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BB 2022, 1715
 

Im Blickpunkt

Abbildung 13

Die Beschwerde der Arbeitnehmervereinigung “DHV-Die Berufsgewerkschaft” vor dem Bundesverfassungsgericht wegen der Aberkennung der Tariffähigkeit blieb erfolglos (BVerfG, 31.5.2022 – 1 BvR 2387/21). Die Arbeitnehmervereinigung beanspruchte für sich zuletzt eine Tarifzuständigkeit in unterschiedlichen Branchen und Berufen. Nach eigenen Angaben hatte die Beschwerdeführerin zu Beginn des Jahres 2020 in einem Bereich, in dem etwa 6,3 Millionen Beschäftigte organisiert sind, selbst 66 826 Mitglieder. Das BAG entschied auf Antrag mehrerer konkurrierender Gewerkschaften sowie der Länder Berlin und NRW, dass der Vereinigung nicht mehr tariffähig ist, da sie nicht mehr die für die Anerkennung als Tarifpartei erforderliche Durchsetzungsfähigkeit besitze. Die Beschwerdeführerin sah sich durch die Rechtsprechung in ihrem Grundrecht der Koalitionsfreiheit (Art. 9 Abs. 3 GG) sowie in für sie geltenden europa- und menschenrechtlichen Bestimmungen verletzt. Die Gerichte hätten zudem die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung und den im Rechtsstaatsprinzip verankerten Bestimmtheitsgrundsatz verletzt, da die höchstrichterliche Rechtsprechung kein Ersatzgesetzgeber sei. Das BVerfG nahm die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung an. Die Verfassungsbeschwerde sei nur teilweise zulässig und im Übrigen auch unbegründet. So fehle die hinreichend substantiierte Auseinandersetzung damit, dass die Gerichte für Arbeitssachen nicht nur befugt, sondern sogar gehalten seien, die Tariffähigkeit im Lichte des Art. 9 Abs. 3 GG bei fehlender gesetzlicher Regelung zu einer Gewerkschaftseigenschaft näher zu fassen. Nach den Darlegungen sei auch nicht erkennbar, dass das BAG über das verfassungsrechtlich zulässige Maß der Rechtsfortbildung hinausgegangen wäre. In der Sache verletzten die arbeitsgerichtlichen Entscheidungen die Rechte der Beschwerdeführerin aus Art. 9 Abs. 3 GG nicht. Die Einwände gegen die Rechtsprechung des BAG zu den Mindestvoraussetzungen einer tariffähigen Arbeitnehmervereinigung griffen nicht durch. Insbesondere bestätigte das BVerfG die Beurteilung des BAG im Hinblick auf die grundrechtsfreundliche Gesamtwürdigung einer erforderlichen Organisationsstärke, sprich einen notwendigen signifikanten Organisationsgrad in einem nicht unwesentlichen Teil der Zuständigkeitsbereiche sowie eine gegebene Durchsetzungskraft gegenüber der Arbeitgeberseite.

Prof. Dr. Christian Pelke, Ressortleiter Arbeitsrecht

 
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