EuGH: Umsatzsteuer bei Transaktionen zwischen verbundenen Unternehmen (Schlussanträge)
Die Generalanwältin beim EuGH Sharpston hat am 26.1.2012 im Verfahren C-621/10 und C-129/ 11, Balkan and Sea Properties, auf Vorabentscheidungsersuchen der Administrativen sad Varna (Bulgarien) folgende Schlussanträge gestellt: Art. 80 Abs. 1 Buchst. a, b und c der RL 2006/112/ EG des Rates vom28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem enthält eine abschließende Aufzählung der Fälle, in denen der Mitgliedstaat Mehrwertsteuer auf einen Umsatz auf der Grundlage des Normalwerts anstatt desWerts der tatsächlich entrichteten Gegenleistung erheben kann. Die genannte Vorschrift gibt dem Mitgliedstaat nicht die Möglichkeit zu diesem Vorgehen, wenn der Lieferer oder Dienstleistungserbringer bzw. der Erwerber oder Dienstleistungsempf nger zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt ist. Eine nationale Bestimmung, wonach Mehrwertsteuer auf der Grundlage des Normalwerts in allen Fällen erhobenwerden muss, in denen zwischen den Beteiligten Bindungen bestehen, ist mit Art. 80 Abs. 1 der RL 2006/112 unvereinbar, zumindest soweit die Bestimmung Fälle erfasst, in denen die betreffende am Umsatz beteiligte Person zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt ist. Es ist Sache des nationalen Gerichts, eine solche innerstaatliche Vorschrift unter voller Ausschöpfung des Beurteilungsspielraums, den ihm das nationale Recht einräumt, in Übereinstimmung mit Art. 80 Abs. 1 der RL 2006/112 auszulegen und anzuwenden. Ist eine solche Auslegung nicht möglich, muss das Gericht die Vorschrift unangewendet lassen, soweit sie mit Art. 80 Abs. 1 unvereinbar ist. Art. 73 der RL 2006/ 112 entfaltet unmittelbare Wirkung; er kann von den Steuerpflichtigen geltend gemacht und von den nationalen Gerichten unmittelbar angewendet werden, um sicherzustellen, dass außer in den Fällen, für die in der Richtlinie eine Ausnahmemöglichkeit vorgesehen ist, die Steuerbemessungsgrundlage der Wert der tatsächlich erhaltenen Gegenleistung ist. Ein Mitgliedstaat, der von der in Art. 80 Abs. 1 der RL 2006/112 vorgesehenen Möglichkeit nicht wirksam Gebrauch gemacht hat, kann diese Vorschrift einem Steuerpflichtigen nicht entgegenhalten, um einen Umsatz zum Normalwert zu besteuern.
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