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Steuerrecht
22.08.2013
Steuerrecht
FG Köln: Zeitliche Zuordnung einer nachträglichen Kaufpreisänderung für Übertragung einer Kapitalbeteiligung gem. § 8 Abs. 2 KStG

FG Köln, Urteil vom 8.5.2013 - 9 K 1272/10


Sachverhalt


Die Beteiligten streiten über die zeitliche Zuordnung einer nachträglichen Kaufpreiserhöhung für die Übertragung einer Kapitalbeteiligung im Hinblick auf die Steuerfreiheit des Veräußerungsgewinns gemäß § 8b Abs. 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG). Die Höhe des insgesamt erzielten Veräußerungserlöses, der nachträglichen Kaufpreiserhöhung im Streitjahr sowie die tatsächlichen Umstände des Sachverhaltes sind dabei unstreitig.


Die Klägerin, eine GmbH & Co. KG, ist seit dem Jahr 2005 gewerbesteuerlicher und körperschaftsteuerlicher Organträger der B GmbH als Organgesellschaft. Gesellschafter der Klägerin sind ausschließlich Kapitalgesellschaften, die C Verwaltungs GmbH als Komplementärin sowie die D Management GmbH und die E GmbH als Kommanditisten.


Im Jahr vor dem Streitjahr veräußerte die Organgesellschaft ihre 100%ige Beteiligung an der A Holding GmbH (im Folgenden: AH) an fremde Dritte. Die Übertragung der Anteile erfolgte mit Wirkung zum 26. Oktober 2006. Der Buchwert der Anteile an der AH betrug zu diesem Zeitpunkt 326.500.000 €.


Aus der Veräußerung der Kapitalbeteiligung erlöste die Organgesellschaft im Jahr 2006 einen vorläufigen Veräußerungsgewinn i.H.v. 2.528.467,00 €. Hinsichtlich der unstreitigen Berechnung dieses Veräußerungsgewinns wird auf den Bericht über die Betriebsprüfung bei der Organgesellschaft, Textziffer 2.3, verwiesen.


Der Anteilskaufvertrag enthielt verschiedene, aufschiebend bedingte Vereinbarungen, welche die künftige Kooperation der Organgesellschaft und der Käufergruppe betrafen (Kaufoption für Geschäftsanteile an noch zu gründenden Kapitalgesellschaften, Verkäuferdarlehen, Gewährleistungsverpflichtungen, Ausgleichszahlung für den Fall der „Nichtausübung" der Option etc.). Zwischen der Organgesellschaft als Verkäuferin der Kapitalbeteiligung und den Käufern kam es in der Folgezeit zu Unstimmigkeiten. Am 5. April 2007 schlossen die Organgesellschaft und die Käufer einen außergerichtlichen Vergleich, der unter anderem eine nachträgliche Kaufpreiszahlung auf die Anteile an der AH durch die Käufer i.H.v. 6.405.256 € sowie den Wegfall einer Gewährleistungsverpflichtung der Organgesellschaft i.H.v. 9,7 Millionen € vorsah. Per Saldo erhöhte sich der Gewinn der Organgesellschaft aus der Veräußerung der Kapitalanteile im Jahr 2007 um 16.105.256 € auf einen Gesamt-Veräußerungsgewinn in den Jahren 2006 und 2007 von 18.633.723 €.


In ihrer steuerlichen Gewinnermittlung des Jahres 2006 erklärte die Klägerin ein ihr zuzurechnendes Einkommen der Organgesellschaft vor Anwendung des § 8b Abs. 2 KStG i.H.v. 136.635.546 €. Darin enthalten sei ein Gewinn aus der Veräußerung der Anteile an der AH i.H.v. 2.528.467,00 €, der § 8b Abs. 2 KStG unterfalle, so dass lediglich eine pauschale Hinzurechnung nicht abzugsfähige Betriebsausgaben i.H.v. 5 % (126.423,35 €) zu berücksichtigen sei.


In der steuerlichen Gewinnermittlung des Streitjahres 2007 erklärte sie ein ihr zuzurechnendes Einkommen der Organgesellschaft vor Anwendung des § 8b KStG i.H.v. 88.602.461 €. Darin enthalten sei ein Gewinn aus der Veräußerung der Anteile an der AH i.H.v. 16.105.256 €, der nach § 8b Abs. 2 KStG steuerfrei zu belassen sei; eine pauschale Hinzurechnung i.H.v. 5 % als nicht abzugsfähige Betriebsausgaben hätte nicht zu erfolgen, da die Änderung des Veräußerungsgewinns ein rückwirkendes Ereignis darstelle und insoweit die Veranlagung des Jahres 2006 zu ändern sei.


Mit Feststellungsbescheid für 2007 vom 10. Juli 2009 stellte der Beklagte den Gewinn der Klägerin unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gesondert und einheitlich fest. Dabei berücksichtigte er das Einkommen und die Einkünfte der Organgesellschaft erklärungsgemäß i.H.v. 88.602.461 €, wovon ein Betrag i.H.v. 16.094.655,37 € auf solche Einkünfte entfiel, auf die § 8b Abs. 2 KStG anzuwenden ist. Die Differenz des unter § 8b Abs. 2 KStG fallenden Betrages i.H.v. 10.600 € ergibt sich aus einem anderen unstreitigen, von der Klägerin selbst erklärten Korrekturposten aus der Teilwertabschreibung auf eine andere Kapitalbeteiligung.


Mit Schreiben vom 20. August 2009 beantragte die Klägerin die Änderung der Veranlagung für das Jahr 2006. Sie begründete ihren Antrag damit, dass die nachträgliche Erhöhung des Kaufpreises für die Übertragung der Anteile an der AH ein rückwirkendes Ereignis darstelle und begehrte, den in der Steuerbilanz 2007 realisierten Veräußerungsgewinn i.H.v. 16.105.256 € außerbilanziell dahingehend zu korrigieren, dass dieser Gewinn nicht im Jahr 2007, sondern im Jahr 2006 erfasst werde.


Nach streitiger Erörterung des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen (BMF-Schreiben) vom 13. März 2008 IV B 7-S 2750a/07/0002 (BStBl I 2008, 506) änderte der Beklagte den Gewinnfeststellungsbescheid für das Jahr 2007 mit Änderungsbescheid vom 4. November 2009 in der Form ab, dass er das einheitlich und gesondert festgestellte Einkommen der Organgesellschaft um 16.105.256 € auf nunmehr 104.707.716 € erhöhte und gleichzeitig weiterhin feststellte, dass in diesem Betrag Einkünfte i.H.v. 16.094.655,37 € enthalten seien, die unter § 8b KStG fallen.


Gegen diesen Änderungsbescheid legte die Klägerin am 30. November 2009 Einspruch ein. Der Beklagte sei fehlerhaft davon ausgegangen, dass der nachträglich in 2007 entstandene Veräußerungsgewinn in dem bislang erklärten steuerlichen Einkommen der Organgesellschaft nicht enthalten gewesen sei. Außerdem wies sie darauf hin, dass im angefochtenen Änderungsbescheid weiterhin steuerfreie Gewinne im Sinne des § 8b Abs. 2 KStG i.H.v. 16.094.655 € enthalten seien. Unter Hinweis auf das oben genannte BMF-Schreiben begehrte sie erneut, im Veranlagungszeitraum 2007 den bilanziellen Ertrag i.H.v. 16.105.256 € außerbilanziell zu kürzen und im Ergebnis den gesamten Veräußerungsgewinn unter Anwendung des § 8b Abs. 2 KStG im Jahre 2006 zu erfassen.


Auf den Einspruch hin erließ der Beklagte am 11. Dezember 2009 einen Teilabhilfebescheid. In diesem Bescheid nahm er die Erhöhung des Einkommens der Organgesellschaft um 16.105.256 € zurück und stellte das Einkommen der Organgesellschaft wie zuvor mit 88.602.460 € fest. Es unterblieb in dem Änderungsbescheid nunmehr die Feststellung, dass in diesen Einkünften solche Einkünfte enthalten seien, die unter § 8b KStG fallen.


Den weitergehenden Einspruch der Klägerin hinsichtlich der außerbilanziellen Erfassung des in der Steuerbilanz 2007 erzielten Veräußerungsgewinns im Veranlagungszeitraum 2006 wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 22. März 2010 zurück. Unter Darlegung des unstreitigen Sachverhalts in tatsächlicher Hinsicht vertrat der Beklagte die Auffassung, dass nach dem oben genannten BMF-Schreiben zwar die Wirkung des § 8b Abs. 2, 3 KStG im Jahr der Veräußerung (hier im Jahr 2006) eintreten würden; für eine außerbilanzielle Korrektur des im Jahr 2007 steuerbilanziell erzielten Veräußerungsgewinns gäbe es dagegen keine steuerliche Handhabe.


Bei den Rechtsfolgen der nachträglichen Kaufpreiserhöhung sei zwischen den Auswirkungen auf den bilanziellen Gewinn (erste Stufe der steuerlichen Gewinnermittlung) und auf die Einkommensermittlung (zweite Stufe der steuerlichen Gewinnermittlung) zu unterscheiden. Bei der Ermittlung des bilanziellen Gewinns sei gemäß § 5 Abs. 1 S. 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG das handelsrechtliche Realisationsprinzip zu beachten, wonach der Mehrkaufpreis erst in 2007 realisiert worden sei und mithin erst im Wirtschaftsjahr 2007 gewinnerhöhend verbucht werden dürfte. Die Einkommenskorrektur nach § 8b KStG knüpfe hingegen an das punktuelle Ereignis der Anteilsveräußerung an. Sachlich sei die nachträgliche Kaufpreiserhöhung eindeutig der Anteilsveräußerung zuzuordnen, so dass die Kaufpreiserhöhung in die Ermittlung des nach § 8b Abs. 2 KStG steuerfreien Veräußerungsgewinns einfließe. Die Einkommenskorrektur nach § 8b Abs. 2 KStG habe aber in zeitlicher Hinsicht im Veranlagungszeitraum 2006 zu erfolgen, weil die Anteilsveräußerung unstreitig im Veranlagungszeitraum 2006 erfolgt sei. Der Feststellungsbescheid für das Jahr 2006 sei entsprechend geändert worden. Verrechnet mit dem Verlust aus 2006 ergebe sich im Saldo insoweit ein zu versteuerndes Einkommen in Höhe von insgesamt 931.686 €, welches der pauschalen Hinzurechnung i.H.v. 5 % auf den erzielten Veräußerungsgewinn in Höhe von insgesamt 18.633.723 € entspräche.


Hiergegen hat die Klägerin am 21. April 2010 Klage erhoben, mit der sie im Ergebnis wirtschaftlich begehrt, das zu versteuernde Einkommen bei den Gesellschaftern der Klägerin um den Veräußerungsgewinn des Jahres 2007 zu vermindern.


Während des Klageverfahrens fanden sowohl bei der Klägerin als auch bei der Organgesellschaft Betriebsprüfungen durch das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung F statt. Im Hinblick auf diese Betriebsprüfung ruhte das Klageverfahren einvernehmlich ab dem 23. August 2010 und wurde am 28. Oktober 2011 auf Antrag des Beklagten fortgesetzt.


Zwischen der Betriebsprüfung und der Klägerin wurde Einvernehmen darüber erzielt, dass a) im Jahre 2008 eine weitere nachträgliche Erhöhung des Kaufpreises i.H.v. 997.820 € erfolgt sei (Gesamtveräußerungserlös der Jahre 2006-2008: 19.631.543 €), b) weitere Veräußerungskosten i.H.v. 2.667.051 € zu berücksichtigen seien (Zeitraum 2006 bis 2008) und c) weitere Anschaffungsnebenkosten bei der Organgesellschaft i.H.v. 12.986.911 € (verdeckte Einlage; Erhöhung des Buchwertes der Beteiligung) zu aktivieren seien (ab 2005). Der Gesamtveräußerungsgewinn betrage danach 3.977.581 €, der i.H.v. 3.778.702 € (95 %) gemäß § 8b Abs. 2, 3 KStG steuerfrei sei.


Die Klägerin hält auch nach Durchführung der Betriebsprüfungen an ihrer Auffassung fest, dass sämtliche nachträgliche Erhöhungen des Kaufpreises und sämtliche nachträgliche Veräußerungskosten in den Jahren 2007 und 2008 durch außerbilanzielle Korrekturen im Jahre 2006 zu erfassen und der gesamte Veräußerungsgewinn im Jahr 2006 nach § 8b Abs. 2, 3 KStG effektiv i.H.v. 95 % steuerfrei sei. Aus diesem Grunde sei der Gewinn der Organgesellschaft im Streitjahr 2007 um den in diesem Jahr steuerbilanziellen erzielten Veräußerungserlös, vermindert um Veräußerungskosten, außerbilanziell zu kürzen.


Es handele sich bei § 8b Abs. 2 KStG um eine Gewinnkorrekturvorschrift, die bestimme, dass sich die in dieser Vorschrift genannten Gewinne nicht auf die Einkommensermittlung der Körperschaft auswirken sollen. Diese Gewinnkorrektur sei außerbilanziell und damit auf der zweiten Stufe der Gewinnermittlung vorzunehmen. Die auf der zweiten Gewinnermittlungsstufe vorzunehmenden Korrekturen könnten jeweils jedoch nur solche Beträge betreffen, die auf der ersten Gewinnermittlungsstufe erfolgswirksam waren. Dies erfordere es zwingend, zunächst den Veräußerungsgewinn außerbilanziell in das Jahr 2006 zu „transferieren" um den Gewinn anschließend der Korrektur nach § 8b Abs. 2, 3 KStG zu unterwerfen. Erfolge die Korrektur des Einkommens nach § 8b Abs. 2 KStG ohne eine entsprechende (innerbilanzielle oder außerbilanzielle) Korrektur bei der Ermittlung des Einkommens, sowie vom Beklagten vertreten, würden die nachträglichen Anpassungen des Veräußerungspreises sich auf das Einkommen des späteren Veranlagungszeitraums auswirken. Die Körperschaftsteuer als Jahressteuer, deren Grundlage für ein Kalenderjahr zu ermitteln sei (Abschnittsbesteuerung), ändere sich in Abhängigkeit von dem Umfang nachträglicher Kaufpreisanpassungen.


Diese Vorgehensweise entspreche auch dem einschlägigen BMF-Schreiben vom 13. März 2008.


Die vom Beklagten vertretene Auffassung führe entgegen dessen Darlegungen gerade nicht dazu, dass der Wert der Jahre 2006 und 2007 dem Wert entspricht (hier: 931.686 €), der zu versteuern gewesen wäre, wenn von vornherein ein Veräußerungsgewinn i.H.v. 18.633.723 € im Jahr 2006 erzielt worden wäre. Denn unter der Annahme eines sonstigen Nullergebnisses der Organgesellschaft und unter Anwendung der Regelungen des Verlustvortrages und der Mindestbesteuerung führe die von dem Beklagten vertretene Auffassung - nach den Werten vor Durchführung der Betriebsprüfung - zu einem zu versteuernden Einkommen in Höhe von ca. 6 Millionen € im Jahr 2007. Hierdurch werde die Vorgabe des Gesetzgebers, bei der Ermittlung des Einkommens Gewinne aus der Veräußerung eines Anteils an einer Körperschaft außer Ansatz zu lassen, nicht befolgt.


Die Klägerin sieht sich in ihrer Rechtsauffassung durch das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 22. Dezember 2010 I R 58/10 bestätigt. Zwar sei es in diesem Fall konkret um den nachträglichen Ausfall einer Kaufpreisforderung gegangen, allerdings habe sich der BFH in weiten Teilen allgemein zu Kaufpreisminderungen und Kaufpreiserhöhungen geäußert. Dabei habe der I. Senat des BFH auf den Beschluss des Großen Senates des BFH vom 19. Juli 1993 GrS 2/92 zur entsprechenden Regelungslage bei einer Betriebsveräußerung nach § 16 EStG Bezug genommen. Hiernach seien spätere Veränderungen beim ursprünglich vereinbarten Veräußerungspreis solange und soweit materiell-rechtlich auf den Zeitpunkt der Veräußerung zurück zu beziehen, als der Erwerber seine Verpflichtung zur Zahlung des Kaufpreises noch nicht erfüllt habe. Dies gelte auch für die Regelung des § 8b Abs. 2 KStG. Insbesondere, wenn man den Veräußerungsvorgang als isolierten, einmaligen Vorgang begreife und den Veräußerungsvorgang von der laufenden Besteuerung des Anteilseigners abgrenze.


Die Rechtsauffassung des Beklagten sei auch verfassungsrechtlich bedenklich. Zweck des § 8b Abs. 2 KStG sei es, die Gewinne aus der Veräußerung von Kapitalanteilen von der Besteuerung freizustellen. Das Gesetz gehe dabei typisierend davon aus, dass es sich bei dem Veräußerungsgewinn um thesaurierte oder zukünftige Gewinne handele. Die Freistellung des § 8b Abs. 2 KStG ziele also darauf ab, die Belastung mit Körperschaftsteuer beim Anteilseigner wieder zu neutralisieren. Folge man der Auslegung des Beklagten, werde dieser Zweck nicht erfüllt. Vielmehr würden durch die rückwirkende Anwendung des § 8b Abs. 2 KStG auf den Gesamtgewinn ohne rückwirkende Anpassung des Veräußerungsgewinns isoliert betrachtet lediglich vortragsfähige Verluste geschaffen, die in den späteren Jahren der Abzugsbeschränkung des § 10d Abs. 2 EStG unterlägen. Damit würde die im Jahr 2007 gewinnwirksame Kaufpreisanpassung nur in den Grenzen der Mindestbesteuerung neutralisiert und der Zweck des § 8b Abs. 2 KStG im Ergebnis nicht vollständig erfüllt. In seiner Entscheidung vom 26. August 2010 I B 49/10 habe der BFH ausgeführt, dass bei verfassungskonformer Auslegung der Regelungen zur Mindestbesteuerung nicht isoliert auf § 10d EStG abzustellen sei. Vielmehr könne die verfassungswidrige Wirkung auf eine im konkreten Fall verwirklichte Verbindung mit anderen Rechtsvorschriften beruhen. Dies sei im Streitfall aufgrund der Wirkung der Mindestbesteuerung zu bejahen.


In der mündlichen Verhandlung sind die Beteiligten übereingekommen, dass sich die Änderung hinsichtlich der Veräußerungskosten durch die Betriebsprüfung i.H.v. insgesamt 2.667.051 € wie folgt auf die Jahre 2006 bis 2008 verteilt: Veranlagungszeitraum 2006: 1.511.709,25 €; Veranlagungszeitraum 2007: 1.152.716,35 €; Veranlagungszeitraum 2008: 2.226,19 €. Bei diesen Beträgen handelt es sich unstreitig um bislang als laufenden Aufwand erfasste Aufwendungen, die richtigerweise als Veräußerungskosten dem Veräußerungsvorgang zuzuordnen sind. Weiterhin erklärten die Beteiligten einvernehmlich, dass die Änderung des Veräußerungsgewinns ausschließlich auf dem außergerichtlichen Vergleich vom 5. April 2007, in dem die Nebenleistungspflicht der Klägerin hinsichtlich der Gewährleistung und die Gegenleistungspflicht der Käufer hinsichtlich der Kaufpreiszahlung modifiziert wurden; auf andere Geschäftsvorfälle ist die Erhöhung des Veräußerungsgewinns nicht zurückzuführen.


Die Klägerin beantragt,


den Bescheid für 2007 über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 11. Dezember 2009 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22. März 2010 in der Form zu ändern, dass das darin ausgewiesene Einkommen und die darin ausgewiesenen Einkünfte der Organgesellschaft ohne weiteren Veräußerungserlös und ohne weitere Berücksichtigung von Veräußerungskosten festgestellt werden,


hilfsweise, den Bescheid für 2007 über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 11. Dezember 2009 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22. März 2010 in der Form zu ändern, dass die steuerfreien Einkünfte im Sinne des § 8b Abs. 2 KStG, § 3 Nr. 40 EStG in der Höhe festgestellt werden, in der sie sich ergeben unter Berücksichtigung der nachträglichen Veräußerungserlöse und Veräußerungskosten,


hilfsweise, die Revision zuzulassen.


Der Beklagte beantragt,


die Klage mit ihren Haupt- und Hilfsanträgen abzuweisen,


hilfsweise, die Revision zuzulassen.


Nach seiner Auffassung steht das BMF-Schreiben vom 13. März 2008 der von der Klägerin begehrten Einkommenskorrektur entgegen. Der BFH habe zwar in der von der Klägerin angeführten Entscheidung vom 22. Dezember 2010 I R 58/10 die Gewinnauswirkung korrespondierend zur Einkommenskorrektur nach § 8b KStG auf das Veräußerungsjahr zurückgezogen. Er sei insoweit analog zur Rechtsprechung bei § 16 EStG und § 17 EStG vorgegangen, habe in seiner Urteilsbegründung aber offen gelassen, nach welcher Rechtsvorschrift der Gewinn in das Veräußerungsjahr zurückgezogen werden solle. Für eine außerbilanzielle Gewinnkorrektur sei eine Rechtsgrundlage nicht ersichtlich. Nach dem handelsrechtlichen Realisationsprinzip sei der Ertrag aus der Kaufpreiserhöhung erst in 2007 gewinnerhöhend zu erfassen, eine außerbilanzielle Gewinnkorrektur komme mangels Rechtsgrundlage nicht in Betracht.


Die Vertreterin des Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung zudem darauf hingewiesen, dass nach dem Beschluss des Großen Senats des BFH vom 31. Januar 2013 GrS 1/10 zur Aufgabe des sog. subjektiven Fehlerbegriffs allenfalls eine innerbilanzielle Korrektur zu erfolgen habe, sofern man nicht ohnehin dem BMF-Schreiben vom 13. März 2008 folge.


Aus den Gründen


Die zulässige Klage ist begründet.


Der angefochtene Bescheid für 2007 über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 11. Dezember 2009 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22. März 2010 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Der Beklagte hat die im Streitjahr erfolgten Veränderungen des Kaufpreises und der Kosten aus der bereits im Vorjahr erfolgten Veräußerung der Anteile der Organgesellschaft an der AH zu Unrecht bei der Ermittlung des Einkommens und der Einkünfte der Organgesellschaft des Streitjahres berücksichtigt, die im streitgegenständlichen Feststellungsbescheid als der Klägerin zuzurechnen ausgewiesen sind.


I.              Die Klage ist zulässig, insbesondere ist die Klägerin klagebefugt.


Das zuzurechnende Ergebnis einer Organgesellschaft ist eine unselbstständige Besteuerungsgrundlage gemäß § 157 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO), die in das Gesamtergebnis des Organträgers eingeht und dort - sofern der Organträger wie im Streitfall eine Personengesellschaft ist - einheitlich und gesondert festgestellt wird (vgl. Neumann in Gosch, KStG, 2. Aufl., § 14 Rn 529). Einwendungen gegen die Höhe des dem Organträger von der Organgesellschaft zugerechneten Einkommens können nur im Verfahren des Organträgers vorgebracht werden, denn der Körperschaftsteuerbescheid gegenüber der Organgesellschaft ist kein Grundlagenbescheid im Sinne des § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO (BFH-Urteil vom 28. Januar 2004 I R 84/03, BFHE 205, 1, BStBl II 2004, 539; Neumann in Gosch, KStG, § 14 Rn 529; R 61 Abs. 6 der Körperschaftsteuer-Richtlinien).


II.              Die Klage ist auch begründet.


Sowohl die Erhöhung des Erlöses aus der Veräußerung der Geschäftsanteile an der AH durch die Organgesellschaft aufgrund des außergerichtlichen Vergleichs vom 5. April 2007 als auch die im Streitjahr nachträglich angefallenen Veräußerungskosten sind richtigerweise dem Jahr der Veräußerung zuzuordnen; korrespondierend sind die einkommens- bzw. einkünfterelevanten Wirkungen des außergerichtlichen Vergleichs vom 5. April 2007 auf den Veräußerungserlös und die Veräußerungskosten in der steuerlichen Gewinnermittlung des Streitjahres entsprechend dem klägerischen Antrag zu korrigieren.


1.              Verpflichtet sich eine Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien mit Geschäftsleitung und Sitz im Inland (Organgesellschaft) durch einen Gewinnabführungsvertrag im Sinne des § 291 Abs. 1 des Aktiengesetzes (AktG), ihren ganzen Gewinn an ein anderes inländisches gewerbliches Unternehmen abzuführen, so ist das Einkommen der Organgesellschaft, soweit sich aus § 16 KStG nichts anderes ergibt, nach § 14 Abs. 1 KStG dem Träger des Unternehmens (Organträger) zuzurechnen, wenn die Voraussetzungen nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 KStG erfüllt sind. Nach § 17 KStG gelten die §§ 14 bis 16 KStG für andere Kapitalgesellschaften wie im Streitfall die Gesellschaft mit beschränkter Haftung entsprechend.


Im Streitfall ist das Organschaftsverhältnis zwischen der Klägerin als Personengesellschaft i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG und der Organgesellschaft nach diesen Vorschriften anzuerkennen. Dies ist unter den Beteiligten nicht umstritten.


Bei Organgesellschaft und Organträger handelt es sich nach der Rechtsprechung des BFH unbeschadet der Abführungsverpflichtung zivil- wie steuerrechtlich um unterschiedliche Rechtsträger, die ihr jeweiliges Einkommen selbständig ermitteln (sog. gebrochene oder eingeschränkte Einheitstheorie; ständige Rechtsprechung, bspw. BFH-Urteil vom 4. Juni 2003 I R 100/01, BFHE 203, 171, BStBl II 2004, 244, m.w.N. und vom 14. Januar 2009 I R 47/08, BFHE 224, 126, BStBl II 2011, 131). Die jeweilige Einkommensermittlung erfolgt im Grundsatz nach den allgemeinen Regeln, für die Organgesellschaft damit gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes und des Körperschaftsteuergesetzes.


Insbesondere ist dabei auch die Regelung des § 8b Abs. 2, 3 KStG anzuwenden, wonach u.a. Gewinne aus der Veräußerung eines Anteils an einer Körperschaft oder Personenvereinigung, deren Leistungen beim Empfänger zu Einnahmen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1, 2, 9 und 10 des Einkommensteuergesetzes (EStG) gehören, außer Ansatz bleiben. Im Rahmen eines körperschaftsteuerlichen Organschaftsverhältnisses gilt dabei allerdings die Sonderregel des § 15 KStG, nach dessen Satz 1 Nr. 2 § 8b Abs. 1 bis 6 KStG nicht bei der Ermittlung des Einkommens der Organgesellschaft, sondern bei der Ermittlung des Einkommens des Organträgers anzuwenden ist (sog. Bruttomethode). Hierdurch findet eine Verlagerung der Anwendung der für diese Einkommensteile einschlägigen Vorschriften auf die Ebene des Organträgers statt. So wird sichergestellt, dass auch im Organschaftsverhältnis nur bei demjenigen § 8b KStG zur Anwendung kommt, der auch in den Anwendungsbereich des § 8b KStG fällt und dennoch auf der Ebene der Organgesellschaft eine Einkommensermittlung ohne Berücksichtigung der steuerlichen Verhältnisse beim Organträger (insbesondere, wenn es sich um eine Personengesellschaft handelt) stattfinden kann (vgl. bspw. Erle/Heurung in Erle/Sauter, Körperschaftsteuergesetz, 3. Aufl., § 15 Rn 29).


2.              Bei der hiernach vorzunehmenden Ermittlung der Einkünfte und des Einkommens der Organgesellschaft im Streitjahr sind der durch den außergerichtlichen Vergleich im Streitjahr nachträglich erzielte Erlös aus der bereits im Vorjahr erfolgten Veräußerung der Anteile der Organgesellschaft an der AH und die im Streitjahr nachträglich angefallenen Veräußerungskosten nicht zu berücksichtigen.


Nach § 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG hat die buchführungspflichtige Organgesellschaft zur Ermittlung ihres Gewinns im Streitjahr in ihrer Bilanz zum 31. Dezember 2007 das Betriebsvermögen anzusetzen, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung und Bilanzierung (GoB) auszuweisen ist.


a)              Zu den GoB gehört als Ausdruck des allgemeinen Vorsichtsprinzips (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 des Handelsgesetzbuchs - HGB) und Maßstab für den zeitgerechten Ausweis von Erträgen und Aufwendungen auch das Realisationsprinzip und aus diesem folgend das Prinzip der wirtschaftlichen Verursachung (vgl. bspw. Weber-Grellet in Schmidt, EStG, 32. Aufl., § 5 Rn 78). Danach sind zur periodengerechten Zuordnung Aufwendungen und Erträge des Wirtschaftsjahres unabhängig von den entsprechenden Zahlungen nach dem Zeitpunkt ihrer wirtschaftlichen Verursachung im Jahresabschluss und damit auch in der steuerlichen Gewinnermittlung zu berücksichtigen (§ 5 Abs. 1 EStG i.V.m. § 252 Abs. 1 Nr. 5 HGB). Ertrag kann als Teil des Gewinns damit erst dann ausgewiesen werden, wenn er durch Umsatz verwirklicht wird. Im Fall der Veräußerung eines Wirtschaftsguts wird ein Gewinn realisiert, wenn ein Wirtschaftsgut aus dem Betriebsvermögen ausscheidet und der Steuerpflichtige stattdessen Geld oder eine auf Geld gerichtete Forderung erlangt, deren dann zu bilanzierender Nennwert höher ist als der Buchwert des ausgeschiedenen Wirtschaftsguts. Zur Frage, in welchem Zeitpunkt die Gewinnrealisierung eingetreten ist, ist auf die „wirtschaftliche Erfüllung" des Vertrags abzustellen, beim Verkauf von Wirtschaftsgütern in der Regel auf die Übergabe der Sache unter Übergang des wirtschaftlichen Eigentums bzw. den Übergang von Besitz, Nutzen und Lasten (vgl. Weber-Grellet in Schmidt, EStG, § 5 Rn 601 ff.).


Geht der Ertrag aus einem Veräußerungsvorgang als laufender Geschäftsvorfall gemäß § 5 Abs. 1 EStG ohne besondere steuerliche Rechtsfolgen in den laufend der Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer unterliegenden Gewinn des Steuerpflichtigen ein, so ist eine spätere Änderung des Kaufpreises grundsätzlich nicht rückwirkend im Zeitraum der Veräußerung, sondern erst im Zeitpunkt der Realisierung der aus der Änderung resultierenden Mehr- oder Minderkaufpreises steuerlich zu berücksichtigen. Dies schließt es bei bilanzierenden Steuerpflichtigen, bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG und bei der Ermittlung von Überschusseinkünften im Regelfall aus, bei der Behandlung laufender Geschäftsvorfälle nachträgliche Ereignisse, welche zur Unwirksamkeit oder zur Änderung des Geschäftsvorfalls führen, steuerlich rückwirkend zu berücksichtigen. Eine rückwirkende Änderung des laufenden Gewinns findet damit grundsätzlich nicht statt (BFH-Urteil vom 11. Dezember 2001 VIII R 58/98, BFHE 197, 411, BStBl II 2002, 420; Hessisches FG, Urteil vom 31. August 2012 4 K 1637/09, EFG 2013, 4; Rüsken in Klein, Abgabenordnung, 11. Aufl., § 175 Rn 57; Weber-Grellet in Schmidt, EStG, § 5 Rn 617).


b)              Anders verhält es sich im Anwendungsbereich steuerlicher „Einmaltatbestände", also solcher Tatbestände, die an ein einmaliges punktuelles Ereignis oder einmaligen Vorgang anknüpfen (Rüsken in Klein, AO, § 175 Rn 58). So gilt für gemäß §§ 16, 17 EStG i.V.m. § 34 EStG (alte Fassung) steuerpflichtige und zugleich steuerbegünstigte Veräußerungsgewinne nach der Rechtsprechung des BFH der Grundsatz, dass eine spätere Veränderung des Kaufpreises i.S.v. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO auf den Veranlagungszeitraum zurückwirkt, in dem der Veräußerungsvorgang der Besteuerung unterliegt (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 19. Juli 1993 GrS 2/92, BFHE 172, 66, BStBl II 1993, 897; BFH-Urteile vom 2. Oktober 1984 VIII R 20/84, BFHE 143, 304, BStBl II 1985, 428; vom 12. Oktober 2005 VIII R 66/03, BFHE 211, 458, BStBl II 2006, 307; vom 21. Dezember 1993 VIII R 69/88, BFHE 174, 324, BStBl II 1994, 648). Grund hierfür ist, dass § 16 EStG (wie auch § 17 EStG) „die unausgesprochene Annahme zu Grunde liegt, dass das Veräußerungsgeschäft ohne Störungen so abgewickelt wird, wie es vertraglich vereinbart ist" (Großer Senat des BFH, Beschluss vom 19. Juli 1993 GrS 2/92 a.a.O., zu § 16 EStG) und die Vorschriften demnach eine „Steuerbedingung" enthalten, deren Eintritt eine steuerliche Vergangenheitswirkung entfaltet (Loose in Tipke/Kruse, Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, Stand 01/2012, § 175 AO Rn 31), weil einer Betrachtung auf den Stichtag der Veräußerung in diesen Fällen der Vorzug zu geben ist.


Der I. Senat des BFH hat diese Argumentation des Großen Senats auf den Steuerbefreiungstatbestand des § 8b Abs. 2 KStG in der ab 2002 geltenden Fassung des Steuersenkungsgesetzes (StSenkG) übertragen (BFH-Urteil vom 22. Dezember 2010 I R 58/10, BFHE 232, 185, BFH/NV 2011, 711 unter Nachweis der hierzu bestehenden kontroversen Fachliteratur; a.A. Lammers, DStZ 2011, 483). Zwar rechtfertige sich dieses Regelungsverständnis des § 16 EStG und des § 17 EStG eingeschränkt vor dem Hintergrund, dass nur auf diese Weise eine sachgerechte Besteuerung nach Maßgabe dieser Vorschriften sichergestellt werden könne, während bei laufend veranlagten Steuern spätere Änderungen regelmäßig ohne weiteres in jenem Veranlagungs- oder Erhebungszeitraum steuerwirksam werden könnten, in dem sie eintreten. Dem Gesetzgeber sei es aber auch in anderen Fällen unbenommen, aus steuerrechtlichen Gründen abweichend von der handelsbilanziellen Lage eine stichtagsbezogene Wertermittlung zu bestimmen. Eine solche Rechtslage sei insbesondere bei allen Steuertatbeständen gegeben, die an einen einmaligen Vorgang anknüpfen. Das sei bei § 8b Abs. 2 KStG der Fall: Das Gesetz gehe typisierend von der Vorstellung aus, bei dem Veräußerungsgewinn handele es sich um thesaurierte Gewinne. Unter dieser Annahme ziele die in § 8b Abs. 2 KStG eingeräumte Steuerfreistellung darauf ab, die vorangegangene (körperschaft-)steuerliche Vorbelastung beim Anteilseigner zu neutralisieren. Das aber gelinge nur, wenn man den Veräußerungsvorgang ebenfalls als isolierten, einmaligen Vorgang begreife und von der laufenden Besteuerung des Anteilseigners abgrenze. Es gehe auch hier darum, im Rahmen der Gewinnermittlung nur das tatsächlich vom Veräußerer Vereinnahmte von der Besteuerung auszunehmen. Dem Veräußerungsvorgang nachfolgende Wertveränderungen der noch ausstehenden Gegenleistung wirkten deswegen auf den Veräußerungszeitpunkt, in dem der Veräußerungsgewinn zu ermitteln ist, zurück. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO ermögliche es, diese Rückwirkung für die Steuerfestsetzung des Veräußerungsjahres verfahrensrechtlich umzusetzen, falls sich dies als erforderlich herausstelle.


Der erkennende Senat schließt sich dieser Rechtsprechung des BFH - insoweit im Konsens mit beiden Beteiligten - an.


c)              In Anwendung dieser Rechtsprechungsgrundsätze handelt es sich bei dem außergerichtlichen Vergleich vom 5. April 2007 in Höhe von 16.105.256 € nach zutreffender und auch insoweit übereinstimmender Beurteilung beider Beteiligter um eine nachträgliche Änderung des Veräußerungsgewinns, die materiell-rechtlich auf das Jahr der Veräußerung zurückwirkt.


Veräußerungsgewinn im Sinne des § 8b Abs. 2 Satz 1 KStG ist nach Satz 2 der Vorschrift der Betrag, um den der Veräußerungspreis oder der an dessen Stelle tretende Wert nach Abzug der Veräußerungskosten den Wert übersteigt, der sich nach den Vorschriften über die steuerliche Gewinnermittlung im Zeitpunkt der Veräußerung ergibt (Buchwert). Es entspricht gängigem Verständnis, als Veräußerungspreis dabei die Gegenleistung anzusehen, die der Veräußerer vom Erwerber für die Anteilsübertragung erhält. Das ist regelmäßig der vereinbarte Kaufpreis mit seinem Nennwert; dieser Betrag ist gemäß § 8b Abs. 2 KStG steuerlich außer Ansatz zu lassen.


Wann ein Sachverhalt in o.g. Sinne steuerlich zurückwirkt, entscheidet sich nach dem im Einzelfall anzuwendenden materiellen Steuergesetz (vgl. BFH-Urteil vom 19. August 2009 I R 3/09, BFHE 226, 486, BStBl II 2010, 249). Vor diesem Hintergrund kann eine nachträgliche Änderung des Veräußerungspreises grundsätzlich auch dann auf den Zeitpunkt der Veräußerung zurückwirken, wenn das Ereignis erst nach dem Zeitpunkt der Veräußerung eingetreten ist (BFH-Urteile vom 21. Dezember 1993 VIII R 69/88, BFHE 174, 324, BStBl II 1994, 648; vom 28. Oktober 2009 IX R 17/09, BFHE 227, 349, BStBl II 2010, 539). Dabei ist es unerheblich, welche Gründe für die nachträglichen vertraglichen Änderungen des Veräußerungspreises maßgebend waren. Es kommt vielmehr entscheidend darauf an, ob über den Veräußerungspreis im Zeitpunkt des Übergangs des wirtschaftlichen Eigentums keine abschließende Einigung erzielt wurde - dann erhöht ein später festgesetzter Mehrbetrag rückwirkend, d.h. für das Jahr der Veräußerung, den Veräußerungsgewinn - oder ob ein zunächst feststehender Veräußerungspreis nachträglich geändert wird - dann ist ein Mehrbetrag erst in dem Veranlagungszeitraum zu erfassen, in dem die Erhöhung vereinbart wurde - (vgl. BFH-Urteil vom 17. Januar 1989 VIII R 370/83, BFHE 156, 103, BStBl II 1989, 563, zu § 16 EStG). Ein rückwirkendes Ereignis i.S. von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO liegt bei nachträglichen vertraglichen Änderungen mithin nur dann vor, wenn der Rechtsgrund für die später geleisteten Zahlungen bereits im ursprünglichen Rechtsgeschäft angelegt ist (vgl. BFH-Urteile vom 14. Juni 2005 VIII R 14/04, BFHE 210, 278, BStBl II 2006, 15; vom 23. Mai 2012 IX R 32/11, BFHE 237, 234, BStBl II 2012, 675).


Hiernach stellt sich die im außergerichtlichen Vergleich vom 5. April 2007 vereinbarte nachträgliche Kaufpreiszahlung bei gleichzeitigem Wegfall der Gewährleistungsverpflichtung der Klägerin als rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO dar. Nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Beteiligten hat die Erhöhung des Ertrags im Streitjahr ihren Rechtsgrund allein im ursprünglichen Vertrag über die Veräußerung der Anteile an der AH aus dem Jahr 2006. Im Zeitpunkt der Veräußerung war der Veräußerungspreis noch in dem Sinne unklar, als er von diversen, die weitere Zusammenarbeit zwischen der Organgesellschaft und der Käuferseite betreffenden Gesichtspunkten abhing. Diese Unklarheit in der Bemessung des Veräußerungspreises wurde durch den außergerichtlichen Vergleich beseitigt und der Veräußerungspreis damit endgültig für die Vergangenheit festgesetzt. Da die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll erklärt haben, diese Auslegung des ursprünglichen Vertrags und des außergerichtlichen Vergleichs zu teilen, sieht der Senat von einer weiteren Begründung ab.


c)              Die Rückwirkung der nachträglichen Änderung des Kaufpreises für die Übertragung einer Kapitalbeteiligung durch eine Kapitalgesellschaft in das Jahr der Veräußerung gilt allerdings entgegen der Auffassung des Beklagten nicht nur für die Einkommenskorrektur nach § 8b Abs. 2, 3 KStG, sondern auch für die Erfassung des hierin liegenden steuerbilanziellen Erlöses.


Der Senat teilt nicht die vom Beklagten in Anwendung des BMF-Schreibens vom 13. März 2008 vertretene Rechtsauffassung (zustimmend Frotscher in Frotscher/Maas, Körperschaftsteuergesetz, § 8b Rn 43c), wonach ausschließlich für die Korrektur nach § 8b KStG davon auszugehen sei, dass eine nachträgliche Kaufpreisänderung im Wirtschaftsjahr der Veräußerung eingetreten sei. Vielmehr ergibt sich aus Sicht des Senats aus dem Urteil des I. Senats des BFH vom 22. Dezember 2010 I R 58/10 (a.a.O.), dass die Rückwirkung der nachträglichen Änderung des Veräußerungspreises auch die steuerbilanziellen Auswirkungen umfasst (so auch Dötsch/Pung in Dötsch/Pung /Möhlenbrock, Körperschaftsteuergesetz, Stand 9/2012, § 8b Rn 62; Gosch, KStG, 2. Aufl., § 8b Rn 195, der sogar für eine handelsbilanzielle Nachvollziehung eintritt; Hahne, DStR 2011, 955, 958; i.E. wohl auch Geißer in Mössner/Seeger, Körperschaftsteuergesetz, § 8b Rn 171).


Entscheidend ist insoweit, dass der BFH (I R 58/10) in der dem § 8b Abs. 2 KStG unterfallenden Veräußerung einen isolierten, einmaligen Vorgang sieht, der von der laufenden Besteuerung abzugrenzen und dessen Besteuerung eigenen, besonderen Regelungen unterworfen ist („Gewinnermittlung aufgrund eines eigenen, in sich geschlossenen Regimes"). Mit dieser Annahme eines isolierten Vorgangs, der von der laufenden Besteuerung abzugrenzen und für sich gesondert steuerlich zu behandeln ist, ist es nach Auffassung des erkennenden Senates nicht zu vereinbaren, diese steuerliche Behandlung nur auf die Einkommenskorrektur nach § 8b Abs. 2 KStG zu reduzieren und hinsichtlich der steuerbilanziellen Auswirkungen die allgemeinen Regeln der laufenden Besteuerung weitergelten zu lassen. So erscheint es nicht systemgerecht, wenn - wie im Streitfall - im Jahr der Veräußerung ein Veräußerungsgewinn in einer solchen Höhe steuerfrei gestellt wird, der steuerbilanziell zumindest teilweise erst im Folgejahr entsteht, somit der Steuerfreistellung in einem Veranlagungszeitraum kein Ertrag gegenüber steht. Neben dieser Systemwidrigkeit kann es - hierauf weist die Klägerin im Hinblick auf die Regelungen zur Mindestbesteuerung zutreffend hin - auch zu tatsächlichen Steuerbelastungen kommen, die sich mit der Annahme einer isolierten steuerlichen Behandlung des Veräußerungsvorgangs nicht in Einklang bringen lassen. Schließlich kann es bei dem nach der Verwaltungsauffassung möglichen Auseinanderfallen von Ertrag und Steuerfreistellung in verschiedenen Veranlagungszeiträumen zu unnötigen Verwerfungen kommen, beispielsweise bei Änderung des Steuersatzes oder wenn ein bei der Körperschaft vorhandener Verlust z.B. wegen § 8c KStG zwischenzeitlich untergegangen ist (so Dötsch/Pung in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, KStG, a.a.O., Hahne, a.a.O.).


Der Senat sieht sich mit seiner Auffassung in Übereinstimmung mit dem Urteil des BFH vom 22. Dezember 2010 I R 58/10 (a.a.O.) zum nachträglichen Ausfall einer Kaufpreisforderung, in dem der BFH entschieden hat, dass der Ausfall der Kaufpreisforderungen auf die Ermittlung des Veräußerungsgewinns im Veräußerungsjahr „durchschlägt und in dem Veranlagungszeitraum, in dem der Forderungsausfall feststeht, korrespondierend kein abzugsfähiger Aufwand erfasst" wird. Die vom BFH angenommene Korrespondenz besteht gerade zwischen der Rückwirkung auf die Steuerfreistellung und der Rückwirkung auf den steuerbilanziellen Ertrag.


Aus dieser Betrachtung ergibt sich weiterhin, dass nicht nur die nachträgliche Erhöhung des Veräußerungserlöses, sondern auch die nachträglich im Streitjahr angefallenen Veräußerungskosten in das Jahr der Veräußerung zurückwirken und damit im Streitjahr zu korrigieren sind (Dötsch/Pung in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, KStG, a.a.O. m.w.N., Hahne, a.a.O.; Geißler, a.a.O. Rn 176).


d)              Diese Korrektur hat nach der Überzeugung des Senats außerbilanziell auf der Ebene der Organgesellschaft zu erfolgen (so auch Hahne, a.a.O.; a.A. Dötsch/Pung a.a.O. unter Hinweis auf das BFH-Urteil vom 13. September 2000 X R 148/97, BFHE 193, 129, BStBl II 2001, 641 zu § 6b EStG).


Für eine steuerbilanzielle Korrektur besteht im Streitfall weder eine Möglichkeit noch ein Bedürfnis. Es reicht vielmehr aus, eine Einkünfte- bzw. Einkommenskorrektur im Streitjahr vorzunehmen. Denn die materiell-rechtliche Rückwirkung der nachträglichen Erhöhung des Kaufpreises und damit des Veräußerungsgewinns soll ausschließlich die systemgerechte Steuerfreistellung des gesamten Veräußerungsgewinns nach § 8 b Abs. 2 KStG und damit eine Korrektur des Einkommens auf der zweiten Gewinnermittlungsstufe ermöglichen. Die erste Gewinnermittlungsstufe kann aus diesem Grund unberührt bleiben. Hierin liegt der Unterschied zum BFH-Urteil vom 13. September 2000 X R 148/97. In diesem Fall ging es um die rückwirkende Erhöhung einer Rücklage gemäß § 6b EStG aufgrund einer im folgenden Veranlagungszeitraum erfolgten Erhöhung eines Veräußerungsgewinns. Die erforderliche rückwirkende Korrektur konnte daher nur innerbilanziell erfolgen, was aufgrund des Vorrangs der Bestimmung des § 6b EStG als „spezialgesetzliche Regelung" vor den GoB (so BFH, a.a.O.) auch möglich war. Insoweit bestimmt die materiell-rechtliche Vorschrift, welche die Rückwirkung eines Vorgangs gebietet, ob die damit verbundenen Korrekturen inner- oder außerbilanziell zu erfolgen haben.


Da es sich um eine Korrektur bei der Ermittlung des Einkommens der Organgesellschaft handelt, ist diese Korrektur auch auf der Ebene der Organgesellschaft vorzunehmen. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KStG steht dem nicht entgegen. Denn diese Korrektur beruht nicht auf einer - unmittelbaren - Anwendung des § 8b Abs. 2 KStG. Es erscheint daher systemgerecht, durch außerbilanzielle Korrektur des Einkommens der Organgesellschaft den gesamten Veräußerungsgewinn im Jahr der Veräußerung zu erfassen und in diesem Jahr gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KStG die Regelung des § 8b Abs. 2 KStG auf der Ebene des Organträgers anzuwenden.


3.              Der Hinweis des Beklagten in der mündlichen Verhandlung auf den Beschluss des Großen Senats des BFH vom 31. Januar 2013 GrS 1/10 zur Aufgabe des subjektiven Fehlerbegriffs geht ins Leere; die insoweit geänderte Rechtsprechung des BFH hat für die vorliegende Rechtsproblematik keine Bedeutung.


Die Korrektur der Einkünfte und des Einkommens der Organgesellschaft beruht im Streitfall nicht auf einer nachträglich erkannten - objektiven oder subjektiven - Fehlerhaftigkeit der Bilanz des Streitjahres oder des Vorjahres, sondern allein auf der materiell-rechtlichen Rückwirkung der im Streitjahr nachträglich vorgenommenen Kaufpreisanpassung auf die Gewinnermittlung des Vorjahres. Beide Bilanzen waren weder subjektiv noch objektiv fehlerhaft, vielmehr ist im Streitjahr ein Geschäftsvorfall eingetreten, der in engem Zusammenhang mit der im Vorjahr verwirklichten, dem § 8b Abs. 2 KStG unterfallenden Veräußerung der Kapitalbeteiligung steht, so dass die Erhöhung des Kaufpreises den Veräußerungsgewinns des Vorjahres erhöht und nicht im Streitjahr zu erfassen ist und der Bescheid des Vorjahres ggfs. nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO zu ändern wäre. Die vorgenannte Rechtsprechung des Großen Senats des BFH befasst sich mit der Frage der materiell-rechtlichen Rückwirkung einer nachträglichen Änderung des Kaufpreises im Anwendungsbereich des § 8b Abs. 2 KStG nicht. Auch zu der Frage, ob aufgrund dieser Rückwirkung eine inner- oder außerbilanzielle Korrektur zu erfolgen habe, ist diese Entscheidung nicht ergiebig.


III.              Dem Beklagten wird gemäß § 100 Abs. 2 Satz 3 FGO aufgegeben, die festzustellenden Beträge nach Maßgabe der Urteilsgründe zu errechnen, der Klägerin das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mitzuteilen und den Feststellungsbescheid nach Rechtskraft der Entscheidung mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben.


Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 FGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 151 FGO i.V.m. § 709 der Zivilprozessordnung.


Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1, 2 FGO zuzulassen. Die Frage der zeitlichen Zuordnung einer nachträglichen Kaufpreisänderung im Anwendungsbereich des § 8 b Abs. 2 KStG ist auch nach dem Urteil des BFH vom 22. Dezember 2010 (I R 58/10, BFH/NV 2011, 711) in der Fachliteratur umstritten. Zudem steht das Urteil des BFH nicht im Einklang mit dem BMF-Schreiben vom 13. März 2008.



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