FG Nürnberg: Zur Gewerbesteuerpflicht bei gewerblichem Handel mit KG-Anteilen
FG Nürnberg, Urteil vom 14.4.2011 - 5 K 681/2007
Sachverhalt
Streitig ist die Gewerbesteuerpflicht der Klägerin im Streitjahr 1997.
Ab 1994 kauften der Beigeladene und weitere Gesellschaften, deren Gesellschafter-Geschäftsführer der Beigeladene war, von der F Deutschland AG das ehemalige Betriebsgelände der G AG in Z. Zwei Parzellen mit zusammen rd. 26.500 qm, die damals mit einem Hochregallager bebaut waren, kaufte der Beigeladene für 2.850.000 DM persönlich.
Am 27.06.1996 schloss der Beigeladene mit der B AG (kurz: B AG) einen Mietvertrag, in dem er sich verpflichtete, auf einem Grundstück von ca. 30.000 qm innerhalb von 12 Monaten nach Erteilung der Baugenehmigung ein Gebäude mit einer Nutzfläche von mindestens 9.100 qm und mindestens 500 Parkplätzen zum Betrieb eines Warenhauses zu errichten.
Im Juni/Juli 1996 konsultierte der Beigeladene seine steuerlichen Berater zur Möglichkeit, die Besteuerung eines Veräußerungsgewinns aus der Veräußerung der „Hochregallager-Grundstücke" zum vollen Steuersatz und ebenso den Anfall von Gewerbesteuer zu vermeiden. Ausweislich einer Aktennotiz vom 01.07.1996 der Kanzlei der Prozessbevollmächtigten (Bl. 353 BP-Handakte I; s. auch Folgeseiten) sah man eine Lösung in der Einbringung jedes einzelnen Grundstücks in eine gesonderte GmbH & Co. KG. Entsprechend schildert auch die Kanzlei die Absichten des Klägers (Bl. 368 BP-Handakte I).
Am 05.07.1996 gründete der Beigeladene als alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer die A1 mbH (kurz: A1 mbH), die mit ihm als alleinigem Kommanditisten (Einlage 10.000 DM) die Klägerin errichtete. Diese führte zunächst die Firma „A mbH & Co KG" (kurz: „A KG").
Am 12.07.1996 brachte der Beigeladene die mit einem Hochregallager bebauten Grundstücke mit insgesamt 26.618 qm gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten und unter Vereinbarung von Gesellschafterdarlehen in die Klägerin ein.
Im Herbst 1996 bot der Beigeladene der X die Klägerin zur Übernahme an.
Am 20.12.1996 (mit Nachtrag 31.12. 1996) kaufte die Klägerin von der H KG, beide vertreten durch den Beigeladenen, eine noch zu vermessende Teilfläche von ca. 2.500 qm für 1 Mio. DM und verkaufte im Gegenzug eine Fläche von 132 qm für 2.000 DM an die H KG.
Am 17.03.1997 gab der Beigeladene beim Finanzamt O für die Klägerin für 1996 eine Gewerbesteuererklärung (Erklärung zur gesonderten Feststellung des Gewerbeverlustes) ab. Der Gewerbesteuer-Messbetrag für 1996 wurde in der Folge auf 0 DM festgesetzt.
Am 23.04.1997 schloss die Beigeladene mit der S mbH & Co. KG (kurz: S KG), deren alleiniger Kommanditist damals ebenfalls der Kläger war, einen „Generalübernehmer- und Garantievertrag". Hiernach sollte die S KG das Warenhaus nebst Stellplätzen und Außenanlagen für rd. 12 Mio. DM (11.917.360 DM) zzgl. USt errichten.
Am 09.06.1997 - mit Nachtrag vom 30.06.1997 - trat der Beigeladene seinen Kommanditanteil an der Klägerin im Nennwert von 20.000 DM für 15,6 Mio. DM an die X1 (kurz: X1), ein „Enkel-Unternehmen" der Bankgesellschaft Y AG (kurz: Y AG), mit Wirkung vom Tag der Kaufpreiszahlung (10.06.1997) ab und schied mit Wirkung zum selben Tag aus der Gesellschaft aus. V und die X2 (kurz: X2) traten der Klägerin mit Wirkung vom Tag der Kaufpreiszahlung als Komplementäre ohne Einlage und ohne Beteiligung am Vermögen der Gesellschaft bei. Hierauf schied die A1 mbH entschädigungslos aus.
Am 30.06.1997 fassten die neuen Gesellschafter der Klägerin - V und die X2 als Komplementäre sowie die X1 als Kommanditistin - den Beschluss, die Firma der Klägerin von „A KG" in „X Objekt Z KG" (kurz: „Xz") zu ändern.
Am 02.07.1998 ging die Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung für 1997 der Klägerin beim Beklagten ein. Die Erklärung war von der Immobiliengesellschaft der Bankgesellschaft Y mbH (kurz: IG der Y mbH) erstellt worden. Der Veräußerungsgewinn des Beigeladenen wurde nicht erklärt.
Mit Bescheid vom 05.08.1998 setzte der Beklagte den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag für 1997 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung auf 0 DM fest und gab den Bescheid der IG der Y mbH bekannt. Eine Steuererklärung lag nicht vor. Ein Aktenvermerk vom 05.08.1998 deutet darauf hin, dass man von Seiten des Beklagten auch nicht von einer Gewerblichkeit der Klägerin ausging, jedoch eine Löschung des „GW-Signals" für 1997 technisch nicht durchführen konnte und deshalb für 1997 einen „0 DM-Bescheid" veranlasste. Für die Zeit ab 1998 plante man die Löschung des Signals durchzuführen. Gegen den „0 DM-Bescheid" vom 05.08.1998 legte die IG der Y mbH am 12.08.1998 Einspruch ein. Sie trug vor, die Klägerin sei vermögensverwaltend tätig und erziele Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Gewerbesteuer falle deshalb nicht an. Mit Schreiben vom 07.09.1998 nahm die IG der Y mbH den Einspruch zurück.
Mit Bescheid vom 21.04.1999 stellte der Beklagte Verluste aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 2.539.815 DM unter dem Vorbehalt der Nachprüfung einheitlich und gesondert fest.
Mit Schreiben vom 14.05.1999 teilte die IG der Y mbH dem Beklagten den Veräußerungsgewinn des Beigeladenen, seine Sonderwerbungskosten und Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung mit. Hierauf änderte der Beklagte den Bescheid vom 21.04.1999 durch Bescheid vom 22.09.1999 (20.09.1999) und stellte für die Klägerin unter dem Vorbehalt der Nachprüfung Einnahmen aus Kapitalvermögen in Höhe von 28.130 DM, Verluste aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 2.584.836 DM sowie sonstige Einkünfte aus Veräußerung gemäß § 23 EStG in Höhe von 14.418.471 DM fest. Hiergegen legte der Beigeladene am 10.03.2000 Einspruch ein und beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Hierauf änderte der Beklagte den Feststellungsbescheid durch Bescheid vom 15.03.2000 und stellte Einkünfte der Klägerin aus Gewerbebetrieb in Höhe von 14.386.826 DM sowie Verluste aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 2.525.061 DM unter dem Vorbehalt der Nachprüfung einheitlich und gesondert fest. Von den Einkünften aus Gewerbebetrieb ordnete der Beklagte 14.418.471 DM den Veräußerungsgewinnen des Beigeladenen zu.
Aufgrund Prüfungsanordnung vom 16.10.2001 führte der Beklagte eine Betriebsprüfung bei der Klägerin durch. Die Prüfungsanordnung betraf die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung der Klägerin, nicht den Gewerbesteuermessbescheid.
Während der laufenden Betriebsprüfung änderte der Beklagte mit Bescheid vom 19.11.2003 den Feststellungsbescheid auf Antrag des Beigeladenen vom 18.08.2003 erneut, reduzierte die festgestellten Einkünfte aus Gewerbebetrieb auf 13.133.162 DM und ordnete sie weiterhin den Veräußerungsgewinnen des Beigeladenen zu. Der Vorbehalt der Nachprüfung blieb bestehen.
Nach Abschluss der Betriebsprüfung (Betriebsprüfungsbericht vom 26.04.2005) erließ der Beklagte für die Klägerin am 06.06.2005 einen geänderten Feststellungsbescheid, in dem er erstmals laufende Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 11.028.162 DM feststellte, von denen er dem Beigeladenen 11.026.880 DM und der A1 mbH 1.282 DM zuordnete. Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde aufgehoben. Diese Änderungen teilte er dem Beigeladenen mit Bescheid vom 09.06.2005 mit. Hiergegen legte der Beigeladene am 10.06.2005 und die Klägerin am 11.07.2005 erfolglos Einspruch ein (Einspruchsentscheidung vom 26.03.2007). Der Beigeladene hat am 11.07.2007 Klage erhoben (Az. 5 K 568/2007).
Mit Bescheid vom 21.06.2005 änderte der Beklagte den Bescheid für 1997 über den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag der Klägerin vom 05.08.1998, setzte den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag auf 279.474,70 Euro (546.605 DM) fest und hob den Vorbehalt der Nachprüfung auf. Mit Bescheid vom selben Tag erließ der Beklagte auch einen Bescheid für 1997 über die Zerlegung des einheitlichen Gewerbesteuermessbetrags.
Am 21.07.2005 legte die Klägerin gegen diese Bescheide erfolglos Einspruch ein (Einspruchsentscheidung vom 26.03.2007).
Am 27.04.2007 hat die Klägerin Klage erhoben.
Die Prozessbevollmächtigten tragen vor, der Beklagte habe den Feststellungsbescheid wegen bereits eingetretener Festsetzungsverjährung nicht mehr ändern können. Diese sei, wie auch der Beklagte in seinem Schreiben vom 28.04.2008 bestätige, spätestens mit Ablauf des 31.12.2004 eingetreten. Der Änderungsbescheid sei erst am 21.06.2005 ergangen.
Der Änderungsbescheid sei auch materiell rechtswidrig. Der Beklagte habe den Gewinn aus der Veräußerung des ursprünglich mit einem Hochregallager bebauten Grundstücks zu Unrecht als gewerbesteuerpflichtigen laufenden Gewinn behandelt. Eine Gewerbesteuerpflicht der Klägerin bestehe jedoch nicht. Sie sei rein vermögensverwaltend tätig. Die Grundstücke habe sie zu Recht ihrem Anlagevermögen zugeordnet. Der Gewinn des Beigeladenen aus der Veräußerung seiner KG-Anteile sei als Veräußerungsgewinn im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung der KG zu erfassen (s. Verfahren 5 K 568/2007).
Die Klägerin weist darauf hin, dass das Finanzamt O bei der Gewinnermittlung des Einzelunternehmens des Beigeladenen den Veräußerungsgewinn „miteinbezogen" und der Gewerbesteuer unterworfen habe. Mit der Klage wende sie sich deshalb auch gegen eine Doppelbesteuerung des Beigeladenen.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid über den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag vom 21.06.2005 und den Zerlegungsbescheid für 1997 vom 21.06.2005, beide in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26.03.2007, aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er vertritt die Auffassung, dass die Gewinne aus den Veräußerungen der Kommanditanteile zum laufenden Gewinn der Klägerin gehörten - damals noch unter der Firma A KG -, für welchen die §§ 16, 34 EStG nicht anwendbar seien. Die Klägerin sei zunächst nicht nur gewerblich geprägt, sondern originär gewerblich tätig gewesen und erst mit dem Ausscheiden des Klägers zur einer rein vermögensverwaltenden KG - mit der Firma „Xz" - geworden.
Bei Erlass des Bescheides vom 21.06.2005 sei zwar Festsetzungsverjährung eingetreten gewesen. Jedoch habe der Bescheid vom 05.08.1998 gemäß § 35 b Abs. 1 Satz 1 GewStG geändert werden können. Im Übrigen sei auf das BFH - Urteil vom 16.12.2004 X R 14/03, BStBl. II 2005, 184, zu verweisen. Hiernach sei ein Gewerbesteuermessbescheid auch dann von Amts wegen zu ändern, wenn - wie im Streitfall - ein bisher als Veräußerungsgewinn behandelter Gewinn nunmehr als laufender Gewinn aus Gewerbebetrieb behandelt werde.
Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Im Übrigen wird auf die Akten einschließlich der beigezogenen Akten des Verfahrens 5 K 568/2007 und das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.
Aus den Gründen
Die Klage ist begründet.
Die Gewinne aus den Veräußerungen der Kommanditanteile wurden zu Unrecht als laufenden Gewinn erfasst und nach § 7 GewStG dem Gewerbeertrag zugeordnet.
Gemäß § 7 GewStG ist Gewerbeertrag der nach den Vorschriften des EStG und des KStG zu ermittelnde Gewinn aus Gewerbebetrieb, der bei der Ermittlung des Einkommens für den dem Erhebungszeitraum entsprechenden Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen ist, vermehrt und vermindert um die in den §§ 8 und 9 GewStG bezeichneten Beträge, soweit sich nicht aus dem GewStG etwas anderes ergibt. Dies gilt nur, soweit die Vorschriften des Einkommensteuerrechts mit dem besonderen Charakter der Gewerbesteuer als Objektsteuer in Einklang stehen (BFH-Urteil vom 15.06.2004 VIII R 7/01 BStBl II 2004, 754) bzw. soweit der nach den Vorschriften des EStG oder des KStG zu ermittelnde Gewerbeertrag mit dem Wesen der Gewerbesteuer als einer auf den tätigen Gewerbebetrieb bezogenen Sachsteuer übereinstimmt. Der Gewinn einer natürlichen Person aus der Veräußerung ihres gesamten Gesellschaftsanteils an einer rein vermögensverwaltenden KG, bei der das einzige den Veräußerungspreis bestimmende Vermögen ein im Anlagevermögen gehaltenes Vermietobjekt ist, ist hiernach nicht dem Gewerbeertrag der KG zuzurechnen, auch wenn diese (lediglich) gewerblich geprägt sein sollte (vgl. BFH-Urteile vom 05.06.2008 IV R 81/06, BFHE 222, 295; vom 14.12.2006 IV R 3/05, BStBl II 2007, 777). Ab dem Erhebungszeitraum 2002 folgt dies für natürliche Personen auch aus § 7 Abs. 1 Satz 2 GewStG.
Gewinne aus der Veräußerung der Gesellschaftsanteile an einer Personengesellschaft, die gewerblichen Grundstückshandel betreibt, sind hingegen der laufenden unternehmerischen Tätigkeit zuzurechnen. Das gilt jedenfalls dann, wenn das Betriebsvermögen der Gesellschaft ausschließlich oder nahezu ausschließlich aus Grundstücken besteht, die dem Umlaufvermögen der Personengesellschaft zuzurechnen sind (BFH-Urteil vom 14.12.2006 IV R 3/05, BStBl II 2007, 777 m. w. N.).
Im Streitfall war die Klägerin rein vermögensverwaltend tätig. Die Grundstücksparzellen gehörten zu ihrem Anlagevermögen. Auch dann, wenn der Beigeladene selbst einen gewerblichen Grundstückshandel betrieben haben sollte, würde sich an der Zuordnung der Grundstücke zum Anlagevermögen der KG nichts ändern. Zur Begründung wird auf die Ausführungen des Senats in dem im Verfahren 5 K 568/2007 ergangenen Urteil verwiesen.
Da der Rechtsstreit ausschließlich die Gewerbesteuer der klagenden KG betrifft, bedarf die Frage keiner Entscheidung, ob sich die Gewerbesteuerpflicht auf die Person des Beigeladenen verlagern würde, wenn er innerhalb von fünf Jahren Anteile an vier gewerblich geprägten Personengesellschaften verkauft haben sollte, die originär nicht gewerblich tätig sind (gleichfalls offen gelassen im BFH-Urteil vom 14.12.2006 IV R 3/05, BStBl II 2007, 777 m. w. H., bejaht im BFH-Urteil vom 05.06.2008 IV R 81/06, BFHE 222, 295) oder wenn er zwar Anteile an weniger als vier KG verkauft haben sollte, jedoch wegen weiterer Grundstücksgeschäfte als gewerblicher Grundstückshändler anzusehen wäre.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens, da er unterlegen ist (§ 135 Abs. 1 FGO).
Die Revision war nicht zuzulassen, da über die für die Entscheidung maßgeblichen Grundsätze bereits höchstrichterlich entschieden wurde. Ein Antrag auf Zulassung der Revision wurde im Übrigen nicht gestellt.