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ZFWG 2024, 181
Anstötz/Tautz 

Der Gong schlägt zur nächsten Runde im Kampf gegen das unerlaubte Online-Glücksspiel

Abbildung 1

Abbildung 2

Neben dem Financial-Blocking setzt der Glücksspielstaatsvertrag im Vollzug gegen unerlaubtes Glücksspiel im Internet auch auf sogenannte Netzsperren, um den Zugriff auf entsprechende Angebote zu unterbinden. Den Netzsperren haben mittlerweile allerdings mehrere Verwaltungs- und Oberverwaltungsgerichte, auch im Hauptsacheverfahren, einen ‚K.O.-Schlag‘ verpasst. Grund dafür ist die Konzeption der Ermächtigungsgrundlage des § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 GlüStV 2021, die auf die Regelungen des Telemediengesetzes zur Verantwortlichkeit bzw. Verantwortlichkeitsprivilegierung von Diensteanbietern verweist. Hierdurch setzt das Glücksspielrecht voraus, dass die Diensteanbieter telemedienrechtlich nicht von der Verantwortlichkeit privilegiert werden. Weil die im Mittelpunkt stehenden Access-Provider aber regelmäßig in den Genuss einer Privilegierung kommen, fehlt es im Rechtssinne an ihrer Verantwortlichkeit. Entsprechende Verfügungen der Gemeinsamen Glücksspielbehörde der Länder waren damit rechtswidrig.

Im Hinblick auf dieses Problem sind dem Staatsvertragsgeber aber nicht die Hände gebunden. Um das Instrument der Netzsperre rechtssicher einsatzfähig zu machen, reicht bereits die Streichung des Verantwortlichkeitsmerkmals im Glücksspielstaatsvertrag. Hierdurch würde das Glücksspielrecht eine sonderordnungsrechtliche Störerbestimmung treffen und den Adressatenkreis potentieller Sperrverfügungen erweitern. Trotz der Wellen, welche die gerichtlichen Entscheidungen geschlagen haben, ist eine entsprechende Änderung des Glücksspielstaatsvertrags in den Ländern bisher nicht mit gleicher Aufmerksamkeit thematisiert worden. Lediglich der nordrhein-westfälische Landtag hat diese Frage jüngst seinem Hauptausschuss zur weiteren Beratung überwiesen (LT NRW PlBPr. 18/53, S. 2). Der Ausschuss hat daraufhin die Durchführung einer schriftlichen Anhörung zu diesem Thema beschlossen (LT NRW APr. 18/470, S. 33).

Der Umfang des Änderungsbedarfs erweitert sich ferner durch die Geltung des neuen Digital Service Acts (DSA), das Inkrafttreten des Digitale-Dienste-Gesetzes und das Außerkrafttreten des Telemediengesetzes. Denn seither läuft der Verweis auf das Telemediengesetz ins Leere. Aus Gründen der Rechtsklarheit sollten zudem sprachliche Anpassungen an den DSA erfolgen. Dieser spricht nicht mehr von Verantwortlichkeit sondern von Haftung. Mit Art. 9 Abs. 2 DSA werden schließlich auch formelle Mindestanforderungen an Anordnungen zum Vorgehen gegen rechtswidrige Inhalte ausdrücklich normiert. Diese decken sich weitgehend mit den nach deutschem Verwaltungs- und Verfassungsrecht ohnehin bestehenden Anforderungen an den Erlass von Verwaltungsakten.

Unter Berücksichtigung der aufgeworfenen Probleme und Änderungen der Rechtslage empfiehlt sich zur ‚Reanimation‘ des § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 GlüStV 2021 folgender Wortlaut:

„Sie [die Behörde] kann unbeschadet sonstiger in diesem Staatsvertrag und anderen gesetzlichen Bestimmungen vorgesehener Maßnahmen insbesondere nach vorheriger Bekanntgabe unerlaubter Glücksspielangebote unter Berücksichtigung der in Art. 9 der Verordnung (EU) 2022/2065 normierten Bedingungen Maßnahmen zur Sperrung dieser Angebote gegen Anbieter von Vermittlungsdiensten i. S. d. Art. 4–6 der Verordnung (EU) 2022/2065 ergreifen, sofern sich Maßnahmen gegenüber einem Veranstalter oder Vermittler dieses Glücksspiels als nicht durchführbar oder nicht erfolgversprechend erweisen; diese Maßnahmen können auch erfolgen, wenn das unerlaubte Glücksspielangebot untrennbar mit weiteren Inhalten verbunden ist.“

ZfWG 2024 S. 181 (182)

Diesem Änderungsvorschlag vergleichbare Vorschriften gab und gibt es bereits im Rundfunk- und Medienstaatsvertrag. Warum die Länder bisher nicht in Anlehnung daran auch im Glücksspielstaatsvertrag eine entsprechende Vorschrift normiert haben, erschließt sich nicht. Dies gilt umso mehr, da sich die Rundfunkkommission der Länder jüngst für einen geplanten sechsten Medienänderungsstaatsvertrag ausdrücklich an der Maßnahme des Payment-Blocking im Glücksspielstaatsvertrag ein Vorbild nimmt. Eine Adaption von Instrumenten sollte auch in die andere Richtung möglich sein: Da der Kampf gegen das illegale Glücksspielangebot im Internet andauern wird, täte der Staatsvertragsgeber gut daran, dem Instrument der Netzsperre im Glücksspielrecht wieder auf die Beine zu helfen, anstatt sprichwörtlich das Handtuch zu werfen.

Im Interesse einer möglichst großen Wirksamkeit der Bekämpfung des unerlaubten Online-Glücksspiels könnte der Glücksspielaufsichtsbehörde zugleich die Befugnis erteilt werden, den in Anspruch genommenen Anbieter eines Vermittlungsdienstes zur Umleitung des Spielers auf eine Landing-Page zu verpflichten. Dort sollte dem Spieler – nach dänischem Vorbild – der Grund für die Sperre genannt sowie ein Hyperlink auf eine Internetseite der Gemeinsamen Glücksspielbehörde mit weiterführenden Informationen zum erlaubten Glücksspiel zur Verfügung gestellt werden. Dies könnte zur Akzeptanz der Sperre durch den betroffenen Spieler, seinem Wechsel in den legalen Markt und damit zur Kanalisierung beitragen.

Dipl. jur. Robin Anstötz und Dipl. jur. Florian Tautz, Bochum*

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