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Steuerrecht
26.04.2012
Steuerrecht
Hessisches FG: Abzug der Beiratsvergütung nach § 10 Nr. 4 KStG bei Beratung der Gesellschafter

Hessisches FG, Urteil vom 13.9.2011 - 4 K 829/07

LEITSATZ (DES KOMMENTATORS)

Berät der Beirat einer GmbH hauptsächlich die Gesellschafter statt die Geschäftsführung, sind die Beiratsvergütungen als „Vergütungen an mit der Überwachung der Geschäftsführung beauftragte Personen" i. S.v. § 10 Nr. 4 KStG nur zur Hälfte abzugsfähig. Eine Überwachung liegt bereits dann vor, wenn der Beirat in Bezug auf die von der Geschäftsführung zu treffenden Maßnahmen (wie Entlastung, Abberufung, Verlängerung von Dienstverträgen und Feststellung des Jahresabschlusses) nur Entscheidungsvorschläge gegenüber der Gesellschafterversammlung abgibt.

Sachverhalt

Die Beteiligten streiten darüber, ob die an die Beiratsmitglieder der Klägerin gezahlten Vergütungen in voller Höhe oder gemäß § 10 Nr. 4 KStG nur zur Hälfte als Betriebsausgaben abzugsfähig sind.

Die Klägerin ist eine 1980 gegründete GmbH und unter HRB beim Amtsgericht A in das Handelsregister eingetragen. Gegenstand des Unternehmens ist die Herstellung und der Vertrieb von Arzneimitteln. Gesellschafter der Klägerin waren in den Streitjahren G-A (zunächst zu 49,03 %, ab 15.8.2001 zu 42,55 %) sowie G-B, G-C und G-D (je zunächst 16,99 %, ab 15.8.2001 zu 19,15 %). Sie hatten die Anteile vom Gründer des Unternehmens übernommen.

Die Klägerin hat seit 1989 einen aus vier Mitgliedern bestehenden Beirat. Mitglieder des Beirats waren in den Streitjahren B-A (als Vorsitzender), G-B (als so genannter Vertreter der Gesellschafter), B-B und B-C.

Rechte und Pflichten des Beirats waren in § 10 des Gesellschaftsvertrags geregelt. Zur ersten ab 19.4.1989 geltenden Fassung wird auf Bl. xxx der Gerichtsakte (FG-Akte) verwiesen.

Im August 1991 wurde eine Geschäftsordnung (GO) für die Geschäftsführung erlassen. Die Geschäftsordnung bestimmte unter anderem den Katalog der außergewöhnlichen Maßnahmen und Rechtsgeschäfte, in die der Beirat nach der zunächst geltenden Fassung des § 10 Abs. 8 Buchst. f) des Gesellschaftsvertrag einwilligen musste. Zum vollständigen Inhalt der Geschäftsordnung vom August 1991 wird auf Bl. xx des Fallhefts betr. Bp 2000-2003 verwiesen.

Nachdem der Beklagte aufgrund einer Betriebsprüfung für die Jahre 1985 bis 1989 die Beiratsvergütungen nach §10 Nr. 4 KStG nur zur Hälfte als Betriebsausgaben berücksichtigt hatte, änderte die Gesellschafterversammlung durch am 07.5.1992 notariell beurkundeten Beschluss § 10 des Gesellschaftsvertrags. Zum vollständigen Inhalt des Gesellschafterbeschlusses vom 07.5.1992 wird auf Bl. xxx der FG-Akte verwiesen.

§ 10 Abs. 8 und Abs. 9 des Gesellschaftsvertrags lautete seitdem und in den Streitjahren 2000 bis 2003 wie folgt (die 1992 eingefügten und geänderten Teile in Fettschrift, Fettschrift nicht im Original):

§ 10 (8) Aufgabe des Beirats ist es:

a) den oder die Geschäftsführer auszuwählen und der Gesellschaft Versammlung zur Wahl vorzuschlagen oder Geschäftsführer zur Abberufung vorzuschlagen und alsdann Dienstverträgen namens der Gesellschaft mit ihnen abzuschließen, zu ändern oder zu beenden können, wenn er von der Gesellschafterversammlung damit beauftragt wird;

b) die Geschäftsführung zu beraten, insbesondere auch in Zukunftsüberlegungen und Planungen;

c) der Gesellschafterversammlung die Entlastung der Geschäftsführung für das abgelaufene Geschäftsjahr vorzuschlagen;

d) bei Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Geschäftsführung zwischen den Geschäftsführern zu vermitteln;

e) das Budget und die Investitionspläne zu prüfen und der Gesellschafterversammlung zur Genehmigung vorzuschlagen;

f) Aufstellung einer von der Gesellschafterversammlung zu beschließenden Geschäftsordnung für die Geschäftsführung (Katalog außergewöhnlicher Maßnahmen und Rechtsgeschäfte) und Beratung der Gesellschafterversammlung vor deren Einwilligung zur Vornahme dieser Maßnahmen und Rechtsgeschäfte;

g) Leitung der Gesellschafterversammlung durch den Beiratsvorsitzenden;

h) Beurteilung des Jahresabschlusses und Mitteilung an die Gesellschafterversammlung, bei der die Feststellung und Genehmigung des Jahresabschlusses sowie die Verwendung des Jahresergebnisses liegt.

Der Bereit soll in allen diesen Angelegenheiten seine Entschlüsse nach billigem Ermessen treffen und dabei in erster Linie die gedeihliche Entwicklung der Gesellschaft im Auge haben.

(9) Soweit dies zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich und zweckmäßig ist, hat der Beirat das Recht, sich jederzeit in Angelegenheiten der Gesellschaft persönlich zu unterrichten, insbesondere die Handelsbücher und Papiere der Gesellschaft einzusehen oder durch einen durch ihm bestellten Sachverständigen auf Kosten der Gesellschaft einsehen zu lassen Mitglieder der Gesellschaft sind verpflichtet, jedem Beiratsmitglied jegliche gewünschte Auskunft über alle geschäftlichen Verhältnisse zu erteilen sowie auf Verlangen zu den Sitzungen des Beirats zu erscheinen und in diesen über alle Umstände, die für die Entschließung des Beirats von Belang sein können, zu berichten, namentlich über die Lage der Gesellschaft sowie alle erfolgten zu erwartenden wichtigen Geschäftsvorfälle.

Im Einzelnen wird auf den Gesellschaftsvertrag vom xx.xx.1992 und vom xx.xx.2001 verwiesen.

Obwohl nach § 10 Abs. 8 Buchst. f) des Gesellschaftsvertrags nunmehr die Gesellschafterversammlung (und nicht mehr der Beirat) den in der jeweiligen Geschäftsordnung genannten Maßnahmen zustimmen musste, lag in den Streitjahren keine andere Geschäftsordnung für die Geschäftsführung vor.

Auf Grund der Änderung des Gesellschaftsvertrags erkannte der Beklagte in den Folgejahren (1991 bis 1999) die Beiratsvergütungen in voller Höhe als Betriebsausgaben an. Dies wurde auch von der Betriebsprüfung letztlich nicht beanstandet.

In den Streitjahren fanden die 47. bis 62. Beiratssitzung statt. Hierüber wurden Sitzungsprotokolle erstellt. Neben den Beiratsmitgliedern waren jeweils auch Gesellschafter und Mitglieder der Geschäftsführung sowie überwiegend auch Herr C als Berater der Gesellschafter anwesend. Gegenstand der Beiratssitzungen waren insbesondere die Information der Anwesenden über die aktuellen Geschäfte, z. T. bezogen auf einzelne Produkte, sowie die Geschäftspolitik und die Geschäftsaussichten.

Die Protokolle enthalten nach ihrem Wortlaut u. a. die folgenden Beschlüsse:

Protokoll der 47. Beiratssitzung:

 „Es wird beschlossen, dass der Pensionsfonds für den Außendienst ausläuft. ... Der Vertrag mit Geschäftsführer Herr D wird geändert. Der Vertrag läuft von Seite der Firma A nicht mehr über fünf Jahre, sondern über jeweils drei Jahre. Die Kündigungsfrist von Herrn D beträgt jetzt neun Monate zum Quartal."

Protokoll der 48. Beiratssitzung:

„Aufgrund dieser Situation beschließt der Beirat, dass die Geschäftsführung zur August Sitzung eine klare Entscheidung hinsichtlich der weiteren Zukunft des - xxx-Geschäftes und besonders von xxx vorlegen soll."

Protokoll der 51. Beiratssitzung:

„Der Beirat und die Gesellschafter stimmten einer Unterzeichnung dieser Kooperationsvereinbarung zu."

Protokoll der 58. Beiratssitzung:

„Beirat und Gesellschafter nehmen die mittelfristige Planung und die daraus abgeleiteten Strategien zustimmend zur Kenntnis."

Protokoll der 63. Beiratssitzung:

„D wird gebeten, die Mitglieder des Beirats über die weiteren Entwicklungen (hier: Gesundheitsreform und geplante Herausnahme aller nicht verschreibungspflichtiger Medikamente aus der Erstattung durch die GKV) ggf. schriftlich zu informieren und eine Beiratssitzung kurzfristig einzuberufen, sollten Entscheidungen erforderlich werden."

Im Übrigen wird bezüglich des Inhalts auf die Sitzungsprotokolle verwiesen.

In den Streitjahren erhielten die Beiratsmitglieder Vergütungen in Höhe von insgesamt 85 000 DM (2000), 106 500 DM (2001), 34 768 Euro (2002) bzw. 34.768 Euro (2003). Diese Beträge umfassen keine Aufwendungen für tatsächlich entstandene Spesen und auch nicht die als Vorsteuer abgezogene Umsatzsteuer.

Im Rahmen der Steuererklärungen für die Streitjahre 2000 bis 2003 zog die Klägerin die Beiratsvergütungen in voller Höhe als Betriebsausgabe ab. Der Beklagte veranlagte zunächst entsprechend den Steuererklärungen.

Im Rahmen der Betriebsprüfung für die Jahre 2000-2003 gelangten die Betriebsprüfer aufgrund der Beiratsprotokolle zu der Ansicht, dass in den Jahren 2000-2003 nur die Hälfte der Beiratsvergütungen als Betriebsausgabe abzugsfähig seien, da die Beiratsmitglieder überwiegend mit der Überwachung der Geschäftsleitung befasst gewesen seien.

Der Beklagte schloss sich der Ansicht der Betriebsprüfung an und berücksichtigte in den gemäß § 164 Abs. 2 AO geänderten Körperschaftsteuerbescheiden für 2000 bis 2003 und dem Gewerbesteuermessbescheiden für 2000 bis 2003, jeweils vom 28.12.2005, nur die Hälfte der von der Betriebsprüfung ermittelten Beiratsvergütungen als Betriebsausgaben. Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde aufgehoben.

Dagegen erhob die Klägerin Einspruch, den der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 15.2.2007 zurückwies.

Dagegen richtet sich die vorliegende Klage, die am 12.3.2007 bei Gericht einging. Mit der Klage begehrt die Klägerin den vollen Abzug der Beiratsvergütungen als Betriebsausgaben und wendet sich insoweit gegen die Anwendung des § 10 Nr. 4 KStG.

Sie ist der Ansicht, dass sich aus § 10 des Gesellschaftsvertrages nicht ergebe, dass der Beirat der Klägerin die Geschäftsführung zu überwachen habe. Zwar sei richtig, dass der Begriff „Überwachung der Geschäftsführung" weit ausgelegt werde. Entscheidend sei aber, ob im Einzelfall die Satzung der GmbH eine Überwachung der Geschäftsführung vorsehe. Aus dem BFH-Urteil vom 11.3.1981 - I R 8/77 ergebe sich, dass die Zustimmungspflicht des Beirats zu bestimmten Geschäftsführungsmaßnahmen eine Überwachung der Geschäftsführung voraussetze. Der Beirat der Klägerin habe aber nur die Aufgabe, Geschäftsführer auszuwählen und der Gesellschafterversammlung zur Wahl vorzuschlagen, wenn der Beirat von der Gesellschafterversammlung damit überhaupt beauftragt werde. Die Gesellschafterversammlung habe es deshalb in der Hand, welche vorbereitenden Maßnahmen dem Beirat zugewiesen werden.

Mit der Aufgabe des Beirats, die Geschäftsführung zu beraten, sei keine Überwachungsfunktion verbunden. Der Beirat könne zwar der Gesellschafterversammlung die Entlastung der Geschäftsführung vorschlagen. An das Votum des Beirats sei die Gesellschafterversammlung ausweislich des Gesellschaftsvertrags aber nicht gebunden. Der Beirat habe auch nicht das der Gesellschafterversammlung abgenommene Recht, des Budgets und die Investitionspläne zu genehmigen.

§ 10 Abs. 9 sehe nur ein Einsichts- und kein Prüfungsrecht vor. Damit könne der Beirat der Klägerin viel weniger als der Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft.

Selbst wenn die Geschäftsordnung mehr Rechte enthielte, schade dies nicht, da die Geschäftsordnung für die Geschäftsführung vom August 1991 durch den Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 7.5.1992 aufgehoben worden und seitdem nicht mehr Gegenstand oder Grundlage der Zusammenarbeit zwischen Gesellschafterversammlung/Beirat und Geschäftsführung sei. Es könne daher keine Rede davon sein, dass rechtlich oder rein faktisch die alte Geschäftsordnung des Beirats vom August 1991 fortwirkte.

Auch aus den vorgelegten Beiratsprotokollen ergebe sich nicht, dass der Beirat überwachend tätig war. Es seien stets auch die Gesellschafter und der Geschäftsführer anwesend gewesen. Wenn es z. B. unter TOP6d im Protokoll der 47. Beiratssitzung vom 22.3.2000 heiße, der Vertrag mit dem Geschäftsführer D sei geändert, bedeute dies allein, dass die anwesenden Gesellschafter dies beschlossen hätten. Eine besondere Form für eine Gesellschafterversammlung sei nicht erforderlich. Es wäre eine übermäßige Förmelei, wenn zunächst der Beirat eine unverbindliche Empfehlung wegen einer Änderung des Geschäfts und Vertrages abgebe, dann die Beiratssitzung beendet werde und sodann die Gesellschafterversammlung beginne und den Beschluss zum Geschäftsführervertrag fasse.

Im Ergebnis habe der Beirat seit der Änderung des Gesellschaftsvertrages keine Überwachungsfunktion im Sinne von § 10 Nr. 4 KStG mehr gehabt, sondern sei nur noch beratend tätig gewesen. Das Recht, von der Geschäftsführung Informationen zu erhalten und die Budgets und Investitionspläne zu prüfen, sei keine Überwachung.

Die Klägerin könne sich auf Vertrauensschutz bzw. auf Treu und Glauben berufen, weil die in den Streitjahren geltenden Vorschriften des § 10 seinerzeit mit der Finanzverwaltung abgestimmt worden seien. Es komme daher nicht darauf an, ob eine bestimmte Gestaltung in früheren Betriebsprüfungen beanstandet wurde. Vielmehr seien durch die Aussagen des Beklagten im Jahr 1992 und „dem Aufbau der für die Klägerin nachteiligen Ansicht in der Betriebsprüfung 1996" konkret Vertrauenstatbestände gesetzt worden. Der Beklagte habe 1996 der Änderung des Gesellschaftsvertrages Rechnung getragen und den vollen Abzug zugelassen. Der Klägerin sei vom Betriebsprüfer mitgeteilt worden, dass er sich mit dem Bp-Sachgebietsleiter und dem Veranlagungsteilbezirk abgestimmt habe. Die Ansicht des Beklagten, dass der Betriebsprüfer sich „schlicht mit dem Hinweis auf die Änderung der Satzung zufrieden gegeben habe", sei daher unhaltbar.

Die Klägerin beantragt,

1. die Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuermessbescheide für 2001, 2001, 2002 und 2003, jeweils vom 28.12.2005, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15.2.2007 dahingehend zu ändern, dass die gezahlten Beiratsvergütungen in voller Höhe,

für 2000 in Höhe von 85 000 DM,

für 2001 in Höhe von 106 500 DM,

für 2002 in Höhe von 34 768 Euro,

für 2003 in Höhe von 34 768 Euro,

als abziehbare Aufwendungen beim Einkommen berücksichtigt werden,

2. die Zuziehung des Steuerberaters, im Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Richtig sei, dass formal im Vergleich zur Regelung vor 1992 die Stellung des Beirats zu Gunsten der Gesellschafterversammlung abgeschwächt wurde. Dennoch handele es sich bei der Auswahl der Geschäftsführer, beim Vorschlag zur Entlastung der Geschäftsführer, bei der Prüfung des Budgets und der Investitionspläne und bei der Beurteilung des Jahresabschlusses um überwachende Tätigkeiten. Der Beirat könne der Gesellschafterversammlung eine Abberufung des Geschäftsführers nur vorschlagen, wenn er dessen Geschäftsführung überwacht und dabei Missstände aufgedeckt habe. Dies schließe auch die Prüfung des Budgets und der Investitionspläne ein. Die Bestimmungen des § 10 Abs. 8 Buchst. a), c), e) und f) und § 10 Abs. 9 des Gesellschaftsvertrags entsprächen zudem den §§ 90, 111AktG.

Auch der Katalog außergewöhnlicher Maßnahmen und Rechtsgeschäfte gemäß der Geschäftsordnung vom August 1991 gehe über eine beratende Funktion hinaus. Die Geschäftsführung habe nach den Feststellungen der Betriebsprüfung in den Streitjahren auf Basis der Geschäftsordnung aus dem Jahr 1991 gearbeitet.

Die sich aus den Sitzungsprotokollen ergebende praktische Handhabung zeige, dass der Beirat eine überwachende Funktion gehabt habe. Insbesondere zeige sich die Überwachung an den kontinuierlichen detaillierten Berichten zur Unternehmenssituation und zur Geschäftspolitik.

Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse sei die Stellung des Beirats im Unternehmensgefüge der Klägerin durchaus mit der eines Aufsichtsrates nach dem Aktiengesetz zu vergleichen.

Dem von der Klägerin beanspruchten Vertrauensschutz stehe entgegen, dass der Beklagte der Klägerin zu keinem Zeitpunkt eine bestimmte Sachverhaltsbehandlung verbindlich zugesagt habe oder sonst ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden sei. Aus den Veranlagungsakten (insbesondere den Betriebsprüfungsberichten) ergebe sich nicht, dass eine Besprechung unter Beteiligung des Veranlagungsteilbezirks stattgefunden habe, bei der der Klägerin bindende Zusagen gemacht worden seien. Der Prüfer habe sich wohl schlicht mit dem Hinweis auf die Änderung des Gesellschaftsvertrags zufriedengegeben und die Anwendung des § 10 Nr. 4 KStG fallen gelassen.

Dem Gericht lagen vor:

1 Band Körperschaftsteuer 1996-1998,

1 Band Körperschaftsteuer 2000-2003,

1 Band Feststellungsakten 1999-2003,

1 Band Gewerbesteuerakten 1999-2003,

1 Bilanz-Band 1999-2003,

1 Sonderband Rb-Verfahren 2000-2003 nach Bp,

1 Sonderband Betriebsprüfungsberichte betreffend Betriebsprüfung für die Jahre 1985-1989 und 1990-1994,

1 Sonderband Betriebsprüfungsberichte betreffende Betriebsprüfung für die Jahre 1995-1998 und 2000-2003,

3 Bände Fallhefte Betriebsprüfung betreffende Betriebsprüfung für die Jahre 1995-1998 sowie
5 Bände Fallhefte Betriebsprüfung betreffende Betriebsprüfung für die Jahre 2000-2003.

Diese Akten waren Gegenstand des Verfahrens, der mündlichen Verhandlung und der Beratung.

In der mündlichen Verhandlung wurden Herr B-A und Herr G-C als Zeugen vernommen. Zur Vernehmung und zu den Aussagen der Zeugen wird auf das Sitzungsprotokoll vom 13.9.2011 und auf die nachfolgenden Entscheidungsgründe verwiesen.

Entscheidungsgründe

62

Aus den Gründen

Die Klage ist unbegründet, weil der Beirat in den Streitjahren mit der Überwachung der Geschäftsführung beauftragt war und damit auch im Schwerpunkt tatsächlich befasst war und daher gemäß § 10 Nr. 4 KStG nur die Hälfte der Beiratsvergütungen als Betriebsausgaben abzugsfähig sind.

1. Nach 10 Nr. 4 KStG sind nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig die Hälfte der Vergütungen jeder Art, die an Mitglieder des Aufsichtsrats, Verwaltungsrats, Grubenvorstands oder andere mit der Überwachung der Geschäftsführung beauftragte Personen gewährt werden. Die Aufzählung der drei erstgenannten Gruppen (Aufsichtsrat, Verwaltungsrat, Grubenvorstand) ist wie sich aus der Erwähnung anderer „mit der Überwachung der Geschäftsführung beauftragter Personen" ergibt, nur beispielhaft. Auf die tatsächliche Bezeichnung dieser Personen kommt es nicht an. Wesentlich ist die von ihnen ausgeübte Tätigkeit (BFH-Urteil vom 11.3.1981 - I R 8/77, BStBl. 1981, 623, BFHE 133, 193 zur Vorgängervorschrift § 12 Nr. 3 KStG a. F., die unter gleichen Voraussetzungen den Abzug als Betriebsausgaben vollständig versagte).

a) Der Begriff der Überwachung der Geschäftsführung wird von der Rechtsprechung weit ausgelegt (vgl. BFH-Urteil vom 15. 11. 1978 - I R 65/76, BStBl. II 1979,193, BFHE 126, 124 ebenfalls zu § 12 Nr. 3 KStG a. F.). Auch wenn ein Gremium gewisse Geschäftsführungsaufgaben hat, verliert es dadurch nicht seine Eigenschaft als Überwachungsorgan. Der Überwachungsfunktion eines Beirats ergibt sich aus den von ihm wahrzunehmenden Aufgaben. Ob der Schwerpunkt der Aufgaben in der Überwachung der Geschäftsführung liegt, ist eine von den Finanzgerichten aufgrund der Würdigung der tatsächlichen Umstände des Einzelfalls zu erforschende Tatfrage (BFH-Beschluss vom 16.12.1999 - I B 117/97, BFH/NV 2000,895).

Nach der BFH-Rechtsprechung, welcher sich das Gericht insgesamt anschließt, beinhaltet die erforderliche Zustimmung zu allen Geschäftsvorgängen die Prüfung solcher Geschäftsvorgänge, weil mit der Zustimmung und der vorausgehenden Prüfung des zustimmungsbedürftigen Geschäfts ein Beirat die ihm insoweit übertragene Überwachung der Geschäftsführung wahrnimmt (BFH-Urteil vom 11.3.1981, a. a. O.; ebenso vorgehend FG Baden-Württemberg, Urteil vom 28.10.1976 - III (II) 73/73), EFG 1977, 133).

Überwachungsorgane sind zudem auch solche Einrichtungen, die wie die häufig vorkommenden Verwaltungsräte und Beiräte, eine Stellung zwischen Geschäftsführung und Aufsichtsrat einnehmen, aber im Wesentlichen oder überwiegend eine Überwachungstätigkeit ausüben (vgl. BFH-Urteil vom 11.3.1981, a.a.O. mit Nachweisen). Die Aufgaben eines Beirats einer GmbH können selbst dann in der Prüfung und damit der Überwachung der Geschäftsführung bestehen, wenn daneben auch ein (fakultativ eingerichteter) Aufsichtsrat die Geschäftsführung überwacht (BFH-Urt. vom 11.3.1981, a.a.O.).

b) Im Anschluss an die BFH-Rechtsprechung ist das Gericht zudem der Ansicht, dass eine Überwachung bereits darin vorliegt, wenn der Beirat in Bezug auf die von der Geschäftsführung zu treffenden Maßnahmen (wie Entlastung, Abberufung, Verlängerung von Dienstverträgen und Feststellung des Jahresabschlusses) ein Votum gegenüber der Gesellschafterversammlung abgibt. Denn um dieses Votum abgeben zu können, bedarf zu zunächst der Überwachung der Geschäftsführung durch den Beirat. Dass die Überwachungsorgane auf Grund ihrer Erkenntnisse nur Entscheidungsvorschläge und keine eigenen Entscheidungen treffen, schließt die Anwendung des § 10 Nr. 4 KStG nicht aus, weil die bloße Überwachung den Voraussetzungen des § 10 Nr. 4 KStG bereits nach dessen Wortlaut genügt und die Geschäftsführung daher in ihre Handlungen grundsätzlich die zusätzliche Prüfung des Beirats - insbesondere wenn dies auf einer besonderen Kompetenz der Beiratsmitglieder beruht - einbezieht.

Im Einzelfall ist allerdings festzustellen, ob diese gesellschaftsvertragliche Aufgabe des Beirats auch der tatsächlichen Handhabung entspricht, weil keine überwachende Tätigkeit vorliegt, wenn der Beirat im Schwerpunkt die Geschäftsführung berät.

2. Auf dieser Grundlage war die Klage abzuweisen. Das Gericht ist davon überzeugt, dass die Beiratsmitglieder in den Streitjahren schwerpunktmäßig die Aufgabe hatten, die Geschäftsführung zu überwachen, und die Erfüllung dieser Überwachungsfunktion den tatsächlichen Schwerpunkt ihrer Tätigkeit bildete. Der Beklagte hat daher zu Recht § 10 Nr. 4 KStG auf die Beiratsvergütungen angewendet.

a) Nach dem Gesellschaftsvertrag bestanden nach Überzeugung des Gerichts die wesentlichen Aufgaben des Beirats in den Streitjahren in der Überwachung der Geschäftsführung.

Zwar bestimmte § 10 Abs. 8 Buchst. b) und d), dass der Beirat die Geschäftsführung beraten und bei Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Geschäftsführung vermitteln sollte. § 10 Abs. 8 des in den Streitjahren geltenden Gesellschaftsvertrages sieht daneben aber auch vor, dass der Beirat Entscheidungsvorschläge zu folgenden Entscheidungen der Gesellschafterversammlung abgibt:

Buchst. c) Entlastung der Gesellschaftsführung,

Buchst. e) Budget und Investitionspläne,

Buchst. f) Einwilligung in zustimmungspflichtige Geschäfte,

Buchst. h) Genehmigung des Jahresabschlusses.

Diese gesellschaftsvertraglich vorgesehenen Entscheidungsvorschläge enthalten letztlich Voten betreffend die Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung und die Ordnungsmäßigkeit der abgeschlossenen, laufenden und beabsichtigten Maßnahmen der Geschäftsführung.

Soweit die Klägerin meint, dass nach dem geänderten Gesellschaftsvertrag die Aufgabe des Beirats nur noch in der Beratung der Geschäftsführung bestand, trifft dies nicht zu. Nach dem Gesellschaftsvertrag war es vielmehr - wie oben ausgeführt- im Wesentlichen Aufgabe des Beirats, solche Aufgaben wahrzunehmen, die ohne Bestehen des Beirats von den Gesellschaftern bzw. der Gesellschafterversammlung als Teil ihrer Überwachung wahrgenommen worden wären. Der Beirat hatte zwar insoweit keine verbindliche - von der Zustimmung der Gesellschafter unabhängige - Entscheidungsmacht. Es war aber letztlich Aufgabe des Beirats, die Gesellschafter bei deren Kontrolle der Geschäftsführung maßgeblich zu unterstützen. Diese Aufgabe sieht das Gericht als Teil der Überwachung der Geschäftsführung an, weil die Beiratsmitglieder sich nach dem Gesellschaftsvertrag für ihre Voten gegenüber der Gesellschafterversammlung eine eigene Meinung zur Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung zu bilden hatten. Insoweit teilten sich die Beiratsmitglieder und die Gesellschafter die Überwachung der Geschäftsführung (insbesondere die Prüfung der Geschäftsführungsmaßnahmen) mit der Maßgabe, dass nach dem ab 1992 geltenden Gesellschaftsvertrag die verbindliche, der Prüfung nachgelagerte Entscheidungsbefugnis bei den Gesellschaftern lag.

Der gegenteiligen Ansicht der Klägerin ist zwar zuzugeben, dass § 10 Abs. 8 des Gesellschaftsvertrags die Überwachung nicht vollständig von der Gesellschafterversammlung auf den Beirat übertragen hat. In dem Sachverhalt, der dem BFH-Urteil vom 11.3.1981 (a. a. O.) zugrunde lag, hat der BFH die Überwachung jedoch in der der Zustimmung vorangehenden Prüfung der von der Geschäftsführung vorgeschlagenen Maßnahme gesehen und die Anwendung des § 10 Nr. 4 KStG auch dann zugelassen, wenn daneben ein Aufsichtsrats als weiteres Überwachungsorgan bestand. Für die Anwendung des § 10 Nr. 4 KStG genügt es daher gerade, wenn der Beirat zusätzlich zu einem anderen Organ (hier der Gesellschafterversammlung) mit der Überwachung beauftragt ist und diese Aufgabe schwerpunktmäßig wahrnimmt.

Dass das tatsächliche Fortwirken der Geschäftsordnung vom August 1991 und insbesondere die Zustimmungspflicht des Beirats zu wichtigen Maßnahmen bestritten ist, ist für den Rechtsstreit nicht entscheidungserheblich, weil die im geänderten § 10 des Gesellschaftsvertrag angelegte Überwachungsfunktion den Tatbestandsvoraussetzungen des § 10 Nr. 4 KStG genügt, sofern die Überwachung auch tatsächlich schwerpunktmäßig ausgeübt wird.

b) Diese gesellschaftsrechtlichen bzw. gesellschaftsvertraglichen Überwachungsaufgaben übte der Beirat - wie sich nach Überzeugung des Gerichts aus den Zeugenaussagen und den Beiratsprotokollen ergibt - auch tatsächlich schwerpunktmäßig aus.

Wie die Zeugen B-A und G-C übereinstimmend und glaubhaft ausgesagt haben, bestand die tatsächliche Aufgabe des Beirats in der „Beratung der Gesellschafter", welche das Gericht in einer Gesamtschau als Erfüllung der gesellschaftsvertraglichen Überwachungspflichten ansieht. Ferner belegen die Sitzungsprotokolle, dass in den Beiratssitzungen die Geschäftsführer den Beirat und die bei allen Beiratssitzungen anwesenden Gesellschafter informierten und die Zustimmung der Gesellschafter einholten. Insoweit legte die Geschäftsführung nach Überzeugung des Gerichts gegenüber dem Beirat und den Gesellschaftern Rechenschaft für die laufende Geschäftsführung ab und erfüllte damit zugleich ihre Pflicht aus § 10 Abs. 9 des Gesellschaftsvertrags, den Beirat zureichend über die Geschäfte der Klägerin zu informieren.

Aus den Protokollen und der Aussagen der Zeugen B-A und G-C ergibt sich, dass die Beiratsmitglieder und die Gesellschafter vor den Beiratssitzungen die Tagesordnung und umfangreiche Unterlagen erhielten und die Beiratsmitglieder an der Vorbereitung dieser Unterlagen weder beratend noch anderweitig mitwirkten. Insoweit war es in der tatsächlichen Handhabung Aufgabe der Beiratsmitglieder, zu einer Einschätzung der vorgelegten Unterlagen und von der Geschäftsführung erteilten Informationen zu gelangen und eine darauf beruhende Stellungnahme gegenüber den Gesellschaftern abzugeben. Der Zeuge B-A bestätigt diese Reihenfolge (zunächst abschließende Meinungsbildung durch die Geschäftsführung ohne Beteiligung des Beirats, sodann Meinungsbildung durch Beirat und Gesellschafter in der Beiratssitzung) inhaltlich dadurch, dass er glaubhaft aussagte, dass sich die Einschätzung der einzelnen Beiratmitglieder aus den während der Beiratssitzungen geführten Gesprächen ergaben.

Eine weitgehend beratende Tätigkeit hinsichtlich der laufenden Geschäftsführung gegenüber den Geschäftsführern kann in der Tätigkeit des Beirats, wie sie sich aus den Protokollen und den Zeugenaussagen ergibt, nicht gesehen werden. Anders als der Zeuge G-C, der nur Gesellschafter und nicht Beiratsmitglied war und nach übereinstimmenden Zeugenaussagen regelmäßig an Geschäftsleistungssitzungen teilnahm, bestand ausweislich der glaubhaften Zeugenaussagen außerhalb der Beiratssitzungen nur ein sehr geringer Kontakt zwischen den Beiratsmitgliedern und der Geschäftsführung, welcher Grundlage einer echten Beratungstätigkeit im Verhältnis des Beirats zur Geschäftsführung hätte sein können. Die in § 10 Abs. 8 Buchst. b) und d) des Gesellschaftsvertrags vorgesehene Aufgaben (Beratung der Gesellschaftsführung und Vermittlung bei Meinungsverschiedenheit innerhalb der Geschäftsführung) waren daher nicht der Schwerpunkt der Tätigkeit des Beirats, sondern allenfalls mittelbares Ergebnis der für die Überwachungstätigkeit notwendigen Gespräche und Diskussionen innerhalb der Beiratssitzungen.

Dass die Zeugen die Beiratsmitglieder als Berater der Gesellschafter ansehen, steht der Anwendung des § 10 Nr. 4 KStG ebenfalls nicht entgegen. Denn § 10 Nr. 4 KStG erfordert in erster Linie eine Abgrenzung zwischen der originären Geschäftsführungstätigkeit, ihres personellen Unterbaus und den dadurch entstehenden Betriebsausgaben einerseits und den Betriebsausgaben, die durch die Überwachung der Geschäftsführung entstehen, andererseits. Hierbei ist zu beachten, dass das Körperschaftsteuergesetz grundsätzlich davon ausgeht, dass die Gesellschafter ihre Kosten (z. B. für die Überwachung der Gesellschaftsführung) als so genannten Beteiligungsaufwand selbst tragen. Soweit die Überwachung ganz oder zum Teil auf ein besonderes Organ der Gesellschaft - in einer Aktiengesellschaft auf den obligatorischen Aufsichtsrat und vorliegend auf den Beirat der Klägerin delegiert ist - lässt es § 10 Nr. 4 KStG indes letztlich zu, die Vergütungen der Mitglieder dieses Organs zur Hälfte abzuziehen. Damit wird im Ergebnis typisiert, dass die mit der Überwachung beauftragten Aufsichtsrat- oder Beiratsmitglieder und ihre Vergütungen letztlich sowohl auf dem Gesellschafterinteresse (gesetzliche oder freiwillige vollständige oder teilweise Delegation der Überwachung durch die Gesellschafter an das Organ) als auch auf einem Gesellschaftsinteresse (z. B. Schutz der Gesellschaft und ihrer wirtschaftlichen Grundlagen vor schädlichem Handeln der Geschäftsführung) beruhen. § 10 Nr. 4 KStG befreit zwar grundsätzlich nicht von der Prüfung, ob Betriebsausgaben betrieblich veranlasst sind (und damit nicht durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sind, vgl. § 8 Abs. 3 S. 2 KStG, z. B. relevant bei unangemessen hohen Vergütungen an Beiratsmitglieder, die Gesellschafter oder diesen nahestehende Personen sind). Indessen geht § 10 Nr. 4 KStG nach der Systematik des Körperschaftsteuergesetzes und auf Grund der Trennung von Gesellschaft und Gesellschafter offensichtlich davon aus, dass die Vergütungen für Überwachungsorgane das Einkommen zwar steuerwirksam mindern, dass aber wegen der Überwachungsfunktion und der dadurch begründeten Nähe zur steuerlichen Sphäre der Gesellschafter eine Einschränkung des Betriebsausgabenabzugs auf Ebene der Gesellschaft sachgerecht ist.

Dass die Vergütungen bei den Mitgliedern der Überwachungsorgane steuerpflichtig sind, spricht dabei nicht gegen die Beschränkung des Betriebsausgabenabzugs. Denn durch die Beiratsvergütungen wird zugleich der ausschüttungsfähige Gewinn gemindert, so dass die Beiratsvergütungen wie anderer Beteiligungsaufwand auch (nur) beim Gesellschafter voll abzugsfähig sind. Noch deutlicher wurde diese Systematik an § 12 Nr. 3 KStG a. F., welcher früher bei der überwachten Kapitalgesellschaft den Abzug von Vergütungen für Überwachungsorgane in voller Höhe versagte. Zwar wurde dies vom Gesetzgeber wohl als Anreiz gegen überhöhte Aufsichtsratvergütungen angesehen, weshalb das Nettoprinzip durchbrochen werden durfte (vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 7.11.1972 - 1 BvR 338/68, BVerfGE 34, 103). Tatsächlich fügte sich die Vorschrift des § 12 Nr. 3 KStG a. F. (und entsprechend auch § 10 Nr. 4 KStG n. F.) nach Ansicht des Senats in das System der grundsätzlich getrennten Besteuerung von Körperschaften und ihrer Gesellschafter ein, wenn man die Nähe der Überwachungsorgane zu den Gesellschaftern bedenkt und daher die Überwachung der Geschäftsführung und die damit verbundenen Kosten der Sphäre der Gesellschafter (und nicht der Gesellschaft) zuordnet. Denn nach § 12 Nr. 3 KStG a. F. wurden die Gesellschaft, die Gesellschafter und die Mitglieder der Überwachungsorgane letztlich so besteuert, als ob der Gesellschafter das Mitglied des Überwachungsorgans aus den Dividenden der Gesellschaft bezahlte (keine Minderung bei GmbH, Einkommensminderung bei Gesellschafter und steuerpflichtige Betriebseinnahme gemäß § 18 EStG beim Empfänger). Dass § 10 Nr. 4 KStG nunmehr nur noch eine hälftiges Abzugsverbot vorsieht, ändert daran grundsätzlich nichts, sondern berücksichtigt letztlich sogar, dass die Überwachung sowohl Interessen der Gesellschafter (insoweit kein Abzug bei Gesellschaft) als auch den Interessen der Gesellschaft (insoweit Abzug bei Gesellschaft) dient.

Entscheidend ist letztlich, dass die Qualifikation der Aufgaben als „Beratung der Gesellschafter" - anders als die Beratung der Geschäftsführung - keinen vollen Abzug der Betriebsausgaben bewirken kann.

Für die Erfüllung der Überwachungsaufgaben und gegen eine schwerpunktmäßige Beratung der Geschäftsführung spricht auch, dass ausweislich der glaubhaften Zeugenaussagen die (verbesserte) Überwachung der Geschäftsführung wesentlicher Anlass für die Gründung des Beirats war und § 10 des Gesellschaftsvertrag deshalb fordert, dass drei der Beiratsmitglieder nach dem Beruf oder ihrer Stellung in der Wirtschaft und im öffentlichen Leben für das Verwaltungsamt besonders geeignet sein müssen. Aufgrund der Zeugenaussagen steht zudem fest, dass die Beiratsmitglieder auch tatsächlich zusätzliche fachliche Kompetenzen hatten, welche den (übrigen) Gesellschaftern fehlte. So hatte der Zeuge B-A, wie er selbst bekundete, als Rechtsanwalt und Hauptgeschäftsführer von Arbeitgeber- bzw. Unternehmenverbänden besondere gesellschafts- und arbeitsrechtliche Fachkenntnisse. Herr G-B (Gesellschafter und zugleich Beiratmitglied) war Arzt und kannte sich daher mit pharmazeutischen Produkten, welche die Klägerin herstellte und vertrieb, ebenso wie das als Apotheker tätige Beiratsmitglied B-B. Das weitere Beiratsmitglied B-C war Unternehmer im Bereich pharmazeutischer Produkte. Dass der Beirat der Unterstützung der Gesellschafter diente, wurde insoweit auch durch die glaubhafte Aussage des Zeugen G-C bestätigt, wonach der Beirat gebildet wurde, weil sich der Gründer aus dem Unternehmen zurückziehen wollte und die jungen Gesellschafter vorher nicht im Unternehmen tätig waren. Durch die unterschiedlichen beruflichen Hintergründe und Kompetenzen der Beiratsmitglieder sollten die „einzelnen Sparten" im Unternehmen abgedeckt werden.

Insgesamt ergibt sich auch aus einer Gesamtbetrachtung anhand des Gesellschaftsvertrags, der Sitzungsprotokolle und der Zeugenaussagen, dass ein erheblicher Abstand der Beiratsmitglieder zur Geschäftsführung gegeben war, im Rahmen der gemeinsamen Sitzungen dagegen eine starke Nähe zur Kontrollsphäre der Gesellschafter bzw. der Gesellschafterversammlung bestand.

c) Aufgrund der rechtlichen Aufgabenzuweisung des Beirats und dem tatsächlichen Schwerpunkt der Tätigkeit der Beiratsmitglieder in der Überwachung der Geschäftsführung, hat der Beklagte die Vergütungen der Beiratsmitglieder in den Streitjahren zu Recht nur zur Hälfte als abzugsfähige Betriebsausgaben berücksichtigt.

3. Der gebotenen Anwendung des § 10 Nr. 4 KStG stehen auch Gründe des Vertrauensschutzes nicht entgegen.

Eine verbindliche Zusage hinsichtlich der steuerrechtlichen Behandlung der Beiratsvergütungen liegt nicht vor. Auch darüber hinaus sind weder Gründe vorgetragen worden noch ersichtlich, die eine abweichende Beurteilung des konkreten Falles nach Treu und Glauben gebieten.

Nur in ganz besonderen Ausnahmefällen ist das Vertrauen des Steuerpflichtigen in ein bestimmtes Verhalten der Verwaltung in so hohem Maß schutzwürdig ist, dass demgegenüber die Grundsätze der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung zurücktreten müssen (vgl. BFH-urteil vom 30.3.2011 - XI R 30,09, BFH E 233, 18, BStBl. II 2011, 613, BB-Entscheidungsreport Geuenich, BB 2011, 1448).

b) Nach diesen rechtlichen Grundsätzen kommt im Streitfall nicht in Betracht, aus Gründen des Vertrauensschutzes von der Anwendung des § 10 Nr. 4 KStG abzusehen und die Beiratsvergütungen in voller Höhe als Betriebsausgaben abzuziehen. Die Klägerin hat keine konkreten Umstände vorgetragen, aus denen Anhaltspunkte für ein schutzwürdiges Vertrauen ersichtlich sind und denen das Gericht weiter nachgehen müsste und könnte.

Für die Geschehnisse im Jahr 1991 und 1992, die zur Änderung des Gesellschaftsvertrags führten, liegen dabei schon deshalb keine substantiierten Darlegungen vor, weil noch nicht einmal vorgetragen ist, wer wann wem welche Änderung des Gesellschaftsvertrags konkret vorgeschlagen hat. Die pauschale Behauptung „auf Vorschlag der Finanzverwaltung" braucht vom Gericht mangels konkreter nachprüfbarer Geschehensabläufe nicht untersucht werden.

Für das Jahr 1996 hat die Klägerin zwar behauptet, dass der Betriebsprüfer sich nach seiner Aussage mit dem Veranlagungsteilbezirk abstimmte, als er von der Anwendung des § 10 Nr. 4 KStG absah. Die behauptete Aussage des Betriebsprüfers beinhaltet nach dem Vortrag der Klägerin keine in die Zukunft gerichtete verbindliche Zusage des Beklagten, sondern allein - die Wahrheit des Vortrags unterstellt -, dass im damaligen Prüfungszeitraum (1990-1994) von einer Hinzurechnung in Übereinstimmung mit dem Veranlagungsbezirk nach § 10 Nr. 4 KStG abgesehen werde. Hierauf mag die Klägerin zwar faktisch vertraut haben, ein rechtlich schutzwürdiges Vertrauen betreffend zukünftige Veranlagungszeiträume bestand wegen des Grundsatzes der Abschnittsbesteuerung aber nicht.

Somit verbleibt es dabei, dass die Klägerin zwar auf Grund der Nichtanwendung des § 10 Nr. 4 KStG in den Jahren 1991 bis 1999 zur Einschätzung gelangt sein mag, dass die Beiratsvergütungen in voller Höhe abzugsfähig seien. Indes war der Beklagte nach den Grundsätzen der Abschnittsbesteuerung berechtigt und verpflichtet, für die Streitjahre die Anwendung des § 10 Nr. 4 KStG ohne Bindung an die Beurteilung in den Vorjahren zu prüfen.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

5. Gründe für die Zulassung der Revision lagen nicht vor.

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