BAG: Altersabstandsklausel in der Hinterbliebenenversorgung
BAG, Urteil vom 16.10.2018 – 3 AZR 520/17
ECLI:DE:BAG:2018:161018.U.3AZR520.17.0
Volltext: BB-ONLINE BBL2019-179-4
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Orientierungssätze
1. Eine Regelung in einer Versorgungsordnung, die die Hinterbliebenenrente von Witwen, die mehr als 15 Jahre jünger als der versorgungsberechtigte Arbeitnehmer sind, um 5 vH für jedes weitere Jahr Altersunterschied vermindert, bewirkt eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters iSv. § 3 Abs. 1 AGG (Rn. 27).
2. Die durch eine solche Altersabstandsklausel bewirkte unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters ist nach § 10 Satz 1 und Satz 2 AGG sachlich gerechtfertigt (Rn. 29).
3. Einer solchen Regelung liegt ein legitimes Ziel iSv. § 10 Satz 1 AGG zugrunde. Durch die Kürzung der Hinterbliebenenversorgung werden die mit ihr verbundenen finanziellen Risiken begrenzt. Dies dient dem Interesse des Arbeitgebers an einer überschaubaren und kalkulierbaren Versorgungslast (Rn. 36).
4. Eine solche Altersabstandsklausel ist angemessen und erforderlich iSv. § 10 Satz 2 AGG. Bei einem Altersunterschied von mehr als 15 Jahren ist der gemeinsame Lebenszuschnitt der Ehegatten typischerweise darauf angelegt, dass der jüngere Ehepartner einen größeren Lebensabschnitt ohne den Versorgungsberechtigten und deshalb ohne die mit dessen Einkommenssituation verbundenen Versorgungsmöglichkeiten verbringt. Im Streitfall kommt hinzu, dass die sukzessive und moderate Minderung von 5 vH der Ausgangspension pro weiteres Jahr Altersunterschied erst bei einem Altersunterschied von 35 Jahren - und damit einem Altersabstand, der den üblichen Abstand in erheblichem Maße übersteigt - zu einem vollständigen Ausschluss von der Hinterbliebenenrente führt (Rn. 40 f.).
Sachverhalt
Die Parteien streiten über die Höhe der Witwenpension der Klägerin.
Die im Oktober 1972 geborene Klägerin ist die Witwe des im September 1943 geborenen und im Dezember 2013 verstorbenen P. Die Ehe wurde im März 1993 geschlossen. Der verstorbene Ehemann der Klägerin war bis zum 30. September 1996 bei der Beklagten beschäftigt.
Ihm waren Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nach der Pensionsordnung der F Aktiengesellschaft vom 1. März 1972 (im Folgenden PO 1972) zugesagt worden. Die PO 1972 bestimmt auszugsweise:
„7. Pension bei normalem Ruhestand
Ein Angestellter hat Anspruch auf eine monatliche Pension im normalen Ruhestand …
…
10. Witwenpension
Beim Tode eines männlichen im Dienst befindlichen Angestellten erhält seine ihn überlebende Ehefrau (Witwe) eine Rente, die 55 % der Monatsrente beträgt, die der Ehemann bezogen hätte, wenn er zum Zeitpunkt seines Todes arbeitsunfähig geworden wäre.
Bei einem im vorzeitigen Ruhestand verstorbenen Angestellten - der noch keine Rente bezogen hat - beträgt die Witwenrente 55 % von der gemäß Ziff. 8 a), b) und c) ermittelten Rente.
Bei einem Rentenempfänger errechnet sich der Prozentsatz von der tatsächlich bezogenen Rente.
Ist die Witwe über 15 Jahre jünger als ihr verstorbener Ehemann, so vermindert sich die Pension für jedes Jahr, um welches der Altersunterschied 15 Jahre übersteigt, um 5 % des an sich für sie vorgesehenen Betrages.
Die Witwe erhält keine Pension,
a) wenn die Ehe vor dem Tode des Verstorbenen gelöst wurde, oder
b) wenn die Ehe nach Vollendung des 60. Lebensjahres des Verstorbenen geschlossen wurde und nicht wenigstens 5 Jahre bestanden hat, oder
c) wenn die Ehe von dem Angestellten erst nach seiner vorzeitigen Pensionierung gem. Ziff. 5 dieser Pensionsordnung geschlossen worden ist, oder
d) wenn die Witwe den Tod des Verstorbenen rechtswidrig und vorsätzlich herbeigeführt hat.
…“
Der verstorbene Ehemann der Klägerin bezog ab Oktober 1998 eine monatliche Pension iHv. zuletzt 3.662,25 Euro brutto. Die Klägerin erhält seit Januar 2014 eine Witwenpension. Wegen des Altersunterschieds zwischen den Eheleuten minderte die Beklagte die zunächst ermittelte Ausgangspension der Klägerin um 70 vH. Die Witwenpension betrug daher zu Beginn 604,27 Euro brutto monatlich und seit Oktober 2014 aufgrund einer Pensionsanpassung 613,33 Euro brutto monatlich.
Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die Beklagte müsse ihr eine Witwenpension iHv. 55 vH der zuletzt von ihrem verstorbenen Ehemann bezogenen Pension unter Berücksichtigung von Pensionsanpassungen zahlen. Die Altersabstandsklausel in Nr. 10 Abs. 4 PO 1972 sei unwirksam. Sie bewirke eine unmittelbare Diskriminierung wegen des Alters.
Die Klägerin hat beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 59.916,75 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 38.432,05 Euro ab Rechtshängigkeit sowie
- Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 1. November 2014 auf 1.431,12 Euro,
- Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 1.431,12 Euro ab dem 1. Dezember 2014,
- Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 1.431,12 Euro ab dem 1. Januar 2015,
- Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 1.431,12 Euro ab dem 1. Februar 2015,
- Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 1.431,12 Euro ab dem 1. März 2015,
- Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 1.431,12 Euro ab dem 1. April 2015,
- Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 1.431,12 Euro ab dem 1. Mai 2015,
- Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 1.431,12 Euro ab dem 1. Juni 2015,
- Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 1.431,12 Euro ab dem 1. Juli 2015,
- Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 1.431,12 Euro ab dem 1. August 2015,
- Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 1.431,12 Euro ab dem 1. September 2015,
- Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 1.431,12 Euro ab dem 1. Oktober 2015,
- Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 1.431,12 Euro ab dem 1. November 2015,
- Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 1.431,12 Euro ab dem 1. Dezember 2015,
- Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 1.431,12 Euro ab dem 1. Januar 2016,
- Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 1.431,12 Euro ab dem 1. Februar 2016,
- Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 1.431,12 Euro ab dem 1. März 2016,
- Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 1.431,12 Euro ab dem 1. April 2016,
- Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 1.431,12 Euro ab dem 1. Mai 2016,
- Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 1.431,12 Euro ab dem 1. Juni 2016,
- Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 1.431,12 Euro ab dem 1. Juli 2016,
- Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 1.431,12 Euro ab dem 1. August 2016,
- Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 1.431,12 Euro ab dem 1. September 2016,
- Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 1.431,12 Euro ab dem 1. Oktober 2016,
- Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 1.431,12 Euro ab dem 1. November 2016,
- Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 1.431,12 Euro ab dem 1. Dezember 2016,
- Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 1.431,12 Euro ab dem 1. Januar 2017,
- Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 1.431,12 Euro ab dem 1. Februar 2017,
- Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 1.431,12 Euro ab dem 1. März 2017,
- Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 1.431,12 Euro ab dem 1. April 2017,
- Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 1.431,12 Euro ab dem 1. Mai 2017 zu zahlen,
2. festzustellen, dass die ihr zustehende Pensionsleistung gegen die Beklagte über den 1. Juni 2017 hinaus 55 vH des dem am 2. Dezember 2013 verstorbenen Ehemanns der Klägerin zustehenden Pensionsanspruchs beträgt.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihre in der Revisionsinstanz erweiterten Klageansprüche weiter. Die Beklagte begehrt die Zurückweisung der Revision.
Aus den Gründen
9 Die zulässige Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die zulässige Klage ist unbegründet.
10 A. Die Revision ist zulässig. Die Revisionsbegründung genügt den gesetzlichen Anforderungen. Sie setzt sich mit den tragenden Gründen der angefochtenen Entscheidung hinreichend auseinander.
11 I. Nach § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO gehört zum notwendigen Inhalt der Revisionsbegründung die Angabe der Revisionsgründe. Bei einer Sachrüge sind nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a ZPO die Umstände zu bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung ergeben soll. Dabei muss die Revisionsbegründung den Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts so aufzeigen, dass Gegenstand und Richtung des revisionsrechtlichen Angriffs erkennbar sind. Das erfordert eine Auseinandersetzung mit den tragenden Gründen der angefochtenen Entscheidung. Dadurch soll sichergestellt werden, dass der Prozessbevollmächtigte des Revisionsklägers das angefochtene Urteil im Hinblick auf das Rechtsmittel überprüft und mit Blickrichtung auf die Rechtslage genau durchdenkt. Außerdem soll die Revisionsbegründung durch ihre Kritik des angefochtenen Urteils zur richtigen Rechtsfindung durch das Revisionsgericht beitragen. Dazu hat der Revisionsführer darzulegen, aus welchen Gründen er die Begründung des Berufungsgerichts für unrichtig hält. Die bloße Wiedergabe oder der Verweis auf das bisherige Vorbringen genügen hierfür nicht (BAG 31. Juli 2018 - 3 AZR 386/17 - Rn. 9 mwN).
12 II. Diesen Anforderungen genügt die Revisionsbegründung.
13 Das Landesarbeitsgericht hat für seine Erwägungen, ob die Altersabstandsklausel ein legitimes Ziel verfolge, nicht auf die konkrete Situation bei der Beklagten abgestellt, sondern eine typisierende Betrachtung vorgenommen. Aus seiner Sicht folgerichtig hat es den Vortrag der Beklagten zum Regelungszweck der Altersabstandsklausel für ausreichend erachtet. Indem die Revision geltend macht, das Landesarbeitsgericht habe für seine Annahme, Nr. 10 Abs. 4 PO 1972 bezwecke, für Hinterbliebene im „Normalfall“ eine Hinterbliebenenversorgung iHv. 55 vH der Pension des verstorbenen Ehepartners zu gewährleisten, nicht das Vorbringen der Beklagten zugrunde gelegt, sondern eigene Erwägungen angestellt, macht sie geltend, das Landesarbeitsgericht habe die Anforderungen an die Darlegungslast der Beklagten verkannt und deshalb zu Unrecht ein legitimes Ziel iSd. § 10 Satz 1 AGG angenommen. Zudem rügt die Revision, das Landesarbeitsgericht habe nicht geprüft, ob es mildere Mittel wie den Abschluss einer Rückdeckungsversicherung gebe, um das angestrebte Ziel zu erreichen, das Versorgungsniveau für Hinterbliebene zu sichern.
14 Diese Ausführungen lassen sowohl die Richtung des Revisionsangriffs als auch die von der Revision angenommenen Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts ausreichend deutlich erkennen. Sie sind im Fall ihrer Berechtigung geeignet, eine abweichende Entscheidung als möglich erscheinen zu lassen.
15 B. Die Revision ist unbegründet.
16 I. Die Klage ist zulässig. Dies gilt auch, soweit die Klägerin in der Revisionsinstanz die Zahlung von mehr als 59.916,75 Euro nebst Zinsen verlangt. Zwar sind Klageerweiterungen in der Revisionsinstanz nach § 559 Abs. 1 ZPO grundsätzlich ausgeschlossen. Ausnahmen sind jedoch insbesondere aus prozessökonomischen Gründen möglich (vgl. etwa BAG 15. November 2016 - 3 AZR 580/15 - Rn. 95 mwN). Solche prozessökonomischen Gründe liegen hier vor. Die Klageerweiterung bezieht sich lediglich auf die weiteren Monate Juni 2017 bis Januar 2018. Für diese Zeit verlangt die Klägerin denselben monatlichen Differenzbetrag wie für die Monate Oktober 2014 bis Mai 2017. Eine Entscheidung ist aufgrund der Feststellungen der Vorinstanz und des unstreitigen Sachverhalts ohne weiteres möglich. Es stellen sich auch keine zusätzlichen Rechtsfragen.
17 Der Feststellungsantrag zu 2. ist ebenfalls zulässig. Der Antrag richtet sich auf die Feststellung eines Rechtsverhältnisses iSd. § 256 Abs. 1 ZPO, nämlich den Inhalt der der Beklagten obliegenden Verpflichtung, die Witwenpension ohne Berücksichtigung der Kürzungsvorschrift in Nr. 10 Abs. 4 PO 1972 an die Klägerin zu leisten. Da die Beklagte diese Verpflichtung bestreitet, hat die Klägerin ein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung.
18 II. Die Klage ist unbegründet. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, der Klägerin eine Witwenpension iHv. 55 vH der Pension ihres verstorbenen Ehemanns zu zahlen. Die Klägerin erfüllt wegen des Kürzungstatbestands in Nr. 10 Abs. 4 PO 1972 nicht die Voraussetzungen für eine ungekürzte Witwenpension. Die im Oktober 1972 geborene Klägerin ist um mehr als 29 Jahre jünger als ihr im September 1943 geborener (verstorbener) Ehemann. Die Regelung in Nr. 10 Abs. 4 PO 1972 ist wirksam.
19 1. Die Kürzung von Witwenpensionen um 5 vH für jedes Jahr, das die hinterbliebene Ehefrau mehr als 15 Jahre jünger als der versorgungsberechtigte Ehegatte ist, bewirkt keine unzulässige Benachteiligung wegen des Alters nach §§ 1, 3 AGG und ist damit nicht nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksam (zur Zulässigkeit einer Altersabstandsklausel, die einen vollständigen Ausschluss von Ehegatten vorsieht, die mehr als 15 Jahre jünger als der versorgungsberechtigte Arbeitnehmer sind, vgl. BAG 20. Februar 2018 - 3 AZR 43/17 -).
20 a) Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz ist anwendbar.
21 aa) Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz gilt trotz der in § 2 Abs. 2 Satz 2 AGG enthaltenen Verweisung auf das Betriebsrentengesetz auch für die betriebliche Altersversorgung, soweit das Betriebsrentengesetz nicht vorrangige Sonderregelungen enthält (st. Rspr. seit BAG 11. Dezember 2007 - 3 AZR 249/06 - Rn. 22, BAGE 125, 133; 20. Februar 2018 - 3 AZR 43/17 - Rn. 13 mwN). Letzteres ist nicht der Fall.
22 bb) Der persönliche Anwendungsbereich des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes ist nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 AGG ebenfalls eröffnet. Zwar unterfällt die Klägerin - im Verhältnis zur Beklagten - als Hinterbliebene ihres versorgungsberechtigten Ehemanns selbst nicht unmittelbar dem Anwendungsbereich des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes, da sie insoweit nicht zu den in § 6 Abs. 1 AGG genannten Personengruppen zählt. Für die Beurteilung der Frage, ob eine Benachteiligung vorliegt, ist jedoch auf den versorgungsberechtigten Arbeitnehmer und nicht auf den Hinterbliebenen abzustellen (st. Rspr., vgl. etwa BAG 20. Februar 2018 - 3 AZR 43/17 - Rn. 14 mwN). Dies entspricht auch der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu Art. 2 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. EG L 303 vom 2. Dezember 2000 S. 16, im Folgenden Richtlinie 2000/78/EG; EuGH 24. November 2016 - C-443/15 - [Parris] Rn. 67). Der verstorbene Ehemann der Klägerin fiel in den persönlichen Geltungsbereich des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes. Dieses gilt nach § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG auch für Personen, deren Beschäftigungsverhältnis - wie vorliegend - bereits beendet ist. Nach dem Tod ihres Ehemanns und damit ab Eintritt des Nachversorgungsfalls ist die Klägerin als Hinterbliebene berechtigt, dessen Recht als eigenes - abgeleitetes - Recht geltend zu machen.
23 cc) Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz ist auch in zeitlicher Hinsicht anwendbar. Seine Anwendung setzt voraus, dass unter seinem zeitlichen Geltungsbereich ein Rechtsverhältnis zwischen dem Versorgungsberechtigten und dem Versorgungsschuldner bestand. Dabei ist zwar auf den Beschäftigten (§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AGG) und nicht auf den Hinterbliebenen abzustellen. Allerdings ist nicht erforderlich, dass zum maßgeblichen Zeitpunkt noch ein Arbeitsverhältnis bestand. Ausreichend ist vielmehr, wenn der Arbeitnehmer mit unverfallbarer Anwartschaft aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden oder Versorgungsempfänger ist und das damit begründete Rechtsverhältnis bei oder nach Inkrafttreten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes noch besteht bzw. bestand. Das Ausscheiden mit unverfallbarer Anwartschaft und ein Anspruch auf Betriebsrente begründen ein versorgungsrechtliches Dauerschuldverhältnis zwischen dem ausgeschiedenen Arbeitnehmer und dem ehemaligen Arbeitgeber. Die Anwartschaft verpflichtet den Arbeitgeber, nach den Regeln der Versorgungsordnung das Versorgungsrisiko abzudecken. Dieses aktualisiert sich mit Eintritt des Versorgungs- oder Nachversorgungsfalls (vgl. BAG 15. Oktober 2013 - 3 AZR 294/11 - Rn. 25, BAGE 146, 200). Da der (verstorbene) Ehemann der Klägerin auch nach Inkrafttreten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes am 18. August 2006 (Art. 4 Satz 1 des Gesetzes zur Umsetzung europäischer Richtlinien zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung vom 14. August 2006 - BGBl. I S. 1897) Leistungen der betrieblichen Altersversorgung von der Beklagten bezogen hat, mithin Betriebsrentner war, besteht das für die Anwendbarkeit des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes erforderliche Rechtsverhältnis.
24 b) Nr. 10 Abs. 4 PO 1972 verstößt nicht gegen §§ 1, 3 AGG. Die durch die Regelung bewirkte unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters ist gerechtfertigt.
25 aa) Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass Nr. 10 Abs. 4 PO 1972 zu einer unmittelbaren Benachteiligung wegen des Alters iSd. § 3 Abs. 1 AGG führt.
26 (1) Nach § 7 Abs. 1 Halbs. 1 AGG dürfen Beschäftigte nicht wegen der in § 1 AGG genannten Gründe, ua. wegen des Alters, benachteiligt werden. Unzulässig sind unmittelbare und mittelbare Benachteiligungen. Eine unmittelbare Benachteiligung ist nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG gegeben, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation. Nach § 3 Abs. 2 AGG liegt eine mittelbare Benachteiligung vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.
27 (2) Die Altersabstandsklausel in Nr. 10 Abs. 4 PO 1972 benachteiligt die von der Regelung erfassten Arbeitnehmer unmittelbar wegen ihres Alters (vgl. BAG 20. Februar 2018 - 3 AZR 43/17 - Rn. 19 mwN zum Streitstand). Die Regelung, die an den Altersabstand zwischen dem Versorgungsberechtigten und seinem Ehepartner und damit an ein Kriterium anknüpft, das in untrennbarem Zusammenhang mit dem in § 1 AGG genannten Merkmal „Alter“ steht, hat zwangsläufig zur Folge, dass nur Arbeitnehmer ab einem bestimmten Alter von Nr. 10 Abs. 4 PO 1972 nachteilig betroffen sein können. Nach dieser Regelung, nach der Witwenpensionen um 5 vH für jedes weitere Jahr Altersunterschied gekürzt werden, wenn die Ehefrauen mehr als 15 Jahre jünger sind als der versorgungsberechtigte Arbeitnehmer, tritt eine solche Kürzung erstmals bei einem Altersunterschied von 16 Jahren ein. Die durch diese Klausel bewirkte Kürzung kann - ausgehend von einem Ehemündigkeitsalter von 18 Jahren nach § 1303 Abs. 1 iVm. § 2 BGB - regelmäßig nur solche Arbeitnehmer erfassen, die bei Eheschließung das 34. Lebensjahr vollendet haben. Unerheblich ist, dass nicht alle (verheirateten) Arbeitnehmer dieser Altersgruppe von der Regelung nachteilig betroffen sind, sondern nur solche, deren Ehepartner um mehr als 15 Jahre jünger ist. Eine unmittelbare Benachteiligung dieser Altersgruppe entfällt nicht deshalb, weil nur ein Teil der Merkmalsträger hiervon betroffen wird. Die unmittelbare Anknüpfung einer Regelung an ein Merkmal iSd. § 1 AGG wird durch die Einschränkung des Kreises der nachteilig Betroffenen nicht beseitigt (vgl. BAG 20. Februar 2018 - 3 AZR 43/17 - Rn. 19).
28 bb) Ob Nr. 10 Abs. 4 PO 1972 darüber hinaus auch zu einer mittelbaren Benachteiligung von Männern und damit wegen des Geschlechts nach §§ 1, 3 Abs. 2 AGG führt, hat der Senat nicht zu prüfen. Die Klägerin hat keinen Sachvortrag dazu gehalten, dass bei der Beklagten typischerweise erheblich mehr Männer jüngere Frauen geheiratet haben und damit von der Klausel nachteilig betroffen waren.
29 cc) Die durch die Altersabstandsklausel in Nr. 10 Abs. 4 PO 1972 bewirkte Benachteiligung wegen des Alters ist nach § 10 Satz 1 und Satz 2 AGG sachlich gerechtfertigt.
30 (1) Nach § 10 Satz 1 AGG ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters zulässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Die Mittel zur Erreichung dieses Ziels müssen nach § 10 Satz 2 AGG angemessen und erforderlich sein. § 10 Satz 3 AGG enthält eine Aufzählung von Tatbeständen, wonach derartige unterschiedliche Behandlungen insbesondere gerechtfertigt sein können. Nach § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG ist dies der Fall bei der Festsetzung von Altersgrenzen bei den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit als Voraussetzung für die Mitgliedschaft oder den Bezug von Altersrente oder von Leistungen bei Invalidität einschließlich der Festsetzung unterschiedlicher Altersgrenzen im Rahmen dieser Systeme für bestimmte Beschäftigte oder Gruppen von Beschäftigten und die Verwendung von Alterskriterien im Rahmen dieser Systeme für versicherungsmathematische Berechnungen. Indem der Gesetzgeber den in Nr. 4 geregelten Tatbestand in die Rechtfertigungsgründe des § 10 Satz 3 AGG eingeordnet hat, hat er zum Ausdruck gebracht, dass die Festsetzung von Altersgrenzen für den Anspruch auf Leistungen aus den dort aufgeführten betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit grundsätzlich objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel iSv. § 10 Satz 1 AGG gerechtfertigt ist. Da eine solche Altersgrenze in der jeweiligen Versorgungsregelung festzusetzen ist, muss die konkret gewählte Altersgrenze allerdings iSv. § 10 Satz 2 AGG angemessen und erforderlich sein (st. Rspr., vgl. etwa BAG 20. Februar 2018 - 3 AZR 43/17 - Rn. 22 mwN). Soweit die Voraussetzungen von § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG erfüllt sind, ist eine unterschiedliche Behandlung danach zwar grundsätzlich, aber nicht immer zulässig (BAG 26. September 2017 - 3 AZR 72/16 - Rn. 38, BAGE 160, 255).
31 (2) § 10 AGG dient der Umsetzung von Art. 6 Richtlinie 2000/78/EG in das nationale Recht. Die Bestimmung ist mit Unionsrecht vereinbar (vgl. bereits BAG 18. März 2014 - 3 AZR 69/12 - Rn. 22 ff. mwN, BAGE 147, 279). Dies gilt nach Art. 8 Abs. 1 Richtlinie 2000/78/EG auch, soweit die Anforderungen an die Zulässigkeit von Altersgrenzen iSd. § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG über das nach Unionsrecht Erforderliche hinausgehen (vgl. dazu ausführlich BAG 26. September 2017 - 3 AZR 72/16 - Rn. 40 ff., BAGE 160, 255).
32 (3) Es kann dahinstehen, ob es sich bei der Altersabstandsklausel in Nr. 10 Abs. 4 PO 1972 um eine Altersgrenze iSd. § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG handelt. Selbst wenn man zugunsten der Klägerin annähme, dass der Tatbestand des § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG im Streitfall nicht erfüllt wäre, wäre die durch die Regelung bewirkte unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters nach § 10 Satz 1 und Satz 2 AGG gerechtfertigt.
33 (a) Mit der Kürzungsregelung in Nr. 10 Abs. 4 PO 1972 werden legitime Ziele iSd. § 10 Satz 1 AGG verfolgt.
34 (aa) Legitime Ziele iSv. § 10 Satz 1 AGG sind wegen der in Art. 6 Abs. 1 Richtlinie 2000/78/EG genannten Beispielsfälle sozialpolitische Ziele wie solche aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt oder berufliche Bildung (vgl. EuGH 13. September 2011 - C-447/09 - [Prigge] Rn. 81 mwN; vgl. auch BVerfG 24. Oktober 2011 - 1 BvR 1103/11 - Rn. 15). Auch Ziele im Bereich der Arbeits- und Sozialpolitik, die ein Arbeitgeber mit einer im Arbeitsvertrag vorgesehenen betrieblichen Altersversorgung anstrebt, können legitime Ziele im Sinne der unionsrechtlichen Vorgaben sein (vgl. EuGH 26. September 2013 - C-476/11 - [HK Danmark] Rn. 60 ff.). Dementsprechend sind Ziele, die im Rahmen von Anliegen der Beschäftigungspolitik und des Sozialschutzes einen Ausgleich zwischen verschiedenen beteiligten Interessen schaffen sollen, um damit der Verbreitung der betrieblichen Altersversorgung zu dienen, als legitim iSv. § 10 Satz 1 AGG anzusehen. Dazu gehört auch, den unternehmerischen Belangen einer begrenz- und kalkulierbaren Belastung Rechnung zu tragen (vgl. EuGH 13. Juli 2017 - C-354/16 - [Kleinsteuber] Rn. 62 ff.). Indem § 10 AGG erlaubt, in Versorgungsordnungen die Leistungspflichten des Versorgungsschuldners zu begrenzen und damit für diesen eine verlässliche und überschaubare Kalkulationsgrundlage zu schaffen, verfolgt die gesetzliche Bestimmung das Ziel, die betriebliche Altersversorgung zu verbreiten. Es hält sich demnach im Rahmen dieses legitimen Ziels, wenn in einer Versorgungsordnung von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht wird (BAG 20. Februar 2018 - 3 AZR 43/17 - Rn. 26; 26. September 2017 - 3 AZR 72/16 - Rn. 49, BAGE 160, 255).
35 (bb) Das mit einer Regelung verfolgte Ziel muss dabei nicht ausdrücklich benannt werden. Auch aus dem allgemeinen Kontext der Regelung können sich Anhaltspunkte ergeben, die es ermöglichen, den Zweck der Regelung festzustellen und dadurch Geeignetheit, Erforderlichkeit und Angemessenheit der Bestimmung zu überprüfen (vgl. BAG 20. Februar 2018 - 3 AZR 43/17 - Rn. 27; 26. September 2017 - 3 AZR 72/16 - Rn. 50 mwN, BAGE 160, 255).
36 (cc) Danach ist die in Nr. 10 Abs. 4 PO 1972 geregelte Kürzung der Hinterbliebenenversorgung von Ehefrauen, die mehr als 15 Jahre jünger als der versorgungsberechtigte Arbeitnehmer sind, durch ein legitimes Ziel gedeckt. Die Kürzung begrenzt die mit der Gewährung einer Hinterbliebenenversorgung verbundenen finanziellen Risiken. Damit dient die Regelung dem Interesse des Arbeitgebers an einer überschaubaren und kalkulierbaren Versorgungslast. Gerade bei der Hinterbliebenenversorgung hat der Arbeitgeber ein anerkennenswertes Interesse an einer solchen Begrenzung, da ein derartiges Leistungsversprechen zusätzliche Unwägbarkeiten und Risiken nicht nur in Bezug auf den Zeitpunkt des Leistungsfalls, sondern auch hinsichtlich der Dauer der Leistungserbringung mit sich bringt.
37 (b) Die Kürzungsvorschrift in Nr. 10 Abs. 4 PO 1972 ist auch angemessen und erforderlich iSv. § 10 Satz 2 AGG.
38 (aa) Eine Regelung, die eine Benachteiligung wegen des Alters bewirkt, ist nach § 10 Satz 2 AGG grundsätzlich angemessen, wenn sie erlaubt, das mit ihr verfolgte Ziel iSv. § 10 Satz 1 AGG zu erreichen, ohne zu einer übermäßigen Beeinträchtigung der legitimen Interessen derjenigen Arbeitnehmer zu führen, die aufgrund der Klausel benachteiligt werden (vgl. EuGH 26. Februar 2015 - C-515/13 - [Ingeniørforeningen i Danmark] Rn. 25). Dabei ist zu berücksichtigen, dass auch die Hinterbliebenenversorgung nicht nur Versorgungs-, sondern auch Entgeltcharakter hat. Die Regelung ist erforderlich iSd. § 10 Satz 2 AGG, wenn sie nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung des angestrebten Ziels notwendig ist (vgl. EuGH 26. September 2013 - C-546/11 - [Dansk Jurist - og Økonomforbund] Rn. 59).
39 (bb) Gemessen daran ist die vorliegend streitbefangene Regelung sowohl angemessen als auch erforderlich.
40 (aaa) Nr. 10 Abs. 4 PO 1972 ist durch die Kürzung der Witwenpension von Hinterbliebenen, die mehr als 15 Jahre jünger als der Versorgungsberechtigte sind, geeignet, das mit der Bestimmung verfolgte Ziel einer Risikobegrenzung zu erreichen. Die Regelung führt auch nicht zu einer übermäßigen Beeinträchtigung der berechtigten Interessen derjenigen Arbeitnehmer, die aufgrund der Klausel benachteiligt werden. Zwar haben verheiratete Arbeitnehmer - unabhängig vom Alter ihres Ehegatten - regelmäßig ein Interesse an einer umfänglichen Versorgung ihrer Hinterbliebenen. Auch handelt es sich bei der Hinterbliebenenversorgung um Entgelt, das die versorgungsberechtigten Arbeitnehmer als Gegenleistung für ihre im Arbeitsverhältnis erbrachte Betriebszugehörigkeit erhalten. Bei einem Altersabstand von mehr als 15 Jahren ist der - die Ehe prägende - gemeinsame Lebenszuschnitt der Ehepartner allerdings von vornherein darauf angelegt, dass der Hinterbliebene einen Teil seines Lebens ohne den Versorgungsberechtigten verbringt. Einem hohen Altersabstand innerhalb einer Ehe ist es typischerweise immanent, dass der jüngere Ehepartner einen größeren Zeitabschnitt seines Lebens ohne die an die Einkommenssituation des versorgungsberechtigten Arbeitnehmers gekoppelten Versorgungsmöglichkeiten erleben wird. Es ist daher legitim, wenn ein Arbeitgeber dieses bereits strukturell im Lebenszuschnitt des Arbeitnehmers angelegte Risiko nicht durch die Zusage einer Hinterbliebenenversorgung übernimmt. Dies gilt erst recht, wenn - wie in Nr. 10 Abs. 4 PO 1972 bestimmt - ein Altersabstand von mehr als 15 Jahren nicht sofort zu einem Ausschluss von der Hinterbliebenenversorgung führt, sondern eine maßvolle schrittweise Kürzung von 5 vH der Ausgangspension für jedes weitere Jahr Altersabstand bewirkt, sodass auch bei großen Altersunterschieden noch eine Witwenpension gewährt wird und erst bei einem Altersabstand von 35 Jahren der vollständige Ausschluss erfolgt.
41 Die Regelung in Nr. 10 Abs. 4 PO 1972 knüpft zudem hinreichend an die für eine solche Situation maßgeblichen demographischen Kriterien an. Bei mehr als 80 vH aller Ehepaare beträgt der Altersabstand weniger als sieben Jahre (vgl. Statistisches Bundesamt, Bevölkerung und Erwerbstätigkeit, Haushalte und Familien, Ergebnisse des Mikrozensus 2016 S. 80). Bei einem Altersabstand von mehr als 15 Jahren zwischen dem versorgungsberechtigten Arbeitnehmer und seiner Ehefrau liegt daher ein die Kürzung der Hinterbliebenenversorgung um 5 vH für jedes weitere Jahr Altersabstand tragender Unterschied zum typischen „Normalfall“ vor. Die Bestimmung in Nr. 10 Abs. 4 PO 1972 führt nur für solche Ehefrauen zu einer Kürzung der Witwenpension, deren Altersunterschied zum Ehepartner den üblichen Abstand in erheblichem Maße übersteigt.
42 (bbb) Die durch Nr. 10 Abs. 4 PO 1972 bewirkte Kürzung der Witwenpension ist auch erforderlich iSv. § 10 Satz 2 AGG. Die durch die Vorschrift bedingte Begrenzung lässt sich mit gleicher Wirksamkeit nicht durch ein anderes, milderes Mittel erreichen. Insbesondere ist der Abschluss einer Rückdeckungsversicherung - entgegen der Ansicht der Klägerin - kein solches milderes Mittel. Diese dient nicht dem Zweck, die Leistungspflichten des Versorgungsschuldners zu begrenzen, sondern die zugesagte Versorgung aufzubringen. Insoweit ist die Rückdeckungsversicherung ein bloßes Finanzierungsinstrument (vgl. BAG 19. Mai 2016 - 3 AZR 766/14 - Rn. 23), mit dem der Arbeitgeber aufgrund von Beitragszahlungen an das Versicherungsunternehmen Deckungskapital aufbaut.
43 2. Die Altersabstandsklausel in Nr. 10 Abs. 4 PO 1972 ist auch nicht deshalb unwirksam, weil sie die Arbeitnehmer der Beklagten entgegen den Geboten von Treu und Glauben nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unangemessen benachteiligt. Zwar dürfte es sich bei den Bestimmungen der PO 1972 um Allgemeine Geschäftsbedingungen iSd. § 305 Abs. 1 BGB handeln. Soweit die Klausel in Nr. 10 Abs. 4 PO 1972 jedoch zu einer Benachteiligung der rechtlich anerkannten Interessen der Versorgungsberechtigten führt, ist dies durch das begründete und billigenswerte Interesse der Versorgungsschuldnerin an einer Begrenzung der Hinterbliebenenversorgung gerechtfertigt (vgl. allgemein zur unangemessenen Benachteiligung BAG 21. Februar 2017 - 3 AZR 297/15 - Rn. 35 mwN, BAGE 158, 154). Insoweit gilt im Streitfall für die Prüfung nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB nichts Weitergehendes als für die Prüfung nach § 10 Satz 1 und Satz 2 AGG.
44 3. Die Klausel in Nr. 10 Abs. 4 PO 1972 ist - entgegen der Auffassung der Klägerin - auch nicht überraschend iSv. § 305c Abs. 1 BGB und deshalb Bestandteil der Versorgungszusage geworden. Altersabstandsklauseln sind im Zusammenhang mit Versorgungszusagen für Hinterbliebene ein verbreitetes Gestaltungsinstrument. Mit der Aufnahme einer solchen Regelung in einen Formularvertrag muss der Versorgungsberechtigte rechnen. Die Klausel ist auch nicht an einer unvorhersehbaren Stelle im Text eingefügt. Sie ist vielmehr in der mit „Witwenpension“ überschriebenen Passage der Ehegattenversorgung geregelt und nicht in einen ungegliederten Fließtext integriert, sondern durch einen Absatz vom übrigen Text getrennt. Daher ist sie drucktechnisch auch ausreichend hervorgehoben.
45 III. Ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 Abs. 3 AEUV ist nicht geboten. Der vorliegende Fall wirft keine entscheidungserheblichen Fragen des Unionsrechts auf. Ob eine Diskriminierung wegen des Alters iSd. Art. 6 der Richtlinie 2000/78/EG sachlich gerechtfertigt ist, haben die nationalen Gerichte zu prüfen (vgl. EuGH 5. März 2009 - C-388/07 - [Age Concern England] Rn. 47).
46 C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.