EuGH: Vorsteuerberichtigung - Schlussanträge
EuGH, Schlussanträge der Generalanwältin Kokott, vom 14.6.2012 - C-234/11, TETS Haskovo
(Vorabentscheidungsersuchen des Administrativen Sad Varna [Bulgarien])
I - Einleitung
1. Das gemeinsame Mehrwertsteuersystem der Europäischen Union wird durch den Vorsteuerabzug geprägt. Der Input jedes Unternehmers wird durch diesen Abzug von der Steuer entlastet, aber regelmäßig nur dann, wenn sein Output durch die Steuer auch belastet wird. Der Gerichtshof beschreibt dies so: Der Vorsteuerabzug ist an die Erhebung der Steuern auf der folgenden Stufe geknüpft.(2)
2. Was passiert aber, wenn diese Verknüpfung zwischen In- und Output unterbrochen wird? Ein Unternehmer kann zum Beispiel einen gekauften Gegenstand nicht weiterveräußern, weil das Lagerhaus abgebrannt ist oder alle Waren gestohlen wurden.
3. Diese Fragen regeln die unionsrechtlichen Bestimmungen zur Berichtigung des Vorsteuerabzugs, die Gegenstand des vorliegenden Vorabentscheidungsersuchens sind. Dabei geht es zum Glück nicht um so unerfreuliche Ereignisse wie Brand oder Diebstahl. Vielmehr hat der Unternehmer selbst die Initiative ergriffen und mehrere seiner Gebäude abgerissen, um Platz zu schaffen für Neues. Der Gerichtshof muss nun dazu Stellung nehmen, ob in einem solchen Fall eine Berichtigung des ursprünglichen Vorsteuerabzugs notwendig ist.
II - Rechtlicher Rahmen
A - Unionsrecht
4. Das Unionsrecht regelt die Mehrwertsteuer für den im Ausgangsverfahren streitigen Zeitraum in der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem(3) (im Folgenden: Mehrwertsteuerrichtlinie).
5. Die Bestimmungen des Kapitels 1 des Titels X dieser Richtlinie regeln „Entstehung und Umfang des Rechts auf Vorsteuerabzug". Art. 168 der Mehrwertsteuerrichtlinie legt hierfür auszugsweise die folgenden Voraussetzungen fest:
„Soweit die Gegenstände ... für die Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden, ist der Steuerpflichtige berechtigt, in dem Mitgliedstaat, in dem er diese Umsätze bewirkt, vom Betrag der von ihm geschuldeten Steuer folgende Beträge abzuziehen:
a) die in diesem Mitgliedstaat geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände ..., die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert ... wurden oder werden;
..."
6. Das Kapitel 5 des Titels X der Mehrwertsteuerrichtlinie enthält in den Art. 184 bis 192 die Bestimmungen zur „Berichtigung des Vorsteuerabzugs". Art. 184 regelt dabei allgemein wie folgt:
„Der ursprüngliche Vorsteuerabzug wird berichtigt, wenn der Vorsteuerabzug höher oder niedriger ist als der, zu dessen Vornahme der Steuerpflichtige berechtigt war."
7. Art. 185 enthält den folgenden speziellen Berichtigungstatbestand:
„(1) Die Berichtigung erfolgt insbesondere dann, wenn sich die Faktoren, die bei der Bestimmung des Vorsteuerabzugsbetrags berücksichtigt werden, nach Abgabe der Mehrwertsteuererklärung geändert haben, zum Beispiel bei rückgängig gemachten Käufen oder erlangten Rabatten.
(2) Abweichend von Absatz 1 unterbleibt die Berichtigung bei Umsätzen, bei denen keine oder eine nicht vollständige Zahlung geleistet wurde, in ordnungsgemäß nachgewiesenen oder belegten Fällen von Zerstörung, Verlust oder Diebstahl sowie bei Entnahmen für Geschenke von geringem Wert und Warenmuster im Sinne des Artikels 16.
Bei Umsätzen, bei denen keine oder eine nicht vollständige Zahlung erfolgt, und bei Diebstahl können die Mitgliedstaaten jedoch eine Berichtigung verlangen."
8. Für die Berichtigung des Vorsteuerabzugs bei Investitionsgütern sieht die Mehrwertsteuerrichtlinie in den Art. 187 bis 191 besondere Regelungen vor. Art. 187 hat auszugsweise den folgenden Inhalt:
„(1) Bei Investitionsgütern erfolgt die Berichtigung während eines Zeitraums von fünf Jahren einschließlich des Jahres, in dem diese Güter erworben oder hergestellt wurden.
...
Bei Grundstücken, die als Investitionsgut erworben wurden, kann der Zeitraum für die Berichtigung bis auf 20 Jahre verlängert werden.
(2) Die jährliche Berichtigung betrifft nur ein Fünftel beziehungsweise im Falle der Verlängerung des Berichtigungszeitraums den entsprechenden Bruchteil der Mehrwertsteuer, mit der diese Investitionsgüter belastet waren.
Die in Unterabsatz 1 genannte Berichtigung erfolgt entsprechend den Änderungen des Rechts auf Vorsteuerabzug, die in den folgenden Jahren gegenüber dem Recht für das Jahr eingetreten sind, in dem die Güter erworben ... wurden."
9. Außerdem enthält Art. 19 der Mehrwertsteuerrichtlinie die folgende Sonderregelung zu den steuerlichen Folgen einer Sacheinlage:
„Die Mitgliedstaaten können die Übertragung eines Gesamt- oder Teilvermögens, die ... durch Einbringung in eine Gesellschaft erfolgt, behandeln, als ob keine Lieferung von Gegenständen vorliegt, und den Begünstigten der Übertragung als Rechtsnachfolger des Übertragenden ansehen."
B - Bulgarisches Recht
10. Die Republik Bulgarien hat die Mehrwertsteuerrichtlinie durch das Zakon za danak varhu dobavenata stoynost (Gesetz über die Mehrwertsteuer, im Folgenden: bulgarisches MwStG) umgesetzt.
11. Die Berichtigung eines zuvor in Anspruch genommenen Vorsteuerabzugs regelt Art. 79 des bulgarischen MwStG wie folgt:
„...
(3) Eine registrierte Person, die den Vorsteuerabzug für von ihr hergestellte, gekaufte, erworbene oder eingeführte Gegenstände zur Gänze oder zum Teil geltend gemacht hat, berechnet und schuldet einen Steuerbetrag in der Höhe des in Anspruch genommenen Vorsteuerabzugs, wenn die Waren zerstört wurden, Fehlmengen festgestellt wurden oder die Waren als Ausschuss aussortiert wurden oder aber ihr Zweck geändert wurde und der neue Zweck nicht mehr zum Vorsteuerabzug berechtigt.
(4) Die Berichtigung nach den Abs. 1 und 3 ist in dem Steuerzeitraum vorzunehmen, in dem die entsprechenden Umstände eingetreten sind, ...
...
(6) Unabhängig von den Abs. 1 und 3 schuldet der Steuerpflichtige für Gegenstände oder Dienstleistungen, die Investitionsgüter ... darstellen, einen Steuerbetrag, dessen Höhe nach der ... Formel zu berechnen ist: ..."
12. Zu Ausnahmen von der Berichtigung des Vorsteuerabzugs bestimmt Art. 80 des bulgarischen MwStG unter anderem das Folgende:
„...
(2) Berichtigungen nach Art. 79 Abs. 3 werden in folgenden Fällen nicht durchgeführt:
1. Zerstörung, Fehlmengen oder Ausschuss, die durch höhere Gewalt verursacht wurden, ...;
2. Zerstörung, Fehlmengen oder Ausschuss, die durch Pannen oder Unfälle verursacht wurden, bezüglich deren die Person nachweisen kann, dass sie nicht durch ihr Verschulden verursacht wurden;
..."
13. Außerdem sieht Art. 10 des bulgarischen MwStG die folgenden mehrwertsteuerlichen Konsequenzen einer Sacheinlage vor:
„(1) Nicht als Lieferung eines Gegenstands oder Erbringung einer Dienstleistung gilt die Lieferung oder Dienstleistung an den Übernehmer durch die in Umwandlung befindliche, veräußernde oder einbringende Person infolge
...
3. der Leistung einer Sacheinlage an eine Handelsgesellschaft.
(2) In den Fällen nach Abs. 1 tritt die Person, die die Gegenstände oder Dienstleistungen erhält, die Rechtsnachfolge hinsichtlich aller mit ihnen zusammenhängenden Rechte und Pflichten nach diesem Gesetz an, einschließlich des Vorsteuerabzugsrechts und der Verpflichtung zur Berichtigung des in Anspruch genommenen Vorsteuerabzugs."
III - Sachverhalt und Vorlagefragen
14. Im Ausgangsverfahren ist die Höhe der Mehrwertsteuerschuld der TETS Haskovo AD, einer Gesellschaft bulgarischen Rechts (im Folgenden: die Steuerpflichtige), für den Zeitraum Januar und Februar 2010 umstritten.
15. Im August 2008 wurde bei der Steuerpflichtigen eine Kapitalerhöhung mittels einer Sacheinlage beschlossen. Zur Sacheinlage gehörten auch drei Bauten zur Energieerzeugung - ein Kühlturm, ein Schornstein und ein weiterer Bau -, die im Januar und Februar 2010 von der Steuerpflichtigen abgerissen wurden. Der Abriss diente der Durchführung eines Plans zum Wiederaufbau und zur Modernisierung eines Wärmekraftwerks auf dem Grundstück. Das beim Abriss gewonnene Alteisen wurde mehrwertsteuerpflichtig verkauft.
16. Die genannten Bauten waren vor der Sacheinlage Eigentum der Finans inzhenering AD (im Folgenden: Finans inzhenering). Diese hatte die Bauten im April 2008 von der Gemeinde Haskovo erworben und hierfür Vorsteuerabzug in Anspruch genommen. Auf die später abgerissenen Gebäude entfiel ein Vorsteuerabzug von rund 1,5 Mio. Lewa (im Folgenden: BGN), was etwa 767 000 Euro entspricht.
17. Die bulgarische Steuerverwaltung ist der Auffassung, dass dieser Vorsteuerabzug aufgrund des Abrisses der Gebäude gemäß Art. 79 Abs. 3 und 6 des bulgarischen MwStG teilweise zu korrigieren ist. Sie erließ einen Steuerbescheid, nach dem die Steuerpflichtige als Rechtsnachfolgerin der Finans inzhenering einen Betrag von insgesamt rund 1,3 Mio. BGN für die Monate Januar und Februar 2010 als Mehrwertsteuer schuldet.
18. Das vorlegende Gericht hat über die hiergegen erhobene Klage der Steuerpflichtigen zu entscheiden. Es hält dafür die Beantwortung der folgenden Fragen durch den Gerichtshof für erforderlich:
1. Wie ist der Begriff „Zerstörung von Vermögen" im Sinne des Art. 185 Abs. 2 der Richtlinie 2006/112 auszulegen, und sind für die Zwecke der Berichtigung der beim Erwerb des Vermögens in Abzug gebrachten Vorsteuer die Beweggründe für die Zerstörung und/oder die Bedingungen, unter denen sie erfolgt ist, von Bedeutung?
2. Ist eine ordnungsgemäß nachgewiesene Vernichtung von Wirtschaftsgütern allein mit dem Ziel, neue, modernere Wirtschaftsgüter mit demselben Zweck zu schaffen, als Änderung der den Vorsteuerabzugsbetrag bestimmenden Faktoren im Sinne von Art. 185 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112 zu verstehen?
3. Ist Art. 185 Abs. 2 der Richtlinie 2006/112 dahin auszulegen, dass er den Mitgliedstaaten gestattet, die Vornahme von Berichtigungen bei einer Zerstörung von Vermögen dann vorzusehen, wenn bei seinem Erwerb keine oder eine nicht vollständige Zahlung geleistet wurde?
4. Ist Art. 185 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2006/112 dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung wie der nach Art. 79 Abs. 3 MwStG und Art. 80 Abs. 2 Nr. 1 MwStG entgegensteht, die die Vornahme einer Berichtigung des in Anspruch genommenen Vorsteuerabzugs in Fällen der Zerstörung von Vermögen vorsieht, bei dessen Erwerb eine vollständige Zahlung des Grundbetrags und der berechneten Steuer geleistet wurde, und die die Nichtvornahme von Berichtigungen des Vorsteuerabzugs von einer anderen Voraussetzung als der Zahlung abhängig macht?
5. Ist Art. 185 Abs. 2 der Richtlinie 2006/112 dahin auszulegen, dass er die Möglichkeit einer Berichtigung des Vorsteuerabzugs im Fall des Abrisses eines Bestands an Bauten ausschließt, der allein mit dem Ziel erfolgt, an seiner Stelle einen neuen, moderneren Bestand an Bauten zu schaffen, der denselben Zweck wie der abgerissene erfüllt und zur Bewirkung von Umsätzen dient, die zum Vorsteuerabzug berechtigen?
IV - Rechtliche Würdigung
19. Die Vorlagefragen werden vor dem Hintergrund gestellt, dass nach Art. 10 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 des bulgarischen MwStG die Steuerpflichtige, deren Vorsteuerabzug berichtigt wurde, Rechtsnachfolgerin der Finans inzhenering ist, die den ursprünglichen Vorsteuerabzug in Anspruch genommen hatte. Diese Rechtslage werde ich der Untersuchung der Vorlagefragen zu Grunde legen.
20. Mir erscheint jedoch der Hinweis erforderlich, dass Art. 19 der Mehrwertsteuerrichtlinie den Mitgliedstaaten eine derartige Regelung der Rechtsnachfolge nur für den Fall gestattet, dass ein Gesamt- oder Teilvermögen übertragen wird. Der Gerichtshof hat zur Vorgängerbestimmung des Art. 5 Abs. 8 der Sechsten Richtlinie(4) festgestellt, dass hierunter nur die Übertragung eines Geschäftsbetriebs oder eines selbständigen Unternehmensteils zu verstehen ist, die ein Unternehmen oder einen Unternehmensteil bilden, mit dem eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit fortgeführt werden kann, nicht hingegen die bloße Übertragung von Gegenständen.(5) Ob diese Voraussetzungen im Ausgangsverfahren erfüllt sind, kann den Angaben des Vorlagebeschlusses nicht entnommen werden. Das vorlegende Gericht wird deshalb gegebenenfalls zu prüfen haben, ob im Ausgangsverfahren Art. 10 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 des bulgarischen MwStG in Einklang mit Art. 19 der Mehrwertsteuerrichtlinie angewendet werden kann.
21. Zur Auslegung des Art. 185 der Mehrwertsteuerrichtlinie hat das vorlegende Gericht fünf Fragen gestellt. Es erscheint mir sinnvoll, diese Fragen im Folgenden in geänderter Reihenfolge zu untersuchen, die der Systematik dieser Vorschrift entspricht. Außerdem werde ich zur Auslegung der Mehrwertsteuerrichtlinie auch die Rechtsprechung des Gerichtshofs zur Sechsten Richtlinie heranziehen, die durch die nunmehr geltende Mehrwertsteuerrichtlinie im Wesentlichen nur neu gefasst werden sollte.
A - Zur zweiten Frage: Anwendung des Berichtigungsmechanismus
22. Wie es der Struktur des Art. 185 der Mehrwertsteuerrichtlinie entspricht, ist zunächst die zweite Frage zu beantworten, die den ersten Absatz der Vorschrift und damit die grundsätzliche Anwendbarkeit des Berichtigungsmechanismus betrifft. Mit dieser Frage will das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob die ordnungsgemäß nachgewiesene Vernichtung von Wirtschaftsgütern, die allein das Ziel hat, neue, modernere Wirtschaftsgüter mit demselben Zweck zu schaffen, grundsätzlich einen Fall der Berichtigung des Vorsteuerabzugs darstellt.
1. Sonderregelung für Investitionsgüter
23. Für die Beantwortung dieser Frage ist zunächst zu beachten, dass für die Berichtigung des Vorsteuerabzugs bei Investitionsgütern eine Sonderregelung existiert,(6) die sich in den Art. 187 bis 191 der Mehrwertsteuerrichtlinie findet. Unter Investitionsgütern im Sinne dieser Vorschriften sind Gegenstände zu verstehen, die über einen längeren Zeitraum genutzt und deren Anschaffungskosten abgeschrieben werden.(7) Gebäude sind der klassische Fall eines solchen Investitionsguts, so dass die genannten Sonderregelungen im vorliegenden Fall Anwendung finden.
24. Art. 187 Abs. 2 Unterabs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie sieht für Investitionsgüter eine jährliche Berichtigung des Vorsteuerabzugs vor. Unterabs. 2 der Vorschrift macht diese Berichtigung abhängig von den „Änderungen des Rechts auf Vorsteuerabzug, die in den folgenden Jahren gegenüber dem Recht für das Jahr eingetreten sind, in dem die Güter erworben ... wurden". Damit ist für jedes laufende Jahr des Berichtigungszeitraums erneut das Recht auf Vorsteuerabzug zu bestimmen. Besteht dieses Recht in einem Jahr nicht, so ist nach Art. 187 Abs. 2 Unterabs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie ein Fünftel der im Erwerbsjahr in Anspruch genommenen Vorsteuer zu berichtigen und damit zurückzuzahlen. Bis zum Ende des Berichtigungszeitraums wird diese Überprüfung jährlich wiederholt.
25. Diese laufende Bestimmung des Rechts auf Vorsteuerabzug, die Art. 187 Abs. 2 der Mehrwertsteuerrichtlinie für Investitionsgüter während des Berichtigungszeitraums vorsieht, entspricht den Voraussetzungen, die in den Berichtigungstatbeständen der Art. 185 Abs. 1 und 184 der Richtlinie normiert sind. In beiden Fällen ist für die Anwendung des Berichtigungsmechanismus ebenfalls eine spätere Änderung des ursprünglich gewährten Vorsteuerabzugs beziehungsweise der Faktoren erforderlich, die für die Bestimmung des Vorsteuerabzugs maßgeblich sind. Hierfür muss jeweils ein späteres Recht auf Vorsteuerabzug bestimmt werden. Es kann deshalb dahinstehen, ob Art. 187 die Anwendung des Berichtigungsmechanismus für Investitionsgüter eigenständig anordnet oder seinerseits die Anwendung der Berichtigungstatbestände der Art. 185 Abs. 1 oder 184 der Mehrwertsteuerrichtlinie voraussetzt. In jedem Fall muss eine spätere Änderung des Rechts auf Vorsteuerabzug eingetreten sein, damit der Berichtigungsmechanismus bei Investitionsgütern grundsätzlich Anwendung finden kann.
26. Art. 187 Abs. 2 Unterabs. 2 der Mehrwertsteuerrichtlinie legt zwar nicht - ebenso wenig wie Art. 185 Abs. 1 oder Art. 184 der Richtlinie - explizit fest, wie das spätere Recht auf Vorsteuerabzug jedes laufenden Jahres des Berichtigungszeitraums zu bestimmen ist. Das Kapitel 1 des Titels X regelt in den Art. 167 ff. der Mehrwertsteuerrichtlinie nur die Entstehung des Rechts auf Vorsteuerabzug, also das Recht des Jahres, in dem ein Investitionsgut erworben wurde. Aus meiner Sicht müssen diese Bestimmungen aber entsprechend angewendet werden, um das Recht auf Vorsteuerabzug jedes laufenden Jahres zu ermitteln.
27. Im Rahmen dieser entsprechenden Anwendung ergibt sich eine gewisse Modifikation bei der Prüfung des Rechts auf Vorsteuerabzug. So stellt Art. 168 der Mehrwertsteuerrichtlinie für die Entstehung dieses Rechts die Voraussetzung auf, dass der bezogene Gegenstand für die Zwecke der besteuerten Umsätze verwendet wird. Ob ein Investitionsgut tatsächlich für solche Zwecke verwendet wird, ist zum Zeitpunkt der Entstehung des Rechts aber regelmäßig nicht festzustellen. Denn das Recht auf Vorsteuerabzug entsteht nach den Art. 167 und 63 der Mehrwertsteuerrichtlinie grundsätzlich bereits mit der Lieferung des Gegenstands an einen Steuerpflichtigen.(8) Die tatsächliche Verwendung für besteuerte Umsätze folgt notwendigerweise erst danach. Deshalb ist für die Entstehung des Rechts auf Vorsteuerabzug grundsätzlich allein die durch objektive Anhaltspunkte belegte Absicht der Verwendung entscheidend.(9)
28. Für die Berichtigung des Vorsteuerabzugs kann hingegen im Nachhinein die tatsächliche Verwendung eines Gegenstands betrachtet werden. Auf der Grundlage dieser nachträglichen Betrachtung ist dann das Recht auf Vorsteuerabzug jedes laufenden Jahres des Berichtigungszeitraums zu bestimmen. Diese Vorgehensweise entspricht dem Zweck der Berichtigung des Vorsteuerabzugs. Insbesondere bei Investitionsgütern, die der Steuerpflichtige erworben hat, soll nämlich sichergestellt werden, dass der Vorsteuerabzug die dauerhafte Verwendung des Investitionsguts für die Zwecke besteuerter Umsätze widerspiegelt.(10)
2. Änderung des Rechts auf Vorsteuerabzug im Januar und Februar 2010
29. Eine Berichtigung hat deshalb im vorliegenden Fall gemäß Art. 187 Abs. 2 der Mehrwertsteuerrichtlinie nur dann zu erfolgen, wenn der Abriss der Gebäude das Recht auf Vorsteuerabzug im Januar und Februar 2010 geändert hat. Dies wäre nach Art. 168 Buchst. a der Mehrwertsteuerrichtlinie der Fall, wenn dadurch die Gebäude im Januar und Februar 2010 nicht mehr für Zwecke der besteuerten Umsätze verwendet worden wären.
a) Das Kriterium des direkten und unmittelbaren Zusammenhangs
30. Der Gerichtshof befasst sich nicht zum ersten Mal mit der Frage, wann im Sinne der genannten Vorschrift eine Verwendung für die Zwecke besteuerter Umsätze anzunehmen ist. Nach ständiger Rechtsprechung verlangt er, dass grundsätzlich ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang besteht zwischen einem bestimmten Eingangsumsatz und einem oder mehreren Ausgangsumsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen.(11)
31. Dieses Erfordernis gilt nach der bisherigen ständigen Rechtsprechung sowohl für Gegenstände als auch für Dienstleistungen, die der Steuerpflichtige als Eingangsumsätze bezogen hat.(12) Zuletzt hat der Gerichtshof im Urteil EON ASET MENIDJMUNT zwar festgestellt, dass das Kriterium der Verwendung eines Eingangsumsatzes inhaltlich davon abhängt, ob es sich um den Erwerb einer Dienstleistung oder eines Investitionsguts handelt, und einen direkten und unmittelbaren Zusammenhang mit Ausgangsumsätzen nur noch beim Erwerb von Dienstleistungen verlangt.(13) Aus meiner Sicht ist damit jedoch in Bezug auf den Erwerb von Gegenständen keine Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung verbunden. Denn der Gerichtshof differenzierte in der genannten Rechtssache erkennbar vor dem Hintergrund von Leistungen, die von Beginn an teilweise für private und teilweise für unternehmerische Zwecke verwendet werden. In diesem Bereich bestehen aufgrund der Rechtsprechung des Gerichtshofs Besonderheiten, die Anlass zu dieser Differenzierung geben könnten,(14) im vorliegenden Fall jedoch nicht von Bedeutung sind.
32. Der vom Gerichtshof geforderte direkte und unmittelbare Zusammenhang setzt im Übrigen nach ständiger Rechtsprechung voraus, dass die für den Erwerb der Eingangsumsätze getätigten Ausgaben zu den Kostenelementen der besteuerten Ausgangsumsätze gehören, das heißt sie müssen Eingang in ihren Preis finden.(15) Zudem hat der Gerichtshof klargestellt, dass hiervon auch Eingangsumsätze erfasst werden, die den Gemeinkosten eines Steuerpflichtigen zuzuordnen sind. Bei solchen Eingangsumsätzen besteht der geforderte Zusammenhang nicht mit bestimmten Ausgangsumsätzen, sondern mit der wirtschaftlichen Gesamttätigkeit des Steuerpflichtigen, das heißt sämtlichen seiner Ausgangsumsätze.(16)
33. Auch diese Anforderungen des Gerichtshofs an die Entstehung des Rechts auf Vorsteuerabzug bedürfen einer gewissen Anpassung im Rahmen der Berichtigung des Vorsteuerabzugs. Wie dargelegt(17) ist das Recht auf Vorsteuerabzug für die laufenden Jahre des Berichtigungszeitraums nach Art. 187 Abs. 2 Unterabs. 2 der Mehrwertsteuerrichtlinie regelmäßig auf der Grundlage der tatsächlichen Verwendung eines Investitionsguts zu bestimmen. Der vom Gerichtshof geforderte Zusammenhang muss in diesem Fall zwischen der tatsächlichen Verwendung des Investitionsguts und besteuerten Ausgangsumsätzen bestehen. Denn ein Zusammenhang mit dem Eingangsumsatz, also dem Erwerb des Investitionsguts, ist nur für das Entstehen des Rechts auf Vorsteuerabzug von Bedeutung, da zu diesem Zeitpunkt noch keine tatsächliche Verwendung existiert.
34. Es liegt auf der Hand, dass diese abstrakten Vorgaben des Gerichtshofs im Einzelfall nicht einfach zu handhaben sind. Schon frühzeitig hat er selbst darauf hingewiesen, dass sich der für den Vorsteuerabzug erforderliche Zusammenhang zwischen Eingangs- und Ausgangsumsätzen angesichts der Vielfalt wirtschaftlicher Tätigkeiten abstrakt nicht genauer beschreiben lässt. Deshalb ist es grundsätzlich Sache des nationalen Gerichts, das Kriterium des direkten und unmittelbaren Zusammenhangs auf den Sachverhalt des bei ihm anhängigen Rechtsstreits konkret anzuwenden.(18)
b) Anwendung im vorliegenden Fall
35. Gleichwohl denke ich feststellen zu können, dass in einem Fall wie dem vorliegenden ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Verwendung der Gebäude im Januar und Februar 2010 und besteuerten Ausgangsumsätzen besteht.
36. Dies folgt zum einen bereits aus dem Umstand, dass die beim Abriss der Gebäude gewonnenen Alteisenteile mehrwertsteuerpflichtig verkauft wurden. Insoweit dürfte ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang unschwer festzustellen sein. Zudem sind die Ausgaben für den Erwerb der Gebäude, die das Eisen enthielten, zweifelsfrei Kostenelemente für deren Verkauf. Für diesen Befund ist unerheblich, dass der Kaufpreis für die abgerissenen Gebäude bzw. der Wert, der ihnen im Rahmen der Sacheinlage beigemessen wurde, offenbar den Erlös für das Alteisen erheblich übersteigt. Denn das Recht auf Vorsteuerabzug ist nicht vom wirtschaftlichen Erfolg des Steuerpflichtigen abhängig.
37. Dem widerspricht auch nicht, dass die Gebäude durch den Abriss „vernichtet" wurden, wie es das vorlegende Gericht ausdrückt. Der Abriss eines Gebäudes und die wirtschaftliche Verwertung der dabei gewonnenen Teile stellt gewissermaßen den Verbrauch eines Gegenstands im Produktionsprozess des Steuerpflichtigen dar. Wie auch die Kommission herausgestellt hat, ist ein solcher Verbrauch eines Gegenstands eine durchaus übliche Form der Verwendung im Sinne des Art. 168 Buchst. a der Mehrwertsteuerrichtlinie. Dementsprechend hat der Gerichtshof im Zusammenhang mit der Berichtigung des Vorsteuerabzugs entschieden, dass keine Änderung von Faktoren im Sinne des jetzigen Art. 185 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie vorliegt, wenn Gegenstände oder Dienstleistungen im Rahmen der wirtschaftlichen Tätigkeit vollständig verbraucht worden sind.(19)
38. Darüber hinaus kann auch ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem Abriss der Gebäude im Januar und Februar 2010 und später besteuerten Energieleistungen bestehen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die abgerissenen Gebäude offenbar zusammen mit einem Grundstück und weiteren Gebäuden erworben wurden. Der zusammenhängende Erwerb dieser Immobilien stellt wiederum zweifelsohne ein Kostenelement für spätere Energieleistungen dar, die auf diesem Grundstück produziert werden. Mit der Kommission stimme ich insoweit überein, dass hieran der Abriss einiger der Gebäude jedenfalls dann nichts ändert, wenn er - wie vorliegend - Teil der Modernisierung der Anlage ist. Erwerb und Abriss der Gebäude dienen damit letztlich dem Zweck, Energieleistungen zu erbringen, bei denen es sich um besteuerte Ausgangsumsätze handelt.
39. Im Übrigen ist es unerheblich, ob der Wiederaufbau des Wärmekraftwerks erfolgreich verläuft und tatsächlich Energieleistungen ausgeführt werden. Denn nach der Rechtsprechung besteht grundsätzlich auch ein Recht auf Vorsteuerabzug in der Gründungsphase einer wirtschaftlichen Tätigkeit, die nie in das Stadium der Ausführung von Umsätzen gelangt. Ein Vorsteuerabzug, der für vorbereitende Handlungen in Anspruch genommen wurde, bleibt berechtigt, auch wenn die beabsichtigte wirtschaftliche Tätigkeit nicht zu besteuerten Umsätzen führt.(20)
40. Damit dürfte im vorliegenden Fall ein Recht auf Vorsteuerabzug im Hinblick auf die abgerissenen Gebäude auch im Januar und Februar 2010 bestehen, so dass der Berichtigungsmechanismus von vornherein keine Anwendung fände. Ich erlaube mir den Hinweis, dass in diesem Fall - in entsprechender Anwendung des Art. 188 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie - eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs auch für den Rest des Berichtigungszeitraums ausgeschlossen sein dürfte.
3. Zerstörung im Sinne des Art. 185 Abs. 2 Unterabs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie
41. Dieser Befund wird nicht durch den Umstand in Frage gestellt, dass Art. 185 Abs. 2 Unterabs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie vorsieht, dass „in ordnungsgemäß nachgewiesenen oder belegten Fällen von Zerstörung" eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach Abs. 1 der Vorschrift unterbleibt. Aus dieser Bestimmung könnte nämlich geschlossen werden, dass im Fall der Zerstörung eines Gegenstands grundsätzlich eine Berichtigung nach Art. 185 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie zu erfolgen hat, da andernfalls Abs. 2 Unterabs. 1 der Bestimmung keine Ausnahme für diesen Fall hätte vorschreiben müssen.
42. Es kann zunächst dahinstehen, ob Art. 185 der Mehrwertsteuerrichtlinie bei Gegenständen, die ein Investitionsgut darstellen, überhaupt anwendbar ist. Dies könnte in Frage stehen, da für Investitionsgüter Sonderregelungen in den Art. 187 bis 191 der Mehrwertsteuerrichtlinie existieren, die eigene Voraussetzungen einer Berichtigung festlegen, und die Art. 186 und 189 jeweils separate und inhaltlich unterschiedliche Ermächtigungen zur Ausgestaltung der Art. 184 und 185 bzw. 187 und 188 der Mehrwertsteuerrichtlinie enthalten.
43. In jedem Fall lässt sich der in Art. 185 Abs. 2 Unterabs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie verwandte Begriff der Zerstörung so interpretieren, dass er allein die Zerstörung von Gegenständen umfasst, die nicht für Zwecke der besteuerten Umsätze eines Steuerpflichtigen erfolgt. Wird ein Gegenstand etwa zufällig oder zu privaten Zwecken des Steuerpflichtigen zerstört, ist der Berichtigungsmechanismus des Art. 185 der Mehrwertsteuerrichtlinie auch aus meiner Sicht grundsätzlich anwendbar.
4. Missbrauch
44. Schließlich möchte ich noch auf den Missbrauchsvorwurf eingehen, den die bulgarische Regierung und die bulgarische Steuerverwaltung im vorliegenden Fall zumindest implizit erhoben haben. Es ist zutreffend, dass die Bekämpfung von Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen und etwaigen Missbräuchen ein im Mehrwertsteuerrecht der Union anerkanntes und gefördertes Ziel ist.(21) Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs kann die Steuerbehörde rückwirkend die Erstattung von Beträgen verlangen, die als Vorsteuerabzug geltend gemacht wurden, wenn ein Steuerpflichtiger die Absicht, eine bestimmte wirtschaftliche Tätigkeit aufzunehmen, nur vorgespiegelt hat.(22) Außerdem kann einem Steuerpflichtigen das Recht auf Vorsteuerabzug versagt werden, wenn die Umsätze, die dieses Recht begründen, eine missbräuchliche Praxis darstellen. Dies setzt unter anderem voraus, dass die Anwendung des Mehrwertsteuerrechts einen Steuervorteil zum Ergebnis hat, dessen Gewährung dem Ziel der angewendeten Bestimmungen zuwiderliefe.(23)
45. Allerdings liegen dem Gerichtshof im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte vor, die einen Missbrauchsvorwurf im Hinblick auf die Mehrwertsteuer rechtfertigen würden. Die Steuerpflichtige hat im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit Investitionsentscheidungen getroffen, deren Sinn das Mehrwertsteuerrecht grundsätzlich nicht zu hinterfragen hat. Die Beibehaltung des Vorsteuerabzugs für den Erwerb der später abgerissenen Gebäude entspricht vor diesem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung, wonach ein Steuerpflichtiger durch die Regelung über den Vorsteuerabzug vollständig von der im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit geschuldeten oder entrichteten Mehrwertsteuer entlastet werden soll.(24)
46. Die Beibehaltung des Vorsteuerabzugs im vorliegenden Fall befindet sich auch in Einklang mit den Zielen des Berichtigungsmechanismus. Dieser soll zum einen verhindern, dass dem Steuerpflichtigen ein ungerechtfertigter wirtschaftlicher Vorteil gegenüber einem Endverbraucher verschafft wird.(25) Ein solcher Vorteil ist im vorliegenden Fall nicht zu erkennen, da die Steuerpflichtige die Gebäude nach dem Abriss nicht für private Zwecke verwenden kann. Zum anderen soll durch den Berichtigungsmechanismus ein Zusammenhang zwischen Vorsteuerabzug und Erhebung der Mehrwertsteuer sichergestellt werden.(26) Diesen Zusammenhang habe ich bereits dargelegt.(27)
47. Es ist eine andere Frage, ob der Wertansatz der Gebäude im Rahmen der Sacheinlage zutreffend war. Man mag sich fragen, ob Gebäude mit rund 8,9 Mio. BGN zu bilanzieren sind, die kurze Zeit später abgerissen werden und dadurch ein entsprechender Abschreibungsbedarf entsteht. Herbei handelt es sich aber allenfalls um ein rein ertragsteuerliches Problem.
48. Für die Mehrwertsteuer ist diese Frage hingegen nicht von Bedeutung. Denn nach ständiger Rechtsprechung ist für die Bestimmung der Höhe der Bemessungsgrundlage und damit auch für die Höhe des Vorsteuerabzugs die tatsächlich erhaltene Gegenleistung entscheidend und nicht ein nach objektiven Maßstäben geschätzter Wert.(28) Selbst wenn also ein Steuerpflichtiger objektiv einen zu hohen Preis für den Erwerb eines Gegenstands gezahlt hat, bleibt die Höhe seines Vorsteuerabzugs davon unberührt.
5. Zwischenergebnis
49. Die zweite Frage des vorlegenden Gerichts ist damit in der Weise zu beantworten, dass gemäß Art. 187 Abs. 2 der Mehrwertsteuerrichtlinie eine Zerstörung von Investitionsgütern mit dem Ziel, neue, modernere Güter mit demselben Zweck zu schaffen, nicht zur Berichtigung des Vorsteuerabzugs führt, wenn die Zerstörung eine Verwendung für die Zwecke besteuerter Umsätze im Sinne des Art. 168 der Richtlinie darstellt.
B - Zur vierten Frage: Vereinbarkeit der nationalen Regelung
50. Mit seiner vierten Vorlagefrage will das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 185 der Mehrwertsteuerrichtlinie einer nationalen Regelung entgegensteht, welche die Vornahme einer Berichtigung des in Anspruch genommenen Vorsteuerabzugs in Fällen der Zerstörung von Vermögen vorsieht, bei dessen Erwerb eine vollständige Zahlung des Grundbetrags und der berechneten Steuer geleistet wurde, und die die Nichtvornahme von Berichtigungen des Vorsteuerabzugs von einer anderen Voraussetzung als der Zahlung abhängig macht.
51. Aus meiner Antwort auf die zweite Vorlagefrage ergibt sich, dass die Zerstörung eines Investitionsguts nach Art. 187 Abs. 2 der Mehrwertsteuerrichtlinie keine Anwendung des Berichtigungsmechanismus auslöst, wenn die Zerstörung eine Verwendung für die Zwecke besteuerter Umsätze im Sinne des Art. 168 der Richtlinie darstellt. Auf die vierte Frage des vorlegenden Gerichts ist somit zu antworten, dass eine nationale Regelung, die in Fällen der Zerstörung von Investitionsgütern eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs unabhängig davon vorsieht, ob sie für die Zwecke besteuerter Umsätze erfolgt, mit Art. 187 Abs. 2 und Art. 168 der Mehrwertsteuerrichtlinie nicht zu vereinbaren ist.
C - Zu den übrigen Fragen
52. Nach der von mir vorgeschlagenen Antwort auf die zweite und die vierte Frage des vorlegenden Gerichts bedürfen die übrigen Vorlagefragen keiner Antwort mehr. Die erste, dritte und fünfte Vorlagefrage richten sich auf die Auslegung des Art. 185 Abs. 2 der Mehrwertsteuerrichtlinie, der Ausnahmen von der Berichtigungspflicht regelt. Die Beantwortung dieser Fragen ist im Ausgangsverfahren offensichtlich nur dann relevant, wenn der Berichtigungsmechanismus grundsätzlich Anwendung findet. Wie ich bereits ausgeführt habe, (29) ist dies aus meiner Sicht jedoch nicht der Fall.
V - Ergebnis
53. Vor diesem Hintergrund schlage ich vor, die Vorlagefragen des Administrativen Sad Varna wie folgt zu beantworten:
1. Art. 187 Abs. 2 der Mehrwertsteuerrichtlinie ist dahin auszulegen, dass eine Zerstörung von Investitionsgütern mit dem Ziel, neue, modernere Güter mit demselben Zweck zu schaffen, nicht zur Berichtigung des Vorsteuerabzugs führt, wenn die Zerstörung eine Verwendung für die Zwecke besteuerter Umsätze im Sinne des Art. 168 der Richtlinie darstellt.
2. Eine nationale Regelung, die in Fällen der Zerstörung von Investitionsgütern eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs unabhängig davon vorsieht, ob sie für die Zwecke besteuerter Umsätze erfolgt, ist mit Art. 187 Abs. 2 und Art. 168 der Mehrwertsteuerrichtlinie nicht zu vereinbaren.
1 - Originalsprache: Deutsch.
2 - Urteil vom 30. März 2006, Uudenkaupungin kaupunki (C‑184/04, Slg. 2006, I‑3039, Randnr. 24).
3 - ABl. L 347, S. 1.
4 - Sechste Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1).
5 - Vgl. Urteile vom 27. November 2003, Zita Modes (C‑497/01, Slg. 2003, I‑14393, Randnr. 40), vom 29. Oktober 2009, SKF (C‑29/08, Slg. 2009, I‑10413, Randnr. 37), und vom 10. November 2011, Schriever (C‑444/10, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 24).
6 - Vgl. Urteil vom 15. Dezember 2005, Centralan Property (C‑63/04, Slg. 2005, I‑11087, Randnr. 55).
7 - Vgl. Urteil Centralan Property (zitiert in Fn. 6, Randnr. 55).
8 - Vgl. Urteil vom 22. März 2012, Klub (C‑153/11, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 36).
9 - Vgl. meine Schlussanträge vom 1. März 2012, X (C-334/10, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Nr. 81).
10 - Vgl. Urteil Centralan Property (zitiert in Fn. 6, Randnr. 77).
11 - Vgl. Urteile vom 6. April 1995, BLP Group (C‑4/94, Slg. 1995, I‑983, Randnr. 19), vom 8. Juni 2000, Midland Bank (C‑98/98, Slg. 2000, I‑4177, Randnr. 24), vom 22. Februar 2001, Abbey National (C‑408/98, Slg. 2001, I‑1361, Randnr. 26), vom 27. September 2001, Cibo Participations (C‑16/00, Slg. 2001, I‑6663, Randnr. 29), vom 3. März 2005, Fini H (C‑32/03, Slg. 2005, I‑1599, Randnr. 26), vom 21. Februar 2006, Halifax u. a. (C‑255/02, Slg. 2006, I‑1609, Randnr. 79), vom 8. Februar 2007, Investrand (C‑435/05, Slg. 2007, I‑1315, Randnr. 23), und SKF (zitiert in Fn. 5, Randnr. 57).
12 - Vgl. insbesondere Urteile Midland Bank (zitiert in Fn. 11, Randnr. 20) und SKF (zitiert in Fn. 5, Randnr. 57).
13 - Vgl. Urteil vom 16. Februar 2012, EON ASET MENIDJMUNT (C‑118/11, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnrn. 45 und 46).
14 - Vgl. Urteil EON ASET MENIDJMUNT (zitiert in Fn. 13, Randnrn. 53 ff.), und meine Schlussanträge X (zitiert in Fn. 9, Nrn. 23 ff.).
15 - Vgl. Urteile Midland Bank (zitiert in Fn. 11, Randnr. 30), Abbey National (zitiert in Fn. 11, Randnr. 28), Cibo Participations (zitiert in Fn. 11, Randnr. 31), Investrand (zitiert in Fn. 11, Randnr. 23), SKF (zitiert in Fn. 5, Randnrn. 57 und 60) und EON ASET MENIDJMUNT (zitiert in Fn. 13, Randnr. 48).
16 - Vgl. Urteile Midland Bank (zitiert in Fn. 11, Randnr. 31), Abbey National (zitiert in Fn. 11, Randnr. 35), Cibo Participations (zitiert in Fn. 11, Randnr. 33), Investrand (zitiert in Fn. 11, Randnr. 24), SKF (zitiert in Fn. 5, Randnr. 58) und EON ASET MENIDJMUNT (zitiert in Fn. 13, Randnr. 47).
17 - Siehe oben, Nrn. 27 f.
18 - Vgl. Urteile Midland Bank (zitiert in Fn. 11, Randnr. 25), und SKF (zitiert in Fn. 5, Randnr. 63).
19 - Vgl. Urteil vom 17. Mai 2001, Fischer und Brandenstein (C‑322/99 und C‑323/99, Slg. 2001, I‑4049, Randnr. 91).
20 - Vgl. Urteile vom 29. Februar 1996, INZO (C‑110/94, Slg. 1996, I‑857, Randnr. 20), und Fini H (zitiert in Fn. 11, Randnr. 22).
21 - Vgl. Urteil vom 27. Oktober 2011, Tanoarch (C‑504/10, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 50 und die dort angeführte Rechtsprechung).
22 - Vgl. Urteil Klub (zitiert in Fn. 8, Randnr. 48 und die dort angeführte Rechtsprechung).
23 - Vgl. u. a. Urteile Halifax u. a. (zitiert in Fn. 11, Randnr. 74), und Tanoarch (zitiert in Fn. 21, Randnr. 52).
24 - Vgl. u. a. Urteile vom 14. Februar 1985, Rompelman (268/83, Slg. 1985, 655, Randnr. 19) und Klub (zitiert in Fn. 8, Randnr. 35).
25 - Urteil vom 14. September 2006, Wollny (C‑72/05, Slg. 2006, I‑8297, Randnr. 35).
26 - Urteil Wollny (zitiert in Fn. 25, Randnr. 36).
27 - Siehe oben, Nrn. 35 ff.
28 - Vgl. u. a. Urteile vom 5. Februar 1981, Coöperatieve Aardappelenbewaarplaats (154/80, Slg. 1981, 445, Randnr. 13), und vom 26. Januar 2012, Kraft Foods Polska (C‑588/10, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 27).
29 - Siehe oben, Nrn. 22 ff.