Finanzgericht Köln: Vorsteuer aus Insolvenzverwaltervergütung in vollem Umfang abzugsfähig
Finanzgericht Köln, Urteil vom 29.1.2015 – 7 K 25/13
Sachverhalt
Die Beteiligten streiten über den Umfang des Vorsteuerabzugs aus der Vergütung einer Insolvenzverwalterin.
Die Klägerin ist 2003 als Insolvenzverwalterin für das Vermögen der B GmbH & Co. KG (im Folgenden: KG) eingesetzt worden. Das Insolvenzverfahren wurde durch Beschluss des Amtsgerichts F vom ....1.2003 (Az. 1) eröffnet.
Die KG gehörte zu einer Unternehmensgruppe, bestehend aus zwölf eigenständigen Gesellschaften, für die sie als Besitzunternehmen fungierte und eigene oder angemietete Immobilien an die ... B GmbH vermietete. Letztere vermietete die von ihr von der KG angemieteten Immobilien an die ihr nachgeordneten E-Märkte weiter. Die KG hatte selbst kein operatives Geschäft. Sie erzielte in den Jahren 1992-1995 zum Vorsteuerausschluss führende steuerfreie Umsätze in einem Umfang zwischen 0,13 % und 1,35 % ihres Gesamtumsatzes (1992: 0,13 %, 1993: 1,35 %, 1994: 0,46 %. 1995: 0,24 %) und ab 1996 ausschließlich umsatzsteuerpflichtige Umsätze.
Bei Insolvenzeröffnung war das Unternehmen der KG bereits längere Zeit geschlossen. Der größte Teil ihres Vermögens war im Rahmen der zuvor 2002 durchgeführten Liquidation verwertet und die seinerzeit zur Abwicklung des Geschäftsbetriebes vorgenommenen Veräußerungen einiger Grundstücke der KG waren nach § 9 UStG als umsatzsteuerpflichtig behandelt worden.
In dem Insolvenzverfahren waren im Wesentlichen noch ein Grundstück in D zu verwerten, ein Werbepylon zu verkaufen sowie die Mieten hieraus und sonstige Außenstände einzuziehen. Der Grundstücksverkauf erfolgte durch die Klägerin 2006 umsatzsteuerfrei. Warenbestände waren nicht vorhanden, Beteiligungen an den nachgeordneten B‑Firmen der Unternehmensgruppe waren wegen dortiger Insolvenzen abgeschrieben. Der verfügbare Massebestand im Oktober 2010 in Gestalt von Bankguthaben betrug 275.134,10 € zuzüglich 427 € erwartete Steuererstattung.
Zur Insolvenztabelle angemeldet wurden in dem Insolvenzverfahren Forderungen in einer Gesamthöhe von 8.367.832,05 €, von denen 6.935.434,07 € bei der Schlussverteilung zu berücksichtigen waren. 80 % davon bestanden gegenüber K GmbH aus der umsatzsteuerpflichtigen Anmietung von Gewerbeflächen, 0,5 Millionen € bestanden gegenüber der M AG aus Krediten zur Grundstücksfinanzierung. Keine der Insolvenzforderungen stand mit den Anfang der 90er Jahre erbrachten umsatzsteuerfreien, den Vorsteuerabzug ausschließenden Ausgangsumsätzen oder dem durch die Klägerin 2006 erbrachten umsatzsteuerfreien Verkauf des Grundstücks in D in Zusammenhang.
Die während des Insolvenzverfahrens von der Klägerin erzielten Einnahmen aus der Verwertung des Vermögens der KG von insgesamt 805.305 € und Ausgaben von 351.821 € stellen sich verkürzt wie folgt dar:
Einnahmen in € |
% |
Ausgaben in € |
||
Mieteinnahmen USt-pflichtig |
64.016 |
27,70 |
Miete |
125.959 |
Verkauf Werbepylon |
120.000 |
Aus- und Absonderungsrechte |
893 |
|
Provisionen mit USt |
8.250 |
Grundstücksabgaben Zwangsverwaltung |
9.436 |
|
Umsatzsteuer (16% x 192.266) |
30.763 |
Buchführung, Steuerberatung |
25.175 |
|
Grundstücksverkauf D ohne USt |
266.750 |
33,12 |
USt-Zahlungen |
10.238 |
Mieteinnahmen ohne USt |
3.460 |
0,43 |
Rechtsanwaltsgebühren |
26.863 |
Zinsen |
25.629 |
3,18 |
Insolvenzverwaltervergütung |
72.385 |
Beteiligungen |
1.554 |
0,20 |
Vorsteuer 16/19 % |
43.416 |
Forderungseinzüge (incl. G GmbH und H |
191.035 |
23,72 |
Gerichtskosten Insolvenzverfahren und allgemein |
19.213 |
Übernahme Bankguthaben |
45.027 |
5,59 |
ZASt, KapESt, Solz |
7.936 |
Sonstiges (Erstattungen sonstige, Umsatzsteuer, Ertragsteuer, Verfahrenskosten; Anfechtungen, Feststellungskosten, durchlaufende Posten) |
48.821 |
6,06 |
Sonstiges (sonstige Aufwendungen, Dienstleistungen, Veröffentlichung, Versicherung, Porto) |
10.307 |
Summe |
805.305 |
100 |
351.821 |
Für weitere Einzelheiten der Tätigkeit der Klägerin im Rahmen des Insolvenzverfahrens, der erzielten Einnahmen und Ausgaben sowie des Verfahrensverlaufs wird auf den in der Rechtsbehelfsakte des Beklagten befindlichen Schlussbericht der Klägerin vom 21.10.2010 Bezug genommen.
2012 vereinnahmte die Klägerin zur Insolvenzmasse lediglich noch 110,46 € Zinsen aus einer Festgeldanlage sowie eine Umsatzsteuererstattung.
Am 8.6.2012 gab die Klägerin eine Umsatzsteuervoranmeldung für das II. Quartal 2012 ab, mit der ausschließlich abziehbare Vorsteuerbeträge von 13.827,84 € geltend gemacht wurden. Diese setzten sich zusammen aus 74,78 € aufgrund von Buchführungs- und Steuerberatungsleistungen sowie 13.753,06 € aus der Rechnung der Klägerin vom 10.1.2012 über ihre Vergütung als Insolvenzverwalterin.
Der Beklagte setzte zur Berücksichtigung der erklärten Besteuerungsgrundlagen zunächst mit Bescheid vom 6.8.2012 die Umsatzsteuer für das I. Quartal 2012 auf 5.712,38 € fest.
Aufgrund eines Einspruchs der Klägerin änderte der Beklagte diese Festsetzung schließlich durch Bescheid vom 14.11.2012 auf -5.851,07 € und berücksichtigte die geltend gemachte Vorsteuer lediglich i.H.v. 5.851,07 €, bestehend aus einem Betrag von 5.776,29 € aus der Vergütungsrechnung der Klägerin sowie der übrigen Vorsteuer von 74,78 €. Die Vorsteuer aus der Insolvenzverwaltervergütung ließ er mit einem Anteil von 42 % (x 13.753,06 € = 5.776,29 €) zum Abzug zu, den er wie folgt ermittelte:
Verwertungsumsätze der Klägerin insgesamt
Verwertungsumsätze der Klägerin insgesamt |
459.015,72 € = 100 % |
||
davon steuerpflichtig |
|||
Provisionen |
8.250 € |
||
Miete |
64.016 € |
||
Verkauf Werbepylon |
120.000 € |
192.266,00 € = 42 % |
|
davon steuerfreier Grundstücksverkauf |
266.750,00 € = 58 %. |
Den Einspruch der Klägerin im Übrigen wies der Beklagte mit Entscheidung vom 28.11.2012 zurück mit der Begründung, dass die Vorsteuer aus der Insolvenzverwaltervergütung nicht vollständig in Abzug zu bringen, sondern nach § 15 Abs. 4 UStG aufzuteilen sei auf die der Vergütung zugrunde liegenden Verwertungsumsätze in dem Insolvenzverfahren. Dieser Gesamtumsatz beinhalte auch den Erlös aus dem Grundstücksverkauf, der nach § 4 Nr. 9a UStG steuerfrei sei und deshalb den Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG ausschließe.
Hiergegen hat die Klägerin am 2.1.2013 Klage erhoben.
Zu deren Begründung trägt sie vor, dass im Hinblick auf den Vorsteuerabzug des Jahres 2012 auch nur die Ausgangsumsätze dieses Besteuerungszeitraums maßgeblich seien. Für die wirtschaftliche Zurechnung eines Eingangsumsatzes zu bestimmten Ausgangsumsätzen für Zwecke von § 15 Abs. 2 und 4 UStG müssten die Ausgangsumsätze in dem Besteuerungszeitraum herangezogen werden, in dem auch der Anspruch auf den Vorsteuerabzug entstanden sei, vorliegend also 2012. In diesem Jahr sei die zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnung gestellt worden. Es sei unzutreffend, sämtliche Umsätze während des sich über mehrere Kalenderjahre erstreckenden Insolvenzverfahrens in den Blick zu nehmen. Neben der Umsatzsteuererstattung für das I. Quartal seien 2012 nur noch Zinsen aus einer Festgeldanlage an Einnahmen erzielt worden.
Unter dem 4.6.2013 hat der Beklagte einen Bescheid über Umsatzsteuer 2012 erlassen, mit dem er die Steuer auf -5.851,07 € festgesetzt und die Besteuerungsgrundlagen wie im Rahmen des angefochtenen Vorauszahlungsbescheides in Ansatz gebracht hat.
Die Klägerin beantragt,
die Umsatzsteuer 2012 unter Änderung des Bescheides vom 4.6.2013
abweichend auf -13.827,84 € festzusetzen,
hilfsweise die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise die Revision zuzulassen.
Er hält an seiner in der Einspruchsentscheidung vertretenen Auffassung fest.
Aus den Gründen
Die Klage ist begründet.
Die Umsatzsteuerfestsetzung 2012 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 S. 1 FGO).
Die Vorsteuer aus der Insolvenzverwaltervergütung ist vollständig i.H.v. 13.753,06 € statt nur i.H.v. 5.776,29 € zum Vorsteuerabzug zuzulassen, die Umsatzsteuer 2012 folglich auf -13.827,84 € festzusetzen.
I.
Da sich der ursprünglich mit der Klage angefochtene Umsatzsteuervorauszahlungsbescheid für das I. Quartal 2012 mit dem Ergehen des Jahresbescheides vom 4.6.2013 i.S.v. § 124 Abs. 2 AO erledigt hat und durch diesen ersetzt wurde, ist der Jahresbescheid nach § 68 S. 1 FGO Gegenstand des Klageverfahrens geworden.
Das Gericht hatte nunmehr über dessen Rechtmäßigkeit zu befinden.
II.
Dieser Bescheid über Umsatzsteuer 2012 ist insoweit rechtswidrig, als er den Vorsteuerabzug aus der Rechnung der Klägerin statt richtigerweise i.H.v. 13.753,06 € nur i.H.v. 5.776,29 € berücksichtigt.
1.
Gemäß § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UStG kann ein Unternehmer die in einer Rechnung ordnungsgemäß ausgewiesene gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen abziehen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind.
Unternehmer ist gem. § 2 Abs. 1 S. 1 UStG, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Die Unternehmereigenschaft endet, wenn der Unternehmer keine Umsätze mehr tätigt. Unternehmerisch tätig ist aber auch noch derjenige, der sein Unternehmen abwickelt (BFH-Urteil vom 25.06.1998 V R 25/97, BFH/NV 98, 1533; Klenk in: Sölch/Ringleb, UStG, § 2 Rz. 210). Eine Insolvenzeröffnung hat auf die Unternehmereigenschaft des Insolvenzschuldners grundsätzlich keinen Einfluss. Der Insolvenzschuldner bleibt daher zum Vorsteuerabzug berechtigt und kann offen in Rechnung gestellte Vorsteuer bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen von der Umsatzsteuerschuld abziehen.
Ein Insolvenzverwalter übt mit seiner Geschäftsführung eine sonstige Leistung zugunsten der Masse aus und erbringt damit eine Tätigkeit für das Unternehmen des Schuldners. Für seine Geschäftsführung hat er Anspruch auf eine aus der Masse zu entrichtende Vergütung, so dass er seine Leistung gegen Entgelt erbringt. Er ist selbst Unternehmer und betreibt ein eigenes, von der Insolvenzmasse getrenntes (Insolvenzverwalter-) Unternehmen (vgl. Frotscher, Besteuerung bei Insolvenz, 6. Aufl. 2005, S. 183). Daher ist er auch berechtigt, für seine Leistung Umsatzsteuer gesondert in Rechnung zu stellen.
Danach gehört die Umsatzsteuer auf die Tätigkeitsvergütung des Insolvenzverwalters – generell und auch im Streitfall - bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen grundsätzlich zu der für die Insolvenzmasse abziehbaren Vorsteuer (BFH-Urteil vom 20.02.1986 V R 16/81, BStBl II 1986, 579).
Ausgeschlossen ist ein Vorsteuerabzug jedoch gem. § 15 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 UStG für solche von dem Unternehmer für sein Unternehmen bezogenen Leistungen (Lieferungen oder sonstige Leistungen), die der Unternehmer zur Ausführung steuerfreier Umsätze verwendet. Dazu gehören auch nach § 4 Nr. 9 lit. a UStG steuerfreie Grundstücksverkäufe.
Verwendet der Unternehmer eine für sein Unternehmen bezogene Leistung nur zum Teil zur Ausführung von Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen, so ist laut § 15 Abs. 4 S. 1 UStG der Teil der jeweiligen Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, der den zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist. Die nicht abziehbaren Teilbeträge können im Wege einer sachgerechten Schätzung ermittelt werden; dabei ist eine Aufteilung nach dem Verhältnis der den Vorsteuerabzug ausschließenden Umsätze zu den Umsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, ausnahmsweise zulässig, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist (§ 15 Abs. 4 S. 2, 3 UStG).
Damit der Steuerpflichtige zum Vorsteuerabzug berechtigt ist und der Umfang dieses Rechts bestimmt werden kann, muss nach ständiger Rechtsprechung des EuGH grundsätzlich ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang zwischen einem bestimmten Eingangsumsatz und einem oder mehreren Ausgangsumsätzen, die das Recht auf Vorsteuerabzug eröffnen, bestehen, (z.B.EuGH-Urteile v. 21.2.2013 C-104/12, DStR 2013, 411, und v. 8.2.2007 C-435/05 Investrand BV, UR 2007, 225; BFH-Urteil v. 20.12.2005 V R 14/04, BFH/NV 2006, 1233). Bei der Anwendung des Kriteriums des unmittelbaren Zusammenhangs sind nur die Umsätze heranzuziehen, die objektiv im Zusammenhang mit der der Steuer unterliegenden Tätigkeit des Steuerpflichtigen stehen. Das Vorliegen eines solchen Zusammenhangs ist anhand des objektiven Inhalts der bezogenen Leistung zu bestimmen (EuGH-Urteil v. 8.2.2007 C-435/05 Investrand BV, UR 2007, 225). Der ausschließliche Entstehungsgrund des Eingangsumsatzes kann hierbei als ein Kriterium für die Bestimmung des objektiven Inhalts dieses Umsatzes herangezogen werden.
Es wird jedoch auch bei Fehlen eines solchen direkten und unmittelbaren Zusammenhangs zwischen einem bestimmten Eingangsumsatz und einem oder mehreren Ausgangsumsätzen ein Recht auf Vorsteuerabzug zugunsten des Steuerpflichtigen angenommen, wenn die Kosten für die fraglichen Eingangsleistungen zu seinen allgemeinen Aufwendungen gehören und Preisbestandteile der von ihm erbrachten Leistungen sind (EuGH-Urteile v. 21.2.2013 C-104/12, DStR 2013, 411, und v. 22.2.2001 Rs. C-408/98 Abbey National, DStRE 2001, 318). Sie müssen als Kostenelemente der versteuerten, zum Abzug berechtigenden Ausgangsumsätze in der Regel bereits entstanden sein, bevor der Unternehmer diese besteuerten Umsätze ausführt (EuGH-Urteile v. 8.2.2007 C-435/05 Investrand BV, UR 2007, 225, und v. 22.2.2001 Rs. C-408/98 Abbey National, DStRE 2001, 318). Derartige Kosten hängen direkt und unmittelbar mit seiner wirtschaftlichen Gesamttätigkeit zusammen und berechtigen nach Maßgabe dieser Gesamttätigkeit zum Vorsteuerabzug (zum Ganzen BFH, Urteil v. 11.4.2013 V R 29/10, BStBl II 2013, 840 m.w.N.).
Für Dienstleistungen, die ein Unternehmer für die Abwicklung einer nicht steuerbaren Geschäftsveräußerung im Ganzen in Anspruch nimmt, hat der EuGH in der Sache Abbey National mit Urteil v. 22.2.2001 (Rs. C-408/98, DStRE 2001, 318) den Vorsteuerabzug ebenfalls in vollem Umfang zugelassen, obwohl die Kosten für diese Leistungen nicht vor der Ausführung besteuerter Umsätze, sondern erst danach entstanden sind. Zur Begründung stellte der EuGH darauf ab, dass diese Eingangsleistungen zwar keinen direkten und unmittelbaren Zusammenhang mit vorsteuerabzugsberechtigten Ausgangsumsätzen, jedoch mit der gesamten wirtschaftlichen Tätigkeit des Unternehmens vor der Geschäftsveräußerung aufweisen würden. Wenn auch nach der Inanspruchnahme der fraglichen Dienstleistungen keine Umsätze mehr getätigt würden, so gehörten die Kosten für die Leistungen doch zu den allgemeinen Kosten des Unternehmers und seien als Bestandteil seiner gesamten wirtschaftlichen Tätigkeit vor der Übertragung anzusehen. Anderenfalls – bei Verwehrung des Vorsteuerabzugs aus solchen Kosten – würde willkürlich unterschieden zwischen Ausgaben für Zwecke des Unternehmens, die vor und während der Unternehmenstätigkeit anfallen, und solchen, die erst der Beendigung dieser Tätigkeit dienen.
2.
Unter Berücksichtigung vorstehender Grundsätze ist der Vorsteuerabzug aus der Tätigkeit der Insolvenzverwalterin in vollem Umfang von 13.753,06 € zu gewähren.
Die allgemeinen Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UStG für den Vorsteuerabzug liegen vor. Ein teilweiser Ausschluss vom Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 4 UStG scheidet aus, da die streitgegenständliche Verwaltungsleistung der Klägerin für Zwecke der zum Vorsteuerabzug berechtigenden, umsatzsteuerpflichtigen Tätigkeit der KG verwendet wurde und nicht im Zusammenhang mit vorsteuerschädlichen Ausgangsumsätzen steht. Denn die Eingangsleistung und die daraus resultierende Vorsteuer sind der gesamten wirtschaftlichen Tätigkeit der KG vor der Insolvenzeröffnung zuzuordnen, und diese Tätigkeit hat nahezu ausschließlich Umsätze hervorgebracht, die zum vollen Vorsteuerabzug berechtigen.
Der Senat ist der Auffassung, dass die Leistung eines Insolvenzverwalters im Allgemeinen und der Klägerin im Besonderen - entgegen der Ansicht der Finanzverwaltung - nicht allein zur Erzielung der im Rahmen des Insolvenzverfahrens getätigten steuerbaren Verwertungsumsätze verwendet wurde und dass mithin nicht nur diese Verwertungsumsätze als Maßstab für eine etwaige Aufteilung der Vorsteuer nach § 15 Abs. 4 UStG herangezogen werden dürfen (gl. A. FG Nürnberg, Urteil 2 K 1513/2008 vom 11.5.2010, EFG 2010, 1843). Vielmehr ist eine solche von dem Insolvenzschuldner bezogene Eingangsleistung vergleichbar mit Dienstleistungen, die für die Abwicklung einer Geschäftsveräußerung im Ganzen in Anspruch genommen werden, und entsprechend zu beurteilen. Die Kosten dafür gehören zu den allgemeinen Kosten des Unternehmers und sind Bestandteil seiner gesamten unternehmerischen Tätigkeit.
Denn die von der Klägerin bezogene Leistung hatte nicht nur die Erzielung von Verwertungsumsätzen zum Gegenstand, sondern zahlreiche weitere Teilaspekte, die nicht im direkten und unmittelbaren Zusammenhang mit einem oder mehreren Ausgangsumsätzen der KG bzw. der Klägerin für die KG stehen. Der in Rede stehende Eingangsumsatz umfasst seinem objektiven Inhalt nach mehr als die bloße Verwertung einiger Vermögensgegenstände der KG, nämlich die Abwicklung der gesamten - ehemaligen - wirtschaftlichen Tätigkeit der Insolvenzschuldnerin im Wege des dafür vorgeschriebenen Insolvenzverfahrens. Gem. § 1 S. 1 InsO dient das Insolvenzverfahren dazu, die Gläubiger eines Schuldners gemeinschaftlich zu befriedigen, indem im Rahmen der Unternehmensabwicklung das Vermögen des Schuldners verwertet und der Erlös verteilt oder in einem Insolvenzplan eine abweichende Regelung insbesondere zum Erhalt des Unternehmens getroffen wird. Der Insolvenzverwalter erhält seine Vergütung für die gesamte Durchführung des Verfahrens (vgl. §§ 1, 63 InsO). Dazu gehört nicht nur die Erzielung umsatzsteuerlich relevanter Einnahmen zugunsten der Masse durch Verwertung des Schuldnervermögens, vorliegend die Veräußerung des Grundstücks, des Werbepylons sowie die Vermietung des vorhandenen Vermögens. Die Leistung der Insolvenzverwalterin bestand vielmehr in einer Fülle von Tätigkeiten zur Abwicklung des Unternehmens, etwa dem Einzug von Forderungen der Insolvenzschuldnerin, der Prüfung und Zusammenstellung der angemeldeten Insolvenzforderungen und deren Feststellung zur Insolvenztabelle, der Anfechtung von Zahlungen, der Verwertung und Verteilung der Masse, dem Erstellen des Insolvenzgutachtens und der Fortführungsprognose, der Prüfung der Kostendeckung sowie der Vermögenssicherung und -verteilung. Dies lässt der Beklagte außer Acht, indem er bei der Bestimmung der Verwendung des Leistungsbezuges nur auf den Verkauf einiger Vermögensgegenstände abstellt.
Der erkennende Senat gelangt demgegenüber zu dem Ergebnis, dass die Eingangsleistung der Insolvenzverwalterin - berücksichtigt man wie der EuGH in seiner Rechtsprechung auch deren Entstehungsgrund - zu den allgemeinen Aufwendungen der Insolvenzschuldnerin gehört. Sie hängt mit der wirtschaftlichen Gesamttätigkeit der Insolvenzschuldnerin vor Beginn der Abwicklung ihres Unternehmens, also vor der Insolvenzeröffnung zusammen. Die Tätigkeit der Klägerin ist naturgemäß ein der aktiven Unternehmenstätigkeit nachgelagerter Akt, der nicht aktuellen oder künftigen besteuerten Umsätzen zugeordnet werden kann, weil die KG solche nicht mehr ausführt. Die Leistung ist jedoch auf die Gesamttätigkeit der KG, deren Abwicklung sie letztendlich dient und in der sie ihre Ursache hat, rückführbar. Sie muss daher in gleichem Umfang zum Vorsteuerabzug berechtigen wie andere, vor und während der Unternehmenstätigkeit angefallene Eingangsleistungen. Die Verwaltungsleistung der Insolvenzverwalterin ist dabei vergleichbar mit der in der EuGH-Entscheidung Abbey National v. 22.2.2001 C‑408/98, DStRE 2001, 318, zu beurteilenden Leistung zur Durchführung einer nicht steuerbaren Geschäftsveräußerung. Hier wäre ein Vorsteuerabzug ausgeschlossen gewesen, hätte man als maßgeblichen Verwendungsumsatz nur auf die nicht besteuerte Geschäftsveräußerung abgestellt.
Da die KG im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Gesamttätigkeit ausschließlich steuerpflichtige bzw. zum Vorsteuerabzug berechtigende steuerfreie Ausgangsumsätze erbracht hat, steht der Klägerin ein vollständiger Vorsteuerabzug aus der streitgegenständlichen Insolvenzverwaltervergütung zu. Die einige Jahre vor der Insolvenzeröffnung erbrachten steuerfreien Ausschlussumsätze haben einen nach Ansicht des Senats so geringen Umfang, dass sie zu vernachlässigen sind und nicht zu einer Vorsteuerkürzung nach § 15 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 4 UStG - in einem Ausmaß von ohnehin allenfalls weit unter 1 % - führen.
Nachdem sich aus der Insolvenzverwaltervergütung ein Vorsteuerabzug von 13.753,06 € (100 % von 13.753,06 €) statt wie bisher 5.776,29 € ergibt, wird die Umsatzsteuer 2012 in geänderter Höhe auf -13.827,84 € festgesetzt.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.
IV.
Die Revision war nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsfrage.