EuGH: Frankreich und Luxemburg dürfen auf die Lieferung elektronischer Bücher, anders als bei Büchern aus Papier, keinen ermäßigten Mehrwertsteuersatz anwenden
Der EuGH hat mit Urteil vom 5.3.2015 in den Rs. C-479/13 und C-502/13 entschieden, dass auf Lieferung elektronischer Bücher kein ermäßigter MwSt-Satz anwendbar ist.
Die Kommission hatte Frankreich und Luxemburg diesbezüglich verklagt.
Der Gerichtshof weist zunächst darauf hin, dass ein ermäßigter Mehrwertsteuersatz nur auf die in Anhang III der Mehrwertsteuerrichtlinie genannten Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen angewandt werden darf. Dieser Anhang nennt u. a. die „Lieferung von Büchern auf jeglichen physischen Trägern". Der Gerichtshof schließt daraus, dass der ermäßigte Mehrwertsteuersatz auf einen Umsatz anwendbar ist, der in der Lieferung eines Buches besteht, das sich auf einem physischen Träger befindet. Zwar benötigt ein elektronisches Buch, um gelesen zu werden, einen solchen physischen Träger (wie einen Computer), jedoch wird ein solcher Träger nicht zusammen mit dem elektronischen Buch geliefert, so dass die Lieferung solcher Bücher nicht in den Anwendungsbereich des genannten Anhangs III fällt.
Ferner stellt der Gerichtshof fest, dass die Mehrwertsteuerrichtlinie die Möglichkeit ausschließt, einen ermäßigten Mehrwertsteuersatz auf „elektronisch erbrachte Dienstleistungen" anzuwenden. Nach Ansicht des Gerichtshofs stellt die Lieferung elektronischer Bücher eine solche Dienstleistung dar. Der Gerichtshof verwirft das Argument, wonach die Lieferung elektronischer Bücher eine Lieferung von Gegenständen (und nicht eine Dienstleistung) darstelle. Denn allein der physische Träger, der das Lesen elektronischer Bücher erlaubt, kann als ein „körperlicher Gegenstand" angesehen werden, aber die Lieferung elektronischer Bücher schließt einen solchen Träger nicht ein.
Die Kommission beanstandete außerdem, dass Luxemburg einen stark ermäßigten Mehrwertsteuersatz von 3 % anwandte, obwohl die Mehrwertsteuerrichtlinie Mehrwertsteuersätze von unter 5 % grundsätzlich verbiete. Insoweit erinnert der Gerichtshof daran, dass ein Mitgliedstaat gemäß der Mehrwertsteuerrichtlinie auch ermäßigte Mehrwertsteuersätze von unter 5 % anwenden kann, sofern die ermäßigten Mehrwertsteuersätze insbesondere mit den Rechtsvorschriften der Union im Einklang stehen. Da der Gerichtshof aber zuvor bereits festgestellt hat, dass die Anwendung eines ermäßigten Mehrwertsteuersatzes auf die Lieferung elektronischer Bücher nicht mit der Mehrwertsteuerrichtlinie im Einklang steht, ist diese Voraussetzung der Vereinbarkeit mit den Rechtsvorschriften der Union nicht erfüllt, so dass Luxemburg auf die Lieferung elektronischer Bücher nicht den stark ermäßigten Mehrwertsteuersatz von 3 % anwenden darf.
Die PM zum Urteil finden Sie hier.