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Steuerrecht
16.05.2014
Steuerrecht
FG Münster: Vorsteuerabzug aus einer Vorausrechnung über den Kauf eines Blockheizkraftwerks, dessen Lieferung vom Verkäufer in betrügerischer Absicht von vornherein nicht beabsichtigt war

FG Münster, Urteil vom 3.4.2014 – 5 K 383/12 U

Sachverhalt

Streitig ist der Vorsteuerabzug aus dem Kauf eines Blockheizkraftwerks im Rahmen eines sog. betrügerischen Schneeballsystems, im Rahmen dessen der Kaufpreis vollständig bezahlt wurde, eine Lieferung aber ausblieb.

Der Kläger (Kl.) betreibt seit Jahren eine Handelsagentur für Möbel. Am 28.04.2010 meldete er einen weiteren Gewerbebetrieb "Energieerzeugung und Energievermittlung" an (GA Blatt 45).

Mit Bestellschein vom 19.03.2010 (GA Bl. 46) bestellte der Kl. bei der X GmbH mit Sitz in A-Str. 2, 00000 P-Stadt, und Verwaltung in O (AG O HRB xxx) – im Folgenden: GmbH – ein Blockheizkraftwerk (BHKW) mit einer Leistung von 40 kW ("...") zu einem Kaufpreis von 35.700 € brutto. Im Bestellschein hieß es: "Erst mit Annahme der Bestellung durch die GmbH kommt ein Kaufvertrag zustande. Alle vorstehenden Preise verstehen sich inkl. 19% MwSt. Die MwSt. wird in der Rechnung separat ausgewiesen. Ich / Wir der / die Auftragsgeber bestätige/n, dass ich / wir die in der Anlage zu diesem Bestellschein beigefügten Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGBs) erhalten und zur Kenntnis genommen habe/n und diese akzeptieren."

In den AGBs (GA Bl. 49), auf die Bezug genommen wird, hieß es u.a. wie folgt:

"…

§ 2 Angebot und Vertragsschluss

… Die Angebote von X sind freibleibend und unverbindlich. Ist die Bestellung als Angebot gemäß § 145 BGB zu qualifizieren, so kann X das Angebot bot innerhalb von 2 Wochen annehmen. Annahmeerklärungen, sämtliche Bestellungen und sonstige mündliche Vereinbarungen bedürfen zur Rechtswirksamkeit der schriftlichen oder fernschriftlichen Bestätigung von X. …

§ 4  Lieferort, Liefer- und Leistungszeit, Pflichten des Bestellers

Die X teilt dem Besteller die Lieferzeit gesondert mit. Diese Mitteilung erfolgt nach vollständigem Kaufpreiseingang für die vom Besteller gekaufte Ware. Die Einhaltung der Lieferverpflichtung von X setzt weiter die rechtzeitige und ordnungsgemäße Erfüllung der Verpflichtung des Bestellers voraus. Die Lieferung der bestellten Ware erfolgt – falls nicht gesondert vereinbart – an eine vom Besteller abweichende Lieferanschrift. Der Besteller – oder ein von ihm beauftragter Dritter – wird von der X benachrichtigt, sobald die bestellte Ware ausgeliefert werden kann. Der Besteller – oder der von ihm beauftragte Dritte – teilt der X dann den verbindlichen Lieferort schriftlich mit. …

§ 9 Zahlung

Soweit nicht anders vereinbart, stellt X mit Auftragsbestätigung die Rechnung. Der gesamte Rechnungsbetrag ist – falls nicht anders vereinbart – ohne Abzug im Voraus zu entrichten. Der Besteller erhält von der X eine Mitteilung über den Eingang der Kaufpreissumme. …

…"

Ebenfalls am 19.03.2010 erteilte der Kl. einem Partnerunternehmen der GmbH, der Firma Y i.G., A-Str. 2, 00000 P-Stadt, den Auftrag, das bei der GmbH erworbene BHKW zu verwalten (GA Bl. 47). Hierzu sollte ein "Verwaltungsvertrag" und ein "Premium Service Paket" abgeschlossen werden. Ferner beauftragte der Kl. die Y, ihm einen geeigneten Container bzw. eine geeignete Containerfläche samt Tank und Stellfläche für das BHKW für die Dauer von 20 Jahren zur Verfügung zu stellen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Auftrag des Kl. vom 19.03.2010 Bezug genommen.

Mit Auftragsbestätigung vom 22.03.2010 bestätigte die GmbH dem Kl. die Bestellung eines "…" mit einer Leistung von 40 kW zu einem Preis von 30.000 € zzgl. 19% MwSt 5.700 €. Folgende Leistungen seien im Kaufpreis enthalten:

- Umrüstung des Motors und der anderen Bauteile von Diesel auf Rapsöl;

- Montage, Verkabelung und Installation im gemieteten Container;

- Lieferung, Aufstellung sowie Anschluss an das öffentliche Netz am Betriebsort;

- Abnahme der Anlage und Erstellung eines Abnahmeprotokolls durch Elektromeister;

sonstige, nicht aufgeführte, jedoch zwingend erforderliche Arbeiten zur Inbetriebnahme.

Weiter heißt es wörtlich:

"Voraussichtlicher Lieferzeitpunkt:                            (Genauer Termin wird bekannt gegeben)

Lieferort:              Die Anlage wird vereinbarungsgemäß in dem von Ihnen angemieteten Container bzw. dem Containerstellplatz montiert. Dieser wiederum wird von uns nach Endmontage ausgeliefert gemäß vorstehend genannter Leistungsbeschreibung. Der Stellplatz für den Container wird nach Montage durch Sie – bzw. die Verwaltungsgesellschaft – festgelegt. Stellplatzzuteilung erfolgt nach Verfügbarkeit. Die Verfügbarkeit eines entsprechend geeigneten Stellplatzes ist durch die Y gewährleistet und garantiert. Lediglich der Standort kann unterschiedlich sein.

Wir werden Sie regelmäßig über den jeweiligen Produktionsfortschritt informieren."

Mit Rechnung Nr. 000703 vom 22.03.2010 stellte die GmbH dem Kl. "das lt. Kaufvertrag erworbene Blockheizkraftwerk wie folgt in Rechnung: Blockheizkraftwerk bestehend aus: Nennleistung in kWh: 40 kWh". Weiter heißt es in der Rechnung: "Im Gesamtpreis enthalten: Vormontage, Umrüstung auf Pflanzenöl, Lieferung und Transport, Anschluss und Schlussmontage vor Ort! Schlüsselfertig und betriebsbereit. Fünf Jahre Herstellergarantie. Die genauen technischen Details der Einzelkomponenten erhalten Sie nach Montage. Den genauen Standort erhalten Sie bei Auslieferung des Blockheizkraftwerks." Die auf den Gesamtpreis des BHKW von netto 30.000 € anfallende Umsatzsteuer (USt) i.H.v. 5.700 € wies die GmbH offen aus.

Die Rechnung enthält einen Vermerk der GmbH, dass der Kaufpreis für das BHKW bei der GmbH am 12.04.2010 eingegangen ist.

Am 20.04.2010/29.04.2010 schloss der Kl. mit der Y einen Verwaltungsvertrag zur Container Nr. 55 (GA Bl. 62) und einen Premium Service Vertrag (GA Bl. 66).

In dem Verwaltungsvertrag hieß es:

"1. Allgemeine Aufgaben

Die Y ist berechtigt und verpflichtet, die Interessen des Auftraggebers zu vertreten und die nachstehend aufgeführten Aufgaben wahrzunehmen.

3. Rechnungslegung

Der Verwalter hat jährlich … dem Auftraggeber Rechnung zu legen. …

Der Auftraggeber erhält vom Verwalter einen monatlichen Abschlag seines Überschusses. Dieser berechnet sich wie folgt: Nettokaufpreis des Blockheizkraftwerks * 40 % / 12. …

Besteht bei der jährlichen Abrechnung ein weiterer Überschuss, wird dieser dem Auftraggeber umgehend ausgezahlt. Ergibt sich ein negatives Ergebnis, muss die Differenz vom Auftraggeber umgehend an den Verwalter erstattet werden.

…"

Im Premium Service Vertrag lautete es u.a.:

"…

1. Inspektion, Wartung und Pflege der Anlage

Die Y übernimmt für den Auftraggeber die regelmäßige Inspektion und Wartung des vorstehend genannten Blockheizkraftwerks des Auftraggebers. In diesem Zusammenhang werden von der Y alle entstehenden Kosten für die vorstehend aufgeführten Dienstleistungen übernommen, wie z.B. Kosten für Ersatz- und Verschleißteile, Reparaturen, Anfahrtskosten u. ä. Ferner ist in diesem Paket die kostenlose Bereitstellung von Betriebsmitteln beinhaltet – ausgenommen Primärenergie, z.B. Rapsöl. Bei Motor- oder Generatorendefekt stellt die Y ein gleichwertiges Ersatzgerät zur Verfügung.

2. Generalüberholung

Der Motor und der Generator des … Blockheizkraftwerks werden regelmäßig durch die Y generalüberholt. … Für diesen Zeitraum stellt die Y entsprechende Ersatzgeräte zur Verfügung. Sämtliche entstehende Kosten werden hierbei von der Y übernommen.

3. Garantieerweiterung

Die Herstellergarantie für das Blockheizkraftwerk mit allen Komponenten wird von der Y auf 20 Jahre ab Tag der Inbetriebnahme erweitert. Innerhalb dieses Zeitraums übernimmt die Y sämtliche Garantieansprüche – soweit nicht durch die Herstellergarantie abgedeckt. Sollte in einem solchen Fall eine umgehende Behebung des Garantiefalls vor Ort nicht möglich sein, stellt die Y dem Kunden umgehend, für die Dauer der Behebung, ein gleichwertiges Ersatzgerät zur Verfügung.

4. Fernüberwachung

Die Anlage des Kunden verfügt standardmäßig über ein GPS Fernüberwachungssystem. In diesem Zusammenhang übernimmt die Y für den Kunden die laufende Fernüberwachung der gesamten Anlage. …

…"

Wegen der Einzelheiten wird auf die beiden Verträge Bezug genommen.

Außerdem erteilte der Kl. der Y am 29.04.2010 eine Verwalter-Vollmacht, auf die Bezug genommen wird (GA Bl. 65). In der Verwalter-Vollmacht hieß es u.a.:

"Der Verwalter ist befugt Einspeisevergütungen, sonstige Einnahmen oder Nutzungsentgelte im eigenen Namen für Rechnung des Betreibers geltend zu machen."

Später wurden diese Verträge bzw. die Verwalter-Vollmacht unter dem 09.06.2010/23.06.2010 mit geändertem Wortlaut erneuert (GA Bl. 53 ff.). Wegen der Einzelheiten wird hierauf jeweils Bezug genommen.

Außerdem schloss der Kl. mit der Y als Vermieterin am 09.06.2010/23.06.2010 zur Container Nr. 55 einen "Mietvertrag über einen Stellplatz für ein Blockheizkraftwerk in einem Container", auf den Bezug genommen wird (GA Bl. 50 ff.). In dem Vertrag hieß es:

"1. Vertragsgegenstand, Standort und Entgelt

Der Vermieter stellt dem Mieter ab Lieferung des BHKWs durch den Verkäufer eine Standfläche in einem hierfür geeigneten Container zur Verfügung. Die Wahl des Standortes ist der Y überlassen. Sie steht dem Mieter dafür ein, dass der Container und der Standort des Containers geeignet sind und allen behördlichen Vorschriften genügen.

Der Standort hat im Großraum O zu sein. Die genaue Anschrift wird dem Mieter vor Lieferung und Inbetriebnahme des BHKWs mitgeteilt.

Der Mieter und seine Beauftragten haben jederzeit Zugang zu dem BHKW und zu den anderen damit im Zusammenhang stehenden Installationen.

3. Vertragslaufzeit

Die Vertragslaufzeit beginnt mit Inbetriebnahme des BHKWs und endet nach Ablauf des einundzwangzigsten Kalenderjahres nach der Inbetriebnahme. Nach Ablauf dieser Vertragslaufzeit hat der Mieter zwei Mal das Recht, die Verlängerung des Vertrages um jeweils 5 Jahre zu verlangen (einseitige Option).

Die Vertragszeit ist fest, es besteht daher während ihres Laufs kein Recht zur ordentlichen Kündigung. Ein Recht zur außerordentlichen Kündigung bleibt unberührt. …

…"

Unter dem 23.06.2010 erneuerte der Kl. die der Y bereits erteilte Verwaltervollmacht (GA Bl. 61) mit geändertem Wortlaut. Hierauf wird Bezug genommen.

Im Rahmen der USt-Voranmeldung machte der Kl. u.a. den Vorsteuerabzug in Höhe von 5.700 € aus der Rechnung der GmbH vom 22.03.2010 geltend.

In den Monaten August bis November 2010 erhielt der Kl. von der GmbH sog. Rabattgutschriften mit Abschlagszahlungen in Höhe von monatlich 1.000 € zzgl. 190 € USt.

Über das Vermögen der GmbH wurde am 30.12.2010 die vorläufige Insolvenzverwaltung angeordnet und durch Beschluss des Amtsgerichts O vom 00.00.2011 das Insolvenzverfahren eröffnet.

Das in der Rechnung Nr. 000703 von der GmbH bezeichnete BHKW ist bis heute nicht ausgeliefert worden. Der Kläger hat ein solches auch nicht aus der Insolvenzmasse der GmbH aussondern können.

In 2011 fand beim Kl. eine USt-Sonderprüfung statt, welche sich auf die USt-Voranmeldungszeiträume I.-III. Quartal 2010 bezog. Die Prüferin stellte in ihrem Bericht vom 19.01.2011 unter Tz. 14 fest, dass die vom Beklagten (Bekl.) bereits erstattete Vorsteuer in Höhe von 5.700 € aus der Rechnung der GmbH zurückzufordern sei. Das BHKW sei tatsächlich nicht geliefert worden. Standort der Anlage sowie Lieferzeitpunkt seien dem Kl. nicht bekannt, so dass der Leistungsaustausch nicht belegt sei. Eine Übergabe oder Abnahme habe nicht stattgefunden. Der Austausch von Rechnungen ohne damit in Zusammenhang stehenden Leistungen begründe keine unternehmerische Tätigkeit. Bei Vorauszahlungsrechnungen sei ein Abzug bereits möglich, wenn die Rechnung vorliege und die Zahlung geleistet sei. Die Vorauszahlung müsse jedoch auf eine Leistung gerichtet sein und zum Leistungsaustausch führen. In Tz. 15 des Prüfungsberichts führte die Prüferin aus, dass mit den so genannten Rabattgutschriften der GmbH nicht über eine Leistung abgerechnet worden sei. Es handele sich um Zahlungen auf der Vermögensebene, die der USt nicht zu unterwerfen seien. Die Beträge seien lediglich gezahlt worden, um den Schein des betrügerischen Geschäftsmodells aufrechtzuerhalten und den Unternehmer vorerst zu einem "zufriedenen Kunden zu machen", der glauben musste, dass ihm diese hohe Rendite regelmäßig zufließen werde. Die Gutschrift aus August 2010 i.H.v. 1.000 € zzgl. 190 € USt sei in der Buchführung auf dem Konto „1900“ erfasst worden. Die USt erscheine jedoch nicht in der USt-Voranmeldung, so dass eine Berichtigung insoweit nicht erforderlich sei.

Im Nachgang zur USt-Sonderprüfung erließ der Bekl. am 28.01.2011 einen geänderten USt-Vorauszahlungsbescheid für das II. Kalendervierteljahr 2010, mit dem er unter anderem den Vorsteuerabzug i.H.v. 5.700 € rückgängig machte.

Hiergegen richtete der Kl. seinen Einspruch, mit dem er geltend machte, dass ihm der Vorsteuerabzug aus der Rechnung der GmbH zu gewähren sei. Es liege eine ordnungsgemäße Rechnung vor und die Zahlung sei seinerseits erfolgt.

Mit Einspruchsentscheidung vom 05.01.2012 wies der Bekl. den Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er wie folgt aus: Vorliegend sei bereits zweifelhaft, ob die vorgelegte Rechnung überhaupt zum Vorsteuerabzug berechtige. Es würden insbesondere Angaben zum Standort der Anlage, vereinbarter Leistungszeitpunkt, die USt-Identifikationsnummer sowie die Bezeichnung der Rechnung als Anzahlungs- bzw. Vorausrechnung fehlen. Jedenfalls aber sei ein zunächst zulässigerweise in Anspruch genommener Vorsteuerabzug rückgängig zu machen, da es an der Verschaffung der Verfügungsmacht, welche einen physisch existenten Liefergegenstand voraussetze, fehle. Nach § 17 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 Umsatzsteuergesetz (UStG) sei der Vorsteuerabzug zu berichtigen, wenn für eine vereinbarte Lieferung ein Entgelt entrichtet, die Lieferung jedoch nicht ausgeführt worden sei. Die Berichtigung erfolge in dem Zeitpunkt, in dem dieser Sachverhalt feststehe. Nach den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft stehe fest, dass die GmbH tatsächlich nicht beabsichtigt habe, ein BHKW an den Kl. zu liefern. Der vorliegende Fall sei identisch mit den Fällen, in denen das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung D wegen USt- und Anlagenbetrug bei angeblichem Erwerb von BHKWs ermittelt habe. Die Erwerber würden mit einer Vertreiberfirma einen Kaufvertrag über den Erwerb eines BHKW abschließen. Das BHKW solle in einem Container mit Pflanzenöl betrieben werden. Zeitgleich mit dem Kaufvertrag würden die Erwerber mit dem Vertreiber oder einer verbundenen Partnerfirma einen Miet-/Pachtvertrag für das BHKW bzw. den Container abschließen. Hieraus würden den Erwerbern über einen Mindestzeitraum von zehn Jahren feste, relativ hohe monatliche Mieterträge zugesichert. Den Erwerbern seien weder der Lieferzeitpunkt noch der Standort bekannt. Eine Übergabe und Abnahme finde nicht statt. Es seien von der X-Gruppe nur wenige BHKWs tatsächlich als Schauobjekte aufgestellt und ans Netz genommen worden. Bisher sei in keinem der bekannten Fälle das BHKW geliefert worden. Die Staatsanwaltschaft O ermittle wegen des Verdachts des banden- und gewerbsmäßigen Betrugs. Die Zahl der geschädigten Anleger betrage bundesweit mehr als 1.000 Personen. Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH habe sich die Vermutung bestätigt, dass die Gelder des Kl. und der übrigen Anleger für andere Zwecke verbraucht worden seien. Nach dem Wortlaut der Vorschrift bestehe die Pflicht zur Berichtigung unabhängig davon, ob die Vorauszahlung zurückgewährt worden sei.

Hierauf hat der Kl. Klage erhoben, mit der er wie folgt geltend macht:

Die Einkünfte aus dem BHKW könnten der unternehmerischen Tätigkeit der Handelsagentur zugeordnet werden. Die Unternehmereigenschaft und der Vorsteuerabzugsanspruch würden sich zudem isoliert aus dem Bereich "Energieversorger" ergeben, da er, der Kl., die Absicht gehabt habe, mit dem BHKW eine unternehmerische Tätigkeit auszuüben. Es handele sich nicht ausschließlich um eine Kapitalanlage. Die Tätigkeit sei auf eigene Rechnung und auf eigene Verantwortung ausgeübt worden, so dass Selbstständigkeit gegeben sei. Auch die Nachhaltigkeit der Tätigkeit sei nicht zweifelhaft, da beabsichtigt gewesen sei, das Kraftwerk über mehrere Jahre zu betreiben. Die Einnahmeerzielungsabsicht sei ebenfalls gegeben, da Einspeisevergütungen angestrebt worden seien bzw. später Pachteinnahmen hätten erzielt werden sollen. Dass es sich um eine wirtschaftliche Leistung und nicht lediglich um eine Kapitalüberlassung handele, werde auch durch verbleibende Entscheidungsspielräume und die Übernahme verschiedener Risiken deutlich. Es sollten lediglich bestimmte Verwaltungs- und Service-Tätigkeiten übertragen werden. Die Konditionen von Einspeiseverträgen würden weitestgehend durch das EEG bestimmt. Daraus könne keine generelle Verneinung der Unternehmereigenschaft hergeleitet werden. Die ursprünglichen Verträge (Service-Vertrag und Verwaltungsvertrag) hätten keine feste Rendite vorgesehen, sondern eine Abrechnung über die Einspeisevergütungen.

Vorliegend werde der Vorsteuerabzugsanspruch aus einer Anzahlungsrechnung geltend gemacht. Dass es sich um eine Anzahlungsrechnung handele, gehe eindeutig aus der Rechnung hervor. Die Feststellung, dass sich der Gesamtpreis auf ein BHKW in schlüsselfertigen Zustand beziehe, spreche nicht gegen das Vorliegen einer solchen Anzahlungsrechnung.

Diese Anzahlungsrechnung vom 22.03.2010 sei eine solche im Sinne des § 14 UStG. Sie verweise auf einen Kaufvertrag, welcher auch geschlossen worden sei. Der Kaufvertrag mit der GmbH bestehe aus dem Angebot der GmbH und der Annahme durch ihn, den Kl. Insoweit werde insbesondere auf den Bestellschein vom 19.03.2010 sowie auf die Auftragsbestätigung vom 22.03.2010 verwiesen. Ein gesondertes Schreiben zum Kaufvertrag liege nicht vor und sei auch nicht notwendig für das Zustandekommen des Kaufvertrags.

Zwar sei es mangels körperlicher Abnahme des Liefergegenstands dann nicht zu einer Lieferung gekommen; doch sei ihm, dem Kl., der Vorsteuerabzug aus der Rechnung der GmbH vom 22.03.2010 trotzdem zu gewähren. Ein Vorsteuerabzug sei auch dann möglich, wenn es überhaupt nicht zur Ausführung von Ausgangsumsätzen gekommen sei bzw. wenn es sich um eine Fehlmaßnahme handele. Im vorliegenden Fall sei bereits die Investition in das BHKW getätigt und der Stand der Bearbeitung schon so weit fortgeschritten gewesen, dass für die Montage des BHKW ein Standort an der Adresse "B-Str., 00000 S-Stadt, Fl-Nr. xxx" vorgesehen gewesen sei. Dies gehe aus den Listen hervor, die die GmbH zur Information über den Bearbeitungsstand herausgegeben habe.

Vorliegend scheide eine Vorsteuerberichtigung nach § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG bezogen auf das Streitjahr 2010 aus. Allein das Entstehen eines Rückforderungsanspruchs sei nicht ausreichend. Eine Vorsteuerberichtigung sei ausschließlich erst bei Rückgewähr des Entgelts vorzunehmen. Insofern werde auf Abschn. 17.1. Abs. 7 USt-Anwendungserlass (UStAE) verwiesen. Soweit im Rahmen des Insolvenzverfahrens der GmbH eine (teilweise) Rückgewährung der Anzahlung erfolgen sollte, sei im Jahr der Rückgewähr eine entsprechende Minderung der Bemessungsgrundlage vorzunehmen, nicht aber rückwirkend für 2010.

Am 02.08.2012 hat der Bekl. einen USt-Jahresbescheid für 2010 erlassen, mit dem er die USt auf 3.206,84 € festgesetzt hat. Den Vorsteuerabzug aus der Rechnung der GmbH vom 22.03.2010 hat er hierin weiterhin nicht gewährt.

Der Kl. beantragt,

den USt-Bescheid für 2010 vom 02.08.2012 dahingehend zu ändern, dass die USt auf ./. 2.429,16 € festgesetzt wird,

hilfsweise für den Unterliegensfall, die Revision zuzulassen.

Der Bekl. beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise für den Unterliegensfall, die Revision zuzulassen.

Zur Begründung nimmt er Bezug auf die Ausführungen in seiner Einspruchsentscheidung und führt ergänzend wie folgt aus:

Zunächst würde keine ordnungsgemäße Rechnung im Sinne des § 14 UStG vorliegen. Dem Kl. sei keine Anzahlungsrechnung erteilt worden und er habe auch nicht lediglich eine Anzahlung geleistet. Er habe den in der Rechnung ausgewiesenen "Gesamtpreis des schlüsselfertigen Blockheizkraftwerks brutto" in Höhe von 35.700 € am 09.04.2010 mit dem Verwendungszweck "… RE-Nr. 000703" überwiesen. Zudem werde in der Rechnung zwar auf ein laut Kaufvertrag erworbenes BHKW Bezug genommen, doch sei der Kaufvertrag zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen gewesen. Nicht gefolgt werden könne der Einlassung des Kl., der Kaufvertrag bestünde aus dem Angebot der GmbH und dessen Annahme.

Außerdem sei der Liefergegenstand körperlich nicht existent gewesen, so dass dem Kl. über den Gegenstand laut Kaufvertrag die Verfügungsmacht nicht habe verschafft werden können.

Für den Fall, dass der streitige Vorsteuerabzug zu gewähren sei, sei eine Vorsteuerberichtigung gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 UStG noch für das Kalenderjahr 2010 durchzuführen. Die Vorsteuer sei zu berichtigen, wenn für eine vereinbarte Lieferung ein Entgelt entrichtet, die Lieferung jedoch nicht ausgeführt worden sei. Dabei müsse die Nichtausführung der vereinbarten Leistung nicht feststehen; es reiche aus, dass diese vorerst nicht ausgeführt werde. Den Rechnungsbetrag laut Rechnung vom 22.03.2010 habe der Kl. am 09.04.2010 überwiesen. Der Mietvertrag mit der GmbH sei auf den 09.06.2010 datiert. Spätestens im Juli 2010, beim Ausbleiben der vereinbarten Mieterträge, hätte es nahe gelegen, dass der Kl. Nachforschungen über Lieferzeitpunkt und Standort des von ihm bezahlten BHKW angestellt hätte. Bereits seit November 2010 hätten dem Finanzamt Informationen der Zentralstelle zur USt-Betrugsbekämpfung NRW über den USt- und Anlagenbetrug mit BHKWs der X-Gruppe vorgelegen. Am 30.11.2010 seien drei Staatsanwälte und 150 Beamte der Kriminalpolizei bei einer Groß-Razzia im Einsatz gewesen. Das … habe am 00.00.2010 über das Betrugsmodell in der Sendung "…" berichtet. Das Amtsgericht O habe mit Beschluss vom 30.12.2010 die vorläufige Insolvenzverwaltung angeordnet.

Für den Fall, dass der Vorsteuerabzug nicht rückgängig zu machen sei, werde hilfsweise vorgetragen, dass die Erweiterung des Unternehmensbereichs des Kl. um die Tätigkeit als Energieversorger zu verneinen sei. Der Kl. werde nicht als Stromerzeuger tätig, da er von vornherein keinerlei Einflussmöglichkeit hinsichtlich der Aufstellung und des Betriebs des BHKW habe ausüben können. Der Kl. habe nicht bestimmen können, wo das BHKW aufgestellt werde, in welcher Form und in welchem Umfang es bewirtschaftet werde und mit welchem Netzbetreiber zu welchen Konditionen der Einspeisungsvertrag abgeschlossen werde. Der Kl. habe nicht eigenverantwortlich gehandelt, da er die vertragsgemäße Lieferung durch eine körperliche Abnahme nicht kontrolliert habe. Die Vergütung, die nicht auf der erzeugten Strommenge, sondern auf einer festen Quote zum Kaufpreis des BHKW basiere, spreche für eine feste Rendite auf das eingesetzte Kapital. Da der Kl. keine Leistungen im wirtschaftlichen Sinne habe ausführen wollen, wäre er auch nicht als Stromerzeuger gewerblich tätig geworden. Leistungen, bei denen ein über die reine Entgeltsentrichtung hinausgehendes eigenes wirtschaftliches Interesse nicht verfolgt werde, seien keine Leistungen im wirtschaftlichen Sinn. Ein über den Erhalt der (Rendite-)Zahlungen hinausgehendes Interesse des Kl. sei nicht erkennbar.

Am 00.00.2014 hat das Landgericht O elf Verantwortliche der X-Gruppe wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs zu Haftstrafen zwischen drei und neun Jahren verurteilt. In der Presse war nach Verkündung der Strafurteile zu lesen, dass im Rahmen des Betrugsmodells mit den "Pflanzenöl-Blockheizkraftwerken" mehr als 1.400 Kunden um mehr als insgesamt 62 Millionen Euro betrogen worden seien. Auf der Internetseite der …-Zeitung war am 27.02.2014 zu lesen: "… Es sollte eine einmalige Idee sein, entwickelt von einem recht eigenwilligen Erfinder: … Seine Idee: Da das Öl mit Wasser verdünnt wurde, sollte es viel effizienter sein als vergleichbare Technik. Gutachter hielten das für technisch absurd. Detailliert erläuterte der Richter in der Urteilsbegründung, warum die Versprechen nicht umsetzbar waren. Das Absurde aber war: TÜV und Dekra prüften die Containerkraftwerke, bestätigten den Verbrauch der Motoren und übernahmen ansonsten weitgehend die Herstellerangaben. Das verkaufte X dann als Gutachten der Wirksamkeit. … 1,7 Millionen Euro habe X damals monatlich an Pachten an ihre Investoren zahlen müssen. Durch Einspeisevergütungen habe es aber keinen nennenswerten Einnahmen gegeben. Die Auszahlungen wurden also durch Geld von Neuanlegern finanziert. Ein klassisches Schneeballsystem. …" Auf der Internetseite des … war zu lesen: "… Die Motoren dieser angeblich ab 10.000 Euro erhältlichen Anlagen sollten mit einem Gemisch aus Wasser und Rapsöl angetrieben werden. … Nach Ermittlungen der Staatsanwaltschaft war das alles nur ein großer Bluff: Tatsächlich hatten die Verantwortlichen nie vor, die Heizkraftwerke in der erforderlichen Anzahl zu bauen, so der Vorwurf. Als die Ermittlungsbehörden den Managern im November 2010 auf die Schliche kamen, war nach Angaben der Staatsanwaltschaft nicht einmal ein Prototyp eines Blockheizkraftwerks fertiggestellt. Um nicht aufzufliegen, hätten die Verdächtigen lediglich vier Container aufgestellt, die mit herkömmlicher Technik gelegentlich Strom ins Netz einspeisten. Die 62 Millionen Euro, die seit 2009 von 1.417 Käufern bezahlt wurden, seien nicht in die Entwicklung von Rapsöl-Blockheizkraftwerken geflossen, sondern überwiegend in die Taschen der Angeklagten. Für die anfänglichen Garantie-Ausschüttungen an Bestandskunden seien in einem Schneeballsystem Geldeinlagen neuer Kunden verwendet worden." (www. … .de). Auf der Internetseite www. … .de war zu lesen: "… Im Jahr 2010 pries die X ´Blockheizkraftwerke in Containerbauweise´ an. Die Maschine sollte mit viel Wasser und wenig Pflanzenöl hochwirksam Strom erzeugen. Die angeblichen Wundermotoren sollten 20 Jahre lang 30-prozentige Jahresrenditen erwirtschaften. Tatsächlich aufgestellt wurden aber nur ein paar Container. Sie produzierten zwar Strom, aber beileibe nicht 24 Stunden und sieben Tage die Woche, wie im Prospekt versprochen. ´In einer normalen Firma würde man erstmal einen Prototypen herstellen, diesen dann testen und am Schluss in Produktion gehen´, sagte der Richter. ´Hier war es genau umgekehrt: Hier hat man ein Produkt verkauft, dass es gar nicht gab. Dieser Wundermotor war nicht mehr als ein x-beliebiges Stromaggregat.´ In dem 16-monatigen Prozess mit 94 Verhandlungstagen wurden 212 Zeugen und drei Sachverständige gehört. Ganze sieben Tage lang wurden nur abgehörte Telefongespräche geprüft. Zwei Staatsanwälte und 39 Verteidiger waren an dem Verfahren beteiligt. ´Aus den Telefonaten geht genau hervor, dass alle wussten, dass es kein Blockheizkraftwerk-System gegeben hat, dass auch nur annähernd zu den Werbeversprechen gepasst hätte´, sagte H (der Vorsitzende Richter der in der Strafsache zuständigen Strafkammer des Landgerichts O.). Das sei den Angeklagten aber egal gewesen. ´Sie wollten nur ihre Provisionen und Umsatzbeteiligungen kassieren.´ Das weit verzweigte Unternehmen hatte laut Anklageschrift keinen funktionierenden Geschäftsbetrieb und arbeitete mit einer Art Schneeballsystem: Das Geld neuer Kunden floss an die bereits bestehenden Kunden, und alle waren zunächst zufrieden. …"

Die Sache ist am 03.04.2014 vor dem Senat mündlich verhandelt worden. Auf das Sitzungsprotokoll wird Bezug genommen. Die hier wörtlich zitierten, im Internet veröffentlichten Pressemitteilungen sind im Rahmen des Sachvortrags ausdrücklich zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht geworden.

Aus den Gründen

Die Klage ist unbegründet.

Der USt-Bescheid für 2010 vom 02.08.2012 ist rechtmäßig und verletzt den Kl. nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung – FGO). Dem Kl. steht ein Vorsteuerabzug aus der Rechnung der GmbH vom 22.03.2010 nicht zu.

Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG kann der Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbeträge abziehen, vorausgesetzt, er besitzt eine nach den §§ 14, 14a UStG ausgestellte Rechnung. Soweit der gesondert ausgewiesene Steuerbetrag auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Umsätze entfällt, ist er bereits abziehbar, wenn die Rechnung vorliegt und die Zahlung geleistet worden ist (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 UStG).

Bei der "Rechnung Nr. 000703" der GmbH vom 22.03.2010 handelt es sich um eine Vorausrechnung, deren dort gesondert ausgewiesene Steuer gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 UStG grundsätzlich bereits abziehbar ist, wenn die Rechnung vorliegt und die Zahlung – wie hier – geleistet worden ist. Eine Vorausrechnung liegt vor, wenn die Rechnung als solche nach ihrer Aufmachung (z.B. durch Bezeichnung als Vorausrechnung) oder nach ihrem Inhalt (z.B. durch Hinweis auf einen erst in der Zukunft liegenden Zeitpunkt der Leistung) auf den ersten Blick für einen Betrachter auch ohne Kenntnis der Vorgänge als bloße Vorausrechnung oder "Pro-Forma-Rechnung" erkennbar ist (BFH, Urteil vom 05. Februar 1998 V R 65/97, BFHE 185, 302, BStBl II 1998, 415; Beschluss vom 29. Juni 1988 V B 144/87, BFH/NV 1989, 134). Im Streitfall ist aus der Rechnung der GmbH vom 22.03.2010 erkennbar, dass das BHKW noch nicht geliefert worden ist. So heißt es in der Rechnung: "Die genauen technischen Details der Einzelkomponenten erhalten Sie nach Montage. Den genauen Standort erhalten Sie bei Auslieferung des Blockheizkraftwerks." Außerdem befindet sich in der Rechnung ein Verweis auf einen Kaufvertrag. Dieser ist zwar nicht näher bezeichnet, wurde aber zwischen dem Kl. und der GmbH durch Bestellung vom 19.03.2010 und Auftragsbestätigung vom 22.03.2010 geschlossen. Denn ein Kaufvertrag kommt bereits durch Angebot und Annahme formlos zustande. Aus der vorliegenden Auftragsbestätigung ergibt sich ebenfalls, dass am 22.03.2010 noch keine Lieferung erfolgt ist, da es dort heißt: "Voraussichtlicher Lieferzeitpunkt: (Genauer Termin wird bekannt gegeben)" und "Wir werden Sie regelmäßig über den jeweiligen Produktionsfortschritt informieren".

Im Streitfall hat der Bekl. den vom Kl. aus der Vorausrechnung der GmbH vom 22.03.2010 geltend gemachten Vorsteuerabzug  i.H.v. 5.700 € jedenfalls deshalb zu Recht versagt, weil die dort ausgewiesene Steuer keine "gesetzlich geschuldete Steuer" im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 UStG darstellt, da es sich um einen unberechtigten Steuerausweis im Sinne des § 14c Abs. 2 Satz 2 UStG handelt.

Bei richtlinienkonformer Auslegung darf als Vorsteuer nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG nur eine für den berechneten Umsatz vom Leistenden geschuldete Steuer abgezogen werden (EuGH-Urteile vom 13. Dezember 1989 Rs. C-342/87, Genius, Slg. 1989, 4227, NJW 1991, 632 und vom 15. März 2007 Rs. C-35/05, Reemtsma Cigarettenfabriken, Slg. 2007, I-2425, BFH/NV Beilage 3, 293, Rn. 23; BFH-Urteile vom 2. April 1998 V R 34/97, BFHE 185, 536, BStBl II 1998, 695 und vom 6. Dezember 2007 V R 3/06, BFHE 221, 67, BStBl II 2009, 203;).Demnach erstreckt sich das Recht auf Vorsteuerabzug nicht auf eine Steuer, die ausschließlich deshalb geschuldet wird, weil sie in einer Rechnung ausgewiesen ist (EuGH-Urteile vom 13. Dezember 1989 Rs. C-342/87, Genius, Slg. 1989, 4227, NJW 1991, 632 und vom 19. September 2000 Rs. C-454/98, Schmeink & Cofreth und Strobel, Slg. 2000, I-6973, HFR 2000, 914). Dies betrifft insbesondere im Sinne von § 14c Abs. 1 und 2 UStG ausgewiesene Steuern.

Gemäß § 14c Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 UStG ist eine Steuer unberechtigt ausgewiesen, wenn jemand wie ein leistender Unternehmer abrechnet und einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er eine Lieferung oder sonstige Leistung nicht ausführt. Eine Abrechnung ohne Leistung im Sinne des § 14c Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 UStG liegt hierbei nach Sinn und Zweck der Regelung – der Verhinderung von Missbräuchen – noch nicht vor, wenn der liefernde Unternehmer die Rechnung begibt, bevor er die Leistung ausführt (Anzahlungs- und Vorausrechnungen). Der Fall einer Zahlung vor Ausführung der Umsätze ist in § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 UStG ausdrücklich vorgesehen. Für einen unberechtigten Steuerausweis im Sinne des § 14c Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 UStG muss deshalb hinzukommen, dass der Unternehmer nicht willens und in der Lage ist, die in der ausgestellten Rechnung (Anzahlungs- oder Vorausrechnung) beschriebene Leistung zu erbringen, er aber mit der Rechnung gleichwohl den Schein einer (erbrachten oder nach Rechnung zu erbringenden) Lieferung oder sonstigen Leistung erwecken will, d. h. dass der Unternehmer von vornherein nicht beabsichtigt hat, die Leistung zu erbringen (Fleckenstein-Weiland in Reiß/Kraeusel/Langer/Wäger, § 14c UStG (Stand   April 2012), Rz. 118; Abschn. 14.8 Abs. 2 UStAE; noch zur fast wortgleichen Vorgängervorschrift § 14 Abs. 3 UStG: BFH-Urteil vom 21. Februar 1980 V R 146/73, BFHE 129, 569, BStBl II 1980, 283).

Im Streitfall ist die in der Rechnung der GmbH vom 22.03.2010 ausgewiesene Steuer keine "gesetzlich geschuldete Steuer" im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 UStG, so dass der Vorsteuerabzug hieraus verwehrt ist. Die Steuer wird von der GmbH ausschließlich deshalb geschuldet, weil sie die Steuer in der Rechnung ausgewiesen hat. Es handelt sich um einen unberechtigten Steuerausweis im Sinne des § 14c Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 UStG, weil die GmbH das in Rechnung gestellte BHKW tatsächlich nie geliefert hat und es zur Überzeugung des erkennenden Senats auch nie ein BHKW an den Kl. hat liefern wollen.

Gegenstand des Betrugsmodells der X-Gruppe war auch ausweislich der Pressemitteilungen, dass die verkauften BHKWs tatsächlich nicht hergestellt und geliefert werden sollten. Zur Vertuschung des groß angelegten Betrugs sollte verhindert werden, dass die Käufer die tatsächliche Existenz der BHKWs hinterfragen und überprüfen. Zu diesem Zweck wurden die Käufer dazu angehalten, mit dem Kauf eines BHKW zugleich Miet- bzw. Pachtverträge, Verwalterverträge und Premium-Service-Pakete mit einem Schwester-/Partnerunternehmen zu schließen, damit sich die Käufer um die Auslieferung und den tatsächlichen Standort der gekauften Anlagen nicht weiter kümmern mussten und dies auch nicht taten. Außerdem erhielten die Käufer monatliche Garantieausschüttungen, durch die sie sich in ihrer Geldanlage bestätigt fühlen und keine Nachfragen stellen sollten. Diese Garantieausschüttungen wurden im Rahmen eines sog. Schneeballsystems durch die Kaufpreiszahlungen aus neu abgeschlossenen Kaufverträgen finanziert.

Hieraus und aus den Umständen des Streitfalls ist der Senat insbesondere zu der Überzeugung gelangt, dass die GmbH bereits zum Zeitpunkt der Vorauszahlung des Kaufpreises tatsächlich kein BHKW "…" an den Kl. zu liefern beabsichtigte. Ein solches BHKW sollte nur auf dem Papier, nie aber tatsächlich existieren. Nach den Feststellungen im Strafverfahren gegen die Verantwortlichen der X-Gruppe waren laut den Pressemitteilungen zwar tatsächlich ein paar Container aufgestellt worden. Dort wurde auch Strom produziert, doch nicht in dem Umfang und mit der Technik wie es in dem Prospekt, auf den sich die dann geschlossenen Kaufverträge gründeten, versprochen war. Damit entsprachen bereits die aufgestellten und vom TÜV abgenommenen Maschinen nicht den Eigenschaften des Kaufgegenstands laut den abgeschlossenen Kaufverträgen. Es wurde keine einzige Maschine hergestellt, die die im Prospekt zugesicherten Eigenschaften des BHKW hatte. Es handelte sich aufgrund der dort tatsächlich eingebauten, vom Prospekt abweichenden Technik nicht nur um sachmängelbehaftete BHKWs, sondern um sog. aliuds zu dem vom Kl. tatsächlich gekauften BHKW "…".

Da der Vorsteuerabzug damit bereits aus vorstehenden Gründen zu versagen war, kann der Senat insbesondere dahinstehen lassen, ob der Kl. mit dem Betrieb des gekauften BHKW unternehmerisch tätig werden wollte, ob eine Rechnung im Sinne des § 14 UStG mit allen gemäß § 14 Abs. 4 UStG erforderlichen Rechnungsangaben vorlag und ob dem Kl. nach den Verträgen die Verfügungsmacht an dem von ihm gekauften BHKW im Sinne des § 3 Abs. 1 UStG überhaupt verschafft werden sollte.

Die in den dem Kl. erteilten monatlichen Gutschriften offen ausgewiesenen Steuern schuldet der Kl. an sich gemäß § 14c Abs. 2 Satz 2 UStG, weil der Kl. hiermit wie ein leistender Unternehmer abgerechnet hat und einen Steuerbetrag gesondert ausgewiesen hat, obwohl er jedenfalls eine Lieferung oder sonstige Leistung nicht ausgeführt hat. Eine Berücksichtigung kann aber hier im Hinblick auf das Verbot der Schlechterstellung im Finanzgerichtsverfahren nicht erfolgen. Das Gericht darf durch seine Entscheidung die Rechtsposition des Klägers im Vergleich zum Zustand vor Klageerhebung nicht verschlechtern (BFH-Urteil vom 26. November 1997 X R 146/94, BFH/NV 1998, 961).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision war zur Fortbildung des Rechts und im Hinblick auf die über das Bundesgebiet verstreut anhängigen Verfahren der Geschädigten zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO).

 

 

 

 

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