FG Rheinland-Pfalz: Zum Abfluss von Betriebsausgaben bei Zahlung mit Kreditkarte
FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 18.3.2013 - 5 K 1875/10
Sachverhalt
Streitig ist, ob die Aufwendungen des Klägers für eine Reise nach Bangkok und Hongkong in der Zeit vom 25. Dezember 1996 bis 5. Januar 1997, die er in Begleitung seiner Ehefrau zusammen mit dem Geschäftsführer der von ihm beratenen Firma I GmbH in I und dessen Ehefrau unternommen hat, als Betriebsausgaben im Veranlagungsjahr 1997 abgezogen werden können.
Das Verfahren befindet sich im zweiten Rechtsgang. Mit Urteil vom 1. Juni 2010 hat der BFH auf die Revision des Beklagten das Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz 5 K 1575/01 - im Folgenden: FG - vom 1. Juni 2010 aufgehoben und die Sache an dieses zurückverwiesen. In den Entscheidungsgründen führt der BFH aus, dass das Urteil des FG nicht den Maßstäben der Rechtsprechung des BFH in dem Beschluss des Großen Senats vom 21. September 2009 (GrS 1/06) entspreche.
Das FG sei im Lichte der späteren Rechtsentwicklung im Ausgangspunkt zu Recht davon ausgegangen, dass die Reisekosten bei einer gemischt veranlassten Auslandsreise grundsätzlich aufgeteilt werden könnten. Es habe auch zu Recht angenommen, dass der Umfang des beruflichen Kostenanteils notfalls geschätzt werden könne. Es habe jedoch verkannt, dass vor der Schätzung an Hand objektiver Umstände festgestellt werden müsse, dass die Reise zumindest zum Teil beruflich veranlasst gewesen sei. Daran fehle es. Entsprechende Feststellungen habe das FG nach eigener Darstellung nicht getroffen. Es sei vielmehr davon ausgegangen, dass der Kläger den genauen Reiseverlauf nicht angeben könne und habe die berufliche Veranlassung deshalb auch dem Grunde nach selbst „geschätzt". Insoweit fehle es im Streitfall an objektiven Anhaltspunkten, an Hand derer sich das Gericht eine begründete Überzeugung vom Vorliegen eines beruflich veranlassten Reisezeitanteils habe bilden können. An die gegenteilige „Überzeugung" des FG sei der BFH nicht gebunden (§ 118 Abs. 2 FGO), da sie nicht mit ausreichenden Tatsachen unterlegt sei.
Die Sache sei nicht spruchreif. Der Senat könne an Hand der vom FG getroffenen Feststellungen nicht sicher ausschließen, dass die Reisekosten des Klägers zumindest teilweise betrieblich veranlasst gewesen seien. Soweit das FG aus seiner Sicht auch festgestellt haben sollte, dass der Kläger den Sachverhalt nicht weiter substantiieren könne, schließe dies entsprechende Feststellungen nicht aus. Im Streitfall sei das FG nämlich gehalten gewesen (§ 76 Abs. 1 S. 1 FGO), die anderen Reiseteilnehmer von Amts wegen zu befragen, um sich die für die Entscheidung notwendige tatsächliche Überzeugung zu bilden. Dies werde es ergebnisoffen im zweiten Rechtsgang nachzuholen haben. Es sei auch zu prüfen, ob die Reiseaufwendungen erst im Veranlagungszeitraum 1997 und nicht schon 1996 abgeflossen seien.
Der Kläger ist Steuerberater und mit Geschäftssitz in I selbständig tätig. Seine Ehefrau ist in seiner Steuerberaterkanzlei als Angestellte beschäftigt. Der Kläger ermittelte seinen Gewinn im Streitjahr 1997 durch Einnahmen-Überschussrechnung. Betriebseinnahmen in Höhe von ... DM standen Betriebsausgaben in Höhe von ... DM gegenüber. Hiernach erzielte der Kläger im Streitjahr 1997 einen Gewinn in Höhe von ... DM. Zu den Betriebsausgaben gehörten auch Reisekosten in Höhe von insgesamt 9.600,40 DM. Hierin waren die Kosten für die Flüge von Frankfurt am Main via Dubai nach Hongkong und Bangkok und zurück sowie die Kosten für die Hotelaufenthalte in Hongkong und Bangkok allein des Klägers in Höhe von insgesamt 7.523,00 DM enthalten. Ausweislich der Rechnung des X vom 9. Dezember 1996 wurde der Betrag in Höhe von 7.523,00 DM per Visa-Card bezahlt. Am 8. Januar 1997 wurde dieser Betrag nach der Mitteilung der Belastung vom 3. Januar 1997 auf dem Konto 4531 gebucht.
Mit unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehendem Einkommensteuerbescheid für 1997 vom 17. März 1999 veranlagte der Beklagte den Kläger und seine Ehefrau zunächst erklärungsgemäß und setzte Einkommensteuer in Höhe von ... DM fest (EStA 1997, Bl.17).
Im Zuge der beim Kläger im Jahr 2000 durchgeführten Außenprüfung für die Veranlagungszeiträume 1997 bis 1999 erkannte der Prüfer die Kosten der Flugreise nach Bangkok und Hongkong in Höhe von 7.523,00 DM in seinem Bericht vom 4. August 2000 nicht an. Nach Auffassung des Prüfers spreche gegen die berufliche Veranlassung der Flugreise die Tatsache, dass die Ehefrau des Klägers an der Reise teilgenommen habe, wobei die für sie angefallenen Kosten privat behandelt worden seien, wie auch der Reisetermin vom 25. Dezember 1996 bis 5. Januar 1997 und der Umstand, dass die Kosten der Reise dem Mandanten nicht weiterberechnet worden seien, obwohl es erfahrungsgemäß üblich sei, dass Kosten dieser Größenordnung, die auf Anlass des Mandanten entstanden seien, dem Mandanten auch weiterberechnet würden.
Zu den vom Prüfer beanstandeten Reisekosten nahm der Kläger mit Schriftsatz vom 26. August 2000 ausführlich Stellung. Hierauf wird verwiesen.
Mit gemäß § 164 Abs. 2 AO geändertem Einkommensteuerbescheid für 1997 vom 4. Oktober 2000 setzte der Beklagte Einkommensteuer in Höhe von ... € fest. Die Einkünfte des Klägers aus selbständiger Arbeit setzte er in Höhe von ... DM an, wobei er die im Streit befindlichen Reisekosten nicht berücksichtigte. Den Nachprüfungsvorbehalt hob er auf.
Gegen den Bescheid legte der Kläger Einspruch ein und verwies zur Begründung auf seine Ausführungen in seiner Stellungnahme vom 26. August 2000.
Mit Einspruchsentscheidung vom 29. März 2001 wies der Beklagte den Rechtsbehelf des Klägers als unbegründet zurück. Auf die Einspruchsentscheidung wird verwiesen.
Hinsichtlich der bei Gericht am 3. April 2001 eingegangenen Klage wird auf die Klagebegründung im ersten Rechtsgang verwiesen.
Auf Anforderung des Gerichts hat der Kläger am 15. August 2010 nochmals eine detaillierte Reisebeschreibung vorgelegt (FG-Akte, Bl.95 ff.). Auf diese wird verwiesen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Einkommensteuerbescheid für 1997 vom 4. Oktober 2000 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29. März 2001 dahin gehend zu ändern, dass die Reisekosten in Höhe von 7.523,00 DM als weitere Betriebsausgaben berücksichtigt werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte verwies im ersten Rechtsgang auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung.
Mit Beweisbeschluss vom 7. Januar 2013 sind die Ehefrau des Klägers sowie die Eheleute W als Zeugen geladen worden (FG-Akte, Bl.121). Auf den Beweisbeschluss wird verwiesen. Mit Beschluss vom 13. März 2013 ist dieser aufgehoben worden, nachdem die Beteiligten am gleichen Tag auf mündliche Verhandlung verzichtet haben.
Aus den Gründen
Die Klage hat keinen Erfolg. Der angefochtene Einkommensteuerbescheid für 1997 und die Einspruchsentscheidung sind nicht rechtswidrig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 S. 1 FGO). Dem Betriebsausgabenabzug der Reisekosten gemäß § 4 Abs. 4 EStG steht schon entgegen, dass die Aufwendungen für sie nicht im Streitjahr 1997, sondern bereits im Veranlagungsjahr 1996 abgeflossen sind.
I. 1. Bei der Ermittlung des Gewinns durch Einnahmen-Überschussrechnung gemäß § 4 Abs. 3 EStG handelt es sich um eine Zufluss- und Abflussrechnung im Sinne des § 11 EStG. Hiernach sind die Einnahmen innerhalb des Kalenderjahres bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind (§ 11 Abs. 1 S. 1 EStG). Betriebsausgaben im Sinne des § 4 Abs. 4 EStG sind in dem Kalenderjahr abzusetzen, in dem sie geleistet worden sind (§ 11 Abs. 2 S. 1 EStG). Die Begriffe des Zuflusses (§ 11 Abs. 1 S. 1 EStG) sowie des Abflusses (§ 11 Abs. 2 S. 1 EStG) korrespondieren miteinander und sind beide durch das Merkmal des Übergangs der wirtschaftlichen Verfügungsmacht gekennzeichnet. Für den Zeitpunkt des Abflusses kommt es darauf an, wann der Steuerpflichtige seine Leistungshandlung vornimmt und die wirtschaftliche Verfügungsmacht über den Gegenstand der Leistung verliert (vgl. auch BFH-Urteil vom 16. Oktober 2007, VIII R 21/06, BStBl II 2008 126). Die Leistungshandlung ist abgeschlossen, wenn der Steuerpflichtige alles Erforderliche getan hat, um den Leistungserfolg herbeizuführen (BFH-Urteil vom 7. Dezember 1999, VIII R 8/98, BFH/NV 2000, 825).
2. Bei der Zahlung mittels Kreditkarte erfolgt der Abfluss mit der Unterschrift auf dem Belastungsbeleg (vgl. Krüger in: Schmidt, EStG-Kommentar, 31. Aufl. (2012), § 11 Rn. 36). Bei der Kreditkarte fallen - wie bei der Scheckbegebung - zwar Leistungs- und Erfüllungszeitpunkt auseinander. Jedoch dient die Kreditkarte als Zahlungsmittel im bargeldlosen Zahlungsverkehr, während ihre Kreditfunktion nicht im Vordergrund steht, sondern lediglich Folge der banktechnischen Behandlung ist. Der Kreditkarteninhaber hat mit der Unterzeichnung des Abrechnungsbelegs alles Erforderliche getan, um den Leistungserfolg herbeizuführen. Mit der Unterschriftsleistung fließt deshalb der Betrag beim Kunden ab (vgl. Kister in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG-Kommentar, Bd. IV (§§8-14a EStG), § 11 Rn. 120 „Kreditkarte").
3. In den nachfolgenden Entscheidungen hat der BFH bei der Begleichung einer Forderung mittels Überweisung, mittels Scheckbegebung und durch Novation zum Abflusszeitpunkt gemäß § 11 Abs. 2 S. 1 EStG Ausführungen gemacht:
Mit Urteil vom 24. September 1985 hat der BFH entschieden, dass bei der Übermittlung eines Schecks die Leistungshandlung dann bewirkt ist, wenn sich der Übermittelnde seiner uneingeschränkten Verfügungsgewalt über die Scheckurkunde begeben hat (BFH-Urteil vom 24. September 1985, IX R 2/80, BStBl II 1986, 284).
Mit Urteil vom 11. August 1987 hat der BFH festgehalten, dass unbare Zahlungen, die im Wege der Überweisung bewirkt werden, grundsätzlich im Zeitpunkt des Eingangs des Überweisungsauftrags bei der Überweisungsbank abgeflossen sind (BFH-Urteil vom 11. August 1987, IX R 163/83, BStBl II 1989, 702).
Mit Urteil vom 7. Dezember 1999 hat der BFH schließlich unter Bezugnahme auf die beiden eben genannten Entscheidungen zum Zeitpunkt des Abflusses von Betriebsausgaben gemäß § 11 Abs. 2 S. 1 EStG ausgeführt (BFH-Urteil vom 7. Dezember 1999, VIII R 8/98, BFH/NV 2000, 825), dass ein Abfluss von Zinsen im Sinne des § 11 Abs. 2 EStG auch durch eine gesonderte Vereinbarung zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger bewirkt werden kann, auf Grund derer der Zinsbetrag nunmehr aus einem anderen Rechtsgrund (in der Regel auf Grund eines Darlehens) geschuldet werden soll. In dieser Schuldumschaffung (Novation) kann eine Verfügung des Schuldners über den geschuldeten Betrag liegen, die einkommensteuerrechtlich so zu werten ist, als ob der Schuldner die Altschuld (Zinsen) durch tatsächliche Zahlung beglichen (= Abfluss beim Schuldner) und der Gläubiger den vereinnahmten Betrag infolge des neu geschaffenen Verpflichtungsgrundes dem Schuldner sofort wieder - als Darlehen - zur Verfügung gestellt hätte (BFH-Urteil vom 7. Dezember 1999, VIII R 8/98, a. a. O. juris-Ausdruck Rn. 20).
Ob sich die Novation als Ausdruck der wirtschaftlichen Verfügungsmacht darstellt, wird nach höchstrichterlicher Rechtsprechung regelmäßig danach beurteilt, ob die Schuldumschaffung im Interesse des Gläubigers liegt. Der BFH hat jedoch wiederholt betont, dass es sich bei der Interessenabwägung lediglich um ein Indiz für die wirtschaftliche Verfügungsmacht handelt. Dieses Indiz kann für die Frage der Verschaffung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht dann geeignet sein, wenn sich ein überwiegendes Interesse der einen Vertragspartei deutlich feststellen lässt (BFH-Urteil vom 7. Dezember 1999, VIII R 8/98, a. a. O. juris-Ausdruck Rn. 21). Im vom BFH entschiedenen Fall kam es für die Frage, ob der Schuldner die wirtschaftliche Verfügungsmacht über den von ihm geschuldeten Betrag verloren hatte, des Weiteren darauf an, ob die Novation Ausdruck der freien Dispositionsbefugnis der Vertragsbeteiligten über den geschuldeten Betrag gewesen ist (BFH-Urteil vom 7. Dezember 1999, VIII R 8/98, a. a. O., juris-Ausdruck Rn. 23).
4. Beim Zahlungsdienstevertrag ist gemäß § 675f Abs. 3 BGB Zahlungsvorgang jede Bereitstellung, Übermittlung oder Abhebung eines Geldbetrages, unabhängig von der zugrunde liegenden Rechtsbeziehung zwischen Zahler und Zahlungsempfänger. Das Gesetz versteht hierunter den tatsächlichen Geldfluss (vgl. Sprau in: Palandt, BGB-Kommentar, 72. Aufl. (2013), § 675f Rn. 16). In der § 675f Absatz 3 BGB zugrunde liegenden Bundestagsdrucksache vom 21. September 2009 wird als „Zahlungsvorgang", ausdrücklich die Bereitstellung von Bargeld- oder Buchgeldbeträgen als tatsächlicher Geldfluss bezeichnet (vgl. BT-Drucks 16/11643 S. 102 „ zu Absatz 3").
II. 1. Unter Zugrundelegung dessen geht der Senat davon aus, dass die vom Kläger für die Auslandsreise nach Hongkong/Bangkok vom 25. Dezember 1996 bis zum 5. Januar 1997 geltend gemachten Betriebsausgaben in Höhe von 7.523,00 DM im Rahmen der von ihm seiner Gewinnermittlung zugrunde gelegten Einnahmen-/Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG nicht im Streitjahr 1997, sondern bereits im Veranlagungsjahr 1996 mit der Folge gemäß § 11 Abs. 2 S. 1 EStG abgeflossen sind, dass die Klage schon aus diesem Grund keinen Erfolg hat.
Zwar hat der Kläger die Reisekosten für die Reise nach Hongkong/Bangkok in Höhe von 7.523,00 DM ausweislich des Buchungsvermerks auf der Mitteilung vom 3. Januar 1997 über die Belastung am 8. Januar 1997 gebucht. Indes sind die Mitteilung der Belastung und der Zeitpunkt der Buchung nicht die den Abfluss der Reisekosten im Sinne des § 11 Abs. 2 S. 1 EStG bestimmenden Faktoren. Der Abfluss der Reisekosten ist nach der vorliegenden Rechnung der Firma X über 7.523,00 DM vielmehr bereits spätestens am 9. Dezember 1996 erfolgt. Denn aus der Rechnung ergibt sich, dass die Zahlung mittels Visa-Card - „Bezahlt per Visa-Card" - erfolgte. Mit der Kartenzahlung geht nach den vertraglichen Beziehungen zwischen Karteninhaber, Kartenunternehmen und dem die Leistung erbringenden Unternehmen zwingend die Unterschrift des Belastungsbeleges durch den Karteninhaber einher, den sodann das Vertragsunternehmen des Kartenausstellers diesem vorlegt, woraufhin der Kartenaussteller an dieses zahlt und den gezahlten Betrag vom Konto des Karteninhabers einzieht.
Nach den oben aufgeführten Kommentierungen zum Abflusszeitpunkt bei Kreditkartenzahlungen, dem Umstand, dass der Gesetzgeber in den Bundestagsdrucksachen zu § 675f Abs. 3 BGB als „Zahlungsvorgang" ausdrücklich auch die Bereitstellung von Buchgeldbeträgen als tatsächlichen Geldfluss bezeichnet hat, und den BFH-Urteilen vom 11. August 1987 (IX R 163/83, a. a. O. - zu Überweisungen -) und vom 24. September 1985 (IX R 2/80, a. a. O. - zu Scheckbegebungen -), in denen der BFH einmal festgehalten hat, dass unbare Zahlungen durch Überweisungen im Zeitpunkt des Eingangs des Überweisungsauftrags bewirkt sind, und zum anderen bei der Begebung eines Schecks die Leistungshandlung bewirkt ist, wenn der Scheckaussteller die uneingeschränkte Verfügungsgewalt über die Scheckurkunde verloren hat, geht der Senat im Streitfall davon aus, dass der Kläger mit der Bezahlung mittels Visa-Card - mit der die Unterschrift des Belastungsbeleges durch den Karteninhaber zwangsläufig einhergeht - bei der Firma X spätestens am 9. Dezember 1996 die Leistungshandlung hinsichtlich des Buchgeldbetrages vorgenommen und der Firma X an diesem Tag die wirtschaftliche Verfügungsmacht über den Buchgeldbetrag in Höhe von 7.523,00 DM verschafft hat.
Dass der Abfluss der dem Kläger entstandenen Reisekosten mit der Hingabe der Kreditkarte und der damit aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen der Beteiligten an dem Kreditkartengeschäft einhergehenden Unterzeichnung des Belastungsbeleges erfolgt ist, ergibt sich insbesondere daraus, dass die Kreditkarte vornehmlich als Zahlungsmittel im bargeldlosen Zahlungsverkehr dient. Durch ihre Verwendung wird im Valutaverhältnis zwischen dem Leistungsempfänger und dem Leistungserbringer alles Erforderliche getan, um den Leistungserfolg herbeizuführen. Dass über das Valutaverhältnis zwischen Leistungsempfänger und dem Leistungserbringer hinaus noch ein Deckungsverhältnis zwischen Leistungsempfänger und Kreditkartenunternehmen besteht, dass letztlich der banktechnischen Abwicklung des dem Leistungsempfänger gewährten Kredites seitens des Kreditkartenunternehmens dient, führt ebenfalls nicht dazu, dass der Leistungsempfänger mit der Verwendung der Kreditkarte und der Unterschrift des Belastungsbeleges nicht bereits das Erforderliche zur Herbeiführung des Leistungserfolges getan hat (vgl. Kister in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG-Kommentar, Bd. IV (§§8-14a EStG), § 11 Rn. 120 „Kreditkarte" und Kramer in: Bordewin/Brandt, EStG-Kommentar, Band 4 (§§ 10b-15), § 11 Rn. 53 „Kreditkarte").
Ungeachtet der Vergleichbarkeit von der mit Kreditkarte mit der mittels Überweisung oder mittels Scheck beglichenen Rechnung, ist die Zahlungsverpflichtung des Klägers aus der Rechnung vom 9. Dezember 1996 über die Reiseleistungen überdies durch den mittels Visa-Card neu begründeten Kreditvertrag umgeschafft worden. In dieser Schuldumschaffung (Novation) von Reisevertrag zu Kreditvertrag liegt im Streitfall ebenfalls die Verfügung des Schuldners - hier des Klägers - über den geschuldeten Betrag, wobei die Novation einkommensteuerrechtlich so zu werten ist, als ob der Schuldner die Altschuld - hier die Zahlungsverpflichtung des Klägers aus dem Reisevertrag - durch tatsächliche Zahlung beglichen und der Gläubiger - hier das Reiseunternehmen - den vereinnahmten Betrag infolge des neu geschaffenen Verpflichtungsgrundes dem Schuldner sofort wieder - als Darlehen - zur Verfügung gestellt hat (vgl. BFH-Urteil vom 7. Dezember 1999, VIII R 8/98, a. a. O., juris-Ausdruck Rn. 20 und 21). Ob die Novation hierbei die Verschaffung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht darstellt, hat der BFH in seinem Urteil vom 7. Dezember 1999 zudem davon abhängig gemacht, ob die Schuldumschaffung im Interesse des Gläubigers gelegen hat. Im Streitfall hat die Bezahlung der Reiserechnung per Visa-Card im Dezember 1996 gerade auch im Interesse des Reiseunternehmens gelegen und ist zudem Ausdruck der freien Dispositionsbefugnis von Kläger einerseits und Reiseunternehmen andererseits gewesen.
Dies ergibt sich bereits aus dem Umstand, dass bei Kreditkartensystemen sowohl der Schuldner als auch der Gläubiger in vertraglicher Beziehung zu dem Kreditkartenaussteller steht. So wird im Deckungsverhältnis zwischen Karteninhaber und Kartenaussteller ein sog. Emissionsvertrag geschlossen (vgl. Sprau in: Palandt, BGB-Kommentar, 72. Aufl. (2013), § 675f, Rn. 44). Im sog. Zuwendungsverhältnis steht das Vertragsunternehmen mit dem Kreditkartenaussteller durch den sog. Akquisitionsvertrag in vertraglicher Beziehung, wobei sich das Vertragsunternehmen verpflichtet, die Kreditkarte als Zahlungsmittel anzunehmen (vgl. Sprau in: Palandt, BGB-Kommentar, 72. Aufl. (2013), § 675f, Rn. 45). Zur Erfüllung der Zahlungsverpflichtung unterzeichnet der Karteninhaber sodann im Valutaverhältnis einen Belastungsbeleg. Das Vertragsunternehmen - hier das Reiseunternehmen - als Zahlungsempfänger reicht diesen sodann bei dem die Kreditkarte ausstellenden Unternehmen ein, wodurch die Zahlung ausgelöst wird (vgl. Sprau in: Palandt, BGB-Kommentar, 72. Aufl. (2013), § 675f, Rn. 47). Insbesondere die bei Kreditkartengeschäften zwischen Kreditkartenaussteller und Vertragsunternehmen zugrunde liegenden vertraglichen Beziehungen im sog. Zuwendungsverhältnis machen hierbei deutlich, dass die Schuldumschaffung im Sinne der oben aufgeführten höchstrichterlichen Rechtsprechung vornehmlich im Interesse des Gläubigers erfolgt, zumal er hierdurch gegenüber dem Kreditkartenaussteller - wenn auch um einen Abschlag für dessen Leistung geminderten - in jedem Fall aber gesicherten Anspruch auf Zahlung erlangt. Eingedenk dessen ist die wirtschaftliche Verfügungsmacht durch die Schuldumschaffung des Reisevertrages in einen Kreditvertrag dem Reiseunternehmen im Streitfall spätestens am 9. Dezember 1996 verschafft worden.
Damit ist der Abfluss des mittels Kreditkarte gezahlten Betrages in Höhe von 7.523,00 DM gemäß § 11 Abs. 2 S. 1 EStG nicht im Streitjahr 1997, sondern bereits im nicht im Streit befindlichen Veranlagungsjahr 1996 erfolgt. Dies hat zur Folge, was die Beteiligten bislang nicht berücksichtigt haben, dass die streitige Betriebsausgabe für die Auslandsreise nicht im Jahr 1997, sondern gemäß § 11 Abs. 2 S. 1 EStG bereits Jahr 1996 abgeflossen ist und demzufolge im Streitjahr 1997 von vornherein keine Berücksichtigung als Betriebsausgabe gemäß § 4 Abs. 4 EStG hat finden können.
2. Sind die streitigen Reisekosten aber bereits im Veranlagungsjahr 1996 abgeflossen, kommt es im Streitjahr 1997 nicht darauf an, ob diese gemäß § 4 Abs. 4 EStG in voller Höhe betrieblich oder anteilig auch privat veranlasst gewesen sind. Aus diesem Grund hat der Senat den Beweisbeschluss vom 7. Januar 2013 mit Beschluss vom 13. März 2013 aufgehoben.
Die Kostenentscheidung - einschließlich der Kosten des Revisionsverfahrens - folgt aus §§ 135 Abs. 1, 143 Abs. 2 FGO. Das Gericht hat gemäß § 90 Abs. 2 FGO entschieden. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 EStG vor. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, da die im Streitfall maßgebliche Rechtsfrage, wann bei mittels Kreditkarte bezahlten Rechnungen der Abfluss der Aufwendungen im Sinne des § 11 Abs. 2 S. 1 EStG bewirkt worden ist, das Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (vgl. Ruban in: Gräber, Kommentar zu FGO, 7. Aufl. (2010), § 115 Rn. 23 m. w. N.).
Rechtsmittelbelehrung
Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Revision zu.
Die Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof schriftlich einzulegen. Die Revisionsschrift muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Eine Abschrift oder Ausfertigung des Urteils soll ihr beigefügt werden. Die Revision ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Auch die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen. Die Begründung muss die Erklärung enthalten, inwieweit das Urteil angefochten und seine Aufhebung beantragt wird. Sie muss ferner die bestimmte Bezeichnung der Umstände enthalten, aus denen sich eine Rechtsverletzung durch das Urteil ergibt; soweit Verfahrensmängel gerügt werden, muss sie auch die Tatsachen angeben, aus denen sich der Mangel ergibt.
Für die Einlegung und Begründung der Revision sowie in dem weiteren Verfahren vor dem Bundesfinanzhof besteht Vertretungszwang. Zur Vertretung der Beteiligten vor dem Bundesfinanzhof berechtigt sind Rechtsanwälte, Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer oder vereidigte Buchprüfer; zur Vertretung berechtigt sind auch Gesellschaften im Sinne des § 3 Nr. 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch solche Personen handeln. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.
Der Bundesfinanzhof hat die Postanschrift: Postfach 86 02 40, 81629 München, und die Hausanschrift: Ismaninger Str. 109, 81675 München, sowie den Telefax-Anschluss: 089/ 9231-201.
Hinweis:
Die Revision kann auch über den elektronischen Gerichtsbriefkasten des Bundesfinanzhofs eingelegt und begründet werden, der über die vom Bundesfinanzhof zur Verfügung gestellte Zugangs- und Übertragungssoftware erreichbar ist. Die Software kann über die Internetseite www.bundesfinanzhof.de lizenzkostenfrei heruntergeladen werden. Hier befinden sich auch weitere Informationen über die Einzelheiten des Verfahrens, das nach der Verordnung der Bundesregierung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesverwaltungsgericht und beim Bundesfinanzhof vom 26. November 2004 (BGBl. I S.3091) einzuhalten ist.