Peter Mankowski †
Peter Mankowski verstarb am 10. 2. 2022 im Alter von nur 55 Jahren. Über mehr als zwanzig Jahre wirkte er als Ordinarius für Bürgerliches Recht, Rechtsvergleichung und Internationales Privat- und Prozessrecht an der Juristischen Fakultät der Universität Hamburg. Peter Mankowski war ein Meister seiner Fächer und als solcher seit Jahrzehnten europaweit bekannt und geschätzt. Mit ihm hat die Privat- und Kollisionsrechtswissenschaft in Deutschland und Europa eine markante, wirkmächtige Stimme verloren. Die Lücke, die Peter Mankowski hinterlässt, ist nicht zu schließen. Sein früher Tod hinterlässt die Gemeinschaft des Internationalen Privatrechts in Deutschland, Europa und der Welt in tiefer Trauer.
Peter Mankowski wurde am 11. 10. 1966 in Hamburg geboren. Er besuchte das älteste und wohl berühmteste Gymnasium seiner Heimatstadt, die Gelehrtenschule des Johanneums (Jahrzehnte später beschrieb er mir die dort verbrachten Oberstufenjahre als eine besonders glückliche Zeit seines Lebens), und studierte nach einem staunenswerten Abitur in Hamburg Jura. Zum Internationalen Privatrecht kam er früh. 1989, noch als cand.iur. (und dem Vernehmen nach als jüngster jemals in RabelsZ vertretener Autor) veröffentlichte er eine einflussreiche Grundlegung des Internationalen Arbeitsvertragsrechts der Seeleute (Mankowski, RabelsZ 53 [1989], 487). Seinen dort entwickelten Thesen stimmte das BAG noch im selben Jahr mit folgenden Worten zu (BAG 24. 8. 1989, BAGE 63, 17, 33): “Die von Mankowski (. . .) gegebene Begründung überzeugt.” So das Höchstgericht über den Text des 22-Jährigen!
In der Wissenschaft kam er allerspätestens mit der Promotion 1994 an. Die preisgekrönte, von Rolf Herber betreute Dissertation behandelt meisterhaft “Seerechtliche Vertragsverhältnisse im Internationalen Privatrecht” (1995). Noch heute wirkt das ausgewogene, reichhaltige Werk wie eine Professorenmonographie. Nach dem Referendariat in Hamburg und den Assistenten- und Habilitandenjahren bei Christian v. Bar in Osnabrück (1994–2000) wurde Peter Mankowski schon 2001, mit 34, Ordinarius in Hamburg. Es war ein großer Glücksfall für Stadt und Universität Hamburg, dass er, der in seiner Heimatstadt fest verwurzelt war und die Universität und ihr Umfeld sehr gut kannte, das Amt übernahm. Ich kam nur wenig später, als “Erstbesetzung” einer seiner Mitarbeiterstellen, an seinen Lehrstuhl und durfte ihn seitdem als Rechts- und Hochschullehrer, aber auch als Doktor- und Habilitationsvater erleben und von ihm lernen.
Für Peter Mankowski stehen seine unzähligen Publikationen. Wenige Tage vor seinem Tod sprachen wir scherzhaft darüber, dass wir nun schon zusammen älter würden. Zum 70. Geburtstag wünschte er sich eine Festschrift, die ich herausgeben sollte. Denn Peter Mankowski liebte Festschriften! Ich meinte, ich müsse dann wohl eine Mitarbeiterin einstellen, eigens um sein Schriftenverzeichnis aufzuarbeiten. Er erwiderte: “Brauchen Sie nicht, ich halte es doch immer aktuell und schicke es Ihnen einfach!”
Eben jenes Verzeichnis hat heute 63 Seiten, umfasst nahezu 1500 Positionen und erstreckt sich über mehr als dreißig Jahre. Seit den Tagen seines Jurastudiums bis zu seinem Tod (und weit darüber hinaus, da in vielen Redaktionen noch Manuskripte von ihm liegen und posthum erscheinen werden) publizierte Peter Mankowski unermüdlich, ja leidenschaftlich auf seinen Fachgebieten. Man kann kaum sagen, dass er daran “arbeitete”, denn ihm war es eigentlich keine Arbeit, sondern Freude und Erfüllung. Jede Zeile machte ihm Spaß. An vielen Arbeitstagen, die wir morgens gemeinsam begonnen hatten, kam er abends noch einmal in mein Büro und erzählte mir, was wieder alles fertig geworden war – manchmal mehrere Anmerkungen oder Rezensionen an einem Tag, da er die Kurzform in ihrer Konzentration besonders schätzte. Peter Mankowskis unzählige Schriften haben nichts Schweres. Sie sind leicht und ungekünstelt, verzichten auf Pose und Gepränge. Sein unverkennbarer Stil macht seine Publikationen zur Lesefreude, noch zusätzlich zu der enormen Sachkenntnis, der weiten Umschau (gerade auch im Ausland) und der zwingenden Argumentationskraft, die allesamt für Peter Mankowski typisch und seine Markenzeichen sind. Eine Würdigung seines gewaltigen Werks auf engstem Raum mutet anekdotisch und fragmentarisch, ja fast anmaßend an. Jede Auswahl ist zwangsläufig subjektiv.
Für Peter Mankowski als Kollisionsrechtler steht zweifellos das große, jedermann als Standardwerk geläufige Lehrbuch zum Internationalen Privatrecht, das er seit der 2. Auflage von 2003 (Allgemeine Lehren) und 2019 (Besonderer Teil) gemeinsam mit seinem Habilitationsvater Christian v. Bar schrieb. Nirgendwo sonst
Auf dem Gebiet des Internationalen Zivilverfahrensrechts bewies sich Peter Mankowski in unzähligen Aufsätzen. Er interessierte sich nahezu für alles. Insbesondere das Recht der internationalen Entscheidungszuständigkeit beherrschte, diskutierte und erschloss er in allen Verästelungen, denn er hatte erkannt, dass die Würfel in der Rechtspraxis oft schon in der Verfahrensstation fallen und dass die kompetenzrechtliche Verortung heute zumindest gleichwertig neben die kollisionsrechtliche Anknüpfung tritt. Er begriff das IZPR als untrennbares Schwestergebiet des IPR. Auch der Wettbewerb der Rechtsordnungen und die Rolle des Rechts (und eines attraktiven Forums) als Standortfaktor trieben ihn um. Für Peter Mankowskis internationalverfahrensrechtliches und kollisionsrechtliches Werk stehen insbesondere auch seine brillanten englischsprachigen Kommentierungen, u. a. zum Recht der internationalen Zuständigkeit, in “seinem” großen Erläuterungswerk, dem gemeinsam mit Ulrich Magnus herausgegebenen Magnus/Mankowski (European Commentaries on Private International Law). Allein diese Reihe ist eine Pioniertat, da sie das in Deutschland so erfolgreiche Konzept der Kommentierung “Vorschrift für Vorschrift” erstmals auf das unionsrechtliche IPR und IZVR anwendet, sich dafür auf eine internationale Autorenschaft stützt und so einen Chor von Stimmen aus vielen europäischen Ländern wohltönend erklingen lässt. Ein sehr breites sachprivatrechtliches und internationaleinheitsrechtliches Werk und viele rechtsvergleichende Beiträge, darunter die außergewöhnliche, pünktlich zu seinem 50. Geburtstag veröffentlichte Monographie “Rechtskultur” (2016), kommen noch hinzu. Peter Mankowski erfuhr ein hohes Maß an öffentlicher wissenschaftlicher Anerkennung. Sein uvre trug ihm den Kurt-Hartwig-Siemers-Preis der Hamburgischen Wissenschaftlichen Stiftung (1995), den Heinz-Maier-Leibnitz-Preis der DFG und des BMBF (1997) und den Berenberg Preis für Wissenschaftssprache (2018) ein.
Peter Mankowskis Blick auf das Recht war unverstellt, nüchtern und pragmatisch. Als Anwaltssohn schätzte er den Anwaltsberuf und arbeitete und argumentierte oft selbst wie ein Anwalt. Praktisch umsetzbare, interessengerechte Detaillösungen waren ihm wichtiger als theoretische Überhöhungen, große Ideen oder “Lehren”, auch wenn oder gerade weil er die Strukturprinzipien der Rechtsordnung bis ins Kleinste kannte, tief durchdrungen hatte und meisterhaft beherrschte. Ideologien, gleich welcher Couleur, lehnte er ab. Von Bürokratisierung und Politisierung des Rechtsstoffs (Lobbyinteressen offenlegend Mankowski, Interessenpolitik und europäisches Kollisionsrecht, 2011, passim) oder auch des Hochschulbetriebs hielt er nichts. Ihm ging es um die Sache. Mit allen, wirklich allen Publikationen Peter Mankowskis kann man in der Rechtspraxis “etwas anfangen” – wer kann das heute von sich sagen?
Peter Mankowski war nicht nur ein überragender Wissenschaftler und Hochschullehrer, sondern auch ein bewundernswerter Mensch, von dem man viel lernen konnte. Unzählige Juristinnen und Juristen bewahren ihm ein ehrendes Andenken, weil er sie im Studium erfolgreich unterrichtet und gefördert, viele bis zur Promotion geführt hat. Er war ein Rechtslehrer alter Schule und traditionellen Stils im besten Sinn. Für einen Spaß war er freilich immer zu haben. Zu einem Geburtstag in glücklichen Tagen schenkte “der Lehrstuhl” ihm die gerahmte Skizze eines Dinosauriers, die er lachend annahm und sofort in sein Büro hängte – sie hängt dort wohl immer noch.
Feiner Humor, Bescheidenheit, Fairness, Fürsorglichkeit, Integrität, Respekt für und Rücksicht auf andere sowie nicht zuletzt hanseatischer Stil zeichneten Peter Mankowski aus. Auf der ersten Textseite seiner Habilitationsschrift heißt es (im Zusammenhang mit dem Grundsatz der Bindung an das gegebene Wort): “Ein Wort ist ein Wort, und ein anderes Wort nimmt es nicht fort” (Mankowski, Beseitigungsrechte, 2003, S. 1). Diesen Satz lebte er. Wenn Peter Mankowski etwas versprach, hielt er es.
Lieber Herr Mankowski, Sie sind nun vorausgegangen. Wenn auch ich Ihnen ein Versprechen geben darf: Sie werden nicht vergessen werden. Bis wir uns wiedersehen, wird Ihr einzigartiges Werk Trost bieten.
Professor Dr. Oliver L. KnöfelFrankfurt (Oder)