FG Hamburg: Vorsteuerabzug einer Führungsholding
FG Hamburg, Urteil vom 10.10.2012 - 2 K 189/10
Leitsatz
Eine Führungsholding kann die gesamten Vorsteuern aus Aktienemissionskosten geltend machen, wenn sie entsprechend ihrer Konzernstrategie gegen Entgelt die Geschäftsführung bei sämtlichen Tochtergesellschaften übernommen hat.
Sachverhalt
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin Vorsteuerbeträge aus Eingangsrechnungen im Zusammenhang mit einer Aktienemission im Jahr 2006 geltend machen kann.
Die Klägerin ist eine Aktiengesellschaft (AG) mit Sitz in Hamburg. Gegenstand des Unternehmens sind der Erwerb, der Betrieb und die Veräußerung von Seeschiffen, einschließlich des Abschlusses von Charterverträgen und .... Vorstände der Klägerin waren im Streitjahr 2006 A und B, die beide einzelvertretungsberechtigt waren. Ursprünglich betrug das Grundkapital der Klägerin 50.000 €. Alleinige Aktionärin war die A ... GmbH & Co KG mit Sitz in Hamburg (im Folgenden: A KG). An der A KG waren die Vorstände der Klägerin als geschäftsführende Gesellschafter beteiligt.
Die Hauptversammlung der Klägerin beschloss am 8. September 2006 eine Kapitalerhöhung durch Ausgabe von bis zu 250.000 neuen Stückaktien. Die Kapitalerhöhung erfolgte im Rahmen eines Börsengangs und erhöhte das Grundkapital der Klägerin bis zum 31. Dezember 2006 um 150.000.000 €. Nach dem Ausgabeprospekt ist es die Absicht der Klägerin, sich als internationaler Anbieter auf dem Gebiet des Containerschiffs- und Tanker-Charter-Geschäfts zu positionieren. Primär soll dies durch den Kauf und Betrieb von Seeschiffen, den Verkauf dieser Schiffe und den Abschluss von Charterverträgen über Tochtergesellschaften in der Rechtsform einer GmbH und Co. KG (Schiffskommanditgesellschaften) realisiert werden. Die Klägerin führt danach als Konzernobergesellschaft und geschäftsführende Holding die einzelnen Schiffsinvestments in Form von Tochtergesellschaften. Diese werden - unter anderem zur Verringerung des Haftungsrisikos- Eigentümer und Betreiber der Schiffe und nehmen die Fremdkapitalanteile auf.
Die Schiffskommanditgesellschaften werden zu diesem Zwecke vorher von der Klägerin gegründet oder erworben und gegebenenfalls zunächst als Vorratsgesellschaften gehalten. Zur Finanzierung des Erwerbs und des Betriebs des jeweiligen Seeschiffes wird auf der Ebene der Kommanditgesellschaft eine Kapitalerhöhung durchgeführt, die im Wesentlichen von der Klägerin durch Leistung einer weiteren Kapitaleinlage erbracht wird. Nach dem Konzept der Klägerin werden etwa 70 % des jeweiligen Schiffskaufpreises fremdfinanziert.
Die Gesellschaftsverträge der aktiven Schiffskommanditgesellschaften sind jeweils gleich gestaltet. Gesellschaftszweck ist die Verwaltung eigenen Vermögens, der Erwerb, der Betrieb und die Veräußerung von Seeschiffen, insbesondere eines bestimmten, im jeweiligen Gesellschaftsvertrag benannten Schiffes. Eingeschlossen sind der Abschluss von Charterverträgen und Derivaten sowie alle hiermit im Zusammenhang stehenden Geschäfte.
Mehrheitskommanditistin mit einer Beteiligungsquote von mehr als 99 % ist in allen Fällen die Klägerin. Einzige weitere Kommanditisten sind die A KG sowie der jeweilige Vertragsreeder. Alleinige Komplementärin ist jeweils eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die am Vermögen der KG nicht beteiligt ist und deren Anteile zu 100 % von der Klägerin gehalten werden. Die Komplementärin und die Klägerin führen die Geschäfte der jeweiligen Schiffskommanditgesellschaft. Die Komplementärin vertritt die KG. Daneben ist die Klägerin zur Vertretung in allen Angelegenheiten berechtigt, soweit im Einzelfall nicht eine organschaftliche Vertretung erforderlich ist. In den jeweiligen Verträgen mit dem Vertragsreeder ist sicherzustellen, dass die Komplementärin oder die Klägerin in die wesentlichen Entscheidungen des Tagesgeschäfts eingebunden bleiben. Der Vertragsreeder ist für die Bereederung des Schiffes zuständig. Die A KG übernimmt das Währungsmanagement, die Kreditbeschaffung, die Rechnungslegung und das Controlling, die Koordinierung der Zusammenarbeit mit dem jeweiligen Vertragsreeder sowie die Kontrolle des Vertragsreeders. Sie erhält dafür einen Gewinnvorab. Die Komplementärin hat lediglich einen Anspruch auf eine Haftungsvergütung. Die Klägerin erhält für ihre Geschäftsführungsleistung eine Vergütung in Höhe von jährlich 20.000 € zuzüglich Umsatzsteuer. Außerdem hat sie einen Aufwendungsersatzanspruch.
Die Klägerin schloss im August 2006 mit der A KG einen Vertrag, wonach Letztere für die Klägerin Service-, Dienst-, und Beratungsleistungen erbringt und dafür eine prozentual am Eigenkapital der Klägerin bemessene Vergütung erhält. Zu den Aufgaben der A KG zählt unter anderem die Beratung der Klägerin im Hinblick auf ihre Investitionstätigkeit und die Koordination des An- und Verkaufs von Schiffen.
Nach dem Konzept der Klägerin sollten mit der Kapitalerhöhung zunächst ... Seeschiffe von den Tochter-KGs erworben und betrieben werden. Die Emissionskosten wurden in der Planung der Klägerin mit 4.000.000,- € berücksichtigt. Die Klägerin kalkulierte auf dieser Grundlage und der Annahme einer durchschnittlichen betrieblichen Nutzungsdauer eines Seeschiffes von 20 Jahren das Entgelt von 20.000,- €, das sie von jeder KG als jährliche Vergütung für ihre Geschäftsführertätigkeit erhalten sollte.
Der Klägerin sind durch den Börsengang Emissionskosten in Höhe von insgesamt etwa 3.800.000,- € entstanden. Davon entfielen 2.333.422,40 € netto auf Beratungs- und sonstigen Dienstleistungen, zuzüglich in den Rechnungen ausgewiesener Umsatzsteuer zu einem Steuersatz von 16 % von insgesamt 373.347,57 €.
Bis zum Ende des Streitjahrs war die Klägerin an sechs Gesellschaften unmittelbar beteiligt. Sie hielt 100 % der Anteile von zwei Gesellschaften mit beschränkter Haftung, der C GmbH und der D GmbH. Diese fungierten als Komplementär-GmbHs der Schiffskommanditgesellschaften. Geschäftsführer dieser Gesellschaften waren im Streitjahr die Vorstände der Klägerin A und B sowie zusätzlich ab Oktober E.
Bei den anderen vier Gesellschaften handelt es sich um Schiffskommanditgesellschaften. An zwei dieser - im Streitjahr bereits aktiven - Gesellschaften, der F GmbH & Co KG und der G GmbH & Co KG war die Klägerin zu 99,84 % als Kommanditistin beteiligt. Weiter hielt sie jeweils Anteile von 50 % an zwei Vorrats-KGs.
Die G GmbH & Co KG erwarb zum 20. Dezember 2006 ein Seeschiff und setzte es von diesem Zeitpunkt an ein. Der Übergang in den aktiven Schiffsbetrieb erfolgte bei der F GmbH & Co KG mit der Übernahme eines Seeschiffes zum 3. Januar 2007. Zur Finanzierung dieser beiden Schiffe erhöhte die Klägerin ihre Kapitaleinlage in die KGs um jeweils 12.500.000,- €.
Darüber hinaus reichte sie diesen Gesellschaften zur Zwischenfinanzierung kurzfristige verzinsliche Darlehen in Höhe von jeweils rund 24.645.000,- € aus. Daraus erzielte die Klägerin im Streitjahr Zinserträge von 68.114,- €. Weitere Zinserträge in Höhe von 500.607,- € erzielte sie aus Anlagen von Teilen des mit dem Börsengang eingeworbenen Kapitals bei Banken. Daneben hatte die Klägerin Erträge aus ihren Beteiligungen an den Tochterunternehmen in Höhe von 55.981,- € und aus der Geschäftsführung für diese Gesellschaften in Höhe netto 2.000,- €.
In ihrer Umsatzsteuererklärung 2006 vom 24. Januar 2008 erklärte die Klägerin steuerpflichtige sonstige Leistungen in Höhe von 2.000 € und eine darauf entfallende Umsatzsteuer von 320,- €. Ferner gab sie Vorsteuerbeträge an aus Rechnungen von anderen Unternehmern in Höhe von 379.571,49 €. Darin waren die Vorsteuern aus den Rechnungen für die von der Klägerin bezogenen Leistungen für den Börsengang in Höhe von 373.347,57 € enthalten. Insgesamt ergab sich ein Vorsteuererstattungsanspruch der Klägerin in Höhe von 379.110,49 €. Der Beklagte stimmte dieser Erklärung mit Mitteilung vom 5. Februar 2008 zu.
Nach einer Umsatzsteuersonderprüfung erließ der Beklagte am 15. Januar 2009 einen geänderten Umsatzsteuerbescheid 2006 und setzte die Umsatzsteuer auf -5.903,92 € fest. Der Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) blieb bestehen. Die Vorsteuern aus den Kosten der Aktienemission wurden als nicht abzugsfähig behandelt.
Die Klägerin legte dagegen am 18. Februar 2009 Einspruch ein. Die Vorsteuerbeträge aus der Aktienemission seien anzuerkennen. Sie, die Klägerin, sei als sogenannte Führungs- oder Funktionsholding Unternehmerin im Sinne von § 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG). Als solche führe sie für ihre Tochtergesellschaften gegen Entgelt Geschäftsführungsleistungen aus, die bei diesen Aufwand darstellten. Damit seien die Voraussetzungen für einen steuerbaren Leistungsaustausch gegeben. Die Ausgabe der neuen Aktien sei erfolgt, um das Kapital des Unternehmens zugunsten seiner wirtschaftlichen Betätigung im Allgemeinen zu stärken. Die Emissionskosten gehörten als allgemeine Kosten zu den Preiselementen der Geschäftsführungsleistungen der Klägerin. Die daraus resultierenden Vorsteuerbeträge seien in voller Höhe abziehbar. Es sei keine Aufteilung unter Berücksichtigung der steuerfreien Zinseinnahmen vorzunehmen. Diese seien als Hilfsumsätze im Bereich der Finanzgeschäfte außer Betracht zu lassen.
Mit Einspruchsentscheidung vom 27. August 2010 hob der Beklagte die Umsatzsteuerfestsetzung auf und wies den Einspruch als unbegründet zurück. Die Klägerin sei keine Unternehmerin im umsatzsteuerrechtlichen Sinn. Sie stelle keine Führungs- oder Funktionsholding dar, weil sie tatsächlich nicht in die Verwaltung der Schiffs-KGs eingreife. Die Vereinbarung über ein gesondertes Entgelt für die Geschäftsführungstätigkeit der Klägerin vermittle zudem keinen anderen Zweck, als die Möglichkeit des Vorsteuerabzugs im Zusammenhang mit dem Börsengang zu eröffnen. Dies zeige sich auch an der Tatsache, dass im Streitjahr der vertraglich vereinbarte Aufwendungsersatzanspruch für die Klägerin nicht umgesetzt worden sei. Es liege somit auch eine sogenannte missbräuchliche Praxis im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) vor, die einen Vorsteuerabzug ausschließe.
Die Klägerin hat am 30. September 2010 Klage erhoben. Sie sei Unternehmerin im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG. Sie führe gegen Entgelt Geschäftsführungsleistungen für ihre Tochter-KGs aus. Dabei habe sie alle Handlungen, die auf die Verwirklichung des Gesellschaftszwecks der KGs gerichtet gewesen seien, entweder selbst ausgeführt oder sei dabei zumindest maßgeblich leitend beteiligt gewesen. In allen Fällen des Kernbereichs der Geschäftsführung habe sie die Entscheidungen getroffen.
Aus der Rechtsprechung des EuGH und des BFH ergebe sich, dass die von ihr, der Klägerin, für ihre Tochter-KGs ausgeführten Geschäftsführungsleistungen eine selbständig ausgeübte wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne von Art. 4 Abs. 1 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerliche Bemessungsgrundlage (im Folgenden: MwSt-RL) und von § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG darstellten und folglich grundsätzlich umsatzsteuerpflichtig seien. Eine missbräuchliche Praxis liege nicht vor. Zum einen seien die Geschäftsführungsleistungen tatsächlich ausgeführt worden und der hiermit im Zusammenhang stehende Vorsteuerabzug aus den Emissionskosten stelle keinen Steuervorteil dar, dessen Gewährung den Zielen der MwSt-RL zuwiderlaufe. Vielmehr sei das Recht auf Vorsteuerabzug ein integraler Bestandteil des Mechanismus der Mehrwertsteuer. Zum anderen stellten die mit den Geschäftsführungsleistungen jährlich erzielten Entgelte von 20.000 € je KG wirtschaftlich lohnende Umsätze dar, mit denen die Klägerin insbesondere ihre Emissionskosten refinanzieren könne. Soweit der Beklagte darauf abstelle, dass sie, die Klägerin, die von der A KG in Rechnung gestellten Leistungen im Streitjahr nicht an die KGs weiterbelastet habe, ändere dies nichts an dieser Beurteilung. Ihr stehe insoweit schon kein Aufwendungsersatzanspruch gegenüber den KGs zu. Zudem seien im Streitjahr nur Vergütungen in Höhe von 187,50 € angefallen, so dass die Annahme einer missbräuchlichen Praxis unverhältnismäßig sei.
Sie, die Klägerin, habe im Streitjahr auch noch weitere wirtschaftliche Tätigkeiten im Sinne von Art. 4 Abs. 2 MwSt-RL ausgeführt, indem sie verzinsliche Darlehen an ihre Tochtergesellschaften ausgereicht und Bankeinlagen getätigt habe. Dies bekräftige, dass sie Unternehmerin im Sinne von § 2 Absatz 1 Satz 1 UStG sei.
Ihr stünde der volle Vorsteuerabzug aus den Emissionskosten zu. Die Ausgabe der Aktien sei erfolgt, um ihr Kapital zugunsten ihrer allgemeinen wirtschaftlichen Tätigkeit zu stärken. Der Börsengang sei erfolgt, um ihr Kommanditkapital an den Schiffs-KGs zu erhöhen, um auf dieser Ebene den Schiffserwerb und -betrieb finanzieren zu können. Dass sie, die Klägerin, neben ihren steuerpflichtigen Umsätzen aus der Geschäftsführungstätigkeit Einnahmen aus der Gewährung von Darlehen und Bankeinlagen erzielt habe, sei unschädlich, weil diese als Hilfsumsätze im Sinne von Art. 19 Abs. 2 der MwSt-RL anzusehen seien. Als Hilfsumsätze seien diese Zinseinnahmen bei der Berechnung des zu berücksichtigenden Vorsteuerabzugs außer Ansatz zu lassen.
Die Emissionskosten seien Preiselemente der Ausgangsumsätze. Dies ergebe sich aus der Kalkulation der Geschäftsführungsentgelte. Die Beteiligungen seien gerade zu dem Zweck des unmittelbaren Eingriffs in die Verwaltung der Schiffs-KGs erfolgt, um durch die Ausübung der Geschäftsführung die wirtschaftliche Tätigkeit der KGs einheitlich und organisatorisch aufeinander abgestimmt im Sinne der Konzernstrategie zu leiten. Auch soweit die Emissionskosten rechnerisch auf den Teil des eingeworbenen Kapitals entfielen, der zum Erwerb der Beteiligungen an den Tochtergesellschaften eingesetzt worden sei, sei der Vorsteuerabzug zu gewähren.
Hilfsweise macht die Klägerin geltend, dass die Schiffs-KGs nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in ihr Unternehmen eingegliedert seien. Sie übten ihre gewerbliche Tätigkeit nicht selbstständig aus, sondern seien mit ihr, der Klägerin, zusammen im Sinne einer umsatzsteuerlichen Organschaft als ein Steuerpflichtiger zu behandeln. Deren Ausgangsumsätze seien ebenfalls ihr, der Klägerin, zuzurechnen, so dass die Emissionskosten jedenfalls deshalb auf steuerbare Leistungen entfielen. Nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG könnten zwar nur juristische Personen Organgesellschaften sein. Dies verstoße aber gegen Unionsrecht. Der Grundsatz der Rechtsformneutralität sei verletzt. Dieser verlange eine richtlinienkonforme Auslegung der deutschen umsatzsteuerlichen Organschaftsregelungen in dem Sinne, dass auch Personengesellschaften Organgesellschaften sein können. Zudem sei zu berücksichtigen, dass den Schiffs-KGs nach der neueren Rechtsprechung des EuGH und den unionsrechtlichen Vorgaben schon unmittelbar die Unternehmereigenschaft fehlen dürfte, ohne dass auf die organschaftlichen Regelungen zurückgegriffen werden müsse. Im Übrigen obliege es bei einer Verneinung der Unionsrechtswidrigkeit des § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG dem BVerfG zu prüfen, ob diese Vorschrift gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 3 des Grundgesetzes (GG) verstoße.
Die Klägerin beantragt, den geänderten Umsatzsteuerbescheid für 2006 vom 15. Januar 2009 und die Einspruchsentscheidung vom 27. August 2010 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Nach Durchführung eines Erörterungstermins am 14. August 2012 gehen die Beteiligten übereinstimmend davon aus, dass die Klägerin durch die damaligen Vorstände geschäftsführend bei den Tochterkommanditgesellschaften tätig gewesen ist und die Emissionskosten als Berechnungsgrundlage in die Vergütung für die Geschäftsführungstätigkeit eingeflossen sind.
Der Beklagte trägt zur Begründung im Wesentlichen vor, dass die Klägerin jedenfalls in dem Umfang nicht zum Abzug der im Zusammenhang mit der Aktienemission entstandenen Vorsteuer berechtigt sei, in dem das eingeworbenen Kapital zur Erbringung von Einlagen an Schifffahrtsgesellschaften, zum Erwerb von Beteiligungen an solchen oder zur steuerfreien Ausreichung von Darlehen verwendet worden sei. Die umsatzsteuerrechtliche Haupttätigkeit der Klägerin bestehe darin, institutionellen Anlegern ein Beteiligungsportfolio zu bieten und mithin die Beteiligung zu halten. Die Geschäftsführungstätigkeit sei als Nebenzweck anzusehen.
Eine Führungsholding, die gegenüber ihrer Tochtergesellschaft entgeltlich geschäftsleitend und somit unternehmerisch tätig sei, könne die Vorsteuerbelastung ihrer Verwaltungsgemeinkosten abziehen. Die Kosten für die Aktienemission gehörten nicht zu den allgemeinen Aufwendungen der Klägerin. Vorliegend seien die Dienstleistungen für die Kapitalerhöhung bzw. das hierbei akquirierte Kapital für Einlagen in die Schiffs-KGs verwendet worden. Die Einlagen stellten aber keinen steuerbaren Umsatz dar, weil etwaige Gewinnausschüttungen der Tochtergesellschaft nicht als Entgelt zu qualifizieren seien. Dies gelte auch dann, wenn die Beteiligung im unternehmerischen Bereich gehalten werde. Der erforderlich finale Zusammenhang bestehe auch nicht im Hinblick auf die entgeltliche Erbringung von Geschäftsführungsleistungen für die Schiffs-KGs. Die Klägerin erziele durch die Geschäftsführungstätigkeit für die G GmbH & Co KG lediglich eine marginale Eigenkapitalrendite von 0,16 %. Eine umsatzsteuerliche Zuordnung sei alleine zu der nichtwirtschaftlichen Beteiligungsverwaltung der Klägerin vorzunehmen. In diesem Sinne habe zuletzt das Niedersächsische Finanzgericht mit Urteil vom 12. Mai 2011 (16 K 411/07, EFG 2011, 1751; Rev.: XI R 17/11) den Vorsteuerabzug einer Holdinggesellschaft aus Leistungsbezügen für die Kapitalbeschaffung zum Erwerb von Anteilen an Schifffahrtsgesellschaften verwehrt. Nach der Rechtsprechung des EuGH sei der Vorsteuerabzug maßgeblich davon abhängig, ob das eingeworbene Kapital für steuerpflichtige Ausgangsumsätze verwendet werde.
Es sei auch in den Blick zu nehmen, dass ein deutliches Missverhältnis bestehe zwischen den Beträgen von etwa 1 Million € und mehr, die an die A KG für Beratungsleistungen erbracht worden seien, und dem Geschäftsführungsentgelt von 20.000,- € jährlich pro Tochtergesellschaft.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten des Beklagten und den der Gerichtsakte Bezug genommen.
Aus den Gründen
Die Klage ist zulässig und begründet.
Der Umsatzsteuer-Änderungsbescheid vom 15. Januar 2009 und die Einspruchsentscheidung vom 27. August 2010 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten. Sie sind auf den Antrag der Klägerin gemäß § 100 Abs.1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) aufzuheben. Dies hat zur Folge, dass der ursprüngliche Umsatzsteuererbescheid, der durch die Steueranmeldung der Klägerin vom 24. Januar 2008 und die Zustimmung des Beklagten vom 5. Februar 2008 gemäß § 168 AO entstanden ist, wieder auflebt.
Die Klägerin war im Streitjahr Unternehmerin im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG (1) und kann die streitgegenständlichen Vorsteuerbeträge aus den Eingangsrechnungen für die von ihr bei der Aktienemission in Anspruch genommenen Dienstleistungen in voller Höhe abziehen (2).
1)
Unternehmer ist nach § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers (§ 2 Abs. 1 Satz 2 UStG). Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird (§ 2 Abs. 1 Satz 3 UStG).
a)
Nach der Rechtsprechung des BFH und des EuGH sind der bloße Erwerb, das bloße Halten und der bloße Verkauf von Aktien an sich keine wirtschaftlichen Tätigkeiten, da diese Vorgänge nicht die Nutzung eines Gegenstands zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen beinhalten und das einzige Entgelt in einem etwaigen Gewinn beim Verkauf dieser Aktien liegt. Demgegenüber fallen nur Zahlungen, die die Gegenleistung für einen Umsatz oder eine wirtschaftliche Tätigkeit darstellen, in den Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer, was aber auf Zahlungen nicht zutrifft, die auf dem bloßen Eigentum an einem Gegenstand beruhen, wie dies bei Dividenden oder anderen Erträgen von Aktien der Fall ist (vgl. BFH-Urteile vom 9. Februar 2012 V R 40/10, BFH/NV 2012, 518; vom 27. Januar 2011 V R 38/09, BFH/NV 2011, 727; EuGH-Urteil SKF in Slg. 2009, I-10413 Rdnrn. 28 f., EuGH-Urteil Portugal Telecom in DStR 2012, 1859, jeweils m. w. N. zur EuGH-Rechtsprechung).
Anders ist es aber dann, wenn die finanzielle Beteiligung an einem anderen Unternehmen mit unmittelbaren oder mittelbaren Eingriffen in die Verwaltung der Gesellschaft einhergeht, an der die Beteiligung besteht, soweit diese Eingriffe zu entgeltlichen Leistungen führen, die gemäß Art. 2 MwSt-RL der Mehrwertsteuer unterliegen oder wenn sich auf Aktien oder Anteile an einer Gesellschaft beziehende Umsätze in den Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer fallen, da sie im Rahmen des gewerbsmäßigen Wertpapierhandels oder zum Zweck des unmittelbaren oder mittelbaren Eingreifens in die Verwaltung der Gesellschaften erfolgen, an denen die Beteiligung besteht, oder wenn sie eine unmittelbare, dauerhafte und notwendige Erweiterung einer steuerbaren Tätigkeit darstellen (vgl. BFH-Urteile vom 9. Februar 2012 V R 40/10, BFH/NV 2012, 518; vom 27. Januar 2011 V R 38/09, BFH/NV 2011, 727; EuGH-Urteil SKF in Slg. 2009, I-10413 Rdnrn. 30 f; EuGH-Urteil Portugal Telecom in DStR 2012, 1859, jeweils m. w. N. zur EuGH-Rechtsprechung).
Danach war die Klägerin im Streitjahr Unternehmerin im umsatzsteuerlichen Sinn. Sie hat als sogenannte Führungs- oder Funktionsholding unmittelbar in die Verwaltung ihrer Tochterunternehmen eingegriffen. Die Klägerin hat unstreitig durch ihre damaligen Vorstände A und B die ihr durch die Gesellschaftsverträge mit den Schiffs-KGs (bis Ende 2006 die F GmbH & Co KG und die G GmbH & Co KG, an denen die Klägerin jeweils zu 99,84 % als Kommanditistin beteiligt war) eingeräumte entgeltliche Geschäftsführungsbefugnis wahrgenommen, um diese im Sinne der Konzernstrategie zu leiten. Dies war in der Aufbauphase der Schiffs-KGs besonders aufwendig und wichtig, weil durch die Vorstände der Klägerin die wesentlichen Kernentscheidungen zu treffen waren und getroffen worden sind, insbesondere die Auswahl des Seeschiffes, dessen Finanzierung und die Auswahl des Vertragsreeders.
Die Wahrnehmung der Geschäftsführungsaufgaben der Klägerin stellen umsatzsteuerpflichtige entgeltliche Leistungen für ihre Tochterunternehmen in Form von sonstigen Leistungen im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG dar. Entgeltliche Geschäftsführungs- und Vertretungsleistungen sind auch dann steuerbar, wenn es sich bei dem Leistenden um ein Organ des Leistungsempfängers handelt (vgl. BFH-Urteile vom 14. Mai 2008 XI R 70/076, BStBl II 2008, 912 m. w. N.; vom 6. Juni 2002 V R 43/01, BStBl II 2003, 36). In den Gesellschaftsverträgen der Schiffs-KGs ist geregelt, dass die Klägerin pro Jahr 20.000 € zuzüglich Umsatzsteuer als Vergütung für ihre Geschäftsführungstätigkeit enthält (§ 14 Abs. 3). Die Vergütung ist danach zeitanteilig jeweils zum 15. eines Kalendermonats für den gesamten laufenden Monat zur Zahlung fällig. Die Klägerin erzielte auf dieser Grundlage im Jahr 2006 eine (anteilige) Vergütung für ihre Geschäftsführungstätigkeit in Höhe von 2.000,- € netto.
b)
Entgegen der Auffassung des Beklagten stellt die Erbringung von Geschäftsführungsleistungen gegen Entgelt für die Tochtergesellschaften der Klägerin keine missbräuchliche Praxis dar, die umsatzsteuerlich nach der Rechtsprechung des EuGH nicht anzuerkennen wäre (vgl. EuGH-Urteil vom 21. Februar 2006 C-255/02, Slg. 2006, S. I-01609 -Halifax-). Danach erfordert eine missbräuchliche Praxis zum einen, dass die fraglichen Umsätze einen Steuervorteil zum Ergebnis haben, dessen Gewährung dem mit den Bestimmungen der MwSt-RL verfolgten Ziel zuwiderlaufen würde. Zum anderen muss auf Grund von objektiven Anhaltspunkten ersichtlich sein, dass mit dem fraglichen Umsatz im Wesentlichen ein Steuervorteil bezweckt wird. Beides ist hier nicht der Fall. Wie sich aus den nachfolgenden Ausführungen ergibt, haben die steuerpflichtigen Geschäftsführungsleistungen der Klägerin zum einen keinen mit den Bestimmungen der MwSt-RL nicht kompatiblen Steuervorteil zum Ergebnis. Zum anderen wird mit den Geschäftsführungsleistungen nicht im Wesentlichen ein (Umsatz-)Steuervorteil bezweckt. Sie sind vielmehr notwendig, um die Zielsetzung der Klägerin als Führungsholding zu erreichen und den Schiffsbetrieb durch die KGs selbst im Sinne einer Konzernstrategie steuern zu können. Die Vergütung der Geschäftsführungsleistungen erfolgt auch nicht, um im Schwerpunkt Vorsteuern aus Eingangsleistungen der Klägerin geltend machen zu können. In ihre Berechnungsgrundlage sind nach der unstreitigen Kalkulation der Klägerin die damals geplanten Emissionskosten eingeflossen. Sie soll somit auf längere Sicht diese Gemeinkosten der Klägerin refinanzieren. Der Betrag in Höhe von jährlich 20.000 € netto pro KG kann schon angesichts dessen auch nicht als rein symbolisches Entgelt angesehen werden.
c)
Zudem ist die Klägerin im Streitjahr auch deshalb als umsatzsteuerliche Unternehmerin anzusehen, weil sie an zwei ihrer Tochtergesellschaften verzinsliche Darlehen ausgegeben und Anlagen in Form von Bankeinlagen getätigt hat, um das eingeworbene neue Kapital zwischenzeitlich gewinnbringend zu nutzen. Dies stellt eine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne von Art. 2 Nr. 1 und 4 Abs. 2 MwSt-RL dar (vgl. EuGH-Urteil vom 29. April 2004 C-77/01, Slg. 2004, S. I-0425 - EDM -).
2)
Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG kann der Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer für Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Ausgeschlossen ist der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG für Leistungen, die der Unternehmer für steuerfreie Umsätze verwendet. Diese Vorschriften beruhen auf Art. 17 Abs. 2 Buchst. a MwSt-RL, wonach der Steuerpflichtige (Unternehmer), der Gegenstände und Dienstleistungen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet, befugt ist, die im Inland geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert oder erbracht werden, von der von ihm geschuldeten Steuer abzuziehen (vgl. BFH-Urteil vom 9. Februar 2012 V R 40/10, BFH/NV 2012, 681).
a)
Der Unternehmer ist nach diesen Vorschriften zum Vorsteuerabzug berechtigt, soweit er Leistungen für sein Unternehmen (§ 2 Abs. 1 UStG, Art. 4 MwSt-RL) und damit für seine wirtschaftlichen Tätigkeiten zur Erbringung entgeltlicher Leistungen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG, Art. 2 Nr. 1 MwSt-RL) zu verwenden beabsichtigt. Im Hinblick auf den weiter erforderlichen direkten und unmittelbaren Zusammenhang zwischen Eingangs- und Ausgangsumsatz ist dabei wie folgt zu differenzieren (vgl. BFH-Urteile vom 9. Dezember 2010 V R 17/10, BStBl II 2012, 53; vom 13. Januar 2011 V R 12/08, BStBl II 2012, 61, vom 27. Januar 2011 V R 38/09, BStBl II 2012, 68 und vom 9. Februar 2012 V R 40/10, BFH/NV 2012, 681; EuGH-Urteile vom 13. März 2008 C-437/06, Securenta, Slg. 2008, I-1597, vom 29. Oktober 2009 C-29/08, SKF, Slg. 2009, I-10413, vom 6. September 2012 C-496/11, Portugal Telecom, DStR 2012, 1859):
Besteht der direkte und unmittelbare Zusammenhang zu einem einzelnen Ausgangsumsatz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit, der steuerpflichtig ist (gleichgestellt: Umsatz i. S. von § 15 Abs. 3 UStG und Art. 17 Abs. 3 MwSt-RL), kann der Unternehmer den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen. Die für den Leistungsbezug getätigten Aufwendungen gehören dann zu den Kostenelementen dieses Ausgangsumsatzes.
Bei einem direkten und unmittelbaren Zusammenhang zu einem Ausgangsumsatz, der mangels wirtschaftlicher Tätigkeit nicht dem Anwendungsbereich der Steuer unterliegt oder - ohne Anwendung von § 15 Abs. 3 UStG (Art. 17 Abs. 3 MwSt-RL) - steuerfrei ist, besteht keine Berechtigung zum Vorsteuerabzug. Dies gilt auch, wenn der Unternehmer eine Leistung z.B. für einen steuerfreien Ausgangsumsatz bezieht, um mittelbar seine zum Vorsteuerabzug berechtigende wirtschaftliche Gesamttätigkeit zu stärken, da der von ihm verfolgte endgültige Zweck unerheblich ist.
Fehlt ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang zwischen einem bestimmten Eingangsumsatz und einem oder mehreren Ausgangsumsätzen, kann der Unternehmer zum Vorsteuerabzug berechtigt sein, wenn die Kosten für die Eingangsleistung zu seinen allgemeinen Aufwendungen gehören und - als solche - Bestandteile des Preises der von ihm erbrachten Leistungen sind. Derartige Kosten hängen direkt und unmittelbar mit seiner wirtschaftlichen Gesamttätigkeit zusammen und berechtigen nach Maßgabe dieser Gesamttätigkeit zum Vorsteuerabzug. Dies gilt auch für Aufwendungen, die einem Unternehmer im Zusammenhang mit einer Aktienemission entstehen (vgl. etwa BFH-Urteil vom 9. Februar 2012 V R 40/10, BFH/NV 2012, 681; EuGH-Urteil vom 26. Mai 2005 C 465-03, Kretztechnik, Slg. 2005 S. I-04357).
Beabsichtigt der Unternehmer eine von ihm bezogene Leistung zugleich für seine wirtschaftliche und seine nichtwirtschaftliche Tätigkeit zu verwenden, kann er den Vorsteuerabzug grundsätzlich nur insoweit in Anspruch nehmen, als die Aufwendungen hierfür seiner wirtschaftlichen Tätigkeit zuzurechnen sind. Beabsichtigt der Unternehmer daher eine teilweise Verwendung für eine nichtwirtschaftliche Tätigkeit, ist er insoweit nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt. Bei der dann erforderlichen Vorsteueraufteilung für Leistungsbezüge, die einer wirtschaftlichen und einer nichtwirtschaftlichen Tätigkeit des Unternehmers dienen, ist § 15 Abs. 4 UStG analog anzuwenden
b)
Danach sind die Vorsteuerbeträge aus den Rechnungen für die im Zusammenhang mit der Aktienemission von der Klägerin bezogenen sonstigen Leistungen in voller Höhe abzugsfähig.
Diese Beratungs- und sonstigen Dienstleistungen stehen zwar nicht in einem direkten und unmittelbaren Zusammenhang mit einer (steuerbaren oder nicht steuerbaren) Ausgangsleistung der Klägerin. Sie sind erfolgt, um die Kapitalerhöhung der Klägerin (erfolgreich) durchführen zu können und auf diesem Wege Kapital für die Geschäftstätigkeit der Klägerin einzuwerben und das Eigenkapital der Klägerin zu stärken. Die Klägerin hat das Kapital eingeworben, um entsprechend ihrer Zielsetzung als Führungsholdung Mehrheitsbeteiligungen an den Schiffs-KGs zu erwerben und diese nach den Maßgaben der Konzernstrategie geschäftsführend gegen Entgelt zu leiten. Die im Zusammenhang mit dem Börsengang entstandenen Kosten gehören damit aber zu ihren allgemeinen Aufwendungen. Sie sind auch als solche Bestandteil des Preises der von ihr erbrachten Geschäftsführungsleistungen. Dies ergibt sich aus der Kalkulation des Entgelts für die Geschäftsführung in den Schiffs-KGs, in die - unstreitig - die gesamten Emissionskosten eingeflossen sind. Darauf, ob die Klägerin beabsichtigt, allein durch die Geschäftsführungsentgelte einen Gewinn zu erzielen, kommt es nach § 2 Abs. 1 Satz 3 UStG nicht an.
c)
Die Tätigkeit der Klägerin kann auch nicht in einen wirtschaftlichen und nichtwirtschaftlichen Bereich aufgeteilt werden mit der Folge, dass die streitgegenständlichen Vorsteuerbeträge insoweit nicht zum Abzug berechtigten, wie sie auf die Beteiligungserwerbe an den Tochtergesellschaften und die daraus bezogenen steuerfreien Erträge (im Streitjahr 55.981,- €) entfallen.
Im Unterschied zu den Fallgestaltungen, die den Urteilen des BFH vom 9. Februar 2012 (V R 40/10, BFH/NV 2012, 681) und des FG Niedersachsen vom 12. Mai 2011 (16 K 411/07, EFG 2011, 1751) zu Grunde liegen, kann die Geschäftstätigkeit der Klägerin nicht in einen unternehmerischen und einen nichtunternehmerischen Bereich aufgeteilt werden (vgl. auch FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 10. Mai 2012 5 K 5264/09, juris). Vorliegend ist es gerade die Konzernstrategie der Klägerin, selbst wirtschaftlich im Bereich der Schifffahrt tätig zu sein und ihre Tochtergesellschaften bis ins Tagesgeschäft hinein durch die von ihr ausgeübten Geschäftsführungsbefugnisse zu leiten. Die Rechtsform einer Führungsholding mit Tochter-KGs wurde unter anderem aus Haftungsgründen gewählt. Dies führt nicht dazu, dass die Tätigkeit der Klägerin in einen nichtunternehmerischen Bereich der reinen Beteiligungsverwaltung und einen unternehmerischen Bereich der Geschäftsführung aufgeteilt werden kann. Beide Bereiche sind nach dem Geschäftskonzept der Klägerin vielmehr so eng miteinander verzahnt, dass eine Trennung nicht möglich ist. Dabei kann auch aus dem Verhältnis der Entgelte für die Geschäftsführungstätigkeit von im Streitjahr 2.000,- € netto zu den Beteiligungserträgen von 55.981,- € angesichts des Konzernkonzepts der Klägerin nichts anderes abgeleitet werden, zumal dieses Verhältnis sich in den Folgejahren je nach dem Geschäftserfolg der Schifffahrtsgesellschaften ändern oder gar umkehren kann. Der Umstand, dass die Klägerin institutionellen Anlegern eine gewinnbringende Anlagemöglichkeit bieten wollte, ist gerade vor dem Hintergrund der Funktion als Führungsholding zu sehen und führt nicht dazu, den Bereich der Beteiligungsverwaltung getrennt zu beurteilen. Das Verhältnis des Geschäftsführungsentgelts der Klägerin zum Honorar der A KG für die von diesem Unternehmen für die Klägerin erbrachten Leistungen ist entgegen der Auffassung des Beklagten ebenso wenig aussagekräftig für die Frage, ob das Unternehmen der Klägerin in einen wirtschaftlichen und einen nichtwirtschaftlichen Bereich aufgeteilt werden kann. Umsatzsteuerrechtlich kommt es gemäß § 2 Abs. 1 Satz 3 UStG nicht auf eine Gewinnerzielungsabsicht an. Das Größenverhältnis zwischen Eingangs- und Ausgangsumsatz ist somit für die Frage der wirtschaftlichen Tätigkeit der Klägerin nicht entscheidend.
Im Übrigen ergibt sich mittelbar aus der Entscheidung des EuGH vom 29. Oktober 2009 - SKF- (C-29/08 Slg. 2009, S. I-10413), dass der Erwerb und das Halten einer Beteiligung durch eine Holding, die - wie hier - geschäftsleitend in einer Tochtergesellschaft gegen Entgelt tätig ist, dem wirtschaftlichen Bereich zuzuordnen ist, weil danach der Verkauf einer solchen Beteiligung als steuerbarer Umsatz einzuordnen ist (vgl. Behrens, BB 2012, S. 2147 ff., 2150).
d)
Es ist auch keine Aufteilung des Vorsteuerabzugs vorzunehmen und der Abzug abzulehnen, soweit die mit der Aktienemission der Klägerin zusammenhängenden Eingangsleistungen auf die nach § 4 Nr. 8 Buchst a UStG steuerfreien Zinserträge der Klägerin in Streitjahr von insgesamt 568.721 € entfallen (Darlehenszinsen in Höhe von 68.114,- €, Zinserträge aus Bankeinlagen in Höhe von 500.607,- €). Diese Zinserträge beruhen vielmehr auf Hilfsgeschäften zur eigentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit der Klägerin, die bei einer Aufteilung des Vorsteuerabzugs nach § 15 Abs. 4 UStG nicht zu berücksichtigen sind (vgl. § 43 Nr. 3 UStDV i. V. m Abschn. 210 Abs. 5 UStHA 2008; FG Düsseldorf, Urteil vom 10. Juni 2009 5 K 150/06, EFG 2009, 2070; FG Hamburg, Urteil vom 4. September 1997 III R 117/96, EFG 1998, 69). Von Hilfsgeschäften ist nach der Rechtsprechung des EuGH auszugehen, wenn die Erzielung dieser Erträge keine oder eine jedenfalls nur sehr begrenzte Verwendung von Gegenständen oder Dienstleistungen erfordert, für die die Mehrwertsteuer zu entrichten ist (vgl. EuGH-Urteil vom 29. April 2004 C-77/01, EDM, Slg. 2004 S. I-04295). Dies ist hier der Fall. Die Anlagen der Kläger bei Banken und die Darlehensgewährungen an die Tochtergesellschaften stellen nicht den Gegenstand des Geschäftes der Klägerin dar. Ihre umsatzsteuerpflichtigen Geschäftsführungsleistungen für die Tochter-KGs wurden dafür nicht in Anspruch genommen. Die Darlehensgaben an die Tochtergesellschaften erfolgten vielmehr zu deren vorübergehender Zwischenfinanzierung. Sie sollten - wie die Geldanlagen bei Banken - die bei der Klägerin durch die Kapitalerhöhung vorhandenen Geldmittel sinnvoll nutzen, die vorübergehend für die geplanten Beteiligungserwerbe noch nicht nutzbar waren, weil es eine gewisse Zeit in Anspruch genommen hat, bis die geplanten ... Schiffs-KGs aufgelegt und Seeschiffe erwerben konnten.
e)
Die Vorsteuerabzugsberechtigung der Klägerin aus den streitgegenständlichen Eingangsrechnungen scheitert nicht aus formalen Gründen. Diese genügen - unstreitig - den Anforderungen des § 14 UStG.
Da die Klage bereits aus den angeführten Gründen Erfolg hat, kann offen bleiben, ob sich die streitgegenständliche Vorsteuerabzugsberechtigung der Klägerin auch aus dem Gesichtspunkt einer umsatzsteuerlichen Organschaft ergibt, weil § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG unionsrechtskonform dergestalt auszulegen oder anzuwenden ist, dass auch Personengesellschaften Organgesellschaften sein können (vgl. dazu Birkenfeld, UR 2008, S. 2 ff.). Die Klägerin hat sich nur hilfsweise auf für sie günstigeres Unionsrecht berufen. Dieser Gesichtspunkt wäre auf Grund ihres Wahlrechts für das für sie günstigere Recht deshalb nur dann zu berücksichtigen, wenn nicht bereits das nationale Recht zum Erfolg ihrer Klage geführt hätte (vgl. BFH-Urteil vom 15. September 2011 V R 8/11, BStBl II 2012, 368). Deshalb ist es auch unerheblich, dass die Klägerin keine Umsatzsteuererklärung für die Organschaft (hilfsweise) eingereicht hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 151 Abs. 3, § 155 FGO i. V. m. § 708 Nr. 11, § 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).
Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) und zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) zuzulassen.
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