FG Münster: Voraussetzungen einer engen wechselseitigen technisch-wirtschaftlichen Verflechtung zweier Betriebe gewerblicher Art i.S.v. § 4 Abs. 6 S. 1 Nr. 2 KStG
FG Münster, Urteil vom 11.5.2017 – 10 K 2308/14 K,G,F
ECLI:DE:FGMS:2017:0511.10K2308.14K.G.F.00
Volltext: BB-ONLINE BBL2017-1621-2
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Leitsätze der Redaktion
1. Nach § 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 KStG kann ein Betrieb gewerblicher Art mit einem oder mehreren anderen Betrieben gewerblicher Art zusammengefasst werden, wenn zwischen ihnen nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse objektiv eine enge wechselseitige technisch-wirtschaftliche Verflechtung von einigem Gewicht besteht. Das Vorliegen einer engen wechselseitigen technisch-wirtschaftlichen Verflechtung von einigem Gewicht hängt in jedem Einzelfall vom Gesamtbild der tatsächlich gegebenen Umstände ab.
2. Auch wenn kein notwendiger Funktionszusammenhang in der Weise erforderlich ist, dass die Betriebe in ihrer Betätigung gegenseitig aufeinander angewiesen sind, setzt die genannte Verflechtung jedoch eine sachliche Beziehung der jeweiligen Betätigungen im Sinne eines inneren wirtschaftlichen Zusammenhangs voraus, der nach den Anschauungen des Verkehrs die Zusammenfassung zu einer wirtschaftlichen Einheit rechtfertigt.
3. Eine enge wechselseitige technisch-wirtschaftliche Verflechtung von einigem Gewicht ist dann gegeben, wenn bestehende oder zu errichtende Anlagen den Zwecken mehrerer Betriebe dienen; reine Lieferverhältnisse sind nicht ausreichend
Sachverhalt
Zu entscheiden ist, ob zwischen der Klägerin und der Bädergesellschaft B mbH (im Folgenden: BB) in der Zeit vom 23.07.2011 bis zum 01.06.2012 ein steuerlicher Querverbund im Sinne des § 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) bestand.
Gegenstand des Unternehmens der … Klägerin ist die Versorgung mit Elektrizität, Gas, Wasser und Wärme sowie der Betrieb von Häfen. Alleingesellschafterin der Klägerin ist die Stadt B.
Die Klägerin hält 99 % der Anteile an der BB. Weitere Gesellschafterin der BB ist mit 1 % die Stadt B. Die BB wurde mit Vertrag vom 27.10.1995 im Wege der Sachgründung durch Einbringung des Vermögens der Bäderbetriebe der Stadt B … gegründet. Im Anschluss erfolgte mit Wirkung zum 01.11.1995 die Abtretung und Übertragung von 99 % der Gesellschaftsanteile auf die Klägerin. Gegenstand des Unternehmens der BB ist der Betrieb von öffentlichen Bädern in der Stadt B und aller damit verbundenen Einrichtungen und Erweiterungen.
Am 27.10.1995 schlossen die Klägerin und die BB mit Wirkung zum 01.11.1995 zudem einen Beherrschungs- und Ergebnisabführungsvertrag, in dem sich die BB zur Gewinnabführung an die Klägerin und die Klägerin zur Verlustübernahme gegenüber der BB verpflichtete. Hierdurch entstand eine körperschaftsteuerliche, gewerbesteuerliche sowie umsatzsteuerliche Organschaft zwischen der Klägerin als Organträgerin und der BB als Organgesellschaft. Der Beherrschungs- und Ergebnisabführungsvertrag bestand bis zum und während des Streitzeitraums unverändert fort. …
Bereits am 24.05.1995 hatte die Klägerin einen Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft gestellt, da sie eine Erweiterung des Verbundes ihres Versorgungsbetriebes (Strom-, Gas-, Wasser- und Fernwärmeversorgung) sowie der in zwei rechtlich selbstständigen Kapitalgesellschaften geführten Hafenbetriebe um die bisher im Haushalt der Stadt B geführten Bäder beabsichtigte. Der energietechnische Verbund sollte durch die Errichtung eines Blockheizkraftwerkes im Hallenbad C hergestellt werden, das neben der Wärmeversorgung auch der Erzeugung elektrischer Energie dienen sollte. Betreiber des Blockheizkraftwerkes sollte die BB werden. Durch die Kraft-Wärme-Kopplung des Blockheizkraftwerkes sollte es möglich werden, die Anlage sowohl zur Deckung des Wärmebedarfs des Hallenbades C als auch zur Stromerzeugung, insbesondere zur Abdeckung der Leistungsspitzen im Stromverteilungsnetz der Klägerin, zu nutzen.
Der Beklagte hatte die verbindliche Auskunft erteilt und ausgeführt, die technisch-wirtschaftliche Verflechtung durch die Zusammenfassung und Einbringung der Betriebe gewerblicher Art in die BB im energietechnischen Verbund mit dem Versorgungsbetrieb der Klägerin erfülle die Voraussetzungen des Abschnitts 5 Abs. 9 der Körperschaftsteuerrichtlinien (KStR). Nach Abschnitt 5 Abs. 9 KStR konnten Betriebe gewerblicher Art zusammengefasst werden, wenn zwischen diesen Betrieben nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse objektiv eine enge wechselseitige technisch-wirtschaftliche Verflechtung bestand. Diese Grundsätze galten nach Abschnitt 5 Abs. 11a KStR auch für die Zusammenfassung von Betrieben gewerblicher Art in Kapitalgesellschaften. Die Regelungen in Abschnitt 5 Abs. 9 KStR sind mit dem Jahressteuergesetz 2009 (JStG 2009) in den heutigen § 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 KStG überführt worden. Wegen der Einzelheiten wird auf die verbindliche Auskunft vom 05.07.1995 verwiesen.
Entsprechend der Darstellung in dem Antrag auf verbindliche Auskunft vom 24.05.1995 erfolgte im Jahr 1996 die Errichtung eines Blockheizkraftwerkes im Hallenbad C. Das Blockheizkraftwerk wurde in der Folge zur Deckung des Wärmebedarfs des Hallenbades C sowie zur Stromerzeugung und Einspeisung in das Stromverteilungsnetz der Klägerin genutzt. Hierdurch wurde der energietechnische Verbund zwischen der Klägerin und der BB, d.h. die für den steuerlichen Querverbund erforderliche enge wechselseitige technisch-wirtschaftliche Verflechtung hergestellt.
Im Jahr 2004 stellte die BB den Betrieb des Blockheizkraftwerkes ein, da eine notwendige Reparatur aufgrund nicht mehr zu beschaffender Ersatzteile nicht möglich war. Zugleich wurden im Hallenbad C zwei mit Gas betriebene Heizkessel installiert und in Betrieb genommen, mit denen der Wärmebedarf des Hallenbades C abgedeckt und darüber hinaus drei in der Nähe errichtete Stadtvillen mit 35 Wohneinheiten mit Wärme beliefert wurden. Die Klägerin nahm insoweit die in den zwei Gas-Heizkesseln erzeugte Wärme von der BB ab und versorgte die drei Stadtvillen über ein Nahwärmesystem. Die Stadtvillen konnten aufgrund unangemessen hoher Verlegungskosten nicht an die klassische Fernwärmeversorgung angebunden werden. Daher waren ausgehend und ausgekoppelt vom Wärmeversorgungssystem des Hallenbades C Rohrleitungen verlegt worden, um die Stadtvillen mit Wärme für die Raumbeheizung und die Warmwasserbereitung zu versorgen. Die beiden Gas-Heizkessel haben die Wärmeversorgung des Hallenbades C und die Wärmeversorgung der Stadtvillen über das Nahwärmeversorgungssystem bis August 2012 realisiert.
Hinsichtlich der steuerrechtlichen Beurteilung dieses Sachverhaltes stellte die Klägerin ebenfalls einen Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft, den der Beklagte am 29.06.2004 positiv beschied. Wegen der Einzelheiten wird auf den Antrag der Klägerin vom 21.05.2004 sowie die hierzu erteilte verbindliche Auskunft Bezug genommen.
Im Jahr 2010 begann die BB mit dem Bau eines neuen Hallenbades in B, dem H-Bad. … Das H-Bad wurde im September 2011 fertiggestellt und … für den Publikumsverkehr geöffnet.
…
Die Klägerin und die BB beabsichtigten, den zwischen ihnen bestehenden steuerlichen Querverbund beizubehalten und die enge wechselseitige technisch-wirtschaftliche Verflechtung auf Dauer im H-Bad sowie in den noch verbliebenen … Freibädern zu implementieren. Hierzu war im H-Bad ein Biogas-Blockheizkraftwerk errichtet worden. Das zum Betrieb des Blockheizkraftwerkes erforderliche Biogas wird von der Klägerin bezogen. Das Biogas-Blockheizkraftwerk ist mit Wärmetauschern ausgestattet, die das Blockheizkraftwerk direkt mit dem H-Bad verbinden und die Wärmeübertragung gewährleisten. Die durch den Betrieb des Biogas-Blockheizkraftwerkes entstehende Abwärme wird im H-Bad für die Beheizung der Räume sowie für die Erwärmung des Beckenwassers genutzt. … Die … überschüssige Wärme wird in das Fernwärmenetz der Klägerin eingespeist. Ferner wird Strom eingespeist, um Leistungsspitzen im Stromversorgungsnetz der Klägerin abzudecken. …
Bei Öffnung des H-Bades für den Publikumsverkehr im September 2011 bestand unstreitig noch keine enge wechselseitige technisch-wirtschaftliche Verflechtung im Sinne des § 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 KStG. Für die Realisierung der technisch-wirtschaftlichen Verflechtung fehlte die direkte hydraulische Anbindung des Biogas-Blockheizkraftwerkes an das Wärmeversorgungssystem des H-Bades und die hydraulische Einbindung von zwei Brennwertwärmetauschern in den Abgasführungen des Blockheizkraftwerkes.
Die vollständige Anbindung des Biogas-Blockheizkraftwerks an das H-Bad erfolgte erst am 01.06.2012. Bis zu diesem Zeitpunkt ist die im Biogas-Blockheizkraftwerk erzeugte Wärme permanent in das Fernwärmenetz der Klägerin eingespeist und die Wärmeversorgung des H-Bades ausschließlich über den Anschluss an eine Fernwärmestation im Fernwärmenetz der Klägerin sichergestellt worden. Insoweit wird auf die Protokolle „Inbetriebnahme Fernwärme“ für die Abnahmestellen „H-Bad Wärmezentrale mit Biogas-Blockheizkraftwerk“ und „H-Bad Wärmezentrale Abgasbrennwert-Wärmetauscher Erdgas- und Biogas-Blockheizkraftwerk“ vom 01.06.2012 Bezug genommen.
Hinweis: Im folgenden Absatz wurde im neutralisierten Urteil ein Satzteil zum besseren Verständnis eingefügt. Der eingefügte Satzteil ist zur Kenntlichmachung kursiv geschrieben. Eingesetzter Satzteil: und lediglich in Betriebsbereitschaft vorgehalten
Das Hallenbad C war bereits am 23.07.2011 für den Publikumsverkehr geschlossen und lediglich in Betriebsbereitschaft vorgehalten worden. … Zwar hatte der Beirat der BB am 26.08.2011 die Genehmigung zum Rückbau … des Hallenbades C … für die Zeit nach Eröffnung des H-Bades erteilt. Hinsichtlich des Hallenbades C bestand jedoch – zumindest bei einem gewissen Teil der Entscheidungsträger der BB – das Bedürfnis, dieses Bad solange betriebsbereit zu halten, bis feststehe, dass das neue H-Bad störungsfrei funktioniere. Insoweit wird auf die Protokolle der Beiratssitzungen der BB, insbesondere auf das Protokoll vom 26.08.2011, sowie die Aktennotiz vom 07.10.2011 verwiesen.
In der Zeit vom 09.07.2012 bis zum 17.08.2012 (den Sommerferien) wurde das Hallenbad C tatsächlich wieder für den Publikumsverkehr geöffnet. Während des gleichen Zeitraums wurde das H-Bad für die jährlich vorgeschriebene Revision sowie notwendige Nachbesserungs- und Ausbesserungsarbeiten im Rahmen der Gewährleistung geschlossen. …
Am 17.08.2012 wurde das Hallenbad C endgültig geschlossen und in der Folge zurückgebaut. Zunächst erfolgte der technische Rückbau des Hallenbades C einschließlich der Außerbetriebnahme der beiden Gas-Heizkessel. Später wurde der Gebäudekörper zurückgebaut. Zusammen mit der Außerbetriebnahme und dem Rückbau der gasbetriebenen Heizkessel wurden die drei Stadtvillen über eine neue Anbindungsleitung an das Fernwärmenetz der Klägerin angeschlossen.
Am 11.11.2011 hatte die Klägerin erneut einen Antrag auf verbindliche Auskunft gestellt, den sie am 30.11.2011 ergänzte. Der Beklagte hatte daraufhin am 14.05.2012 eine verbindliche Auskunft dahingehend erteilt, dass der steuerliche Querverbund zwischen der Klägerin und der BB seit der Anbindung des Biogas-Blockheizkraftwerkes an das H-Bad am 01.06.2012 wieder bestehe. Für die Zeit vom 23.07.2011 bis zum 01.06.2012, d.h. für den Zeitraum zwischen der Schließung des Hallenbades C für den Publikumsverkehr und der Inbetriebnahme der hausinternen Wärmeversorgung im H-Bad über das Biogas-Blockheizkraftwerk, sei die enge wechselseitige technisch-wirtschaftliche Verflechtung und somit der steuerliche Querverbund zu verneinen. Auf den Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft vom 11.11.2011, dessen Ergänzung vom 30.11.2011 sowie die verbindliche Auskunft des Beklagten vom 14.05.2012 wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen.
Im Rahmen ihrer Körperschaftsteuererklärung für den Veranlagungszeitraum 2011 erklärte die Klägerin einen vom Organträger an die Organgesellschaft zum Ausgleich eines sonst entstehenden Jahresfehlbetrages zu leistenden Betrag in Höhe von xxx €. Der Beklagte erkannte die Verlustverrechnung zwischen der BB und der Klägerin, d.h. den steuerlichen Querverbund ab dem 23.07.2011 in Höhe eines Betrages von yyy € nicht mehr an und wies den anteiligen Verlust der BB für den Zeitraum vom 23.07.2011 bis zum 31.12.2011 zuzüglich außerbilanzieller Korrekturen im Körperschaftsteuerbescheid 2011 vom 16.01.2013, der gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erging, nicht der Sparte „Energie- und Wasserversorgung“, sondern einer gesonderten Sparte (Sparte 3) zu. Zugleich erließ der Beklagte am 16.01.2013 einen Bescheid zum 31.12.2011 über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 27 Abs. 2 KStG und § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG sowie einen Bescheid über die gesonderte Feststellung der verbleibenden Verlustvorträge in den Fällen des § 8 Abs. 9 KStG zum 31.12.2011, die ebenfalls unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergingen. Der unter dem Nachprüfungsvorbehalt stehende Gewerbesteuermessbescheid 2011 datiert auf den 17.01.2013.
Die Klägerin legte gegen die vorgenannten Bescheide fristgerecht Einspruch ein, den der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 25.06.2014 als unbegründet zurückwies. Der Vorbehalt der Nachprüfung blieb bestehen.
Mit der vorliegenden Klage macht die Klägerin geltend, der steuerliche Querverbund sei aufgrund der vorläufigen Schließung des Hallenbades C für den Publikumsverkehr nicht beendet worden.
Hierzu trägt sie vor, das Hallenbad C sei in der Zeit vom 23.07.2011 bis zum 01.06.2012 betriebsbereit gehalten und wegen der renovierungsbedingten sowie gewährleistungsbedingten Schließung des H-Bades in der Zeit vom 09.07.2012 bis zum 17.08.2012 tatsächlich wieder für den Publikumsverkehr geöffnet worden. Der originäre Betriebszweck des Hallenbades C sei daher zu keinem Zeitpunkt aufgegeben worden.
Ob mit dem Hallenbad C Einnahmen erzielt worden seien, sei unerheblich, denn die im Hallenbadbetrieb tatsächlich erzielten und am Markt erzielbaren Einnahmen reichten zur Deckung der mit dem Hallenbadbetrieb verbundenen Kosten ohnehin dauerhaft nicht aus.
Das Hallenbad C sei ein strukturell dauerdefizitärer Betrieb, der aus der Sicht des Jahres 2011 als dem maßgeblichen Prognosezeitpunkt keine operativen Gewinne und somit auch keinen Totalgewinn erwarten ließ. Da der Betrieb nicht „wirtschaftlich“ gearbeitet habe, sei mit dem Tatbestandsmerkmal „wirtschaftliche Verflechtung“ nicht die Wirtschaftlichkeit des laufenden Betriebes, sondern ausschließlich das Bestehen einer Leistungsbeziehung gemeint.
Die Klägerin ist der Ansicht, der Wärmeverbund sei hinsichtlich des steuerlichen Querverbundes zu keiner Zeit unterbrochen gewesen, da die Versorgung des naheliegenden Wohngebietes mit Wärme trotz der vorläufigen Schließung des Hallenbades C ohne Unterbrechung durch den Betrieb der zwei Gas-Heizkessel gewährleistet worden sei. Darüber hinaus sei durch das Hallenbad C aufgrund der Aufrechterhaltung seiner Betriebsbereitschaft die durch die zwei Heizkessel produzierte Wärme genutzt bzw. verbraucht worden. Das Gebäude nebst Anlagen sei vollumfänglich an das bisherige Versorgungssystem angeschlossen gewesen, da die betriebsbereite Vorhaltung in Form von Beleuchtung, Pumpen, aktivem Grundwasserschutz und vor allem die stetige Aufrechterhaltung der Wasserhygiene unerlässlich gewesen seien und daher die Versorgung aus den Gas-Heizkesseln erforderlich gemacht hätten.
Der Energieverbrauch während der Zeit der Aufrechterhaltung der Betriebsbereitschaft des Hallenbades C, d.h. der Energieverbrauch in der Zeit vom 23.07.2011 bis zum 01.06.2012, belege die weiterhin bestehende enge wechselseitige technisch-wirtschaftliche Verflechtung. Hierzu führt die Klägerin im Einzelnen aus, in der Zeit vom 23.07.2011 bis zum 01.06.2012 seien von der BB 79.303 kWh Strom zum Betrieb des Hallenbades C von ihr, der Klägerin, bezogen worden. Im gleichen Zeitraum habe die BB zudem 572.037 kWh Erdgas von ihr, der Klägerin, abgenommen. Daraus seien von der BB über ihre Kesselanlagen mit einem mittleren Gesamtwirkungsgrad von 86,5 % insgesamt 494.812 kWh Nutzwärme erzeugt worden. Hiervon habe die Klägerin 175.428 kWh Nutzwärme (35,45 %) zur vertragsmäßigen Bedienung der Nahwärmeversorgung der benachbarten Stadtvillen mit 35 Wohneinheiten und 64,55 % der Nutzwärme (319.401 kWh) zum Betrieb des Hallenbades eingesetzt. Im Vergleich mit einem durchschnittlichen 4-Personenhaushalt in einem Reihenhaus habe die Klägerin Gas im Verbrauchsumfang von ca. 10 Einfamilienhäusern sowie Strom im Verbrauchsumfang von ca. 12 Einfamilienhäusern verbraucht. Dies zeige, dass die tatsächlichen Gegebenheiten in der Zeit vom 23.07.2011 bis zum 01.06.2012 in vollem Umfang mit denen, die der verbindlichen Auskunft vom 29.06.2004 zu Grunde liegen, übereinstimmten.
Es habe insbesondere zu keiner Zeit eine Unterbrechung des Wärmeverbundes gegeben, da die Versorgung des nahegelegenen Wohngebiets mit Nahwärme trotz des Bereitschaftsbetriebes des Hallenbades C ohne Unterbrechung durch den Betrieb der zwei Gas-Heizkessel erfolgt sei. Eine Unterbrechung des Nahwärmeverbundes sei bereits deshalb nicht möglich gewesen, weil die angeschlossenen Haushalte auf die Warmwasser- und Raumwärmeversorgung angewiesen gewesen seien und für die Klägerin insoweit eine Lieferverpflichtung bestanden habe.
Da das Hallenbad C bis August 2012 in Betrieb gewesen sei, sei es wirtschaftlich und unternehmerisch sinnvoll gewesen, die Anbindung der drei Stadtvillen an das Fernwärmenetz erst nach der endgültigen Schließung des Hallenbades C verbunden mit der gleichzeitigen Außerbetriebnahme der Gas-Heizkessel vorzunehmen.
Vor der endgültigen Schließung des Hallenbades C hätten die beiden mit Gas betriebenen Heizkessel ferner deshalb nicht abgeschaltet und zurückgebaut werden können, weil ansonsten nahezu alle technischen Einrichtungen des Bades über den Winter 2011/2012 frostgefährdet gewesen wären, den Badegästen des Jahres 2012 jedoch warmes Wasser habe angeboten werden müssen.
Die vom Beklagten angesprochenen, angeblichen Widersprüche in den Beschluss-fassungen des Bäderbeirates und den Entscheidungen der Geschäftsführung stehe mit der hier vorzunehmenden, rein steuerlichen Überprüfung des Vorliegens einer engen wechselseitigen technisch-wirtschaftlichen Verflechtung in keinem Zusammenhang. Entscheidend sei allein die tatsächliche Durchführung der technisch-wirtschaftlichen Verflechtung. Hierzu führt die Klägerin weiter aus, die Frage der Schließung des Hallenbades C und die Aufnahme eines Probebetriebes im H-Bad habe – mangels ausdrücklicher Anweisung der Gesellschafterversammlung – ausschließlich in der Entscheidungskompetenz der Geschäftsführung der BB gelegen. Diese habe den Entschluss gefasst, das Hallenbad C über den 22.07.2011 hinaus bis zu den Sommerferien des Jahres 2012 vollständig betriebsbereit vorzuhalten, denn nur durch diese betriebsbereite Vorhaltung des Hallenbades C sei es möglich gewesen, dieses in den Sommerferien 2012 kurzfristig wiederzueröffnen.
Die Klägerin hebt hervor, die Öffnung eines Hallenbades für den Publikumsverkehr sei keine zwingende Voraussetzung für den Bestand eines steuerlichen Querverbundes. Soweit dies vom Beklagten angenommen werde, lasse dieser außer Acht, dass sämt-liche technische Gegebenheiten unverändert bis zur Umstellung in Vorbereitung des Abrisses des Hallenbades C vorgehalten und tatsächlich genutzt worden seien.
Das Hallenbad C habe aufgrund von Garantieversprechen gegenüber der Kommunalverwaltung sowie der Kommunalpolitik im Bereitschaftsbetrieb fortgeführt werden müssen. Technisch und organisatorisch sei der Bereitschaftsbetrieb mit der Schließung des Hallenbades in den Sommerferien vergleichbar. Das Hallenbad C sei in den Sommerferien jährlich technisch überprüft, gewartet und in Stand gehalten worden. Diese Maßnahmen hätten aufgrund von Sicherheits- und Nutzungseinschränkungen nicht im Standardbetrieb durchgeführt werden dürfen. Die jährliche Revision in den Sommerferien habe sich nicht von dem Bereitschaftsbetrieb im Streitzeitraum unterschieden, da in beiden Fällen die Aufnahme des Standardbetriebes innerhalb von drei Tagen habe gewährleistet sein müssen.
Im Übrigen sei im Rahmen des Betriebes des H-Bades bereits früh absehbar gewesen, dass sich zwingend notwendige Nachbesserungs- und Ausbesserungsarbeiten im Rahmen der Gewährleistung ergeben würden. Der Entschluss zur Schließung des H-Bades in den Sommerferien 2012 sei mit der Maßgabe erfolgt, Ersatz für die Schwimmer zu schaffen. Dies sei durch die Wiedereröffnung des Hallenbades C für den Publikumsverkehr erfolgt.
Nur durch das Vorhalten der jederzeitigen Funktionsfähigkeit des Hallenbades C sei es möglich gewesen, das Projekt H-Bad … umzusetzen und zugleich den Schwimmbetrieb durch die BB sicherzustellen.
…
Im Übrigen verkenne der Beklagte die Bindungswirkung der verbindlichen Auskunft vom 29.06.2004. Die Sachlage habe sich zu der dieser verbindlichen Auskunft zugrunde liegenden Sachverhaltsgestaltung nicht geändert. Seit dem Jahr 2004 fuße der steuerliche Querverbund darauf, dass der Wärmebedarf durch zwei mit Gas betriebene Heizkessel gedeckt werde, die auch den Heizbedarf der benachbarten Stadtvillen mit 35 Wohneinheiten abdeckten. Auch nach der Schließung des Hallenbades C für den Publikumsverkehr am 23.07.2011 sei es bei der Belieferung des Hallenbades C mit Energie und beim Betrieb der im Hallenbad C installierten Gas-Heizkessel durch die BB geblieben. Es sei zu betonen, dass die beiden Gas-Heizkessel nicht von der Klägerin, sondern von der BB betrieben worden seien.
Der Beklagte hat den Körperschaftsteuerbescheid 2011, den Bescheid zum 31.12.2011 über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 27 Abs. 2 KStG und § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG sowie den Gewerbesteuermessbescheid 2011 mit Bescheiden vom 08.07.2015 und vom 28.04.2017 aus nicht das Klageverfahren betreffenden Gründen geändert und den Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben. Mit Bescheid vom 28.04.2017 erfolgte – ebenfalls unter Aufhebung des Nachprüfungsvorbehalts – zugleich eine Änderung des Bescheides über die gesonderte Feststellung der verbleibenden Verlustvorträge in den Fällen des § 8 Abs. 9 KStG zum 31.12.2011.
Die Klägerin beantragt,
1. den Körperschaftsteuerbescheid 2011 vom 28.04.2017, den Bescheid zum 31.12.2011 über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 27 Abs. 2 KStG und § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG vom 28.04.2017, den Gewerbesteuermessbescheid 2011 vom 28.04.2017 und den Bescheid über die gesonderte Feststellung der verbleibenden Verlustvorträge in den Fällen des § 8 Abs. 9 KStG zum 31.12.2011 vom 28.04.2017 dahingehend zu ändern, dass der steuerliche Querverbund zwischen ihr, der Klägerin, und der BB für die Zeit vom 23.07.2011 bis zum 31.12.2011 und insoweit eine Verlustverrechnung in Höhe von yyy € im Jahr 2011 anerkannt wird,
2. hilfsweise die Revision zuzulassen,
3. die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Er ist der Auffassung, dass zwischen der Klägerin und der BB in der Zeit vom 23.07.2011 bis zum 01.06.2012 kein steuerlich wirksamer Querverbund bestanden und insbesondere das Tatbestandsmerkmal der engen wechselseitigen technisch-wirtschaftlichen Verflechtung von einigem Gewicht nicht vorgelegen habe.
Der Beklagte weist insbesondere darauf hin, dass kein durchgängiger durch ihn bestätigter steuerlich wirksamer Querverbund in den Jahren 1995 bis 2012 vorliege.
Mit der Schließung des Hallenbades C am 23.07.2011 sei der zuletzt durch die verbindliche Auskunft vom 29.06.2004 anerkannte steuerliche Querverbund beendet worden. Erst durch die Inbetriebnahme und Anbindung des Biogas-Blockheizkraftwerkes an das H-Bad am 01.06.2012 sei ein neuer steuerlicher Querverbund begründet worden.
Die im Jahr 2004 erteilte verbindliche Auskunft sei – nach den Ausführungen des Beklagten in der mündlichen Verhandlung – aus heutiger Sicht unzutreffend. Ein steuerlicher Querverbund über die beiden Gas-Heizkessel hätte damals nicht anerkannt werden dürfen. Er, der Beklagte, sei bis zu einer Änderung des Sachverhalts an die verbindliche Auskunft vom 29.06.2004 gebunden gewesen. Die Bindungswirkung sei ab dem 23.07.2011 entfallen, da der ab diesem Zeitpunkt verwirklichte Sachverhalt nicht mehr dem der verbindlichen Auskunft zu Grunde liegenden Sachverhalt entspreche. Die Schließung des Hallenbades C für den Publikumsverkehr habe eine Änderung der Verhältnisse bewirkt, so dass eine Überprüfung der verbindlichen Auskunft vom 29.06.2004 erforderlich und möglich geworden sei. Hierbei sei er, der Beklagte, zu dem Ergebnis gekommen, dass die Voraussetzungen für eine weitere Verlustverrechnung nicht mehr gegeben seien.
Nach der Schließung … habe … im Hallenbad C kein Badebetrieb mehr stattgefunden. Der Standby-Betrieb stelle keine Fortführung eines Badebetriebes dar. Insbesondere fehle es – wie beispielsweise in § 4 Abs. 1 KStG und § 14 AO vorausgesetzt – an der Erzielung von Einnahmen.
Die Annahme der Klägerin, es läge keine Beendigung des steuerlichen Querverbundes vor, weil es nicht zu einer Unterbrechung des Wärmeverbundes gekommen sei, da die 35 Wohneinheiten weiterhin von ihr, der Klägerin, mit Wärme versorgt worden seien, führe nicht zu einer steuerlich anderen Beurteilung des Sachverhalts. Denn insoweit sei zu beachten, dass die zwei mit Gas betriebenen Heizkessel für die Wärmeversorgung der nahegelegenen Stadtvillen zwingend hätten weiterbetrieben werden müssen. Der Erhalt des Wärmeverbundes habe sich allein aus der Verpflichtung zur Versorgungs-sicherheit für die angeschlossenen Wohneinheiten und nicht aus dem Bereitschaftsbetrieb des Hallenbades C ergeben.
Die von der Klägerin angeführten Daten zum Strom- und Gasbezug der BB sowie deren Verbrauch seien unerheblich, da eine mögliche Wassererwärmung im geschlossenen Hallenbad C in der Zeit vom 23.07.2011 bis 01.06.2012 keine enge wechselseitige technisch-wirtschaftliche Verflechtung begründen könne.
Ferner stünden die Ausführungen der Klägerin zu den „nicht vorhandenen“ Befugnissen des Bäderbeirates als Organ der Gesellschaft im Widerspruch zu §§ 12 – 14 des Gesellschaftsvertrages der BB. Nach § 14 Abs. 1 Nr. 3 des Gesellschaftsvertrages bedürfe die Übernahme neuer Aufgaben und die wesentliche Erweiterung oder Einschränkung von Unternehmenszweigen der Zustimmung des Beirates. Sowohl die Schließung und der Rückbau … als auch die Neuausrichtung durch den Neubau des H-Bades … fielen unter diese Regelung und erklärten die Sitzungen und Beschlüsse des Bäderbeirates im Jahr 2011. Auch § 9 des Gesellschaftsvertrages verdeutliche die Stellung des Bäderbeirates als „Aufsichtsrat“.
Der Beklagte führt weiter die Niederschrift der Beiratssitzung vom 16.03.2011 an, aus der an keiner Stelle hervorgehe, dass für das H-Bad technische Probleme zu erwarten seien und ab Eröffnung des H-Bades im September 2011 ein anderes Hallenbad im Standby-Betrieb vorgehalten werden müsse. Es sei darüber hinaus kein Hinweis darauf zu finden, dass das H-Bad lediglich einen Probebetrieb aufnehmen sollte. Dies hätte der Beirat aus Sicht des Beklagten im Rahmen seines „Berichtes der Geschäftsführung“ jedoch mitteilen müssen.
Ferner bekräftige die Niederschrift zur Beiratssitzung vom 26.08.2011 die Sachverhaltswürdigung durch das Finanzamt. Denn es werde hierin auf den einstimmig gefassten Beschluss des Gremiums (der dem Beklagten nicht vorliege) verwiesen, nachdem mit der Fertigstellung und Eröffnung des H-Bades der Rückbau der verbliebenen Bäder beginnen sollte. Aus Sicht des Beklagten hätte der Geschäftsführer spätestens zu diesem Zeitpunkt darauf hinweisen müssen, dass das H-Bad lediglich in einem Probebetrieb eröffnet werden sollte … Im Widerspruch zu den Ausführungen der Klägerin stehe zudem, dass der Geschäftsführer in der Beiratssitzung vom 26.08.2011 nochmals den Beschluss herbeigeführt habe, mit Eröffnung und Inbetriebnahme des H-Bades der Geschäftsführung die Freigabe zum Rückbau des Hallenbades C, … zu erteilen. Dieser Beschluss beinhalte ausdrücklich keinen Hinweis auf einen Standby-Betrieb des Hallenbades C.
Aus dem Protokoll der Beiratssitzung vom 07.10.2011 ergäben sich ebenfalls keine Hinweise darauf, dass das H-Bad der Öffentlichkeit nur im Rahmen eines Probebetriebes zur Verfügung gestellt worden sei.
Weiter weist der Beklagte darauf hin, dass der Errichtung des H-Bades eine solide Voruntersuchung zugrunde gelegen habe. Gemeinsam mit dem I Institut … seien die bauphysikalischen und technischen Bedingungen … erarbeitet worden. Der Bericht über die Grundlagenuntersuchung sei im September 2009 erstellt worden und der Internetseite der BB zu entnehmen. Einen Hinweis auf die „angestrebte Aufnahme eines Probebetriebes“ gebe es nicht.
Etwas anderes ergebe sich darüber hinaus nicht aus der Aktennotiz zu der Sitzung vom 07.10.2011. Mit dieser Aktennotiz, aus der hervor gehe, dass der Bäderbeirat die Geschäftsführung anweise – entgegen der Beschlüsse unter anderem vom 26.08.2011 – den Rückbaubeschluss nicht umzusetzen, bevor nicht eindeutig feststehe, dass das H-Bad störungsfrei betrieben werden könne, könnten die gefassten Beschlüsse des Bäderbeirates nicht ausgehebelt werden. Soweit bei der Eröffnung des H-Bades festgestanden habe, dass dieses nicht störungsfrei betrieben werden könne, hätte es nicht der Öffentlichkeit übergeben werden dürfen. Soweit bis zur Sitzung vom 07.10.2011 Störungen im H-Bad aufgetreten wären, die eine solche Maßnahme notwendig gemacht hätten, hätte dies als Tagesordnungspunkt im Rahmen der Beiratssitzung behandelt werden müssen und nicht nur in eine Aktennotiz aufgenommen werden dürfen. Die Aktennotiz stehe im Widerspruch zur eigentlichen Sitzungsniederschrift vom 07.10.2011.
Die Wiedereröffnung des Hallenbades C in den Sommerferien 2012 könne aufgrund der geringen Besucherzahlen und kurzen Öffnungszeiten nicht als Ersatz für das H-Bad angesehen werden. Einer Sicherstellung des Schulschwimmen könne die Wiedereröffnung des Hallenbades C nicht gedient haben, da ein solches während der Schulferien nicht stattfinde.
Der Senat hat am 11.05.2017 in der Sache mündlich verhandelt. Auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze, die beigezogenen Verwaltungsvorgänge sowie die Verfahrensakte Bezug genommen.
Aus den Gründen
64 Die Änderungsbescheide vom 08.07.2015 und vom 28.04.2017 sind gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Klageverfahrens geworden.
65 Die Klage gegen den Bescheid zum 31.12.2011 über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 27 Abs. 2 KStG und § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG vom 28.04.2017 ist unzulässig. Im Übrigen ist die Klage unbegründet.
66 I. Die Klage gegen den Bescheid zum 31.12.2011 über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 27 Abs. 2 KStG und § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG vom 28.04.2017 ist unzulässig, da die Klägerin durch die erfolgte Feststellung des steuer-lichen Einlagekontos nach § 27 Abs. 2 KStG nicht beschwert ist. Diese Feststellung erfolgte erklärungsgemäß.
67 II. Die Klage gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2011 vom 28.04.2017, den Bescheid über die gesonderte Feststellung der verbleibenden Verlustvorträge in den Fällen des § 8 Abs. 9 KStG zum 31.12.2011 vom 28.04.2017 und den Gewerbesteuermessbescheid 2011 vom 28.04.2017 ist unbegründet.
68 Die vorgenannten Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO.
69 Der Beklagte hat zu Recht entschieden, dass im Streitzeitraum eine steuerliche Zusammenfassung des Versorgungsbetriebes der Klägerin und des Bäderbetriebes der BB mit der Folge der Verrechnung der jeweiligen positiven und negativen Betriebsergebnisse ausscheidet. Denn es mangelt seit der Schließung des Hallenbades C für den Publikumsverkehr an der hierfür erforderlichen objektiven engen wechselseitigen technisch-wirtschaftlichen Verflechtung von einigem Gewicht. Der Beklagte war zudem seit dem 23.07.2011 nicht mehr an die am 29.06.2004 erteilte verbindliche Auskunft gebunden.
70 1. Nach § 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 KStG kann ein Betrieb gewerblicher Art mit einem oder mehreren anderen Betrieben gewerblicher Art zusammengefasst werden, wenn zwischen ihnen nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse objektiv eine enge wechselseitige technisch-wirtschaftliche Verflechtung von einigem Gewicht besteht.
71 Das Vorliegen einer engen wechselseitigen technisch-wirtschaftlichen Verflechtung von einigem Gewicht hängt in jedem Einzelfall vom Gesamtbild der tatsächlich gegebenen Umstände ab. Auch wenn kein notwendiger Funktionszusammenhang in der Weise erforderlich ist, dass die Betriebe in ihrer Betätigung gegenseitig aufeinander angewiesen sind, setzt die genannte Verflechtung jedoch eine sachliche Beziehung der jeweiligen Betätigungen im Sinne eines inneren wirtschaftlichen Zusammenhangs voraus, der nach den Anschauungen des Verkehrs die Zusammenfassung zu einer wirtschaftlichen Einheit rechtfertigt (BFH-Urteil vom 04.09.2002 I R 42/01, BFH/NV 2003, 511 m.w.N.).
72 So ist eine enge wechselseitige technisch-wirtschaftliche Verflechtung von einigem Gewicht dann gegeben, wenn bestehende oder zu errichtende Anlagen den Zwecken mehrerer Betriebe dienen. Reine Lieferverhältnisse sind nicht ausreichend (BFH-Beschluss vom 16.01.1967 GrS 4/66, BStBl III 1967, 240; FG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 22.06.2016 3 K 191/13, Juris). Als ausreichend für das Vorliegen einer engen wechselseitigen technisch-wirtschaftlichen Verflechtung von einigem Gewicht hat die Rechtsprechung z.B. die Zwischenschaltung eines Blockheizkraft-werkes zwischen ein Hallenbad und einen Versorgungsbetrieb angesehen, wenn das Blockheizkraftwerk das Bad mit Wärme versorgt und in Spitzenlastzeiten elektrische Energie für die Stadtwerke erzeugt (BFH-Urteil vom 04.12.1991 I R 74/89, BStBl II 1992, 432).
73 So war es auch im Streitfall bis zum Jahr 2004. Die BB errichtete im Jahr 1996 ein Blockheizkraftwerk, das Wärme für das Hallenbad C lieferte und zugleich zur Stromerzeugung und Einspeisung in das Stromverteilernetz der Klägerin genutzt wurde. Auf diese Weise entstand eine objektiv enge wechselseitige technisch-wirtschaftliche Verflechtung von einigem Gewicht zwischen den Betrieben der BB und der Klägerin, die zugleich Grundlage für die Erteilung der verbindlichen Auskunft vom 05.07.1995 war.
74 Nach dem Ausfall des Blockheizkraftwerkes im Jahr 2004 erkannte der Beklagte in seiner verbindlichen Auskunft vom 29.06.2004 den steuerlichen Querverbund zwischen der Klägerin und der BB weiterhin an. Hierbei ging er davon aus, dass die enge wechselseitige technisch-wirtschaftliche Verflechtung über die zwei mit Gas betriebenen Heizkessel hergestellt wurde. Ob diese der verbindlichen Auskunft zugrunde gelegte Annahme zutreffend war, kann dahinstehen. Denn die verbindliche Auskunft vom 29.06.2004 entfaltete für den Beklagten bis zu einer Änderung des Sachverhalts selbst dann Bindungswirkung, wenn sie inhaltlich falsch war, wovon der Beklagte nach seiner in der mündlichen Verhandlung geäußerten Rechtsauffassung ausgeht.
75 Die seinerzeitige verbindliche Auskunft vom 29.06.2004 stellt für den Senat – unabhängig von ihrer inhaltlichen Richtigkeit – die Grundlage dar, anhand derer zu beurteilen ist, ob die Bindungswirkung der verbindlichen Auskunft über den 23.07.2011 hinaus Bestand hatte.
76 Dies ist nach Auffassung des erkennenden Gerichts nicht der Fall.
77 2. Der Beklagte sah sich seit der Schließung des Hallenbades C für den Publikumsverkehr am 23.07.2011 zu Recht nicht mehr an die am 29.06.2004 erteilte verbindliche Auskunft gebunden, weil sich insoweit ein veränderter Sachverhalt ergeben hat und die Abweichung von dem im Jahr 2004 angefragten Sachverhalt nicht unerheblich war.
78 Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 der Steuer-Auskunftsverordnung (StAuskV) ist die erteilte verbindliche Auskunft – hier die verbindliche Auskunft vom 29.06.2004 – für die Besteuerung des Antragstellers – hier die Besteuerung der Klägerin – bindend, wenn der später verwirklichte Sachverhalt von dem der Auskunft zugrunde gelegten Sachverhalt nicht oder nur unwesentlich abweicht.
79 Dies war zunächst bis zum 23.07.2011 der Fall, weil der tatsächlich verwirklichte Sachverhalt mit dem korrespondierte, auf dem die verbindliche Auskunft basierte. Im Hallenbad C waren – entsprechend dem Antrag der Klägerin auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft vom 21.05.2004 – zwei Gas-Heizkessel installiert, die Wärme sowohl für das Hallenbad als auch die 35 Wohneinheiten in den drei Stadtvillen lieferten.
80 Mit der Schließung des Hallenbades C trat jedoch eine Änderung des Sachverhalts ein, die nach der Auffassung des Senats nicht nur unwesentlich war, so dass die Bindungswirkung der verbindlichen Auskunft vom 29.06.2004 ab diesem Zeitpunkt entfallen ist.
81 a) Zwar sind die beiden Gas-Heizkessel im vorliegend zu beurteilenden Zeitraum, d.h. in der Zeit vom 23.07.2011 bis zum 31.12.2011, weiterbetrieben worden und haben die drei Stadtvillen mit Wärme versorgt sowie die Beheizung des Hallenbades C im Standby-Betrieb sichergestellt. Dies reicht zur Begründung einer objektiv engen wechselseitigen technisch-wirtschaftlichen Verflechtung von einigem Gewicht jedoch nicht aus.
82 Hierbei verkennt der Senat nicht, dass der Betrieb der Gas-Heizkessel technisch unverändert fortgeführt wurde und auch weiterhin der Beheizung des Hallenbades C (nunmehr in Standby-Betrieb) und dem Versorgungsbetrieb der Klägerin diente, d.h. die technische Verflechtung weiterhin bestand. Als nicht entscheidungserheblich beurteilt das Gericht in diesem Zusammenhang, dass der Gas- und Stromverbrauch im Standby-Betrieb des Hallenbades geringer war als bei vollem Betrieb des Hallenbades. Denn der veränderte Gas- und Stromverbrauch stellt eine nur unerhebliche Abweichung dar, die die Bindungswirkung der verbindlichen Auskunft allein nicht entfallen lässt.
83 b) Als nicht nur unwesentlich und damit der Bindungswirkung der verbindlichen Auskunft vom 29.06.2004 entgegenstehend stellt sich für den erkennenden Senat jedoch die Schließung des Hallenbades C für den Publikumsverkehr ab dem 23.07.2011 dar. Hierdurch wurde die erforderliche enge wechselseitige wirtschaftliche Verflechtung von einigem Gewicht unterbrochen.
84 Um eine objektive enge wechselseitige technisch-wirtschaftliche Verflechtung von einigem Gewicht in Sinne des § 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 KStG zu begründen, kommt es nicht nur auf die rein technische Verknüpfung an, die hier über die beiden Gas-Heizkessel weiterhin gegeben war. In die Betrachtung der Gesamtumstände des Einzelfalles ist vielmehr auch das wirtschaftliche Gewicht der wechselseitigen Verflechtung für die beiden verbundenen Betriebe einzubeziehen.
85 Bezogen auf die Klägerin erkennt der Senat die wirtschaftliche Bedeutung des Betriebs der beiden Gas-Heizkessel im Hallenbad C in der Nahwärmeversorung der drei Stadtvillen mit den 35 Wohneinheiten. In Bezug auf den Geschäftszweck der BB, den Bäderbetrieb in der Stadt B sicherzustellen, vermag der Senat jedoch nicht zu erkennen, dass die Wärmeversorgung des Hallenbades C über die mit Gas betriebenen Heizkessel noch die erforderliche wirtschaftliche Bedeutung von einigem Gewicht hatte. Denn das Hallenbad C ist seit seiner Schließung für den Publikumsverkehr für die BB nur noch von untergeordneter Bedeutung. Es hat seitdem nur noch eine Reservefunktion übernommen.
86 Geschäftszweck der BB ist der Betrieb von Hallen- und Freibädern. Bis zum Sommer 2011 stellte die BB den Badebetrieb der Stadt B … über das Hallenbad C … sicher. Mit der Schließung … für den Publikumsverkehr und der Eröffnung des neuen H-Bades erfolgt der Schwimmbetrieb in der Stadt B bei objektiver Betrachtung … nur noch im neuen H-Bad. Für den Schwimmbetrieb als solchen hatte das Hallenbad C seit seiner Schließung am 23.07.2011 keine wesentliche Bedeutung mehr. Die BB erfüllt ihren Geschäftszweck, die Sicherstellung des Badebetriebes in der Stadt B, seit Mitte 2011 über das H-Bad …
87 Der Standby-Betrieb des Hallenbades C trug nach Auffassung des Senats nicht in der Weise zum Geschäftszweck der BB bei, dass hierüber eine Verflechtung von einigem Gewicht mit dem Betrieb der Klägerin hergestellt werden konnte. Dass die BB noch ein Hallenbad für den Fall vorgehalten hat, dass im H-Bad Störungen auftreten und dieses zwischenzeitlich geschlossen werden muss, hat zwar eine gewisse Bedeutung für die BB. Diese beschränkt sich jedoch auf einen von allen Beteiligten nicht angestrebten Ausnahmefall. Das Vorhalten der Betriebsbereitschaft eines Hallenbades als Notreserve, d.h. aus Sicherheitsgründen für den Fall von Betriebsstörungen in einem anderen Hallenbad, kann keine enge wechselseitige technisch-wirtschaftliche Verflechtung von einigem Gewicht begründen.
88 c) Der Beklagte hat zutreffend auf den 23.07.2011, den Tag der offiziellen Schließung des Hallenbades C für den Publikumsverkehr, als maßgebenden Zeitpunkt für das Entfallen der Bindungswirkung der verbindlichen Auskunft vom 29.06.2004 abgestellt. Denn in der Schließung des Bades für den Publikumsverkehr liegt die erforderliche nicht nur unwesentliche Sachverhaltsänderung. Entscheidend ist insoweit, dass aus der Sicht der Bürger der Stadt B mit der Schließung des Hallenbades C am 23.07.2011 der Hallenbadbetrieb künftig ausschließlich über das neue H-Bad erfolgen sollte. Das Abschwimmen im Hallenbad C signalisierte dem objektiven Betrachter, dass dieses Bad – im Grundsatz – künftig nicht mehr als Hallenbad zur Verfügung stehen wird.
89 d) Auf die von den Beteiligten angesprochenen Beschlüsse des Bäderbeirates und die insoweit vom Beklagten aufgeworfenen Widersprüche in den Protokollen kommt es vorliegend nicht an, weil nur auf die tatsächlichen Verhältnisse abzustellen ist. Da vom Beklagten nicht bestritten, ist der Senat bei seiner Entscheidungsfindung daher davon ausgegangen, dass die Betriebsbereitschaft des Hallenbades C tatsächlich vorgehalten und das Hallenbad in den Sommerferien 2012 tatsächlich nochmals für den Publikumsverkehr geöffnet worden ist.
90 Die Wiedereröffnung des Hallenbades C im Sommer 2012 kann den steuerlichen Querverbund nicht begründen, da sie außerhalb des Streitzeitraums liegt. Ob eine Wiedereröffnung im Streitzeitraum den steuerlichen Querverbund wiederhergestellt hätte, kann dahinstehen, denn der Senat hat nur den tatsächlich verwirklichten Sachverhalt zu beurteilen.
91 e) Die ab dem 23.07.2011 nur noch untergeordnete Bedeutung des Hallenbades C für den Geschäftszweck der BB zeigt sich ferner daran, dass das Hallenbad C seit seiner Schließung für den Publikumsverkehr nicht mehr zu Einnahmen der BB beigetragen hat.
92 3. Die Höhe des auf die Zeit vom 23.07.2011 bis zum 31.12.2011 entfallenden Verlustes der BB ist zwischen den Beteiligten unstreitig.
93 III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
94 IV. Die Revision war zur Fortbildung des Rechts und Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen, da bisher höchstrichterlich noch ungeklärt ist, ob in einer Konstellation, wie sie im Streitfall zugrunde liegt, eine enge wechselseitige technisch-wirtschaftliche Verflechtung von einigem Gewicht im Sinne des § 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 KStG vorliegt.