EuGH: Öffentliche Personenverkehrsdienste – Ausgleichsleistung, die von einer Gebietskörperschaft an den Dienstleistungserbringer gezahlt wird, um die entstandenen Kosten zu decken (Polnisches Vorabentscheidungsersuchen)
EuGH, Urteil vom 8.5.2025 – C-615/23, Dyrektor Krajowej Informacji Skarbowej gegen P. S.A
ECLI:EU:C:2025:320
Volltext BB-Online BBL2025-1173-1
Tenor
Art. 73 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ist dahin auszulegen, dass eine pauschale Ausgleichsleistung, die von einer Gebietskörperschaft an ein Unternehmen, das öffentliche Personenverkehrsdienste erbringt, gezahlt wird, um die Verluste aus der Erbringung dieser Dienstleistungen zu decken, nicht in die Steuerbemessungsgrundlage dieses Unternehmens eingeht.
Aus den Gründen
1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 73 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. 2006, L 347, S. 1, im Folgenden: Mehrwertsteuerrichtlinie).
2 Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem Dyrektor Krajowej Informacji Skarbowej (Direktor der nationalen Steuerinformationsbehörde, Polen) (im Folgenden: Steuerverwaltung) und der Gesellschaft P. S.A. über die Mehrwertsteuerbemessungsgrundlage für die von P. beabsichtigte Erbringung öffentlicher Personenverkehrsdienste.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
3 Art. 73 der Mehrwertsteuerrichtlinie lautet:
„Bei der Lieferung von Gegenständen und Dienstleistungen, die nicht unter die Artikel 74 bis 77 fallen, umfasst die Steuerbemessungsgrundlage alles, was den Wert der Gegenleistung bildet, die der Lieferer oder Dienstleistungserbringer für diese Umsätze vom Erwerber oder Dienstleistungsempfänger oder einem Dritten erhält oder erhalten soll, einschließlich der unmittelbar mit dem Preis dieser Umsätze zusammenhängenden Subventionen.“
Polnisches Recht
4 Art. 29a Abs. 1 der Ustawa o podatku od towarów i usług (Gesetz über die Steuer auf Gegenstände und Dienstleistungen) vom 11. März 2004 (Dz. U. 2004, Nr. 54, Pos. 535) in der auf den Ausgangsrechtsstreit anwendbaren Fassung sieht vor:
„Als Bemessungsgrundlage gilt vorbehaltlich der Abs. 2 bis 5, der Art. 30a bis 30c, von Art. 32, von Art. 119 und von Art. 120 Abs. 4 und 5 alles, was die Gegenleistung darstellt, die der Lieferer bzw. Dienstleistungserbringer aufgrund des Verkaufs vom Erwerber, vom Dienstleistungsempfänger oder von einem Dritten erhalten hat bzw. erhalten soll, einschließlich der erhaltenen Zuschüsse, Subventionen und anderen Finanzierungen ähnlicher Art, die einen unmittelbaren Einfluss auf den Preis der durch den Steuerpflichtigen gelieferten Gegenstände oder erbrachten Dienstleistungen haben.“
5 In Art. 50 Abs. 1 der Ustawa o publicznym transporcie zbiorowym (Gesetz über den öffentlichen Personenverkehr) vom 16. Dezember 2010 (Dz. U. 2018, Pos. 2016) in der auf den Ausgangsrechtsstreit anwendbaren Fassung heißt es:
„Die Finanzierung von Beförderungsleistungen von allgemeinem Interesse kann insbesondere in folgender Form erfolgen:
…
2) einer Ausgleichsleistung an den Betreiber für
…
c) die Kosten, die ihm im Zusammenhang mit der Erbringung von Dienstleistungen im öffentlichen Personenverkehr entstehen …“
Ausgangsverfahren und Vorlagefrage
6 P. ist im Bereich der Personenbeförderung tätig. Sie beabsichtigt, als Betreiberin Verträge über öffentliche Personenverkehrsdienste zu schließen, wie sie in der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 1191/69 und (EWG) Nr. 1107/70 des Rates (ABl. 2007, L 315, S. 1) und im Gesetz über den öffentlichen Personenverkehr vorgesehen sind. Die andere Vertragspartei, eine Gebietskörperschaft, wäre Organisatorin des öffentlichen Personenverkehrs im Sinne dieses Gesetzes (im Folgenden: Organisatorin).
7 Im Rahmen der beabsichtigten Tätigkeit soll P. u. a. durch den Verkauf von Fahrscheinen vergütet werden, deren Preis von der Organisatorin bestimmt würde. Da diese Finanzierungsart allein nicht kostendeckend ist, soll P. von der Organisatorin eine Ausgleichsleistung im Sinne von Art. 50 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c des Gesetzes über den öffentlichen Personenverkehr erhalten.
8 Der mit der Organisatorin zu schließende Vertrag soll die Modalitäten für die Zahlung der Ausgleichsleistung, deren Grundlage der aus dieser Tätigkeit resultierende Verlust wäre, und den Höchstbetrag der Ausgleichsleistung für einen bestimmten Zeitraum festlegen.
9 In diesem Zusammenhang beantragte P. bei der Steuerverwaltung einen Steuervorbescheid zu der Frage, ob der Ausgleich der Verluste aus der Erbringung öffentlicher Personenverkehrsdienste einen der Mehrwertsteuer unterliegenden Umsatz im Sinne von Art. 29a Abs. 1 des Gesetzes über die Steuer auf Gegenstände und Dienstleistungen in der auf den Ausgangsrechtsstreit anwendbaren Fassung darstellt.
10 Nach Ansicht von P. erhöht die Ausgleichsleistung nicht die Steuerbemessungsgrundlage, da sie sich nicht unmittelbar auf den Preis der erbrachten Dienstleistungen auswirke, sondern einen Beitrag zu den Gesamtkosten der beabsichtigten Tätigkeit darstelle.
11 Mit Steuervorbescheid vom 14. Mai 2019 vertrat die Steuerverwaltung einen entgegengesetzten Standpunkt.
12 P. erhob gegen diesen Steuervorbescheid Klage beim Wojewódzki Sąd Administracyjny w Gdańsku (Woiwodschaftsverwaltungsgericht Gdańsk [Danzig], Polen), der ihn mit Urteil vom 26. November 2019 aufhob.
13 Gegen dieses Urteil legte daraufhin die Steuerverwaltung Kassationsbeschwerde beim Naczelny Sąd Administracyjny (Oberstes Verwaltungsgericht, Polen), dem vorlegenden Gericht, ein.
14 Das vorlegende Gericht fragt sich, ob eine Ausgleichsleistung, die eine Gebietskörperschaft an ein Unternehmen zahlt, das öffentliche Personenverkehrsdienste erbringt, um die dem Unternehmen entstehenden Kosten zu decken, eine Gegenleistung für diese Dienstleistung im Sinne von Art. 73 der Mehrwertsteuerrichtlinie darstellt, so dass sie der Mehrwertsteuer unterliegt.
15 In Anbetracht der Rechtsprechung des Gerichtshofs, insbesondere der Urteile vom 22. November 2001, Office des produits wallons (C‑184/00, EU:C:2001:629), und vom 15. Juli 2004, Kommission/Schweden (C‑463/02, EU:C:2004:455), gehe die nationale Rechtsprechung davon aus, dass eine solche Ausgleichsleistung nicht Teil der Steuerbemessungsgrundlage sei. Damit nämlich der Betrag einer von einem Steuerpflichtigen erhaltenen Finanzierung als Bestandteil der Steuerbemessungsgrundlage einer Lieferung von Gegenständen oder einer Dienstleistung angesehen werden könne, müsse er eindeutig einem bestimmten Umsatz zugeordnet werden können. Die Ausgleichsleistung, um die es im Ausgangsverfahren gehe, wirke sich jedoch nicht unmittelbar auf den Preis der von P. erbrachten Dienstleistungen, d. h. auf den Preis der Fahrscheine, aus, da der Zweck der Ausgleichsleistung vor allem darin bestehe, die in einem bestimmten Zeitraum entstandenen Verluste zu decken.
16 Unter Verweis auf das Urteil vom 27. März 2014, Le Rayon d’Or (C‑151/13, EU:C:2014:185), äußert das vorlegende Gericht jedoch Zweifel an dieser nationalen Rechtsprechung. Es wirft die Frage auf, ob es für die Feststellung, ob eine solche Ausgleichsleistung Teil der Mehrwertsteuerbemessungsgrundlage ist, erforderlich ist, dass ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem Preis der Fahrscheine und der Ausgleichsleistung derart besteht, dass die Ausgleichsleistung als unmittelbare Finanzierung der Fahrscheine zu verstehen ist, die deren Preis entsprechend senkt, oder ob es für den Nachweis dieses unmittelbaren Zusammenhangs ausreicht, festzustellen, dass ohne die Ausgleichsleistung der Preis der Fahrscheine höher ausfallen müsste. Außerdem fragt sich das vorlegende Gericht, ob das Bestehen eines solchen unmittelbaren Zusammenhangs daraus abgeleitet werden kann, dass die erbrachten Dienstleistungen durch ihre Kontinuität und die dauerhafte Bereitschaft des Dienstleistungserbringers zu ihrer Erbringung gekennzeichnet sind.
17 Es bestehe zwar kein Zweifel daran, dass sich die im Ausgangsverfahren vorgesehene Ausgleichsleistung nicht auf eine individuelle Dienstleistung zugunsten der Empfänger beziehe, doch mindere die Ausgleichsleistung den von den Dienstleistungsempfängern zu zahlenden Preis, da ohne sie der Preis für die vom Betreiber des öffentlichen Personenverkehrsdiensts vertriebenen Fahrscheine wesentlich höher festgesetzt werden müsste. Außerdem sei die Ausgleichsleistung nicht für die Tätigkeiten des Betreibers im Allgemeinen bestimmt, sondern sie sei ausschließlich mit dessen Tätigkeit im Bereich des öffentlichen Personenverkehrs verknüpft.
18 Dagegen scheine der Umstand, dass die geplante Ausgleichsleistung pauschal und auf jährlicher Basis festgesetzt werde, für die Feststellung, ob sie Teil der Mehrwertsteuerbemessungsgrundlage sei, keine entscheidende Bedeutung zu haben. Dies gelte auch für den Umstand, dass die Preise der Fahrscheine und die Höhe etwaiger Ermäßigungen von der Organisatorin und nicht vom Betreiber bestimmt würden, da diese Punkte ebenfalls in dem zwischen ihnen geschlossenen Vertrag festgelegt seien und sich auf die Bestimmung der Höhe der Ausgleichsleistung auswirkten.
19 Unter diesen Umständen hat der Naczelny Sąd Administracyjny (Oberstes Verwaltungsgericht) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:
Ist Art. 73 der Mehrwertsteuerrichtlinie dahin auszulegen, dass eine Ausgleichsleistung wie die im Antrag auf einen Steuervorbescheid beschriebene, die von einer Einheit der territorialen Selbstverwaltung an ein gesondertes Rechtssubjekt (Betreiber) zum Zweck der Erbringung öffentlicher Personenverkehrsdienste gezahlt wird, in die Steuerbemessungsgrundlage im Sinne dieser Bestimmung einbezogen ist?
Zur Vorlagefrage
20 Mit seiner Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 73 der Mehrwertsteuerrichtlinie dahin auszulegen ist, dass eine pauschale Ausgleichsleistung, die von einer Gebietskörperschaft an ein Unternehmen, das öffentliche Personenverkehrsdienste erbringt, gezahlt wird, um die Verluste aus der Erbringung dieser Dienstleistungen zu decken, in die Steuerbemessungsgrundlage dieses Unternehmens eingeht.
21 Nach Art. 73 der Mehrwertsteuerrichtlinie umfasst die Steuerbemessungsgrundlage bei der Lieferung eines Gegenstands oder der Erbringung einer Dienstleistung „alles, was den Wert der Gegenleistung bildet, die der Lieferer oder Dienstleistungserbringer für diese Umsätze vom Erwerber oder Dienstleistungsempfänger oder einem Dritten erhält oder erhalten soll, einschließlich der unmittelbar mit dem Preis dieser Umsätze zusammenhängenden Subventionen“.
22 Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass nach den Angaben in der Vorlageentscheidung und in den schriftlichen Erklärungen der Steuerverwaltung die unmittelbaren Empfänger der öffentlichen Personenverkehrsdienstleistungen, die der Betreiber beabsichtigt anzubieten, die Nutzer jener Dienstleistungen sind, die dafür als Gegenleistung einen Fahrschein kaufen, während die Organisatorin, welche die Ausgleichsleistung an den Betreiber zahlt, nicht als Empfängerin dieser Dienstleistung angesehen wird. Im vorliegenden Fall hat die Organisatorin somit die Eigenschaft eines „Dritten“ im Sinne von Art. 73.
23 Zu der Frage, ob diese Ausgleichsleistung eine unmittelbar mit dem Preis der Umsätze zusammenhängende Subvention im Sinne von Art. 73 der Mehrwertsteuerrichtlinie darstellt, geht aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs hervor, dass Art. 73, indem er vorsieht, dass die Steuerbemessungsgrundlage für die Mehrwertsteuer in den dort genannten Fällen die an die Steuerpflichtigen gezahlten Subventionen umfasst, darauf abzielt, den gesamten Wert der Gegenstände und Dienstleistungen der Mehrwertsteuer zu unterwerfen und somit zu vermeiden, dass die Zahlung einer Subvention zu einem geringeren Steuerertrag führt (vgl. entsprechend Urteil vom 9. Oktober 2019, C und C [Mehrwertsteuer und Agrarsubventionen], C‑573/18 und C‑574/18, EU:C:2019:847, Rn. 30 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).
24 Diese Vorschrift ist gemäß ihrem Wortlaut anwendbar, wenn die Subvention unmittelbar mit dem Preis des betreffenden Umsatzes zusammenhängt. Das ist nur dann der Fall, wenn die Subvention an den subventionierten Wirtschaftsteilnehmer gerade für die Lieferung eines bestimmten Gegenstands oder die Erbringung einer bestimmten Dienstleistung gezahlt wird. Nur in diesem Fall kann die Subvention als Gegenleistung für die Lieferung eines Gegenstands oder die Erbringung einer Dienstleistung angesehen werden und ist damit steuerbar (vgl. entsprechend Urteil vom 9. Oktober 2019, C und C [Mehrwertsteuer und Agrarsubventionen], C‑573/18 und C‑574/18, EU:C:2019:847, Rn. 31 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).
25 Weiter muss die dem Subventionsempfänger gewährte Subvention dem Abnehmer des Gegenstands oder dem Dienstleistungsempfänger zugutekommen. Der vom Abnehmer oder Dienstleistungsempfänger zu zahlende Preis muss nämlich so festgesetzt sein, dass er sich entsprechend der dem Verkäufer des Gegenstands oder dem Dienstleistungserbringer gewährten Subvention ermäßigt, die damit in die Kalkulation des Preises einfließt, den der Letztgenannte verlangt. Die Zahlung der Subvention an den Verkäufer oder Dienstleistungserbringer muss diesem also objektiv gesehen den Verkauf des Gegenstands bzw. die Erbringung der Dienstleistung zu einem niedrigeren Preis als dem ermöglichen, den er ohne Subvention verlangen müsste (vgl. entsprechend Urteil vom 9. Oktober 2019, C und C [Mehrwertsteuer und Agrarsubventionen], C‑573/18 und C‑574/18, EU:C:2019:847, Rn. 32 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).
26 Die von der Subvention verkörperte Gegenleistung muss darüber hinaus zumindest bestimmbar sein (vgl. entsprechend Urteil vom 9. Oktober 2019, C und C [Mehrwertsteuer und Agrarsubventionen], C‑573/18 und C‑574/18, EU:C:2019:847, Rn. 33 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).
27 So erfasst der Begriff „unmittelbar mit dem Preis … zusammenhängende Subventionen“ im Sinne von Art. 73 der Mehrwertsteuerrichtlinie nur die Subventionen, die vollständig oder teilweise die Gegenleistung für die Lieferung von Gegenständen oder für bestimmte Dienstleistungen sind und dem Verkäufer oder Dienstleistungserbringer von einem Dritten gezahlt werden (vgl. entsprechend Urteil vom 9. Oktober 2019, C und C [Mehrwertsteuer und Agrarsubventionen], C‑573/18 und C‑574/18, EU:C:2019:847, Rn. 34 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).
28 Im vorliegenden Fall geht aus der Vorlageentscheidung hervor, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden öffentlichen Personenverkehrsdienste auf der Grundlage eines Vertrags zwischen einer Gebietskörperschaft als Organisatorin, die die Preise der Fahrscheine festlegt, und P. als Betreiberin erbracht werden sollen. Da die u. a. durch den Verkauf der Fahrscheine erzielten Einnahmen nicht kostendeckend wären, soll die Gebietskörperschaft an P. einen pauschalen Ausgleich zahlen, der den aus der Erbringung dieser Dienste resultierenden Verlust und jedenfalls einen für einen bestimmten Zeitraum festgelegten Höchstbetrag nicht übersteigt.
29 Wie das vorlegende Gericht festgestellt hat, wirkt sich eine solche Ausgleichsleistung nicht unmittelbar auf den von der Organisatorin festgelegten Preis der erbrachten Beförderungsdienstleistungen aus, da der Zweck der Ausgleichsleistung vor allem darin besteht, die mit dieser Tätigkeit verbundenen Verluste zu decken.
30 Unter diesen Umständen ist festzustellen, dass eine Ausgleichsleistung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende dem Betreiber nicht speziell dafür gezahlt wird, dass er eine Beförderungsdienstleistung für einen bestimmten Dienstleistungsempfänger erbringt; sie hat auch keinen Einfluss auf den vom Dienstleistungsempfänger zu zahlenden Preis, da dieser Preis nicht so festgesetzt wird, dass er sich entsprechend der dem Betreiber gewährten Ausgleichsleistung verringert. Die Ausgleichsleistung wird, wie die Generalanwältin in Nr. 54 ihrer Schlussanträge im Wesentlichen ausgeführt hat, hingegen nachträglich gewährt und ist von der konkreten Nutzung der Beförderungsdienstleistungen unabhängig; vielmehr stellt sie auf die angebotenen Fahrzeugkilometer ab. Eine solche Ausgleichsleistung fällt daher nicht unter den Begriff „unmittelbar mit dem Preis … zusammenhängende Subventionen“ im Sinne von Art. 73 der Mehrwertsteuerrichtlinie.
31 Diese Feststellung wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass ohne eine solche Ausgleichsleistung, die es ermöglicht, den Preis für die erbrachte Dienstleistung deutlich zu senken, der Preis der Fahrscheine für die Dienstleistungsempfänger wesentlich höher sein müsste.
32 Wie die Generalanwältin in Nr. 58 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, ist nämlich davon auszugehen, dass sich jeder Zuschuss zwangsläufig auf die Preiskalkulation auswirken kann, unabhängig davon, ob diese vom Zuschussempfänger oder, wie im vorliegenden Fall, von der Organisatorin, die den Zuschuss zahlt, vorgenommen wird. Wie sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs ergibt, macht die Möglichkeit allein, dass eine Finanzierung sich auf die Preise der von der begünstigten Einrichtung gelieferten Gegenstände oder erbrachten Dienstleistungen auswirkt, diese Finanzierung nicht schon als unmittelbar mit dem Preis zusammenhängende Subvention im Sinne von Art. 73 der Mehrwertsteuerrichtlinie steuerbar (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. November 2001, Office des produits wallons, C‑184/00, EU:C:2001:629, Rn. 12).
33 Allerdings stellen unmittelbar mit dem Preis eines der Steuer unterliegenden Umsatzes zusammenhängende Subventionen nur eine von mehreren Fallgestaltungen dar, auf die Art. 73 der Mehrwertsteuerrichtlinie abzielt, wobei die Steuerbemessungsgrundlage einer Dienstleistung jedenfalls alles umfasst, was als Gegenleistung für den geleisteten Dienst empfangen wird (vgl. entsprechend Urteil vom 27. März 2014, Le Rayon d’Or, C‑151/13, EU:C:2014:185, Rn. 30 und die dort angeführte Rechtsprechung).
34 In diesem Zusammenhang möchte das vorlegende Gericht unter Verweis auf das letztgenannte Urteil wissen, ob eine Ausgleichsleistung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende als eine von einem Dritten erhaltene Gegenleistung im Sinne von Art. 73 anzusehen ist.
35 In der Rechtssache, in der jenes Urteil ergangen ist, ging es darum, ob eine „Pflegepauschale“ steuerbar ist, die eine nationale Krankenversicherung an Beherbergungseinrichtungen für ältere hilfsbedürftige Menschen für die Erbringung von medizinischen und paramedizinischen Pflegedienstleistungen an ihre Bewohner zahlte und deren Berechnung u. a. die Zahl der in der jeweiligen Einrichtung aufgenommenen Bewohner und den Grad ihrer Hilfsbedürftigkeit berücksichtigte. Im selben Urteil hat der Gerichtshof entschieden, dass zwischen den Dienstleistungen, die eine solche Einrichtung ihren Bewohnern erbringt, und der empfangenen Gegenleistung, d. h. der „Pflegepauschale“, ein unmittelbarer Zusammenhang besteht, so dass eine solche Pauschalzahlung eine Gegenleistung für die von der Einrichtung den Bewohnern entgeltlich erbrachten Pflegeleistungen darstellt und daher in den Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer fällt.
36 Der Gerichtshof hat insoweit ausgeführt, dass der Umstand, dass der unmittelbare Empfänger der in Rede stehenden Dienstleistungen nicht die nationale Krankenversicherung, die den Pauschalbetrag zahlt, sondern der bei ihr Versicherte ist, den unmittelbaren Zusammenhang zwischen der erbrachten Dienstleistung und der empfangenen Gegenleistung nicht beseitigen kann (Urteil vom 27. März 2014, Le Rayon d’Or, C‑151/13, EU:C:2014:185, Rn. 35).
37 Ferner hat der Gerichtshof entschieden, dass, wenn die in Rede stehende Dienstleistung durch die dauerhafte Bereitschaft des Dienstleisters gekennzeichnet ist, die von den Bewohnern benötigten Pflegeleistungen zum gegebenen Zeitpunkt zu erbringen, für die Feststellung eines unmittelbaren Zusammenhangs zwischen dieser Leistung und der empfangenen Gegenleistung nicht nachgewiesen zu werden braucht, dass sich eine Zahlung auf eine individualisierte, gezielte Pflegeleistung bezieht, die auf Verlangen eines Bewohners erbracht worden ist (Urteil vom 27. März 2014, Le Rayon d’Or, C‑151/13, EU:C:2014:185, Rn. 36).
38 Allerdings sind der Sachverhalt des Ausgangsverfahrens und der Sachverhalt der Rechtssache, in der das Urteil vom 27. März 2014, Le Rayon d’Or (C‑151/13, EU:C:2014:185), ergangen ist, nicht vergleichbar.
39 Wie die Generalanwältin in den Nrn. 52 und 56 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, bestand in jener Rechtssache ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen den Pflegeleistungen zugunsten der Bewohner der Beherbergungseinrichtungen für ältere hilfsbedürftige Menschen und der an diese Einrichtung gezahlten finanziellen Gegenleistung, die sich nach der erhaltenen Behandlung und der Zahl der betroffenen Bewohner richtete. Im vorliegenden Fall kommen die öffentlichen Personenverkehrsdienste aber nicht Personen zugute, die klar identifiziert werden können, sondern allen potenziellen Fahrgästen. Darüber hinaus wird die Ausgleichsleistung ohne Berücksichtigung der Identität und der Anzahl der Nutzer der erbrachten Dienstleistung berechnet.
40 Nach alledem ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass Art. 73 der Mehrwertsteuerrichtlinie dahin auszulegen ist, dass eine pauschale Ausgleichsleistung, die von einer Gebietskörperschaft an ein Unternehmen, das öffentliche Personenverkehrsdienste erbringt, gezahlt wird, um die Verluste aus der Erbringung dieser Dienstleistungen zu decken, nicht in die Steuerbemessungsgrundlage dieses Unternehmens eingeht.