FG Münster: Zum einheitlichen Erwerbsgegenstand
FG Münster, Gerichtsbescheid vom 16.4.2021 – 8 K 933/19 GrE, rkr.
ECLI:DE:FGMS:2021:0416.8K933.19GRE.00
Volltext des Gerichtsbescheids://BB-ONLINE BBL2022-1567-1
Nicht Amtliche Leitsätze
1. Bauerrichtungskosten sind beim Erwerb eines noch zu bebauenden Grundstücks nicht in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer einzubeziehen, wenn das Grundstück von einer zur Veräußererseite gehörenden Person mit bestimmendem Einfluss auf das „Ob“ und „Wie“ der Bebauung erworben wird (vgl. BFH, 25.4.2018 – II R 50/15).
2. Die Kosten für die Errichtung des Gebäudes sind dann in die grunderwerbsteuerliche Bemessungsgrundlage einzubeziehen, wenn sich eine zur Veräußererseite gehörende GmbH & Co. KG ein Grundstück über Reservierungsvereinbarungen gesichert hat, das Grundstück sodann aber nicht selbst, sondern eine von ihr gegründete Tochtergesellschaft in Form einer GmbH & Co., die das Grundstück im Zustand der Bebauung erwirbt, und die Tochtergesellschaft keine Möglichkeit besitzt, die Willensbildung ihrer Muttergesellschaft und damit das „Ob“ und „Wie“ der Bebauung zu beeinflussen.
GrEStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1
Sachverhalt
Streitig ist, ob ein einheitlicher Erwerbsgegenstand vorliegt und die Kosten für die Errichtung eines Gebäudes daher in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen sind.
Die Klägerin wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 26.01.2017 gegründet. Komplementärin war die K-Verwaltungs-GmbH, die mit Gesellschaftsvertrag vom 18.01.2017 gegründet worden und deren Alleingesellschafterin die W-GmbH & Co. KG, ein Bauunternehmen, war. Diese war zugleich alleinige Kommanditistin der Klägerin. Komplementärin der W-GmbH & Co. KG war die W-Verwaltungs-GmbH, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer Herr N. W. war. Dieser war zugleich alleiniger Kommanditist der W-GmbH & Co. KG. Die K-Verwaltungs-GmbH erbrachte keine Einlage und war am Kapital der Klägerin nicht beteiligt. Ihr alleiniger Geschäftsführer war Herr W..
Hintergrund für die Gründung der Klägerin war, dass die W-GmbH & Co. KG beabsichtigte, ein Grundstück in der Parallelstraße in B-Stadt (Gemarkung B-Stadt, Flur A, Flurstücke A und B) mit einem Verwaltungsgebäude zu bebauen. Das Objekt sollte von der B-Krankenkasse gemietet werden. Investorin war die B-GmbH & Co. KG (Adresse: W-Straße 71, B-Stadt). Das Flurstück A (1.458 qm) befand sich im Eigentum der Bank-B-Stadt e.G., das Flurstück B (66 qm) im Eigentum der Stadt B-Stadt.
Bereits im Juli 2015 hatten die W-GmbH & Co. KG und die Bank-B-Stadt Immobilien GmbH (diese handelnd für die Bank-B-Stadt e.G. und die Stadt B-Stadt als Grundstückseigentümerinnen) eine Reservierungsvereinbarung über die Flurstücke A und B geschlossen. Die Reservierungsvereinbarung sollte bis zum 31.05.2016 gelten und wurde im April 2016 bis zum 31.12.2016 verlängert. Wegen der Einzelheiten wird auf die Vereinbarungen vom 29.07.2015 und vom 27.04.2016 verwiesen.
Am 20.12.2016, war ein vom 12.12.2016 datierender Bauantrag bei der Stadt B-Stadt eingegangen. Als Bauherrin war die B-GmbH & Co. KG ausgewiesen. Entwurfsverfasserin war die Architektin N. C.. Der Bauantrag und die anliegenden Bauplanungsunterlagen, auf die im Übrigen Bezug genommen wird, bezogen sich auf die Errichtung des Verwaltungsgebäudes.
Die Investorin, die B-GmbH & Co. KG, war am 16.12.2016 von Herrn G. B. gegründet worden. Sie sollte mit der Eintragung in das Handelsregister beginnen. Herr B. war alleiniger Kommanditist, Komplementärin war die B-Verwaltungs-GmbH. Die B-Verwaltungs-GmbH firmierte ursprünglich unter „I-GmbH“. Einzige Gesellschafterin dieser Gesellschaft, die ihren Sitz in T-Stadt hatte, war die I-Steuerberatungsgesellschaft mbH, die unter derselben Adresse ansässig war, wie die jetzige Prozessvertreterin der Klägerin. Mit notariellem Vertrag vom 16.12.2016 veräußerte die I-Steuerberatungsgesellschaft mbH ihren Geschäftsanteil an Herrn B.. Die Firma wurde in B-Verwaltungs-GmbH geändert, der Sitz nach B-Stadt verlegt und Herr B. zum alleinigen Geschäftsführer bestellt. Die Satzungsänderung der B-Verwaltungs-GmbH wurde am 19.12.2016 und die B-GmbH & Co. KG am 21.12.2016 in das Handelsregister eingetragen.
Am 02.02.2017 schlossen die Bank-B-Stadt e.G. sowie die Stadt B-Stadt und die Klägerin einen Grundstückskaufvertrag über die Flurstücke A und B. Zudem schlossen die W-GmbH & Co. KG und die Klägerin einen Bauwerkvertrag über die Herstellung des Verwaltungsgebäudes auf dem Grundstück. Beide Verträge wurden in einer notariellen Urkunde zusammengefasst. Der Kaufpreis für das Grundstück belief sich (einschließlich angefallener Vermessungskosten) auf 218.294 EUR, der Festpreis für die Herstellung des Verwaltungsgebäudes betrug 2.200.000 EUR. Die vom 12.12.2016 datierenden Baupläne der Architektin Boonk waren dem Vertrag beigefügt. Auf die notarielle Urkunde (UR-Nr. 1 des Notars C. M. in B-Stadt) nebst Anlagen wird im Übrigen Bezug genommen.
Der Notar zeigte dem Beklagten den Erwerbsvorgang umgehend an und teilte am 20.02.2017 mit, dass der Vertrag rechtswirksam geworden sei. Die Klägerin erstattete ebenfalls umgehend Anzeige und führte aus, der Festsetzung der Grunderwerbsteuer sei ihres Erachtens nur der Kaufpreis für den Grund und Boden zugrunde zu legen. Da sie, die Klägerin, eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der W-GmbH & Co. KG sei, finde die Bebauung des Grundstücks in eigener Person statt. Der vereinbarte Pauschalpreis für die Immobilie stelle keine Gegenleistung im grunderwerbsteuerlichen Sinne dar.
Die Baugenehmigung wurde am 13.02.2017 erteilt.
Der Beklagte erließ am 22.02.2017 einen Grunderwerbsteuerbescheid und setzte die Grunderwerbsteuer auf 157.189 EUR fest. Als Bemessungsgrundlage zog er 2.418.294 EUR heran. In den Erläuterungen des Bescheids heißt es, Gegenstand des Erwerbsvorgangs sei das Grundstück in bebautem Zustand.
Die Klägerin legte Einspruch ein und machte geltend: Die Kosten für die Errichtung des Gebäudes seien nicht in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen. Für das Vorliegen eines einheitlichen Erwerbsgegenstands sei erforderlich, dass das vom Erwerber beauftragte Bauunternehmen zur Veräußererseite gehöre; auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 06.07.2016 II R 5/15 [BB 2016, 2531 m. BB-Komm. Mies, StB 2016, 248 Ls] werde verwiesen. Diese Voraussetzung sei hier nicht erfüllt. Sie, die Klägerin, sei eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der W-GmbH & Co. KG. Daher sei die W-GmbH & Co. KG, die sich zur Errichtung des Gebäudes verpflichtet habe, nicht der aus der Bank-B-Stadt e.G. und der Stadt B-Stadt bestehenden Veräußererseite zuzurechnen. Vielmehr erfolge die Bebauung durch sie, die Klägerin, so dass es sich um eine nicht steuerbare Eigenleistung handele. Dass es sich bei der W-GmbH & Co. KG und ihr, der Klägerin, um verschiedene Rechtsträger handele, sei wegen des (hundertprozentigen) Mutter-Tochter-Verhältnisses unerheblich.
Im Verlauf des Einspruchsverfahrens, am 28.03.2017, schlossen die W-GmbH & Co. KG und die B-GmbH & Co. KG eine notarielle Vereinbarung. Die B-GmbH & Co. KG erwarb den Geschäftsanteil der W-GmbH & Co. KG an der K-Verwaltungs-GmbH. Herr B. wurde (neben Herrn W.) zum weiteren Geschäftsführer bestellt. Zudem teilte die W-GmbH & Co. KG ihren Kommanditanteil an der Klägerin in einen Kommanditanteil von 4.700 EUR (94 %) und einen von 300 EUR (6 %). Den Kommanditanteil von 4.700 EUR veräußerte sie an die B-GmbH & Co. KG. Der Sitz der Klägerin wurde verlegt (W-Straße 71, B-Stadt).
Zur weiteren Begründung ihres Einspruchs verwies die Klägerin auf das (inzwischen ergangene) Urteil des BFH vom 25.04.2018 II R 50/15 [BB 2018, 1814 Ls, StB 2018, 248 Ls]. Der BFH habe entschieden, dass die Bauerrichtungskosten nicht in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen seien, wenn das Grundstück von einer zur Veräußererseite gehörenden Person mit bestimmendem Einfluss auf das „Ob“ und „Wie“ der Bebauung erworben werde. Im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer sei sie, die Klägerin, eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der W-GmbH & Co. KG gewesen. Diese sowie die Bank-B-Stadt e.G. und die Stadt B-Stadt könnten als Veräußererseite angesehen werden. Daher habe auch sie, die Klägerin (als Tochterunternehmen), zwingend zur Veräußererseite gehört. Ihre Willensbildung und die der W-GmbH & Co. KG seien einheitlich erfolgt. Sie, die Klägerin, sei Bauherrin im Sinne der BFH-Rechtsprechung gewesen. Die Klägerin trug zudem vertiefend zum wirtschaftlichen Hintergrund des Bauprojekts vor. Auf das Schreiben vom 25.04.2017 wird Bezug genommen.
Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 26.02.2019 als unbegründet zurück. In den Gründen der Einspruchsentscheidung heißt es, die Klägerin sei wegen der gleichzeitigen Unterzeichnung von Grundstückskaufvertrag und Bauvertrag in ihrer Entscheidung über das „Ob“ und „Wie“ der Bebauung nicht mehr frei gewesen. Auf der Veräußererseite seien die Bank-B-Stadt e.G. sowie die Stadt B-Stadt als Grundstückseigentümerinnen und die W-GmbH & Co. KG als Bauunternehmen beteiligt gewesen. Soweit die Klägerin auf das Urteil des BFH vom 25.04.2018 II R 50/15 [BB 2018, 1814 Ls, StB 2018, 248 Ls] verweise, liege hier kein vergleichbarer Fall vor. Die Klägerin sei ein eigenständiges Rechtssubjekt und nicht mit der W-GmbH & Co. KG identisch.
Die Klägerin hat Klage erhoben und hält an ihrer bisher vertretenen Auffassung fest. Auf die Nachfrage des Gerichts, welche Absprachen es zwischen der W-GmbH & Co. KG und den Grundstückseigentümerinnen sowie der W-GmbH & Co. KG und der B-GmbH & Co. KG gegeben habe, hat die Klägerin auf ihren bisherigen Vortrag verwiesen, aus dem sich ergebe, dass das Bauvorhaben einen längeren Vorlauf gehabt habe. Man könne „davon ausgehen“, dass ein auf die Wünsche der B-Krankenkasse (als künftiger Mieterin) zugeschnittenes Konzept bestanden habe.
Die Klägerin beantragt,
den Grunderwerbsteuerbescheid vom 22.02.2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26.02.2019 dahingehend zu ändern, dass die Grunderwerbsteuer auf 14.189 EUR festgesetzt wird, sowie
die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verweist auf die Einspruchsentscheidung.
Das Gericht hat die Bauakte der Stadt B-Stadt beigezogen. Die Beteiligten sind darauf hingewiesen worden, dass eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid beabsichtigt ist, und haben keine Einwände erhoben.
Aus den Gründen
Die Klage ist unbegründet
Die zulässige Klage, über die der Senat gemäß § 90a Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO) – auch mit Blick auf die herrschende Pandemie und der derzeit steigenden Infektionszahlen – durch Gerichtsbescheid entscheidet, ist unbegründet. Der Grunderwerbsteuerbescheid und die Einspruchsentscheidung sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 FGO). Die Kosten für die Errichtung des Gebäudes waren in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen, weil die Klägerin das Grundstück im Zustand der Bebauung gekauft hat und keinen bestimmenden Einfluss auf das „Ob“ und „Wie“ der Bebauung hatte.
Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer ist die Gegenleistung
Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer ist gemäß § 8 Abs. 1 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) die Gegenleistung. Bei einem Grundstückskauf gilt nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG als Gegenleistung unter anderem der Kaufpreis. Der Gegenstand des Erwerbsvorgangs, nach dem sich gemäß § 8 Abs. 1 i.V.m. § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG die als Bemessungsgrundlage anzusetzende Gegenleistung richtet, wird zunächst durch das den Steuertatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG erfüllende zivilrechtliche Verpflichtungsgeschäft bestimmt.
Maßgebend ist der Grundsatz des sog. einheitlichen Erwerbsgegenstandes
Im Hinblick auf den sog. einheitlichen Erwerbsgegenstand hat der BFH folgende Grundsätze entwickelt: Ergibt sich aus weiteren Vereinbarungen, die mit diesem Rechtsgeschäft in einem rechtlichen oder zumindest objektiv sachlichen Zusammenhang stehen, dass der Erwerber das beim Abschluss des Kaufvertrags unbebaute Grundstück in bebautem Zustand erhält, bezieht sich der grunderwerbsteuerrechtliche Erwerbsvorgang auf diesen einheitlichen Erwerbsgegenstand. Ein objektiv sachlicher Zusammenhang zwischen dem Grundstückskaufvertrag und weiterer zur Annahme eines einheitlichen Erwerbsgegenstands führender Vereinbarungen liegt unter anderem vor, wenn der Erwerber beim Abschluss des Grundstückskaufvertrags gegenüber der Veräußererseite in seiner Entscheidung über das „Ob“ und „Wie“ der Baumaßnahme nicht mehr frei war und deshalb feststand, dass er das Grundstück nur in einem bestimmten (bebauten) Zustand erhalten werde. Dabei können auf der Veräußererseite mehrere Personen als Vertragspartner auftreten, sodass sich die Ansprüche des Erwerbers auf Übereignung des Grundstücks und auf Errichtung des Gebäudes zivilrechtlich gegen verschiedene Personen richten. Diese Voraussetzung ist regelmäßig erfüllt, wenn die auf der Veräußererseite auftretenden Personen personell, wirtschaftlich oder gesellschaftsrechtlich eng verbunden sind oder aufgrund von (nicht notwendigerweise vertraglichen) Abreden auf den Abschluss sowohl des Grundstückskaufvertrags als auch der Verträge, die der Bebauung des Grundstücks dienen, hinwirken (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH Urteil vom 19.06.2013 II R 3/12, BStBl. II 2013, 965 [StB 2013, 380 Ls]; BFH Urteil vom 03.03.2015 II R 9/14, BStBl. II 2015, 660 [StB 2015, 175 Ls]).
Bauerrichtungskosten können in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen sein
Allerdings sind die Bauerrichtungskosten nicht in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen, wenn das Grundstück von einer Person erworben wird, die erstens zur Veräußererseite gehört und die zweitens bestimmenden Einfluss auf das „Ob“ und „Wie“ der Bebauung hat. Erwerbsgegenstand ist in diesem Fall das (bei Abschluss des Grundstückskaufvertrags noch) unbebaute Grundstück. Hintergrund hierfür ist, dass der Erwerber beim einheitlichen Erwerbsgegenstand in seinen Möglichkeiten, sowohl den Grundstücksverkäufer als auch den Bauunternehmer selbst zu bestimmen, eingeschränkt ist. Demgegenüber ist eine zur Veräußererseite gehörende Person, die an der Bebauung mitwirkt, indem sie diese maßgeblich beeinflusst, grunderwerbsteuerlich nicht Erwerber eines unbebauten Grundstücks im Zustand der späteren Bebauung, sondern Bauherr. In Betracht kommen Personen, die das Grundstück selbst veräußern oder Bauleistungen erbringen oder das Bauvorhaben bzw. die Vermarktung des bebauten Grundstücks dadurch fördern, dass sie Grundstück und Bauleistung zu einer einheitlichen Gesamtleistung zusammenführen (BFH Urteil vom 25.04.2018 II R 50/15, BStBl. II 2018, 602 [BB 2018, 1814 Ls, StB 2018, 248 Ls]). Hierbei ist erforderlich, dass diese Person mit der Person identisch ist, die das Grundstück erwirbt. Dies ist nicht der Fall, wenn die der Veräußererseite zuzurechnende Person mit bestimmendem Einfluss eine Gesellschaft gegründet hat (deren Alleingesellschafterin sie ist) und diese Gesellschaft den Grundstückskaufvertrag und den der Bebauung des Grundstücks dienenden Vertrag abschließt (vgl. BFH Urteil vom 26.08.1992 II R 100/89, BFH/NV 1993, 563; Pahlke, GrEStG, 6. Aufl. 2018, § 9 Rn. 41).
Das Grundstück wurde im Zustand der späteren Bebauung erworben
Hieraus folgt, dass die Klägerin das Grundstück im Zustand der späteren Bebauung erworben hat. Die W-GmbH & Co. KG gehörte zur Veräußererseite. Sie hatte sich das Grundstück über die Reservierungsvereinbarungen gesichert. Die Grundstückseigentümerinnen hatten es ihr „an die Hand gegeben“, damit sie die beabsichtigte Bebauung projektieren (d.h. einen Mieter und einen Investor finden und die erforderliche Planung vornehmen) konnte. Dass die (verlängerte) Reservierungsvereinbarung am 31.12.2016 und damit vor Abschluss des Grundstückskaufvertrags am 02.02.2017 abgelaufen war, ist nicht von Bedeutung. Denn zum einen stand die weitere Vorgehensweise Ende 2016 bereits fest, was sich insbesondere aus der Bauantragstellung ergibt. Zum anderen setzt ein „an die Hand geben“ nach der Rechtsprechung des BFH keine vertragliche Beziehung mit dem Grundstückseigentümer voraus. Vielmehr genügt es, dass dieser dem für die Vermarktung/Projektierung verantwortlichen Bauunternehmer überlässt und ansonsten passiv bleibt (z.B. BFH Urteil vom 30.08.2017 II R 48/15, BFH/NV 2018, 131 [BB 2017, 2709 Ls, StB 2017, 363 Ls]).
Der Klägerin mangelt es am Einfluss auf das „Ob“ und das „Wie“ der Bebauung
Die W-GmbH & Co. KG selbst hat das Grundstück nicht erworben. Vielmehr hat sie die Klägerin gegründet, die als GmbH & Co. KG (sowohl zivilrechtlich als auch grunderwerbsteuerrechtlich) ein eigenständiges Rechtssubjekt ist. Die Klägerin selbst hatte keinen Einfluss auf das „Ob“ und das „Wie“ der Bebauung. Entscheidungsträgerin mit bestimmendem Einfluss auf das Baugeschehen war die W-GmbH & Co. KG, die (als „Alleingesellschafterin“) zugleich für die Willensbildung bei Klägerin maßgeblich war. Die Klägerin hatte umgekehrt keine Möglichkeit, die Willensbildung ihrer Muttergesellschaft zu beeinflussen. Selbst wenn man die Klägerin als hundertprozentiges Tochterunternehmen des für die Grundstückveräußerung und dessen Bebauung maßgeblichen Unternehmens zur Veräußererseite rechnen würde, fehlte es an dem Erfordernis, dass die Klägerin bestimmenden Einfluss auf die Bebauung des Grundstücks hatte.
Das ggf. beim Selbsterwerb keine GrESt angefallen wäre ist unbeachtlich
An diesem Befund ändert auch der Umstand nichts, dass nach § 5 Abs. 2 GrEStG zunächst keine Grunderwerbsteuer angefallen wäre, wenn die W-GmbH & Co. KG das Grundstück selbst erworben und sodann in die Klägerin eingebracht hätte (wegen § 5 Abs. 3 GrEStG wäre dies erst bei Übertragung der Kommanditanteile auf die B-GmbH & Co. KG der Fall gewesen). Denn die beteiligten Personen haben sich für eine andere Vorgehensweise entschieden.
Für den einheitlichen Erwerbsgegenstand kommt es auf die Herstellungspflicht des Veräußerers an
Soweit die Klägerin auf das Urteil des BFH vom 06.07.2016 II R 5/15 (BStBl. II 2016, 895 [BB 2016, 2531 m. BB-Komm. Mies, StB 2016, 248 Ls]) Bezug nimmt, spricht diese Entscheidung nicht gegen die Annahme eines einheitlichen Erwerbsgegenstands. Der BFH hat in dieser Entscheidung klargestellt, dass es nicht genügt, wenn der Erwerber sich gegenüber dem Grundstücksveräußerer zu einer bestimmten baulichen Gestaltung (dem „Wie“ der Bebauung) verpflichtet. Vielmehr kommt es darauf an, dass die Veräußererseite eine Herstellungspflicht (d.h. eine Pflicht zur körperlichen Veränderung des Grundstücks) trifft. Der BFH hat das Urteil des Finanzgerichts (FG) aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen, weil das FG nicht festgestellt hatte, ob das von den Grundstückserwerbern beauftragte Bauunternehmen (das das Angebot vor Abschluss des Grundstückskaufvertrags abgeben hatte) zur Veräußererseite gehörte. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Die W-GmbH & Co. KG, der das Grundstück an die Hand gegeben worden war, hatte sich zeitgleich mit Abschluss des Grundstückskaufvertrags gegenüber der Klägerin zur Herstellung eines bestimmten Gebäudes verpflichtet. Wie dargelegt ist für das Vorliegen eines einheitlichen Erwerbsgegenstands nicht entscheidend, ob die Klägerin der Veräußererseite zugerechnet werden kann; entscheidend ist vielmehr, dass sie in ihrer Eigenschaft als Tochterunternehmen keinen bestimmenden und maßgeblichen Einfluss auf die Bebauung des Grundstücks hatte.
Die Auswirkung des Erwerbs von 94 % der Kommanditanteile ist nicht entscheidungserheblich
Da der Vorgang bereits nach den allgemeinen Grundsätzen der Grunderwerbsteuer unterfällt, muss der Senat nicht entscheiden, ob und wie es sich auswirken könnte, dass offenkundig von vornherein beabsichtigt war, dass die B-GmbH & Co. KG als Investorin zeitnah zum Erwerb des Grundstücks und Abschluss des Bauwerkvertrags Alleingesellschafterin der Komplementärin der Klägerin wird und 94 % der Kommanditanteile erwirbt. Zwar wurde hierdurch keine Steuerpflicht nach § 1 Abs. 2a GrEStG ausgelöst. Die Position der – entscheidungsbefugten – Hauptgesellschafterin ging jedoch von der W-GmbH & Co. KG auf die B-GmbH & Co. KG (als Investorin) über.
Die Kostenentscheidung fußt auf § 135 Abs. 1 FGO
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
Die Revision wird nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen.