HR & Compliance – eine symbiotische Beziehung
„Mit der Personalabteilung ergeben sich die meisten Schnittmengen.“
Die diesjährige Deutsche Compliance Konferenz 2023 im Steigenberger Hof am 9. und 10. 5. 2023 in Frankfurt a. M. beschäftigte sich – wie die vorliegende Schwerpunktausgabe „HR-Compliance“ – auch mit Themen im Spannungsfeld zwischen Human Ressources (HR) und Compliance. Grund genug, im Editorial kurz darzulegen, warum HR und Compliance zusammengehören.
Es gibt aus Sicht von Compliance wohl keine andere Fach- oder Zentralabteilung in Unternehmen, mit der es mehr thematische Schnittmengen gibt als mit der Personalabteilung. Waren es früher vielleicht nur sporadische Berührungspunkte, z. B. die Vorbereitung von Abmahnungen oder Kündigungen, zieht sich heute die Zusammenarbeit über die gesamte „Wertschöpfungskette“ von HR. Angefangen von der risikoorientierten und gegebenenfalls durch Pre-Employment-Screenings unterstützten Bewerberauswahl, über Job-Rotation in kritischen Bereichen (z. B. Einkauf) bis hin zum Dritt- und Fremdpersonaleinsatz einschließlich Entsendungen ins Ausland, um nur einige zu nennen. Aber auch hinsichtlich der „klassischen“ Themenfelder von Compliance, wie z. B. dem Verhaltenskodex oder dem Regelwerk sowie den hierauf beruhenden Schulungsmaßnahmen ist eine enge Abstimmung mit HR erforderlich. Sei es deswegen, weil HR über die gegebenenfalls existierende Betriebsordnung hinaus auch die „Tonalität“ von Compliance im Blick behält oder spätestens als erster Ansprechpartner von Betriebsratsgremien die Kritik und Bedenken der Mitarbeitervertretung entgegennehmen muss.
Letztlich können die Themen gar nicht mehr immer eindeutig Compliance oder HR zugeordnet werden. Gerade im Bereich der „arbeitsrechtlichen Compliance“, wie z. B. bei Arbeitnehmerüberlassungen, Fremdmitarbeitenden, Auslandsentsendungen oder dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz sind die Übergänge fließend. Dies hängt auch davon ab, welche eigenen personellen Kapazitäten die Personalabteilung für diese Themen bereitstellen kann. Auf jeden Fall bietet sich aber im gemeinsamen Interesse von HR und Compliance an, dass diese Themen von Compliance quasi mit „beworben“ werden, z. B. sowohl auf der Compliance-Seite im Intranet als auch im von HR verantworteten Bereich. Häufig kann Compliance aufgrund der – anzustrebenden – hierarchisch unmittelbaren Anbindung an die Geschäftsleitung eine höhere Sichtbarkeit für die fachbezogenen Compliance-Themen herstellen.
Die enge fachliche Zusammenarbeit zwischen HR und der Compliance-Organisation setzt sich fort bei Richtlinien und deren Trainings. So stammen gerade in der Aufbauphase die meisten Richtlinien aus dem originären Bereich der Arbeitsorganisation (Arbeitszeit, Urlaub, Dienstreisen etc.). Zu kurz kommt aber häufig, dass die wichtigsten Punkte aus diesem Kanon auch regelmäßig geschult werden sollten. Compliance kann dabei unterstützen, in dem bereits einige Punkte in dem Onboarding-Training von Compliance angesprochen werden. In der verpflichtenden Compliance-Grundlagenschulung lassen sich dann weitere Regelungen abbilden.
Dies alles setzt eine vertrauensvolle Zusammenarbeit von HR und Compliance vom ersten Tag an voraus. Im Sinne einer Checkliste sollten alle Themen angesprochen werden, um die operativen Zuständigkeiten abzuklären. Der Nutzen dieser gemeinsamen Basis zeigt sich vor allem bei aufgedeckten Compliance-Verstößen, bei denen ein schnelles und abgestimmtes Handeln erforderlich ist. Angefangen über arbeitsrechtliche „Sofortmaßnahmen“, wie der sofortigen Freistellung, weiter über die Entscheidung, welche Sanktionen erforderlich sind bis hin zur eventuellen Aussprache der (fristlosen) Kündigung ist HR über den ganzen Prozess hinweg an dem Verfahren maßgeblich zu beteiligen. Ein für solche Fälle etabliertes Compliance-Committee an welchem regelmäßig der Leiter von HR teilnimmt, ist dabei eine große Hilfe. In diesem Gremium, das üblicherweise durch das für Compliance zuständige Mitglied der Geschäftsführung, den Leiter der Internen Revision und den Compliance Officer gebildet wird, können dann ad-hoc notwendige Entscheidungen für den weiteren Verlauf der Untersuchungen und der zu treffenden personellen Maßnahmen getroffen werden.
Das Wort „Spannungsfeld“ für die gemeinsamen Themen von Compliance und HR zu verwenden, ist also im Grunde genommen falsch. Richtigerweise müsste eher von einer symbiotischen Beziehung gesprochen werden.
Torsten Krumbach ist Compliance Officer bei der Sunfire GmbH in Dresden/Berlin. Zuvor war er Compliance Officer bei der Bosch Sicherheitssysteme GmbH in München und zuvor Group Compliance Officer sowie Leiter der Internen Revision bei der Sky Deutschland AG in Unterföhring und hat dort an den Vorstand und Prüfungsausschuss berichtet.