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Steuerrecht
18.02.2016
Steuerrecht
FG Münster: Zur Absicht des kurzfristigen Eigenhandels bei Finanzunternehmen i. S. d. § 8b Abs. 7 S. 2 KStG

FG Münster, Urteil vom 31.8.2015 – 9 K 27/12 K,G,F, g

NICHT AMTLICHER LEITSATZ

Ein Finanzunternehmen i. S.v. § 8b Abs. 7 S. 2 KStG handelt hinsichtlich eines Wertpapierdepots in kurzfristiger Eigenhandelsabsicht, soweit Anteile deutlich überwiegend nur für einen verhältnismäßig kurzen Zeitraum gehalten und zu einem erheblichen Teil unterjährig wieder veräußert werden.

KStG § 8b Abs. 7 S. 2

Sachverhalt

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin, eine GmbH, ein Finanzunternehmen i.S. des § 8b Abs. 7 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes 2002 (KStG 2002) ist, das mit Anteilen in der Absicht eines kurzfristigen Eigenhandelserfolges gehandelt hat.

Die Klägerin ist eine Vermögensverwaltungsgesellschaft, die durch Vertrag vom 14.11.2002 gegründet worden ist. Nach dem Gesellschaftsvertrag ist die Gesellschaft auf die Verwaltung von Vermögen und Firmenanteilen gerichtet. Alleinige Anteilseignerin war zunächst A B. Nach ihrem Tod am ….2004 gingen deren Anteile an der Klägerin auf ihre Enkelkinder (C, D, E und F B) zu jeweils 25 % über. Geschäftsführer ist deren Vater G B (G).

Seit der Gründung wurden in die Klägerin Wertpapiere (Anteile an Aktiengesellschaften, festverzinsliche Wertpapiere wie Obligationen, Pfandbriefe, öffentliche Anleihen u.ä.)  eingelegt. In den Streitjahren 2005 bis 2007 hielt die Klägerin ihren Wertpapierbesitz in Depots bei der H-Bank (Depotnummer …) und der I Bank (Depot …).

Aus der Aktualisierung der Risikoabschätzung der H-Bank vom 27.1.2006 ergibt sich, dass die Risikobereitschaft der Klägerin „Moderat“ war. Angestrebt werde ein ausgewogenes Chancen-/Risikoverhältnis. Angekreuzt ist ferner die Risikoaufklärung bzw. Anlageerfahrung hinsichtlich der Risiken aus Finanzinstrumenten der Risikostufe 6 (insbesondere Finanztermingeschäfte), die erforderlich ist, wenn die Instrumente der Risikostufe 6 auch zu spekulativen Zwecken eingesetzt werden sollen. Es bestehe eine Übereinstimmung zwischen der Anlageerfahrung und der Risikobereitschaft. Unterzeichnet ist die Aktualisierung von G.

Nach der im Klageverfahren vorgelegten Bescheinigung der H vom 31.5.2012 bestätigt diese, dass die Vermögensanlagen der Klägerin langfristig und defensiv ausgerichtet gewesen seien. Eine All-In-Fee sei nicht vereinbart worden. Durch die bestehende Struktur ergebe sich eine geringe Transaktionshäufigkeit, wodurch die verwendete Art der Kostenberechnung wirtschaftlich vorteilhafter sei.

Bilanziell erfasste die Klägerin die Wertpapiere teilweise im Anlage- und teilweise im Umlaufvermögen (Beträge in €):

 

2004

2005

2006

2007

2008

Anlagevermögen

1.169.600,00

1.362.254,78

1.814.814,81

2.002.559,25

1.688.979,07

Umlaufvermögen

1.875.956,40

1.402.672,84

1.391.912,77

1.678.504,57

915.234,19

Hinsichtlich der jeweiligen Wertpapierbestände und der Zeitpunkte des An- und Verkaufs der einzelnen Wertpapiere wird auf die Anlagen II und III der Klageschrift Bezug genommen.

Zunächst erließ der Beklagte (das Finanzamt --FA--) erklärungsgemäße Körperschaftsteuerbescheide für die Streitjahre 2005 bis 2007, in denen die folgenden Beträge gemäß § 8b Abs. 1 bis 6 KStG behandelt wurden (Beträge in €):

 

2005

2006

2007

Inländische Bezüge und Gewinne i.S. des § 8b Abs. 1 und 2 KStG 2002

720

   

Nicht abziehbare Ausgaben

36

   

Ausländische Bezüge und Gewinne i.S. des § 8b Abs. 1 und 2 KStG 2002

91.819

247.937

192.942

Nicht abziehbare Ausgaben

4.590

12.395

9.646

Außer Ansatz gelassen (§ 8b Abs. 1 bis 6 KStG 2002)

87.913

235.542

183.296

Dazu: Gewinnminderungen, die hiermit im Zusammenhang stehen

10.266

16.025

66.769

 

Die Körperschaftsteuerbescheide 2005 bis 2007 standen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO).

Im Jahre 2010 erfolgte bei der Klägerin eine die Jahre 2004 bis 2007 betreffende Außenprüfung. Die Prüferinnen führten in dem Betriebsprüfungsbericht vom 17.5.2010 aus, dass wegen des Vorliegens der Voraussetzungen des § 8b Abs. 7 Satz 2 KStG 2002 die gesamten bisher gemäß § 8b Abs. 1 bis 6 KStG 2002 außer Ansatz gelassenen Beträge der Besteuerung zu unterwerfen seien. Die Klägerin stelle ein Finanzunternehmen dar, das einen kurzfristigen Eigenhandelserfolg anstrebe. Nach dem Schreiben des Bundesfinanzministeriums (BMF) vom 25.7.2002 (BStBl. I 2002, 712) sei der Begriff des Finanzunternehmens weit auszulegen. Zur Bestimmung der Haupttätigkeit einer Gesellschaft komme es darauf an, dass die Tätigkeit maßgeblichen Anteil am Gesamtumsatz des Unternehmens habe. Nach dem BMF-Schreiben seien die zu § 8a KStG i.d.F. der vor dem Unternehmensteuerreformgesetz 2008 vom 14.8.2007 (BGBl. I 2007, 1912) entwickelten Grundsätze in Rz. 81 und 82 des BMF-Schreibens vom 15.12.1994 analog anzuwenden. Übertragen auf § 8b Abs. 7 Satz 2 KStG 2002 bedeute dies, dass eine Haupttätigkeit in diesem Sinne dann gegeben sei, wenn die Bruttoerträge der Gesellschaft im Durchschnitt der drei vorangegangenen Jahre zu mindestens 75 % aus Tätigkeiten i.S. des § 1 Abs. 3 des Gesetzes über das Kreditwesen (Kreditwesengesetz – KWG) stammten. Bruttoerträge in diesem Sinne seien die Solleinnahmen. Im konkreten Fall ergebe sich im Jahre 2004 ein Anteil der Solleinnahmen an den Gesamteinnahmen von 100 %, ebenso im Jahre 2005. In den Jahren 2006 und 2007 liege der Anteil bei jeweils 99,4 %.

Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) liege eine Eigenhandelsabsicht vor, wenn eine Handelsabsicht mit dem Zweck des kurzfristigen Wiederverkaufs aus dem Eigenbestand vorliege, die darauf abziele, bestehende oder erwartete Unterschiede zwischen dem Kauf- und Verkaufspreis zu nutzen und dadurch einen Eigenhandelserfolg zu erzielen. Die Klägerin habe ihre Finanzinstrumente sowohl im Anlagevermögen als auch im Umlaufvermögen bilanziert. Nach Auffassung der Betriebsprüfung bestehe bei einem Finanzunternehmen die widerlegbare Vermutung, dass sämtliche börsennotierte Aktien grundsätzlich von vornherein zur Veräußerung bestimmt seien. Dies entspreche dem Wesen eines solchen Unternehmens, das Vermögen infolge Kurssteigerungen oder Ausschüttungen zu mehren. Einer willkürlichen Zuordnung von Aktien zum Anlagevermögen durch den Unternehmer könne daher nicht gefolgt werden. Auch in einem Handelsbetrieb könne die zum Verkauf bestimmte Ware kein Anlagevermögen sein und auch nicht durch Zeitablauf zum Anlagevermögen werden. Sämtliche Beteiligungen seien somit tatsächlich dem Umlaufvermögen zuzuordnen. Es sei von einem kurzfristigen Eigenhandelserfolg auszugehen.

Da beide Kriterien des § 8b Abs. 7 Satz 2 KStG 2002 erfüllt seien, seien die bisher nach § 8b Abs. 1 bis 6 KStG 2002 steuerfrei gelassenen Gewinne aus Beteiligungen für die Jahre 2005 bis 2007 wie folgt der Besteuerung zuzuführen:

2005                                      77.647 €

2006                                      219.517 €

2007                                      116.527 €

Das FA schloss sich den Ausführungen der Prüferinnen an und erließ am 3.9.2010 gemäß § 164 Abs. 2 AO entsprechend geänderte Körperschaftsteuerbescheide für 2005 bis 2007; den Vorbehalt der Nachprüfung hob das FA auf. Am 8.9.2010 erließ es darüber hinaus einen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Körperschaftsteuerbescheid für 2008, mit dem es abweichend von der Steuererklärung 2008 die erklärten Korrekturposten gemäß § 8b KStG in Höhe von insgesamt 275.637 € nicht einkommenserhöhend berücksichtigte, deshalb anstelle des erklärten Einkommens in Höhe von 70.374 € ein solches von ./. 205.263 € zugrunde legte und eine Steuerschuld von 0 € festsetzte. Ebenfalls unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stellte das FA am selben Tag einen verbleibenden Verlustabzug zur Körperschaftsteuer auf den 31.12.2008 von 205.263 € fest.

Gegen die Körperschaftsteuerbescheide 2005 bis 2007 legte die Klägerin am 4.10.2010 Einspruch ein, den das FA durch Einspruchsentscheidung vom 8.12.2011 als unbegründet zurückwies.

Daraufhin hat die Klägerin Klage erhoben, mit der sie sich gegen die auf § 8b Abs. 7 Satz 2 KStG 2002 gestützte Erhöhung ihres Gewinns wendet. Die Klägerin trägt vor, sie stelle kein Finanzunternehmen i.S. des § 8b Abs. 7 Satz 2 KStG 2002 dar. Die Entscheidung des BFH vom 12.10.2011 I R 4/11 [BB 2012, 619 m. BB-Komm. Hahne], auf die sich das FA im Wesentlichen stütze, sei mit dem vorliegenden Fall nur bedingt vergleichbar. Ihr Aktienanteil sei wesentlich geringer als in dem dort behandelten Sachverhalt. Darüber hinaus habe die Gesellschaft in dem BFH-Fall auch ein deutlich höheres Handelsvolumen gehabt. Wenn dort von jährlich über 100 An- und Verkäufen die Rede gewesen sei, lägen sie im Streitfall deutlich darunter. In den Streitjahren hätten sich nur folgende Bewegungen ergeben:

Ankäufe                                Verkäufe                              Bewegungen

2005      31                           24                                          55

2006      33                           28                                          61

2007      32                           35                                          67

2008      24                           43                                          67

Des Weiteren sei zu berücksichtigen, dass im vorliegenden Fall in einem erheblichen Umfang Barvermögen und Ausleihungen vorgelegen hätten und angelegt worden seien.

Eine kurzfristige Eigenhandelsabsicht habe nicht bestanden. Die Anlagestrategie sei langfristig gewesen (Anlagehorizont ab sechs Jahren). Bei der Zuordnung zum Anlage- und Umlaufvermögen habe im Hinblick auf § 8b KStG 2002 ursprünglich keinerlei Problembewusstsein bestanden. Sie habe keine Veranlassung gehabt, sich über die weitere Abgrenzung von Anlage- und Umlaufvermögen Gedanken zu machen, da sie sich nie für ein Finanzunternehmen gehalten habe.

Die Erträge aus dem Handel mit Finanzinstrumenten stellten nicht 75 % der Bruttoerträge der Klägerin dar. Im Jahr 2004 sei der Jahresüberschuss allein durch Zinsen aus festverzinslichen Wertpapieren zustande gekommen; im Jahr 2005 machten die Erträge gerade einmal etwas über 63 % aus. Im Jahre 2006 seien Zinserträge in Höhe von ca. 20 % angefallen, während im darauffolgenden Jahr Zinsen von 200.000 € Erträgen aus dem Verkauf von Wertpapieren von ca. 193.000 € gegenübergestanden hätten. Schließlich seien 2008 ca. 100.000 € an Zinserträgen und ca. 280.000 € aus dem Verkauf von Wertpapieren erzielt worden.

Im vorliegenden Fall müsse berücksichtigt werden, dass der Bankberater der I-Bank in eigener Verantwortung Zertifikate in erheblichem Umfang umgeschichtet habe. Dem Grunde nach hätten die Zertifikate langfristig angelegt werden sollen. Zu beachten sei, dass der Anteil dieses Depots mit einem Gesamtwert von 750.000 € über die Jahre lediglich etwa bei 20 % des Gesamtvermögens der Klägerin gelegen habe.

Es sei mit den Banken keine „All-in-Fee“ vereinbart worden, wie dies im Falle einer kurzfristigen Eigenhandelsabsicht typisch sei. Eine solche Flatrate für Transaktionen werde häufig verwendet, wenn von vornherein beabsichtigt sei, in erheblichem Umfang Wertpapiergeschäfte vorzunehmen.

Gegen eine kurzfristige Eigenhandelsabsicht spreche auch die Satzung der Klägerin, nach der Gegenstand die Verwaltung von Vermögen und Firmenanteilen sei. Es sei nur im langfristigen Bereich eine Vermögenssteigerung angestrebt worden. Die Risikobögen sähen eine defensive, langfristig orientierte Vermögensanlage vor. Wenn tatsächlich nach kurzer Zeit Anlageverkäufe notwendig geworden seien, beruhe dies darauf, dass sich die Anlagestrategie des Anlageberaters im Nachhinein als unzutreffend herausgestellt habe und daher zur Vermeidung größerer Verluste ein Verkauf durchgeführt worden sei.

Innerhalb eines Jahres ge- und verkauft worden seien 2004 insgesamt 8, 2005 insgesamt 22, 2006 insgesamt 12, 2007 insgesamt 23 und 2008 insgesamt 30 Wertpapiere. Auch hierdurch zeige sich, dass eigentlich eine langfristige Anlage gewollt gewesen sei. Grund für die defensive Struktur sei insbesondere gewesen, dass Gesellschafter der Klägerin die Kinder des G gewesen seien.

Die schnelle An- und Verkaufsabfolge bei der I Bank sei von G nicht autorisiert worden. Sie sei G nicht bekannt gewesen und sei mit ihm seinerzeit auch nicht durchgesprochen worden. Auch wenn das Verhalten eines Bankmitarbeiters grundsätzlich dem Bankkunden zugerechnet werden könne, dürfe dies nicht gelten, wenn ein Bankmitarbeiter aus offenkundigem Eigeninteresse und ohne Einholung der tatsächlichen Risikobereitschaft des Bankkunden entsprechende Depotumschichtungen vornehme.

Die Klägerin beantragt,

-              1. den Körperschaftsteuerbescheid 2005 vom 03.09.2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 08.12.2011 dahingehend zu ändern, dass die Körperschaftsteuer auf 6.548,00 € herabgesetzt wird,

-              2. den Körperschaftsteuerbescheid 2006 vom 03.9.2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 08.12.2011 dahingehend zu ändern, dass die Körperschaftsteuer auf 0 € herabgesetzt wird,

-              3. den Körperschaftsteuerbescheid 2007 vom 24.08.2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 08.12.2011 dahingehend zu ändern, dass die Körperschaftsteuer auf 31.845,00 € herabgesetzt wird,

-              4. hilfsweise,

einen Verlustrücktrag aus dem Jahre 2008 nach 2007 zu berücksichtigen,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das FA geht in Anlehnung an das BFH-Urteil vom 12.10.2011 I R 4/11 [BB 2012, 619 m. BB-Komm. Hahne] davon aus, auch vermögensverwaltende (Familien-) Kapitalgesellschaften könnten unter den Begriff des Finanzunternehmens fallen. Im vorliegenden Fall könne die Höhe des Aktienanteils nicht zu einem gegenteiligen Schluss führen. Das Halten von Beteiligungen und die Finanzierung der Beteiligungsgesellschaften bildeten den Schwerpunkt der Tätigkeit der Klägerin. Ihre Bruttoerträge stammten im Durchschnitt der vergangenen drei Jahre zu mindestens 75 % hieraus. Der Anteil der Finanzinstrumente betrage stets mehr als 50 % des Gesamtwertpapierbestandes der Klägerin.

Für eine kurzfristige Eigenhandelsabsicht spreche die Zuordnung eines Großteils der Finanzinstrumente zum Umlaufvermögen. Dass ggf. eine unzutreffende Zuordnung zum Anlage- und Umlaufvermögen erfolgt sei, sei von der Klägerin darzulegen. Dies sei nicht in ausreichender Weise erfolgt.

Dass sich die Klägerin beim Kreditunternehmen für einen langfristigen Zeithorizont entschieden habe, spreche nicht gegen das Ziel einer kurzfristigen Eigenhandelsabsicht. Denn diese Strategie beziehe sich auf das Vermögen insgesamt. Hinsichtlich der einzelnen Wertpapiere werde nach Kursverlauf entschieden.

Unerheblich sei, dass es in der Regel nicht zu einem unterjährigen Verkauf gekommen sei. Ausschlaggebend sei vielmehr, ob der zielgerichtete Wille des Steuerpflichtigen auf den geplanten Wiederverkauf gerichtet sei oder primär auf das vorangehende Halten. Das Verhalten der Klägerin sei darauf gerichtet, ihr Vermögen durch Kauf und Verkauf unterschiedlicher Anlageprodukte zu mehren und zu erhalten. Insoweit müsse hinsichtlich der im Anlagevermögen gehaltenen Finanzinstrumente ebenfalls von einer kurzfristigen Eigenhandelsabsicht ausgegangen werden.

Die von den Banken abgefragte Risikobereitschaft des Kunden im Bereich der Anlagestrategie sei nicht von Bedeutung. Denn selbst bei einem Kunden mit einer geringen Risikobereitschaft bestehe der Wille, Kapitalerträge zu erzielen und bei sich bietender Gelegenheit durch An- und Verkäufe im Aktienbereich Gewinne abzuschöpfen.

Auch das Handeln der Klägerin sei auf eine kurzfristige Reaktion auf wirtschaftliche Veränderungen angelegt gewesen. So habe diese selbst angegeben, die Anlage von Kapital in Geldmarktfonds sei darauf ausgelegt gewesen, einen höheren Zinssatz zu erzielen mit der gleichzeitigen Flexibilität, jederzeit die Fonds liquidieren zu können.

Für eine Eigenhandelsabsicht spreche schließlich die Einbindung eines Dritten und dessen umfassende Kenntnis des Finanzmarkts, die die Klägerin nutzen wolle. Die Klägerin müsse sich das Handeln des Dritten zurechnen lassen.

In dem Verfahren hat am 21.3.2014 ein Erörterungstermin mit den Beteiligten stattgefunden. Hinsichtlich seines Inhalts wird auf das Protokoll Bezug genommen.

Am 31.8.2015 hat der erkennende Senat mit den Beteiligten mündlich verhandelt. Er hat in der mündlichen Verhandlung Beweis erhoben durch die Vernehmung des Zeugen J (J), des ehemaligen Vermögensberaters der Klägerin von der H-Bank. Hinsichtlich des Inhalts der Zeugenaussage wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Aus den Gründen

 

Die zulässige Klage ist teilweise begründet. Die angefochtenen Körperschaftsteuerbescheide 2005 bis 2007 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Zu Unrecht ist das FA der Auffassung, die von der Klägerin gemäß § 8b Abs. 1 und 2 KStG 2002 als steuerfrei behandelten Beträge seien nach § 8b Abs. 7 Satz 2 KStG 2002 der Körperschaftsteuer zu unterwerfen, soweit die Bezüge, Gewinne und Ausgaben auf die Anteile zurückzuführen sind, die in dem Depot bei der H gehalten wurden. Soweit die Bezüge, Gewinne und Ausgaben demgegenüber auf dem Depot bei der I-Bank beruhen, ist das FA zutreffend davon ausgegangen, dass die Steuerfreiheit ausgeschlossen ist. Hinsichtlich des Streitjahres 2007 ist allerdings aufgrund des Hilfsantrags die Körperschaftsteuer über den Hauptantrag hinausgehend herabzusetzen.

 

I. Von den Beteiligten ist in der mündlichen Verhandlung unstreitig gestellt worden, dass die von der Klägerin in den Streitjahren 2005 bis 2007 erklärten Beträge gem. § 8b Abs. 1 bis 3 KStG 2002 zutreffend sind, falls § 8b Abs. 7 KStG 2002 keine Anwendung findet. Entsprechendes gilt grundsätzlich für das Folgejahr 2008, allerdings mit der Einschränkung entsprechend, dass die Korrekturen laut der Anlage zum Schriftsatz der Klägerin vom 20.05.2015 zu berücksichtigen sind. Weitere Ausführungen zur Ermittlung der Beträge erübrigen sich daher.

 

II. Zu Unrecht ist das FA jedoch davon ausgegangen, dass die Steuerfreiheit aufgehoben ist, soweit es sich um Bezüge, Gewinne und Ausgaben im Zusammenhang mit dem Wertpapierdepot bei der H Bank handelt. Die Voraussetzungen des § 8b Abs. 7 Satz 2 KStG 2002 liegen insoweit nicht vor. Hiernach gelten § 8b Abs. 1 bis 6 KStG 2002 nicht für Anteile, die von Finanzunternehmen im Sinne des KWG mit dem Ziel der kurzfristigen Erzielung eines Eigenhandelserfolges erworben werden.

 

1. Allerdings stellt die Klägerin ein Finanzunternehmen in diesem Sinne dar.

a) Finanzunternehmen i.S. von § 8b Abs. 7 Satz 2 KStG 2002 i.V.m. § 1 Abs. 3 Satz 1 KWG a.F. sind Unternehmen, die Finanzdienstleistungen für andere gewerbsmäßig oder in einem Umfang erbringen, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, und die keine Kreditinstitute sind. Hierunter fallen insbesondere solche Unternehmen, die weder Kreditinstitute noch Finanzdienstleistungsinstitute sind und deren Haupttätigkeit u.a. darin besteht, Beteiligungen zu erwerben und zu halten, mit Finanzinstrumenten (z.B. Wertpapieren) für eigene Rechnung zu handeln oder andere bei der Anlage in Finanzinstrumenten zu beraten (Anlageberatung) oder Unternehmen über die Kapitalstruktur, die individuelle Strategie und die damit verbundenen Fragen zu beraten sowie bei Zusammenschlüssen und Übernahmen von Unternehmen zu beraten und ihnen Dienstleistungen anzubieten (s. insoweit § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, 5, 6, 7 KWG a.F.). Die Katalogtätigkeit des Erwerbs und des Haltens von Beteiligungen (§ 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 KWG a.F.) kann z.B. bei Holding- und Beteiligungsgesellschaften erfüllt sein. § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 KWG a.F. erfordert dabei nicht, dass das Unternehmen seinen Beteiligungsbesitz fortwährend am Markt „umschlägt“ und dass es sich bei jenem Beteiligungsbesitz um seiner Art nach „typischerweise“ handelbaren Aktienbesitz handelt. Beteiligung in diesem Sinne ist jede beabsichtigte Überlassung von Vermögenswerten; auf die Dauerhaftigkeit kommt es nicht an (BFH-Urteil vom 14.1.2009 I R 36/08 [BB 2009, 1224 m. BB-Komm. Jensen-Nissen/Dinkelbach], BFHE 224, 242, BStBl. II 2009, 671; BFH-Beschluss vom 12.10.2010 I B 82/10, BFH/NV 2011, 69). Unter diese Definition fällt auch eine vermögensverwaltende (Familien-) Kapitalgesellschaft, die Wertpapiere hält (BFH-Urteil vom 12.10.2011 I R 4/11 [BB 2012, 619 m. BB-Komm. Hahne], BFH/NV 2012, 453).

 

b) Diese Maßgaben erfüllt auch die Klägerin, deren Unternehmensgegenstand auf die Verwaltung von Vermögen und Firmenanteilen gerichtet ist. Ausreichend ist, dass das Aktivvermögen vorwiegend aus Wertpapieren besteht. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist für ihre Eigenschaft als Finanzunternehmen unerheblich, in welchem Umfang sie mit Wertpapieren gehandelt hat, da auch vermögensverwaltende Kapitalgesellschaften unter den Begriff des Finanzunternehmens fallen.

 

2. Soweit die Bezüge, Gewinne und Ausgaben auf den Wertpapieren beruhten, die die Klägerin in dem Depot bei der H Bank hielt, lag indes keine Absicht vor, mit diesen einen kurzfristigen Eigenhandelserfolg zu erzielen.

 

a) Der Begriff der Eigenhandelsabsicht setzt eine Handelsabsicht mit dem Zweck des ggf. kurzfristigen Wiederverkaufs aus dem eigenen Bestand voraus, die darauf abzielt, bestehende oder erwartete Unterschiede zwischen Kauf- und Verkaufspreis zu nutzen und dadurch einen Eigenhandelserfolg zu erzielen. Diese Absicht muss im Erwerbszeitpunkt bestehen (BFH-Urteile in BFHE 224, 242, BStBl. II 2009, 671; in BFH/NV 2012, 453; BFH-Beschluss in BFH/NV 2011, 69). Im Übrigen bestehen keine Einschränkungen: Weder bedarf es des Handels im Rahmen eines organisierten, staatlich geregelten und überwachten Marktes noch erfordert § 8b Abs. 7 KStG 2002 das Vorliegen eines Eigenhandels als Finanzdienstleistung für Dritte i. S. von § 1 Abs. 1a Nr. 4 KWG a.F. Vielmehr umfasst der Begriff des Eigenhandelserfolges den Erfolg aus jeglichem „Umschlag“ von Anteilen i. S. von § 8b Abs. 1 KStG 2002 auf eigene Rechnung (BFH-Urteile in BFHE 224, 242, BStBl. II 2009, 671, und in BFH/NV 2012, 453).

 

Zu der Eigenhandelsabsicht hinzutreten muss das subjektive Erfordernis, kurzfristig einen Eigenhandelserfolg erzielen zu wollen (deutlich die Tatbestandsmerkmale differenzierend Geißer in Mössner/Seeger, KStG, 2. Aufl., § 8b Rz. 578 ff.; Gosch in Gosch, 3. Aufl., § 8b Rz. 590; Herlinghaus in Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, § 8b Rz. 543; Schnitger in Schnitger/Fehrenbacher, KStG, § 8b Rz. 708 f.). Maßgebend hierfür ist, ob im Erwerbszeitpunkt eine zeitlich kurzfristige Wiederanlage beabsichtigt ist, indem die aus der Systembedingtheit des Geschäfts resultierende Marktsituation jederzeit unmittelbar ausgenutzt werden soll (Gosch in Gosch, a.a.O.; Herlinghaus in Rödder/Herlinghaus/Neumann, a.a.O.). Auch wenn der zeitnahen Zuordnung zum Anlage- oder Umlaufvermögen dabei ein beachtliches Indiz gegen oder für eine kurzfristige Eigenhandelsabsicht darstellt (BFH-Urteil in BFH/NV 2012, 453; Senatsurteil vom 11.2.2015  9 K 806/13 K, EFG 2015, 1222; Geißer in Mössner/Seeger, a.a.O., Rz. 586; Streck/Binnewies, a.a.O.; Watermeyer in Herrmann/Heuer/Raupach, § 8b KStG Rz. 230), verbleibt es bei der Notwendigkeit, eine Gesamtabwägung alle Umstände vorzunehmen (vgl. M. Frotscher in Frotscher/Maas, § 8b KStG Rz. 583; Pung in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 8b Rz. 446; Streck/Binnewies, KStG, 8. Aufl., § 8b Rz. 184a). Die zeitnahe Zuordnung der erworbenen Wertpapiere zum Umlaufvermögen führt somit nicht zwingend zu einem Rückschluss auf die tatbestandsmäßige Eigenhandelsabsicht. Denn diese Zuordnung bringt nicht stets die Absicht zum Ausdruck, die Wertpapiere in der Erwartung eines Unterschieds zwischen Kauf- und Verkaufspreis weiter zu veräußern und dabei einen Preissteigerungsvorteil erzielen zu wollen. Umgekehrt ist es zwar ein starkes Indiz gegen das Vorliegen der erforderlichen kurzfristen Eigenhandelsabsicht beim Anteilserwerb, wenn der Steuerpflichtige die Wertpapiere zeitnah dem Anlagevermögen zugeordnet hat, doch können auch insoweit die Gesamtumstände eine andere Beurteilung gebieten.

 

Unbeachtlich ist es, wenn der Steuerpflichtige die Wertpapiere nach der erstmaligen Zuordnung umgliedert. Denn nach dem Wortlaut des § 8b Abs. 7 Satz 2 KStG 2002 kommt es auf die im Erwerbszeitpunkt bestehende Absicht an. Eine spätere Änderung der Absicht kann zwar eine bilanzielle Umgliederung rechtfertigen, ist aber im Hinblick auf die Rechtsfolgen des § 8b Abs. 7 Satz 2 KStG 2002, für deren Eintritt es allein auf die Absicht im Erwerbszeitpunkt ankommt, nicht von Belang (BFH-Urteil in BFH/NV 2012, 453; Senatsurteil in EFG 2015, 1222).

 

Ebenso kommt es grundsätzlich nicht auf die tatsächlich eingetretene Haltedauer einzelner Wertpapiere an; einer retrospektiven Betrachtung kommt wegen der kaum vorhersehbaren Kursentwicklung im Wertpapierbereich keine entscheidende Bedeutung bei der Indizwürdigung für den Erwerbszeitpunkt zu (BFH-Urteil in BFH/NV 2012, 453; Senatsurteil in EFG 2015, 1222).

 

c) Soweit die Klägerin im vorliegenden Fall die Anteile in dem Depot bei der H Bank dem Anlagevermögen zugeordnet hat, vermag der erkennende Senat nicht festzustellen, dass der Erwerb mit dem Ziel der kurzfristigen Erzielung eines Eigenhandelserfolges erfolgt ist. Vielmehr deutet bereits die Zuordnung zum Anlagevermögen darauf hin, dass die Klägerin die Anteile längerfristig halten wollte.

 

Der Senat hat sich nicht davon überzeugen können, dass die subjektive Zuordnung der Klägerin nicht zutreffend gewesen wäre. Insbesondere kann der Betriebsprüfung nicht darin zugestimmt werden, börsennotierte Aktien seien grundsätzlich von vornherein zur kurzfristigen Veräußerung bestimmt. Einen solchen allgemeinen Erfahrungssatz gibt es nicht. Vielmehr ist die Wahl der Anlageform Aktie zunächst einmal im Hinblick auf das Merkmal eines beabsichtigten kurzfristigen Eigenhandelserfolges indifferent. Dem Erwerber kann es --je nach erworbenem Wertpapier-- ebenso gut auf die Aktie als Wertanlage ankommen, und er kann sich mit den ausgezahlten Dividenden zufrieden geben.

 

Für eine Richtigkeit der Zuordnung spricht insbesondere die glaubhafte Aussage des glaubwürdigen Zeugen J, der bekundet hat, dass für die Klägerin keine permanente Gewinnmaximierung im Sinne eines ständigen Handels im Vordergrund gestanden habe. Die Anlagestrategie sei defensiv ausgerichtet gewesen. Es habe nicht der Anlagementalität des Geschäftsführers G entsprochen, Anteile zu erwerben, um diese nach nur wenigen Monaten wieder zu veräußern. Insoweit hat J auch die Behauptung der Klägerin gestützt, diese Einstellung des G sei zusätzlich dadurch verstärkt worden, dass Gesellschafter der Klägerin seine Kinder gewesen seien, deren „Sachwalter“ G habe sein wollen. Zwar sei eine Veräußerung nicht ausgeschlossen worden; es sei der Klägerin jedoch nicht um die höchstmögliche Rendite gegangen. Angestrebt worden sei eine beständige Rendite über der Inflationsrate. Gerade bei der Anlageform Aktien habe er, der Zeuge, zudem immer darauf hingewiesen, dass ein langfristiger Atem erforderlich sei.

 

Diese im Einzelnen glaubhafte Aussage ist plausibel aufgrund der im Übrigen feststellbaren objektiven Umstände des konkreten Falls. Wenn grundsätzlich auch nicht allein aus dem Umstand, dass nicht kurzfristig veräußert worden ist, auf die Absichten im Erwerbszeitpunkt zurückgeschlossen werden darf, ist doch auffallend, dass die Mehrzahl der Anteile über mehrere Jahre von der Klägerin gehalten wurde. Der Erwerb der Anteile erfolgte zudem nicht im Wege einer kurzfristigen Fremdfinanzierung, sondern eigenkapitalfinanziert, so dass die Klägerin nicht auf einen möglichst schnellen Eigenhandelserfolg angewiesen war. Gegen eine kurzfristige Eigenhandelsabsicht spricht schließlich die fehlende Vereinbarung einer All-in-fee mit der H-Bank.

 

Gegenteiliges kann auch der dem Senat vorliegenden Risikoabschätzung der H-Bank nicht entnommen werden, nach der die Risikobereitschaft der Klägerin als moderat eingeschätzt wurde. Selbst wenn sie in eingeschränktem Maße ihre Bereitschaft zu spekulativem Handeln erklärte, spricht dies nach Auffassung des erkennenden Senats nicht für eine kurzfristige Eigenhandelsabsicht. Für die Anteile im Anlagevermögen gilt dies schon deshalb, weil die Risikopräzisierung keinen Bezug zu konkreten Wertpapieren erkennen lässt und daher nicht die insoweit getroffene Zuordnung als zeitnahes Kriterium zum Erwerb entkräften kann.

 

d) Soweit die Klägerin daneben Anteile im Erwerbszeitpunkt dem Umlaufvermögen zugeordnet hat, mag dies auf den ersten Blick für die Absicht der kurzfristigen Erzielung eines Eigenhandelserfolges sprechen. Nach Überprüfung der subjektiven Zuordnung anhand der objektiv vorliegenden Umstände steht indes zur Überzeugung des Senats fest, dass die Strategie der Klägerin auch insoweit nicht darauf gerichtet war, Unterschiede zwischen Kauf- und Verkaufspreis auszunutzen, um hierdurch einen kurzfristen Eigenhandelserfolg zu erzielen.

 

Der Zeuge J hat insoweit glaubhaft bekundet, dass nicht die Gewinnmaximierung bei dem Depot der Klägerin im Vordergrund gestanden habe. Es sei nicht im Interesse des G gewesen, ständig mit Fragen des An- und Verkaufs konfrontiert zu werden. Es sei keine feste Umschlagshäufigkeit vereinbart gewesen; grundsätzlich sei das Depot besonders defensiv ausgerichtet gewesen, weil Gesellschafter die Kinder des G gewesen seien, deren Vermögen habe geschützt werden sollen.

 

74        Wenngleich das tatsächliche Verkaufsverhalten isoliert betrachtet keine zwingenden Rückschlüsse auf den Erwerbszeitpunkt zulässt, stützt es im vorliegenden Fall doch die Aussage des Zeugen J, der eine kurzfristige Eigenhandelsabsicht bezogen auf die Klägerin ausgeschlossen hat. Die im Umlaufvermögen gehaltenen Anteile wurden tatsächlich regelmäßig langfristig gehalten. Angesichts des Umstands, dass diese Geschäftspolitik durchgängig in allen Jahren gepflegt wurde, verfestigt sich hierdurch der Eindruck, dass es sich um eine stete Einstellung des Geschäftsführers handelte. Es fehlen Anhaltspunkte, die dafür sprechen würden, dass die grundsätzlich längerfristige Anlagestrategie der Klägerin durch andere äußere Gründe aufgezwungen worden wäre.

 

Im Gegenteil sprechen zum einen der Geschäftsgegenstand der Klägerin und zum anderen die fehlende Vereinbarung einer All-in-fee und die Risikoabschätzung mit „moderat“ gegen die Absicht, verstärkten Handel mit den erworbenen Wertpapieren treiben zu wollen. Gleiches gilt auch für den steten Eigenkapitalerwerb der Anteile, der jedenfalls gegen die Notwendigkeit spricht, einen möglichst schnellen finanziellen Erfolg aus den erworbenen Anteilen ziehen zu müssen.

 

Zwar hat der Zeuge J auch bekundet, dass er zu einem Verkauf geraten haben würde, wenn seine Analyse zu dem Schluss geführt hätte, dass in einem konkreten Fall die Kurssteigerungen nur kurzfristig gewesen wären. Dies allein spricht indes nicht für eine kurzfristig Eigenhandelsabsicht. J hat nämlich außerdem ausgesagt, es handele sich hierbei um eine rein hypothetische Überlegung; tatsächlich seien nur wenige Verkäufe erfolgt. Darüber hinaus kann eine dem Erwerbszeitpunkt nachfolgende Kursentwicklung und eine darauf fußende Empfehlung des Vermögensberaters keine Auskunft über eine Absicht des Inhabers der Anteile geben.

 

In diesem Zusammenhang ist zudem der Auffassung des FA entgegen zu treten, dass deshalb von einer kurzfristigen Eigenhandelsabsicht auszugehen sei, weil auch bei Kunden mit einer geringen Risikobereitschaft der Wille vorhanden sei, Kapitalerträge zu erzielen und bei sich bietender Gelegenheit durch An- und Verkäufe im Aktienbereich Gewinne abzuschöpfen. Allein die Absicht, bei Vorliegen bestimmter Umstände --auch bei i.Ü. defensiver Ausrichtung-- veräußern zu wollen, kann nicht stets zu einer kurzfristigen Eigenhandelsabsicht führen, weil dann kein Fall mehr übrig bliebe, in dem nicht von einer kurzfristigen Eigenhandelsabsicht auszugehen wäre, weil stets zumindest der bloß (ggf. schwach ausgeprägte) bedingte Vorsatz vorhanden ist, etwa in den Fällen einer offensichtlich nur kurzfristigen extremen Kurssteigerung veräußern zu wollen. In entsprechenden Szenarien wird jeder Anteilswerber aus der Perspektive des Erwerbszeitpunkts eine Veräußerung andenken wollen. Ein solch bedingter Vorsatz führt aber nicht zu dem für § 8b Abs. 7 Satz 2 KStG 2002 notwendigen zielgerichteten Verhalten, ausgehend vom Erwerbszeitpunkt kurzfristige Unterschiede zwischen dem Kauf- und Verkaufspreis ausnutzen zu wollen.

 

Die erforderliche Absicht kann entgegen der Auffassung des FA auch nicht aus dem Umstand hergeleitet werden, dass die Klägerin die Flexibilität behalten wollte, die Anlagen ggf. kurzfristig liquidieren zu können. Dies kann sich die Klägerin ebenso gut vorbehalten haben, um für sie langfristig negativen Kursverläufen entgegenwirken zu können.

 

Dass die Klägerin schließlich für den Erwerb und die Veräußerung der Anteile eine dritte Person, nämlich den J, eingeschaltet und deren Kenntnisse über den Finanzmarkt genutzt hat, ist für das Vorliegen einer kurzfristigen Eigenhandelsabsicht indifferent. Entscheidend ist allein, welche Kenntnisse die Klägerin nutzen wollte. Nach den Feststellungen des Senats war dies im konkreten Fall nicht das für einen kurzfristigen Handel notwendige Wissen; vielmehr handelte es sich um die für eine grundsätzlich langfristig ausgerichtete Anlage erforderlichen Informationen.

 

Dass die Klägerin sich in eingeschränktem Maße auch mit der Verfolgung spekulativer Zwecke einverstanden erklärte, vermag an der Beurteilung des Senats nichts zu ändern. Denn die Präzisierung der Risikoaufklärung bezog sich nicht auf konkrete Anteile, sondern abstrakt auf die Möglichkeit zu Finanztermingeschäften.

 

III. Zutreffend ist das FA demgegenüber davon ausgegangen, dass die Steuerfreiheit hinsichtlich der Bezüge, Gewinne und Ausgaben, die im Zusammenhang mit den im Depot der I Bank gehaltenen Anteilen stehen, gemäß § 8b Abs. 7 Satz 2 KStG 2002 ausgeschlossen ist. Insoweit hat die Klägerin als Finanzunternehmen (s. II.1.) mit der notwendigen Absicht eines kurzfristigen Eigenhandelserfolgs gehandelt.

 

1. Anhand der dem Senat vorliegenden Anlagen II und III wird deutlich, dass das Umschlagsverhalten der Klägerin bezogen auf dieses Depot ein deutlich anderes war als hinsichtlich des Depots bei der H Bank. Die Anteile im Depot der I Bank wurden deutlich überwiegend nur für einen verhältnismäßig kurzen Zeitraum gehalten und in allen Streitjahren zu einem erheblichen Teil sogar unterjährig wieder veräußert. So befanden sich zu den einzelnen Bilanzstichtagen kaum Anteile seit mehr als einem Jahr im Depot. Darüber hinaus lässt die Anzahl der Veräußerungsgeschäfte darauf schließen, dass es weniger auf die Einkünfteerzielung durch Dividendenerzielung, als vielmehr v.a. auf die Erzielung von Gewinnen aus der Veräußerung von Anteilen ankommen sollte.

 

2. Der Klägerin kann nicht in ihrer Auffassung gefolgt werden, es fehle ihr an der notwendigen Absicht zur Erzielung eines kurzfristigen Eigenhandelserfolges, weil sie die Veräußerungen nicht im Einzelnen veranlasst habe. Diese beruhten vielmehr auf einem eigenen Willensentschluss des Bankberaters der I-Bank. Für den Senat besteht keine Veranlassung der Frage weiter nachzugehen, ob diese Behauptung zutreffend ist. Selbst wenn dies der Fall ist, wofür das defensive Verhalten der Klägerin bezogen auf das parallel bestehende Depot bei der H-Bank sprechen könnte, hindert das eigenmächtige Verhalten des Bankmitarbeiters nicht die kurzfristige Eigenhandelsabsicht. Denn die Klägerin muss sich das Verhalten des Bankmitarbeiters in diesem Fall zurechnen lassen. Der Bankmitarbeiter handelte über Jahre hinweg und für G klar erkennbar in derselben Art und Weise, ohne dass G hiergegen erkennbar eingeschritten wäre. Daraus kann allein der Schluss gezogen werden, dass G die Geschäftspraxis des Mitarbeiters der I-Bank, die er gekannt haben muss, geduldet hat.

 

3. Hiervon ausgehend erhöht sich der Gewinn der Klägerin in den Streitjahren 2005 bis 2007 nicht um die von der Betriebsprüfung ausgewiesenen, sondern nur um folgende Beträge hinsichtlich des Depots bei der I-Bank (Beträge in €):

 

2005

2006

2007

Inländische Bezüge und Gewinne i.S. des § 8b Abs. 1 und 2 KStG 2002

720,00

   

Nicht abziehbare Ausgaben

36,00

   

Ausländische Bezüge und Gewinne i.S. des § 8b Abs. 1 und 2 KStG 2002

33.789,35

154.462,80

129.310,17

Nicht abziehbare Ausgaben

1.689,47

7.723,14

6.465,51

Außer Ansatz gelassen (§ 8b Abs. 1 bis 6 KStG 2002)

32.783,88

146.739,66

122.844,66

Dazu: Gewinnminderungen, die hiermit im Zusammenhang stehen

9.447,73

7.143,66

54.491,52

 

IV. Obwohl der Klägerin mit ihrem Hauptantrag selbst hinsichtlich der Körperschaftsteuer 2007 nur eine Festsetzung in Höhe von 31.845,00 € beantragt hat und sich im Übrigen aus den unter III. genannten Gründen mit dem Hauptantrag nicht vollständig durchgesetzt hat, ist die Körperschaftsteuer in diesem Jahr wegen des Hilfsantrags weitergehend herabzusetzen. Gemäß § 8 Abs. 1 KStG 2002 i.V.m. § 10d Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes 2002 sind Verluste bis zu einem Betrag von 1.000.000 € vom Gesamtbetrag der Einkünfte des unmittelbar vorangegangenen Veranlagungszeitraums abzuziehen (Verlustrücktrag). Von diesen Maßgaben ausgehend ist von dem Gesamtbetrag der Einkünfte in Höhe von 197.781,14 € im Jahre 2007 (245.955 € ./. 116.527 € lt. Bp + 122.844,66 € lt. Urteil ./. 54.491,52 € lt. Urteil) ein Verlust des Jahres 2008 in Höhe von 148.756,65 € abzuziehen. Dieser ergibt sich aus dem Umstand, dass  der Verlust des Jahres 2008 aufgrund der (auch im Jahre 2008 zu berücksichtigenden) Steuerfreiheit der Bezüge, Gewinne und Ausgaben im Zusammenhang mit den Anteilen im H-Depot von 205.263 € auf 148.756,65 € sinkt. Dies ergibt sich aus folgenden Gründen:

 

Bezüge gemäß § 8 Abs. 1 KStG 2002                                                                        2.654,61 €

Gewinn gemäß § 8b Abs. 2 KStG 2002                                                                        1.555,56 €

Nicht abzugsfähige Betriebsausgaben                                                                           210,51 €

Gewinnminderungen i.S. des § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG 2002                                 655,19 €

Gewinnminderungen i.S. des § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG 2002                            10.496,18 €

Gewinnminderungen i.S. des § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG 2002                            24.875,72 €

Gewinnminderungen i.S. des § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG 2002                            24.478,92 €

                                                                                                                              ./.               56.506,35 €

 

V. Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO.

Gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO wird die Berechnung der festgesetzten Steuer dem FA übertragen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.

 

VI. Die Revision war nicht zuzulassen. Insbesondere war für den Senat eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht erkennbar (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO). Seine Entscheidung folgt den durch die Rechtsprechung des BFH bereits geklärten Rechtsgrundsätzen zu § 8b Abs. 7 Satz 2 KStG 2002.

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