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Steuerrecht
04.04.2013
Steuerrecht
FG Köln: Vorsteuervergütung - Anforderungen an Unternehmerbescheinigung

FG Köln, Urteil vom 25.1.2012 - 2 K 1215/10

Sachverhalt

Die Beteiligten streiten um die Berechtigung der Klägerin, für den Zeitraum Januar bis Dezember 2008 Vergütung von Vorsteuer zu verlangen.

Die Klägerin ist eine in den Vereinigten Staaten von Amerika ansässige Fernsehgesellschaft in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft.

Mit Antrag vom 22. Juni 2009 (Eingang beim Beklagten am 30. Juni 2009) beantragte die Klägerin gem. § 18 Abs. 9 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) in Verbindung mit §§ 59 ff. der Umsatzsteuerdurchführungsverordnung (UStDV) die Vergütung von Vorsteuer für den Zeitraum von Januar bis Dezember 2008 in Höhe von 3.216,13 €. Die erste Seite des Vergütungsantrags wurde in Maschinenschrift ausgefüllt bzw. mittels EDV-Ausdruck erstellt. Die zweite Seite des Antrags ist in den Vordruckfeldern 8 und 9 ebenfalls mit Maschinenschrift ausgefüllt; in der Unterschriftszeile sind Datum, Ort sowie die Unterschrift handschriftlich ergänzt. Der Antrag trägt die Unterschrift des Herrn A, eines Mitarbeiters der Klägerin, mit dem Zusatz „Asst. Sec'y". Zwischen den Beteiligten ist insbesondere streitig, ob die dem Beklagten vorliegende Seite 2 des Antrags mit der Originalunterschrift versehen ist oder ob es sich hierbei lediglich um eine Kopie handelt.

Dem Vergütungsantrag war eine Bescheinigung einer US-amerikanischen Steuerbehörde in B vom 12. März 2009 beigefügt. Darin wird bestätigt, dass es sich bei der „D Inc." um eine US-amerikanische Körperschaft handele, die für Zwecke der Besteuerung („U.S. taxation") geführt werde. Die Bescheinigung bezieht sich zudem auf das „Tax year: 2009" (vgl. die in der Vergütungsakte des Beklagten abgeheftete Bescheinigung vom 12. März 2009).

Mit Bescheid vom 21. Dezember 2009 lehnte der Beklagte die beantragte Vorsteuervergütung mit der Begründung ab, dass der Vergütungsantrag per Telefax oder mit einer kopierten Unterschrift eingereicht wurde, dies jedoch nicht dem Erfordernis einer eigenhändigen Antragstellung genüge.

Hiergegen wandte sich die Klägerin mit Einspruchsschreiben der Prozessbevollmächtigten vom 28. Dezember 2009 und trug zur Begründung vor, dass die zweite Seite des Vergütungsantrags mit der eigenhändigen Originalunterschrift versehen sei. Hierzu verwies die Klägerin auf die Bestätigung des den Antrag unterzeichnenden Herrn A, wonach dieser den Antrag ohne Stempel oder andere mechanische Vorrichtungen im Original unterzeichnet habe (vgl. das Schreiben der Prozessbevollmächtigten vom 26. Februar 2010 sowie die Mitteilung des Herrn A per email vom 25. Februar 2010, abgeheftet in der Vergütungsakte des Beklagten). Dem war vorausgegangen, dass der Beklagte mit Schreiben vom 19. Februar 2010 nach entsprechender telefonischer Aufforderung seitens der Prozessbevollmächtigten der Klägerin Seite 2 des Vergütungsantrags per Telefax übersandt hatte.

Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 17. März 2010 als unbegründet zurück.

Mit der hiergegen erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren, die Vorsteuervergütung für den Streitzeitraum zu erhalten, weiter. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor: Unter Verweis auf die bereits im Einspruchsverfahren vorgelegte Bestätigung des Herrn A (Bl. 4 der Gerichtsakte -GA-) sei der Vergütungsantrag am 30. Juni 2009 im Original beim Beklagten eingereicht worden, so dass die gesetzliche Voraussetzung einer eigenhändigen Originalunterschrift innerhalb der Antragsfrist erfüllt sei (Bl. 3 der GA). Zur Frage der Unterzeichnung im Original beantragte die Klägerin schriftsätzlich die Einholung eines Sachverständigengutachtens (Bl. 2, 36 der GA).

Zu den weiteren vom Beklagten vorgetragenen Gründen für eine Ablehnung der Vergütung hielt sich die Klägerin weiteren Vortrag vor, sobald festgestellt sei, dass es sich bei der streitigen Unterschrift um eine Originalunterschrift handele (Bl. 36 der GA).

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 21. Dezember 2009 und der Einspruchsentscheidung vom 17. März 2010 den Beklagten zu verpflichten, die Vorsteuervergütung für den Zeitraum Januar bis Dezember 2008 antragsgemäß in Höhe von 3.216,13 € festzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor: Eine Vergütung der begehrten Vorsteuer scheitere daran, dass mangels einer eigenhändigen Originalunterschrift innerhalb der Antragsfrist kein wirksam gestellter Antrag vorgelegen habe. Der eingegangene Vergütungsantrag enthalte lediglich eine Unterschriftskopie. Dies werde dadurch bestätigt, dass die Seite 2 des Antrags einschließlich der Unterschrift typische Kopierspuren sowie ein unscharfes und grobkörniges Schriftbild aufweise. Dem stehe auch die Bestätigung des Herrn A nicht entgegen. Soweit dieser erkläre, dass er den Antrag eigenhändig unterschrieben habe, ergäbe sich daraus nicht, dass der Antrag mit der Originalunterschrift beim Beklagten eingereicht wurde. Nach den Gesamtumständen sei vielmehr davon auszugehen, dass nach der Unterzeichnung des Antrags hiervon eine Kopie gefertigt und diese an den Beklagten übersandt wurde (Bl. 25 der GA).

Eine Unterschriftskopie entspreche nicht den gesetzlichen Voraussetzungen an eine Unterschrift im Sinne des § 18 Abs. 9 Satz 5 UStG. Dem stehe die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 3. Dezember 2009 (C‑433/08 - Yaesu) nicht entgegen, denn mit diesem Urteil sei zwar der Kreis der zur Unterzeichnung eines Vergütungsantrags befugten Personen erweitert, die Antragsvoraussetzung einer handschriftlichen Originalunterschrift jedoch nicht in Zweifel gezogen worden (vgl. Bl. 23 f. der GA).

Hinsichtlich der mangels ordnungsgemäßen Antrags versäumten Antragsfrist könne der Klägerin auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. § 110 der Abgabenordnung gewährt werden, da auch nach Ablauf der Antragsfrist kein wirksamer Vergütungsantrag vorgelegt und zudem das Fristversäumnis nicht genügend entschuldigt worden sei (vgl. Bl. 26 der GA).

Des Weiteren weist der Beklagte darauf hin, dass aufgrund des Unterschriftszusatzes „Assistant Secretary" zweifelhaft sei, ob der den Antrag unterzeichnende Herr A überhaupt einen wirksamen Vergütungsantrag hätte stellen können. Die Klägerin habe bislang eine entsprechende Unterschriftsberechtigung des Herrn A, etwa als gesetzlicher Vertreter der Klägerin, nicht nachgewiesen (Bl. 27 der GA).

Schließlich könne der Vergütungsantrag auch deshalb keinen Erfolg haben, weil die Klägerin ihre Unternehmereigenschaft bislang nicht nachgewiesen habe. Die vorgelegte Bescheinigung vom 12. März 2009 genüge hierfür nicht, da sie sich auf das Jahr 2009 beziehe und damit nicht den Vergütungszeitraum betreffe, entgegen dem gemeinschaftsrechtlich vorgegebenen Muster der Unternehmerbescheinigung keine Angaben zur Anschrift der Klägerin enthalte und sich zudem ausweislich der darin enthaltenen Namensbezeichnung („D Inc.") nicht zweifelsfrei auf die Klägerin, sondern nur auf einen Teil der Gesellschaft beziehe. Im Übrigen enthalte die Bescheinigung keine Aussage dazu, ob die Klägerin im Ansässigkeitsstaat gerade Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuerrechts ist. Allein die Bestätigung, dass die Klägerin in den USA ansässig ist und dort der Besteuerung unterliegt, reiche nicht aus (Bl. 28 f. der GA).

Zur mündlichen Verhandlung am 25. Januar 2012 ist für die Klägerin entsprechend der vorherigen fernmündlichen Ankündigung niemand erschienen.

Aus den Gründen

I. Das Gericht war nicht gehindert, trotz Ausbleibens der Klägerin bzw. ihrer Prozessbevollmächtigten die mündliche Verhandlung durchzuführen und den Rechtsstreit zu entscheiden. Insbesondere verletzt die Durchführung der mündlichen Verhandlung die Klägerin nicht in ihrem Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs.

Die Prozessbevollmächtigte der Klägerin war ausweislich des unterzeichneten Empfangsbekenntnisses (Bl. 65 der GA) form- und fristgerecht gemäß § 91 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Termin geladen und gleichzeitig darauf hingewiesen worden, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann. Der Prozessvertreter hatte zudem ausdrücklich sein Ausbleiben im Termin angekündigt. Von der Klägerseite wurde auch kein Antrag gestellt, den Termin zur mündlichen Verhandlung zu verlegen.

II. Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der angefochtene Ablehnungsbescheid des Beklagten in Gestalt der Einspruchsentscheidung ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (vgl. § 101 Satz 1 FGO). Der Beklagte hat die von der Klägerin beantragte Vorsteuervergütung gem. § 18 Abs. 9 UStG in Verbindung mit §§ 59 ff. UStDV in der für den Vergütungszeitraum 2008 geltenden Fassung zu Recht abgelehnt.

1. Der Senat kann offen lassen, ob der Vergütungsantrag bereits wegen der fehlenden eigenhändigen Unterschrift des Unternehmers bzw. des gesetzlichen Vertreters unwirksam ist oder bei einem nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässigen Antragsteller die Unterschrift durch einen Bevollmächtigten genügt (vgl. hierzu FG Köln, Urteile vom 25. Januar 2007, 2 K 1092/05, EFG 2007, 1386; vom 9. November 2010, 2 K 2047/08, EFG 2011, 841) und das Verfahren im Hinblick auf das diesbezüglich beim Bundesfinanzhof -BFH- anhängige Revisionsverfahren (V R 3/11) ausgesetzt werden könnte.

Nicht entschieden zu werden braucht zudem, ob eine Kopie des unterzeichneten Vergütungsantrags für eine fristgerechte Antragstellung genügt oder eine Unterschrift im Original erforderlich ist. Insoweit ist es auch nicht erforderlich, ein Sachverständigengutachten zu der Frage, ob die in der Vergütungsakte des Beklagten enthaltene Seite 2 des Antrags mit einer Originalunterschrift versehen ist oder ob es sich hierbei um eine Kopie handelt, einzuholen.

2. Die Klage scheitert jedenfalls an dem fehlenden Nachweis, dass die Klägerin während des streitigen Vergütungszeitraums im Ansässigkeitsstaat als mehrwertsteuerpflichtiger Unternehmer registriert war. Denn die Klägerin hat die für die Vergütung von Vorsteuer erforderliche Unternehmerbescheinigung im Sinne des § 61 Abs. 3 UStDV nicht vorgelegt und damit die Antragsvoraussetzungen für eine Vorsteuervergütung gemäß § 18 Abs. 9 UStG nicht dargelegt.

a) Das Bundesministerium der Finanzen hat von der nach § 18 Abs. 9 Satz 1 UStG eingeräumten Ermächtigung, zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung die Vergütung der Vorsteuerbeträge an im Ausland ansässige Unternehmer, abweichend von § 16 und § 18 Abs. 1 bis 4 UStG, in einem besonderen Verfahren zu regeln, Gebrauch gemacht und u.a. mit § 61 Abs. 1 UStDV bestimmt, dass der Unternehmer die Vergütung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck beim Bundeszentralamt für Steuern oder bei dem nach § 5 Abs. 1 Nr. 8 Satz 2 des Finanzverwaltungsgesetzes zuständigen Finanzamt zu beantragen hat. Zudem muss der Unternehmer gemäß § 61 Abs. 3 UStDV der zuständigen Finanzbehörde durch behördliche Bescheinigung des Staates, in dem er ansässig ist, nachweisen, dass er als Unternehmer unter einer Steuernummer eingetragen ist.

b) Dies entspricht auch den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben.

(1) Nach der für Steuerpflichtige aus den Mitgliedstaaten der Europäischen Union für den Streitzeitraum maßgeblichen Achten Richtline des Rates vom 6. Dezember 1979 (79/1072/EWG, ABl. EG Nr. L 331/1979, 11, -Achte Richtlinie-) muss der Unternehmer durch eine Bescheinigung der zuständigen Behörde des Staates, in dem er ansässig ist, den Nachweis erbringen, dass er „Mehrwertsteuerpflichtiger" dieses Staates ist (Art. 3 Buchstabe b Satz 1 der Achten Richtlinie). Die Bescheinigung muss nach Art. 9 Abs. 2 der Achten Richtlinie dem in Anhang B zur Achten Richtlinie aufgeführten Muster entsprechen.

Dabei muss die Unternehmerbescheinigung zum einen den Vergütungszeitraum abdek-ken und zum anderen die Aussage enthalten, dass der Antragsteller Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuerrechts ist (vgl. BFH-Urteil vom 18. Januar 2007 V R 22/05, BFHE 217, 24, BStBl II 2007, 426 m.w.N.).

Ist nach Art. 3 Buchst. a) Satz 2 der Achten Richtlinie die zuständige Behörde bereits im Besitz eines entsprechenden Nachweises (Unternehmerbescheinigung), so braucht der Steuerpflichtige während eines Jahres nach dem Zeitpunkt der ersten Ausstellung der Bescheinigung keine neue Bescheinigung mehr vorzulegen. Hieraus folgt, dass die Unternehmerbescheinigung eine zeitlich befristete Wirkung entfaltet, die sich nicht auf die Vergangenheit erstreckt.

(2) Diese Anforderungen gelten entsprechend auch für Steuerpflichtige, die - wie die Klägerin - in Drittstaaten ansässig sind. Denn nach Art. 3 Abs. 2 der für die Erstattung an nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässige Steuerpflichtige maßgeblichen Dreizehnten Richtlinie des Rates vom 17. November 1986 (86/ 560/EWG, ABl. EG Nr. L 326/1986, 40, -Dreizehnte Richtlinie-) darf die Erstattung zugunsten Steuerpflichtiger, die in Drittstaaten ansässig sind, nicht zu günstigeren Bedingungen erfolgen als für in der Gemeinschaft ansässige Steuerpflichtige.

c) Die Klägerin ist ihrer Nachweispflicht bzgl. ihrer Unternehmereigenschaft nicht nachgekommen, denn die von ihr vorgelegte Bescheinigung vom 12. März 2009 erfüllt die vorgenannten Voraussetzungen nicht.

Die Bescheinigung deckt bereits nicht den vorliegend streitigen Vergütungszeitraum Januar bis Dezember 2008 ab, denn sie bezieht sich ausdrücklich auf das Jahr 2009 („tax year"). Nach der Rechtsprechung des Senats entfaltet eine Unternehmerbescheinigung - vorbehaltlich eines darin ausdrücklich aufgeführten Geltungszeitraums - Wirkung lediglich für ein Jahr nach ihrer Ausstellung, wie dies auch den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben entspricht (vgl. Art. 3 Buchst. b Satz 2 der Achten Richtlinie), nicht jedoch für zurückliegende Zeiträume, es sei denn, aus der Bescheinigung folgt explizit etwas anderes.

Unabhängig davon wird in der Bescheinigung lediglich bestätigt, dass die Klägerin in den USA unter einer Steuernummer für steuerliche Zwecke registriert ist. In der Bescheinigung ist jedoch keine Rede davon, ob und inwieweit die Klägerin als mehrwert- bzw. umsatzsteuerpflichtiger Unternehmer und damit als Unternehmer im Sinne des Gemeinschaftsrechts registriert ist, worauf es vorliegend aber gerade ankommt.

Trotz des Vortrags des Beklagten, aus welchen Gründen die Bescheinigung vom 12. März 2009 nicht den gesetzlichen Anforderungen gemäß § 61 Abs. 3 UStDV in Verbindung mit § 18 Abs. 9 UStG genüge, hat die Klägerin hierzu nicht weiter vorgetragen, obwohl sie die entsprechende Nachweispflicht trifft.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

IV. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52, 63 des Gerichtskostengesetzes.

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