandteil dieser Leistungen sind (vgl. Senatsurteil in BFHE 212, 450, BStBl II 2007, 160, m.w.N.). Das FG ist der Rechtsprechung des erkennenden Senats auch insoweit gefolgt, als es die generelle Abziehbarkeit der Beerdigungskosten als Sonderausgaben --obwohl nicht wiederkehrend-- aus deren Zugehörigkeit zum "Inbegriff der Versorgungsleistungen" folgert. Zudem ist das FG in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des erkennenden Senats davon ausgegangen, dass im Streitfall der Altenteilsvertrag als Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen zu werten ist (Senatsurteil vom 25. März 1992 X R 196/87, BFHE 167, 408, BStBl II 1992, 1012).

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 3. Die aufgrund der getroffenen vertraglichen Verpflichtung geschuldeten und erbrachten Aufwendungen für die Beerdigungskosten des letztversterbenden Altenteilers sind jedoch --entgegen der Auffassung des FG-- nicht als dauernde Last abziehbar, wenn dieser Alleinerbe ist (so auch HHR/Kulosa, § 10 EStG Rz 79; Stöcker in Bordewin/Brandt, § 10 EStG Rz 225, sowie Blümich/Hutter, § 10 EStG Rz 152, die allerdings beide darauf abstellen, dass Beerdigungskosten nicht laufend gezahlt werden, sondern nur einmalig entstehen können; anderer Ansicht Söhn, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 10 Rz D 196; Kanzler, Finanz-Rundschau 2006, 743).

15 

 a) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats kennzeichnet die Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen, dass sich der Vermögensübergeber Teile der nunmehr vom Vermögensübernehmer zu erwirtschaftenden Nettoerträge vorbehält. Der Vorbehalt der Erträge stellt sich dar als ein "Transfer steuerlicher Leistungsfähigkeit". Dieser wird in der Weise rechtstechnisch verwirklicht, dass die Aufwendungen beim Übernehmer nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG abziehbar und die entsprechenden Zuflüsse beim Übergeber nach § 22 Nr. 1 Satz 1 EStG steuerbar sind, und bedingt eine materiell-rechtliche Korrespondenz zwischen Abzugs- und Besteuerungstatbestand (vgl. z.B. Senatsurteil vom 11. Oktober 2007 X R 14/06, BFHE 219, 160, BStBl II 2008, 123). Die materiell-rechtliche Korrespondenz von Abziehbarkeit und Steuerbarkeit ist dem Rechtsprinzip des Vorbehalts der Vermögenserträge immanent. Deshalb kommt es entgegen dem Vorbringen der Kläger im Revisionsverfahren nicht darauf an, ob erstmalig mit dem JStG 2008 vom 20. Dezember 2007 (BGBl I 2007, 3150) das Korrespondenzprinzip kodifiziert wurde.

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 b) Die Qualifizierung der Beerdigungskosten als dauernde Last scheitert nach Auffassung des erkennenden Senats im Streitfall an der fehlenden Korrespondenz zwischen Abziehbarkeit und Steuerbarkeit. Für die Abziehbarkeit der dauernden Last ist die normleitende Vorstellung maßgeblich, dass der Übergeber "das Vermögen --ähnlich wie beim Nießbrauchsvorbehalt-- ohne die vorbehaltenen Erträge, die ihm nunmehr als Versorgungsleistungen zufließen, übertragen hat" (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 12. Mai 2003 GrS 1/00, BFHE 202, 464, BStBl II 2004, 95, unter C.II.2.c). Da die Versorgungsleistungen somit als vorbehaltene Vermögenserträge zu charakterisieren sind, kommt eine Abziehbarkeit von wiederkehrenden Leistungen als Sonderausgaben nur dann in Betracht, wenn die vorbehaltenen Erträge in Gestalt der Beerdigungskosten einem Empfänger als wiederkehrende Einkünfte (§ 22 Nr. 1 Satz 1 EStG) zugerechnet werden können. Diese Voraussetzung war in dem dem Senatsurteil in BFHE 212, 450, BStBl II 2007, 160, zugrunde liegenden Streitfall erfüllt, da aus dem Altenteilsrecht beide Ehegatten anspruchsberechtigt waren und somit der überlebende Ehegatte steuerbare Einkünfte bezog. Daran fehlt es aber im Streitfall. Die Beerdigungskosten der letztverstorbenen Mutter des Klägers könnten höchstens dem Kläger selbst als dem Alleinerben seiner Mutter zugerechnet werden. Könnte dieser die wiederkehrenden Leistungen als Sonderausgaben abziehen, würden die Beerdigungskosten als vorbehaltene Erträge bei ihm zu nach § 22 Nr. 1 Satz 1 EStG steuerbaren Einkünften führen. Forderung (Anspruch auf Entlastung von den Beerdigungskosten, die der Erbe nach § 1968 BGB zu tragen hat) und Schuld (Verpflichtung aus dem Altenteilsvertrag zur Tragung der Beerdigungskosten) vereinen sich in einer Person und führen zur Konfusion mit der Folge, dass Forderung und Schuld erlöschen und dementsprechend weder der Ansatz von steuerbaren Einkünften noch der Abzug von Sonderausgaben in Betracht kommt.

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 c) Der so verstandenen materiell-rechtlichen Korrespondenz zwischen Abziehbarkeit und Steuerbarkeit wiederkehrender Leistungen steht nicht der Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 202, 464, BStBl II 2004, 95 entgegen. Auch wenn --worauf der Große Senat zutreffend hinweist-- sich dem EStG nicht die generelle Geltung eines Korrespondenzprinzips entnehmen lässt und sich die Abziehbarkeit von wiederkehrenden Leistungen als Sonderausgaben und ihre Steuerbarkeit als wiederkehrende Bezüge nur mit der Unentgeltlichkeit der Vermögensübertragung rechtfertigen lassen (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 202, 464, BStBl II 2004, 95, unter C.II.2.d), führt doch die Überlegung, dass der Vermögensübergeber das Vermögen --ähnlich wie beim Vorbehaltsnießbrauch-- ohne die vorbehaltenen Erträge, die ihm nunmehr als Versorgungsleistungen zufließen, übergeben hat, zwar nicht zu einer verfahrensrechtlichen, aber doch zu einer materiell-rechtlichen Korrespondenz zwischen Abziehbarkeit und Steuerbarkeit der dauernden Last (Gröpl, in: Kirchhof/Söhn/ Mellinghoff, a.a.O., § 8 Rz B 59; Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 28. Aufl., § 22 Rz 56 und 83; HHR/Kulosa § 10 EStG Rz 109).

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