Zum Beginn des neuen Jahres
Das Jahr 2018 hat begonnen – und nach wie vor zeichnet sich keine Lösung im Streit um den GlüStV ab. Zwar wird der zweite Änderungsstaatsvertrag in vielen Länderparlamenten weiter routinemäßig abgearbeitet. Aber der Widerstand aus Schleswig-Holstein und Hessen dauert fort. Hier wird der bis Juni 2021 datierte Staatsvertrag offenkundig nur noch als Fessel empfunden, derer man sich so rasch wie möglich entledigen möchte. Flankierend hierzu plädieren prominente Stimmen wie Chr. Koenig im Editorial zu Heft 5/2017 dieser Zeitschrift für eine Beendigung der Regulierungsgemeinschaft der Länder, um den Weg zu autonomen Lösungen auf Seiten zumindest einzelner Länder zu öffnen. Doch ist dieser Weg wirklich gangbar? Hatten nicht gerade die Befürworter einer weitergehenden Öffnung des Glücksspielmarktes die Einheit der Länderregulierung bislang stets als zwingendes unionsrechtliches Kohärenzerfordernis betont? Wie aber wird sich dann überzeugend vermitteln lassen, dass über einen endgültigen Kollaps der Regulierungsgemeinschaft der Länder „unionsrechtskonformes ‚State of the Art‘ kodifizierendes Landesrecht“ hergestellt werden sollte? Noch gravierender erscheinen die praktischen Probleme föderal zersplitterter Regulierungen. „16 Länder – 16 Regulierungen“ klingt nicht wirklich wie die Zauberformel für eine zukunftsfeste Ordnung! Jedenfalls sollte niemand überrascht sein, wenn die Auflösung der Regulierungsgemeinschaft der Länder am Ende nicht zu einem föderalen Wettbewerb um das beste Glücksspielrecht führen wird, sondern zur Übernahme zentraler Regulierungszuständigkeiten durch den Bund. Unschwer ist zu beobachten, wie sich die Protagonisten einer solchen Alternative in Stellung bringen. Ob die Länder diesen Preis zu zahlen bereit sind, sollten sie sich rechtzeitig gründlich überlegen. Ohnehin bleibt die Frage offen, wie ein vorzeitiges eigenmächtiges Ausscheren einzelner Länder aus dem laufenden Vertrag rechtlich legitimiert werden sollte. Der These von einer autonomen Suspendierungsbefugnis aufgrund fehlender Gesamtschlüssigkeit des GlüStV dürfte jedenfalls die erforderliche Wucht fehlen. Denn bei allem nachvollziehbaren Unmut über das Stocken des Konzessionierungsverfahrens darf nicht übersehen werden, dass die Bestimmungen des GlüStV zu ihrem überwiegenden Teil außer Streit stehen bzw. ihre gerichtliche Feuerprobe überstanden haben. Selbst die immer wieder behauptete Unionsrechtswidrigkeit des Verbots von Online-Casinospielen bleibt eine unbelegte These. So votierte das BVerwG mit zwei Entscheidungen vom 26.10.2017 erst jüngst in entgegengesetztem Sinne. Und die EU-Kommission hat ihr Verfahren gegen die Regulierung in Deutschland gerade erst geräuschlos eingestellt – Pressemeldungen zufolge nicht zuletzt unter Verweis auf mitgliedstaatliche Regelungsspielräume. Bliebe damit nur der Sportwettensektor, in dem die vormals (auch) „quantitative“ Regulierung indes mittlerweile ohnehin einer (allenfalls) „qualitativen“ Regulierung gewichen ist. Aber war genau dies nicht ursprünglich das Ziel der dissentierenden Länder? Und selbst wenn man an der ein oder anderen Stelle unionsrechtlich zu anderen Bewertungen kommen wollte, therapiert das Unionsrecht etwaige Unionsrechtswidrigkeiten in der nationalen Gesetzgebung selbst: nämlich über die Figur des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts. Die schlichte Mitteilung eines Landes, ein eigenes Landesgesetz erlassen zu wollen, dürfte daher kaum hinreichen, um die mit dem GlüStV freiwillig eingegangenen Bindungen zu dispensieren. Der zähe Diskurs um die künftige Glücksspielregulierung in Deutschland wird nach alledem wohl noch eine Zeitlang fortdauern. Und wer weiß, ob es im Verlauf des noch jungen Jahres nicht doch noch zu einer gemeinsamen Lösung kommen wird.
Auch im neuen Jahr 2018, das uns allen viel Glück bringen möge, gehen also die Themen nicht aus. Und gute Ideen sind weiter erwünscht!
Prof. Dr. Johannes Dietlein, Düsseldorf*
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