BAG: Befristung einer Arbeitszeiterhöhung – Vertragsinhaltskontrolle – WissZeitVG
BAG, Urteil vom 28.5.2024 – 9 AZR 352/22
ECLI:DE:BAG:2024:280524.U.9AZR352.22.0
Volltext der Entscheidung: BB-ONLINE BBL2024-2684-1
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Amtlicher Leitsatz
Die Befristung einer Arbeitszeiterhöhung bei wissenschaftlichem Personal unterliegt einer Vertragsinhaltskontrolle gemäß § 307 Abs 1 BGB. Die Bestimmungen des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes sind weder direkt noch entsprechend anwendbar, fließen jedoch als Wertungsmaßstab in die Vertragsinhaltskontrolle ein.
BGB § 307 Abs. 1, 3; TzBfG § 14 Abs. 1, 2; WissZeitVG §§ 1 Abs. 1, 2 Abs. 1, 4
Sachverhalt
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer befristeten Erhöhung der Arbeitszeit der Klägerin.
Die Klägerin ist Mutter dreier Kinder, die am 29. Dezember 1988, 22. November 1993 bzw. 5. Mai 1995 geboren sind und in ihrem Haushalt leben. Sie war seit dem 19. April 2000 an der H-Universität zu B (im Folgenden: HU) als wissenschaftliche Mitarbeiterin in Teilzeit beschäftigt. Am selben Tag nahm sie ihr Promotionsvorhaben auf. Ihre Beschäftigung bei der HU endete am 31. August 2008.
Ab dem 1. Oktober 2008 war die Klägerin beim Beklagten angestellt und auf der Grundlage eines nach § 14 Abs. 2 TzBfG bis zum 30. September 2010 befristeten Arbeitsvertrags an der L-Universität (im Folgenden: LMU) in Vollzeit beschäftigt. Am 7. September 2010 wurde ihr der akademische Grad Dr. phil. verliehen. Mit vier weiteren Arbeitsverträgen wurde die Befristung des Vollzeitarbeitsverhältnisses der Klägerin unter Bezugnahme auf das Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG) insgesamt bis zum 30. September 2013 verlängert.
Mit Arbeitsvertrag vom 27. Juni 2013 vereinbarten die Parteien ein unbefristetes Arbeitsverhältnis über eine Beschäftigung der Klägerin an der LMU ab dem 1. Oktober 2013 mit einer Arbeitszeit iHv. 50 vH einer Vollzeitbeschäftigung und eine zunächst bis zum 31. März 2014 befristete Aufstockung der Arbeitszeit auf Vollzeit. Als „Art der Tätigkeit“ wies der Arbeitsvertrag wissenschaftliche Dienstleistungen iSv. Art. 21, 22, 23 und 24 Abs. 3 des Bayerischen Hochschulpersonalgesetzes (BayHSchPG) aus. Der Vertrag enthält zur Arbeitszeit folgende Regelung:
„§ 4 Arbeitszeit und Eingruppierung
(1) Der/Die Beschäftigte ist
☒ vollbeschäftigt
bis 31.03.2014
☒ teilzeitbeschäftigt mit der Hälfte der Arbeitszeit der Vollbeschäftigten
ab 01.04.2014
☐ teilzeitbeschäftigt mit Stunden wöchentlich“
5 Die Parteien verlängerten die Befristung der Arbeitszeitaufstockung auf eine Vollzeitbeschäftigung durch sechs Änderungsverträge. Im letzten Änderungsvertrag vom 11. April 2018 heißt es auszugsweise:
„Der zwischen dem Freistaat Bayern, vertreten durch die L-Universität, und
Frau Dr. G geb.: 1971 – im folgenden Beschäftigte/r genannt –
geschlossene Arbeitsvertrag vom 27. Juni 2013, zuletzt geändert am 20. März 2017
wird mit Wirkung zum 1. Oktober 2018 wie folgt geändert:
☒ Arbeitszeit
Der/Die Beschäftigte ist
☒ vollbeschäftigt
bis 25. September 2020
☐ teilzeitbeschäftigt mit % der Arbeitszeit der Vollbeschäftigten
☐ teilzeitbeschäftigt mit Stunden wöchentlich“
In einem Anschreiben vom 11. April 2018 wies die LMU die Klägerin ergänzend zum Vertrag ua. auf Folgendes hin:
„Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt im Fall der Vollbeschäftigung 40,1 Stunden.
☒ Sie sind vollzeitbeschäftigt vom 01.10.2018 bis 25.09.2020.
☒ Sie sind teilzeitbeschäftigt
☒ mit 50 % der Arbeitszeit der Vollzeitbeschäftigung ab 26.09.2020“
Insgesamt wurde die Klägerin bei der HU und der LMU bis zu ihrer Promotion an 3.793 Tagen beschäftigt, davon an 895 Tagen mit weniger als einem Viertel der regelmäßigen Arbeitszeit. Nach ihrer Promotion wurde sie bei der LMU bis zum 25. September 2020 an 3.672 Tagen beschäftigt.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Befristung der Arbeitszeiterhöhung benachteilige sie unangemessen iSd. § 307 Abs. 1 BGB und sei deshalb unwirksam. Im Rahmen der AGB-Kontrolle seien die Wertungen des WissZeitVG zu berücksichtigen. Danach müsse eine befristete Beschäftigung zur Förderung der eigenen wissenschaftlichen Qualifikation erfolgen. Dies treffe auf den mit 50 vH befristeten Anteil ihrer Stelle nicht zu. Dieser sei einem Titel zur Finanzierung aus Studienzuschüssen zugeordnet und damit anderweitig zweckgebunden. Im Übrigen sei die Höchstdauer der Befristung in der sog. Postdoc-Phase weit überschritten. Der maßgebliche Änderungsvertrag vom 11. April 2018 verletze zudem das formelle Zitiergebot des § 2 Abs. 4 WissZeitVG. Schließlich halte die Befristung auch einer Missbrauchskontrolle nicht stand.
Die Klägerin hat – soweit für die Revision von Bedeutung – beantragt
festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis als unbefristetes Arbeitsverhältnis in Vollzeit über den 25. September 2020 hinaus fortbesteht.
Der Beklagte hat die Abweisung der Klage mit der Begründung beantragt, die Befristung der Arbeitszeiterhöhung sei auch unter Einbeziehung der Wertungen des WissZeitVG gerechtfertigt. Die danach zulässige Befristungsdauer sei vorliegend nicht überschritten worden, weil sich die Postdoc-Phase der Klägerin um die in der Promotionsphase eingesparte Zeit und wegen der Betreuung ihrer Kinder verlängert habe. Die Arbeitszeiterhöhung habe es der Klägerin ermöglicht, an ihrer Habilitationsschrift zu arbeiten und darüber zu publizieren. Die Rechtsprechung zur Missbrauchskontrolle greife bei Befristungen nach § 2 Abs. 1 WissZeitVG nicht.
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihr Feststellungsbegehren weiter.
Aus den Gründen
12 Die Revision ist begründet. Mit der gegebenen Begründung durfte das Landesarbeitsgericht die Berufung der Klägerin nicht zurückweisen. Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen ist der Senat nicht in der Lage, selbst eine abschließende Entscheidung zu treffen. Das angefochtene Urteil ist deshalb aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
13 I. Das Landesarbeitsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Klageantrag zulässig ist. Die Unwirksamkeit der Befristung einzelner Arbeitsvertragsbedingungen ist mit einer Klage nach § 256 Abs. 1 ZPO geltend zu machen (BAG 25. April 2018 – 7 AZR 520/16 – Rn. 15). Das dafür erforderliche Feststellungsinteresse liegt vor.
14 II. Das Landesarbeitsgericht durfte die Berufung der Klägerin nicht mit der gegebenen Begründung zurückweisen. Seiner Annahme, die Befristung der Arbeitszeiterhöhung habe der wissenschaftlichen Qualifizierung der Klägerin gedient, liegen keine hinreichenden Feststellungen zugrunde.
15 1. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Parteien hätten im Änderungsvertrag vom 11. April 2018 eine Arbeitszeitaufstockung vereinbart, die einer Vertragskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB zu unterziehen sei. Im Rahmen der Interessenabwägung hat es die Wertungsmaßstäbe des WissZeitVG herangezogen, weil es sich um eine befristete Arbeitszeiterhöhung in erheblichem Umfang handele. Die Befristung der Arbeitszeiterhöhung führe in der Regel dann nicht zu einer unangemessenen Benachteiligung des Arbeitnehmers, wenn die Befristung des gesamten Arbeitsvertrags mit einer entsprechenden Arbeitszeit nach § 2 Abs. 1 WissZeitVG sachlich gerechtfertigt wäre. Das Vorliegen der dafür erforderlichen Umstände hat das Landesarbeitsgericht im Fall der Klägerin bejaht und unter Bezugnahme auf das Urteil des Arbeitsgerichts erkannt, die befristete Arbeitszeiterhöhung habe deren wissenschaftlichen Qualifizierung gedient.
16 2. Die Begründung des Landesarbeitsgerichts hält einer revisionsrechtlichen Kontrolle nicht in vollem Umfang stand.
17 a) Das Landesarbeitsgericht hat zunächst zutreffend erkannt, dass der Arbeitsvertrag vom 11. April 2018 nicht insgesamt, sondern allein die Arbeitszeitaufstockung befristet worden ist. Der Arbeitsvertrag der Klägerin ist in einem Umfang von 50 vH der Arbeitszeit einer Vollzeitkraft unbefristet. Die darauf basierende Aufstockung der Arbeitszeit auf eine Vollzeitbeschäftigung ist für den Zeitraum vom 1. Oktober 2018 bis zum 25. September 2020 befristet worden. Zutreffend geht das Landesarbeitsgericht auch davon aus, dass lediglich die Arbeitszeitaufstockung gemäß Arbeitsvertrag vom 11. April 2018 Gegenstand der Befristungskontrolle ist (vgl. BAG 23. März 2016 – 7 AZR 828/13 – Rn. 43, BAGE 154, 354 [BB 2016, 1787]). Die Kontrolle der Befristung einer Arbeitsvertragsbedingung ist nur dann nicht auf die zuletzt getroffene Befristungsabrede beschränkt, wenn die Parteien in einer nachfolgenden Vereinbarung zur Befristung der Arbeitsvertragsbedingung dem Arbeitnehmer – ausdrücklich oder konkludent – das Recht vorbehalten, die Wirksamkeit der vorangegangenen Befristung überprüfen zu lassen (BAG 23. März 2016 – 7 AZR 828/13 – aaO [BB 2016, 1787]). Ein solches Recht ist der Klägerin nicht vorbehalten.
18 b) Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht die Befristungsabrede am Maßstab des § 307 Abs. 1 BGB geprüft und dabei die Wertungen des § 2 WissZeitVG einfließen lassen.
19 aa) Bei den Regelungen zur Arbeitszeit im Änderungsvertrag vom 11. April 2018 handelt es sich nach Inhalt und Erscheinungsbild um Allgemeine Geschäftsbedingungen. Dies wird auch von keiner der Parteien infrage gestellt.
20 bb) Die Vertragsinhaltskontrolle nach dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen wird nicht durch die für die Befristung von Arbeitsverträgen geltenden Bestimmungen verdrängt. Die Vorschriften des Teilzeit- und Befristungsgesetzes sind auf die Befristung einzelner Arbeitsvertragsbedingungen nicht – auch nicht entsprechend – anwendbar (st. Rspr., vgl. BAG 25. April 2018 – 7 AZR 520/16 – Rn. 21; 15. Dezember 2011 – 7 AZR 394/10 – Rn. 18, BAGE 140, 191). Für die spezialgesetzlichen Vorschriften des WissZeitVG gilt dasselbe, da auch sie sich auf die Befristung von Arbeitsverhältnissen und nicht von einzelnen Arbeitsbedingungen beziehen (ebenso Geis/Krause Hochschulrecht in Bund und Ländern Stand 07/2011 § 1 WissZeitVG Rn. 37; NK-GA/Boemke 2. Aufl. WissZeitVG § 1 Rn. 5).
21 cc) Nach § 307 Abs. 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 BGB ist jede Beeinträchtigung eines rechtlich anerkannten Interesses des Arbeitnehmers, die nicht durch begründete und billigenswerte Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt ist oder durch gleichwertige Vorteile ausgeglichen wird. Die Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung setzt eine wechselseitige Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen der Vertragspartner voraus. Es bedarf einer umfassenden Würdigung der beiderseitigen Positionen unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben. Bei der Beurteilung der Unangemessenheit ist ein genereller, typisierender, vom Einzelfall losgelöster Maßstab anzulegen. Abzuwägen sind die Interessen des Verwenders gegenüber den Interessen der typischerweise beteiligten Vertragspartner. Im Rahmen der Inhaltskontrolle sind dabei Art und Gegenstand, Zweck und besondere Eigenart des jeweiligen Geschäfts zu berücksichtigen. Zu prüfen ist, ob der Klauselinhalt bei der in Rede stehenden Art des Rechtsgeschäfts generell und unter Berücksichtigung der typischen Interessen der beteiligten Verkehrskreise eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners ergibt. Betrifft die Inhaltskontrolle einen Verbrauchervertrag, sind nach § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen (st. Rspr., vgl. etwa BAG 25. April 2018 – 7 AZR 520/16 – Rn. 33; 23. März 2016 – 7 AZR 828/13 – Rn. 49, BAGE 154, 354 [BB 2016, 1787]).
22 dd) Die Inhaltskontrolle einer befristeten Arbeitszeiterhöhung ist nicht gemäß § 307 Abs. 3 BGB ausgeschlossen. Danach unterliegen Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nur dann der uneingeschränkten Inhaltskontrolle, wenn durch sie von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Bei anderen Bestimmungen ist die Inhaltskontrolle auf den Verstoß gegen das Transparenzgebot gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB beschränkt. Der nur eingeschränkten Kontrolle unterliegen Abreden über den Umfang der von den Parteien geschuldeten Hauptleistungen, die ihrer Art nach nicht der Regelung durch Gesetz oder andere Rechtsvorschriften unterliegen, sondern von den Vertragsparteien festgelegt werden müssen (BAG 25. April 2018 – 7 AZR 520/16 – Rn. 26; 23. März 2016 – 7 AZR 828/13 – Rn. 46, BAGE 154, 354 [BB 2016, 1787]; 24. Februar 2016 – 7 AZR 253/14 – Rn. 28). Gegenstand der Inhaltskontrolle einer befristeten Arbeitszeiterhöhung ist nicht der Umfang der zu erbringenden Arbeitsleistung als Hauptleistungspflicht, sondern deren zeitliche Einschränkung durch die Befristung (vgl. BAG 25. April 2018 – 7 AZR 520/16 – Rn. 28; 24. Februar 2016 – 7 AZR 253/14 – Rn. 29; 10. Dezember 2014 – 7 AZR 1009/12 – Rn. 36).
23 ee) Im Rahmen der nach § 307 Abs. 1 BGB vorzunehmenden Interessenabwägung sind die Wertungen des § 2 WissZeitVG zu berücksichtigen.
24 (1) Bei der nach § 307 Abs. 1 BGB vorzunehmenden Inhaltskontrolle der Befristung einzelner Vertragsbedingungen sind Umstände, die die Befristung eines Arbeitsvertrags rechtfertigen könnten, nicht ohne Bedeutung. Sie können sich bei der Interessenabwägung nach § 307 Abs. 1 BGB zugunsten des Arbeitgebers auswirken (im Kontext zu § 14 Abs. 1 TzBfG BAG 25. April 2018 – 7 AZR 520/16 – Rn. 35; 23. März 2016 – 7 AZR 828/13 – Rn. 51, BAGE 154, 354 [BB 2016, 1787]). Liegt der Befristung ein Sachverhalt zugrunde, der die Befristung eines Arbeitsvertrags insgesamt rechtfertigen könnte, überwiegt in aller Regel das Interesse des Arbeitgebers an der nur befristeten Vereinbarung der Vertragsbedingung das Interesse des Arbeitnehmers an deren unbefristeter Vereinbarung. Dies ergibt sich aus den gesetzlichen Wertungsmaßstäben. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände auf Seiten des Arbeitnehmers kann in Ausnahmefällen eine andere Beurteilung in Betracht kommen (zu § 14 Abs. 1 TzBfG BAG 24. Februar 2016 – 7 AZR 253/14 – Rn. 34; 7. Oktober 2015 – 7 AZR 945/13 – Rn. 42).
25 (2) Die Regelungen des WissZeitVG müssen im Rahmen der nach § 307 Abs. 1 BGB vorzunehmenden Prüfung beachtet werden. Das Sonderbefristungsrecht des WissZeitVG ist der spezifische Ausdruck der gesetzgeberischen Interessenabwägung für den Bereich der Wissenschaft. Es soll einerseits die durch die Freiheit von Wissenschaft, Forschung und Lehre (Art. 5 Abs. 3 GG) verfassungsrechtlich geschützte Leistungs- und Funktionsfähigkeit der Hochschulen und Forschungseinrichtungen erhalten und das Heranbilden des wissenschaftlichen bzw. künstlerischen Nachwuchses fördern. Die dazu notwendige Fluktuation angehender Wissenschaftler soll durch den erleichterten Abschluss befristeter Arbeitsverträge erreicht werden (vgl. BT-Drs. 18/7038 S. 2; BT-Drs. 18/6489 S. 7, 10; BT-Drs. 15/4132 S. 17; BT-Drs. 10/3119 S. 1 f.; BT-Drs. 10/2283 S. 1; BAG 20. Januar 2016 – 7 AZR 376/14 – Rn. 30; 29. April 2015 – 7 AZR 519/13 – Rn. 22; 1. Juni 2011 – 7 AZR 827/09 – Rn. 29, BAGE 138, 91). Hierin ist ein rechtlich anerkennenswertes Interesse des Arbeitgebers an der nur befristeten Übertragung der Tätigkeit zu erkennen, welches gegebenenfalls die Annahme rechtfertigt, der Arbeitnehmer werde durch die Befristung nicht iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unangemessen benachteiligt (vgl. BAG 24. Februar 2016 – 7 AZR 253/14 – Rn. 46). Andererseits soll der durch die Befristung bewirkte Eingriff in die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte arbeitsplatzbezogene Berufswahlfreiheit der Arbeitnehmer – verstanden als Mindestmaß an arbeitsrechtlichem Bestandsschutz – auf ein erforderliches Maß beschränkt werden (vgl. BVerfG 15. November 2018 – 1 BvR 1572/17 – Rn. 19 ff.; BAG 24. August 2011 – 7 AZR 228/10 – Rn. 29, BAGE 139, 109; 18. Juni 2008 – 7 AZR 238/07 – Rn. 17). Für angehende Wissenschaftler sollen planbare und verlässliche Karrierewege geschaffen werden. Ziel ist es, sie vor einer überlangen Befristung zu schützen, wenn das Qualifizierungsziel nicht erreichbar oder eine wissenschaftliche Karriere im Rahmen einer Professur nicht möglich ist und deshalb der Zwang besteht, eine berufliche Perspektive außerhalb der Hochschule oder Forschungseinrichtung anzustreben (BT-Drs. 14/6853 S. 32; BT-Drs. 16/3438 S. 17 ff.).
26 (3) Liegt der Befristung einer Arbeitszeiterhöhung ein Sachverhalt zugrunde, der die Befristung eines – die Arbeitszeiterhöhung betreffenden eigenständigen – Arbeitsvertrags insgesamt nach den Wertungen des WissZeitVG rechtfertigen könnte, überwiegt in aller Regel das Interesse des Arbeitgebers an der nur befristeten Erhöhung der Arbeitszeit das Interesse des Arbeitnehmers an der unbefristeten Vereinbarung des Arbeitszeitumfangs (vgl. zu § 14 Abs. 1 TzBfG BAG 25. April 2018 – 7 AZR 520/16 – Rn. 35; 15. Dezember 2011 – 7 AZR 394/10 – Rn. 22, BAGE 140, 191). Grundsätzlich kann unter diesen Umständen davon ausgegangen werden, dass die Interessen der Hochschulen und Forschungseinrichtungen sowie die der angehenden Wissenschaftler ausreichend Beachtung gefunden haben. Durch die Parallelwertung im Rahmen der Interessenabwägung nach § 307 Abs. 1 BGB können Widersprüche zu den gesetzlichen Befristungsregelungen vermieden werden. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände auf Seiten des Arbeitnehmers kann ausnahmsweise eine andere Beurteilung in Betracht kommen.
27 (4) Die Wertungen des WissZeitVG sind jedenfalls dann heranzuziehen, wenn es um eine befristete Arbeitszeiterhöhung in einem erheblichen Umfang geht, weil in diesem Fall das dem Befristungsrecht zugrundeliegende Ziel gefährdet ist, dem Arbeitnehmer Planungssicherheit über sein künftiges Einkommen zu verschaffen (vgl. für Arbeitsverträge im Anwendungsbereich des TzBfG BAG 23. März 2016 – 7 AZR 828/13 – Rn. 51 f., BAGE 154, 354 [BB 2016, 1787]).
28 (5) Einer Heranziehung der Wertungsmaßstäbe steht nicht entgegen, dass es sich bei § 2 WissZeitVG um eine sachgrundlose Befristung handelt (zur dogmatischen Einordnung BAG 2. Februar 2022 – 7 AZR 573/20 – Rn. 43, BAGE 177, 85 [BB 2022, 1600 m. BB-Komm. Jesgarzewski]). Der Einwand, die für eine sachgrundlose Befristung nach § 14 Abs. 2 TzBfG geltenden Maßstäbe dürften im Rahmen der Interessenabwägung nicht berücksichtigt werden, weil der Gesetzgeber mit der Erlaubnis der sachgrundlosen Befristung arbeitsmarktpolitische Ziele verfolge (vgl. etwa Willemsen/Jansen RdA 2010, 1, 5; Preis/Bender NZA-RR 2005, 337, 342; Schmidt NZA 2014, 760, 763; wohl auch Schramm/Naber NZA 2009, 1318, 1321), lässt sich nicht auf § 2 WissZeitVG übertragen. Die Norm bezweckt primär den Ausgleich grundrechtlich geschützter Positionen aus Art. 5 Abs. 3 GG und Art. 12 Abs. 1 GG, die wegen der Ausstrahlungswirkung der Grundrechte auf die gesamte Rechtsordnung im Rahmen der Interessenabwägung nach § 307 Abs. 1 BGB zu berücksichtigen sind. Die Heranziehung der Wertungsmaßstäbe aus § 2 WissZeitVG gewährleistet, dass der Interessenausgleich bei der Befristung einzelner Arbeitsbedingungen im Einklang mit dem Recht der Befristung von Arbeitsverhältnissen erfolgt. Dies dient der Kohärenz beim Ausgleich der verfassungsrechtlich geschützten Rechtspositionen im Wissenschaftsbereich.
29 c) Unter Berücksichtigung der Wertungsmaßstäbe von § 2 Abs. 1 WissZeitVG kann der Würdigung des Landesarbeitsgerichts, der zufolge die Befristung der Arbeitszeiterhöhung auf die volle regelmäßige Arbeitszeit nach § 307 Abs. 1 BGB wirksam ist, nicht gefolgt werden. Die Feststellungen des Landesarbeitsgerichts tragen dieses Ergebnis nicht.
30 aa) Dem Berufungsurteil liegt – unausgesprochen – die zutreffende Annahme zugrunde, die Klägerin zähle zum wissenschaftlichen Personal iSv. § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG. Dazu gehören Arbeitnehmer, die wissenschaftliche Dienstleistungen erbringen (ausf. BAG 1. Juni 2011 – 7 AZR 827/09 – Rn. 35 ff., BAGE 138, 91). Zwar ist im Änderungsvertrag vom 11. April 2018 der vertragliche Aufgabenbereich der Klägerin nicht explizit definiert. Allerdings findet sich eine Bezugnahme auf den Arbeitsvertrag vom 27. Juli 2013. Dieser regelt, dass der Klägerin an der LMU wissenschaftliche Dienstleistungen iSv. Art. 21, 22, 23 und 24 Abs. 3 BayHSchPG obliegen.
31 bb) Zutreffend ist das Landesarbeitsgericht auch von einer erheblichen Arbeitszeiterhöhung ausgegangen. Die Parteien haben eine Anhebung der Arbeitszeit auf eine Vollzeitbeschäftigung und damit eine Verdopplung der Arbeitszeit der Klägerin vereinbart.
32 cc) Es ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Landesarbeitsgericht eine unangemessene Benachteiligung der Klägerin iSv. § 307 Abs. 1 BGB wegen des Überschreitens der Befristungshöchstdauer gemäß § 2 Abs. 1 WissZeitVG verneint hat. Ungeachtet der Frage, ob bei Heranziehung der Wertungsmaßstäbe von § 2 Abs. 1 WissZeitVG ohne Weiteres von der Unangemessenheit der befristeten Arbeitszeiterhöhung auszugehen ist, wenn die Höchstbefristungsdauer überschritten ist, liegt eine Überschreitung im Streitfall nicht vor. Dies ergibt sich bei Berechnung der Höchstbefristungsdauer unter Berücksichtigung der drei im Haushalt der Klägerin lebenden Kinder.
33 (1) Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG ist die Befristung von Arbeitsverträgen mit wissenschaftlichem Personal an staatlichen Hochschulen, das nicht promoviert ist, bis zu einer Dauer von sechs Jahren zulässig. Nach abgeschlossener Promotion, dh. in der sog. Postdoc-Phase, ist gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 WissZeitVG eine Befristung bis zu einer Dauer von sechs Jahren – im Bereich der Medizin bis zu einer Dauer von neun Jahren – möglich. Nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 WissZeitVG verlängert sich die zulässige Befristungsdauer in der Postdoc-Phase in dem Umfang, in dem Zeiten einer befristeten Beschäftigung nach Satz 1 und Promotionszeiten ohne Beschäftigung nach Satz 1 zusammen weniger als sechs Jahre betragen haben. Innerhalb der jeweiligen Höchstbefristungsdauer sind nach § 2 Abs. 1 Satz 7 WissZeitVG auch Verlängerungen eines befristeten Vertrags möglich (BAG 2. Februar 2022 – 7 AZR 573/20 – Rn. 32, BAGE 177, 85 [BB 2022, 1600 m. BB-Komm. Jesgarzewski]). In § 2 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 WissZeitVG ist für die Befristungsmöglichkeiten in der Promotionsphase und in der Postdoc-Phase jeweils eine gesonderte Höchstbefristungsdauer für die jeweilige Qualifikationsphase festgelegt. Damit sind zwei – eigenständige – Rechtsgrundlagen für kalendermäßige Befristungen normiert (BAG 20. Juli 2022 – 7 AZR 239/21 – Rn. 15; 20. Mai 2020 – 7 AZR 72/19 – Rn. 20).
34 (2) Die nach den Sätzen 1 und 2 des § 2 Abs. 1 WissZeitVG insgesamt zulässige Befristungsdauer verlängert sich bei Betreuung eines oder mehrerer Kinder unter 18 Jahren gemäß § 2 Abs. 1 Satz 4 WissZeitVG für jedes Kind um zwei Jahre und nicht bis zu zwei Jahren. Eine anteilige Verlängerung der Höchstbefristungsdauer ist gesetzlich nicht vorgesehen (BAG 23. März 2016 – 7 AZR 70/14 – Rn. 53, BAGE 154, 375). Die in § 2 Abs. 1 Satz 4 WissZeitVG geregelte Verlängerung betrifft auch nicht entweder die in Satz 1 normierte Befristungsdauer vor der Promotion oder die in Satz 2 bestimmte Befristungsdauer nach der Promotion, sondern die Gesamtdauer beider Zeiträume (vgl. BAG 21. August 2019 – 7 AZR 21/18 – Rn. 15, BAGE 167, 341). Es bedarf insoweit auch keiner Übertragung von der Promotionsphase in die Postdoc-Phase, da sich die Höchstbefristungsdauer insgesamt verlängert (vgl. Geis/Krause Hochschulrecht in Bund und Ländern Stand 07/2011 § 2 WissZeitVG Rn. 41; aA wohl Preis/Ulber 2. Aufl. § 2 WissZeitVG Rn. 73).
35 (3) Danach ist die Höchstbefristungsdauer unter Berücksichtigung der drei im Haushalt der Klägerin lebenden Kinder gewahrt.
36 (a) Das am 7. September 2010 abgeschlossene Promotionsvorhaben der Klägerin begann am 19. April 2000 und umfasste 3793 Beschäftigungstage. Davon sind 895 Tage abzuziehen, an denen die Klägerin mit weniger als 25 vH einer Vollzeitkraft beschäftigt worden ist. Somit sind 2898 Tage für die Promotionsphase berücksichtigungsfähig. Auf die Postdoc-Phase entfallen nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts 3672 Tage.
37 (b) Die nach § 2 Abs. 1 WissZeitVG zulässige Befristungsdauer beläuft sich für die Promotions- und die Postdoc-Phase grundsätzlich auf jeweils sechs Jahre. Für beide Zeiträume dürfen danach grundsätzlich auf jeweils 2190 Tage befristet werden. Die Gesamtbefristungsdauer verlängert sich für jedes Kind um 730 Tage. Die zulässige Zeit der befristeten Arbeitsverträge erhöht sich für die drei Kinder der Klägerin zusammen um 2190 Tage (3 x 2 Jahre = 6 Jahre). Die Kinder sind am 29. Dezember 1988, 22. November 1993 und am 5. Mai 1995 und damit vor Beginn der Promotion geboren.
38 (c) Daraus ergibt sich eine zulässige Gesamtbefristungsdauer von 18 Jahren oder 6570 Tagen. Die tatsächliche Befristungsdauer von 2898 Tagen in der Promotionsphase und 3672 Tagen in der Postdoc-Phase beläuft sich auf insgesamt 6570 Tage und wahrt damit die Höchstbefristungsdauer.
39 dd) Zutreffend geht das Landesarbeitsgericht davon aus, dass das Zitiergebot nach § 2 Abs. 4 Satz 1 WissZeitVG nicht zu beachten ist. Mangels Geltung des WissZeitVG für die Befristung einzelner Arbeitsbedingungen ist die Norm nicht unmittelbar anwendbar. Sie ist auch nicht entsprechend zu beachten. Die Heranziehung von § 2 WissZeitVG beschränkt sich auf die materiellen Wertungsmaßstäbe und erstreckt sich nicht auch auf Formvorgaben.
40 ee) Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die Arbeitszeitaufstockung sei zur Förderung der wissenschaftlichen Qualifikation der Klägerin erfolgt, hält einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand. Es mangelt an der Feststellung von Tatsachen, die diesen Befund ermöglichen.
41 (1) Die Beschäftigung muss der wissenschaftlichen Qualifizierung dienen. Dabei handelt es sich um eine (weitere) Voraussetzung für die Zulässigkeit der Befristung (BAG 2. Februar 2022 – 7 AZR 573/20 – Rn. 35, BAGE 177, 85 [BB 2022, 1600 m. BB-Komm. Jesgarzewski]). Es genügt, dass eine wissenschaftliche Kompetenz angestrebt wird, die in irgendeiner Form zu einer beruflichen Karriere, auch außerhalb der Hochschule, befähigt, was sich in der Erbringung wissenschaftlicher, qualifikationsförderlicher Dienstleistungen „an sich“ zu gründen vermag (BAG 2. Februar 2022 – 7 AZR 573/20 – Rn. 47, aaO [BB 2022, 1600 m. BB-Komm. Jesgarzewski]). Maßgeblich sind die Umstände bei Vertragsschluss. Entscheidend ist, was von dem Arbeitnehmer aufgrund des Arbeitsvertrags, einer Dienstaufgabenbeschreibung oder sonstiger Umstände nach objektiven Gesichtspunkten bei Vertragsschluss erwartet wird (BAG 8. Juni 2016 – 7 AZR 568/14 – Rn. 33).
42 (2) Die Bewertung, ob eine befristete Beschäftigung der Förderung der eigenen wissenschaftlichen Qualifizierung dient, kann als Anwendung eines unbestimmten Rechtsbegriffs vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüft werden, ob das Landesarbeitsgericht den Rechtsbegriff selbst verkannt hat, bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die Rechtsnorm Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt hat und ob es alle entscheidungserheblichen Umstände in sich widerspruchsfrei berücksichtigt hat (BAG 2. Februar 2022 – 7 AZR 573/20 – Rn. 45, BAGE 177, 85 [BB 2022, 1600 m. BB-Komm. Jesgarzewski]).
43 (3) Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts wird diesem Prüfungsmaßstab nicht gerecht. Auf die wissenschaftliche Qualifizierung der Klägerin geht das Landesarbeitsgericht nicht ein. Es hat keine eigene Prüfung vorgenommen. Aus seinem Verweis auf die Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts folgt nichts Anderes. Das Arbeitsgericht hat lediglich angegeben, die Befristung sei zur Förderung der wissenschaftlichen Qualifizierung der Klägerin erfolgt, ohne dies näher zu begründen. Es hat sich auf die Aussage beschränkt, der Beklagte habe dazu konkret vorgetragen und die Klägerin sei dem Sachvortrag nicht entgegengetreten, weshalb dieser nach § 138 ZPO als zugestanden gelte. Bei der Frage der wissenschaftlichen Qualifizierung handelt es sich jedoch nicht um eine Rechtstatsache bzw. um einen einfachen Rechtsbegriff, der den Senat nach § 559 Abs. 2 ZPO binden könnte (vgl. zum einfachen Rechtsbegriff „wissenschaftliches Personal“ BAG 9. Dezember 2015 – 7 AZR 117/14 – Rn. 34, BAGE 153, 365). Im Übrigen durfte das Landesarbeitsgericht nicht davon ausgehen, die Klägerin habe den Vortrag des Beklagten nicht hinreichend bestritten. Spätestens mit ihrer Berufungsbegründung hat sie dezidiert in Abrede gestellt, dass die Aufstockung ihrer Arbeitszeit ihrer wissenschaftlichen Qualifikation gedient habe.
44 III. Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen ist der Senat nicht in der Lage, eine abschließende Entscheidung zu treffen (§ 563 Abs. 3 ZPO). Die erforderlichen Feststellungen zum Tätigkeitsinhalt der Klägerin im Rahmen der Arbeitszeitaufstockung hat das Landesarbeitsgericht weder im Tatbestand noch in den Gründen getroffen. Auch die vom Landesarbeitsgericht in Bezug genommenen Ausführungen des Arbeitsgerichts bieten keine ausreichende Entscheidungsgrundlage für den Senat. Das Landesarbeitsgericht wird unter Berücksichtigung folgender Gesichtspunkte die erforderlichen Feststellungen zu treffen und die Interessenabwägung gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB nachzuholen haben.
45 1. Das Landesarbeitsgericht wird festzustellen haben, worin der Qualifizierungszweck lag und welche Tätigkeitsinhalte der Klägerin ihr in welchem Umfang zur Qualifizierung dienten. Nicht erforderlich ist, dass die wissenschaftliche Qualifizierung den alleinigen Zweck der Beschäftigung im Rahmen der Arbeitszeitaufstockung darstellte. Ausreichend wäre, dass der Qualifizierungszweck insoweit im Vordergrund stand (BAG 20. Januar 2021 – 7 AZR 193/20 – Rn. 24, BAGE 173, 315).
46 2. Eine Vertragslaufzeit, mit der die Höchstbefristungsdauer nach § 2 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG ausgeschöpft wird, ist als angemessen iSv. § 2 Abs. 1 Satz 3 WissZeitVG anzusehen (BAG 20. Januar 2021 – 7 AZR 193/20 – Rn. 39, BAGE 173, 315). Das gilt auch regelmäßig, wenn es um die Befristung einer Arbeitszeiterhöhung geht.
47 3. Wäre ein befristeter Arbeitsvertrag im Umfang der Arbeitszeiterhöhung nach § 2 WissZeitVG zulässig gewesen, bedürfte es einer abschließenden Interessenabwägung, um von einer Angemessenheit der Befristungsregelung nach § 307 Abs. 1 BGB auszugehen. Das Landesarbeitsgericht hätte zu überprüfen, ob besondere Umstände auf Seiten der Klägerin vorliegen, die im Streitfall eine andere Beurteilung erfordern (vgl. BAG 25. April 2018 – 7 AZR 520/16 – Rn. 35; 23. März 2016 – 7 AZR 828/13 – Rn. 51, BAGE 154, 354 [BB 2016, 1787]; 24. Februar 2016 – 7 AZR 253/14 – Rn. 34; 7. Oktober 2015 – 7 AZR 945/13 – Rn. 42).
48 4. Die zu Sachgrundbefristungen entwickelten Grundsätze des institutionellen Rechtsmissbrauchs finden bei Befristungen im Wissenschaftsbereich nach § 2 Abs. 1 WissZeitVG grundsätzlich keine Anwendung, weil sich die zeitlichen Grenzen für den Abschluss befristeter Arbeitsverträge in diesen Fällen aus der gesetzlichen Regelung ergeben, die ihrerseits durch die Freiheit von Wissenschaft, Forschung und Lehre (Art. 5 Abs. 3 GG) gerechtfertigt sind (BAG 8. Juni 2016 – 7 AZR 568/14 – Rn. 46). Im Anwendungsbereich von § 2 Abs. 1 WissZeitVG gibt es auch keine Höchstanzahl an zulässigen Verlängerungen (BAG 20. Mai 2020 – 7 AZR 72/19 – Rn. 43). Eine zusätzliche Prüfung der Wirksamkeit der Befristung nach den Grundsätzen des institutionellen Rechtsmissbrauchs ist daher nicht geboten. Auch bedarf es keiner gesonderten Prüfung, ob sich der Arbeitgeber treuwidrig auf die Befristung der Arbeitszeiterhöhung beruft.