FG Köln: Vorläufiger Steuerrechtsschutz für BCI-Geschädigte
FG Köln, Beschluss vom 10.4.2013 - 10 V 216/13
Sachverhalt
Die Beteiligten streiten im Aussetzungsverfahren über die Frage, ob die angefochtenen Bescheide wegen Einkommensteuer 2007-2010 wegen Zuflüssen aus Kapitalerträgen im Zusammenhang mit einem Schneeballsystem zu ändern waren.
Die Kläger sind verheiratet und wurden in den Streitjahren zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger übt den Beruf des Redakteurs aus, die Klägerin war in den Streitjahren als Finanzberaterin tätig. In diesem Zusammenhang beriet sie auch ihren Ehemann.
Die Antragsteller beteiligten sich an der C Corporation (C).
Bei der C handelt es sich um eine am ....2002 nach dem Recht des amerikanischen Bundesstaates Nevada begründete Aktiengesellschaft. Das Gesellschaftskapital betrug ausweislich des vorgelegten Gesellschaftsvertrages 10 Millionen US $. Der Nennwert eines Anteilsscheines betrug 100 US $. Gegenstand des Unternehmens war die Verwaltung des eigenen Vermögens. Die Gesellschafter waren entsprechend ihrer Beteiligungshöhe prozentual am Gewinn und Verlust der Gesellschaft zu beteiligen.
Die C vertrieb nach den unbestrittenen Feststellungen des Beklagten Kapitalanlagen über ein Beratersystem vor allem in Deutschland. Zu diesem Beraterkreis gehörte auch die Antragstellerin selbst. Das Geschäftsmodell sah so aus, dass von den Anlegern zur Verfügung gestellte Gelder in einen Vermögenspool fließen sollten, über den Banken Gelder zur Verfügung gestellt werden sollten, da diese Märkte für Privatanleger nicht zugänglich seien. Um gleichwohl hohe Renditen zu erzielen, sei der Umweg über die C notwendig. Den Anlegern wurden Renditen von 15,5 % versprochen.
Der Antragsteller beteiligte sich an der C am 2.2.2004 mit einem Betrag von 45.000 €. Hierzu unterzeichnete er eine Beitrittserklärung, welche folgenden Wortlaut hatte:
„Ich, der Unterzeichnende, (...) nachfolgend „Gesellschafter" genannt, beauftrage hiermit die C Corporation, A-Straße in Amerika, nachfolgend „Gesellschaft" genannt, mich als Gesellschafter mit folgender Einlage aufzunehmen:
Beteiligungssumme: 45.000 €
Den auf der Rückseite abgedruckten bzw. angehängten Auszug aus dem Gesellschaftsvertrag der C Corporation biete ich dieser zum Abschluss an. An dieses Angebot halte ich mich zwei Monate ab Zugang bei der Gesellschaft gebunden.
Nach Annahme der Beitrittserklärung durch die Gesellschaft überweise ich innerhalb von 14 Tagen die Beteiligungssumme auf das von der Gesellschaft bezeichnete Konto.
Mir ist bekannt, dass mit der Annahmeerklärung der Gesellschaft und nach Eingang meiner Beteiligungssumme auf dem Gesellschaftsskonto das Beteiligungsverhältnis begründet wird. Die Annahmeerklärung erfolgt durch unten stehende Unterschrift der Gesellschaft. Ich habe den auf der Rückseite abgedruckten bzw. angehängten Gesellschaftsvertragsauszug zur Kenntnis genommen und stimme mit dem Inhalt überein."
Am 26.1.2006 beteiligte sich der Antragsteller mit weiteren 5.000 €. Die Beitrittserklärung hatte denselben Wortlaut, mit der Ausnahme, dass der Antragsteller nunmehr „stiller Gesellschafter" genannt wurde.
Die Antragstellerin beteiligte sich an der C mit 5.600 € am 8.1.2004.
Die Beteiligungsbeträge wurden im Anschluss auf unterschiedliche Konten im Ausland, welche namentlich nicht der C zuzuordnen waren, überwiesen.
Im Anschluss erhielten die Antragsteller zunächst eine Bestätigung, wonach der Beteiligungsbetrag dem Konto der C gutgeschrieben worden sei und mit diesem Datum das Beteiligungsverhältnis begänne. Sollte eine Beendigung der Beteiligung gewünscht sein, so sei dies frühestens nach Ablauf von zwölf Monaten möglich, wobei die Kündigung spätestens zum 31. Dezember zu erfolgen habe. Sollte keine Kündigung erfolgen, verlängere sich die Beteiligung automatisch um weitere zwölf Monate.
Die C informierte jährlich über die Verlängerung und Erhöhung der Beteiligung. Diese Informationen hatten im wesentlichen folgenden Wortlaut:
„Hiermit informieren wir Sie, dass sich ihre Beteiligung am 31.3.2005 um zwölf Monate verlängert. Der nominelle Wert ihrer Beteiligung wird sich auf voraussichtlich ... € erhöhen.
Für den Fall dass der zum 31.3.2005 ermittelte Wert von dem oben genannten Betrag abweicht, erhalten Sie eine weitere Mitteilung."
Der nominelle Wert der Beteiligung sollte danach höher sein, als der investierte Betrag. Beispielsweise wurde dem Antragsteller am 3.1.2005 mitgeteilt, dass sich der Wert seiner Beteiligung von 45.000 € auf 52.872 € voraussichtlich erhöhen werde. Dies stellt eine Steigerung um 17,5 % dar. Entsprechende Mitteilungen wurden jährlich an die Antragsteller versandt.
Am 9.3.2012 teilte die Staatsanwaltschaft Düsseldorf den Antragstellern mit, dass wegen des Verdachtes des Bandenbetruges bei der Vermittlung einer Beteiligung an der C unter dem Az. 130 Js 44/09 ein Wirtschaftsstrafverfahren geführt werde. Im Rahmen der schriftlichen zeugenschaftlichen Anhörung des Antragstellers teilte dieser mit, dass seine Frau ihn über die Geschäftstätigkeit der C informiert habe. Diese habe ihm auch einen Aufsatz eines Professor D über die Beteiligung von Privatinvestoren am internationalen Handel mit Bankinstrumenten (enthalten in der Rechtsbehelfsakte) ausgehändigt.
Mit Änderungsbescheiden vom 30.11.2012 änderte der Antragsgegner die Einkommensteuerveranlagungen der Antragsteller nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO. Darin berücksichtigte er Kapitalerträge, welche sich aus den getätigten Anlagen bei der C ergeben haben sollen. Die Höhe errechnete er aus den investierten Beträgen zuzüglich der in den Vorjahren erzielten Zinsen und setzte von der Summe 15,5 % als Kapitalertrag an.
Hiergegen wandten sich die Antragsteller mit Einspruch vom 7.12.2012. Zugleich stellten sie einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung.
Zur Begründung teilten sie mit, dass es sich bei der Beteiligung an der C nicht um eine Beteiligung an einer stillen Gesellschaft, sondern um eine Aktienbeteiligung handle. Da die Beteiligung länger als ein Jahr gehalten worden sei, seien keine zu versteuernden Einkünfte angefallen. Insoweit werde auf das Urteil des BFH vom 14.12.2004 VIII R 5/02, hingewiesen. Des Weiteren verwiesen Sie auf das Urteil des Finanzgerichts des Saarlands vom 10.5.2012, 1 K 2327/03. Daraus folge, dass selbst bei Annahme einer stillen Gesellschaft die C mangels Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft keine Beteiligungseinkünfte generieren konnte.
Mit Schreiben vom 31.12.2012 teilte der Antragsgegner mit, dass er die Aussetzung der Vollziehung weiterhin ablehne. Zur Begründung wies er darauf hin, dass nach der bundesweit abgestimmten Rechtsauffassung davon auszugehen sei, dass es sich bei den Beteiligten an der C um stille Gesellschafter handele. Im Übrigen sei zu beachten, dass ausweislich des Gesellschaftsvertrages Anteile nur zu einem Nennwert erworben werden konnten. Aktien unterlägen jedoch Wertschwankungen. Daher sei nicht von einem Aktienerwerb auszugehen. Das Urteil des Finanzgerichts des Saarlands sei für die Finanzverwaltung nicht bindend, sondern stehe im Widerspruch zurBFH-Rechtsprechung. Die Leistungsfähigkeit der C sei durch die Finanzverwaltung ermittelt worden. Die gesichteten Unterlagen hätten ergeben, dass bei einer Kündigung der stillen Gesellschaft die Kapitalerträge bis 2010 ausgezahlt worden seien.
Daraufhin wandten sich die Antragsteller mit ihrem Aussetzungsantrag am 23.1.2013 an das Gericht. Zur Begründung wiederholen Sie die Ausführungen aus dem Einspruchsverfahren.
Bei objektiver Betrachtungsweise sei der Vertrag, mit dem das Beteiligungsverhältnis begründet worden sei, als Vertrag über eine Aktienbeteiligung anzusehen. Nach amerikanischem Recht sei eine stille Beteiligung nicht möglich. Die von der Finanz-verwaltung dargelegte Beurteilung der amerikanischen Rechtslage sei falsch und unqualifiziert. Die Finanzverwaltung trage hinsichtlich der Voraussetzungen für eine stille Gesellschaft die Darlegungslast.
Der BFH habe in seiner Entscheidung vom 14.12.2004, VII R 5/02, klargestellt, das es bei einem Rechtsgeschäft entscheidend auf die Sicht des Kapitalanlegers als Leistungsempfänger ankomme. Den Anlegern sei immer wieder erklärt worden, sie würden Aktionäre. Dies ergebe sich auch aus diversen Schreiben der C. Daher hätten die Antragsteller davon ausgehen müssen, dass sie Aktienanteile erworben hätten.
Selbst bei Annahme einer stillen Beteiligung seien keine Kapitaleinkünfte erzielt worden, da es nicht zu Kapitalrückzahlungen gekommen sei. Weder sei die Einzahlung des Gesellschaftskapitals an die C selber erfolgt, noch seien - eventuell erfolgte - Rückzahlungen durch die C selbst erfolgt. Es sei nicht ersichtlich, inwiefern es sich bei den Rückzahlungen um Zahlungen von Zinsen gehandelt habe oder um eine Rückzahlung des eingezahlten Kapitals. Auch könne nicht von einer Novation ausgegangen werden, da die den Anlegern übersandten Mitteilungen lediglich im Konjunktiv den Wert von Gesellschaftsanteilen benannt hätten. Ein Kontoauszug könne in den Mitteilungen nicht gesehen werden. Schließlich sei die C auch überhaupt nicht leistungsfähig gewesen. Da es sich um ein Schneeballsystem gehandelt habe, sei im Falle der Kündigung sämtlicher Beteiligungen eine Rückzahlung nicht möglich gewesen.
Im Übrigen stelle die Vollziehung eine unbillige Härte dar, da die Antragsteller den Hauptteil ihres Vermögens in die Beteiligungen investiert hätten und diese offensichtlich verloren seien.
Die Antragsteller beantragen,
die angefochtenen Einkommensteuerbescheide der Jahre 2007-2010 bis zur Rechtskraft einer Entscheidung in der Hauptsache auszusetzen soweit der Antragsgegner Kapitaleinkünfte aus der Beteiligung an der C der Besteuerung unterworfen hat.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Der Antragsgegner wiederholt die Ausführungen aus dem bei ihm geführten Aus-setzungsverfahren.
Die Antragsteller hätten sich an einer typischen stillen Gesellschaft gemäß § 230 HGB beteiligt. Bereits aus der Beitrittserklärung vom 26.1.2006 ergebe sich, dass der Antragsteller als „stiller Gesellschafter" bezeichnet worden sei.
Für die Annahme einer stillen Gesellschaft, komme es darauf an, was die Vertragsparteien wirtschaftlich gewollt hätten. Die zwischen den Beteiligten geschlossenen Verträge hätten dem gemeinsam verfolgten Zweck gedient, ein Handelsgewerbe durch die nach außen in Erscheinung tretende C zu betreiben. Diese hätte einem Kapitalmarkt Geld zur Verfügung stellen sollen, der für Privatanleger nicht zugänglich gewesen sei. Das Kapital, das der C hierfür zur Verfügung gestellt worden sei, sei als stille Einlage zu qualifizieren. Den Gesellschaftern seien erhebliche Chancen, aber durch das Fehlen jeglicher Sicherheiten auch erhebliche Risiken entstanden.
Auch im amerikanischen Recht gebe es die Möglichkeit, sich als Investor mit Fremdkapital an dem Geschäftsbetrieb einer Aktiengesellschaft zu beteiligen, ohne aktiv in das Geschäftsgeschehen einzugreifen. Aufgrund der Vertragsfreiheit bestehe die Möglichkeit, Regelungen zu vereinbaren, die inhaltlich der stillen Gesellschaft des deutschen Handelsrechts entsprächen. Nach Auswertung der vorliegenden Unterlagen derC-Beteiligungen sei jedenfalls nicht davon auszugehen, dass es sich um Aktienbeteiligungen gehandelt habe. Insbesondere das Schreiben des Rechtsanwalts B an die C vom 19.9.2006 belege, dass die Beteiligten selbst von einer stillen Gesellschaft ausgingen.
Im Übrigen sprächen weitere Indizien gegen den Umstand, dass die Antragsteller Aktionäre der C geworden seien. So seien weder Aktienurkunden noch sonstige den Besitz von Aktien bescheinigende Dokumente gefunden worden. Die Beteiligung habe nicht an Dritte veräußert werden können. Im Gegensatz zu der Rechtslage in Deutschland handele es sich bei amerikanischen Aktien um Namensaktien und nicht um Inhaberaktien. In Nevada gebe es die Pflicht, ein Aktienregister zu führen und dieses jährlich fortzuschreiben. Ein solches Aktienregister sei nicht ermittelt worden. Die Anteile hätten jederzeit zu einem Nennwert erworben werden können. Der Kaufpreis für eine Aktie sei aber regelmäßig der aktuell gültige Kurswert bzw. der aktuelle Verkehrswert. Bei der in der Beitrittserklärung festgelegten Beteiligungssumme könne es sich jedoch nicht um den Verkehrswert einer Aktie gehandelt haben. Im Rahmen der Verlängerungsvorgänge sei stets der Anlagebetrag mit 115,5 % der Beteiligungssumme bewertet worden. Neuanlagen hätten jedoch einen Wert von 100 % der Beteiligungssumme gehabt. Würde man tatsächlich von Aktienbeteiligungen ausgehen, hätte die Beteiligung zum gleichen Zeitpunkt unterschiedliche Verkehrswerte haben müssen. Schließlich sei darauf hinzuweisen, dass das Stammkapital der C 10.000.200,- US $ betragen habe. Unter Berücksichtigung der im Rahmen der Ermittlung festgestellten Rückkäufe sei aber davon auszugehen, dass Beteiligungen in einem Volumen von rund 104 Millionen € ausgegeben worden seien. Eine Kapitalerhöhung bei der C sei jedoch nicht festzustellen gewesen.
Schließlich sei es im Veranlagungszeitraum 2008 zu einer Teilrückzahlung i.H.v. 15.000 € gekommen. Kapitaleinkünfte aus dieser Beteiligung seien in den Steuererklärungen nicht aufgeführt worden.
Im Hinblick auf die Frage, ob es zu Kapitalrückzahlungen oder zu Zinszahlungen gekommen sei, sei § 367 Abs. 1 BGB heranzuziehen. Danach ist, soweit keine anderweitige Regelung getroffen wurde, bei einer Teilleistung durch den Schuldner die Leistung zunächst auf die Kosten, dann auf die Zinsen und zuletzt auf die Hauptleistung anzurechnen.
Hinsichtlich der Mitteilungen durch die C sei davon auszugehen, dass den Antragstellern durch die C die Gelegenheit eingeräumt worden sei, die Beteiligungsbeträge zuzüglich Zinsen herauszuverlangen. Soweit diese die entsprechenden Beträge zur weiteren Überlassung stehen ließen, sei von einer wirtschaftlichen Verfügung über die erwirtschafteten Zinsen auszugehen. Dies stelle eine Novation dar. Damit sei von einem bewirkten Zufluss der Zinsen auszugehen.
Im Übrigen sei nicht von einer Zahlungsunfähigkeit der C auszugehen. Auch bei einem Schneeballsystem sei der Schuldner vor seinem „Zusammenbruch" noch leistungsfähig. Das Urteil des Finanzgerichts des Saarlands vom 10.5.2010 sei diesbezüglich nicht rechtskräftig geworden. Ein Rechtsmittelverfahren vor dem BFH sei anhängig. Im Übrigen sei der dortige Sachverhalt mit dem hier streitgegenständlichen nicht vergleichbar, da dort vor der eingetretenen Insolvenz über einen Zeitraum von drei Jahren überhaupt keine Renditen ausgezahlt worden seien. Nur die in diesem Zeitraum gutgeschriebenen Zinserträge seien Gegenstand des Verfahrens gewesen. Bezogen auf die C könne von einer mangelnde Leistungsbereitschaft und Leistungsfähigkeit jedoch nicht ausgegangen werden. Dies zeige die unbestrittene Auswertung von Bankverbindungen, über welche Auszahlungen an die Anleger der C erfolgt seien.
Gründe die eine Aussetzung wegen unbilliger Härte rechtfertigen könnten, seien nicht ersichtlich.
Aus den Gründen
II.
Der Antrag ist begründet.
1. Es bestehen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der in der Hauptsache angefochtenen Bescheide. Daher waren diese im beantragten Umfang von der Vollziehung auszusetzen.
a. Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung -FGO- soll das Finanzgericht die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts ganz oder teilweise aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen. Ist der Verwaltungsakt bereits vollzogen worden, so kann gemäß § 69 Abs. 3 Satz 2 FGO die Vollziehung aufgehoben werden (BFH vom 29.10.2009, III B 233/08, juris). Ernstliche Zweifel sind zu bejahen, wenn bei überschlägiger Prüfung des angefochtenen Verwaltungsakts im Aussetzungsverfahren neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Umstände zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatfragen bewirken (ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs -BFH- seit Beschluss vom 10. Februar 1967 III B 9/66, Bundessteuerblatt -BStBl- III 1967, 182; vgl. BFH-Beschluss vom 15. Juli 1998 I B 134/97, BFH/NV 1999, 372 unter B.).
b. Der Senat lässt offen, ob die Antragsteller an der C durch Aktien oder als stille Gesellschafter beteiligt waren. Im Hinblick auf ein mögliches Hauptsacheverfahren weist der Senat jedoch darauf hin, dass einiges für die Annahme einer stillen Gesellschafterstellung spricht. Insbesondere die entsprechende Bezeichnung in einem Beitrittsvertrag sowie die Ausführungen des Rechtsanwalts B im Auftrag der C sprechen dafür, dass die C zunächst selbst die Auffassung vertrat, dass die Antragsteller sich als stille Gesellschafter beteiligten. Darüber hinaus erscheinen dem Senat die Ausführungen des Antragsgegners schlüssig, wonach die C ein Vielfaches ihres eingetragenen Stammkapitals von Anlegern eingesammelt hatte, ohne eine Kapitalerhöhung durchzuführen. Gleiches gilt für die Ausführungen im Hinblick auf die Ermittlung der Beteiligungswerte. Der Senat lässt weiterhin offen, ob es in den einzelnen Jahren tatsächlich zu einem Zufluss von Zinsen gekommen ist, obwohl dies die Ausgestaltungen der jährlichen Mitteilungen der C nahelegen. Diesbezüglich bleibt auch die Klärung der Frage einem Hauptsacheverfahren vorbehalten, inwieweit die (Rück)-zahlung von 15.000 € im Veranlagungszeitraum 2008 eine Leistung auf geschuldete Zinsen oder eine Rückzahlung von eingezahltem Kapital darstellte. Der Senat kann nicht im Rahmen des Verfahrens über die Aussetzung der Vollziehung und der damit einhergehenden überschlägigen Prüfung beurteilen, inwieweit Regelungen des amerikanischen Rechts möglicherweise Auswirkungen auf die vom Antragsgegner angeführte Anwendung der Tilgungsregelung des § 367 Abs. 1 BGB haben.
c. Es entspricht der Rechtsprechung des BFH, dass auch Gutschriften über wiederangelegte Renditen in Schneeballsystemen zu Einnahmen aus Kapitalvermögen i.S. von § 20 EStG führen (BFH-Urteil vom 28. Oktober 2008, VIII R 36/04, BFHE 223, 166, BStBl II 2009, 190 - Verfassungsbeschwerde nicht angenommen: Beschluss des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 9. Juli 2009, 2 BvR 2525/08; vom 16.03.2010 VIII R 4/07, BFHE 229, 141), solange der Schuldner der Erträge leistungsbereit und leistungsfähig ist.
Nach ständiger Rechtsprechung des BFH sind Einnahmen (§ 8 Abs. 1 EStG) i.S. von § 11 Abs. 1 EStG zugeflossen, sobald der Steuerpflichtige über sie wirtschaftlich verfügen kann. Eine Gutschrift in den Büchern des Verpflichteten kann einen Zufluss bewirken, wenn in der Gutschrift nicht nur das buchmäßige Festhalten einer Schuld zu sehen ist, sondern darüber hinaus zum Ausdruck gebracht wird, dass der Betrag dem Berechtigten von nun an zur Verwendung zur Verfügung steht. Allerdings muss der Gläubiger in der Lage sein, den Leistungserfolg ohne weiteres Zutun des im Übrigen leistungsbereiten und leistungsfähigen Schuldners herbeizuführen (BFH-Urteile vom 14. Februar 1984, VIII R 221/80, BFHE 140, 542, BStBl II 1984, 480; vom 30. Oktober 2001, VIII R 15/01, BFHE 197, 126, BStBl II 2002, 138; vom 18. Dezember 2001, IX R 74/98, BFH/NV 2002, 643). Ein Zufluss kann durch eine gesonderte Vereinbarung zwischen Schuldner und Gläubiger bewirkt werden, dass der Betrag fortan aus einem anderen Rechtsgrund geschuldet sein soll. Von einem Zufluss des aufgrund der Altforderung geschuldeten Betrags i.S. von § 11 Abs. 1 EStG kann in derartigen Fällen der Schuldumwandlung (Novation) nach der Rechtsprechung des BFH allerdings nur dann ausgegangen werden, wenn sich die Novation als Folge der Ausübung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht des Gläubigers (Steuerpflichtigen) über den Gegenstand der Altforderung darstellt, also auf einem freien Entschluss des Gläubigers beruht. Für die Beantwortung der Frage, ob dies zutrifft, kommt auch dem Umstand Bedeutung zu, in wessen Interesse die Novation lag. Lag sie im alleinigen oder überwiegenden Interesse des Gläubigers, indiziert dies dessen Verfügungsmacht über den Gegenstand der Altforderung. Bleibt die Schuld hingegen im Interesse des Schuldners bestehen, liegt wirtschaftlich gesehen trotz Novation lediglich eine Stundung der ursprünglichen Schuld vor. Dem Gläubiger, dem eher an einer Auszahlung gelegen wäre, ist nichts zugeflossen (BFH-Urteil vom 16.03.2010, VIII R 4/07, BFHE 229, 141 m.w.N.).
Bezüglich der Frage der Leistungsfähigkeit ist nach der bisherigen Rechtsprechung des BFH entscheidend, ob der Steuerpflichtige in seinem konkreten Fall eine Auszahlung hätte erreichen können. Auf eine hypothetische Zahlung an alle Anleger könne nicht abgestellt werden (vgl. BFH-Urteil vom 16.03.2010, VIII R 4/07, BFHE 229, 141; Schmidt/Weber-Grellet, a.a.O., § 20 Rz 207; zum Zufluss bei hoher Renditeerwartung vgl. Blümich/Glenk, § 11 EStG Rz 56). Erst bei Verfügung über eine objektiv wertlose Forderung scheide ein Zufluss definitiv aus. Dies sei mangels anderer Anhaltspunkte im Regelfall zu verneinen, solange ein Antrag auf Eröffnung des Konkurs- oder Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners noch nicht gestellt worden sei (BFH-Urteil vom 16.03.2010, VIII R 4/07, BFHE 229, 141).
Daran ändere auch eine Diskrepanz zwischen den tatsächlich zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln und den tatsächlich bestehenden Forderungen nichts. Daraus ließe sich für die Frage des Zuflusses von Erträgen jedenfalls so lange nichts herleiten, wie das Schneeballsystem als solches funktioniere, d.h. die Auszahlungsverlangen der Anleger ohne Einschränkung bedient werden. Dass Schneeballsysteme zusammen-brechen, wenn alle Anleger gleichzeitig die Rückzahlung ihrer Gelder verlangen, sage über den Abfluss bzw. Zufluss beim einzelnen Anleger nichts aus (BFH-Urteil vom 16.03.2010, VIII R 4/07, BFHE 229, 141).
d. Auf Basis dieser Rechtsprechung hat der 13. Senat des Finanzgerichts Köln in einem Parallelfall für die Streitjahre 2001-2006 die Aussetzung der Vollziehung abgelehnt, da bei Schneeballsystemen nicht generell davon ausgegangen werden könne, dass der Initiator grundsätzlich weder leistungsfähig noch leistungsbereit sei (FG Köln, Beschluss vom 12.2.2013, 13 V 3763/12, n.v.).
e. Hingegen hat das Finanzgericht des Saarlandes in einem Urteil vom 10.5.2012 (1 K 2327/03, EFG 2012,1642) im Zusammenhang mit Schneeballsystemen entschieden, dass ein Anlagebetrüger kein leistungswilliger und leistungsfähiger Schuldner sei. Die Forderung eines Anlegers gegen einen Anlagebetrüger stelle keine objektive Bereicherung des Anlegers da. Vielmehr sei der Anlagebetrug der „größte anzunehmende Unfall", der einem Anleger zustoßen könne. Auch wenn der Betrüger alle an ihn gerichteten Forderungen zeitweise erfülle, drohe ständig die Aufdeckung des Betruges und dann breche das System von einem auf den anderen Tag zusammen. Gegen dieses Urteil ist derzeit eine Revision anhängig (Aktenzeichen des BFH: VIII R 25/12).
f. Unter Berufung auf diese Rechtsprechung hat das Finanzgericht Düsseldorf in einem dem vorliegenden Sachverhalt vergleichbaren Fall die Aussetzung der Vollziehung gewährt (Beschluss vom 13.2.2013 7 V 235/13 A (E), juris). Das Gericht hatte insoweit Zweifel, ob von einer Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft des Anlagebetrügers für die Streitjahre 2006-2010 ausgegangen werden konnte. Darüber hinaus warf das Gericht die Frage auf, ob bei einem Kapitalanlagebetrug der Schuldner in jedem Fall leistungsfähig und leistungsbereit im Sinne der Rechtsprechung des BFH sei und verwies insofern explizit auf die Entscheidung des Finanzgerichts des Saarlandes.
g. Vor diesem Hintergrund hat der Senat ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide, da innerhalb der Rechtsprechung - auch bei identischen Sachverhalten und überschneidenden Streitjahren - streitig ist, ob bei Schneeballsystemen vor deren Zusammenbruch generell von einer Leistungsbereitschaft und Leistungsfähigkeit des Anlagebetrügers ausgegangen werden kann.
Damit liegt eine Unentschiedenheit hinsichtlich der Beurteilung einer Rechtsfrage vor, die zu ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verwaltungsakte führt und einen Aussetzungsanspruch der Antragsteller begründet. Es bleibt einem Hauptsacheverfahren vorbehalten, abschließend über die dargestellte streitige Rechtsfrage zu entscheiden. Hierbei wird insbesondere auch der Ausgang des anhängigen Revisionsverfahrens gegen die Entscheidung des Finanzgerichtes des Saarlandes Berücksichtigung finden müssen.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
3. Der Senat lässt gemäß § 128 Abs. 3 FGO die Beschwerde gegen den Aussetzungsbeschluss zu. Aufgrund der neueren divergierenden instanzgerichtlichen Entscheidungen in dieser Sache ist eine weitere Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung notwendig.