FG Münster: Vorsteuerabzug bei Umsatzsteuerbetrug
FG Münster, Beschluss vom 12.12.2013 – 5 V 1934/13 U, rkr.
LEITSATZ (DER REDAKTION)
1. Es widerspricht der MwStSystRL, wenn der Vorsteuerabzug einem Steuerpflichtigen versagt wird, der weder wusste noch wissen konnte, dass der betreffende Umsatz in eine vom Lieferer begangene Steuerhinterziehung einbezogen war oder dass in der Lieferkette bei einem anderen Umsatz, der dem vom Steuerpflichtigen getätigten Umsatz vorausging oder nachfolgte, Mehrwertsteuer hinterzogen wurde.
2. Es ist grundsätzlich Sache der Steuerbehörden, bei den Steuerpflichtigen die erforderlichen Kontrollen durchzuführen, um Unregelmäßigkeiten und Mehrwertsteuerhinterziehung aufzudecken und gegen den Steuerpflichtigen, der diese Unregelmäßigkeiten oder Steuerhinterziehung begangen hat, Sanktionen zu verhängen. Das nationale Gericht muss in diesem Zusammenhang dafür Sorge tragen, dass die Beweiswürdigung nicht dazu führt, dass der Rechnungsempfänger mittelbar zu Nachprüfungen bei seinem Vertragspartner verpflichtet wird, die ihm grundsätzlich nicht obliegen.
3. Für die Versagung des Vorsteuerabzugsrechts trägt letztlich nicht der Steuerpflichtige sondern das FA die objektive Feststellungslast. Das FA muss deshalb grundsätzlich konkrete Anhaltspunkte darlegen, die belegen, dass der Unternehmer von seiner Einbeziehung in einen Umsatzsteuerbetrug gewusst hat bzw. hätte wissen können oder wissen müssen. Der den Vorsteuerabzug begehrende Unternehmer ist nicht verpflichtet, einen echten „Negativbeweis“ dahingehend zu führen, dass er keine Anhaltspunkte für etwaige Ungereimtheiten in Bezug auf den Leistenden und/oder die Leistung hatte (entgegen BFHUrteile vom 27.6.1996 – V R 51/93, BFHE 181, 197, BStBl. II 1996, 620, BB 1996, 2340; vom 19.4.2007 – V R 48/04, BFHE 217, 194, BStBl. II 2009, 315, BB 2007, 1941 Ls).
UStG §§ 14, 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 1; FGO § 69 Abs. 3 S. 1 i.V.m. Abs. 2 S. 2
Sachverhalt
Streitig ist der Vorsteuerabzug aus den Rechnungen der N GmbH (im Folgenden N-GmbH).
Die Antragstellerin (Astin.) ist eine GmbH, die einen Einzelhandel mit Neu- und Gebrauchtfahrzeugen führt. Neben direkten Reimporten von polnischen Lieferanten handelte die Astin. im Streitjahr 2009 ab August auch mit Neufahrzeugen der Marke VW, die bereits zuvor als so genannte polnische Re-Importe ins Inland gelangt waren. Diese Fahrzeuge kaufte sie von der N-GmbH, deren eingetragener Geschäftsführer Herr N O (O) war. Der erste Kontakt mit der N-GmbH kam zustande, als sich die Astin. über das Internetportal „mobile.de" für einen VW Passat interessierte, der von der Firma X angeboten worden war, welche aber letztlich nur als Vermittlerin des Verkaufsgeschäfts auftrat.
Am 04.11.2009 führte das Finanzamt C bei der N-GmbH eine Umsatzsteuer(USt)-Nachschau durch, weil diese bisher keine USt-Voranmeldungen abgegeben hatte. Hierbei wurde festgestellt, dass die N-GmbH unter ihrer Geschäftsadresse A-Str. 9, 00000 C , nicht ansässig und auch nicht bekannt sei. Ein eigener Briefkasten der N-GmbH war nicht vorhanden. Zu finden war aber der Briefkasten einer Firma „Büroservice C " mit einer Liste von Kunden, die durch diese Firma betreut wurden. Auf dieser Liste sei auch die „N-GmbH / O" vermerkt gewesen. Der Büroservice hatte auf dem Gelände ein Büro / einen Lagerraum angemietet. Anschrift oder Telefonnummer des Büroservice-Unternehmens habe vor Ort nicht ermittelt werden können. Laut Aussage eines Handwerkers werde der Briefkasten 1-2 mal pro Woche geleert.
Daraufhin wurde ein steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen die Herren B T , X M und N P eingeleitet. Im Rahmen dieses Ermittlungsverfahrens wurde am 25.02.2010 Herr W C , Inhaber der Firma „Büroservice C ", als Zeuge vernommen. Dieser sagte aus, dass er O die Anschrift A-Str. 9 in C zur Nutzung für die N-GmbH zur Verfügung gestellt habe. Die Post der N-GmbH sei an die Anschrift „..." in Polen weiterversandt worden. Der Geschäftskontakt sei seinerseits im Dezember 2009 eingestellt worden, da die N-GmbH die vereinbarten Zahlungen nicht mehr geleistet habe. Wegen der Einzelheiten wird auf das Protokoll über die Zeugenvernehmung vom 25.02.2010 Bezug genommen. Im Rahmen des o.g. steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens wurden zudem am 18.05.2010 die Geschäftsräume der Astin. durch die Steuerfahndung D im Wege der Amtshilfe durchsucht und der Geschäftsführer der Astin., Herr V T , als Zeuge zu den Autokäufen der Astin. von der N-GmbH befragt. Hierbei sagte dieser u.a. aus, dass ihm gegenüber Herr X M und ein Herr S im Namen der N-GmbH aufgetreten seien. Mit O selbst habe er z. B. bei Reklamationen telefoniert. Der Erstkontakt mit der N-GmbH sei bei der Suche nach einem Passat über das Internetportal mobile.de entstanden. Unter der Firmierung X mit Sitz in 00000 Y sei er auf Herrn N P gestoßen. Als die Astin. bei Abholung des Fahrzeugs eine Rechnung der N-GmbH erhalten habe, habe der Einkäufer der Astin., Herr U , telefonisch Kontakt zu Herrn N P aufgenommen. Dieser habe ihm erklärt, dass der eigentliche Lieferant die N-GmbH sei. Er stehe in verwandtschaftlicher Beziehung zu deren Geschäftsführer O. Herr U habe dann Kontakt mit O aufgenommen und sich vergewissert, dass die N-GmbH Kenntnis von diesem Geschäft habe und Herr N P auch berechtigt sei, den Kaufpreis entgegenzunehmen. Für weitere Kontaktaufnahmen mit der N-GmbH, die hauptsächlich durch Herrn U erfolgt seien, seien der Astin. dann eine Mobilfunknummer, und 3 polnische Festnetznummern benannt worden. Der Geschäftskontakt zur N-GmbH sei beendet worden, als O ab kurz vor Weihnachten telefonisch nicht mehr erreichbar gewesen sei. Die Astin. habe vier Fahrzeuge nicht mehr erhalten, obwohl sie diese bereits im Oktober 2009 mit insgesamt 80.000 EUR angezahlt habe. Die Rechnungen hierzu habe sie Ende Dezember überreicht bekommen. Wegen der Einzelheiten wird auf das Protokoll über die Zeugenvernehmung vom 25.02.2010 Bezug genommen.
In ihrer am 06.04.2011 beim Ag. eingereichten, nicht zustimmungsbedürftigen USt-Erklärung für 2009 machte die Astin. aus den Rechnungen der N-GmbH Vorsteuern in Höhe von insgesamt 67.250,42 EUR geltend.
Am 27.12.2011 erhielt der Ag. betreffend die Besteuerung der Astin. eine Kontrollmitteilung des Finanzamts für Fahndung und Strafsachen M (Steuerfahndung M ). Hierin wurde über das steuerstrafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen B T und X M als verantwortlich Handelnde der N-GmbH berichtet. Das Ermittlungsverfahren betreffe den Handel mit Neufahrzeugen, die im Rahmen der „Abwrackprämie" aufgrund des erhöhten Bedarfs von Neufahrzeugen in Polen eingekauft und deren Verkäufe im Inland unter dem Namen der N-GmbH fakturiert worden seien. Die N-GmbH sei am 08.10.2008 durch eine dritte Person, die nicht der jetzige Geschäftsführer der N-GmbH sei, als sogenannte „Vorratsgesellschaft" mit dem Namen „A GmbH" gegründet worden. Mit notariellem Vertrag vom 24.04.2009 habe O die Gesellschaftsanteile gekauft; der Name der Firma sei geändert worden. O habe zuvor am 15.04.2009 unter der Anschrift A-Str.. 9 in C einen Scheinwohnsitz angemeldet. Geschäftssitz der N-GmbH und Scheinwohnsitz des O seien dann identisch gewesen. Die Geschäftspost der N-GmbH sei an den polnischen Wohnsitz der Mutter des O weitergeleitet worden. Unter Verwendung der für die Zeiträume April bis Juli 2009 gesetzten USt-Identifikationsnummer der N-GmbH hätten insgesamt 22 polnische Firmen innergemeinschaftliche Lieferungen für den Zeitraum vom 01.04.2009 bis 31.12.2009 gemeldet. Weitere unter dem Namen der N-GmbH im Inland verkaufte Fahrzeuge seien in Polen durch den Beschuldigten B T im Namen einer E GmbH oder unter dem Namen von fiktiven inländischen Privatpersonen, gegebenenfalls unter Vorlage von gefälschten Personalpapieren, erworben worden. Es seien insgesamt ca. 440 Fahrzeuge in Polen erworben und im Inland unter dem Namen der N-GmbH bzw. deren Nachfolgefirmen verkauft worden. Die in den Rechnungen ausgewiesene USt sei im Inland nicht angemeldet worden. Die N-GmbH habe bei diesem USt-Betrug als „Missing Trader" fungiert. Sie sei als Gesellschaft zwar gegründet worden, sei aber ihren steuerlichen Verpflichtungen nicht nachgekommen und habe keine Steuererklärungen eingereicht. Bei Lieferungen aus Polen habe sie dabei unter Ausnutzung der Regelungen für die USt-Besteuerung bei innergemeinschaftlichen Lieferungen und Erwerben als erster inländischer Lieferant hinter der Grenze ermöglicht, dass die weiteren Abnehmer im Rahmen der Lieferkette in den Besitz von Rechnungen mit offen ausgewiesener USt gelangen, die diese dann im Rahmen des Vorsteuerabzugs geltend gemacht hätten, ohne dass die am Beginn der Lieferkette im Inland stehende USt angemeldet und entrichtet worden sei. Die in Niedersachsen zuständigen Finanzämter hätten bei den dort ansässigen Fahrzeugerwerbern einen Vorsteuerabzug aus den Rechnungen der N-GmbH aus im Einzelnen aufgeführten Gründen nicht anerkannt. Insbesondere stehe aufgrund objektiver Umstände fest, dass der jeweilige Erwerber gewusst habe oder habe wissen können bzw. müssen, dass er sich mit seinem Erwerb an einem Umsatz beteilige, der in eine USt-Hinterziehung einbezogen gewesen sei. Die Erwerber der Fahrzeuge hätten zu keinem Zeitpunkt versucht, mit O persönlich in Kontakt zu treten. Sämtliche Geschäftsangelegenheiten hätten die Erwerber mit Dritten besprochen. Diese Personen seien jedoch nicht im Besitz von Handlungsvollmachten gewesen. Den Erwerbern sei es möglich und auch zumutbar gewesen, sich über die Identität der N-GmbH und deren Geschäftsverhalten Klarheit zu verschaffen. Sie hätten aber zu keinem Zeitpunkt den in den Rechnungen genannten Geschäftssitz in C aufgesucht oder hierüber Erkundigungen eingezogen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Kontrollmitteilung vom 22.12.2011 Bezug genommen.
Bei der Astin. wurde in 2012 eine USt-Sonderprüfung durchgeführt, welche sich insbesondere auf die Vorsteuer der Jahre 2009 und 2010 bezog. In ihrem Bericht vom 07.01.2013 stellten die Prüfer wie folgt fest:
Die in der Zeit ab August 2009 gehandelten Neufahrzeuge seien laut den Rechnungen ausschließlich von der N-GmbH, A-Str. 9, 00000 C , Steuernummer [...], erworben worden. Nach den Feststellungen des Finanzamts C im Rahmen einer bei der N-GmbH durchgeführten USt-Nachschau sei diese unter der Geschäftsadresse nicht ansässig und auch nicht bekannt. Die hierfür eingehende Geschäftspost sei von der Firma „Büroservice C " ungeöffnet nach Polen an die Meldeadresse des O weitergeleitet worden. Der aus den Rechnungen der N-GmbH geltend gemachte Vorsteuerabzug in Höhe von 67.250,42 EUR sei nicht zu gewähren, weil es sich nicht um Lieferungen von einem anderen Unternehmer handeln würde, da die N-GmbH kein existierendes Unternehmen sei. Der in der Rechnung angegebene Sitz der N-GmbH sei lediglich ein „Scheinsitz". Die Astin. habe zu dem offiziellen Geschäftsführer O der N-GmbH nur gelegentlich Kontakt aufgenommen, z.B. bei Reklamationen. Bezeichnend sei, dass O nur über eine Handynummer sowie unter einer polnischen Vorwahl erreichbar gewesen sei. Sämtliche Geschäftsangelegenheiten seien sonst mit Dritten (Herr X M und Herr S ) besprochen worden, die jedoch nicht im Besitz von Handlungsvollmachten gewesen seien. Die Astin. habe diese auch nicht angefordert. Der Erstkontakt sei über die Firma X und den dortigen Ansprechpartner Herrn N P , der „im Auftrag der N-GmbH" aufgetreten sei, zustande gekommen. Die auftretenden Zweifel hinsichtlich der Berechtigung des Herrn N P seien lediglich durch ein Telefonat mit O beseitigt worden. Bei Anforderung und Überprüfung eines Handelsregisterauszugs der N-GmbH hätte der Astin. auffallen können, dass die N-GmbH erst einen Monat zuvor durch Umfirmierung einer Beteiligungs- und Verwaltungs-GmbH entstanden sei, was zumindest ein fragwürdiges Licht auf die Unternehmensvorgeschichte werfen würde. Der Astin. sei es möglich und auch zumutbar gewesen, sich über die Identität der N-GmbH und deren Geschäftsgebaren Klarheit zu verschaffen. Dies gelte insbesondere, weil die Leistungen sofort und in bar abgerechnet worden seien. Auch hätte die Astin. von der N-GmbH die Vorlage einer steuerlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung verlangen können. Dann wäre ihr auch bekannt gewesen, dass z.B. die in der Rechnung genannte USt-Identifikationsnummer zum Zeitpunkt der Lieferung keine Gültigkeit mehr gehabt habe. Da die Astin. die Fahrzeugkäufe ausschließlich bar abgewickelt habe, sei ihr auch zumutbar gewesen, die notwendigen Voraussetzungen jeden Monat erneut zu überprüfen, da sie die Feststellungslast für die den Vorsteuerabzug begründenden Tatsachen trage. Wegen der Einzelheiten wird auf den Prüfungsbericht vom 07.01.2013 Bezug genommen.
Darauf erließ der Antragsgegner (Ag.) am 12.02.2013 einen USt-Änderungsbescheid 2009, mit der er in Umsetzung der Prüfungsfeststellungen die USt 2009 auf 748.280,24 EUR festsetzte.
Hiergegen legte die Astin. fristgemäß Einspruch und beantragte mit Schreiben vom 15.03.2013 die Aussetzung der Vollziehung. Wegen der Begründung wird auf die Schreiben der Astin. vom 15.03.2013 und 20.03.2013 Bezug genommen (Gerichtsakte Blatt 13 bis 21). Über den Einspruch hat der Ag. noch nicht entschieden. Den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung lehnte der Ag. mit Schreiben vom 29.05.2013 ab. Der Vorsteuerabzug aus den Rechnungen der N-GmbH sei zu Recht versagt worden. Es werde zwar nicht von der Nichtexistenz der zur Rede stehenden PKW´s ausgegangen, doch habe die N-GmbH an der angegebenen Adresse nicht über einen hinreichenden Sitz verfügt. Es hätten vor Ort noch nicht einmal minimale Aktivitäten der N-GmbH festgestellt werden können.
Mit am 20.06.2013 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz beantragt die Astin. die Aussetzung der Vollziehung durch das Gericht.
Sie macht geltend, dass im Streitfall zumindest Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen würden, so dass eine Aussetzung der Vollziehung zu gewähren sei. Der Ag. habe den Sachverhalt, aufgrund dessen der Vorsteuerabzug versagt werden solle, nicht ausreichend ermittelt und dargetan. Er habe bei der Versagung des Vorsteuerabzugs Rechtsgrundsätze herangezogen, die für die Gewährung der Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen gelten würden und dabei verkannt, dass für die Gewährung bzw. Versagung des Vorsteuerabzugs andere Maßstäbe anzulegen seien. Der Ag. habe zudem die neuere Rechtsprechung des EuGH zur Risikoverteilung bei der Gewährung des Vorsteuerabzugs aus Rechnungen mit gesondertem Steuerausweis nicht berücksichtigt. Auf der Grundlage der neuen Rechtsprechung des EuGH müsse auch die Rechtsprechung der deutschen Gerichte zur Versagung des Vorsteuerabzugs bei betrügerischem Handeln auf der Ebene der Vorlieferanten neu justiert werden.
Sie, die Astin., könne und wolle nicht bestreiten, dass die N-GmbH und ihr Geschäftsführer O ihre steuerlichen Pflichten nicht erfüllt hätten und der tatsächliche Sitz des Unternehmens in Polen gewesen sei. Damit lasse sich jedoch nicht belegen, dass das Unternehmen nicht existent gewesen sei. Die N-GmbH habe von der Finanzverwaltung eine Steuernummer erhalten und ihr sei auch eine USt-Identifikationsnummer erteilt worden. Damit sei ihr die Möglichkeit eröffnet worden, als juristische Person deutschen Rechts am innergemeinschaftlichen Handel teilzunehmen. Die N-GmbH habe nach den Ermittlungen der Steuerfahndung auch tatsächlich in Polen Fahrzeuge erworben und als so genannte EU-Fahrzeuge in Deutschland verkauft. Der Geschäftsführer der N-GmbH sei keine fiktive Figur, sondern real aufgetreten. Der Betreiber des Büroservice-Unternehmens in C habe bis zum 09.12.2009 Kontakt zu ihm gehabt.
Unrichtig sei die Behauptung des Ag., die N-GmbH sei schriftlich oder telefonisch nicht erreichbar gewesen. Aus den Akten der Steuerfahndung sei ersichtlich, dass die an die Geschäftsadresse in C der Gesellschaft gerichtete Post an eine Adresse in Polen weitergeleitet worden sei, unter der der Geschäftsführer O gemeldet gewesen sei. Dass diese Adresse mit dem Wohnsitz dessen Mutter identisch gewesen sei und der Briefkasten dort „zur Wohnung der Mutter gehört" habe, spreche dafür, dass die Post den Geschäftsführer habe erreichen können und auch tatsächlich erreicht habe. O sei auch unter der in den Rechnungen angegebenen Mobilfunknummer telefonisch erreichbar gewesen. Die Tatsache, dass O sich beim Abschluss des Geschäftsanteilsübertragungsvertrags des Beschuldigten B T als Dolmetscher bedient habe, sei kein Beweis dafür, dass er nicht über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt habe, um Verhandlungen im Bereich des Autohandels und im Einzelfall Telefongespräche mit Geschäftspartnern führen zu können. Tatsächlich hätten mit O telefonische Kontakte stattgefunden.
Es sei im Übrigen keinesfalls ungewöhnlich, dass der Geschäftsführer einer Firma, die Fahrzeuge in Polen einkaufe und in Deutschland verkaufe, polnischer Nationalität sei, sich bei der Abwicklung seiner Geschäfte überwiegend in Polen aufhalte und dementsprechend zeitweise auch unter einer polnischen Festnetznummer erreichbar sei. Auch sei im Handel die Mitarbeit von Personal „gang und gäbe". Wenn der Vorlieferant zudem nicht nur ein Fahrzeug, sondern eine Reihe von Fahrzeugen und darüber hinaus noch EU-Fahrzeuge liefere, würden erst recht keine Zweifel an der Unternehmereigenschaft bestehen.
Soweit der Ag. besondere Sorgfalts- und Prüfungspflichten daraus herleite, dass die Fahrzeuggeschäfte bar abgewickelt worden seien, sei die dazu vom Ag. angeführte BFH-Rechtsprechung jedoch nicht zur Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs, sondern zur Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen ergangen. Ein Unternehmer, der eine Lieferung steuerfrei behandeln wolle, unterliege ganz anderen Sorgfaltsanforderungen als ein Unternehmer, der im Rahmen von steuerpflichtigen Inlandsumsätzen Waren beziehe, sie einschließlich der ausgewiesenen USt bezahle und dann den Vorsteuerabzug geltend mache.
Auch soweit der Ag. auf eine fehlende Handlungsvollmacht der Beauftragten hinweise, sei dies eine Frage, die typischerweise bei der Gewährung der Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen gestellt werde. Bei einem Pkw-Verkauf, bei dem der Bevollmächtigte das Fahrzeug und die erforderlichen Papiere übergebe und der Bevollmächtigte in der Rechnung als Empfangsbevollmächtigter für die Entgegennahme des Kaufpreises bezeichnet werde, bestehe grundsätzlich kein Anlass, eine anderweitige Vollmacht anzufordern. Sie, die Astin., habe im Übrigen die Ausweispapiere der Vertreter kopiert und sich damit über die Identität der Personen vergewissert, die für die Verkäuferin aufgetreten seien. Bei dem ersten Kauf eines VW Passat von der N-GmbH sei durch ein Telefonat mit dem Geschäftsführer O der N-GmbH sichergestellt worden, dass Herr N P den Verkauf für die N-GmbH habe tätigen dürfen. Da Herr N P tatsächlich über das Fahrzeug habe verfügen und auch die für einen Verkauf erforderlichen Papiere habe vorlegen können, habe für sie, die Astin., kein Anlass bestanden, an der notwendigen Vollmacht des Herrn N P zu zweifeln.
Der Geschäftsführer der Astin. sei in seiner Vernehmung vom 18.05.2010 nicht nach der Anforderung eines Handelsregisterauszugs befragt worden. Tatsächlich habe die Astin. nach Anbahnung der Geschäftsbeziehung zur N-GmbH einen Handelsregisterauszug angefordert und sich damit über die Existenz der Lieferfirma, den Namen des Geschäftsführers und über den Sitz der Gesellschaft vergewissert. Der Ag. gebe den Inhalt des Handelsregisters unrichtig wieder. Tatsächlich sei Unternehmensgegenstand auch der „Handel und Dienstleistungen aller Art". Zum Handel würde selbstverständlich auch der Handel mit Fahrzeugen gehören. Allein der Inhalt des Handelsregisters sei deshalb nicht geeignet gewesen, den Verdacht zu schöpfen, dass es sich bei der N-GmbH um eine „betrügerische" Unternehmung gehandelt habe. Soweit der Ag. meine, dass die Unternehmensvorgeschichte ein fragwürdiges Licht auf die N-GmbH geworfen und damit Anlass zu weiteren Nachforschungen gegeben habe, würden die im Geschäftsverkehr zu beachtenden Anforderungen überspannt werden. Es komme täglich vor, dass Gesellschaften gegründet oder umfirmiert würden. Bei Geschäften, die Zug um Zug, insbesondere durch Barzahlung, abgewickelt würden, bestehe grundsätzlich kein Bedürfnis für eine weitere Prüfung der Unternehmensvorgeschichte, insbesondere vor dem Hintergrund, dass im Geschäft mit Neufahrzeugen die Gewährleistungsrisiken durch eine Herstellergarantie abgedeckt seien.
Soweit der Ag. der Ansicht sei, dass sie, die Astin., sich eine steuerliche Unbedenklichkeitsbescheinigung von der N-GmbH hätte vorlegen lassen müssen, verkenne der Ag., dass solche Bescheinigungen nicht zum Nachweis der Unternehmereigenschaft des Rechnungsausstellers geeignet seien. Verfehlt sei auch der Hinweis in dem Prüfungsbericht auf den Ablauf der Gültigkeit der USt-Identifikationsnummer der N-GmbH. Für inländische Unternehmer bestehe im Regelfall gar keine Möglichkeit, sich inländische USt-Identifikationsnummern vom Bundeszentralamt für Steuern bestätigen zu lassen.
Sie, die Astin., habe auch marktgerechte Preise für die aus Polen stammenden EU-Fahrzeuge gezahlt. Dies sei vom Ag. völlig unsubstantiiert in Zweifel gezogen worden.
Außerdem sei eine abschließende Beurteilung, ob ein Strohmanngeschäft vorgelegen habe und wer einen Steuerbetrug begangen habe, nach dem derzeitigen Akteninhalt nicht möglich. Der Vorsteuerabzug sei selbst dann zu gewähren, wenn die N-GmbH nur als Strohmann für die Geschäfte dahinter stehende Personen vorgeschaltet worden sein sollte.
Von Interesse sei auch, wie das Ermittlungsverfahren gegen B T , X M und N P ausgegangen sei und wie sich die Beschuldigten eingelassen hätten. Sie, die Astin., gehe davon aus, dass sich aus deren Verfahren weitere Anhaltspunkte dafür ergeben würden, dass die N-GmbH durchaus kein Scheinunternehmen gewesen sei. Der Ag. müsse den ihm bekannten Sachverhalt und insbesondere die Ergebnisse eingeleiteter Ermittlungs- und Strafverfahren offenlegen, wenn er behaupten wolle, dass eine ordnungsgemäß gegründete und vertretene GmbH, der eine USt-Identifikationsnummer erteilt worden sei, kein existierendes Unternehmen gewesen sein solle.
Sie, die Astin., sei an einem möglichen USt-Betrug der N-GmbH als Vorlieferantin jedenfalls nicht beteiligt gewesen. Eine vorsteuerschädliche „Beteiligung" an einem solchen USt-Betrug liege vor, wenn der Leistungsempfänger von diesem Betrug gewusst habe oder davon hätte wissen müssen. Sie, die Astin., habe erst aufgrund der Ermittlungen der Steuerfahndung davon Kenntnis erlangt, dass die N-GmbH die von ihr ausgeführten Umsätze nicht versteuert habe. Es hätten auch keine Umstände vorgelegen, aufgrund derer sie oder ihre Mitarbeiter eine solche Kenntnis hätte haben müssen.
Die Astin. beantragt sinngemäß, den USt-Änderungsbescheid 2009 vom 12.02.2013 ab Fälligkeit bis einen Monat nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung in Höhe von 67.249,34 EUR von der Vollziehung auszusetzen.
Der Ag. beantragt, den Antrag abzulehnen.
Er macht geltend, dass es sich bei der N-GmbH um kein existierendes Unternehmen handele und damit der Vorsteuerabzug aus den streitigen Rechnungen verwehrt sei. Bei der Anschrift in C habe es sich offensichtlich nur um eine „Briefkastenfirma" gehandelt. Zwar habe sich an dem Briefkasten eine Liste befunden mit den Kunden, die von der „Büroservice C " betreut wurden (u.a. die N-GmbH), jedoch seien weder die Adresse des Büroservices noch die Adresse der N-GmbH irgendwo vermerkt gewesen. Wie später festgestellt worden sei, sei die Firmenkorrespondenz ungeöffnet an die Privatanschrift der Mutter des O in ... / Polen weitergeleitet worden. Dort habe die N-GmbH jedoch nachweislich keinen Geschäftsbetrieb unterhalten. Es handele sich bei der Anschrift in Polen auch laut Handelsregistereintrag nicht um eine Anschrift der im Inland ansässigen Gesellschaft. In C hätten unter der auf den Rechnungen angegebenen Adresse der N-GmbH nicht einmal minimale geschäftliche Aktivitäten stattgefunden. Die geschäftliche und für die Finanzverwaltung erforderliche Überprüf- und Erreichbarkeit sei dort nicht gegeben. Die N-GmbH sei auch unter der genannten inländischen Anschrift mit der auf den Rechnungen genannten Telefonnummern nicht erreichbar gewesen. Eingehende Gespräche und Faxe hätten demzufolge nicht weitergeleitet werden können. Die dem Geschäftsführer der Astin. zudem benannte Festnetz-Telefonnummer der N-GmbH habe eine polnische Vorwahl gehabt. Damit verfüge die N-GmbH nicht über eine hinreichende Adresse im Inland. Es handele sich um einen reinen „Scheinsitz".
Die Astin. als die den Vorsteuerabzug begehrende Unternehmerin könne keinen Vertrauensschutz geltend machen, weil sie nicht alle Maßnahmen ergriffen habe, die vernünftigerweise von ihr hätten verlangt werden können, um sich von der Richtigkeit der Angaben in den Rechnungen zu überzeugen und ihre eigene Beteiligung an einem Betrug auszuschließen. Der Astin. hätten sich erhebliche Zweifel aufdrängen müssen. Die vorliegenden Autoverkäufe seien ausschließlich bar abgewickelt worden, obwohl aus den Rechnungen eine Bankverbindung hervorgegangen sei. Bei Barverkäufen seien an die Sorgfalts- und Nachweispflichten des den Vorsteuerabzug begehrenden Unternehmers hohe Anforderungen zu stellen. Auch habe die Astin. als Leistungsempfängerin die Obliegenheit, sich über die Richtigkeit der Angaben in der Rechnung zu vergewissern. Hier habe sie sich nicht in angemessener Weise über die Richtigkeit der Angaben in den Rechnungen hinsichtlich des Verkäufers vergewissert. Schon bei der Kaufabwicklung des ersten Fahrzeugs, das nicht von der N-GmbH, sondern von der Firma X im Internetportal mobile.de inseriert worden sei, hätte die Astin. misstrauisch werden müssen. Denn es entspreche nicht dem Üblichen, dass eine Firma ein Auto inseriere, aber letztlich eine andere Firma, hier die N-GmbH, das Auto verkaufe. Spätestens bei den nachfolgenden Autokäufen von der N-GmbH hätte der Geschäftsführer der Astin. die Richtigkeit der Angaben in den Rechnungen hinsichtlich des Verkäufers eingehend überprüfen müssen. Denn hier seien andere Personen (Herr X M und Herr S ) im Namen der N-GmbH aufgetreten und hätten als Kontaktnummer eine polnische Festnetznummer genannt. Diese Personen seien nicht im Besitz von Handlungsvollmachten gewesen, welche seitens der Astin. auch nicht angefordert worden seien. Für das Vorliegen einer Handlungsvollmacht treffe die Astin. jedoch die Beweislast. Ferner trage sie die Feststellungslast über die Identität von Rechnungsaussteller und Leistendem. Bei Anforderung eines Handelsregisterauszugs der N-GmbH hätte die Astin. als sorgfältiger Kaufmann schon bezüglich des Unternehmensgegenstandes der N-GmbH misstrauisch werden müssen. Denn hier sei nicht der Handel mit Fahrzeugen, sondern „insbesondere die Unternehmensberatung, der Messebau sowie der Handel mit Lebensmittel und Elektroartikel" angegeben. Dieses sei für ein Unternehmen, das in großem Umfang Autos verkaufe, sehr ungewöhnlich bzw. unüblich. Aus dem ebenfalls über das Handelsregister aufrufbaren Geschäftsanteils-Übertragungsvertrags vom 18.04.2009 gehe zudem hervor, dass O der deutschen Sprache nicht mächtig sei bzw. gewesen sei, weil er bei der notariellen Beurkundung des Kaufvertrags der GmbH-Anteile einen Dolmetscher benötigt habe. Die Aussage des Geschäftsführers der Astin. in seiner Vernehmung, dass die Mitarbeiter der Astin. mit O telefonisch kommuniziert hätten, erscheine daher wenig glaubhaft. Es sei nicht bekannt, dass die Mitarbeiter der Astin. über polnische Sprachkenntnisse verfügt haben.
Im Übrigen habe nach den Erkenntnissen sowohl der Steuerfahndung M als auch der USt-Sonderprüfung die „Einschaltung" der N-GmbH ausschließlich dazu gedient, die ursprünglich aus Polen stammenden innergemeinschaftlichen Lieferungen der Fahrzeuge zu verschleiern und bei den Erwerbern einen Vorsteuerabzug zu generieren, auch um die Fahrzeuge möglichst preisgünstig auf den deutschen Markt zu bekommen.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und auf die vom Ag. vorgelegten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
Aus den Gründen
II. Der Antrag ist begründet.
Gemäß § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) soll das Gericht auf Antrag des Steuerpflichtigen die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieses Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Verwaltungsaktes, wenn bei summarischer Prüfung anhand des aktenkundigen Sachverhalts neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zu Tage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatsachenfragen bewirken und sich der Verwaltungsakt bei abschließender Klärung dieser Fragen als rechtswidrig erweisen könnte. Dabei brauchen die für die Unrechtmäßigkeit des Verwaltungsakts sprechenden Bedenken nicht zu überwiegen (vgl. z.B. BFH, Beschlüsse vom 07. Dezember 2010 I B 143/10, BFH/NV 2011, 189 und vom 18. Juli 2012 X S 19/12, BFH/NV 2012, 2008 m.w.N.).
Vorliegend bestehen für den Senat bei summarischer Prüfung anhand der präsenten Beweismittel ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen USt-Änderungsbescheides 2009 vom 12.02.2013, mit dem der Ag. den Vorsteuerabzug aus den Rechnungen der N-GmbH versagt hat.
Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) kann ein Unternehmer die in Rechnungen im Sinne von § 14 UStG gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen.
Das Recht auf Vorsteuerabzug ist integraler Bestandteil des Mechanismus der Mehrwertsteuer und kann grundsätzlich nicht eingeschränkt werden (vgl. EuGH-Urteil vom 21. Juni 2012 C-80/11 und C-142/11, C-80/11, C-142/1, Mahagében und Dávid, ABl EU 2012, Nr. C 250, 5, HFR 2012, 917). Durch die Abzugsregelung soll der Unternehmer vollständig von der im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit geschuldeten oder entrichteten Mehrwertsteuer entlastet werden. Das gemeinsame Mehrwertsteuersystem gewährleistet folglich die Neutralität hinsichtlich der steuerlichen Belastung aller wirtschaftlichen Tätigkeiten unabhängig von ihrem Zweck und ihrem Ergebnis, sofern diese Tätigkeiten selbst der Mehrwertsteuer unterliegen (vgl. u. a. EuGH-Urteile vom 21. Februar 2006, Halifax u. a., C-255/02, Slg. 2006, I-1609, HFR 2006, 411, Rn. 78; vom 6. Juli 2006, Kittel und Recolta Recycling C-439/04 und C-440/04, ABl EU 2006, Nr. C 212, 4, HFR 2006, 939, Rn. 48; vom 22. Dezember 2010, Dankowski, C-438/09, Slg. 2010, I-0000, HFR 2011, 366, Rn. 24). Ob die Mehrwertsteuer, die für die vorausgegangenen oder nachfolgenden Verkäufe der betreffenden Gegenstände geschuldet war, tatsächlich an den Fiskus entrichtet wurde, ist für das Recht des Steuerpflichtigen auf Vorsteuerabzug nicht von Bedeutung. Denn die Mehrwertsteuer wird auf jeden Produktions- oder Vertriebsvorgang erhoben, abzüglich der Mehrwertsteuer, mit der die verschiedenen Kostenelemente unmittelbar belastet worden sind (vgl. EuGH-Beschluss vom 3. März 2004 C-395/02, Transport Service, Slg. 2004, I-1991, HFR 2005, 370, Rn. 26; EuGH-Urteile vom 12. Januar 2006 C-354/03, C-355/03 und C-484/03, Optigen u. a., Slg. 2006, I-483, HFR 2006, 318, Rn. 54; vom 6. Juli 2006, Kittel und Recolta Recycling C-439/04 und C-440/04, ABl EU 2006, Nr. C 212, 4, HFR 2006, 939, Rn. 49; vom 21. Juni 2012 C-80/11 und C-142/11, C-80/11, C-142/1, Mahagében und Dávid, ABl EU 2012, Nr. C 250, 5, HFR 2012, 917, Rn. 40). Die Versagung des Vorsteuerabzugsrechts stellt eine Ausnahme vom Grundprinzip der Gewährung des Vorsteuerabzugs dar (EuGH-Urteil vom 6. Dezember 2012 C-285/11, Bonik, ABl EU 2013, Nr. C 26, 10, HFR 2013, 192, Rn. 43).
Da die Bekämpfung von Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen und etwaigen Missbräuchen ein Ziel ist, das von der Richtlinie 2006/112 (Mehrwertsteuersystemrichtlinie - MwStSystRL) anerkannt und gefördert wird, und eine betrügerische oder missbräuchliche Berufung auf die Bestimmungen des Unionsrechts nicht gestattet ist, haben die nationalen Behörden und Gerichte das Recht auf Vorsteuerabzug zu versagen, wenn aufgrund der objektiven Sachlage feststeht, dass dieses Recht in betrügerischer Weise oder missbräuchlich geltend gemacht wird (vgl. in diesem Sinne EuGH-Urteile vom 6. Juli 2006, Kittel und Recolta Recycling C-439/04 und C-440/04, ABl EU 2006, Nr. C 212, 4, HFR 2006, 939, Rn. 55; vom 21. Juni 2012 C-80/11 und C-142/11, C-80/11, C-142/1, Mahagében und Dávid, ABl EU 2012, Nr. C 250, 5, HFR 2012, 917, Rn. 42; Urteil vom 6. Dezember 2012 C-285/11, Bonik, ABl EU 2013, Nr. C 26, 10, HFR 2013, 192, Rn. 35 bis 37; vom 31. Januar 2013 C-643/11, LVK, ABl EU 2013, Nr. C 86, 6, HFR 2013, 361, Rn. 58 und 59). Dies ist der Fall, wenn der Steuerpflichtige selbst eine Steuerhinterziehung begeht oder der Steuerpflichtige wusste oder hätte wissen müssen, dass er sich mit seinem Erwerb an einem Umsatz beteiligt, der in eine vom Lieferer oder von einem anderen Wirtschaftsteilnehmer auf einer vorhergehenden oder nachfolgenden Umsatzstufe der Lieferkette begangene Steuerhinterziehung einbezogen war (vgl. in diesem Sinne EuGH-Urteile vom 6. Juli 2006, Kittel und Recolta Recycling C-439/04 und C-440/04, ABl EU 2006, Nr. C 212, 4, HFR 2006, 939, Rn. 56 bis 61; vom 21. Juni 2012 C-80/11 und C-142/11, C-80/11, C-142/1, Mahagében und Dávid, ABl EU 2012, Nr. C 250, 5, HFR 2012, 917, Rn. 45; vom 6. Dezember 2012 C-285/11, Bonik, ABl EU 2013, Nr. C 26, 10, HFR 2013, 192, Rn. 38 bis 40).
Hingegen ist es nach ebenfalls gefestigter EuGH-Rechtsprechung mit der Vorsteuerabzugsregelung der MwStSystRL nicht vereinbar, einen Steuerpflichtigen, der weder wusste noch wissen konnte, dass der betreffende Umsatz in eine vom Lieferer begangene Steuerhinterziehung einbezogen war oder dass in der Lieferkette bei einem anderen Umsatz, der dem vom Steuerpflichtigen getätigten Umsatz vorausging oder nachfolgte, Mehrwertsteuer hinterzogen wurde, durch die Versagung dieses Rechts mit einer Sanktion zu belegen (vgl. u. a. EuGH-Urteile vom 12. Januar 2006 C-354/03, C-355/03 und C-484/03, Optigen u. a., Slg. 2006, I-483, HFR 2006, 318, Rn. 52 und 55, vom 6. Juli 2006, Kittel und Recolta Recycling C-439/04 und C-440/04, ABl EU 2006, Nr. C 212, 4, HFR 2006, 939, Rn. 45, 46 und 60, vom 21. Juni 2012 C-80/11 und C-142/11, C-80/11, C-142/1, Mahagében und Dávid, ABl EU 2012, Nr. C 250, 5, HFR 2012, 917, Rn. 47, vom 6. Dezember 2012 C-285/11, Bonik, ABl EU 2013, Nr. C 26, 10, HFR 2013, 192, Rn. 41; vom 31. Januar 2013 C-643/11, LVK, ABl EU 2013, Nr. C 86, 6, HFR 2013, 361, Rn. 60).
Liegen Anhaltspunkte für Unregelmäßigkeiten oder Steuerhinterziehung vor, kann ein verständiger Wirtschaftsteilnehmer zwar nach den Umständen des konkreten Falls verpflichtet sein, über einen anderen Wirtschaftsteilnehmer, von dem er Gegenstände oder Dienstleistungen zu erwerben beabsichtigt, Auskünfte einzuholen, um sicherzustellen, dass dessen Umsätze nicht in einen von einem Wirtschaftsteilnehmer auf einer vorhergehenden Umsatzstufe begangenen Betrug einbezogen sind (EuGH-Urteil vom 21. Juni 2012 C-80/11 und C-142/11, C-80/11, C-142/1, Mahagében und Dávid, ABl EU 2012, Nr. C 250, 5, HFR 2012, 917, Rn. 60). Die Steuerverwaltung kann jedoch von dem Steuerpflichtigen, der sein Recht auf Vorsteuerabzug ausüben möchte, nicht generell verlangen, zu prüfen, ob der Aussteller der Rechnung über die Gegenstände und Dienstleistungen, für die dieses Recht geltend gemacht wird, Steuerpflichtiger ist, über die fraglichen Gegenstände verfügte und sie liefern konnte und seinen Verpflichtungen hinsichtlich der Erklärung und der Abführung der Mehrwertsteuer nachgekommen ist, um sich zu vergewissern, dass auf der Ebene der Wirtschaftsteilnehmer einer vorgelagerten Umsatzstufe keine Unregelmäßigkeiten und Steuerhinterziehung vorliegen, oder entsprechende Unterlagen vorzulegen (EuGH-Urteile vom 21. Juni 2012 C-80/11 und C-142/11, C-80/11, C-142/1, Mahagében und Dávid, ABl EU 2012, Nr. C 250, 5, HFR 2012, 917, Rn. 61 bis 65; vom 31. Januar 2013 C-643/11, LVK, ABl EU 2013, Nr. C 86, 6, HFR 2013, 361, Rz. 61). Es ist nämlich grundsätzlich Sache der Steuerbehörden, bei den Steuerpflichtigen die erforderlichen Kontrollen durchzuführen, um Unregelmäßigkeiten und Mehrwertsteuerhinterziehung aufzudecken und gegen den Steuerpflichtigen, der diese Unregelmäßigkeiten oder Steuerhinterziehung begangen hat, Sanktionen zu verhängen. Die Steuerbehörde würde ihre eigenen Kontrollaufgaben auf die Steuerpflichtigen übertragen, wenn sie oben genannte Maßnahmen aufgrund der Gefahr der Verweigerung des Vorsteuerabzugsrechts den Steuerpflichtigen auferlegt (EuGH-Urteil vom 21. Juni 2012 C-80/11 und C-142/11, C-80/11, C-142/1, Mahagében und Dávid, ABl EU 2012, Nr. C 250, 5, HFR 2012, 917, Rn. 62 ff.). Das nationale Gericht muss in diesem Zusammenhang dafür Sorge tragen, dass die Beweiswürdigung nicht dazu führt, dass der Rechnungsempfänger mittelbar zu Nachprüfungen bei seinem Vertragspartner verpflichtet wird, die ihm grundsätzlich nicht obliegen.
Im Streitfall sind die von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 UStG gestellten Anforderungen an den Vorsteuerabzug rein formal erfüllt. Es sind Lieferungen von einem anderen Unternehmer an die Astin. ausgeführt worden. Der Senat hat keine Zweifel daran, dass die Astin. die Fahrzeuge aus den hier streitigen Lieferungen tatsächlich geliefert erhalten hat. Die Lieferungen sind nach den zivilrechtlichen Verträgen auch von einem Unternehmen ausgeführt worden, selbst wenn dieses nur ein vorgeschobener Strohmann gewesen sein sollte. Tritt jemand im Rechtsverkehr im eigenen Namen, aber für Rechnung eines anderen auf, der - aus welchen Gründen auch immer - nicht selbst als berechtigter oder verpflichteter Vertragspartner in Erscheinung treten will, ist zivilrechtlich grundsätzlich nur der „Strohmann" aus dem Rechtsgeschäft berechtigt und verpflichtet; dementsprechend sind auch dem sog. Strohmann die Leistungen zuzurechnen, die der sog. Hintermann berechtigterweise im Namen des Strohmanns tatsächlich ausgeführt hat (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH, Urteil vom 12.05.2011 V R 25/10, BFH/NV 2011, 1541; Urteil vom 07.07.2005 V R 60/03, BFH/NV 2006, 139; Urteil vom 26.06.2003 V R 22/02, BFH/NV 2004, 233; Beschluss vom 31.01.2002 V B 108/01, BStBl II 2004, 622). Die Astin. hat die Kaufverträge über die Fahrzeuge mit der N-GmbH geschlossen. Diese wurde tatsächlich - wenn auch noch unter anderem Namen - gegründet, nach Übernahme der Geschäftsanteile durch O umbenannt und mit Sitz in der A-Str. 9 in C im Handelsregister eingetragen. Die N-GmbH ist nach außen aufgetreten, wurde steuerlich geführt und ihr wurde zeitweise auch eine USt-Identifikationsnummer erteilt.
Der Astin. liegen zudem Rechnungen vor, die die Pflichtangaben nach § 14 Abs. 4 UStG i. d. in den Streitjahren geltenden Fassung sämtlich enthalten. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist der Abzug der in der Rechnung einer GmbH ausgewiesenen USt zwar nur möglich, wenn der in der Rechnung angegebene Sitz der GmbH bei Ausführung der Leistung und bei Rechnungstellung tatsächlich bestanden hat (z.B. BFH-Urteil vom 27. Juni 1996 V R 51/93, BFHE 181, 197, BStBl II 1996, 620). Nach den Umständen des Einzelfalls kann hierbei auch ein „Briefkasten-Sitz" mit postalischer Erreichbarkeit der Gesellschaft ausreichen, so dass es besonderer, detaillierter Feststellungen bedarf, um die Annahme eines „Scheinsitzes" zu rechtfertigen (vgl. BFH-Beschluss vom 4. Februar 2003 V B 81/02, BFH/NV 2003, 670; BFH-Urteile vom 27. Juni 1996 V R 51/93, BFHE 181, 197, BStBl II 1996, 620 und vom 19. April 2007 V R 48/04, BFHE 217, 194, BStBl II 2009, 315). Der beschließende Senat folgert aber aus der oben dargestellten neueren Rechtsprechung des EuGH, dass für den den Vorsteuerabzug begehrenden Unternehmer eine Erkundigungspflicht auch hinsichtlich der Frage, ob der Sitz der N-GmbH nur ein Scheinsitz war, nur dann besteht, wenn sich für ihn anhand der Umstände im Einzelfall im Vorfeld der Lieferung Zweifel hieran ergeben mussten. Für die Versagung des Vorsteuerabzugsrechts trägt letztlich nicht der Steuerpflichtige (so noch BFH-Urteile vom 27. Juni 1996 V R 51/93, BFHE 181, 197, BStBl II 1996, 620; vom 19. April 2007 V R 48/04, BFHE 217, 194, BStBl II 2009, 315), sondern das Finanzamt die objektive Feststellungslast und muss deshalb grundsätzlich konkrete Anhaltspunkte darlegen, die belegen, dass der Unternehmer von seiner Einbeziehung in einen USt-Betrug gewusst hat bzw. hätte wissen können oder wissen müssen. Der den Vorsteuerabzug begehrende Unternehmer ist damit entgegen der bisherigen Rechtsprechung des BFH nicht verpflichtet, einen echten „Negativbeweis" dahingehend zu führen, dass er keine Anhaltspunkte für etwaige Ungereimtheiten in Bezug auf den Leistenden und / oder die Leistung hatte (vgl. auch Grube, MwStR 2013, 8; Stapperfend, UR 2013, 321).
Unter Berücksichtigung der vom Ag. dargelegten objektiven Umstände bestehen für den beschließenden Senat bei summarischer Prüfung nach Aktenlage und in Anwendung der oben aufgeführten EuGH-Rechtsprechung ernstliche Zweifel, dass sich die Astin. an dem USt-Betrug ihrer Vor-Vorlieferanten und der N-GmbH durch Einbindung in deren Plan beteiligt hat sowie dass die Astin. wusste oder hätte wissen können oder müssen, dass sie sich mit ihren Fahrzeugerwerben an Umsätzen beteiligte, die in eine USt-Hinterziehung einbezogen waren. Diese beim Senat bestehenden Zweifel gehen entsprechend der obigen Ausführungen zur Beweislastverteilung zu Lasten des Ag. Dieser kann von der Astin. nicht verlangen, dass sie hätte prüfen müssen, ob die N-GmbH Steuerpflichtiger mit Sitz in C war, über die entsprechenden Fahrzeuge verfügte und sie liefern konnte und ob sie ihren Verpflichtungen hinsichtlich Erklärung und Abführung der USt nachgekommen ist, um sich zu vergewissern, dass auf einer vorgelagerten Umsatzstufe keine Steuerhinterziehung bzw. kein USt-Betrug vorlag.
Zwar war die N-GmbH nach den sich aus den aktenkundigen objektiven Umständen in einen USt-Betrug eingebunden. Bei summarischer Prüfung lagen aber für die Astin. hinsichtlich der N-GmbH keine hinreichenden Anhaltspunkte für das Bestehen von Unregelmäßigkeiten oder Steuerhinterziehung vor, aufgrund derer sie verpflichtet gewesen wäre, über die N-GmbH, von der sie Fahrzeuge erwerben wollte, Auskünfte einzuholen, um sicherzustellen, dass deren Umsätze nicht in einen Betrug einbezogen sind.
Die Fahrzeuge wurden zur Überzeugung des Senats zunächst sämtlich geliefert, so dass die Astin. davon ausgehen konnte, dass die N-GmbH über die entsprechenden Fahrzeuge auch verfügte. Die Rechnungen der N-GmbH hierzu zeigten für sich gesehen keine Besonderheiten auf. Sie enthielten alle Pflichtangaben, auch die Angabe einer Steuernummer, einer USt-Identifikationsnummer, einen Hinweis auf den Handelsregistereintrag und eine Kontoverbindung. Der Astin. kann in diesem Zusammenhang nicht vorgehalten werden, dass die USt-Identifikationsnummer der N-GmbH nur bis einschließlich Juli 2009 Gültigkeit hatte. USt-Identifikationsnummern werden erteilt, um im innergemeinschaftlichen Verkehr tätig werden zu können. Da die vorliegenden Lieferungen ausschließlich als innerhalb des Inlands erfolgt behandelt wurden, war die USt-Identifikationsnummer für die Astin. ohne Belang.
Auch kann der Astin. in diesem Zusammenhang nicht vorgehalten werden, dass sie die Unternehmereigenschaft der N-GmbH, hier insbesondere den in den Rechnungen angegebenen Sitz der N-GmbH nicht überprüft hat. Hierzu hatte sie keinen Anlass. Zwar gestaltete sich die Anbahnung der ersten Geschäftsbeziehung zur N-GmbH als ungewöhnlich, weil sich die N-GmbH hierfür nach außen hin der Firma X bediente. Daraufhin hat die Astin. aber - so sagte der Geschäftsführer der Astin. in seiner zeugenschaftlichen Vernehmung aus - tatsächlich Erkundigungen eingeholt, indem sie nachgefragt hat und zur Antwort erhalten hat, dass eine verwandtschaftliche Beziehung des Herrn N P zu dem Geschäftsführer der N-GmbH bestehe. Herr U habe sich daraufhin zudem von O telefonisch das Geschäft mit Abwicklung durch Herrn N P bestätigen lassen. In den folgenden Geschäften waren wiederum andere Ansprechpartner für die Astin. vorhanden, was für sich aber nicht ungewöhnlich ist. Verkäufer war kein Einzelunternehmer, sondern eine GmbH. Die Astin. selbst ließ beim Einkauf der Fahrzeuge ihren Verkäufer U auftreten, der nicht Geschäftsführer der Astin. war. Zwar wurden der Astin. keine Handlungsvollmachten vorgelegt, doch war in den Rechnungen jeweils der Empfangsbevollmächtigte für die Entgegennahme des Kaufpreises aufgeführt gewesen und diese Person übergab auch jeweils das Fahrzeug mit den erforderlichen Papieren.
Dass sich O bei der notariellen Beurkundung des Geschäftsanteilsübertragungsvertrags vom 18.04.2009 eines Dolmetschers bediente, musste der Astin. keine Anhaltspunkte dafür bieten, dass O gar nicht der deutschen Sprache mächtig war und die Geschäfte gar nicht führen konnte. O stand der Astin. als Ansprechpartner telefonisch für Reklamationen etc. zur Verfügung. Reklamationsgespräche in einer eingegrenzten Branche, hier Autobranche, bedürfen regelmäßig keines großen, sondern eines stark eingeschränkten Wortschatzes in der für O fremden Sprache. Ein Notarvertrag hingegen beinhaltet bereits für viele Muttersprachler Fremdwörter, mit denen sie im Allgemeinen nicht befasst sind. Es ist daher durchaus verständlich, dass sich ein polnischer Staatsbürger den notariellen Anteilsübertragungsvertrag dolmetschen lässt, um alles verstehen zu können.
Dass der Astin. polnische Festnetznummern benannt wurden, musste für die Astin. ebenfalls keinen Anlass zu weiteren Erkundigungen geben, weil auf den Rechnungen eine inländische Festnetznummer der N-GmbH angegeben war und ihr zudem auch deutsche Handynummern benannt worden waren. Auch gibt es keine Verpflichtung, dass sich der Geschäftsführer einer inländischen Firma im Inland aufhalten muss. In der Autobranche werden Fahrzeuge vielfach über die Grenzen gehandelt, so dass es nicht weiter auffällig ist, wenn sich der Geschäftsführer z.B. für den Einkauf von Fahrzeugen in Polen aufhält.
Soweit der Ag. der Astin. vorhält, dass sie noch nicht einmal einen Handelsregisterauszug der N-GmbH angefordert habe, kann sie dies nicht durch das Protokoll über die Vernehmung des Geschäftsführers der Astin. vom 18.05.2010 nachweisen. Zu diesem Punkt war dieser ausweislich des Vernehmungsprotokolls gar nicht befragt worden. Die Handelsregistereintragungen mussten bei der Astin. - entgegen der Auffassung des Ag. - zudem nicht den Eindruck erwecken, dass der N-GmbH Unregelmäßigkeiten oder eine Steuerhinterziehung vorzuwerfen ist. Zwar ist der dort formulierte Unternehmensgegenstand sehr weit gefasst, doch sind Unternehmen mit mehreren Betriebsbereichen und einer Tätigkeit in verschiedenen Branchen nicht derart selten, dass die Astin. deshalb Anlass gehabt hätte, nähere Erkundigungen über die N-GmbH einzuholen. Die Umbenennung der Firma weist ebenfalls nicht auf Unregelmäßigkeiten hin. Auch der Umstand, dass der Geschäftsführer der N-GmbH offenbar polnischer Herkunft war, ist nicht derart ungewöhnlich, dass die Astin. eine Unregelmäßigkeit oder Steuerhinterziehung vermuten musste. Auch in ihrer Gesamtheit gestalteten sich die Handelsregistereintragungen nicht so, dass sich für die Astin. Anhaltspunkte für das Bestehen von Unregelmäßigkeiten oder Steuerhinterziehung ergeben hätten, die sie zu weiteren Erkundigungen hätten anhalten müssen.
Dass es sich bei den Fahrzeugkäufen jeweils um Bargeschäfte gehandelt hat, ist gerade in der Autobranche nicht unüblich. Es wurden jeweils Belege über die Barzahlung ausgestellt.
Im Übrigen haben vom Finanzamt ausgestellte Bescheinigungen für umsatzsteuerliche Zwecke, speziell Bescheinigungen über die Ansässigkeit im Inland nach § 13b Abs. 7 UStG, keine Beweiskraft dahingehend, dass der Leistende zur Ausstellung von Rechnungen mit gesondertem USt-Ausweis berechtigt ist, die zum Vorsteuerabzug berechtigen. Auch eine Bescheinigung in Steuersachen, hier eine sog. Unbedenklichkeitsbescheinigung über die steuerliche Zuverlässigkeit der N-GmbH, hätte die Unternehmereigenschaft der N-GmbH nicht bestätigt. Zwar hätte die Astin. bei Anforderung einer solchen Bescheinigung, die negativ ausgefallen wäre und die deshalb von der N-GmbH wohl auch gar nicht der Astin. vorgelegt worden wäre, erkennen können, dass die N-GmbH ihren steuerlichen Pflichten nicht nachgekommen war. Doch oblag es der Finanzverwaltung und nicht der Astin., die steuerlichen Unregelmäßigkeiten der N-GmbH aufzudecken und zu sanktionieren. Die Finanzverwaltung konnte von der Astin. hier nicht verlangen, sich zu vergewissern, dass die N-GmbH die hier streitigen Umsätze auch versteuert. Denn für sie gab es - wie ausgefüllt - nach summarischer Prüfung keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die N-GmbH die auf die Fahrzeuglieferungen anfallende USt nicht erklärte und abführte.
Erst im Dezember traten für die Astin. durch Nichtlieferungen erkennbar Unregelmäßigkeiten auf. Hiernach erfolgten keine weiteren Fahrzeugkäufe von der N-GmbH mehr. Dass die Astin. - wie ihr Geschäftsführer in seiner Vernehmung aussagte - dadurch selbst in Höhe von 80.000,00 EUR geschädigt wurde, bestätigt den Senat im Übrigen darin, dass die Astin. in den Plan der N-GmbH nicht eingebunden war.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
Die Beschwerde war zur Fortbildung des Rechts zuzulassen (§ 128 Abs. 3 FGO i.V.m. § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO).