FG Niedersachsen: Übernahme von Mitgliedsbeiträgen zum Golfclub durch Arbeitgeber
Niedersächsisches Finanzgericht
Urteil
vom
25.06.2009
Az.: 11 K 72/08
Orientierungssatz: | Haftung für Lohnsteuer 1998 - 2001 |
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Nichtzulassungsbeschwerde - BFH-Az.: VI B 80/09 |
Tatbestand
Streitig ist die Rechtmäßigkeit eines Haftungsbescheids über Lohnsteuer und sonstige Lohnabzugsbeträge, mit dem der Beklagte die Klägerin für die Streitjahre 1998 bis 2001 als Arbeitgeberin nach § 42d EStG in Haftung genommen hat.
Die Klägerin ist eine seit 1984 bestehende Steuerberatungsgesellschaft in der Rechtsform einer GmbH. Die Klägerin hatte zunächst zwei Geschäftsführer, nämlich die Steuerberater A und B. Seit 2001 war A alleiniger Geschäftsführer der Klägerin. A war nicht Gesellschafter der Klägerin.
Die Klägerin übernahm im Dezember 2000 für A die Aufnahmegebühr für einen Golfclub in Höhe von 3.250 DM. Im Januar 2001 übernahm sie für A eine sog. Investitionsumlage in Höhe von 1.500 DM sowie den Jahresbeitrag in Höhe von 1.700 DM, ebenfalls für den Golfclub. Aus diesen Vorgängen zog sie keine lohnsteuerlichen Konsequenzen.
A standen in den Streitjahren nacheinander zwei PKW zur Verfügung, die er nach seinem Anstellungsvertrag auch für Privatfahrten nutzen durfte. Im Zeitraum Januar 1998 bis März 2000 nutzte A einen PKW Mercedes mit Bruttolistenpreis 75.500 DM. Im Zeitraum April 2000 bis Oktober 2001 nutzte A einen PKW Mercedes mit Bruttolistenpreis 121.300 DM.
Die Klägerin versteuerte für die private PKW-Nutzung im Zeitraum Januar 1998 - Dezember 2000 monatlich 130 DM (250 km x 0,52 DM/km) sowie im Zeitraum Januar 2001 bis Oktober 2001 monatlich 145 DM (250 km x 0,58 DM/km) als geldwerten Vorteil.
Im Anschluss an eine Lohnsteuer-Außenprüfung erließ der Beklagte einen Haftungsbescheid, mit dem er die Klägerin nach § 42d EStG als Arbeitgeberin in Anspruch genommen hat. Dem Prüfer folgend war er zu der Auffassung gelangt, die Zahlungen an den Golfclub seien als Arbeitslohn des A zu versteuern. Weiterhin sei die bisherige Lohnversteuerung für die private PKW-Nutzung unzutreffend. Es sei vielmehr eine Lohnversteuerung nach der sog. 1%-Regelung vorzunehmen. Bei der Berechnung des geldwerten Vorteils ging der Beklagte zunächst von zu geringen Bruttolistenpreisen aus. Danach ermittelte der Beklagte folgende Beträge:
PKW Mercedes 1
Bruttolistenpreis 51.405 DM x 1 % = 514 DM - 130 DM bisher = 384 DM
Zeitraum Januar 1998 bis März 2000 (27 Monate) 384 DM x 27 = 10.368 DM
PKW Mercedes 2
Bruttolistenpreis 93.844 DM x 1 % = 938 DM - 130 DM bisher = 808 DM
Zeitraum April 2000 bis Dezember 2000 (9 Monate) 808 DM x 9 = 7.272 DM
Bruttolistenpreis 93.844 DM x 1 % = 938 DM - 145 DM bisher = 793 DM
Zeitraum Januar 2001 bis Oktober 2001 (10 Monate) 793 DM x 10 = 7.930 DM
Zum Ermessen führte der Beklagte im Haftungsbescheid aus, die Klägerin sei anstelle des Arbeitnehmers in Haftung zu nehmen, da sie sich damit einverstanden erklärt habe.
Die Klägerin legte Einspruch ein. Sie machte geltend, der Haftungsbescheid sei rechtswidrig und verletze sie in ihren Rechten. So führe die Übernahme der Aufwendungen für den Golfclub nicht zu Arbeitslohn des A. Die Mitgliedschaft im Golfclub gehöre nämlich zu den Dienstpflichten des A, sie sei im überwiegend betrieblichen Interesse der Klägerin gewesen. Die Klägerin habe sich nämlich entschlossen, im Golfclub Mandanten zu werben und deshalb A angewiesen, dort Mitglied zu werden.
Der Beklagte habe weiterhin im Haftungsbescheid zu Unrecht die private PKW-Nutzung durch A anhand der 1%-Regelung der Besteuerung unterworfen. Der Besteuerung seien vielmehr die von A geführten Fahrtenbücher zugrunde zu legen. Diese seien ordnungsgemäß. Wie sich aus den Fahrtenbüchern ergebe, habe A von der ihm eingeräumten Möglichkeit zur Privatnutzung der ihm zur Verfügung gestellten Fahrzeuge keinen Gebrauch gemacht. Eine solche Nutzung dürfe der Beklagte nicht einfach zum Nachteil der Klägerin unterstellen.
Nachdem der Beklagte im Einspruchsverfahren davon erfuhr, dass die bisher bei der Berechnung des geldwerten Vorteils angesetzten Bruttolistenpreise der dem Geschäftsführer gestellten PKW zu niedrig gewesen seien, gab er der Klägerin einen entsprechenden Verböserungshinweis. Die Klägerin erhielt ihren Einspruch jedoch aufrecht. Mit dem Einspruchsbescheid setzte der Beklagte darauf hin die Lohnsteuer entsprechend von bisher 10.027,31 € um 2.540,62 € auf 12.567,93 € herauf. Der Solidaritätszuschlag erhöhte sich von 566,87 € auf 706,61 €.
Im Übrigen wies der Beklagte den Einspruch der Klägerin durch Einspruchsbescheid vom 29. Januar 2008 als unbegründet zurück.
Zur Begründung gab der Beklagte an, die Übernahme der Aufwendungen für den Golfclub sei als Arbeitslohn des A zu versteuern, denn der Ersatz von Vereinsbeiträgen sei auch dann Arbeitslohn, wenn ein Arbeitnehmer verpflichtet sei, im Verein die Interessen seines Arbeitgebers wahrzunehmen. Die Übernahme der Kosten stelle einen Vermögensvorteil dar, der die private Lebensführung des A betreffe. Da eine Aufteilung der Kosten in einen privat und einen beruflich veranlassten Teil nicht möglich sei, sei die Gesamthöhe der Aufwendungen als Arbeitslohn anzusetzen.
Weiterhin sei die Besteuerung der privaten PKW-Nutzung durch A nach der 1%-Regelung zutreffend. Die vorgelegten Fahrtenbücher seien nicht ordnungsgemäß. So seien die in den Fahrtenbüchern gemachten Angaben unvollständig und zum Teil unglaubhaft. So habe der Prüfer die in den Fahrtenbüchern angegebenen Strecken und Entfernungen mit einem Routenplaner abgeglichen und dabei erhebliche Differenzen festgestellt. Es sei zudem nicht glaubhaft, dass A die ihm zur Verfügung gestellten Fahrzeuge nicht privat genutzt habe, obwohl ihm dies ausdrücklich gestattet gewesen sei.
Hiergegen richtet sich die Klage.
Die Klägerin ist weiterhin der Auffassung, die Übernahme der Aufwendungen für den Golfclub sei kein Arbeitslohn des A. Die Tätigkeit des A im Golfclub sei keineswegs privat veranlasst gewesen. So spiele A kein Golf und habe auch keine Platzfreigabe. Es sei der Klägerin bei der Mitgliedschaft ihres Geschäftsführers und der Übernahme der Kosten dafür ausschließlich um die gesellschaftlichen Akquisitionskontakte im Golfclub gegangen, also um eigenbetriebliche Interessen. Ohne eine entsprechende Weisung der Klägerin hätte A die Mitgliedschaft im Golfclub nicht erworben. Damit fehle es bei dem Beitritt an einer privaten Veranlassung. Die Übernahme der Kosten sei, entgegen der Behauptung des Beklagten, kein Vermögensvorteil im Bereich der privaten Lebensführung des A.
Die vorgelegten Fahrtenbücher seien ordnungsgemäß. Durch Abgleich zwischen den dort angegebenen Strecken und Entfernungen mit einem Routenplaner sei keine Aussage über die Richtigkeit der gemachten Angaben zu treffen. Denn der vom Prüfer eingesetzte Routenplaner habe stets die kürzeste Strecke zwischen den im Fahrtenbuch angegebenen Orten berücksichtigt während das von A in den jeweiligen PKW genutzte Navigationssystem stets die verkehrsgünstigste Strecke angegeben habe. Die verkehrsgünstigste Strecke, insbesondere zur Stauvermeidung, könne im Einzelfall jedoch deutlich länger sein als die kürzeste Verbindung. Eine Verwendung der von der Klägerin gestellten PKW für private Zwecke dürfe der Beklagte nicht unterstellen. A habe die ihm gestellten PKW tatsächlich nicht privat genutzt. Er sei für private Fahrten auch nicht auf die gestellten PKW angewiesen gewesen. So habe er viele seiner privat zurück gelegten Strecken zu Fuß, mit dem privaten Motorrad oder dem PKW seiner Lebensgefährtin erledigt. Für Urlaubsfahrten habe er öffentliche Verkehrsmittel genutzt.
Die Klägerin beantragt,
den Haftungs- und Nachforderungsbescheid vom 23. Mai 2003 in der Fassung des Einspruchsbescheids vom 29. Januar 2008 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält an seiner Auffassung fest, die Klägerin sei als Arbeitgeberin nach § 42d EStG in Haftung zu nehmen. Sie habe es zu Unrecht unterlassen, die Aufwendungen für den Golfclub als Arbeitslohn des A lohnzuversteuern. In diesem Zusammenhang werde die Behauptung der Klägerin bestritten, A habe kein Golf gespielt und nicht über eine Platzfreigabe verfügt. Weiterhin habe die Klägerin den geldwerten Vorteil aus der privaten PKW-Nutzung des A in zu geringer Höhe lohnversteuert. Der geldwerte Vorteil sei nämlich nach der 1%-Regelung anzusetzen und nicht nach den Angaben in den vorgelegten Fahrtenbüchern, denn die Fahrtenbücher seien nicht ordnungsgemäß, da sie nicht die gesetzlich geforderten Angaben enthielten. Ein Fahrtenbuch müsse die Gewähr und Grundlage für die Abgrenzung der dienstlichen zu den privaten Fahrten bieten. Bei Unstimmigkeiten in Fahrtenbüchern, z.B. bei der Aufzeichnung einzelner Orte bei Besuch mehrerer Geschäftspartner, seien die Fahrtenbücher nicht ordnungsgemäß. Dies ließe sich auch nicht, wie die Klägerin es tue, mit dem Einsatz eines Navigationssystems erklären, denn der Einsatz eines Navigationssystems mindere nicht die an ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch zu stellenden Anforderungen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Die Entscheidung des Beklagten, die Klägerin als Arbeitgeberin nach § 42d EStG in Haftung zu nehmen, ist nicht zu beanstanden.
Der Beklagte hat zu Recht die für den Golfclub gezahlten Beträge als Arbeitslohn des A angesehen.
Zu den lohnsteuerpflichtigen Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit gehören nach § 19 Abs.1 Nr.1 EStG Gehälter, Löhne und andere Bezüge und Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs - BFH -, der sich der erkennende Senat anschließt, werden Vorteile "für" eine solche Beschäftigung gewährt, wenn sie durch das individuelle Dienstverhältnis des Arbeitnehmers veranlasst sind (vgl. BFH-Urteile vom 17.September 1982 VI R 75/79, BStBl II 1983, 39 und vom 20.Mai 1983 VI R 39/81, BStBl II 1983, 712). Dies ist der Fall, wenn der Vorteil nur mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis eingeräumt wird (BFH-Urteil vom 10.Juni 1983 VI R 176/80, BStBl II 1983, 642) und wenn die Einnahme als Ertrag der nichtselbstständigen Arbeit anzusehen ist, d.h. wenn sie sich im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist (BFH-Urteil vom 11.März 1988 VI R 106/84, BStBl II 1988, 726 und die dort erwähnte Rechtsprechung).
Arbeitslohn liegt hingegen nicht vor, wenn die Zuwendung im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers getätigt wird (BFH-Urteile in BStBl II 1983, 39, und in BStBl II 1983, 712). Derartige Leistungen werden vom Arbeitgeber nicht mit dem Ziel der Entlohnung gewährt und vom Arbeitnehmer nicht als Frucht seiner Dienstleistung aufgefasst (BFH-Urteil vom 21.Februar 1986 VI R 21/84, BStBl II 1986, 406).
Soweit die Klägerin ihrem Geschäftsführer die Beträge ersetzt hat, die dieser für seine Mitgliedschaft im Golfclub gezahlt hat, sind ihm lohnsteuerpflichtige geldwerte Vorteile aus dem Dienstverhältnis zur Klägerin zugeflossen.
Die Mitgliedschaft im Golfclub betrifft die private Sphäre des A. Dies gilt auch dann, wenn eine solche Mitgliedschaft seinem Beruf förderlich ist, weil sich auf diesem Weg Kontakte mit Mandanten anbahnen oder vorhandene Geschäftsbeziehungen intensivieren lassen. Ein solcher beruflicher Bezug lässt sich vom privaten Bereich nämlich nicht trennen, da er oftmals eine Folgewirkung von privaten Kontakten (gemeinsame Unterhaltung, gemeinsamer Verzehr, sportliche Betätigungen im Verein) ist oder weil sich über die geschäftlichen Beziehungen hinaus private Freundschaften durch eine gemeinsame Mitgliedschaft in Vereinen entwickeln können.
Dementsprechend können grundsätzlich auch Gewerbetreibende wie die Klägerin Mitgliedsbeiträge in privaten Vereinen selbst dann nicht als Betriebsausgaben absetzen, wenn die Mitgliedschaft ihren betrieblichen Interessen dienlich ist (BFH-Urteil vom 15. Mai 1992 VI R 106/88, BStBl. II 1993, 840; Schmidt/Heinicke, EStG, § 4 Anm.99, Stichwort: Beiträge).
Ersetzt daher die Klägerin ihrem Geschäftsführer Beiträge für dessen Mitgliedschaft in einem privaten Verein, so wendet sie ihm Vorteile im Hinblick auf ihr Arbeitsverhältnis zu, die als Arbeitslohn zu qualifizieren sind. Daran ändert der Umstand nichts, dass der Geschäftsführer aufgrund einer Weisung der Klägerin dem Verein beigetreten ist (vgl. BFH-Urteil vom 15. Mai 1992 VI R 106/88, BStBl II 1993, 840). Anders könnte die Rechtslage allenfalls dann sein, wenn eine aufgedrängte Bereicherung vorliegen würde (vgl. zu Fällen der sog. aufgedrängten Bereicherung BFH-Urteile vom 17.September 1982 VI R 75/79, BStBl II 1983, 39, und vom 9.März 1990 VI R 48/87, BStBl II 1990, 711), die Klägerin ihrem Bediensteten also den Eintritt in den Verein derart aufgedrängt hätte, dass er sich dem nicht hätten entziehen können, ohne Nachteile in Kauf zu nehmen. Dies wurde von der Klägerin nicht vorgetragen. Solche Umstände werden auch regelmäßig nicht gegeben sein. Denn die Weisung der Klägerin enthielt keine konkreten Vorgaben, inwieweit sich A in zeitlicher und sachlicher Hinsicht im Golfclub engagieren sollte. Im Gegenteil hatte A sogar die Möglichkeit, durch das Anwerben von Mandanten zusätzlichen Arbeitslohn als Erfolgsprämie zu erhalten, so dass auch von daher die Mitgliedschaft im Golfclub in seinem und nicht im Interesse der Klägerin gelegen hat.
Dabei kann es dahin stehen, ob A im Golfclub tatsächlich Golf gespielt hat und eine Platzfreigabe hatte. Zumindest hatte er durch die Mitgliedschaft die Möglichkeit, den Golfsport aktiv auszuüben. Inwieweit er von dieser Möglichkeit tatsächlich Gebrauch machte, unterlag wiederum seiner privaten Entscheidungsfreiheit. Die Klägerin hatte ihm hierzu keine Vorgaben gemacht. Da die streitige Frage der Platzfreigabe unerheblich ist, bedurfte es zur Klärung auch nicht der Erhebung der von der Klägerin angebotenen Beweise.
Die Berechnung des geldwerten Vorteils durch den Beklagten nach der 1%-Regelung ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Ein geringerer Ansatz anhand der von A geführten Fahrtenbücher ist nicht gerechtfertigt. Die vorgelegten Fahrtenbücher sind nicht ordnungsgemäß.
Ist wegen der Befugnis, einen Dienstwagen auch privat zu nutzen, ein geldwerter Vorteil anzusetzen, so ist dessen Höhe nach der 1 %-Regelung zu bewerten, sofern nicht das Verhältnis der privaten Fahrten zu den übrigen Fahrten durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nachgewiesen wird (§ 8 Abs. 2 Sätze 2 bis 4 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG).
Der Begriff des ordnungsgemäßen Fahrtenbuchs ist gesetzlich nicht näher bestimmt. Welche Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch zu stellen sind ist jedoch in der höchstrichterlichen Rechtsprechung hinreichend geklärt (vgl. BFH-Beschlüsse vom 28. November 2006 VI B 32/06, BFH/NV 2007, 439; in BFH/NV 2007, 1314; vom 14. März 2007 VI B 88/06, BFH/NV 2007, 1318; vom 26. Juni 2007 VIII B 33/06, BFH/NV 2007, 2093, sowie die in den Beschlüssen in Bezug genommenen Urteile des BFH vom 9. November 2005 VI R 27/05, BStBl II 2006, 408, insbesondere zur Notwendigkeit einer zeitnahen Erfassung; vom 16. November 2005 VI R 64/04, BStBl II 2006, 410, zum Führen des Fahrtenbuchs mit Hilfe eines Computerprogramms; vom 16. März 2006 VI R 87/04, BStBl II 2006, 625).
Danach muss ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch zeitnah und in geschlossener Form geführt werden. Die zu erfassenden Fahrten einschließlich des an ihrem Ende erreichten Gesamtkilometerstandes müssen im Fahrtenbuch vollständig und in ihrem fortlaufenden Zusammenhang wiedergegeben werden. Dabei ist jede einzelne berufliche Verwendung grundsätzlich für sich und mit dem bei Abschluss der Fahrt erreichten Gesamtkilometerstand des Fahrzeuges aufzuzeichnen. Überdies müssen die Aufzeichnungen im Fahrtenbuch eine hinreichende Gewähr für ihre Vollständigkeit und Richtigkeit bieten und mit vertretbarem Aufwand auf ihre materielle Richtigkeit überprüfbar sein. Weist das Fahrtenbuch inhaltliche Unregelmäßigkeiten auf, so können diese die materielle Richtigkeit der Kilometerangaben in Frage stellen. Der erkennende Senat schließt sich dieser Rechtsprechung ausdrücklich an.
Die von der Klägerin vorgelegten Fahrtenbücher entsprechen nicht den gestellten Anforderungen. So enthalten die Fahrtenbücher keine Aufzeichnungen über die Umwegfahrten. Dies wäre aber erforderlich gewesen. Denn für die Ordnungsmäßigkeit eines Fahrtenbuchs ist es erforderlich, Umwegfahrten durch Eintragungen im Fahrtenbuch zu dokumentieren, wenn sie - wie im Streitfall - zu einer Verlängerung einer einzelnen Fahrstrecke um bis zu 231 km geführt haben. Die fehlende Dokumentation der Umwegstrecken gibt nämlich dem Nutzenden des Fahrzeugs die Möglichkeit, Privatfahrten "untergehen" zu lassen, also solche Fahrten nicht im Fahrtenbuch eintragen zu müssen, weil der eingetragene Endkilometerstand aufgrund der vorherigen Überhöhung der dienstlichen Fahrstrecke dennoch dem tatsächlichen Endkilometerstand des Fahrzeugs entspricht.
A hätte also, zumindest bei erheblicher Verlängerung der von ihm gefahrenen Strecken durch Umwegfahrten, entsprechende Eintragungen dazu im Fahrtenbuch vornehmen müssen. Da er dies in allen Streitjahren nicht getan hat, obwohl er nach seinem eigenen Vortrag wegen der Nutzung von Navigationssystemen im Hinblick auf Umwegfahrten stets in gleicher Weise verfahren ist, sind die vorgelegten Fahrtenbücher nicht ordnungsgemäß. Dieser Mangel der Fahrtenbücher ist auch keinesfalls nur geringfügig, da sich z.B. im vom Prüfer vorprobten Streitjahr 1999 allein schon nicht dokumentierte Umwegfahrten von insgesamt 1.036 km ergeben haben.
Weiterhin fehlen in den Fahrtenbüchern aussagefähige Angaben zum Zweck der jeweiligen Fahrt. So sind überwiegend nur Nachnamen aufgezeichnet, nicht aber, um wen es sich dabei handelt und zu welchem Zweck diese Person aufgesucht wurde. Für eine Überprüfung der Angaben in einem Fahrtenbuch sind jedoch solche genauen Angaben erforderlich, wenn sich aus der Ortsangabe und dem Namen nicht zweifelsfrei feststellen lässt, um wen es sich handelt und zu welchem Zweck diese Person aufgesucht wurde (vgl. BFH-Urteil vom 16. März 206 VI R 87/04, BStBl II 2006, 625). Im Streitfall steht nicht zweifelsfrei fest, um wen es sich bei den aufgesuchten Personen handelt. Es kann bei den genannten Nachnamen nicht unterstellt werden, dass es sich dabei ausschließlich um Mandanten der Klägerin handelt. Außerdem sind zum Teil auch nur unbestimmte Bezeichnungen wie "Werkstatt" angegeben.
Darüber hinaus ist an den in den Fahrtenbüchern enthaltenen Angaben zu beanstanden, dass die dortigen Ortsangaben vorwiegend lediglich als Kfz-Kennzeichen, z.B. H für Hannover und BS für Braunschweig, angegeben waren. Bei Orten von der Größe von Hannover reicht jedoch die Ortsangabe "Hannover" nicht aus, da die jeweils aufgesuchten Orte innerhalb von Hannover leicht 20 km voneinander entfernt liegen können. Auch insoweit lassen sich also die Angaben im Fahrtenbuch nicht nachvollziehen. Hier wären Adressenangaben oder zumindest Straßen- oder Ortsteilnamen erforderlich gewesen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.