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Steuerrecht
01.09.2011
Steuerrecht
FG Düsseldorf: Zur erweiterten Verlustverrechnung i. R. d. § 15a Abs. 1 S. 2 EStG

FG Düsseldorf, Urteil vom 22.7.2011 - 1 K 4383/09 F

Sachverhalt

Die Klägerin wendet sich gegen Bescheide für 1995 bis 1997 und 1999 über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 15 a Abs. 4 EStG.

Die Klägerin ist eine inländische Kommanditgesellschaft. Komplementärin ist eine GmbH, die keine Einlage in das Vermögen der Klägerin geleistet hat. Alleiniger Kommanditist war in den Streitjahren Herr Rolf D., der zu 100% am Vermögen der Klägerin beteiligt war (Sonderrechtsnachfolgerin nunmehr: A.-Stiftung). Gegenstand des Unternehmens ist das Halten und die Verwaltung von Beteiligungen, die im Ausland A.-Firma-Aktivitäten ausüben.

Die Klägerin ist als Kommanditistin zu 60 % an der A.-Vertrieb GmbH & Co. KG, Österreich (nachfolgend: EU-AUSLAND KG) beteiligt. Die EU-AUSLAND KG wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 27.07.1993 nach österreichischem Recht gegründet. Sie hat ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr (vom 1. März bis zum letzten Tag im Februar des darauffolgenden Jahres). Gegenstand des Unternehmens der EU-AUSLAND KG ist der Vertrieb von Gütern und die zentrale Buchhaltung, Personalverrechnung und Logistik für alle österreichischen Beteiligungsgesellschaften (insgesamt 9 Gesellschaften). Die verbleibende 40%-ige Beteiligung wurde in den Streitjahren von einem fremden, in Deutschland nicht steuerpflichtigen, Dritten (Herr Karl E.) gehalten.

Das Gesellschaftskapital der EU-AUSLAND KG betrug bei Gründung XX Mio. Schilling (S). Das Gesellschaftskapital entwickelte sich wie folgt:


Wirtschaftsjahr

Gesellschaftskapital

Anteil der Klägerin (60%)

davon eingezahlt

1994/95

XX Mio. S

XX Mio. S

XX Mio. S

1995/96

XX Mio. S

XX Mio. S

XX Mio. S

1996/97

XX Mio. S

XX Mio. S

XX Mio. S

1997/98

XX Mio. S

XX Mio. S

XX Mio. S


Seit der Gründung im Jahr 1993 bis zum Wirtschaftsjahr 1998/1999 erzielte die EU-AUSLAND KG ausweislich der vorliegenden Jahresabschlüsse ausschließlich Verluste, die ab dem Wirtschaftjahr 1994/1995 das tatsächlich eingezahlte Kommanditkapital überstiegen.

Nach unbestrittenem Vortrag der Klägerin wurde jeweils vor dem Abschlussstichtag eine Kapitalerhöhung in Höhe der voraussichtlich anfallenden Verluste bei der EU-AUSLAND KG beschlossen und im Firmenbuch des zuständigen Landesgerichts in Österreich eingetragen. Eine Einzahlung durch die Kommanditisten erfolgte jedoch nicht.

Der Beklagte führte für die Klägerin als einzige inländische Gesellschafterin der EU-AUSLAND KG nach Maßgabe des BFH-Urteils vom 15. September 2004 (I R 30/04, BFH/NV 2005, 842) zwei gesonderte Feststellungen für jeden Veranlagungszeitraum durch. Es wurden für die an der EU-AUSLAND KG beteiligte Klägerin sowohl der Anteil an den nach DBA steuerfreien gewerblichen Einkünften aus Betriebsstätten in Österreich als auch der verrechenbare Verlust nach § 15 a Abs. 4 EStG jeweils zum 28.02. bzw. 29.02. des entsprechenden Streitjahres gesondert festgestellt.

Bei der Anwendung des § 15 a EStG berücksichtigte der Beklagte als Kapitalkonto im Sinne des § 15 a Abs. 1 S. 1 EStG lediglich das tatsächlich eingezahlte Kapital in Höhe von XX Mio. S und ab 1997/1998 XX Mio. S. Der erweiterte Verlustausgleich nach § 15 a Abs. 1 S. 2 und 3 EStG kam nach Ansicht des Beklagten nicht in Betracht, weil es sich bei der EU-AUSLAND KG um eine ausländische Personengesellschaft handle. Der deutsche Gesetzgeber habe ausdrücklich die Verlustverrechnung nach § 15 a Abs. 1 S. 2 EStG auf inländische Kommanditgesellschaften beschränkt. Es wurde Folgendes gesondert festgestellt (vgl. Bescheide vom 20.12.2005), wobei die Beträge hinsichtlich der absoluten Zahlen und der Umrechnungskurse zwischen den Beteiligten unstreitig sind:

1995:

I.              gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen

Anteil an den nach DBA steuerfreien gewerblichen Einkünften aus Betriebsstätten in Österreich (§ 2 a Abs. 3 EStG) oder alternativ laufende Einkünfte (§ 32 b EStG)

./. XXXXXXX DM

II.             Gesonderte Feststellung § 15 a Abs. 4 EStG

verrechenbarer Verlust zum 28.02.1995 XXXXXX DM

1996:

I.              gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen

Anteil an den nach DBA steuerfreien gewerblichen Einkünften aus Betriebsstätten in Österreich (§ 2 a Abs. 3 EStG) oder alternativ laufende Einkünfte (§ 32 b EStG)

./. XXXXXXX DM

II.             Gesonderte Feststellung § 15 a Abs. 4 EStG

verrechenbarer Verlust zum 29.02.1996 XXXXXXX DM

(Anmerkung: darin enthalten: Einlageminderung 5.181,95 DM)

1997:

I.              gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen

Anteil an den nach DBA steuerfreien gewerblichen Einkünften aus Betriebsstätten in Österreich (§ 2 a Abs. 3 EStG) oder alternativ laufende Einkünfte (§ 32 b EStG)

./. XXXXXXX DM

II.             Gesonderte Feststellung § 15 a Abs. 4 EStG

verrechenbarer Verlust zum 28.02.1997 XXXXXXX DM

(Anmerkung: darin enthalten Einlageminderung 3.031,70 DM)

In den Erläuterungen zu den Bescheiden für 1995 und 1996 heißt es jeweils:

"Der Feststellungsbescheid ist nach Ablauf der Feststellungsfrist ergangen, er ist nur für solche Steuerfestsetzungen (Folgebescheide) bedeutsam, bei denen die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen ist (§ 181 Abs. 5 AO)."

Ausweislich des Lageberichtes (Seite 3) zum Jahresabschluss der EU-AUSLAND KG für das Jahr 1998/1999 bestanden im laufenden Wirtschaftsjahr 1998/1999 fünf Niederlassungen in Österreich an den Standorten Z., Y., X., W. und V., wobei "zum 28.02.1999 die Standorte W. und V. verkauft worden" sind, so dass bei der EU-AUSLAND KG nur noch die Niederlassungen Z., Y. und X. verblieben. In dem Jahresüberschuss der EU-AUSLAND KG war aus dem Verkauf der Niederlassungen W. und V. ein außerordentlicher Ertrag in Höhe von XXXXXXXX Schilling (S) enthalten (vgl. Seite 8 und Seite 40 des Jahresabschlusses).

Der Übertragung lag eine Vereinbarung zwischen der EU-AUSLAND KG, Herrn Karl E., der A.-Z. GmbH & Co. KG, F-Stadt, der Klägerin und der G.-Vertrieb GmbH & Co. KG, G.-Stadt (G.-KG) vom 03.12.1998 zugrunde. Danach wurde der Kundenstamm auf die A.-Z. GmbH & Co. KG übertragen und durch diese an die G.-KG verpachtet. Auf die G.-KG wurden sämtliche Sachanlagen und der Warenbestand übertragen. Die ab dem 01.03.1998 in den Betriebsstätten W. und V. entstandenen anteiligen Verluste wurden durch die G.-KG übernommen. Das wirtschaftliche Ergebnis in den Teilbetrieben sollte (rückwirkend) ab 01.03.1998 der G.-KG zugerechnet werden.

In dem Bescheid für 1999 vom 20.12.2005 über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen stellte der Beklagte den Anteil an den nach DBA steuerfreien gewerblichen Einkünften aus Betriebsstätten in Österreich oder alternativ laufende Einkünfte (§ 32 b EStG) in Höhe von ./. XXXXXX DM fest. Außerdem wurde in dem Bescheid folgende Feststellung getroffen:

"Es wird festgestellt, dass die A.-Vertrieb I GmbH & Co. KG, -Österreich (EU-AUSLAND KG) die Betriebsstätten in W. und V. im Wirtschaftsjahr 1998/1999 entgeltlich übertragen hat (§ 2 a Abs. 4 Nr. 2 EStG)."

Der verrechenbare Verlust am Ende des laufenden Wirtschaftsjahres zum 28.02.1999 wurde im Bescheid für 1999 über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 15 a Abs. 4 EStG auf XXXXXXX DM festgestellt. Darin war eine Einlagenminderung in Höhe von 5.144 DM enthalten. Die Bescheide ergingen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

Gegen die Bescheide 1995 bis 1997 und 1999 legte die Klägerin Einspruch ein. Hinsichtlich der gesondert festgestellten verrechenbaren Verluste nach § 15 a Abs. 4 EStG führte sie aus: Die EU-AUSLAND KG habe zwar Verluste erzielt, welche das tatsächlich eingezahlte Kommanditkapital überstiegen haben. Es sei aber jeweils rechtzeitig vor dem Abschlussstichtag eine Kapitalerhöhung in Höhe der voraussichtlich anfallenden Verluste beschlossen und im betr. österreichischen Handelsregister eingetragen worden. Österreich sei ab dem 01.01.1995 der Europäischen Gemeinschaft beigetreten. Indem Deutschland die Möglichkeit des Verlustausgleiches aufgrund der überschießenden Außenhaftung nur auf deutsche Kommanditgesellschaften beschränke, liege ein Verstoß gegen Art. 43 EG-Vertrag (Niederlassungsfreiheit) vor. Die Nichtgewährung des Verlustabzugs bei einem deutschen Investor trotz überschießender Außenhaftung im Falle einer österreichischen Personengesellschaft sei eine diskriminierende Steuerbestimmung.

Durch die Vorschrift des § 15 a Abs. 5 Nr. 3 EStG werde ein deutscher Investor gezwungen, eine deutsche GmbH & Co. KG zu gründen, die dann wiederum eine unselbständige Niederlassung in Österreich eröffne. Rechtfertigungsgründe hierfür seien nicht ersichtlich.

Die Zurechnung der Einlageminderung (1996: 5.181,95 DM; 1997: 3.031,70 DM und 1999: 5.144,00 DM) als Gewinn nach § 15 a Abs. 3 S. 1 EStG sei folglich ebenfalls rechtswidrig, da durch die überschießende Außenhaftung kein negatives Kapitalkonto entstehe.

Der Beklagte habe auch zu Unrecht auf den Vorgang (Verkauf der Betriebsstätten W. und V.) § 2 a Abs. 4 Nr. 2 in der Fassung des StBereinG 1999 vom 22.12.1999 angewandt. Der Vorgang sei tatsächlich in 1998 verwirklicht worden. Dies führe letztendlich zu einer nicht gerechtfertigten Nachversteuerung bei Herrn Rolf D.

Im Rahmen einer Betriebsprüfung bei der EU-AUSLAND KG durch das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung für die Jahre 1999 bis 2002 wurde festgestellt, dass die Niederlassungen W. und V. zum 28.02.1999 entgeltlich übertragen wurden (vgl. Tz. 1.3.2.3 des Betriebsprüfungsberichtes vom 26.02.2009). Auf den weiteren Inhalt des Berichtes wird verwiesen.

Aufgrund der Betriebsprüfung wurden im Laufe des Einspruchsverfahrens die Bescheide für 1999 vom 20.12.2005 nach § 164 Abs. 2 AO geändert und Folgendes festgestellt (vgl. Bescheide vom 01.09.2009) :

1999:

I.              gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen

Anteil an den nach DBA steuerfreien gewerblichen Einkünften aus Betriebsstätten in Österreich (§ 2 a Abs. 3 EStG) oder alternativ laufende Einkünfte (§ 32 b EStG)

./. XXXXXX DM

II.             Gesonderte Feststellung § 15 a Abs. 4 EStG

verrechenbarer Verlust zum 28.02.1999 XXXXXXX DM

Die Feststellung zu den veräußerten Betriebsstätten (V. und W.) blieb wortgleich bestehen. Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde aufgehoben.

Mit Einspruchsentscheidung vom 06.11.2009 wies der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurück. Er führte aus:

Die Nichtanwendung der überschießenden Außenhaftung gemäß § 15 a Abs. 1 S. 2 und 3 EStG verstoße nicht gegen Art. 43 des EG-Vertrages. Nur die im inländischen Handelsregister eingetragene Haftung nach § 171 Abs. 1 HGB erfülle den Tatbestand dieser Vorschrift. Die Ungleichbehandlung zwischen einer österreichischen Tochtergesellschaft und einer vergleichbaren deutschen Tochtergesellschaft mit österreichischen Betriebsstätten sei zur Wahrung der Aufteilung der Besteuerungsbefugnis und zur Vermeidung einer doppelten Verlustberücksichtigung auch nach der Rechtsprechung des EuGH (vgl. Urteil Marks & Spencer C- 446/03) gerechtfertigt. Bereits aus der Gesetzesbegründung (§ 15 a EStG) sei zu entnehmen, dass - um Missbräuche zu verhindern - eine Erweiterung der Verlustausgleichsmöglichkeiten aufgrund anderer als im deutschen Handelsregister eingetragener Haftungsbestände nicht vertretbar sei (BT-Drs. 8/3648, 16, 17). Die Steuerverwaltung könne nur auf das aktuelle inländische Handelsregister zugreifen, nicht auf ausländische Register. Die deutschen Behörden könnten auch schwer überprüfen, ob das Handelsrecht eines anderen EU-Mitgliedstaates eine erweiterte Außenhaftung kenne und ob deren Voraussetzungen tatsächlich vorliegen. In der EU bestehe kein einheitliches Handelsrecht. Zudem sei die Erhebung der Einkommensteuer als direkte Steuer nach dem Primärrecht der Europäischen Union den Mitgliedstaaten selbst vorbehalten. Insoweit seien die Mitgliedstaaten nicht uneingeschränkt zur Gleichbehandlung in- und ausländischer Unternehmen verpflichtet.

Auch die Feststellungen im Bescheid für 1999 hinsichtlich der Betriebsstätten W. und V. sei rechtmäßig. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 2 a Abs. 4 Nr. 2 EStG i. V. m. § 52 Abs. 3 EStG seien erfüllt. Eine Hinzurechnung sei durchzuführen bei entgeltlicher und unentgeltlicher Übertragung der ausländischen Betriebsstätte. Dies liege im Streitfall vor, auch wenn der inländische Gesellschafter der Klägerin, Herr Rolf D., wiederum direkt oder indirekt an der erwerbenden Gesellschaft beteiligt sei. Rechtsträger sei nunmehr eine andere Gesellschaft. Die Vorschrift des § 2 a Abs. 4 Nr. 2 EStG in der Fassung des StBereinG 1999 vom 22.12.1999 (BGBl I 1999, 2601 in § 52 Abs. 3 EStG, veröffentlicht am 29.12.1999) verstoße auch nicht gegen die Verfassung. Es liege keine echte Rückwirkung vor. Erst mit Ablauf des Veranlagungszeitraums 1999 sei der steuerliche Tatbestand vollendet. Die Klägerin habe zudem bereits vor Beginn des Streitjahres 1999 nicht mehr darauf vertrauen können, dass die bisherige Regelung des § 2 a Abs. 4 EStG Bestand haben werde. Der Entwurf eines Gesetzes zur steuerlichen Förderung von Wagniskapital (Beschluss des Bundesrates vom 08.05.1998, BR-Drs. 376/98) beinhalte in Art. 2 bereits eine Neufassung des § 2a Abs. 4, die im Wesentlichen der Fassung durch das Steuerbereinigungsgesetz 1999 entspreche. Dieser Entwurf sei am 17. Juni 1998 im Deutschen Bundestag eingebracht (BT-Dr. 13/10990) worden. Zwar sei der Entwurf Ende der 13. Legislaturperiode zunächst erledigt gewesen, dies habe aber nicht bedeutet, dass sich das Änderungsvorhaben auch inhaltlich erledigt habe.

Mit der am 04.12.2009 erhobenen Klage trägt die Klägerin vor:

Die Nichtgewährung des Verlustabzuges trotz überschießender Außenhaftung diskriminiere die Klägerin und den dahinter stehenden Gesellschafter und verstoße gegen Unionsrecht. Durch die Vorschrift § 15 a Abs. 5 Nr. 3 EStG komme es zu einer Ungleichbehandlung zwischen dem Gesellschafter, der an einer deutschen GmbH & Co. KG mit einer unselbständigen Niederlassung in Österreich beteiligt sei und dem Gesellschafter, der direkt an einer GmbH & Co. KG in Österreich beteiligt sei. Denn nur im erstgenannten Fall könnten die Verluste der österreichischen Betriebsstätte über das Rechtsinstitut der überschießenden Außenhaftung nach § 15 a Abs. 1 S. 2 EStG geltend gemacht werden. Hierdurch werde ein Steuerpflichtiger gezwungen, nur in eine deutsche Personengesellschaft mit einer unselbständigen Niederlassung in Österreich zu investieren. Art. 43 EG lasse den Wirtschaftsteilnehmern ausdrücklich die Möglichkeit, die geeignete Rechtsform für die Ausübung ihrer Tätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat zu wählen. Diese Wahl dürfe nicht durch diskriminierende Steuerbestimmungen eingeschränkt werden. Zum Kernbereich der Niederlassungsfreiheit gehöre die freie Wahl der Klägerin, ob sie eine in Österreich belegene Betriebsstätte entweder durch eine weitere deutsche KG betreibe oder eine österreichische KG gründe. Eine in Deutschland ansässige KG sei im Hinblick auf § 15 a Abs. 1 S. 2 EStG mit einer im Ausland ansässigen KG vergleichbar. Rechtfertigungsgründe für die Ungleichbehandlung seien nicht ersichtlich. Die Gefahr einer doppelten Verlustberücksichtigung bestehe nicht. Die Verlustberücksichtigung sei durch Abs. 12 Buchst. b im Protokoll zum DBA Österreich zu Art. 24 explizit geregelt worden. Mögliche Ermittlungsschwierigkeiten der deutschen Steuerverwaltung im Ausland seien ebenfalls kein Rechtfertigungsgrund. Diese seien bei der steuerlichen Erfassung ausländischer Verluste geradezu typisch. Hierdurch werde der deutsche Fiskus nicht von der Beachtung der Grundfreiheiten befreit. Auch nach der Rechtsprechung des EuGH seien Schwierigkeiten bei der Sachverhaltsermittlung kein Rechtfertigungsgrund für die diskriminierende Regelung. Zu Steuerausfällen könne es im Streitfall wegen der Nachversteuerungsregelung nicht kommen.

Aus diesen Gründen sei auch die Hinzurechnung der Einlagenminderung in den Streitjahren als Gewinn wegen der überschießenden Außenhaftung nicht vorzunehmen.

Auch die weitere Feststellung hinsichtlich der Betriebsstätten W. und V. sei rechtswidrig und deshalb aufzuheben. Entgegen der Ansicht des Beklagten sei § 2 a Abs. 4 EStG in der Fassung des StBereinG 1999 auf den vorliegenden Sachverhalt nicht anwendbar, sondern in der Fassung bis zur Verkündung des StBereinG 1999. Es gelte vorliegend ein dispositionsbezogener Vertrauensschutz. Die vom Beklagten angewendete Fassung der Norm entfalte eine unzulässige Rückwirkung. Denn in Art. 28 Abs. 1 des Gesetzes sei geregelt, dass dieses Gesetz (erst) am 01.01.2000 in Kraft trete (vgl. BGBl I 1999, 2622). Die EU-AUSLAND KG habe aber bereits mit Vertrag vom 03.12.1998 die zwei ihrer fünf Niederlassungen mit Wirkung zum 01.03.1998 an die G.-Vertrieb GmbH & Co. KG, G-Stadt/Österreich (G.-KG) veräußert. Zivilrechtlich hätten die Vertragspartner eine Rückwirkung gewollt, damit Herr E. die Verluste nicht zu tragen hatte. Steuerlich sei am Übertragungsstichtag 03.12.1998 keine Rückwirkung zum 01.03.1998 möglich gewesen. Soweit im Jahresabschluss der EU-AUSLAND KG stehe, die Veräußerung sei "zum 28.02.1999" erfolgt, müsse es "vor dem 28.02.1999" heißen. Die tatsächliche Übertragung sei vielmehr im Kalenderjahr 1998 erfolgt. Lediglich durch das bei der Unternehmensgruppe A. bestehende abweichende Wirtschaftsjahr (28.02.1999) sei diese Veräußerung im Veranlagungsjahr 1999 steuerlich beim Anteilseigner erfasst worden (vgl. Blatt 39 der GA).

Nach der neueren Rechtsprechung des BFH sei das Vertrauen des Steuerpflichtigen in die bestehende Rechtslage solange schutzwürdig, bis das Änderungsgesetz verkündet worden sei. Dies sei bei dem StBereinG erst am 29.12.1999 gewesen. Das Vertrauen des Steuerbürgers in die bis dahin bestehende Gesetzeslage müsse auch nicht hinter die Gründe zurücktreten, die für die Rückwirkung vorgetragen wurden. Der Finanzausschuss habe seinerzeit die Abschaffung der Ausnahmen von der Nachversteuerungspflicht auf zwei Gesichtspunkte gestützt. Zum einen seien die an das ausländische Recht anknüpfenden Voraussetzungen nicht nachprüfbar. Zum anderen verletze die Einräumung einer Ausnahme das Prinzip des § 2 a Abs. 3 EStG, wonach im Inland nur eine vorübergehende, aber keine endgültige Investitionshilfe gewollt gewesen sei. Beide Argumente seinen keine Rechtfertigung für die Abschaffung der Ausnahmen von der Hinzuversteuerungspflicht bereits rückwirkend für den Veranlagungszeitraum 1999. Der Entlastungseffekt durch den Wegfall dieser Prüfung alleine ab 1999 sei nur marginal. Es sei auch nicht zu erkennen, warum die schon immer gegen das Prinzip des § 2 a Abs. 3 EStG verstoßende Ausnahme schon rückwirkend für 1999 in gleichsam letzter Minute habe beseitigt werden müssen (vgl. Hey, IStR 2001, 233, 237). Außerdem ergebe sich aus dem Protokoll zum DBA Österreich vom 24.08.2000 Abs. 12. Buchst. B zu Art. 24 für die Verluste ein Zurechnungsverbot. Danach seien erst ab dem Wirtschaftsjahr 1998 (1997/1998) entstandene Verluste im Betriebsstättenstaat zu berücksichtigen. Für die Zeit davor habe sich die BRD durch diese Spezialregelung verpflichtet, EU-ausländische Betriebsstättenverluste primär in Deutschland zu berücksichtigen. Dabei werde ausdrücklich auf § 2a Abs. 3 EStG in der bis zum Veranlagungszeitraum 1999 gültigen Fassung Bezug genommen. Hierdurch verbleibe es bei einer endgültigen Verlustverrechnung in Deutschland. Im Übrigen sei fraglich, ob der § 2a Abs. 4 Nr. 2 EStG in der Fassung des StBereinG 1999 als personenbezogene Vorschrift für die Klägerin tatbestandsmäßig überhaupt anwendbar sei. Denn Subjekt der Einkommensteuer sei nicht die Klägerin, sondern deren alleiniger Kommanditist, Herr Rolf D. Insoweit sei auch nicht an einen fremden Dritten veräußert worden. An der G.-KG sei die Klägerin zu 100% als Kommanditistin beteiligt. Insoweit sei Herr Rolf D. seinerzeit über die Klägerin mittelbar an der erwerbenden Gesellschaft mit mindestens der gleichen Quote beteiligt gewesen. Für das Tatbestandsmerkmal Übertragung sei nicht die zivilrechtliche Betrachtung maßgebend.

Zur weiteren Begründung verweist die Klägerin auf das Rechtsgutachten von Prof. Dr. H. vom 6. August 2010 (Blatt 72 ff der GA). Danach werde die Wahl der Rechtsform einer ausländischen KG im Verhältnis zu einer deutschen KG durch die fehlende Berechtigung zum erweiterten Verlustausgleich und Verlustabzug behindert und verstoße hierdurch gegen die europäische Niederlassungsfreiheit nach Art. 43 EG. Rechtfertigungsgründe hierfür seien nicht ersichtlich. Auf den Inhalt des Gutachtens wird verwiesen.

Die Klägerin beantragt,

1. die angefochtenen Bescheide für 1995, 1996, 1997 und 1999 über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 15 a Abs. 4 EStG in Gestalt der Einspruchsentscheidungen ersatzlos aufzuheben, sodass kein nur verrechenbarer Verlust am Ende des jeweils laufenden Wirtschaftsjahres zum 28.02. bzw. 29.02. des jeweiligen Streitjahres festgestellt wird;

2. die Bescheide für 1995, 1996, 1997 und 1999 über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen dahingehend zu ändern, dass die darin unter "nachrichtlich" enthaltenen Aussagen zu § 15 a EStG ersatzlos aufgehoben werden;

3. den Bescheid für 1999 über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen darüberhinaus dahingehend zu ändern, dass die darin enthaltene Feststellung, "dass die A.-Vertriebs GmbH & Co. KG [EU-AUSLAND KG], (Österreich) die Betriebsstätten in W. und V. im Wirtschaftsjahr 1998/1999 entgeltlich übertragen hat (§ 2 a Abs. 4 Nr. 2 EStG)", ersatzlos aufgehoben wird,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Er bezieht sich auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung und trägt ergänzend vor:

§ 15 a Abs. 1 S. 2 EStG sei im Streitfall nicht anwendbar. Die von der Klägerin behauptete Verletzung der Niederlassungsfreiheit nach Art. 43 und 48 EGV sei durch die Missbrauchsbekämpfung gerechtfertigt. Weniger belastende Maßnahmen seien nicht ersichtlich. Die steuerliche Kontrolle könne nicht durch die - bei Inlandssachverhalten gesetzlich vorgesehenen - Nachweispflichten durchgesetzt werden.

Aus den Gründen

I. Die Klage ist unzulässig, soweit sie sich gegen die Bescheide für 1995, 1996 und 1997 über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen richtet.

Die Klägerin ist - bereits nach ihrem eigenen Vortrag - durch die (bindenden) Feststellungen des Anteils an den nach DBA steuerfreien gewerblichen Einkünften aus Betriebsstätten in Österreich (die bei Anwendung nach § 2 a Abs. 3 EStG zu berücksichtigen sind oder alternativ laufende Einkünfte, für die statt § 2 a Abs. 3 EStG der Progressionsvorbehalt nach § 32 b EStG in Betracht kommt) in Höhe von ./. XXXXXXX DM (1995), ./. XXXXXXX (1996) und ./. XXXXXXX DM (1997) nicht in ihren Rechten verletzt (§ 40 Abs. 2 EStG). Die gesonderten Feststellungen der Besteuerungsgrundlagen werden von der Klägerin dem Grunde und der Höhe nach nicht beanstandet. Für diese Jahre waren unstreitig vom Beklagten gesonderte Feststellungen durchzuführen, auch wenn außer der Klägerin weder unbeschränkt steuerpflichtige Rechtssubjekte noch Personengesellschaften an der EU-AUSLAND KG beteiligt waren (vgl. BFH-Urteil vom 15. September 2004 I R 30/04, BFH/NV 2005, 842). Die Feststellungen sind der Höhe nach - auch nach Ansicht der Klägerin - zutreffend.

Soweit in diesen gesonderten Feststellungen von Besteuerungsgrundlagen zusätzlich Aussagen zu § 15 a EStG enthalten sind, kann die Klägerin durch diese Aussagen nicht in ihren Rechten verletzt werden. Der Beklagte hat mit dem Voranstellen des Wortes "Nachrichtlich:" kenntlich gemacht, dass es sich hierbei nicht um eine weitere Feststellung handelt, sondern nur um einen nachrichtlichen Vermerk, der keine Bindungswirkung für die Zukunft oder für Folgebescheide entfaltet. Dieser nachrichtliche Teil kann nicht selbständig angefochten werden.

Soweit sich die Klägerin mit ihrer Klage gegen den Bescheid für 1999 über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen richtet, ist die Klage hingegen zulässig. Zwar ist auch hier der festgestellte Betrag (./. XXXXXX DM) der Höhe nach nicht streitig und die Klägerin kann auch hier den nachrichtlichen Teil nicht gesondert anfechten. Die Klagebefugnis ergibt sich aber aus dem Umstand, dass die in diesem Bescheid getroffene weitere Feststellung hinsichtlich der veräußerten Betriebsstätten W. und V. nach dem Willen des Beklagten die Rechtsfolge nach sich ziehen soll, dass bereits in diesem Feststellungsbescheid mit Bindungswirkung über den Nachversteuerungs- und Hinzurechnungstatbestand nach § 2 a Abs. 4 Nr. 2 EStG i. V. m. § 52 Abs. 3 EStG entschieden wird. Die Bindungswirkung (§ 182 AO) schließt es dann aus, dass über diesen Sachverhalt, über den im Feststellungsverfahren entschieden worden ist, im Folgeverfahren in einem damit unvereinbaren Sinne anders entschieden wird.

Auch im Übrigen ist die Klage zulässig.

Die Klägerin ist als einzige Feststellungsbeteiligte unmittelbar von den Feststellungen in den angefochtenen Bescheiden betroffen.

Die Klagebefugnis der Klägerin ist auch nicht sachlich begrenzt. Gemäß § 42 FGO i.V.m. § 351 Abs. 2 AO können Entscheidungen in einem Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10 AO) nur durch Anfechtung dieses Bescheides, nicht auch durch Anfechtung des Folgebescheides angegriffen werden. Nach § 182 Abs. 1 Satz 1 AO sind Feststellungsbescheide (als Grundlagenbescheide) für Folgebescheide bindend, soweit die in den Feststellungsbescheiden getroffenen Feststellungen für diese Folgebescheide von Bedeutung sind.

Eine solche Bindungswirkung entfalten hier die angefochtenen Feststellungen des verrechenbaren Verlustes gemäß § 15a Abs. 4 Satz 1 EStG für die Jahre 1995 bis 1997 und 1999 und zwar nicht nur hinsichtlich der Feststellung des verrechenbaren Verlustes für das Folgejahr aufgrund der gesetzlichen Regelung des § 15a Abs. 4 Satz 2 EStG, sondern auch für den Gewinn bzw. ausgleichs- und abzugsfähigen Verlust desselben Jahres. Denn der ausgleichsfähige Verlust ergibt sich als Unterschiedsbetrag zwischen dem gesondert festgestellten Anteil am Gesamtverlust einerseits und dem als nur verrechenbar festgestellten Verlustanteil andererseits (vgl. BFH-Urteil vom 15. September 2004 I R 30/04, BFH/NV 2005, 842). Der der Klägerin als Obergesellschaft auf der "ersten Stufe" zuzurechnende Verlust der EU-AUSLAND KG, fließt - soweit er nach Anwendung des § 15 a EStG ausgleichsfähig ist - in die Gewinnermittlung der Klägerin auf "zweite Stufe" (einheitlich und gesonderte Feststellung) ein.

II. Die Klage ist aber unbegründet.

Die Feststellungen in den angefochtenen Bescheiden sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 S. 1 Finanzgerichtsordnung - FGO).

Soweit sich die Klage gegen die Bescheide für 1995, 1996, 1997 und 1999 über die gesondert festgestellten verrechenbaren Verluste nach § 15 a Abs. 4 EStG richtet, sind diese Feststellungsbescheide nicht ersatzlos aufzuheben.

Der Beklagte hat zu Recht einen verrechenbaren Verlust am Ende des jeweils laufenden Wirtschaftsjahres zum 28.02. bzw. 29.02 des jeweiligen Streitjahres nach § 15 a Abs. 4 EStG gesondert festgestellt. Die Feststellungen sind auch der Höhe nach nicht zu beanstanden.

Nach § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG darf unter bestimmten, im Gesetz näher bezeichneten Voraussetzungen der einem Kommanditisten zuzurechnende Anteil am Verlust einer KG weder mit anderen Einkünften aus Gewerbebetrieb noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden. Ein solcher Verlust mindert lediglich diejenigen Gewinne, die dem Kommanditisten in späteren Wirtschaftsjahren aus seiner Beteiligung an der KG zuzurechnen sind (§ 15a Abs. 2 EStG). Der nicht ausgleichsfähige Verlust ist, korrigiert um bestimmte im Gesetz genannte Beträge, jährlich gesondert festzustellen (§ 15a Abs. 4 Satz 1 EStG).

Diese Vorschrift gilt sinngemäß für Gesellschafter einer ausländischen Personengesellschaft, bei der der Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) anzusehen ist, soweit die Haftung des Gesellschafters für Schulden in Zusammenhang mit dem Betrieb der eines Kommanditisten entspricht (vgl. § 15 a Abs. 5 Nr. 3 EStG).

Diese Voraussetzungen des § 15 a Abs. 1 S. 1, Abs. 4 S. 1 und Abs. 5 Nr. 3 EStG sind vorliegend erfüllt.

Die Klägerin ist Gesellschafterin der EU-AUSLAND KG, bei der ihre Haftung für Schulden in Zusammenhang mit dem Betrieb jeweils der eines Kommanditisten entspricht. Die Regelung des § 15 a Abs.1 S. 1 EStG ist auch im Verhältnis zwischen der Klägerin und ihrer Untergesellschaft anzuwenden, obwohl die Klägerin als Kommanditgesellschaft selbst hinsichtlich der Einkommensteuer keine Steuersubjektivität besitzt und deswegen den Verlustanteil nicht mit anderen Einkünften ausgleichen oder nach § 10 d EStG abziehen könnte. Die Einschränkungen des § 15 a EStG gelten auch für den Anteil einer Personengesellschaft am Verlust einer Kommanditgesellschaft (sog. doppelstöckige Personengesellschaft), soweit die weiteren Voraussetzungen vorliegen (vgl. hierzu auch Urteil des FG-Düsseldorf vom 3. November 2003 7 K 6498/99, EFG 2004, 495 m.w.N. vom BFH mit Urteil vom 15. September 2004 I R 30/04, BFH/NV 2005, 628 aus verfahrensrechtlichen Gründen aufgehoben).

Dass die EU-AUSLAND KG in den Streitjahren auf die Klägerin entfallende Verluste erzielt hat, welche das von der Klägerin tatsächlich eingezahlte Kommanditkapital überstiegen haben, ist zwischen den Beteiligten nicht streitig.

Auch stellt die Klägerin nicht in Frage, dass der Beklagte (der Höhe nach) die Vorschrift § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG hinsichtlich der festgestellten Beträge zutreffend angewandt hat. Insoweit sind weitere Ausführungen hierzu entbehrlich.

Die im Rahmen der gesonderten Feststellung nach § 15 a Abs. 4 EStG vorgenommenen Gewinnhinzurechnungen aus Einlagenminderung für 1996 um 5.181,95 DM, für 1997 um 3.031,70 DM und für 1999 um 5.144,00 DM sind nach diesen Grundsätzen ebenfalls nicht zu beanstanden. Für die Klägerin bestand ein negatives Kapitalkonto, weil die der Klägerin zuzurechnenden Verluste höher waren als das tatsächlich von ihr eingezahlte Kommanditkapital. Da durch die vorgenommenen Entnahmen keine nach § 15 a Absatz 1 Satz 2 EStG zu berücksichtigende Haftung besteht und sich das negative Kapitalkonto der Klägerin durch die Entnahmen noch weiter erhöht (Einlageminderung) hat, war der Klägerin der Betrag der Einlageminderung gemäß § 15 a Abs. 3 S. 1 EStG i.V. m. § 15 a Abs. 5 Nr. 3 EStG als Gewinn zuzurechnen (vgl. hierzu auch von Beckerath in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, § 15a EStG Rz. G 198).

Darüber hinaus ergibt sich keine Ausgleichs- oder Abzugsfähigkeit der gesondert festgestellten Verluste der jeweiligen Streitjahre; auch nicht aus der Anwendung der Ausnahmeregelung des § 15 a Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 EStG (sog. überschießende Außenhaftung).

Nach dieser Vorschrift kann entgegen der Regel des § 15 a Abs. 1 Satz 1 EStG ein KG-Verlustanteil auch insoweit ausgeglichen (abgezogen) werden, als der Kommanditist am Bilanzstichtag den Gläubigern der Kommanditgesellschaft auf Grund des § 171 Absatz 1 des Handelsgesetzbuchs unmittelbar haftet und - neben anderen Erfordernissen - der Kommanditist namentlich im deutschen Handelsregister eingetragen ist.

Im Streitfall liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 15 a Abs. 1 S. 2 EStG nicht vor. Die Klägerin haftet den Gläubigern der EU-AUSLAND KG nicht auf Grund § 171 Absatz 1 des Handelsgesetzbuchs. Die Erhöhung der Hafteinlage wurde unstreitig auch nicht im deutschen Handelsregister eingetragen. Eine Eintragung in das österreichische Firmenbuch und eine Haftung nach dem österreichischen Handelsgesetzbuch (jetzt Unternehmensgesetzbuch) reicht bereits nach dem Wortlaut der Vorschrift nicht aus.

Dies ergibt sich auch aus der Regelung in § 15 a Abs. 5 Nr. 3 EStG, welche für Gesellschafter einer ausländischen Personengesellschaft nur § 15 a Abs.1 Satz 1 EStG, nicht hingegen § 15 a Abs. 1 Satz 2 und 3 EStG sinngemäß für anwendbar erklärt. Nach der Gesetzesbegründung war -- um Missbräuche zu verhindern -- eine Erweiterung der Verlustausgleichsmöglichkeiten auf Grund anderer als im deutschen Handelsregister eingetragener Haftungstatbestände nicht vertretbar, denn § 15 a EStG soll (vgl. Bundestagsdrucksache 8/3648, Seite 16, 17) u. a. die Betätigung von Verlustzuweisungsgesellschaften einschränken (vgl. auch Urteil des FG-Düsseldorf vom 3. November 2003 7 K 6498/99, EFG 2004, 495 m.w.N., durch BFH-Urteil vom 15. September 2004 I R 30/04, BFH/NV 2005, 628 aus verfahrensrechtlichen Gründen aufgehoben; Heuermann in Blümich, EStG, § 15a EStG Rz. 138, von Beckerath in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, § 15a EStG Rz. G 198).

Ob der Senat die Bedenken der Klägerin teilt, dass diese Beschränkung auf im deutschen Handelsregister eingetragene Haftungstatbestände gegen das Recht der Europäischen Union (Niederlassungsfreiheit) verstößt, kann dahingestellt bleiben.

Denn es besteht keine Verpflichtung des Senats, ein Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 234 EG-Vertrag einzuleiten. Von der bestehenden Möglichkeit macht der Senat aus Gründen der Zweckmäßigkeit und der Verfahrensbeschleunigung keinen Gebrauch. Insoweit erscheint es dem Senat sinnvoller, kurzfristig ein Revisionsverfahren beim BFH zu ermöglichen, der - falls er die unionsrechtlichen Bedenken der Klägerin teilt - ebenfalls ein Vorabentscheidungsverfahren einleiten kann und hierzu ggf. auch verpflichtet ist.

Hierdurch kann auch eine zweimalige Vorlage an den EuGH mit möglicherweise unterschiedlich formulierten oder gar inhaltlich verschiedenen Fragen vermieden werden. Diese Gefahr ließe sich nicht ausschließen, wenn die Beantwortung einer vom erkennenden Senat formulierten Vorlagefrage in einem künftigen Revisionsverfahren zu weiteren, derzeit noch nicht erkannten Problemen führen würde, so dass es ggf. zu einer erneuten und das Verfahren weiterhin verzögernden Vorlage an den EuGH kommen kann (vgl. auch FG-Köln Urteil vom 5. Februar 2009 9 K 654/03, EFG 2009, 1754).

Der Rechtsstreit würde sich durch eine Entscheidung des EuGH zu dieser Frage auch nicht in vollem Umfang erledigen. Vielmehr sind hier auch noch weitere Rechtsfragen zur Anwendung des § 2 a Abs. 4 Nr. 2 EStG i. V. m. § 52 Abs. 3 EStG höchstrichterlich klärungsbedürftig. Zwar betreffen diese Rechtsfragen nur die Feststellungen für das Jahr 1999, der Senat hält es aber wegen des komplexen Sachverhaltes und insbesondere wegen des Zusammenwirkens zwischen den verschiedenen Grundlagen- und Folgebescheiden nicht für sachgerecht, das Verfahren gegen den Bescheid für 1999 über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen abzutrennen und gesondert zu entscheiden.

Darüber hinaus ist eine Verfahrensbeschleunigung geboten, weil das Klageverfahren zum einen weit zurückliegende Streitjahre betrifft und zum anderen die Entscheidung in diesem Verfahren für ein beim Finanzgericht Düsseldorf weiteres anhängiges Klageverfahren (AZ 1 K 992/02; ruhte zunächst aus anderen Gründen) von Bedeutung sein dürfte.

Auch im Übrigen ist die Klage unbegründet.

Die Feststellung des Beklagten in dem Bescheid für 1999 über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen "Es wird festgestellt, dass die A.-Vertrieb GmbH & Co. KG [EU-AUSLAND KG], Österreich die Betriebsstätten in W. und V. im Wirtschaftsjahr 1998/1999 entgeltlich übertragen hat (§ 2 a Abs. 4 Nr. 2 EStG)" ist nicht aufzuheben.

Soweit der Beklagte festgestellt hat, dass "die A.-Vertrieb GmbH & Co. KG [EU-AUSLAND KG], Österreich die Betriebsstätten in W. und V. im Wirtschaftsjahr 1998/1999 entgeltlich übertragen hat", ist die Feststellung bereits deshalb nicht zu beanstanden, weil es sich nur um die Wiedergabe von Tatsachen handelt, die zwischen den Beteiligten auch unstreitig sind.

Soweit der Beklagte dieser Tatsachenfeststellung in Klammern den Zusatz "§ 2a Abs.4 Nr. 2 EStG" hinzugefügt hat, ist die Feststellung ebenfalls nicht rechtswidrig.

Der Beklagte war befugt, in dem angefochtenen Feststellungsbescheid für 1999 eine Entscheidung über die Nachversteuerungspflicht nach § 2 a Abs. 4 Nr. 2 EStG zu treffen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (vgl. Urteil vom 28. November 2007 I R 25/07, BFH/NV 2008, 1097), der sich der Senat anschließt, ist die vom Finanzamt getroffene Feststellung zulässiger Feststellungsgegenstand im Rahmen einer Feststellung gemäß § 180 Abs. 5 Nr. 1 AO. Sind die ausländischen Verluste --wie im Streitfall-- im Rahmen einer Mitunternehmerschaft angefallen, ist über sämtliche tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen des § 2a EStG zur Abziehbarkeit (Art, Herkunft, Umfang, zeitlicher Zuordnung der Verluste) im Rahmen des Feststellungsverfahrens zu entscheiden. Wegen der engen Verknüpfung mit der Abziehbarkeit der Verluste ist als Feststellungsgegenstand auch die Frage erfasst, ob die Voraussetzungen der Hinzurechnung von Gewinnen nach § 2a Abs. 3 Satz 3 EStG vorliegen. Dass diese Entscheidung über die Nachversteuerungspflicht gemäß § 2a Abs. 4 i.V.m. § 52 Abs. 3 EStG im konkreten Streitfall letztendlich nicht die Klägerin selbst betrifft, sondern nur die an der Klägerin beteiligte natürliche Person, hindert die Einbeziehung in das gesonderte und einheitliche Feststellungsverfahren nicht. Vielmehr ist es - wie der BFH ausführt - sachgerecht, mit der Entscheidung gemäß § 2a Abs. 4 i.V.m. § 52 Abs. 3 EStG --Übertragungsvorgänge im Zusammenhang mit der Betriebsstätte-- das Feststellungs-Finanzamt als "sachnähere Behörde" zu befassen (vgl. hierzu auch Urteil vom 28. November 2007 a.a.O.).

Die Veräußerung der Betriebsstätten in W. und V. durch die EU-AUSLAND KG im Wirtschaftsjahr 1998/1999 erfüllt auch den ersten Halbsatz des Tatbestandes des § 2 a Abs. 4 Nr. 2 EStG.

Dabei verkennt der Senat nicht, dass der Beklagte mit dem Klammerzusatz den Tatbestand des § 2a Abs. 4 Nr. 2 EStG in der Fassung des StBereinG 1999 vom 22.12.1999 (BGBl I 1999, 2601 in § 52 Abs. 3 EStG, veröffentlicht am 29.12.1999) gemeint hat. Danach ist der § 2a Abs. 4 Nr. 2 EStG in der folgenden Fassung anzuwenden:

"Wird eine in einem ausländischen Staat belegene Betriebsstätte entgeltlich oder unentgeltlich übertragen," so ist ein nach Abs. 3 Satz 1 und 2 abgezogener Verlust, soweit er nach Abs. 3 S. 3 nicht wieder hinzugerechnet worden ist oder nicht noch hinzuzurechnen ist, im Veranlagungszeitraum der ....Übertragung.... in entsprechender Anwendung des Absatzes 3 Satz 3 dem Gesamtbetrag der Einkünfte hinzuzurechnen.

Diese Regelung ist dadurch entstanden, dass zunächst durch das Steuerentlastungsgesetz 1999 vom 24.03.1999 (BGBl I 1999, 402) die Möglichkeit des Verlustabzuges bei der Ermittlung der Einkünfte nach § 2 a Abs. 3 EStG mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 1999 abgeschafft wurde. Allerdings sollten übergangsweise die Hinzurechnungsvorschriften in § 2a Abs. 3 und 4 bis zum Veranlagungszeitraum 2008 fortgelten. Diese Fortgeltung der Hinzurechnungsregelungen ist dann durch das StBerG 1999 vom 22.12.1999 (BGBl I 1999, 2601) verändert worden. Zur Vermeidung einer Umgehung der an die Person des Steuerpflichtigen gebundenen Hinzurechnung während der Übergangszeit der Veranlagungszeiträume 1999 bis 2008 wurde die Anwendung des § 2a Abs. 4 EStG auf zwei weitere Fälle ausgedehnt. Es sollten nun auch die Übertragung (vgl. § 2 a Abs. 4 Nr. 2 EStG) und die missbräuchliche Aufgabe der Betriebsstätte unter tatsächlicher Fortführung der ausgeübten Geschäftstätigkeit durch eine verbundene Gesellschaft oder nahestehende Person (vgl. § 2 a Abs. 4 Nr. 3 EStG) erfasst werden (vgl. BT Drs. 14/2070, Seite 22).

Vorliegend ist der durch das StBereinG 1999 neu eingefügte Tatbestand der Übertragung der ausländischen Betriebsstätten (§ 2 a Abs. 4 Nr. 2 EStG) erfüllt. Es sind zwei in Österreich (= ausländischer Staat) belegene Betriebsstätten (W. und V.) entgeltlich übertragen worden.

Die Tatsache, dass Herr Rolf D. auch nach der Übertragung über die G.-KG letztendlich weiterhin an den Ergebnissen dieser Betriebsstätten beteiligt ist, führt zu keinem anderen Ergebnis. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist eine - vom Wortlaut abweichende - einschränkende Auslegung des Tatbestandes für solche Sachverhalte nicht geboten. Dass der BFH in dem Urteil vom 28.11.2007 (I R 25/07 a.a.O) ausgeführt hat, dass eine entgeltliche Übertragung einer Betriebsstätte im Sinne von § 2 a Abs. 4 Nr. 2 EStG i.V.m. § 52 Abs. 3 EStG auch vorliegt, wenn eine Mitunternehmer einer Personengesellschaft, die eine ausländische Betriebsstätte hat, seinen Mitunternehmeranteil veräußert, steht dem nicht entgegen. Der BFH hat in diesem Urteil nur klargestellt, dass der Wortlaut (entgeltliche Übertragung der "Betriebsstätte") nach dem Zweck der Vorschrift erweitert auszulegen ist (entgeltliche Übertragung des "Anteils einer Personengesellschaft mit ausländischer Betriebsstätte"). Es kann hieraus aber nicht der Umkehrschluss gezogen werden, dass § 2 a Abs. 4 Nr. 2 EStG i.V.m. § 52 Abs. 3 EStG - entgegen dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift - einschränkend dahingehend auszulegen ist, dass der Tatbestand von § 2 a Abs. 4 Nr. 2 EStG i.V.m. § 52 Abs. 3 EStG nicht erfüllt sei, wenn ein Beteiligter sowohl an der veräußernden und der erwerbenden Personengesellschaft anteilig mittelbar beteiligt ist. Denn durch die Übertragung der Betriebsstätten W. und V. kommt es tatsächlich zu einem Wechsel der Zurechnung der aus der Betriebsstätte erzielten Einkünfte. Diese sind nicht mehr in der Gewinnermittlung "auf der ersten Stufe" der Klägerin mit Sitz in Deutschland zuzurechnen, sondern nunmehr der Erwerberin und damit einer anderen Personengesellschaft mit Sitz in Österreich.

Dieser durch das StBereinG 1999 neu eingefügte Übertragungstatbestand ist im Streitfall auch maßgeblich.

Für den Veranlagungszeitraum 1999 ist nach § 52 Abs. 3 EStG die Vorschrift des § 2a Abs. 4 Nr. 2 EStG in der Fassung des StBereinG 1999 vom 22.12.1999 (BGBl I 1999, 2601 in § 52 Abs. 3 EStG, veröffentlicht am 29.12.1999) anzuwenden.

Die Veräußerungen betreffen hier den Veranlagungszeitraum 1999, auch wenn der Übertragungsvereinbarung bereits im Kalenderjahr 1998, am 3. Dezember 1998, getroffen wurde. Denn die EU-AUSLAND KG hat ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr, und die Betriebsstätten W. und V. sind im laufenden Wirtschaftsjahr 1998 /1999 übertragen worden. Die gewerblichen Einkünfte der Klägerin als Mitunternehmerin der EU-AUSLAND KG gelten als in dem Kalenderjahr bezogen, in dem das Wirtschaftsjahr endet (vgl. § 4a Abs. 2 Nr. 2 EStG); hier also in dem Kalenderjahr 1999, weil das das Wirtschaftjahr 1998/1999 zum 28. Februar 1999 endete. Zwar können im Fall von Mitunternehmerschaften bei der Anwendung des § 4 a Abs. 2 Nr. 2 EStG Besonderheiten gelten, die sich aus der Rechtsnatur der Mitunternehmerschaft ergeben (vgl. BFH-Urteil vom 18. August 2010 X R 8/07, BFHE 230, 429, BStBl II 2010, 1043). Im Streitfall war die Klägerin aber durchgehend an der EU-AUSLAND KG als Mitunternehmerin beteiligt, so dass hier die allgemeinen Regeln des § 4a Abs. 2 Nr. 2 EStG gelten.

Der Senat hält die Neuregelungen in dem Tatbestand des § 2a Abs. 4 Nr. 2 EStG in der Fassung des StBereinG 1999 vom 22.12.1999 (BGBl I 1999, 2601 in § 52 Abs. 3 EStG, veröffentlicht am 29.12.1999) auch für verfassungsgemäß. Er schließt sich insoweit den Ausführungen des FG Köln in dem Urteil vom 5. Februar 2009 (9 K 654/03, EFG 2009, 1754) und des FG München in dem Urteil vom 25.10.2005 (6 K 4796/03, EFG 2006, 420, nachgehend bestätigt durch Beschluss des BFH vom 16.12.2008 I R 96/05 BFH/NV 2009, 744) an.

Die vom Beklagten getroffene Feststellung hinsichtlich der veräußerten Betriebsstätten ist auch nicht deshalb aufzuheben, weil die Neuregelungen in dem Tatbestand des § 2a Abs. 4 Nr. 2 EStG in der Fassung des StBereinG 1999 vom 22.12.1999 (BGBl I 1999, 2601 in § 52 Abs. 3 EStG, veröffentlicht am 29.12.1999) im Streitfall in verfassungsrechtlich unzulässiger Weise zurückwirken.

Dem Gesetzgeber ist es grundsätzlich unbenommen, zwei Tage vor Ablauf des Veranlagungszeitraums 1999 ("in letzer Minute") ein Gesetz zu verkünden, dass in dieser Fassung für den gesamten Veranlagungszeitraum 1999 anzuwenden ist.

Zwar erfasst der Tatbestand des § 2 a Abs. 4 Nr. 2 EStG i. V. m. § 52 Abs. 3 EStG hier einen Sachverhalt, der bereits vor Verkündung "ins Werk gesetzt" (hier: Vereinbarung vom 03.12.1998) worden ist. Dies ist aber verfassungsrechtlich nicht grundsätzlich unzulässig. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. nur Beschluss vom 7. Juli 2010 2 BvL 1/03, 2 BvL 57/06, 2 BvL 58/06, BGBl I 2010, 1297 m.w.N.) liegt im Sachbereich des Steuerrechts eine (grundsätzlich verfassungsrechtlich unzulässige) echte Rückwirkung (Rückbewirkung von Rechtsfolgen) nur vor, wenn der Gesetzgeber eine bereits entstandene Steuerschuld nachträglich abändert.

Für den Bereich des Einkommensteuerrechts bedeutet dies, dass die Änderung von Normen mit Wirkung für den laufenden Veranlagungszeitraum der Kategorie der unechten Rückwirkung (tatbestandliche Rückanknüpfung) zuzuordnen ist; denn nach § 38 AO in Verbindung mit § 36 Abs. 1 EStG entsteht die Einkommensteuer erst mit dem Ablauf des Veranlagungszeitraums, das heißt nach § 25 Abs. 1 EStG des Kalenderjahres. Dabei ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes für diese Beurteilung der maßgebliche Zeitpunkt der Tag der Verkündung des Gesetzes - hier 29. Dezember 1999 - . Mit der Verkündung, das heißt, mit der Ausgabe des ersten Stücks des Verkündungsblattes, ist eine Norm rechtlich existent. Die Tatsache, dass das Steuerbereinigungsgesetz erst am 1. Januar 2000 in Kraft getreten ist (vgl. Art. 28 Abs. 1 BGBl I 1999, 2622), ist insoweit nicht von Bedeutung.

Die hier vorliegende "unechte Rückwirkung" unterliegt zwar weniger strengen Beschränkungen als die echte Rückwirkung (Rückbewirkung von Rechtsfolgen). Aber auch dann, wenn der Gesetzgeber das Einkommensteuerrecht während des laufenden Veranlagungszeitraums umgestaltet und die Rechtsänderungen auf dessen Beginn bezieht, bedürfen die belastenden Wirkungen einer Enttäuschung schutzwürdigen Vertrauens stets einer hinreichenden Begründung nach den Maßstäben der Verhältnismäßigkeit. Hier muss der Normadressat eine Enttäuschung seines Vertrauens in die alte Rechtslage ebenfalls nur hinnehmen, soweit dies aufgrund besonderer, gerade die Rückanknüpfung rechtfertigender öffentlicher Interessen unter Wahrung der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt ist. Wäre dies anders, so fehlte den Normen des Einkommensteuerrechts als Rahmenbedingung wirtschaftlichen Handelns ein Mindestmaß an grundrechtlich und rechtsstaatlich gebotener Verlässlichkeit (vgl. nur Beschluss vom 7. Juli 2010 2 BvL 1/03, 2 BvL 57/06, 2 BvL 58/06, BGBl I 2010, 1297 m.w.N.).

Das Vertrauen der Klägerin zum Zeitpunkt der Übertragung der Betriebsstätten durch die EU-AUSLAND KG im Wirtschaftsjahr 1998/1999 auf die seinerzeit bestehende (günstige) Rechtslage ist im Streitfall nicht in besonderem Maße schützenswert. Denn die Klägerin ist selbst weder durch die bisher (günstige) (Übergangs)regelung im Steuerentlastungsgesetz 1999, noch durch die später durch das Steuerbereinigungsgesetz geltende Rechtslage in irgendeiner Weise betroffen.

Es wurden auch keine Anhaltspunkte vorgetragen, noch sind diese ersichtlich, dass im Vertrauen auf das unveränderte Fortbestehen an der bisherigen (günstigen) Rechtslage irgendeine Disposition getroffen worden ist. Dass die EU-AUSLAND KG die Betriebsstätten behalten hätte, wenn mit der eingetretenen Rechtsänderung im Zeitpunkt der Übertragung zu rechnen gewesen wäre, ist nicht erkennbar. Vielmehr wurden ausweislich des Betriebsprüfungsberichtes vom 26.02.2009 Tz 1.3.2.3 auch die Niederlassungen Y. und X. zum 29.02.2000 von der EU-AUSLAND KG entgeltlich übertragen. Zu diesem Zeitpunkt war das StBereinG 1999 bereits verkündet und in Kraft getreten.

Die tatsächlichen Rechtsfolgen der Vorschrift des § 2 a Abs. 4 Nr. 2 EStG i.V.m. § 2 a Abs. 3 EStG betreffen letztendlich nur die Gesellschafter der Klägerin und auch nur dann, wenn diese im Jahr 1999 zur Einkommensteuer veranlagt werden und zusätzlich auch in den Vorjahren den Abzug der Verluste vom Gesamtbetrag der Einkünfte nach § 2 a Abs. 3 EStG beantragt hatten. Ob insoweit der Normadressat im jeweiligen Einzelfall eine Enttäuschung seines Vertrauens in die alte Rechtslage hinnehmen musste, kann vorliegend nicht beurteilt werden. Denn ein etwaiger Verfassungsverstoß kann sich nur aus den konkreten Auswirkungen der vorliegend streitigen Feststellungen auf die Einkommensteuerfestsetzungen der Gesellschafter der Klägerin ergeben, wobei die Schutzwürdigkeit der Gesellschafter einerseits und die die Rückanknüpfung rechtfertigenden öffentlichen Interessen andererseits gegeneinander abzuwägen sind. Die konkreten Auswirkungen auf die Einkommensteuerfestsetzungen der Gesellschafter sind aber nicht Gegenstand des Feststellungsverfahrens (vgl. BFH-Urteil vom 28. November 2007 I R 25/07, BFH/NV 2008, 1097).

III. Eine Beiladung der ausländischen EU-AUSLAND KG, der übrigen Gesellschafter der EU-Ausland KG und der Gesellschafter der Klägerin zu den Verfahren gegen die Feststellungsbescheide war nicht geboten, weil es hier (nur) um eine gesonderte - und nicht um eine einheitliche - Feststellung von Besteuerungsgrundlagen geht (vgl. auch FG Hamburg vom 14. August 1992 VII 70/90, EFG 1993, 154).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO, die Zulassung der Revision auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.

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