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Steuerrecht
10.02.2011
Steuerrecht
FG Düsseldorf: Übergang von GmbH-Anteilen unter Mitwirkung des Bundeskartellamts

FG Düsseldorf, Urteil vom 28.4.2010 - 7 K 96/07 BB

Sachverhalt

Die Klägerin wendet sich gegen einen Bescheid vom 08.09.2003 auf den 01.01.1993 über den Einheitswert des Betriebsvermögens. Der Bescheid erging in Folge einer in 1997 begonnenen Betriebsprüfung bei der Klägerin, er ändert einen am 28.04.1997 ergangenen Bescheid.

Die Klägerin tauschte mit Vertrag vom 28. 08. 1992 Anteile an ihrer Tochtergesellschaft A GmbH gegen Aktien der B AG. Die Abtretung der Anteile erfolgte mit dinglicher Wirkung zum 01.10.1992, ebenfalls der Übergang des Gewinnbezugsrechts, Vertrag Tz 1.1 a.E. Bl 22. Sämtliche Vollzugsfolgen des Vertrages, insbesondere der Vollzug des dinglichen Rechtsüberganges der getauschten Gesellschaftsbeteiligung und aller damit verbundenen Rechte wurde unter der aufschiebenden Bedingung geschlossen, dass das Zusammenschlussvorhaben nicht durch das Bundeskartellamt untersagt wird, Tz 7.4ff, Bl. 30. Es folgten Verhandlungen mit dem Bundeskartellamt, die im September 1992 begannen. Das Bundeskartellamt erteilte seine Zustimmung erst im Schreiben vom 26.02.1993, im Verlauf des Verfahrens war mehrfach von Vertretern der beteiligten Firmen im Bundeskartellamt schriftlich und mündlich vorgetragen worden.

Die Grundlagen über die Ermittlung und Vereinbarung des Austauschverhältnisses sind in Art. 2 des Tauschvertrages vom 08.04.1993 geregelt. Abgestellt wird hier auf die finanzielle Situation der A GmbH und die vorhandenen Sachwerte, Bl 23f d.A. In einer Vereinbarung über die Anpassung und den Vollzug wurde u.a. die Zahl der zu tauschenden B-Aktien um 70.000 auf 150.000 reduziert, Bl 41. Maßgeblich hierfür war, dass die A GmbH auf den Tauschstichtag einen unerwartet hohen Verlust erwirtschaftet hatte, Bl. 13.

Die Klägerin hat ein abweichendes Geschäftsjahr. In der Ertragsteuerbilanz zum 30.09.1992 sind noch die Anteile der A GmbH bilanziert. Auch in der Vermögensaufstellung auf den 01.01.1993 zur Ermittlung des Einheitswertes erklärte sie den Wert der Anteile an der A GmbH, den sie gemäß § 11 Abs. 2 S. 2 BewG nach dem Stuttgarter Verfahren mit 0 DM ermittelte. Der Beklagte übernahm diesen Wert im unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (164 Abs. 2 AO) ergangenen Bescheid vom 28.04.1997. Nachdem eine in 1997 begonnene Betriebsprüfung zum Ergebnis gekommen war, es seien bei der Ermittlung des Einheitswertes nicht die Anteile der A GmbH, sondern der gemeine Wert der B Aktien vom 31.12.1993 anzusetzen, änderte der Beklagte den Bescheid mit Bescheid vom 08.09.2003. Der angesetzte gemeine Wert der Aktien betrug für 150.000 Stück DM 98.026.945 (150.000 Stück zum Kurs von 587 sfr bei einem Umrechnungskurs von 1,113331 DM). Alle Wertansätze sind unstreitig.

Gegen den geänderten Bescheid legte die Klägerin Einspruch ein, in dem sie weiterhin ihre bereits dargestellte Rechtsansicht vertrat.

Die Zurechnung der Anteile war seinerzeit Gegenstand des finanzgerichtlichen Verfahrens 6 K 235/02 wegen Feststellung des gemeinen Werts der Anteile zum 31.12.2003. Der 6. Senat des FG Düsseldorf erkannte in seinem Urteil vom 25.11.2003, die Anteile der A GmbH seien nicht der Klägerin zuzurechnen. Die hiergegen eingelegte Beschwerde hatte keinen Erfolg. Der Bundesfinanzhof entschied in seinem Beschluss II B 8/04 vom 01.09.2005, im Verfahren zur Feststellung des gemeinen Werts der Anteile könne eine verbindliche Zurechnung der Anteile nicht erfolgen. Die Frage der Zurechnung der Anteile auf die Klägerin sei bei der Feststellung des Einheitswerts ihres Betriebsvermögens auf den 1. Januar 1993 zu entscheiden. Wegen der Einzelheiten wird auf die bei den Akten befindlichen Entscheidungen verwiesen.

Mit Einspruchsentscheidung vom 05.12.2006 wies der Beklagte daraufhin den Einspruch als unbegründet zurück.

Die Klägerin hat am 05.01.2007 Klage erhoben.

Sie trägt vor,

in dem streitigen Bescheid seien nicht die Aktien der B AG, sondern die nach § 11 Abs. 2 S. 2 BewG mit dem unstreitigen Wert von 0,00 DM zu bewertenden Anteile an der A GmbH anzusetzen. Gemäß § 95 Abs. 1 Bewertungsgesetz i. d. F. des Steueränderungsgesetzes 1992 vom 25.02.1992 (BewG n. F.) umfasse das Betriebsvermögen alle Teile des Gewerbebetriebs, die bei der steuerlichen Gewinnermittlung zum Betriebsvermögen gehörten. Diese Fassung des Gesetzes sei gemäß § 124 BewG n. F. erstmals zum 01.01.1993 anzuwenden. Mit ihr habe der Gesetzgeber klargestellt, dass auch der Umfang des Betriebsvermögens für Zwecke der Einheitsbewertung ab 01.01.1993 sich weitgehend danach richte, was ertragsteuerlich dem Betriebsvermögen zugerechnet werde. Gemäß § 109 Abs. 4 BewG sei der Bestand der Anteile an Kapitalgesellschaften laut Steuerbilanz - d. h. im vorliegenden Fall in der Steuerbilanz zum 30.09.1992 - mit dem Wert zum 31.12.1992 gemäß § 11 BewG anzusetzen. Die in § 95 Abs. 1 BewG n. F. angeordnete Bilanzidentität zwischen Steuerbilanz und Vermögensaufstellung führe im vorliegenden Fall dazu, dass die Anteile an der A GmbH und nicht die Aktien an B AG zu bewerten seien, weil in ihrer Ertragsteuerbilanz zum 30.09.1992 die Anteile an der A GmbH und nicht die eingetauschten der B AG bilanziert seien. Auch nach der Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 27.07.2005 II R 35/04, BFH/NV 206, 18) komme es hinsichtlich der Frage der Erfassung der Anteile einer Gesellschaft im Einheitswert des Betriebsvermögens einer GmbH alleine auf die Behandlung der Anteile in der Steuerbilanz an; bei bilanzierenden Gewerbetreibenden seien für den Ansatz der aktiven und passiven Wirtschaftsgüter in der Vermögensaufstellung die Steuerbilanzansätze dem Grunde und der Höhe nach maßgebend (BFH-Urteil II R 48/05, BFH/NV 2008, 1454).

Der Wert der anzusetzenden Anteile betrage nach dem Stuttgarter Verfahren 0 DM. Gemäß § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG sei der gemeine Wert nicht börsennotierter Anteile aus Verkäufen abzuleiten, die weniger als ein Jahr zurücklägen. Ansonsten sei der Wert der Anteile gemäß § 11 Abs. 2 Satz 2 unter Berücksichtigung des Vermögens und der Ertragsaussichten (Stuttgarter Verfahren) zu ermitteln. Strittig sei hier, ob der Tauschvertrag vom 28.08.1992 als ein "Verkauf ISV § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG" anzusehen sei. Durch die Verknüpfung von Steuerbilanz und Vermögensaufstellung sei die Frage, ob ein Verkauf im Sinne von § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG vorliege, an den Normen des Ertragsteuerrechtes und des Maßgeblichkeitsprinzips u. a. an dem in § 252 Nr. 4 Satz 2 HGB normierten Realisationsprinzip zu messen. Maßgeblich für den Ausweis eines Leistungserfolges sei der Zeitpunkt, zu dem die wesentlichen wirtschaftlichen Ursachen für den Erfolg erfüllt seien und der Kaufmann mit der künftigen Erfüllung seines Anspruchs auf Gegenleistung fest rechnen könne. Dies sei der Fall, wenn der Leistungsverpflichtete mit dem Anspruch auf die Gegenleistung so gut wie sicher rechnen könne. Dabei sei das Prinzip der kaufmännischen Vorsicht zu beachten.

Unzutreffend sei zudem die Auffassung des Beklagten, die Parteien seien bei Abschluss des Tauschvertrages über den jeweiligen Wert der Geschäftsanteile einig gewesen. In Tz. 4.2. des Vertrages sei geregelt:

Bei Nichteinhaltung der Zusicherung gemäß Ziffer 3.6. verpflichtet sich A zu einer an A GmbH zu leistende Ausgleichszahlung in Höhe der Summe aus den nachfolgenden Teilbetragen a) und b):

a) Soweit das Ergebnis 1991/92 belastet ist durch Zuführung und Zurückstellung für Verluste aus Aufträgen, die nach Abschluss dieses Tauschvertrages kontrahiert werden, ist der Fehlbetrag mit einem Faktor von 0,5 zu multiplizieren;

b) Ein nach Abzug des Aufwandes gemäß a) verbleibender Fehlbetrag ist mit dem Faktor 3,5 zu multiplizieren."

Da der Jahresabschluss der A GmbH einen erheblichen Jahresfehlbetrag ausgewiesen habe, sei es zwischen den Tauschpartnern zu erheblichen Auseinandersetzungen gekommen mit dem Ergebnis, dass der Tauschvertrag/die Tauschrelation im Frühjahr 1993 neu ausgehandelt worden sei, ansonsten wäre der Tauschvertrag nicht zu Stande gekommen. Hierbei habe es sich nicht um den Vollzug der Gewährleistungsklausel im Tauschvertrag gehandelt. Die Anwendung der eben zitierten Tz. 4.2. des Tauschvertrages hätte zu einer Reduzierung der Tauschgegenleistung von Aktien der B AG um 100.000 Aktien und nicht - wie in der nach Abschluss der Verhandlungen mit Vereinbarung vom 08.04.1993 neu vereinbarten Reduzierung um 70.000 Aktien geführt. Bei einer so gravierenden Änderung der Tauschwertrelation könne nicht davon ausgegangen werden, dass zum 31.12.1992 eine Einigung über den Kaufpreis zu Stande gekommen sei.

Weiterhin schließe die am 31.12.1992 fehlende Bewilligung des Zusammenschlussverfahrens durch das BKA die Anwendung von § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG aus. Bereits am 15.09.1992 habe ein erstes Vorgespräch beim BKA stattgefunden. In der Folgezeit wären mehrfach Gespräche mit dem BKA geführt und Unterlagen eingereicht worden. Zusammenfassend ergebe sich, dass die Entscheidung bis zu der Beratung der Beschlussabteilung des BKA am 25.02.1993 vollkommen offen gewesen sei. Auch nach der Rechtsprechung des BFH würden Anteile, die unter der aufschiebenden Bedingung veräußert würden, dass das Bundeskartellamt dem Zusammenschluss genehmige, erst im Zeitpunkt der Genehmigung veräußert ( BFH-Urteil vom 25.06.2009 IV R 3/07, DStR 2009, 2304).

Schließlich sie das Schachtelprivileg des § 102 Abs. 1 BewG anzuwenden. Danach sei für die Beteiligung an der GmbH kein Wert anzusetzen.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid über den Einheitswert des Betriebsvermögens auf den 01.01. 1993 vom 08.09.2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 05.12.2006 auf DM 10.184.00,00 herabzusetzen, hilfsweise für den Fall, dass die Anteile der A GmbH zum 30.03.1992 der Klägerin zuzurechnen sind bei der Einheitsbewertung das Schachtelprivileg nach § 102 BewG zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er trägt vor, das von der Klägerin vorgebrachte Argument, zum 01.01.1993 habe man mit einer Ablehnung des geplanten Zusammenschlusses durch das BKA rechnen müssen, sei für die Zurechnungen der Aktien der B AG nicht entscheidend. Wie bereits das FG Düsseldorf im Verfahren der Klägerin gegen die Feststellung des gemeinen Werts der Anteile zum 31.12.1992 Az. 6 K 235/02 mit Urteil vom 25.11.2003 festgestellt habe, wirke die Genehmigung des Bundeskartellamts auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Tauschvertrages (28.08.1992) zurück. Die rückwirkende Kraft der behördlichen Genehmigung stehe im Einklang mit den Grundsätzen wirtschaftlicher Betrachtungsweise. Für Genehmigungsvorbehalte zu Gunsten staatlicher Stellen seien die §§ 182 ff. BGB anwendbar, da durch die behördliche Genehmigung nicht die Parteivereinbarung als solche beurteilt werden solle, sondern deren Verträglichkeit mit den Anforderungen des Gemeinwohls. Genehmigungspflichtige Verträge seien bis zu ihrer Genehmigung schwebend unwirksame Verträge, die durch die Genehmigung vom Zeitpunkt ihres Abschlusses an bürgerlich-rechtlich voll wirksam würden. Hieraus folge, dass der Zeitpunkt der Entschließung der Behörde über die Erteilung oder Versagung der Genehmigung für den Zeitpunkt der Wirksamkeit der privatrechtlichen Bindung nicht von Bedeutung sei. Werde durch die Erteilung der Genehmigung festgestellt, dass keine marktbeherrschende Stellung eintrete oder dass trotz Marktbeherrschung durch den Zusammenschluss auch Verbesserungen der Wettbewerbsbedingungen einträten, so bestehe für den Staat kein Interesse daran, den Willen der Parteien nicht entsprechend ihren Vereinbarungen zur Durchführung kommen zu lassen. Der Parteiwille werde aber regelmäßig dahin gehen, dass das Rechtsgeschäft vom Zeitpunkt seines Abschlusses wirken solle. Hieran ändere auch die gesamte Prüfung des BKA nichts. Das Genehmigungsverfahren beinhalte immer eine Prüfung des vorgelegten Zusammenschlussvorhabens mithin ggf. auch umfangreichere Überprüfung. Die Prüfung in einem solchen Genehmigungsverfahren könne zu einem positiven oder negativen Ergebnis führen. Dies gehöre begriffsnotwendig zu einer Prüfung bzw. einem Genehmigungsverfahren dazu und könne nicht dazu führen, eine Ex-Nunc-Wirkung der im Februar 1993 erfolgten Genehmigung anzunehmen.

Auch im Streitfall könne die Klägerin sich nicht darauf berufen, dass die Folgen des Zusammenschlusses erst im Jahr 1993 eintreten sollten. Unabhängig von der Genehmigung des BKA sei sie bereits zum 01.01.1993 ebenso wirtschaftliche Eigentümerin der mit Tauschvertrag vom 28.08.1992 erworbenen Aktien der B AG, wie die B AG wirtschaftliche Eigentümerin der Beteiligung an der C GmbH, vormals D GmbH, vormals A GmbH gewesen sei.

Die Klägerin habe mit dinglicher Wirkung zum 01.10.1992 sämtliche Geschäftsanteile an der A GmbH an die B AG abgetreten und das Gewinnbezugsrecht aus dem zu übertragenden Geschäftsanteil übertragen. Sie habe sich verpflichtet, für die Zeit bis zum 30.09.1992 keine Gewinnausschüttungen mehr vorzunehmen. Nach Tz. 3.8. des Vertrages seien alle Steuern und Abgaben, die aus der Geschäftstätigkeit bis zum 30.09.1992 herrührten von der Klägerin an die Erwerberin zu erstatten. Gegenleistung hierfür sei die Herausgabe von 220.000 Namensakten a sfr 100 nom. des Aktienkapitals von sfr 220 Mio. durchB an die Klägerin und deren Eintragung in das Aktienregister mit Stimmrecht gewesen. Die Klägerin gehe fehl, wenn sie annähme, die Reduzierung der hinzugebenden Aktien der B AG führe dazu, dass zum 31.12.1992 keine Einigung über den Kaufpreis zu Stande gekommen sei. Die Schlussfolgerung der Klägerin, der Tauschvertrag vom 28.08.1992 könne damit nicht als Verkauf i. S. von § 11 Abs. 2 BewG angesehen werden, sei falsch. Beide Parteien seien sich darüber einig gewesen, dass der Tauschvertrag vom 28.08.1992 vom 01.10.1992 an wirken solle. Nach Genehmigung des Zusammenschlusses durch das BKA sei am 08.04.1993 eine "Vereinbarung über die Anpassung und den Vollzug des Tauschvertrages" getroffen und am 08.11.1993 eine weitere "Ergänzung zum Tauschvertrag betreffend Durchführung des Tauschvertrages vom 28.08.1992". Im Jahr 1993 seien also keine völlig neuen Verträge abgeschlossen worden. Tatsächlich habe die B AG bereits ab dem Zeitpunkt des Vertragsabschlusses die Geschäftsführung ausgeübt. Die Klägerin hätte keine Geschäfte mehr tätigen können, die über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb hinaus gingen, ohne sich mit der Erwerberin abzustimmen. Der in der Bilanz zum 31.12.1992 in Höhe von 42.979.408,15 DM ausgewiesene Verlust sei nur deshalb so hoch angesetzt worden, weil ein von B bestimmter Wirtschaftsprüfer die Abschlussarbeiten der A GmbH begleitet und u. a. die Rückstellungen wesentlich höher bewertet habe als der Wirtschaftsprüfer der Klägerin. Auch bei einem kartellrechtlich unbeachtlichen Verkauf wäre der Erwerb unter ansonsten gleichen Umständen am Stichtag berücksichtigt worden. Vereinbarungen über eine Ausgleichszahlung bzw. eine Reduzierung des Tauschwertes führten ggf. zu einem geänderten Wertansatz, nicht aber zu einer Nichtberücksichtigung. Die Übertragung der Aktien sei in 1992 rechtswirksam vollzogen worden.

Die Anzahl der zu berücksichtigenden Aktien sei jedoch von ursprünglich 220.000 Aktien auf 150.000 Stück zu reduzieren, da sich im Rahmen der Bilanzerstellung zum 30.09.1992 herausgestellt habe, dass das Unternehmen zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses entsprechend weniger wert gewesen sei (vgl. die Gewährleistungsvereinbarung unter Artikel 4 Ziffer 4.2 des Kaufvertrages vom 28.08.1992). Die weitere - von den Tauschvertragsparteien - vorgenommene Reduzierung auf 131.090 Stück beruhe dagegen ausschließlich auf Wertsteigerungen der Aktien der B AG zwischen der Vereinbarung vom November 1993 und der endgültigen Eintragung im Aktienregister vom November 1994. Dieses werde auch dadurch deutlich, dass der Aktienkurs der B AG in diesem Zeitraum entsprechend gestiegen sei. Zum 31.12.1992 ergebe sich damit unter Berücksichtigung von 150.000 Aktien zum Kurswert von 587 Schweizer Franken und einem Devisenumrechnungskurs von 1,11331 ein gemeiner Wert der Anteile an der A GmbH von 98.026.945 DM und dementsprechend von 490 DM je 100 DM des Stammkapitals.

Aus den Gründen

Die Klage ist begründet.

Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, soweit der in ihm angesetzte Einheitswert DM 10.184.000,00 übersteigt, § 100 Abs. 1 S. 1 FGO. Grundsätzlich anzusetzen sind die Anteile an der A GmbH, die aber wegen des hier anzuwendenden Schachtelprivilegs nicht zu einer Erhöhung des Einheitswertes führen.

Entgegen der Auffassung des Beklagten geht der Senat davon aus, dass im maßgeblichen Zeitpunkt noch die Anteile an der A GmbH und nicht bereits die Aktien der B AG zu berücksichtigen sind.

Mit der neueren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH-Urteil vom 25.06.2009 IV R 3/07, BStBl II 2010, 182) wird dann, wenn Anteile an einer GmbH übertragen werden und diese Übertragung unter der aufschiebenden Bedingung erfolgt, dass das Bundeskartellamt den Zusammenschluss nicht innerhalb der Frist des § 14a Abs. 2 GWB a.F. untersagt oder vorab erklärt, die Untersagung nicht vornehmen zu lassen, die Abtretung erst mit der Zustimmung des Bundeskartellamtes wirksam, dies ergibt sich aus § 158 Abs. 1 BGB. Vor diesem Zeitpunkt ist zivilrechtlich das Eigentum nicht übergegangen. Auch unter Heranziehung einer im Steuerrecht gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise, § 39 Ab. 2 Nr. 1 AO, ist das Eigentum nicht übergegangen. Wirtschaftliches Eigentum der Klägerin an den Aktien der B AG könnte nur dann angenommen werden, wenn die Klägerin auf Grund eines (bürgerlich - rechtlichen) Rechtsgeschäfts bereits eine rechtlich geschützte Rechtsposition an den Aktien erlangt hätte, die ihr gegen ihren Willen nicht mehr entzogen werden könnte. Die ist hier nicht der Fall. Der Klägerin konnte ihre auf den Anteilserwerb gerichtete Anwartschaft auch gegen ihren Willen wieder entzogen werden, da der zivilrechtliche Anteilserwerb von der Billigung des Zusammenschlusses durch das Bundeskartellamt abhing. Dies gilt jedenfalls dann, wenn, wie hier, zwischen dem Abschluss des Geschäftes und der Genehmigung ein Zeitraum von mehreren Monaten liegt und zudem ernstlich damit gerechnet werden muss, dass die erforderlichen Genehmigung nicht erteilt werden wird.

Nach diesen Grundsätzen sind hier die Anteile an der A GmbH und nicht die Aktien der B AG anzusetzen. Denn im Jahr 1992 lag die Genehmigung des Bundeskartellamtes noch nicht vor. Sie war nach Überzeugung des erkennenden Senats entsprechend dem Vortrag der Klägerin bereits im September 1992 beantragt worden. Bis zu einer Entscheidung des Bundeskartellamtes, die einige Monate später, nämlich erst in seiner Sitzung vom 25.2.1993 getroffen wurde, war offen, wie das Bundeskartellamt entscheiden würde. Es gab gewichtige Anhaltspunkte dafür, das des Bundeskartellamt gegen die mit dem Austausch der Anteile verbundenen Veränderungen auf dem Markt der Papiermaschinenhersteller Bedenken haben und das Geschäft untersagen könnte. Diese Umstände stehen der Annahme eines wirtschaftlichen Übergangs in 1992 entgegen.

Die damit grundsätzlich zu berücksichtigen Anteile an der A GmbH sind hier nach § 102 BewG (Schachtelprivileg) nicht beim Einheitswert der Beteiligung anzusetzen. Da die Klägerin, eine inländische Kapitalgesellschaft, am Stammkapital der A GmbH seit mehreren Jahren maßgeblich beteiligt war, ist die Beteiligung nach § 102 Abs. 1 S. 1 BewG nicht als zum Gewerbetrieb gehörend anzusetzen. Denn die Klägerin hielt damit für mehr als 12 Monate vor dem Abschlusszeitpunkt mehr als 10 % des Stammkapitals.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

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